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SPENGLER CUP DAVOS - Jahrbuch 2022 (70-er Jahre)

Das 6. Jahrbuch des Spengler Cup Davos blickt zurück auf die 1970er-Jahre, die von der Dominanz der osteuropäischen Teams und der zweifachen Teilnahme Japans geprägt waren. «Big Nedo» Václav Nedomanský, löste Begeisterung aus und der spätere Schweizer Nationaltrainer Ralph Krueger erzählt von seiner tiefen Verbundenheit zu Davos, an deren Ursprung eine Schädelfraktur am Spengler Cup stand. Udo Kiessling, der 2022 vom Davoser Andres Ambühl als Rekordspieler an Weltmeisterschaften abgelöst wurde, betont den hohen Stellenwert des Spengler Cup ebenso wie sein noch aktiver Schweizer Nachfolger.

Das 6. Jahrbuch des Spengler Cup Davos blickt zurück auf die 1970er-Jahre, die von der Dominanz der osteuropäischen Teams und der zweifachen Teilnahme Japans geprägt waren. «Big Nedo» Václav Nedomanský, löste Begeisterung aus und der spätere Schweizer Nationaltrainer Ralph Krueger erzählt von seiner tiefen Verbundenheit zu Davos, an deren Ursprung eine Schädelfraktur am Spengler Cup stand. Udo Kiessling, der 2022 vom Davoser Andres Ambühl als Rekordspieler an Weltmeisterschaften abgelöst wurde, betont den hohen Stellenwert des Spengler Cup ebenso wie sein noch aktiver Schweizer Nachfolger.

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19<strong>70</strong> – 1979: OSTEUROPÄISCHE DUELLE<br />

23<br />

Es war eine spezielle Saison für Koji<br />

Iwamoto. D<strong>er</strong> Topscor<strong>er</strong> d<strong>er</strong> Japan Ice<br />

Hockey League fei<strong>er</strong>te mit Seibu Prince<br />

Rabbits d<strong>er</strong>en <strong>er</strong>sten Meist<strong>er</strong>titel in<br />

d<strong>er</strong> V<strong>er</strong>einsgeschichte. Mit d<strong>er</strong> Nationalmannschaft,<br />

die sich inn<strong>er</strong>halb wenig<strong>er</strong><br />

<strong>Jahre</strong> dahin entwickelte, dass sie selbst<br />

renommi<strong>er</strong>ten europäischen Spitzenclubs<br />

gefährlich w<strong>er</strong>den konnte, war<br />

<strong>er</strong> spät<strong>er</strong> zur Vorb<strong>er</strong>eitung auf die<br />

Olympischen Spiele 1972 in Sapporo<br />

auf einem ausgedehnten Europatrip –<br />

mit Zwischenstation Spengl<strong>er</strong> Cup.<br />

D<strong>er</strong> Publikumsliebling des Turni<strong>er</strong>s<br />

von 1971 mit spektakulärem Eishockey<br />

Nie zuvor waren die Organisatoren des<br />

Spengl<strong>er</strong> Cup billig<strong>er</strong> zu ein<strong>er</strong> Attraktion<br />

gekommen. Die Japan<strong>er</strong> mit dem<br />

sowjetischen Altint<strong>er</strong>nationalen Nikolai<br />

Karpow als Technischem Leit<strong>er</strong> bewarben<br />

sich um die Teilnahme. Die V<strong>er</strong>pflichtung<br />

kostete die V<strong>er</strong>anstalt<strong>er</strong> Unt<strong>er</strong>kunft,<br />

V<strong>er</strong>pflegung und die Reisespesen von<br />

Kloten nach Davos. Ab<strong>er</strong> die preisw<strong>er</strong>teste<br />

Mannschaft des Turni<strong>er</strong>s von 1971<br />

war zugleich auch das Gesprächsthema<br />

Numm<strong>er</strong> 1. Wegen ihr<strong>er</strong> doch üb<strong>er</strong>raschenden<br />

Erfolge, ihres spektakulären<br />

Eishockeys und schliesslich auch<br />

deshalb, weil die sympathischen Japan<strong>er</strong><br />

eine gewissen Kuriosität auf europäischen<br />

Eishockey-Feld<strong>er</strong>n darstellten.<br />

Die Japan<strong>er</strong> waren schnell populär<strong>er</strong><br />

als die and<strong>er</strong>en Mannschaften und<br />

avanci<strong>er</strong>ten zu den Publikumslieblingen.<br />

Sie waren den Gegn<strong>er</strong>n rein physisch<br />

fast durchweg unt<strong>er</strong>legen, <strong>er</strong>staunten<br />

ab<strong>er</strong> durch ihre katzenhafte Gewandtheit,<br />

durch ihre sehr guten läuf<strong>er</strong>ischen<br />

und stocktechnischen Fähigkeiten<br />

und bestachen durch eine<br />

h<strong>er</strong>vorragende Mannschaftsorganisation.<br />

Die fünf Feldspiel<strong>er</strong> bildeten<br />

einen festgefügten Block, d<strong>er</strong> sich<br />

einem Schwamm gleich je nach Spielsituation<br />

blitzschnell ausdehnte und<br />

zusammenzog. Damit <strong>er</strong>zielten sie<br />

sowohl offensiv wie auch defensiv eine<br />

hohe Wirkung.<br />

Starke Kondition üb<strong>er</strong><br />

zwei Drittel – dritt<strong>er</strong> Rang<br />

Dank ein<strong>er</strong> h<strong>er</strong>vorragenden Kondition<br />

leisteten die japanischen Spiel<strong>er</strong> ein<br />

d<strong>er</strong>artiges Laufpensum, dass man oft<br />

den Eindruck bekam, sie hätten einen<br />

Spiel<strong>er</strong> mehr auf dem Eis und seien fast<br />

gleichzeitig üb<strong>er</strong>all. Hätten sie ihr Spiel<br />

üb<strong>er</strong> die ganze Spielzeit und nicht<br />

nur üb<strong>er</strong> zwei Drittel so durchziehen<br />

können, wären die Partien noch eng<strong>er</strong><br />

ausgegangen. Gegen den schwedischen<br />

Club MoDo sorgten die Japan<strong>er</strong> für eine<br />

grosse Üb<strong>er</strong>raschung: Sie gewannen<br />

mit 6 : 3. Im Spiel gegen Slovan Bratislava<br />

mussten sie sich <strong>er</strong>st in d<strong>er</strong> Schlussphase<br />

geschlagen geben (4 : 6) und auch<br />

gegen Leningrad hielten die Japan<strong>er</strong><br />

üb<strong>er</strong> zwei Drittel gut mit. Dem hohen<br />

Tempo, das die Russen im letzten<br />

Drittel vorlegten, waren sie dann ab<strong>er</strong><br />

nicht mehr gewachsen. Mit sechs Treff<strong>er</strong>n<br />

inn<strong>er</strong>t zwölf Minuten sich<strong>er</strong>ten<br />

sich die Russen schliesslich einen<br />

komfortablen 9 : 3-Sieg. Zum Schluss<br />

des Turni<strong>er</strong>s standen die Japan<strong>er</strong> auf<br />

Rang 3. Es gab ab<strong>er</strong> auch wenig<strong>er</strong><br />

schöne Dinge. Auf wenig Sympathie<br />

stiess ihre V<strong>er</strong>haltensweise, durch<br />

demonstratives V<strong>er</strong>lassen des Eises<br />

gegen v<strong>er</strong>meintlich falsche Schiedsricht<strong>er</strong>entscheide<br />

zu protesti<strong>er</strong>en.<br />

Doch die Asiaten hatten es in Davos<br />

auch nicht imm<strong>er</strong> einfach. So konnten<br />

sie in d<strong>er</strong> <strong>er</strong>sten Pause im Spiel<br />

gegen Slovan Bratislava nicht in die<br />

Kabine, weil die Polizei einen anonymen<br />

Telefonanruf abklären musste, demnach<br />

sich dort eine Bombe befinden sollte.<br />

Wjatscheslaw Starschinow<br />

durfte nicht mitspielen<br />

Noch einmal waren die Japan<strong>er</strong> am<br />

Spengl<strong>er</strong> Cup v<strong>er</strong>treten, 1976 zur<br />

Vorb<strong>er</strong>eitung auf die B-Weltmeist<strong>er</strong>schaft<br />

in Tokio und mit dem UdSSR-<br />

Int<strong>er</strong>nationalen Wjatscheslaw Starschinow<br />

als Train<strong>er</strong>. Sie kamen mit ein<strong>er</strong><br />

v<strong>er</strong>stärkten Clubmannschaft, d<strong>er</strong> sieben<br />

Spiel<strong>er</strong> angehörten, die im Frühjahr<br />

1976 die B-Weltmeist<strong>er</strong>schaft in d<strong>er</strong><br />

Schweiz auf dem zweiten Rang abgeschlossen<br />

hatten. Starschinow, d<strong>er</strong><br />

ehemalige Kapitän d<strong>er</strong> sowjetrussischen<br />

Nationalmannschaft, arbeitete seit 1974<br />

in Japan. Selbst mitspielen durfte <strong>er</strong><br />

aufgrund ein<strong>er</strong> Int<strong>er</strong>vention des<br />

Schweiz<strong>er</strong> V<strong>er</strong>bandes in Davos ab<strong>er</strong><br />

nicht. Denn d<strong>er</strong> Spengl<strong>er</strong> Cup war als<br />

Turni<strong>er</strong> für Nationalmannschaften ausgeschrieben.<br />

Obwohl es zweifellos eine<br />

zusätzliche Attraktion und eine bitt<strong>er</strong><br />

notwendige V<strong>er</strong>stärkung für die Mannschaft<br />

gewesen wäre, wenn d<strong>er</strong> 36-<br />

Jährige auf dem Eis gestanden hätte.<br />

Japan beendete das Turni<strong>er</strong> auf dem<br />

letzten Platz. Sein Spengl<strong>er</strong> Cup-Debüt<br />

gab Starschinow dann zwei <strong>Jahre</strong> spät<strong>er</strong>.<br />

Zurück bei Spartak Moskau, wo <strong>er</strong><br />

1959 seine sportliche Laufbahn begonnen<br />

hatte, kämpfte d<strong>er</strong> zweifache<br />

Olympiasieg<strong>er</strong> und neunfache Weltmeist<strong>er</strong><br />

<strong>er</strong>stmals um Spengl<strong>er</strong> Cup-Tore.<br />

D<strong>er</strong> Turni<strong>er</strong>sieg blieb ihm ab<strong>er</strong> v<strong>er</strong>wehrt.<br />

Koji Iwamoto übrigens, d<strong>er</strong> 1971<br />

so begeist<strong>er</strong>te, bestritt mit Japan drei<br />

Olympische Spiele – 1964, 1968 und 1972.

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