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18 KULTUR JOKER KUNST<br />

Von Rastern und anderen Systemen<br />

Die Katholische Akademie zeigt Arbeiten des Münchner Künstlers Thomas Bechinger<br />

Thomas Bechinger gehört<br />

nicht zu jenen Künstlern, die<br />

Titel für sich sprechen lassen.<br />

So ungegenständlich wie seine<br />

Arbeiten sind, so titellos bleiben<br />

sie. In der Katholischen<br />

Akademie in Freiburg sind nun<br />

Bilder und Grafiken des 1960<br />

geborenen Künstlers unter<br />

dem Titel „Schichtungen“ zu<br />

sehen. Und dieses Schichten,<br />

dieses Auseinanderdividieren<br />

verschiedener Arbeitsschritte<br />

verbindet tatsächlich die Grafik<br />

mit der Malerei. Bechinger<br />

hat in München, am Londoner<br />

Royal College of Arts und an<br />

der Kunstakademie Düsseldorf<br />

studiert. Heute lebt er wieder<br />

in München sowie in Stuttgart,<br />

wo er seit 2010 eine Professur<br />

für Glasgestaltung an der Akademie<br />

der bildenden Künste<br />

innehat.<br />

Das Erdgeschoss der Katholischen<br />

Akademie vereint in<br />

der Ausstellung gut zehn Jahre<br />

alte Kaltnadelradierungen<br />

mit sehr farbigen Arbeiten in<br />

Acryl, die zwischen 2019 und<br />

2021 entstanden sind. Manchmal<br />

sind diese Radierungen<br />

derart reduziert als läge ihnen<br />

das Raster eines Notenpapiers<br />

oder von Spalten zugrunde,<br />

nur, dass die senkrech-<br />

ten Striche nicht konsequent<br />

durchgezogen sind und mal<br />

in abgerundeten Horizontalen<br />

enden. Doch meist meint<br />

„Schichtungen“ ein dichteres<br />

System. So legt Bechinger<br />

etwa auf eine bestehende Netzstruktur<br />

eine fast rechteckige<br />

Fläche, die aus lauter Linien zu<br />

bestehen scheint, wodurch der<br />

Charakter von etwas Textilem<br />

noch verstärkt wird. Bechinger<br />

verbindet in diesen Papierarbeiten<br />

meist die Kaltnadelradierung<br />

mit der Aquatinta, wobei<br />

es scheint, als ständen beide<br />

Techniken ganz im Dienst<br />

der Linie. Denn diese Grafiken<br />

wirken sehr zeichnerisch durch<br />

die Gitter- und Netzstrukturen.<br />

Und wenn man überhaupt<br />

an etwas Konkretes denken<br />

wollte, dann sind es die Konstruktionsskelette<br />

beim Bau<br />

oder beim Abbruch eines Gebäudes.<br />

Im obersten Stockwerk<br />

zeigt Thomas Bechinger<br />

eine Reihe von Lithografien,<br />

die stärker mit Flächen arbeiten<br />

und bei denen der Münchner<br />

Künstler sein Formrepertoire<br />

um sattschwarze Kreise<br />

erweitert hat.<br />

Die Malerei, die Bechinger<br />

in Freiburg zeigt, bildet hierzu<br />

– allein durch die Kraft der<br />

Werk aus der Ausstellung Thomas Bechingers in der Katholischen Akademie Freiburg © Thomas Bechinger<br />

Farbe – ein eindeutiges Gegengewicht.<br />

Das kontrollierte<br />

Arbeiten an einer Druckgrafik<br />

ist einem freieren Duktus<br />

gewichen. Und hier spielt der<br />

Zufall eine größere Rolle, etwa<br />

wenn Bechinger die Farbe aufs<br />

Papier tropfen lässt oder wenn<br />

an den Rändern verschiedener<br />

Farbfelder es zu Reaktionen<br />

kommt. Die Schichtungen sind<br />

dann eher Experimentierfelder.<br />

Thomas Bechinger, Schichtungen.<br />

Katholische Akademie,<br />

Wintererstr. 1, Freiburg.<br />

Mo-Fr 8.30-18.45 Uhr. Bis 16.<br />

Dezember <strong>2022</strong>.<br />

Annette Hoffmann

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