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procontra Spezial 2022 - Preview

Zielgruppen verstehen, beraten, begeistern

Zielgruppen verstehen, beraten, begeistern

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www.<strong>procontra</strong>-online.de<br />

<strong>Spezial</strong>ausgabe November <strong>2022</strong> – D: 4,80 € • I: 6,50 € • E: 6,50 €<br />

FINANZEN<br />

SPEZIALAUSGABE<br />

Existenzgründer<br />

Wie Start-ups richtig begleitet<br />

und ihre Gründer bestens<br />

abgesichert werden können<br />

Best Ager<br />

Wie der Übergang in den Ruhestand<br />

gelingt und welche Ansprache<br />

bei Senioren ankommt<br />

Immobilienbesitzer<br />

Wie die Zielgruppe mit ständigen<br />

Beratungsanlässen richtig<br />

begeistert werden kann


ALLIANZ KÖRPERSCHUTZPOLICE<br />

Geprüft und topbewertet:<br />

Bieten Sie erstklassigen<br />

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Die Allianz KörperSchutzPolice ist die topbewertete Grundfähigkeitsvorsorge<br />

mit jetzt noch mehr Leistung und Flexibilität.<br />

Davon profitieren Ihre Kundinnen und Kunden:<br />

• Mehr Leistung: temporäre Leistungen bereits bei Krankschreibung und<br />

Leistungen bei schwerer Depression oder schweren psychischen<br />

Erkrankungen einschließbar<br />

• Mehr Flexibilität: Erhöhungsoptionen für die Rente oder<br />

Produktwechsel von der KSP in die BU, jeweils ohne Gesundheitsprüfung<br />

Grundfähigkeitsversicherung<br />

Allianz KörperSchutzPolice,<br />

Tarifbedingungen, Leistungsumfang,<br />

Kalkulationsgrundlagen.<br />

In Kooperation mit BIOMETRIE<br />

Expertenservice, 05/<strong>2022</strong><br />

→ Mehr dazu unter makler.allianz.de/ksp


EDITORIAL<br />

»Zielgruppen verstehen,<br />

beraten, begeistern«<br />

Die <strong>Spezial</strong>isierung auf bestimmte Produkte ist etabliert in der Vermittlerbranche. Ob<br />

Arbeitskraftabsicherung, private Krankenversicherung oder Pflegevorsorge – oftmals erwächst<br />

der Spezi-Status über bestimmte Produktlösungen. Ausgestattet mit tiefer Kompetenz<br />

für einzelne Bedingungs- und Tarifdetails und der Kenntnis über Trends und Innovationen<br />

braucht es dann die passende Klientel.<br />

Über die Fokussierung auf ein bestimmtes Beratungsthema konnten sich viele Vermittler<br />

als Kompetenzträger etablieren und sich selbst zum „BU-Papst“ oder „Riester-Guru“<br />

krönen.<br />

Diese Sonderausgabe beleuchtet die <strong>Spezial</strong>isierung auf Zielgruppen. Auch diese Fokussierung<br />

strebt den Status eines echten Kompetenzträgers an, der mit tiefem Verständnis für<br />

Bedürfnisse und Wünsche die Klientel erobert. Hier geht es neben dem Bedarf an Vorsorge<br />

und Absicherung vor allem um die Feinheiten in der Kundenansprache. Wo erreiche ich die<br />

gewünschte Klientel? Wie baue ich sie auf? Welche Kommunikationskanäle nutzt sie? Welche<br />

charakterlichen Eigenheiten müssen sowohl bei der Akquise als auch in der Betreuung<br />

beachtet werden? Kurzum: Wie tickt sie? Was braucht sie?<br />

All das erfahren Sie in dieser Ausgabe, die sich mit vielen spannenden Zielgruppen –<br />

beispielsweise Influencern, Immobilienbesitzern oder auch Existenzgründern und der<br />

LGBTQ+-Community – intensiv auseinandersetzt.<br />

LIEBE MAKLER, LIEBE LESER,<br />

die <strong>procontra</strong>-Redaktion wünscht Ihnen<br />

eine aufschlussreiche Ausgabe.<br />

www.<strong>procontra</strong>-online.de<br />

@<strong>procontra</strong>online<br />

facebook.com/<strong>procontra</strong><br />

Matthias Hundt<br />

Chefredakteur<br />

<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> 3


<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> Inhaltsverzeichnis<br />

INHALT<br />

24<br />

Gewohnt, gebaut, saniert<br />

Das Potenzial der Immobilienbesitzer<br />

ist fast unerschöpflich.<br />

44<br />

Beratung<br />

zu diversen<br />

Bedürfnissen<br />

Die richtige<br />

Ansprache der<br />

kaufstarken<br />

LGBTQ+-<br />

Community<br />

Digital und sorglos<br />

Die Zielgruppe der Influencer<br />

wächst und braucht dringend<br />

Hilfe.<br />

6<br />

48<br />

Gute Gründe für Gründer<br />

Wie Sie Start-ups richtig<br />

begleiten und absichern können<br />

4 <strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong>


Inhaltsverzeichnis <strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong><br />

6 Digital und sorglos Welchen Einfluss<br />

Vermittler auf Influencer und<br />

Blogger nehmen sollten<br />

10 Früh geplant ist halb gewonnen<br />

Trotz geringer Einkommen sind<br />

Studierende eine der spannendsten<br />

Zielgruppen für die Zukunft<br />

28 Verbindlichkeit gefragt Beamte<br />

nehmen es genauer als andere Zielgruppen.<br />

Einmal glücklich, bleiben<br />

sie Vermittlern über Generationen<br />

treu.<br />

38 »Für Familien sind flexible<br />

Tarife interessant« Mit Weitsicht,<br />

Empathie und Premiumtarifen bei<br />

Familien punkten<br />

48 Gute Gründe für Gründer Wer<br />

Exis tenzgründern ihr Start-up richtig<br />

absichert, kann zum lebenslangen<br />

Begleiter werden.<br />

52 Sicher in den Ruhestand Warum<br />

die Ruhestandsplanung der Best<br />

Ager komplex und lukrativ ist<br />

16 Gute Diagnostik gefragt Das<br />

Zeitfenster der Ärzte ist klein und<br />

erfordert eine Beratung aus einer<br />

Hand und auf den Punkt.<br />

20 Beruf und Berufung Die Zielgruppe<br />

der Betreuer gilt als ganz<br />

„besondere Dienstleister“.<br />

40 Manager brauchen Manager Wo<br />

und wie Vermittler bei Geschäftsführern<br />

ansetzen und landen<br />

können<br />

56 Freiberufler frei beraten Was<br />

freie Berufe schätzen, brauchen<br />

und von einer Beratung erwarten<br />

24 Gewohnt, gebaut, saniert Bei<br />

Immobilienbesitzern ist immer was<br />

los – entsprechend fortlaufend die<br />

Beratungsansätze.<br />

44 Beratung zu diversen Bedürfnissen<br />

Die LGBTQ+-Community ist<br />

bunt, kaufstark und anspruchsvoll.<br />

IMPRESSUM<br />

VERLAG UND REDAKTION<br />

Alsterspree Verlag GmbH<br />

Firmensitz: Großer Burstah 50-52, 20457 Hamburg<br />

Postanschrift: Kurfürstendamm 173 / 174, 10707 Berlin<br />

Telefon: +49 (0 30) 232 56 27 00<br />

Fax: +49 (0)30 232 56 27 49<br />

Web: www.<strong>procontra</strong>-online.de<br />

HERAUSGEBER<br />

Philipp B. Siebert<br />

CHEFREDAKTEUR<br />

Matthias Hundt<br />

ART DIRECTOR<br />

Niels Flender<br />

LAYOUT UND INFOGRAFIK<br />

Sabine Müller<br />

BILDREDAKTION<br />

Roman Kulon, Eleonora Mavromati<br />

LEKTORAT<br />

TextSchleiferei.de<br />

TEXTBEITRÄGE<br />

Lilian Fiala, Carla Fritz, Matthias Hundt, Erika Neufeld,<br />

Detlef Pohl, Uwe Schmidt-Kasparek, Imke Reiher, Selma<br />

Schmitt, Stefan Terliesner , Anne Mareile Walter<br />

ANZEIGENBERATUNG<br />

Nadin Prüwer<br />

n.pruewer@alsterspree.de<br />

+49 (0)40 6 07 71 29 24<br />

ANZEIGENDISPOSITION<br />

Marcel Berno<br />

m.berno@alsterspree.de<br />

Verlagsgeschäftsführer: Philipp B. Siebert,<br />

Tilman J. Freyenhagen<br />

Verantwortlich für diese Ausgabe i. S. d. P.:<br />

Matthias Hundt<br />

DRUCKEREI<br />

MÖLLER PRO MEDIA ® GmbH<br />

Zeppelinstraße 6<br />

16356 Ahrensfelde<br />

www.moellerdruck.de<br />

LESERSERVICE<br />

leserbetreuung@<strong>procontra</strong>-online.de<br />

ABONNEMENT<br />

abo@<strong>procontra</strong>-online.de<br />

Heftpreis: 4,80 Euro<br />

Jahresabonnement: 20 Euro<br />

für sechs Ausgaben inkl. Versandkosten, inkl. USt.<br />

© <strong>2022</strong> für alle Beiträge: <strong>procontra</strong>, <strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong>,<br />

<strong>procontra</strong>Thema, <strong>procontra</strong>-Sonderteile, <strong>procontra</strong>-<br />

Sonderdrucke (im Heft, Beileger, Beihefter). Alle Rechte<br />

vorbehalten. Nachdruck, Aufnahme in Onlinedienste,<br />

Internet und Vervielfältigung auf Datenträger oder<br />

durch andere Verfahren (auch auszugsweise) nur mit<br />

schriftlicher Genehmigung des Verlags.<br />

Hinweis: Den Artikeln, Empfehlungen, Charts, Tabellen<br />

und Diagrammen liegen Informationen zugrunde, die<br />

die Redaktion für verlässlich hält. Trotz sorgfältiger<br />

Auswahl der Quellen kann für die Richtigkeit des Inhalts<br />

keine Haftung übernommen werden. Die in <strong>procontra</strong><br />

gemachten Angaben dienen der Unterrichtung und<br />

sind keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von<br />

Wertpapieren.<br />

Für Mitglieder der nachfolgend aufgeführten Verbände<br />

ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten:<br />

AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen e. V.<br />

Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungsunternehmen<br />

in Europa e. V.<br />

Unser Druck ist zu 100 % klimaneutral.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong><br />

5


ZIELGRUPPEN Influencer & YouTuber<br />

DIGITAL UND SORGLOS<br />

Die Influencer- und Blogger-Szene wächst rasant. Doch der Versicherungsschutz ist diffizil,<br />

denn die Grenzen zwischen privater und gewerblicher Content-Produktion sind fließend.<br />

– TEXT: ANNE MAREILE WALTER –<br />

Für den Soundtrack im Videospiel-Stream<br />

wurden die Urheberrechte nicht gekauft.<br />

Die Leder-Handtasche wird im YouTube-<br />

Video fälschlicherweise für 9,90 Euro<br />

angeboten – der tatsächliche Preis liegt jedoch<br />

bei 99 Euro. Und die im Blog angepriesene<br />

Bräunungscreme hat beim Model<br />

eine kostenintensive allergische Reaktion<br />

verursacht. Wer für Produktplatzierungen<br />

in Internet-Posts und YouTube-Videos<br />

Geld kassiert oder Gema-verifizierte Songs<br />

unrechtmäßigerweise verwendet, landet<br />

schnell in der Haftungsfalle: Falsche oder<br />

fehlende Kennzeichnungen und Verletzungen<br />

des Urheberrechts können mitunter<br />

fünfstellige Schadensersatzforderungen<br />

nach sich ziehen.<br />

Sich mit Blogs oder YouTube-Videos einen<br />

Bekanntheitsgrad verschaffen – das<br />

rückt nicht nur in der Altersgruppe 20plus<br />

immer mehr in den Fokus. Für Makler sind<br />

die sogenannten „Online-Creators“ eine<br />

Zielgruppe mit hohem Wachstums- und<br />

Cross-Selling-Potenzial. Und laut einer<br />

aktuellen Statista-Prognose wird die Influencer-Reichweite<br />

in Deutschland weiter<br />

zunehmen: von 2018 bis 2026 um schätzungsweise<br />

54 Prozent. Rund 4,6 Millionen<br />

Konsumenten gelten laut Wikipedia in<br />

Deutschland derzeit als Influencer.<br />

SELTEN START MIT<br />

UNTERNEHMERISCHEM ANSATZ<br />

Doch ab welchem Zeitpunkt ihrer Onlinetätigkeit<br />

sollten sich Influencer, YouTuber<br />

& Co. gewerblich absichern? In welchen<br />

Punkten reicht der private Versicherungsschutz?<br />

Und wie erreichen Makler die<br />

Zielgruppe? Der Berliner Vermittler Micha<br />

Schrammke versichert mit seinem Maklerbüro<br />

Gamesurance das Segment der Spieleentwickler,<br />

Content-Creators, E-Gamer und<br />

Influencer. Die Unterscheidung zwischen<br />

einer privaten und einer gewerblichen Tätigkeit<br />

– dies sei eine der größten Heraus-<br />

forderungen bei der Beratung dieser Kundengruppe,<br />

sagt er. Denn die Grenzen sind<br />

fließend. „Die wenigsten Blogger oder You-<br />

Tuber starten mit einem unternehmerischen<br />

Ansatz“, erklärt Schrammke und ergänzt:<br />

„Stattdessen wachsen sie allmählich in das<br />

Business rein und irgendwann wird daraus<br />

vielleicht ein zusätzlicher Broterwerb.“<br />

6 Illustration: Roman Kulon


Influencer & YouTuber ZIELGRUPPEN<br />

Kunden rät er deshalb, mit ihren Versicherern<br />

zu bereits bestehenden Verträgen Rücksprache<br />

zu halten und zu fragen: Welche<br />

Schäden decken die privaten Policen noch<br />

ab? Welche Einkommensgrenze markiert<br />

den Übergang zum selbstständigen Nebenerwerb,<br />

sodass eine gewerbliche Deckung<br />

nötig wird? „Für die meisten Versicherer ist<br />

die Kleinunternehmerregelung die Grenze“,<br />

»Das Thema<br />

Versicherung<br />

ist in der Zielgruppe<br />

vor allem auch<br />

eine wirtschaft -<br />

liche Frage.«<br />

MICHA SCHRAMMKE, MAKLER<br />

erklärt Schrammke. So würden viele Versicherer<br />

Schäden bis zu einer zusätzlichen<br />

jährlichen Einkommensgrenze von 16.000<br />

Euro noch mitversichern. Springt durch die<br />

YouTube-Clips und Blog-Posts mehr Geld<br />

raus, wird eine gewerbliche Absicherung<br />

nötig. „Das Thema Versicherung ist auch<br />

eine wirtschaftliche Frage: Ab wann gibt<br />

es das Budget her, eine selbstständige Haftpflicht<br />

neben die private zu stellen?“, führt<br />

der <strong>Spezial</strong>makler weiter aus.<br />

Die Urheberrechtsverletzung gehört zu<br />

den häufigsten Schäden im Bereich der<br />

BETRIEBSHAFTPFLICHTVERSICHERUNG<br />

YouTube- oder Blogger-Tätigkeit. Auf dieses<br />

Risiko weist auch der <strong>Spezial</strong>versicherer<br />

Hiscox hin. Er hat seit mehreren Jahren<br />

eine spezielle Bloggerversicherung im Angebot,<br />

die aus mehreren Modulen besteht<br />

und sich so auf die jeweiligen Bedürfnisse<br />

der online Publizierenden abstimmen lässt.<br />

Basis-Modul der Police ist die Berufs- bzw.<br />

Vermögensschaden-Haftpflicht, mithilfe<br />

derer Blogger oder Influencer gegen Vermögensschäden<br />

Dritter abgesichert sind. Daneben<br />

gibt es die Zusatz-Module Betriebshaftpflicht-,<br />

Cyber- und Sachversicherung.<br />

Letztere beinhaltet die Absicherung des<br />

technischen Equipments – Laptop, Kamera<br />

oder Arbeitshandy zum Beispiel.<br />

FÜNFSTELLIGE FORDERUNGEN FÜR PROMI-FOTOS<br />

Die häufigsten Fehltritte, die im Bereich<br />

der Onlinepublikation begangen werden,<br />

sind laut Portfolio Underwriting Manager<br />

Ulrich Herz nicht mit dem jeweiligen Urheber<br />

gekennzeichnete Fotos. Dabei könnten<br />

Bilder von Prominenten, die ohne Nennung<br />

der Bildrechte veröffentlicht werden,<br />

Schadensersatzforderungen im vier- oder<br />

fünfstelligen Bereich nach sich ziehen. Und<br />

wenn Finanz-Blogger mit falschen Zahlen<br />

operieren, gebe es schnell Unterlassungsklagen,<br />

fügt Herz hinzu.<br />

Das Risiko eines Hackerangriffs – ebenfalls<br />

durch die Hiscox-Police abgesichert<br />

– bewertet Makler Schrammke dabei als<br />

gering. „Nur wenige Kunden verfügen über<br />

Projektdaten, die gehackt werden können,<br />

oder besitzen Personendaten, die abgezogen<br />

werden können“, erklärt er. Das Szenario<br />

einer Cyberattacke sei bei der typischen<br />

Beispiel: Tätigkeit: Influencer | Betriebsgründung: 2019 | innerhalb der EU tätig | Jahresnettoumsatz: 50.000 € | keine Mitarbeiter<br />

AndSafe Hiscox Hiscox Markel<br />

Versicherungssumme 500.000 500.000 € 250.000 € 500.000 €<br />

Selbstbeteiligung 0 € 0 € 0 € 1.000 €<br />

Vertragsdauer 3 Jahre 3 Jahre 3 Jahre 3 Jahre<br />

Büro/Haftpflicht 10. Mio. € 3 Mio. € 3 Mio. € 3 Mio. €<br />

Beitrag/Jahr 589,18 € 406,98 € 315,95 € 481,41 €<br />

Tarifnote 1 1,1 1,6 1,1<br />

Quelle: Finanzchef24<br />

TIPPS VOM SPEZI<br />

MICHA SCHRAMMKE,<br />

Makler und Betreiber von Gamesurance<br />

1. Gemeinsam mit dem Kunden den Versicherungsumfang<br />

bestehender Verträge<br />

überprüfen: Welcher Schadenumfang ist<br />

bei einer privaten Tätigkeit mit abgedeckt?<br />

2. Kunden über Direktansprache und den<br />

Erwerb von IT-Kenntnissen gewinnen<br />

3. Im Idealfall bei der Beratung von Gamern<br />

die damit verbundenen Begriffe, Tools und<br />

Plattformen aus eigener Erfahrung kennen,<br />

die Leidenschaft fürs Gaming teilen<br />

Größe von YouTubern und Streamern kein<br />

großes Thema. Als wesentlich wichtiger<br />

stuft der Experte eine „gute Rechtsschutzpolice“<br />

ein. Sie solle spätestens dann in<br />

Erwägung gezogen werden, wenn der Content-Creator<br />

mit Agenturen zusammenarbeitet<br />

und die ersten dezidierten Werbekunden<br />

auf der Bildfläche erschienen.<br />

Alexander Teßmann, der als „Versicherungsgeek“<br />

die YouTuber- und Gamer-Szene<br />

berät, räumt ebenfalls dem Rechtsschutz<br />

höchste Priorität ein. Er sieht jedoch nicht<br />

so sehr Urheberrechtsverletzungen als Problem<br />

an, da viele Versicherer dieses mitunter<br />

extrem kostspielige Risiko von Vornherein<br />

nicht zeichnen würden. Ein höheres<br />

Schadenaufkommen entstehe im Bereich<br />

des Cybermobbings. „Wenn Teile einer<br />

Community sogenannte Hate Speech benutzen,<br />

den YouTuber angreifen und dieser<br />

sich dann emotional vielleicht nicht unter<br />

Kontrolle hat, landet man schnell im Strafrecht<br />

und im Bereich der Verleumdung“,<br />

erklärt Teßmann. Inhalts- und Elektronikversicherungen<br />

würden hingegen obligatorisch,<br />

sobald der erste Cutter eingestellt ist.<br />

VIRTUELLE GÜTER MITVERSICHERN<br />

Aus Sicht von Kersten Jodexnis ist auch das<br />

Segment der E-Gamer und E-Sportler ein<br />

prosperierendes Beratungsfeld. Jodex-<br />

<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22<br />

7


ZIELGRUPPEN Influencer & YouTuber<br />

»Schäden im fünfstelligen Bereich«<br />

ULRICH HERZ, Portfolio Underwriting Manager bei Hiscox<br />

<strong>procontra</strong>: Warum sollten Influencer eine Bloggerversicherung<br />

abschließen?<br />

Ulrich Herz: Blogger und Influencer bewegen<br />

sich an einer Art Schnittstelle, was die Unterscheidung<br />

zwischen privaten und gewerblichen<br />

Risiken angeht. Sie fangen meistens im privaten<br />

Umfeld an und schlagen dann irgendwann eine<br />

gewerbliche Richtung ein. Wenn das Bloggen<br />

zur beruflichen Tätigkeit wird, entstehen schnell<br />

Haftungsansprüche, die einen existenzbedrohenden<br />

Charakter bekommen können. Die<br />

Bloggerversicherung enthält mehrere Module,<br />

das Kernmodul ist die Vermögensschaden-Haftpflicht.<br />

Sie deckt Ansprüche aus Urheberrecht<br />

und Copyright ab. Mit enthalten ist zudem eine<br />

passive Rechtsschutzfunktion. Dadurch werden<br />

nicht nur berechtigte Ansprüche bezahlt,<br />

sondern eben auch unberechtigte Ansprüche<br />

abgewehrt.<br />

<strong>procontra</strong>: Was ist ein typischer Bloggerschaden,<br />

bei dem die Versicherung einspringt?<br />

Herz: Am häufigsten treten Urheberrechtsverletzungen<br />

auf – zum Beispiel wenn Fotos<br />

in Blogs eingebaut werden, ohne die entsprechenden<br />

Urheberrechte zu besitzen. Da kann<br />

der Schaden schon mal im vier- oder fünfstelligen<br />

Bereich liegen. Oder wenn Blogger im<br />

Finanzbereich mit falschen Zahlen operieren.<br />

Dann kommt die Institution, die die Zahlen<br />

veröffentlicht hat, mit Unterlassungsklagen<br />

oder Schadensersatzansprüchen auf Sie zu.<br />

Und das beläuft sich schnell auf fünfstellige<br />

Forderungen.<br />

<strong>procontra</strong>: Die Bloggerversicherung deckt auch<br />

Cyberschäden ab. Wie groß ist das Risiko einer<br />

Hackerattacke in dem Bereich?<br />

Herz: Cyberattacken sind definitiv ein gewichtiges<br />

Risiko für Blogger und Influencer. Natürlich<br />

kommt es immer mal wieder vor, dass Webseiten<br />

gehackt werden. Die Cyberkomponente ist ein<br />

separates Modul und kann optional abgeschlossen<br />

werden.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie groß ist der Aufklärungsbedarf in<br />

der Zielgruppe?<br />

Herz: Der Aufklärungsbedarf ist definitiv da.<br />

Nach dem Feedback der Makler sieht die<br />

Zielgruppe die Gefahren im Web zwar, aber die<br />

Lösung – beispielsweise in Form einer Berufshaftpflicht<br />

– ist nicht so verbreitet. Wenn man<br />

halbprivat im Internet unterwegs ist, ist die<br />

Absicherung oft nicht im Fokus.<br />

<strong>procontra</strong>: Ab welchem Zeitpunkt sollten Influencer<br />

oder Blogger eine Absicherung in Betracht<br />

ziehen?<br />

Herz: Die Kernfrage dabei ist: Wie professionell<br />

will man sich aufstellen? Wenn die Beträge<br />

für Produktplatzierungen in die Hunderte oder<br />

Tausende Euro gehen, dann ist eine Berufshaftpflicht<br />

ein Muss. Grundsätzlich ist es aber so:<br />

Man sollte immer zwei Mal darüber nachdenken,<br />

was man ins Internet stellt – weil es erst mal<br />

darin bleibt.<br />

nis versichert mit seinem Maklerbüro<br />

Insurninja die Kundengruppe der Onlinespieler.<br />

Geschätzte drei Millionen E-Gamer<br />

gebe es bundesweit, sagt er. Unter ihnen befänden<br />

sich rund 300.000, die versuchen,<br />

aus dem Hobby Geld zu schlagen. Doch da<br />

gerade auch die Hobbyspieler in den meisten<br />

Fällen ein umfangreiches Equipment<br />

besitzen – hochwertige, wassergekühlte<br />

Computeranlagen, zwei bis drei Monitore<br />

beispielsweise –, sei auch hier ein spezieller<br />

Versicherungsschutz anzuraten. Als unumgänglichen<br />

Baustein empfiehlt Jodexnis die<br />

Elektronikversicherung. Da die Zielgruppe<br />

häufig zudem imaginäre Güter erwerbe,<br />

könnten diese in den Versicherungsumfang<br />

mit aufgenommen werden. „Da werden<br />

mitunter virtuelle Ninja-Schwerter gekauft,<br />

die schon mal 300 bis 600 Euro kosten<br />

können“, erläutert der Makler. Und diese<br />

auf der Festplatte hinterlegten Güter seien<br />

durch PC-Crashs oder Bugs entsprechend<br />

gefährdet. „Sei Teil deiner Zielgruppe.<br />

Dann verstehst du die Probleme der Zielgruppe.“<br />

Nach diesem Motto verfährt Teßmann<br />

bei der Beratung. Micha Schrammke<br />

hält es ähnlich. „Es hilft, eine gemeinsame<br />

Sprache zu sprechen“, sagt er. Trotzdem<br />

müsse man kein Angler sein, um Angler zu<br />

versichern. Bei der Beratung von Influencern,<br />

YouTubern & Co. laufe viel über persönliche<br />

Netzwerke, über Direktansprache,<br />

die „klassischen Wege“.<br />

Nach Schätzung von Alexander Teßmann<br />

kann im Schnitt einer von 10.000 Bloggern<br />

von seiner Tätigkeit leben. Beratungs- und<br />

Versicherungsbedarf hat der große Rest<br />

aber trotzdem. Denn ob aus privatem Interesse<br />

oder aus einer gewerblichen Absicht<br />

heraus Blogs geschrieben und Videos gedreht<br />

werden – Versicherungsschutz ist in<br />

beiden Varianten unerlässlich. <br />

FAKTEN ZUR ZIELGRUPPE<br />

Zwischen privater und gewerblicher Absicherung<br />

unterscheiden und den Versicherungsschutz<br />

entsprechend anpassen<br />

Vermögensschaden-Haftpflicht, Betriebshaftpflicht,<br />

Cyber- und Sachversicherungen<br />

zählen zu den wichtigsten Policen<br />

Elektronikversicherung für E-Gamer und<br />

E-Sportler in den meisten Fällen obligatorisch<br />

Urheberrechtsverletzungen und Cybermobbing<br />

zählen zu den häufigsten<br />

Schadenursachen<br />

8 <strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22


Eric Bussert<br />

Vorstand Vertrieb und Marketing<br />

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denn: Hand in Hand ist HanseMerkur.


ZIELGRUPPEN Studierende<br />

FRÜH GEPLANT IST<br />

HALB GEWONNEN<br />

Studierende stehen meist noch ganz am Anfang ihrer Karriere. Trotz geringen Einkommens<br />

ist eine frühe Finanzplanung entscheidend für langfristigen wirtschaftlichen Erfolg.<br />

– TEXT: LILIAN FIALA –<br />

Sie sind jung, stehen vielleicht zum ersten<br />

Mal auf eigenen Beinen und haben in den<br />

meisten Fällen nur überschaubare Einnahmen.<br />

Vor Ausbruch der Pandemie standen<br />

Studierenden, die allein wohnen, im Schnitt<br />

1.060 Euro im Monat zur Verfügung, so<br />

die Zahlen des Statistischen Bundesamts.<br />

Davon stammten durchschnittlich 37 Prozent<br />

aus Nebentätigkeiten, der Rest kam<br />

von den Eltern, aus dem BAföG-Topf oder<br />

dem Kindergeld. Allerdings hat sich die<br />

Situation in den vergangenen zwei Jahren<br />

verschärft: Durch die Pandemie verloren<br />

viele Studierende ihre Jobs. Um zu verhin-<br />

»Ein Kassensturz<br />

zeigt: Das Humankapital<br />

stellt<br />

bei Studierenden<br />

oftmals den größten<br />

Wert dar.«<br />

MATHIAS LEBTIG, FINANCIAL PLANNING GMBH<br />

dern, dass sie deshalb ihr Studium abbrechen,<br />

hat die Bundesregierung diverse Unterstützungspakete<br />

auf den Weg gebracht.<br />

Trotz der oft schwierigen finanziellen<br />

Lage sind Studierenden die Themen finanzielle<br />

Vorsorge und vor allem Geldanlage<br />

wichtig. Gerade durch Trading-Apps hat<br />

der Wertpapierhandel auch bei der jüngeren<br />

Zielgruppe in den letzten Jahren<br />

Fahrt aufgenommen. „Heute haben wir<br />

vor allem zwei Gruppen, die unseren Rat<br />

suchen“, sagt Mathias Lebtig, Geschäftsführender<br />

Gesellschafter der Financial<br />

Planning GmbH aus Freiburg. „Zum ei-<br />

10 Illustration: Roman Kulon


Studierende ZIELGRUPPEN<br />

TIPPS VOM SPEZI<br />

NETTOEINKOMMEN OFT UNTER 1.000 EURO<br />

Studierende in Deutschland nach Nettoeinkommen<br />

im Vergleich mit der Bevölkerung<br />

MATHIAS LEBTIG,<br />

Geschäftsführender Gesellschafter der<br />

Financial Planning GmbH aus Freiburg<br />

Kein eigenes Einkommen<br />

Bis unter 500 Euro<br />

7,9<br />

7,5<br />

25,5<br />

25,4<br />

500 bis unter 1.000 Euro<br />

16,6<br />

28,9<br />

1.000 bis unter 1.500 Euro<br />

1.500 bis unter 2.000 Euro<br />

2.000 bis unter 2.500 Euro<br />

2.500 bis unter 3.000 Euro<br />

3.000 bis unter 3.500 Euro<br />

3.500 bis unter 4.000 Euro<br />

4.000 bis unter 4.500 Euro<br />

4.500 bis unter 5.000 Euro<br />

5.000 Euro und mehr<br />

Studierende<br />

Bevölkerung<br />

nen diejenigen, die merken, dass es bei<br />

der Geldanlage um mehr geht als ein paar<br />

schnelle Trades, und sich nun eine zweite<br />

Meinung wünschen.“ Zum anderen gehöre<br />

die Generation der Erben zu den Kunden<br />

des Vermögensverwalters. „Sie sind vielleicht<br />

selbst noch nicht in der Lage, große<br />

Summen zu sparen, haben aber geerbt und<br />

werden jetzt zum ersten Mal mit dem Thema<br />

Vermögensverwaltung konfrontiert.“<br />

Auch Felix Czekalla, Finanzberater bei<br />

Dr. Schlemann unabhängige Finanzberatung<br />

GmbH & Co. KG, erkennt zwei<br />

Gruppen von Studierenden, die bei ihm Rat<br />

suchen: „Einmal die wirklich umfassend<br />

Informierten, die mit tiefgehendem <strong>Spezial</strong>wissen<br />

und <strong>Spezial</strong>fragen punkten.“ Und<br />

auf der anderen Seite die, die sich einfach<br />

mal informieren wollen, um „ihre ersten<br />

Gehversuche in Sachen Finanzen zu unternehmen“,<br />

sagt Czekalla. Am häufigsten<br />

0<br />

2,6<br />

1<br />

0,7<br />

0,2<br />

0,2<br />

2,6<br />

2<br />

0,3<br />

1,4<br />

0,3<br />

2,5<br />

3,7<br />

6,1<br />

Angaben in % Quelle: Statista <strong>2022</strong><br />

13<br />

15<br />

16,6<br />

20<br />

würden die Studierenden nicht etwa nach<br />

den spannendsten Anlageprodukten, sondern<br />

nach den wichtigsten Versicherungen<br />

fragen.<br />

HUMANKAPITAL AN ERSTER STELLE<br />

Die Finanzexperten sind sich einig, dass genau<br />

hier die wichtigste Aufgabe in der Beratung<br />

liegt, bevor überhaupt über ETF, Depots<br />

& Co. gesprochen werden sollte. „Wer<br />

einen Kassensturz macht, wird schnell<br />

merken, dass das Humankapital bei den<br />

Studierenden den größten Wert darstellt“,<br />

erläutert Lebtig. „Und den gilt es in jedem<br />

Fall zu schützen.“ Dabei kommt nicht für<br />

jeden eine Berufsunfähigkeitsversicherung<br />

infrage. Gerade im Fall von Vorerkrankungen<br />

müssen Berater gemeinsam mit den<br />

Studenten nach Alternativen suchen. „Gegebenenfalls<br />

ist eine Grundfähigkeitsversicherung<br />

die passende Lösung, wenn auch<br />

Meine drei wichtigsten Tipps<br />

für Studenten und ihre Berater:<br />

1. Bevor ich über Geldanlage spreche, sollte<br />

das Thema Berufsunfähigkeitsabsicherung<br />

geklärt werden. Es gibt bei bestimmten<br />

Berufen auch vereinfachte Gesundheitsfragen,<br />

und je eher man anfängt sich damit<br />

zu beschäftigen, desto preiswerter ist es<br />

und desto eher hat man da seinen Fuß in<br />

der Tür.<br />

2. Ein monatlicher Sparplan ist ein guter<br />

Start, egal ob nur geringe Summen zurückgelegt<br />

werden können oder mehr. Es ist<br />

wichtig, ein Gefühl für den Aktienmarkt und<br />

dafür zu bekommen, regelmäßig Geld zur<br />

Seite zu legen.<br />

3. Allgemeinbildung, um die sich Studenten<br />

leider oft selbst kümmern müssen. Bei der<br />

finanziellen Bildung helfen neben Beratungsangeboten<br />

auch YouTube-Videos,<br />

Bücher, Nachrichtenseiten oder Podcasts.<br />

Und natürlich sollte regelmäßig ein Blick ins<br />

Depot erfolgen!<br />

das nicht geht, ist vielleicht eine Unfallversicherung<br />

sinnvoll“, regt Lebtig an. Berater<br />

müssen gemeinsam mit den Studierenden<br />

prüfen, was möglich ist – und welche Lösungen<br />

tatsächlich sinnvoll sind. „Glücklicherweise<br />

geht es bei den Studierenden um<br />

die nächsten Jahrzehnte. Das bedeutet, dass<br />

sie den Versicherungsschutz auch später<br />

noch einmal anpassen können – wenn sie<br />

sich beispielsweise eine höhere Beitragssumme<br />

leisten können“, erklärt Lebtig. Die<br />

Anker für zukünftige Beratungsgespräche<br />

sind also gesetzt.<br />

Nicht fehlen dürfe außerdem die private<br />

Haftpflichtversicherung, betont Czekalla.<br />

Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung sei<br />

zudem oft die Unterstützung durch die Eltern<br />

eine sinnvolle Lösung. „Studenten<br />

<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22<br />

11


ZIELGRUPPEN Studierende<br />

fähigkeitsabsicherung kann dann häufig<br />

ohne Gesundheitsprüfung direkt ein ganzes<br />

Stück erhöht werden“, sagt der Experte.<br />

Die junge Zielgruppe von Anfang an zu<br />

begleiten hat nicht nur für die Zukunft der<br />

Studierenden Vorteile. Auch Berater können<br />

so früh eine Bindung aufbauen und so<br />

»Es mangelt an<br />

finanzieller Bildung«<br />

FELIX CZEKALLA, Finanzberater bei Dr. Schlemann unabhängige Finanzberatung GmbH & Co. KG<br />

sind meistens noch gesund und zahlen<br />

in jungen Jahren weniger. Wenn Studierende<br />

solche Beiträge noch nicht selbst stemmen<br />

können, springen häufig Eltern ein<br />

und unterstützen ihre Kinder“, berichtet<br />

Czekalla. Mit dem ersten Job lasse sich auf<br />

diesem Konzept aufbauen. „Die Berufsun<strong>procontra</strong>:<br />

Herr Czekalla, wie steht es um<br />

das Vorwissen junger Studenten zum Thema<br />

Finanzen?<br />

Felix Czekalla: Das fehlende Wissen zu<br />

finanziellen Themen ist teilweise erschreckend.<br />

Aber wo soll es auch herkommen?<br />

In der Schule werden wichtige Themen wie<br />

Steuern, Versicherungen und wirtschaftliche<br />

Zusammenhänge allenfalls oberflächlich<br />

behandelt. Die Schüler trifft wenig Schuld,<br />

sie sind schließlich nicht für die Lehrpläne<br />

verantwortlich. So bleibt noch zu hoffen, dass<br />

die Studierenden im Elternhaus ein paar finanzielle<br />

Basics gelernt haben.<br />

<strong>procontra</strong>: Dabei haben die Eltern der Studierenden<br />

wohl auch sehr unterschiedliche<br />

Erfahrungen ...<br />

Czekalla: Ja, auch hier droht Gefahr. Eltern<br />

sind finanziell nicht immer auf dem neuesten<br />

Stand. So wurde etwa die gesetzliche Berufsunfähigkeitsrente<br />

2001 abgeschafft, weshalb<br />

es heutzutage für jeden unerlässlich ist, eine<br />

private Lösung zu finden.<br />

<strong>procontra</strong>: Welche Gefahren sehen Sie noch?<br />

Czekalla: Manche Studierende erliegen dem<br />

Irrglauben, der Staat würde im Fall der Fälle<br />

schon einspringen und für ein menschenwürdiges<br />

Dasein sorgen. Bei Berufs- oder<br />

Erwerbsunfähigkeit besteht jedoch nur in<br />

besonders gravierenden Fällen ein geringer<br />

Versicherungsschutz von durchschnittlich<br />

900 Euro pro Monat. Dieser setzt außerdem<br />

voraus, dass in 60 Monaten mindestens 36<br />

Pflichtbeiträge in die Rentenversicherung<br />

eingezahlt wurden. Deshalb empfehlen alle<br />

Experten, mit einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung<br />

vorzusorgen.<br />

<strong>procontra</strong>: Inwiefern hat sich das Verhältnis<br />

junger Menschen zum Wertpapierhandel in<br />

den vergangenen Jahren verändert?<br />

Czekalla: In letzter Zeit beobachten wir, dass<br />

sich immer mehr Kunden von sogenannten<br />

„Finfluencern“ inspirieren lassen. Zwar<br />

beschäftigen sich dadurch mehr Menschen<br />

mit ihren Finanzen. Die Inhaber der Social-<br />

Media-Accounts haben oft aber weder eine<br />

Ausbildung, Qualifikation noch Zulassung für<br />

ihre Finanztipps vorzuweisen. Sie berichten<br />

über eigene Erfahrungen, beeinflusst durch<br />

Affiliate-Links, mit denen sie Geld verdienen.<br />

Das Gefährliche daran: Finfluencer haften<br />

nicht für falschen Content und unpassende<br />

Empfehlungen. Anders Berater wie wir.<br />

Wir halten für unsere Empfehlungen auch<br />

unseren Kopf hin. Von solchen „Do-it-yourself-<br />

Lösungen“ raten wir deshalb ab.<br />

Kunden gewinnen, die sie vielleicht ein ganzes<br />

Berufsleben lang begleiten.<br />

DAS ERSTE DEPOT<br />

Selbst mit wenig Vermögen lohnt es sich<br />

zu sparen. Die Rechnung ist schließlich<br />

ganz simpel: Wer früh anfängt, Geld auf<br />

die hohe Kante zu legen, hat im Alter mehr<br />

– und kann die Sparquote nach und nach<br />

steigern. „Auch wenn manche Studenten<br />

vielleicht nur 25 Euro im Monat zurücklegen<br />

können, ist das schon ein guter Anfang“,<br />

führt Lebtig aus. „Sie bekommen so<br />

ein Gefühl dafür, wie es ist, regelmäßig zu<br />

sparen.“ Geld zur Seite zu legen wird zur<br />

Gewohnheit. Lebtig rät seinen Beratungskunden<br />

in der Regel zu einem Sparplan auf<br />

breit gestreute ETFs wie den MSCI World.<br />

„Gerade bei einer langfristigen Anlage zur<br />

Altersvorsorge überzeugen die Indexfonds<br />

mit den überschaubaren Kosten“, sagt Lebtig.<br />

Die Beratung soll immer auch eine Hilfe<br />

zur Selbsthilfe sein. „Geht es um größere<br />

Summen, verfolgen wir einen Portfolioansatz,<br />

in dem wir mit rund zehn verschiedenen<br />

Indexprodukten arbeiten“, erklärt<br />

der Finanzexperte. Hier liege die Mindestanlagesumme<br />

bei 25.000 Euro. Finanzberater<br />

Czekalla sieht in jeder Lösung ihre Vorund<br />

Nachteile. „Ein ETF-Sparplan ist auf<br />

den ersten Blick kos ten güns tig. Der flexible<br />

Zugriff auf das angesparte Vermögen kann<br />

aber schnell dazu verleiten, das Gesparte<br />

für größere Anschaffungen zu verwenden.“<br />

Dieses Geld fehle dann im Alter. „Das Geld<br />

aus einem Depot ist irgendwann aufgebraucht,<br />

während eine fondsgebundene<br />

Rentenversicherung lebenslang den Unterhalt<br />

sichert“, so der Berater. Für weitere<br />

sinnvolle Beimischungen wie Immobilien,<br />

Edelmetalle oder Zugaben von Staat oder<br />

Arbeitgeber sei es bei den Studenten in der<br />

Regel noch zu früh.<br />

Studenten, die sich zum ersten Mal mit<br />

dem Thema Geldanlage auseinandersetzten,<br />

empfiehlt Czekalla: „Auch wenn es aktuell<br />

besonders schwerfällt, ist es sehr wichtig,<br />

darauf zu achten, dass am Ende des Monats<br />

Geld übrig bleibt. So banal das klingen<br />

mag, diese Sparmentalität ist essenziell für<br />

den späteren wirtschaftlichen Erfolg.“ Das<br />

bedeutet dann vielleicht auch, auf einige<br />

Annehmlichkeiten zu verzichten. Doch es<br />

lohnt sich: „Wer frühzeitig lernt, mit seinem<br />

Geld klug umzugehen, trifft langfristig<br />

bessere finanzielle Entscheidungen“, hebt<br />

Czekalla hervor. <br />

12 <strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22


Studierende ZIELGRUPPEN<br />

ELTERN BLEIBEN WICHTIGSTE EINKOMMENSQUELLE<br />

Geld von den Eltern 61<br />

Jobben, Arbeiten neben dem Studium 56<br />

BAföG 29<br />

Eigenes Vermögen, Erspartes 25<br />

Unterstützung durch andere Familienangehörige 8<br />

Andere Darlehen, Kredite 6<br />

Duales Studium (mit betrieblicher Ausbildung) 6<br />

Stipendium 5<br />

Staatliche Zuwendungen (z. B. Waisenrente, Wohngeld) 4<br />

Anderes 6<br />

Angaben in %_Umfrage: Wie wird das Studium finanziert? Quelle: Statista <strong>2022</strong><br />

FAKTEN ZUR ZIELGRUPPE<br />

In Deutschland waren zum Wintersemester<br />

2021/<strong>2022</strong> rund 2,95 Millionen Menschen<br />

immatrikuliert<br />

Vor der Pandemie hatten Studenten laut Statistischem<br />

Bundesamt im Schnitt etwa 1.060<br />

Euro monatlich zur Verfügung<br />

Aufgrund der Pandemie und der steigenden<br />

Preise wird das verfügbare Vermögen aktuell<br />

geringer eingeschätzt<br />

Nichtsdestotrotz ist finanzielle Vorsorge ein<br />

wichtiges Thema für Studenten<br />

Bevor es um Geldanlage gehen kann, muss<br />

das Humankapital abgesichert werden – etwa<br />

über eine Berufsunfähigkeitsversicherung<br />

Betriebliche Krankenversicherung<br />

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<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22<br />

13


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Finanzielle Vorsorge speziell für<br />

Menschen, die für andere da sind<br />

Die rund sechs Millionen Menschen, die allein in Deutschland im Gesundheitswesen arbeiten,<br />

leiden unter hohen Belastungen wie Stress und Überstunden und sind dem Risiko ausgesetzt,<br />

sich während ihrer Tätigkeit zu infizieren. Die KlinikRente stellt für diese Menschen eine hervorragende Möglichkeit dar,<br />

ihr Einkommen deutlich über die staatlichen Leistungen hinaus privat und individuell abzusichern.<br />

Spätestens die Corona-Pandemie hat einer<br />

breiten Bevölkerung bewusst gemacht, wie<br />

wichtig die Arbeit der im Gesundheitswesen<br />

Beschäftigten für die Gesellschaft ist.<br />

Auch die Tatsache, dass die Branche seit<br />

Jahren unter erheblichem Personalmangel<br />

leidet, unterstreicht, wie außerordentlich die<br />

Leistung der Beschäftigten in dieser Branche<br />

nach wie vor ist.<br />

Permanente personelle Unterbesetzung<br />

führt Tag für Tag zur Mehrbelastung aller<br />

Mitarbeitenden im ärztlichen und nichtärztlichen<br />

Bereich. In der Praxis mündet diese<br />

in zahlreiche Überstunden und häufige<br />

Stresssituationen. Neben diesen Herausforderungen<br />

bergen die ständige Ansteckungsgefahr,<br />

die sich nicht auf Corona beschränkt,<br />

sowie die teils körperlich anspruchsvolle<br />

Arbeit gerade im Pflegebereich ernst-<br />

hafte Risiken, die auf Dauer zu einer<br />

Verringerung der Arbeitskraft führen<br />

können.<br />

Gerade deshalb ist es unerlässlich, das<br />

Einkommen umfänglich abzusichern –<br />

im Rahmen einer maßgeschneiderten<br />

Branchenlösung, wie sie die Klinik-<br />

Rente bietet. Michael Rabes, Geschäftsführer<br />

des Versorgungswerks,<br />

bestätigt das: „Die noch immer nicht<br />

beendete Corona-Pandemie hat<br />

uns allen nachhaltig aufgezeigt,<br />

wie real die Risiken sind, aufgrund<br />

einer Erkrankung nicht mehr oder<br />

nur noch eingeschränkt arbeiten<br />

zu können. Das zeigt, wie unerlässlich<br />

eine private finanzielle Absicherung<br />

für diesen Fall ist.“<br />

Diese Einsicht bietet beste Voraus-<br />

setzungen für zielführende Beratungsgespräche.<br />

Und anders, als es der Name<br />

vermuten ließe, richtet sich die KlinikRente<br />

keineswegs nur an die klassischen „Weißkittel-Berufe“<br />

wie Medizinerinnen und<br />

Mediziner oder Pflegekräfte. „Weitaus mehr<br />

Menschen als gedacht, haben Zugang zur<br />

Einkommenssicherung der KlinikRente.<br />

Entscheidend ist hier nicht der Beruf beziehungsweise<br />

die berufliche Tätigkeit, sondern<br />

die Branchenzugehörigkeit. Auch eine Verwaltungsangestellte<br />

im Krankenhaus kann<br />

ihr Einkommen über KlinikRente absichern,<br />

um nur ein Beispiel zu nennen. Insgesamt<br />

steht das Angebot somit rund sechs Millionen<br />

Menschen offen“, erläutert Rabes.<br />

Pluspunkt der KlinikRente dabei: Während<br />

14


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das Ärztliche Versorgungswerk in der Regel<br />

den Teilnahmeberechtigten erst ab 100 %<br />

Berufsunfähigkeit finanzielle Unterstützung<br />

leistet, springt die KlinikRente bereits ab<br />

50 % Berufsunfähigkeit ein.<br />

Natürlich ist das keineswegs das einzige<br />

Argument, das für die Einkommenssicherung<br />

im Rahmen der KlinikRente spricht.<br />

Die Konsortiallösung zur Arbeitskraft- bzw.<br />

Einkommensabsicherung, bei der mehrere<br />

Träger – Swiss Life, Allianz sowie R+V –<br />

zusammenwirken, stellt die besonders hohe<br />

Solidität sicher. Die Konsortialführerin Swiss<br />

Life ist überdurchschnittlich finanzstark und<br />

daher seit vielen Jahren stets in den Top-<br />

Rängen vertreten. Auch die im Branchenvergleich<br />

deutlich niedrigere Prozessquote<br />

und höhere Schadens-Anerkennungsquote<br />

überzeugen.<br />

Ein weiterer gewichtiger Pluspunkt der<br />

Klinik Rente ist die Möglichkeit zur Absicherung<br />

von Grundfähigkeiten, die speziell<br />

im Gesundheitswesen eine wichtige Rolle<br />

spielen. Ebenso die besonders flexiblen<br />

Anpassungsmöglichkeiten, durch die die gewünschten<br />

Leistungen bei wachsendem Einkommen<br />

oder veränderten Lebensumständen<br />

entsprechend variiert werden können,<br />

sind für Versicherte äußerst vorteilhaft.<br />

Schon jetzt ist die KlinikRente ein fester<br />

Begriff bei der Zielgruppe, da sie bereits seit<br />

20 Jahren am Markt besteht (bei mittlerweile<br />

rund 110.000 Versicherten) und viele<br />

Mitarbeitende im Gesundheitsbereich sie<br />

schon durch betriebliche Absicherungsangebote<br />

kennen. Sie schätzen<br />

und vertrauen auch darauf,<br />

dass die Vermittelnden der<br />

Policen über eine langjährige<br />

profunde Kenntnis der<br />

Materie verfügen und so die stets individuell<br />

passende Lösung finden. KlinikRente-<br />

Geschäftsführer Michael Rabes: „Einen<br />

maßgeblichen Anteil an der guten<br />

Entwicklung bei KlinikRente haben<br />

die vielen Vermittlerinnen<br />

und Vermittler, die Tag für<br />

Tag die Sensibilität für<br />

dieses wichtige Thema<br />

in unserer Zielgruppe<br />

steigern.“ Die<br />

Beratenden werden<br />

unter anderem mit<br />

professionellen Vermittlervideos<br />

und<br />

weiteren effektiven<br />

Tools unterstützt.<br />

„Das macht ihnen in<br />

der täglichen Praxis<br />

die erfolgreiche Zusammenarbeit<br />

mit KlinikRente<br />

so einfach wie möglich“, so<br />

Rabes.<br />

Drei weitere gewichtige Argumente,<br />

die die Einkommenssicherung der<br />

KlinikRente für die Kundinnen und<br />

Kunden, aber auch für die Beratenden<br />

besonders attraktiv machen:<br />

1 Es gilt der vorteilhafte Grundsatz<br />

„Einmal versichert, immer versichert“<br />

– der Schutz bleibt also auch nach<br />

einem Berufs- oder Branchenwechsel<br />

vollumfänglich erhalten.<br />

2 Zudem können die Mitarbeitenden<br />

in zahlreichen Fällen von lukrativen<br />

Sonderkonditionen profitieren – und<br />

zwar unabhängig von der Größe des<br />

Unternehmens.<br />

3 Und nicht zuletzt: Auch Ehepartner/-<br />

innen, Lebensgefährt/-innen und<br />

Kinder können über KlinikRente<br />

finanziell abgesichert werden, und<br />

zwar völlig unabhängig davon, in<br />

welcher Branche sie tätig sind.<br />

15


ZIELGRUPPEN Ärzte & Heilberufe<br />

GUTE DIAGNOSTIK GEFRAGT<br />

Ärzte haben wenig Zeit, um sich mit Policen und Vermögensverwaltung zu beschäftigen.<br />

Gleichzeitig verdienen sie überdurchschnittlich gut und haben großen Versicherungsbedarf.<br />

Der Markt ist allerdings hart umkämpft.<br />

– TEXT: SELMA SCHMITT –<br />

Ärzte sind für Makler und Finanzberater<br />

auf den ersten Blick eine wunderbare Zielgruppe:<br />

Sie verdienen gut, im Schnitt liegt<br />

ihr Gehalt hierzulande jährlich bei 78.000<br />

Euro brutto. Das hat der Stepstone-Gehaltsreport<br />

aus diesem Jahr ergeben. „Ärzte haben<br />

außerdem oft einen sehr klaren Lebensweg“,<br />

führt Moritz Titze aus, Bereichsleiter<br />

Zielgruppenmanagement und Training bei<br />

der Deutschen Ärzteversicherung. „Das<br />

können wir in der Beratung entsprechend<br />

berücksichtigen.“ Ihr Studium (in der Regel<br />

sechs Jahre) endet mit einem praktischen<br />

Jahr (drei Praktika in verschiedenen Lehrkrankenhäusern).<br />

Anschließend beginnt<br />

eine fünfjährige Facharztausbildung, während<br />

der sie sich in einer großen Klinik auf<br />

einen Fachbereich spezialisieren. Danach<br />

Deutschlandweit gab es im Jahr 2021 rund<br />

416.000 berufstätige Ärzte. 215.000 davon<br />

arbeiten in Krankenhäusern und Kliniken,<br />

163.000 ambulant, also beispielsweise in<br />

einer eigenen Praxis oder in einem Medizinischen<br />

Versorgungszentrum. Hinzu kommen<br />

etwa 73.000 behandelnde Zahnärzte,<br />

wovon 48.000 in einer eigenen Praxis niedergelassen<br />

sind. Eine große Zielgruppe –<br />

aber auch viele Versicherer wissen um ihre<br />

Rentabilität. Einer der großen Player ist die<br />

Deutsche Ärzteversicherung. Sie und ihre<br />

Partner bieten Berufshaftpflicht-, Berufsunfähigkeit-,<br />

Rechtsschutz- und private<br />

Krankenversicherungen speziell für Ärzte<br />

an, haben auch Versicherungen speziell für<br />

Arztpraxen im Portfolio. „Unser Eckpfeiler<br />

ist die Berufshaftpflichtversicherung“, verbleiben<br />

sie in der Klinik, werden Ober- oder<br />

sogar Chefarzt. Oder sie eröffnen ihre eigene<br />

Praxis und gründen damit ein eigenes<br />

Unternehmen.<br />

Durch ihr gutes Gehalt kommen sie nur<br />

selten in finanzielle Schieflage, die Raten<br />

ihrer laufenden Versicherungen und Sparpläne<br />

fallen selten aus. Zudem ist ihr Beruf<br />

quasi krisensicher – Ärzte werden immer<br />

gebraucht. Keine Frage: Ärzte sind eine<br />

begehrte Zielgruppe. Nur: Sie erst mal als<br />

Kunden zu gewinnen, ist gar nicht so leicht.<br />

Bei der Arbeit der „Halbgötter in Weiß“<br />

geht es um das Wohlergehen ihrer Patienten<br />

– für Altersvorsorge, Geldanlage und die<br />

Auswahl der richtigen Versicherung haben<br />

sie wenig Zeit. Und manchmal interessiert<br />

sie das Thema auch nicht wirklich.<br />

16 Illustration: Roman Kulon


Ärzte & Heilberufe ZIELGRUPPEN<br />

TIPPS VOM SPEZI<br />

ARZTGEHALT IN UNIVERSITÄTSKLINIKEN<br />

FATMA GÖZEL-BUSSMANN,<br />

Finanzberaterin, Köln<br />

Assistenzarzt<br />

4.7006.300<br />

Facharzt<br />

6.2008.200<br />

Oberarzt<br />

7.8009.300<br />

Leitender Oberarzt<br />

(Chefarzt-Vertreter)<br />

9.20010.800<br />

4.000 5.000 6.000 7.000 8.000 9.000 10.000 11.000<br />

nach Tarif (2019/20), Circa-Angaben in € <br />

BERUFSUNFÄHIGKEIT UNTER ÄRZTEN NACH GRÜNDEN<br />

Unfall: 5 %<br />

Sonstiges: 11 %<br />

Kreislauf: 10 %<br />

Bewegungsapparat: 13 %<br />

rät Ärzteversicherungs-Bereichsleiter Titze.<br />

„Diese Versicherung ist sehr speziell, es<br />

gibt nur wenige Anbieter am Markt.“ Bei<br />

den anderen Versicherungen hat die Deutsche<br />

Ärzteversicherung mehr Wettbewerber<br />

– auch wenn „nur wenige Versicherer<br />

Lösungen anbieten, die wirklich zur Zielgruppe<br />

passen“, wie Titze selbstbewusst<br />

erklärt. Zudem erhalten Mediziner in der<br />

angegliederten Finanzberatung Deutsche<br />

Ärzte Finanz auf die Zielgruppe spezialisierte<br />

Vorsorgelösungen sowie Hilfe bei<br />

der Geldanlage und der Finanzierung einer<br />

Niederlassung.<br />

AM ANFANG ZÖGERLICH<br />

Auch die Kölner Finanzberaterin Fatma<br />

Gözel-Bussmann hat sich auf die Berufsgruppe<br />

spezialisiert. Sie hat ihre Beraterkarriere<br />

vor fast 15 Jahren bei der Ärzte Finanz<br />

angefangen und sich im Jahr 2020 mit<br />

dem Unternehmen Bussmann & Freunde<br />

selbstständig gemacht. „Es herrscht ein<br />

reger Wettbewerb, schon an der Uni werden<br />

angehende Ärztinnen und Ärzte von<br />

den großen Versicherungsvertrieben stark<br />

umworben“, weiß Gözel-Bussmann. „Viele<br />

sind deshalb sehr skeptisch. Sie befürchten<br />

etwas verkauft zu bekommen, was sie überhaupt<br />

nicht brauchen.“ Bei einer klugen<br />

Psychische Erkrankung: 33 %<br />

Krebs: 28 %<br />

Quelle: destatis<br />

Angaben in € Quelle: Statistik der Leistungsfälle der Deutschen Ärzteversicherung seit 2005 mit Stand 2018<br />

und kritischen Zielgruppe könne ein zu<br />

druckvoller Vertrieb viel an Vertrauen zerstören.<br />

Ihr Tipp: Wer sich als Finanzberater von<br />

den großen Versicherern abheben möchte,<br />

sollte individuell nur nach Bedarf vermitteln<br />

und genau wissen, wie sich die Lebenswege<br />

junger Mediziner entwickeln. Beim<br />

Berufsstart zählen dazu aus ihrer Sicht eine<br />

Berufsunfähigkeits-, eine Berufs- und Privathaftpflicht-<br />

und eine Krankenversicherung.<br />

„Unabhängigkeit von den kurz fris tigen<br />

Vertriebswünschen einiger Versicherer<br />

ist hier das A und O“, erklärt sie. Ihr Job sei<br />

es, zu beraten und aufzuklären. „Wie sich<br />

die Ärztinnen und Ärzte dann entschieden,<br />

überlasse ich ihnen, ganz ohne Druck zu<br />

machen.“<br />

Sobald die Jungärzte erste Rücklagen bilden,<br />

sollten sie sich mit ihrer Altersvorsorge<br />

auseinandersetzen, rät Gözel-Bussmann.<br />

Ärzte sind Pflichtmitglieder im Versorgungswerk<br />

der Ärzte. „So gut wie alle Ärztinnen<br />

und Ärzte befreien sich zum Berufsstart<br />

von der gesetzlichen Rentenversicherung“,<br />

sagt die Beraterin. „Viele glauben, dass die<br />

Altersrente aus dem Versorgungswerk ausreicht.“<br />

Dabei stehen die Versorgungswerke<br />

auch großen Herausforderungen gegenüber<br />

und korrigieren die Rentenanwartschaften<br />

1. Zielgruppe kennen: Als spezialisierter<br />

Berater sollte man die möglichen Karrierewege<br />

von Ärztinnen und Ärzten gut kennen<br />

und wissen, welchen Herausforderungen<br />

sie wann gegenüberstehen.<br />

2. <strong>Spezial</strong>wissen haben: Unabdingbar ist<br />

Expertenwissen über die Kammerversorgung.<br />

Außerdem muss man die Kriterien,<br />

auf die es beim Versicherungsschutz für<br />

die Berufsgruppe ankommt, kennen.<br />

3. Fachsprache lernen: Medizinerinnen und<br />

Mediziner erwarten kein Medizinstudium. Es<br />

ist jedoch hilfreich, die wichtigsten Fachbegriffe<br />

und Abkürzungen aus Studium und<br />

Berufsalltag zu kennen.<br />

nach unten. Ärzte starten zudem deutlich<br />

später ins Erwerbsleben als die meisten anderen<br />

Akademiker, in Bezug auf ihre Rente<br />

haben sie also noch mehr nachzuholen.<br />

„Trotzdem sind viele direkt nach der Uni<br />

sehr vorsichtig und wollen sich finanziell<br />

nicht zu sehr binden“, berichtet die Finanzberaterin.<br />

Eine klassische Hochrechnung<br />

aufs Alter helfe in den meisten Fällen aber,<br />

damit Jungärzte das Problem erst mal auf<br />

dem Schirm haben.<br />

HOHER BERATUNGSBEDARF<br />

IN DER LEBENSMITTE<br />

Nach ihrer Assistenzarztausbildung und<br />

ein paar Jahren im Krankenhaus wollen die<br />

meisten dann ihre eigene Praxis aufmachen.<br />

Sie kaufen einem Kollegen, der in den Ruhestand<br />

geht, seine Praxis ab, renovieren<br />

sie und investieren in teure Diagnosegeräte.<br />

Das alles, während sie vielleicht nur<br />

wenige Patienten haben und gleichzeitig<br />

ihre Angestellten bezahlen müssen. „Die<br />

aufwendigsten Niederlassungen gibt es im<br />

Bereich der Radiologie, Augenheilkunde<br />

und bei umfangreichen zahnärztlichen<br />

<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22<br />

17


ZIELGRUPPEN Ärzte & Heilberufe<br />

»Viele Ärzte sind unterversichert«<br />

ROBERT KRÜGER KASSISSA hat sich auf Finanzberatungen für Heilberufler spezialisiert und „Wir haben Praxis“ gegründet.<br />

Er erklärt, worauf Makler bei niedergelassenen Ärzten achten müssen.<br />

Strukturen“, sagt Ärzteversicherungs-<br />

Bereichsleiter Titze. „Da reichen die Finanzierungsvolumina<br />

schon mal an die Millionen.“<br />

Nur die wenigsten können das aus<br />

ihrem Ersparten zahlen. Eine gute Finanzierung<br />

ist gefragt, sowie solider Versicherungsschutz<br />

für die Praxis.<br />

Robert Krüger Kassissa, Finanzberater<br />

für Heilberufler in Berlin und Brandenburg,<br />

hat sich auf niedergelassene Ärzte spezialisiert.<br />

„Ärztinnen und Ärzte erfordern<br />

einiges an Beratungsaufwand“, erläutert<br />

er. „Sie sind wie staatlich regulierte Selbstständige.“<br />

Grundsätzlich sei die Finanzberatung<br />

für Ärzte aber „kein Hexenwerk“,<br />

so der Finanzberater. „Wer sich vorher mit<br />

Gewerbekunden beschäftigt hat, wird kei<strong>procontra</strong>:<br />

Sie haben sich auf niedergelassene<br />

Ärzte spezialisiert. Was gilt es da zu versichern?<br />

Robert Krüger Kassissa: Grundsätzlich unterscheidet<br />

man zwischen Absicherungen für die<br />

Person und für die Praxis. Wer sich selbstständig<br />

macht, braucht unbedingt eine Berufshaftpflicht<br />

– auch eine Rechtsschutz-Versicherung<br />

ist fast Pflicht. Zudem sind BU und Krankentagegeld<br />

für Selbstständige unverzichtbar. Die<br />

Praxis wiederum braucht eine Praxisinhaltsversicherung,<br />

die die teuren Geräte absichert, und<br />

gegebenenfalls eine Praxisausfallversicherung.<br />

Auch Cyberriskpolicen werden für Praxen immer<br />

wichtiger, schließlich handelt es sich hier um<br />

hoch sensible Gesundheitsdaten.<br />

<strong>procontra</strong>: Worauf müssen Makler achten?<br />

Krüger Kassissa: Viele Ärzte sind unterversichert.<br />

Sie übernehmen eine Praxis mit alten<br />

Gerätschaften und Policen und investieren bei<br />

der Übernahme oder im Laufe der Jahre in neue<br />

Geräte. Das ist teuer: Ein Behandlungsstuhl<br />

für eine zahnärztliche Praxis fängt bei 30.000<br />

bis 40.000 Euro pro Stück an. Da passiert es<br />

schnell, dass die alte Praxisinventarversicherung<br />

eine Schadenssumme von 200.000 Euro<br />

abdeckt, der Inhalt aber das Fünffache wert ist.<br />

Vom Umsatzausfall bei einem Wasserschaden<br />

beispielsweise ganz zu schweigen. Gleiches gilt<br />

bei Personenversicherungen. Die Berufsunfähigkeitsversicherung<br />

vom Beginn ihrer Karriere<br />

sieht vielleicht eine BU-Rente in Höhe von 1.500<br />

Euro vor, das ist bei den Einkommenszuwächsen<br />

im Laufe ihres Berufslebens nicht mehr<br />

angemessen. Damit keine Versorgungslücke<br />

entsteht, sollte man bei der Beratung unbedingt<br />

ein Auge auf die Versicherungssummen haben<br />

und vor allem die Policen regelmäßig überprüfen.<br />

<strong>procontra</strong>: Welche Themen werden Ärzteberater<br />

in Zukunft beschäftigen?<br />

Krüger Kassissa: Eine große Schwierigkeit ist der<br />

demografische Wandel. Wir haben jetzt schon<br />

Ärztemangel, besonders auf dem Land und<br />

bei den grundversorgenden Fachrichtungen.<br />

Viele Praxen müssen schließen, weil sie keine<br />

Nachfolger finden. Ebenso hat die Zuwanderung<br />

von ausländischen Ärztinnen und Ärzten<br />

nachgelassen. Eine Studie der Robert-Bosch-<br />

Stiftung prognostiziert, dass im Jahr 2035 rund<br />

11.000 Hausarztstellen unbesetzt sein werden.<br />

40 Prozent der Landkreise werden unterversorgt<br />

oder von Unterversorgung bedroht sein. Das<br />

erwartet uns auch bei den Zahnärzten: In Berlin<br />

beispielsweise liegt das mittlere Alter der Berufsgruppe<br />

bei 54 Jahren. Zudem wollen viele lieber<br />

in die Anstellung als in eine eigene Praxis. Ich<br />

habe mich auf niedergelassene und niederlassungswillige<br />

Heilberufler spezialisiert, auch mein<br />

Kuchen wird künftig immer kleiner werden.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie gehen Sie damit um?<br />

Krüger Kassissa: Ich habe mein Angebot erweitert.<br />

Die Klientel will am liebsten alles aus einer<br />

Hand. Ich berate deshalb nicht nur zu Versicherungen<br />

und Finanzierungen, sondern biete auch<br />

eine Praxisvermittlung an. Für andere Fragen<br />

habe ich ein Netzwerk, das weiterhelfen kann,<br />

beispielsweise bei der Auswahl der richtigen<br />

Medizingeräte oder steuerlichen Fragen. Ich<br />

verstehe mich wie ein medizinisches Versorgungszentrum,<br />

in dem alle Fachrichtungen unter<br />

einem Dach arbeiten. <br />

ne Probleme haben, Ärztinnen und Ärzte<br />

bei ihrer Niederlassung zu beraten.“ Die<br />

Industrie- und Handelskammern und andere<br />

Dienstleister bieten zusätzlich regelmäßig<br />

Lehrgänge zum Finanzberater für<br />

Heilberufler an. Zudem veranstalten große<br />

Versicherer regelmäßig Weiterbildungen für<br />

Ärzteberater. „Wichtig ist aber, dass man<br />

die Fachsprache der Medizinerinnen und<br />

Mediziner beherrscht“, empfiehlt der Finanzberater.<br />

Wer nicht weiß, was ein MRT-<br />

Gerät ist oder dass „Ich mache viel Sono“<br />

Ultraschalluntersuchungen bedeutet, habe<br />

schlechte Karten. „Ärztinnen und Ärzte haben<br />

viel Kontakt zu Menschen“, sagt Krüger<br />

Kassissa. „Sie merken direkt, wenn man<br />

über etwas nicht genau Bescheid weiß.“<br />

FAKTEN ZUR ZIELGRUPPE<br />

Ärzte und Psychotherapeuten<br />

sind im Schnitt 54,2 Jahre alt<br />

Ein Medizinstudium ist laut Approbationsordnung<br />

auf sechs Jahre und drei Monate<br />

festgelegt<br />

10.335 Menschen haben im Jahr 2021/22 ein<br />

Medizinstudium in Deutschland begonnen<br />

1.100 ausländische Ärzte sind<br />

im Jahr 2021 zugewandert<br />

Jeder fünfte Arzt steht laut Ärztestatistik der<br />

Bundesärztekammer unmittelbar vor dem<br />

Ruhestand<br />

18 <strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22


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ZIELGRUPPEN Betreuer<br />

BERUF UND BERUFUNG<br />

Betreuer steuern Hilfebedürftige durch Behördendschungel und Krisen. Für diese „besonderen<br />

Dienstleister“ ist Versicherungsschutz gefragt, den Makler zielgerichtet vermitteln können.<br />

– TEXT: CARLA FRITZ –<br />

Problemlöser und persönlicher Krisenmanager.<br />

Berufsbetreuer sind das in einer Person<br />

für diejenigen, die wegen Krankheit,<br />

Behinderung oder Pflegebedürftigkeit ihre<br />

Angelegenheiten nicht oder nicht mehr<br />

vollständig selbst händeln können. Ab<br />

2023 nach neuer Gesetzeslage dann auch<br />

verpflichtend mit einer Vermögensschaden-<br />

Haftpflichtversicherung (VSH).<br />

Bislang ist die Gruppe eher klein. Derzeit<br />

gibt es in Deutschland circa 17.000 berufliche<br />

Betreuer – überwiegend selbstständig<br />

oder als Vereinsbetreuer in Betreuungsvereinen<br />

oder als Behördenbetreuer bei der Betreuungsbehörde<br />

angestellt. Ein Metier, in<br />

dem neben Rechtsanwälten auch Sozialarbeiter,<br />

Psychologen, Pädagogen, Krankenpfleger,<br />

Verwaltungsfachkräfte und andere<br />

Berufe vertreten sind. Doch die Gruppe<br />

dürfte künftig wachsen. Davon geht unter<br />

anderen der Familienbund der Katholiken<br />

aus. „Das erwartet wohl auch der Gesetzgeber“,<br />

sagt Vorstand Werner Brase vom<br />

<strong>Spezial</strong>versicherer Allcura mit Blick auf die<br />

aktuelle Reform des Vormundschafts- und<br />

Betreuungsrechts.<br />

Denn der Bedarf ist groß, weil Familien<br />

die Betreuung Angehöriger in vermögensund<br />

arbeitsrechtlichen, aber auch gesundheitlichen<br />

Fragen heute immer weniger leisten<br />

können bzw. die familiären Strukturen<br />

das immer weniger hergeben.<br />

HÜRDEN BEI ANTRAGSSTELLUNGEN<br />

Die Anzahl rechtlicher Betreuungen hat<br />

sich nach Angaben von Verbänden seit den<br />

1990er-Jahren auf rund 1,3 Millionen Betreute<br />

verdoppelt. Berufliche Betreuungen<br />

machen davon knapp die Hälfte aus (47<br />

Prozent), etwas mehr als 50 Prozent der<br />

Betreuungen sind ehrenamtlich und liegen<br />

in den Händen von Familienangehörigen.<br />

„Hohe Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit“<br />

in den Betreuungsverhältnissen bescheinigt<br />

Brase der Zielgruppe in diesem sensiblen<br />

Bereich. Dennoch: „Schadenfälle sind da.<br />

Das liegt in der Natur der Sache“, erklärt<br />

VCU-Makler Stephan Schmidt, der hauptsächlich<br />

in Dienstleistungs- und beratenden<br />

Berufen mit dem Schwerpunkt Haftpflicht<br />

unterwegs ist. Was nach seiner Erfahrung<br />

relativ häufig vorkommt: Anträge an Be-<br />

hörden werden falsch gestellt. Sodass<br />

Gelder von dort nicht eingehen. Oder sie<br />

werden zu spät gestellt – und es kommt<br />

zu Kürzungen. „Das bleibt beim Betreuer<br />

hängen.“ Der Nachlass könne ein weiteres<br />

strittiges Thema sein „mit Angehörigen,<br />

die Geld vermuten, wo keines ist“. Absicherung<br />

berufstypischer Risiken, durch die<br />

20 Illustration: Roman Kulon


Betreuer ZIELGRUPPEN<br />

ANBIETERNAME<br />

PRIVATER KRANKENSCHUTZ FÜR BERUFSBETREUER<br />

TARIFNAMEN<br />

andere einen Vermögensschaden erleiden.<br />

„Die Gerichte, die die Betreuungsaufträge<br />

vergeben, lassen sich diesen Schutz immer<br />

nachweisen“, so Schmidt. „Insofern haben<br />

Berufsbetreuer im Grunde schon seit<br />

Langem eine ‚Pflichtversicherung‘. Aber<br />

bis zur Reform gab es keine Auflagen, wie<br />

diese Police genau aussehen und welche<br />

Summen sie abdecken muss.“ Nach seiner<br />

Beobachtung sind preissensible Betreuer<br />

teilweise nur mit 100.000 Euro Versicherungssumme<br />

unterwegs“, die sie nunmehr<br />

aufstocken müssen. Ein großer Teil sei auch<br />

bereits über die mindestens geforderten<br />

250.000 Euro je Versicherungsfall hinaus<br />

abgesichert und müsse meist nur noch auf<br />

Vierfach-Maximierung umstellen. „Erste<br />

Gesellschaften sind schon mit Tarifen draußen.“<br />

Die Mehrzahl sei jedoch noch in der<br />

Findungs- und Tarifierungsphase. Den Termin<br />

fürs Beratungsgespräch kann man aber<br />

vorsorglich schon mal festmachen.<br />

mit vier oder fünf Sternen<br />

GESAMTBEITRAG<br />

mtl.<br />

SELBSTBEHALT<br />

ZAHNERSATZ<br />

M&M-RATING<br />

PKV-VOLL<br />

Arag ME900, PVN (800), KTV28 517,03 € 900 € 80 % <br />

Münchener Verein 882 Master Care II, PVN (401), 369 534,83 € 960 € 75 % <br />

Allianz AktiMed Plus 70 P, PVN, KTS05W 547,67 € max. 1.000 € 75 % <br />

uniVersa uni-VE 900 K, PVN, uni-KT 29 550,91 € 900 € 80 % <br />

HanseMerkur KVT1000, PSV, PVN, T29/90 551,68 € 1.000 € 80 % <br />

Württembergische<br />

BBKK/UKV<br />

Ambulant Komfort Hausarzt 960 SB, Stationär<br />

Komfort, Zahn Komfort, PVN, KTVS 29<br />

GesundheitVario 800, Vario KlinikPlus, PVN,<br />

KT-S 29<br />

581,62 € 960 € 75 % <br />

590,61 € 800 € 70 % <br />

Axa ActiveMe-U, Komfort Zahn-U, PVN, KTG 28-U/90 592,20 € max. 500 € 75 % <br />

DKV BMK2, PVN, KTN2/29/90 602,68 € 800 € 75 % <br />

Signal Iduna Komfort-Plus2, PVN, pro 029/90 605,17 € 960 € 70 % <br />

SDK AM31, S1, Z8, PVN (PPN), TA 4 620,53 € max. 960 € 80 % <br />

Barmenia Prim2+, PVN, T 28+ 621,98 € 600 € 80 % <br />

Nürnberger Top6, S2, ZZ 20, PVN, TS4 629,17 € 600 € 80 % <br />

Inter QME 600 U, PVN, KTS 28 637,64 € 600 € 80 % <br />

Gothaer MediCompact Premium 960, PVN, TG 4 90 647,39 € 960 € 75 % <br />

Alte Oldenburger A 112, K 20, Z 100/80, PVN, KTS 4 648,21 € 750 € 80 % <br />

LVM A 560, S 2, Z 100/80, PVN, KT 29 653,68 € 560 € 80 % <br />

Concordia AV2, SV2, ZV1, VV PLUS, PVN, KT29 670,17 € 600 € 80 % <br />

Hallesche NK.select XL 600, PVN, KT.29 676,68 € 600 € 90 % <br />

LKH A103, S200, Z80, PVN, T04U 723,72 € 600 € 80 % <br />

R+V Agil premium TN2U, PPN, TE04/90 742,27 € 960 € 80 % <br />

Die Tabelle bildet alle Anbieter am Markt ab, die mit ihren Tarifen die o. g. Vorgaben erfüllen und mindestens vier (sehr gut) oder fünf (ausgezeichnet) Sterne im M&M-<br />

Rating PKV-Vollversicherung haben. Tabelle sortiert nach Gesamtbeitrag. Je Anbieter der günstigste Tarif, die Anbieter bieten auch andere Varianten/Tarife an.<br />

<br />

Quelle: Morgen & Morgen GmbH, Stand: 7.10.<strong>2022</strong>, ID: K22008<br />

GRÜNDE FÜR<br />

DIE EINRICHTUNG EINER BETREUUNG<br />

Am Beispiel von Baden-Württemberg<br />

Altersdemenz:<br />

21,8<br />

Angaben in %<br />

nicht zuordenbar: 7,2<br />

körperliche<br />

Behinderung inkl.<br />

Schlaganfall: 35,7<br />

seelische<br />

Behinderung /<br />

psychische<br />

Erkrankung: 26,4<br />

geistige<br />

Behinderung: 8,9<br />

Quelle: Kommunalverband<br />

für Jugend und Soziales, Baden-Württemberg<br />

STEPHAN SCHMIDT,<br />

VCU-Makler<br />

TIPPS VOM SPEZI<br />

Was Berufsanfänger oft falsch machen:<br />

Sie wollen nichts ausschließen. Aber mit<br />

einem Riesenbauchladen kann man nicht<br />

auf höchstem Niveau korrekt anbieten. Die<br />

Produktpalette ist zu groß. Deshalb Mut zum<br />

Neinsagen, sich ein Stück weit spezialisieren.<br />

Wir sind stark in Vermögensschadenund<br />

Betriebshaftpflicht und präferieren von<br />

daher beratende Berufe und Dienstleister,<br />

darunter auch die Zielgruppe Berufsbetreuer.<br />

ZWISCHEN KÜR UND PFLICHT<br />

HDI – seit Ende der 1990er-Jahre mit einer<br />

VSH für Berufsbetreuer am Markt – hat<br />

sich „entschlossen, ein spezielles Produkt<br />

zu entwickeln, das ganz auf die Erfordernisse<br />

einer Pflichtversicherung zugeschnitten<br />

ist“. Die Gothaer will, nach Produktüber<br />

arbeitung, ein Kombiprodukt auf Basis<br />

einer Betriebshaftpflichtversicherung mit<br />

Komponente für die Absicherung reiner<br />

Vermögensschäden entsprechend den neuen<br />

Anforderungen zur Verfügung stellen.<br />

Bei Ergo sieht man „keinen nennenswerten<br />

Anpassungsbedarf“. Gleiches gelte<br />

auch für die Prämienfindung für diese<br />

Risiken, so Kai Fenneken, Bereichsleiter<br />

VSH/Financial Lines. „Gegebenenfalls anzupassende<br />

Versicherungssummen werden<br />

sich preislich in Teilen niederschlagen.“<br />

Allcura lässt wissen: „Es wird auf keinen<br />

Fall teurer.“ Bei Hiscox ist der Pflichtschutz<br />

– nach „Relaunch des <strong>Spezial</strong>antrags für<br />

Berufsbetreuer“ – bereits erhältlich. „Nach<br />

wie vor gibt es auch die modulare Lösung“<br />

aus Betriebshaftpflicht und VSH, so Underwriting<br />

Manager Mario Hartmann.<br />

RICHTUNGSENTSCHEIDUNG<br />

Eine solche Kombination bietet auch VCU-<br />

Makler Schmidt seiner Onlinekundschaft<br />

an, bei Bedarf auch Sach oder Cyber.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22<br />

21


ZIELGRUPPEN Betreuer<br />

»Vermögensschäden unbedingt absichern«<br />

MARIO HARTMANN, Underwriting Manager bei Hiscox Deutschland<br />

„Aber wir gehen damit nicht hausieren<br />

und maßen uns nicht an, gleichzeitig alle<br />

anderen Welten perfekt zu können.“<br />

Cross-Selling also eher in Grenzen bei der<br />

Zielgruppe? Kommt ganz darauf an, woher<br />

der Makler kommt und wohin er will.<br />

„Wenn er fürs Personengeschäft ohnehin<br />

ein Faible und vorher möglicherweise auch<br />

schon Vorsorge gemacht hat, deckt er vielleicht<br />

auch andere Lebensbereiche ab“, sagt<br />

Hartmann.<br />

So oder so: Ein Makler, der sich für das<br />

breit gefächerte Spektrum der Dienstleister<br />

vom IT-Experten bis zum Berufsbetreuer<br />

interessiert, hat nach seiner Einschätzung<br />

eine gute Entscheidung getroffen, weil der<br />

Dienstleistungssektor immer wichtiger<br />

wird.<br />

Gut positioniert sind dann diejenigen<br />

Makler, die auch über freiwillige oder ver<strong>procontra</strong>:<br />

Wie schätzen Sie die Risikosituation<br />

von Berufsbetreuern ein?<br />

Mario Hartmann: Selbstständige Berufsbetreuer<br />

haben umfängliche Pflichten. Das reicht vom<br />

Check der Nebenkostenabrechnung bis hin zur<br />

Insolvenzbegleitung, berührt Krankenhausaufenthalte<br />

und Therapien. Sie sind schon eine<br />

Art persönlicher Manager der Betreuten und<br />

können im Spannungsfeld von Angehörigen,<br />

Krankenkassen und Ämtern schnell zwischen<br />

die Fronten geraten, durch ein Missverständnis<br />

oder einen Fehler. Deshalb ist insbesondere die<br />

Absicherung von Vermögensschäden für diese<br />

Berufsgruppe existenziell. Es ist keine Deckung,<br />

wo man sagt: Da passiert sowieso nichts.<br />

Dazu gehört auch die Abwehr unberechtigter<br />

Ansprüche, das heißt passiver Rechtsschutz.<br />

Diese Haftpflichtkomponente ist den beruflichen<br />

Betreuern enorm wichtig.<br />

<strong>procontra</strong>: Die Reform des Betreuungsrechts<br />

verpflichtet Berufsbetreuer ab 2023 zum Abschluss<br />

einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung.<br />

Ihr Haus ist bereits mit einem<br />

Relaunch des bisherigen Produkts am Start.<br />

Inwieweit mussten Sie neu justieren?<br />

Hartmann: Der Gesetzgeber fordert jetzt eine<br />

Versicherungssumme von mindestens 250.000<br />

Euro, die mindestens viermal im Jahr zur Verfügung<br />

stehen muss. Da macht es keinen Sinn<br />

mehr, auch kleinere Versicherungssummen zur<br />

Auswahl anzubieten. Wir hatten schon immer<br />

eine Dreifach-Maximierung, nun also vierfach.<br />

Üblich am Markt war bisher zweifach.<br />

Es bleibt aber dabei: Wir versichern auch<br />

zusätzliche Tätigkeiten, die nicht unter die<br />

Pflichtversicherung für Berufsbetreuer fallen,<br />

beispielsweise als Nachlasspfleger. Eine neue<br />

Klausel stellt klar: Schäden aus diesen Bereichen<br />

belasten die Versicherungssumme der<br />

Pflichtversicherung nicht.<br />

<strong>procontra</strong>: Verglichen mit anderen Dienstleistungsberufen<br />

ist die Zielgruppe Berufsbetreuer<br />

klein – zu klein für eine <strong>Spezial</strong>isierung des<br />

Maklers?<br />

Hartmann: Sofern man die Rechtsanwälte dazuzählt,<br />

ist es keine kleine Gruppe. Statt über einen<br />

Zusatzbaustein in der eigenen Berufshaftpflicht<br />

decken einige das Risiko schon jetzt bei uns<br />

über eine separate Berufsbetreuerversicherung<br />

ab. Vor allem dann, wenn viele Betreuungen<br />

im Raum stehen. Und auch der Versicherungsschutz<br />

dieser Gruppe ist nicht klein, wenn man<br />

außerdem Risiken wie Betriebshaftpflicht, Sach<br />

und Cyber und private Risiken hinzunimmt. Nicht<br />

zuletzt könnte die Zielgruppe ein Baustein im<br />

Portfolio sein – für den, der sich zum Beispiel<br />

auf den Bereich Dienstleistungen spezialisieren<br />

will. Vielleicht auch der Einstieg in die Vermögensschaden-Haftpflicht-Sparte.<br />

Jemand, der<br />

Haftpflicht macht, wird auch Vermögensschaden-Haftpflicht<br />

verstehen. <br />

schiedene Pflichtversicherungen bereits<br />

Zugang haben. „Einige gehen mit eigenen<br />

Sonderkonzepten über Verbände, andere<br />

über Betreuungsvereine“, bezieht sich Brase<br />

auf den Markt für Betreuungsrisiken,<br />

die relativ günstig zu versichern seien. „Ein<br />

Steuerberater liegt in der Grundprämie<br />

wahrscheinlich um das Vier- bis Fünffache<br />

höher“, vergleicht VCU-Makler Schmidt.<br />

„Für die Versicherer und vielleicht auch die<br />

Maklerwelt ist das aufgrund des höheren<br />

Prämienvolumens die interessantere Berufsgruppe.“<br />

Andererseits: Wer sich in einer Nische<br />

bewegt, baut durch die zwangsläufig intensive<br />

Beschäftigung mit dem Thema schnell<br />

einen Expertenstatus auf, mit dem er punkten<br />

und sich weitere Kundenkreise, auch in<br />

angrenzenden Bereichen, durch Empfehlungsmarketing<br />

erschließen kann. <br />

FAKTEN ZUR ZIELGRUPPE<br />

Eher kleine, beruflich heterogene Zielgruppe,<br />

sehr gewissenhaft, überwiegend selbstständig<br />

oder in Vereinen<br />

Wachstumspotenzial durch demografischen<br />

Wandel/veränderte Familienstrukturen (Verdoppelung<br />

rechtlicher Betreuungen seit den<br />

90ern) und im Hinblick auf <strong>Spezial</strong>isierung auf<br />

Dienstleistungsbranche<br />

Ab 2023 Vermögensschaden-Haftpflicht<br />

vorgeschrieben<br />

Cross-Selling: Betriebshaftpflicht, Cyber,<br />

Sach, Kfz, Personen- und weitere private<br />

Versicherungen<br />

22 <strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22


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ZIELGRUPPEN Immobilienbesitzer<br />

GEWOHNT, GEBAUT, SANIERT<br />

Von Neu- über Anbau bis hin zur Modernisierung – Immobilienbesitzer liefern ständig<br />

Beratungsansätze. Daher bleiben sie eine der spannendsten<br />

Zielgruppen für Makler.<br />

– TEXT: CARLA FRITZ –<br />

24 Illustration: Roman Kulon


Immobilienbesitzer ZIELGRUPPEN<br />

ANDREAS WENGER,<br />

Süd-West-Makler<br />

TIPPS VOM SPEZI<br />

Ja, die Baupreise sind hoch – mit einem<br />

Anstieg wie lange nicht: plus 17,6 Prozent<br />

im Vorjahresvergleich. Das gab es seit 1970<br />

nicht mehr. Die Hauspreise stehen dem<br />

kaum nach. Desgleichen die Baulandpreise,<br />

wo man in bestimmten Städten und Regionen<br />

für den Quadratmeter inzwischen<br />

mehr zahlen muss als andernorts für gutes<br />

Wohneigentum. Und es wird deutlich weniger<br />

neu gebaut.<br />

Aber es wird gebaut, wenn auch oft als<br />

finanzieller Drahtseilakt, weshalb in der<br />

Bauphase die Bauherrenhaftpflicht- sowie<br />

die Bauleistungsversicherung, als Kaskoversicherung<br />

für das noch nicht fertige Haus,<br />

plus Feuerrohbauversicherung erst recht<br />

unverzichtbar sind. Für Makler ist es der<br />

Einstieg ins Geschäft mit einer Zielgruppe,<br />

die in dieser Lebensphase eher preissensibel<br />

ist, später aber mehr Spielraum für hochwertigen<br />

Risikoschutz hat.<br />

Rund 80 Prozent der Mieter würden der<br />

neuesten forsa-Umfrage zufolge am liebsten<br />

in eigenen vier Wänden wohnen. 25<br />

Prozent von ihnen planen einen Immobilienkauf,<br />

auch wenn fast alle meinen, dass<br />

dies heute schwieriger sei als noch vor fünf<br />

Jahren. „Die geopolitische Lage, die hohe<br />

Inflation und die steigenden Zinsen wirken<br />

sich selbstverständlich auch auf die Angebots-,<br />

Nachfrage- und Preisstrukturen auf<br />

dem Wohnimmobilienmarkt aus. Aber<br />

längst nicht so gravierend und andauernd,<br />

wie es andere Wirtschaftssegmente zu befürchten<br />

haben“, ordnete IVD-Präsident<br />

Jürgen Michael Schick jüngst die Datenlage<br />

SAARLAND VORN, BERLIN AM ENDE<br />

Wohneigentumsquote in Deutschland<br />

DEUTSCHLAND<br />

Ø 43,7<br />

NRW<br />

43,7<br />

Rheinland-Pfalz<br />

58,0<br />

Saarland<br />

64,7<br />

Angaben in %<br />

Bremen<br />

37,8<br />

Hessen<br />

47,5<br />

Baden-<br />

Württemberg<br />

52,6<br />

Schleswig-Holstein<br />

53,3<br />

Hamburg<br />

23,9<br />

Niedersachsen<br />

54,2<br />

Thüringen<br />

45,3<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

41,1<br />

Sachsen-<br />

Anhalt<br />

45,1<br />

Bayern<br />

51,4<br />

Berlin<br />

17,4<br />

Brandenburg<br />

47,8<br />

Sachsen<br />

34,6<br />

Quelle: Kantar, Statistisches Bundesamt,<br />

Verband der Privaten Bausparkassen e. V.<br />

mit Bezug auf den neuen Wohn-Preisspiegel<br />

des Verbands ein. Die Nachfrage zeigt<br />

sich nach seinen Worten von den diversen<br />

Krisensituationen relativ unbeeindruckt.<br />

Im Nachholbedarf bei der Wohneigentumsquote<br />

steckt für Michael Hirschmann,<br />

Leiter Vertriebsdirektion Süd der Alte Leipziger,<br />

erhebliches Wachstumspotenzial für<br />

die Zukunft.<br />

DER ZEIT VORAUS<br />

Und es wird saniert und modernisiert –<br />

zwangsläufig vor allem im energetischen<br />

Eigene Rahmenverträge! Wenn zum Beispiel<br />

die Abwasserrohre außerhalb des Gebäudes<br />

lecken, muss man bei der Leckageortung<br />

und Reparatur möglicherweise den<br />

Vorgarten aufreißen, mit sehr hohen Kosten.<br />

In vielen Standardverträgen der Wohngebäudeversicherung<br />

ist diese Position<br />

lediglich mit 1.000 bis 3.000 Euro versichert,<br />

in unseren Konzepten unbegrenzt.<br />

Bereich. Dies insbesondere von jungen Familien,<br />

die verstärkt auf Bestandsimmobilien<br />

ausweichen und dabei zum Beispiel auch<br />

von kommunalen Förderprogrammen mit<br />

dem Label „Jung kauft Alt“ profitieren und<br />

hoffentlich bald auch vom angekündigten<br />

neuen bundesweiten Förderprogramm zum<br />

Erwerb von Wohneigentum.<br />

Wohneigentümer respektive Hausbauer<br />

waren und sind seit jeher die Treiber bei<br />

der Nutzung erneuerbarer Energien bzw.<br />

innovativer Technologien wie Photovoltaik,<br />

Solarthermie, Batteriespeicher, Wärmepumpe,<br />

Kraft-Wärme-Kopplung, Pelletheizung<br />

oder Elektroauto. Von den knapp 30<br />

Prozent der Haushalte in Deutschland, die<br />

2021 mindestens eine dieser Technologien<br />

nutzten, sind knapp die Hälfte (45 Prozent)<br />

Eigentümer von Ein- oder Zweifamilienhäusern.<br />

In den kommenden zwölf Monaten planen<br />

laut KfW-Energiewendebarometer<br />

<strong>2022</strong> insgesamt 13 Prozent der Haushalte<br />

hierzulande eine entsprechende Anschaffung.<br />

Auch ein Rekord – verglichen mit den<br />

bisherigen Umfragen seit 2018. Treiber der<br />

Entwicklung sind demnach vor allem die<br />

einkommensstärkeren Haushalte respektive<br />

Immobilienbesitzer.<br />

Das deckt sich mit den Beobachtungen<br />

der Inter, die in der Zielgruppe den<br />

<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22<br />

25


ZIELGRUPPEN Immobilienbesitzer<br />

»Versicherungswerte oft unzureichend«<br />

MICHAEL HIRSCHMANN, Leiter Vertriebsdirektion Süd, Alte Leipziger<br />

<strong>procontra</strong>: Über das Durchschnittsalter der<br />

Immobilienbesitzer gibt es unterschiedliche Aussagen.<br />

Verjüngt sich die Zielgruppe tendenziell<br />

gerade oder wird sie eher älter?<br />

Michael Hirschmann: Man muss unterscheiden.<br />

Hausbesitzer werden – so erleben wir es jedenfalls<br />

in unserem Geschäft – gerade jünger. Das<br />

ist aber eher ein Demografiethema. Viele Häuser<br />

gehören der Großelterngeneration, und jetzt<br />

kommen auch die geburtenstarken Jahrgänge<br />

in das Alter, wo Häuser vererbt werden. Dort<br />

ziehen dann deutlich jüngere Leute ein.<br />

Häuslebauer waren bisher eher im mittleren<br />

Alter zwischen 38 und 40 Jahren. Die aktuelle<br />

Zinssituation wirft natürlich einige, die bauen<br />

wollten, zurück. Denn ob man 1 Prozent Zins<br />

zahlt oder wie aktuell 3 bis 3,5 – das ist schon<br />

ein himmelweiter Unterschied. Dazu kommen<br />

die inflationsbedingt hohen Herstellungskosten.<br />

Von daher wird sich auch keine signifikante Reduzierung<br />

der Hauspreise ergeben – obwohl die<br />

Nachfrage in manchen Regionen rückläufig ist.<br />

<strong>procontra</strong>: Mithin dürfte es für Makler schwieriger<br />

werden, Neubaukunden zu gewinnen?<br />

Hirschmann: Es kann sein, dass es dort eine<br />

gewisse Delle gibt. Aber wir haben grundsätzlich<br />

weiter hohen Nachholbedarf beim Bauen. Vielleicht<br />

gibt es weniger Leute, die sich das leisten<br />

können. Aber der Bestand ist riesig, und das Potenzial<br />

ist hier auch groß. Wir reden laut Statis ta<br />

von ungefähr 20 Millionen Wohngebäuden in<br />

Deutschland, davon 16 Millionen Einfamilienhäuser.<br />

Das sind enorme Sachwerte. Bis beispielsweise<br />

alle auch Elementarschutz haben, ist<br />

noch viel Aufklärungsarbeit nötig. Nicht zuletzt<br />

erreichen uns derzeit viele Makleranfragen zu<br />

Inflation und Immobilienschutz.<br />

<strong>procontra</strong>: Welchen Ansatz sehen Sie hier für<br />

das Beratungsgespräch?<br />

Hirschmann: Es stellt sich doch nicht nur die<br />

Frage: Ist der Betreffende gegen alle Gefahren<br />

versichert? Sondern auch: zum richtigen Wert?<br />

Wenn es werterhöhende Umbauten gab, hat der<br />

Versicherungsschutz oft nicht nachgezogen.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie lässt sich dieses Versäumnis<br />

erklären?<br />

Hirschmann: Seit dem Wegfall der Versicherungsmonopole<br />

in den verschiedenen Bundesländern<br />

1994 hat eine Überprüfung der<br />

Versicherungswerte von Bestandsimmobilien<br />

vielfach nicht mehr stattgefunden. Und der<br />

Kunde hat vergessen, über Veränderungen<br />

zu informieren, bzw. der vormalige Vermittler<br />

vielleicht auch nicht danach gefragt: Wurde das<br />

Dachgeschoss ausgebaut, ein Wintergarten<br />

angebaut, eine PV-Anlage aufs Dach gesetzt<br />

und eine Wallbox in die Garage?<br />

<strong>procontra</strong>: Mit Blick gerade auf Wechselkunden<br />

ist die Vererbung daher ein idealer Zeitpunkt,<br />

darüber zu reden: Was für einen Wert hat das<br />

Gebäude aktuell? Auch die energetische Sanierung<br />

könnte anstehen. Was ist geplant? Welcher<br />

Risikoschutz ist nötig?<br />

„Wunsch nach einer möglichst autarken<br />

Energieversorgung“ registriert, „Photovoltaik<br />

gerne verbunden mit einem Batteriespeichersystem,<br />

um das eigene Elektroauto<br />

über die Wallbox in der Garage aufzuladen“,<br />

so Andreas Herber, Maklerreferent<br />

Komposit.<br />

„Bei Neubau oder Komplettsanierung<br />

und ebenso bei der Nachrüstung von Bestandsimmobilien<br />

spielen Geothermie und<br />

Photovoltaikanlagen eine immer wichtigere<br />

Rolle“, verweist Hermann Wulke, Leiter<br />

Bauleistungs- und Montageversicherung<br />

bei der VHV, auf das diesbezüglich große<br />

Potenzial der Zielgruppe und eine Besonderheit.<br />

„Die Förderung der BAFA für Geothermie<br />

bei Ein- und Mehrfamilienhäusern<br />

bedarf einer verschuldensunabhängigen<br />

Bohrlochversicherung“, die es derzeit nur<br />

bei zwei Versicherern am Markt gebe.<br />

SMARTES HOME GERN GESEHEN<br />

In der Neuzeitvariante ist das „Home“<br />

für immer mehr Immobilienbesitzer ein<br />

smartes. „Ähnlich der Selbstoptimierung<br />

gibt es einen ungebrochenen Trend, auch<br />

das Haus über das Smartphone zu überwachen<br />

und zu steuern“, so Herber. „Präventionsmöglichkeiten<br />

zur Vermeidung<br />

von Brand- und Wasserschäden finden<br />

ihren Weg in die Haushalte und werden<br />

insbesondere bei größeren Objekten durch<br />

Prämiennachlässe belohnt oder sind bei<br />

schadenbelasteten Objekten Voraussetzung<br />

der Versicherbarkeit“, nimmt er Bezug auf<br />

Neuerungen am Markt.<br />

Viele gute Gründe und Anlässe für ein<br />

Beratungsgespräch, in dem der Makler in<br />

der Regel auf einen bestens orientierten<br />

Kunden trifft. „Die Zielgruppe beschäftigt<br />

sich nach unseren Erfahrungen aktiv mit<br />

ihrem Versicherungsbedarf“, so Herber.<br />

Zwar würden Infos auch hier häufig über<br />

Internet-Vergleichsplattformen beschafft.<br />

Die meisten Kunden nähmen dann aber<br />

doch lieber eine persönliche Beratung in<br />

Anspruch.<br />

Von einem „hybriden Kunden“ spricht<br />

der HDI. „Das heißt, Information und Abschluss<br />

finden häufig nicht über den gleichen<br />

Kanal statt.“ Grundsätzlich würden<br />

dabei in der Mehrzahl die höherwertigen<br />

Deckungslinien abgeschlossen. Dennoch<br />

herrsche immer noch Nachholbedarf bei<br />

der Absicherung von Elementarrisiken.<br />

STORYTELLING<br />

„Schadengeschichten helfen, den Bedarf<br />

konkret und lebhaft darzustellen“, empfiehlt<br />

Herber. So baut auch Süd-West-Makler<br />

Andreas Wenger, der sich auf Versiche-<br />

26 Foto: Alte Leipziger


Immobilienbesitzer ZIELGRUPPEN<br />

»Es gibt einen<br />

ungebrochenen Trend,<br />

auch das Haus über<br />

das Smartphone zu<br />

überwachen und zu<br />

steuern.«<br />

ANDREAS HERBER, INTER<br />

rungen rund um die Immobilie spezialisiert<br />

hat, seine Beratung auf. Jeweils verbunden<br />

mit dem Hinweis, dass Standardverträge<br />

den Worst Case in diesem oder jenem Fall<br />

eben nur begrenzt oder gar nicht abdecken.<br />

„Grobe Fahrlässigkeit, Innovationsklausel,<br />

Bestleistungsgarantien und Nachhaltigkeit“,<br />

skizziert Hirschmann die Entwicklung<br />

der Deckungsinhalte in den letzten<br />

zwei Jahren. „Nicht nur bei uns, sondern<br />

bei allen relevanten Versicherern.“ Zugleich<br />

sind es wichtige Anhaltspunkte, um<br />

leistungsstarke Tarife in der Wohngebäudeversicherung<br />

zu finden. Zu jeder Immobilie<br />

gehört die Hausratversicherung dazu,<br />

bei Mehrfamilienhäusern die Haus- und<br />

Grundbesitzerhaftpflicht.<br />

Als Versicherungsmakler kann man sich so<br />

einen breiten und soliden Grundstock aufbauen.<br />

Die eigenen vier Wände verändern<br />

zugleich auch immer die Lebenssituation<br />

grundlegend. „Um eine dauerhafte Finanzierbarkeit<br />

sicherzustellen“, müssen „auch<br />

Arbeitskraft oder Familie abgesichert“<br />

werden, verweist Horst-Ulrich Stolzenberg,<br />

Vorstand Vertrieb und Marketing bei Domcura,<br />

auf das hohe Cross-Selling-Potenzial<br />

auch „in der Breite“.<br />

Immobilienbesitzer und Bauherren in spe<br />

– mithin eine Zielgruppe, die bei der Absicherung<br />

ihres Hab und Gutes langfristiges<br />

Geschäft verspricht, mit dem sich auch Bestandsprovisionen<br />

aufbauen lassen.<br />

FAKTEN ZUR ZIELGRUPPE<br />

Stetig wachsende Zielgruppe, hoher Bestand:<br />

16 Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser, teils<br />

mit energetischem Sanierungs-/Modernisierungsbedarf<br />

Familienmenschen: anspruchsvolle Klientel<br />

mit überdurchschnittlichem Einkommen,<br />

ausgeprägtem Sicherheitsbedürfnis/höherem<br />

Versicherungsinteresse; wenig wechselaffin,<br />

in der Bauphase preissensibel<br />

Cross-Selling: zum Beispiel optionale Leistungsbausteine<br />

Elementar, Smarthome,<br />

E-Mobilität, höhere VS nach Um-/Ausbau in<br />

der WGV; außerdem: Hausrat, PV mit Betreiberhaftpflicht-<br />

und Ertragsausfall, Mobilität,<br />

Mietausfall-, Personenversicherungen<br />

Franz Hackel, Münster<br />

Super und informativ! VIELEN DANK an alle<br />

Beteiligten. Bis zum nächsten Mal. :-)<br />

Paula Gaede, Referenten-Team<br />

Das waren spannende Fragen. Ich<br />

hoffe, wir konnten alle beantworten.<br />

Rainer Eisbein, Kiel<br />

Interessant, vor allem auch die kritischen<br />

Anmerkungen. Ich freue mich auf die<br />

Fortführung!<br />

Alexandra Thormann, profino Team<br />

Hier gibt‘s die Tickets für den kommenden Kongress:<br />

kongress-pkv-<strong>2022</strong>.profino.online<br />

Wir freuen uns!<br />

<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22<br />

Der neue Maßstab<br />

PROFINO 3.0<br />

27


ZIELGRUPPEN Beamte<br />

VERBINDLICHKEIT GEFRAGT<br />

Mit Beamten oder Angestellten des öffentlichen Dienstes treffen Vermittler auf eine äußerst<br />

gebildete wie auch kritische Zielgruppe. Gelingt der Vertrauensaufbau,<br />

sind Weiterempfehlungen garantiert.<br />

– TEXT: UWE SCHMIDT-KASPAREK –<br />

Ein Streifen am Horizont. Seit einiger Zeit<br />

wachsen Beamtenschaft und öffentlicher<br />

Dienst langsam wieder. Aufgrund der „Zeitenwende“,<br />

bedingt durch den Angriffskrieg<br />

Russlands gegen die Ukraine, dürfte<br />

das bald auch für Soldaten gelten. Denn das<br />

aktuelle Sondervermögen von 100 Milliarden<br />

Euro soll dafür sorgen, dass es wieder<br />

eine leistungsstarke Bundeswehr gibt und<br />

jährlich 2 Prozent des Bruttoinlandprodukts<br />

in die Verteidigung investiert werden.<br />

Mehr Personal fordert auch Ulrich Silberbach,<br />

Chef der Beamtengewerkschaft DBB.<br />

Denn derzeit würden im öffentlichen Dienst<br />

rund 360.000 Beschäftigte fehlen. „Da alle<br />

Bundesländer und auch der Bund vor einer<br />

Pensionswelle stehen, werden in den nächsten<br />

Jahren noch mehr junge Beamte benötigt.<br />

Es gibt also viel zu tun für uns“, stellt<br />

der Versicherungsmakler Dirk Gärtner vom<br />

Beamtencircle.de aus Berlin fest.<br />

Zudem will die DBB aktuell Lohnerhöhungen<br />

von 8 bis 11 Prozent durchsetzen.<br />

Viele Beamte und Angestellte des öffentlichen<br />

Dienstes gehören schon heute zum<br />

auskömmlich verdienenden Mittelstand<br />

und haben zudem oft ein überdurchschnittlich<br />

hohes Familieneinkommen. Denn oft<br />

sind beide Partner verbeamtet. Zudem ist<br />

das Einkommen krisenfest. Für Berater ist<br />

vor allem die Gruppe der Beamten eine sehr<br />

solide Berufsfraktion. Entsprechend scharf<br />

ist auch der Wettbewerb. Der gilt vor allem<br />

den rund 140.000 Beamtenanwärtern und<br />

rund 110.000 derzeitigen Auszubildenden<br />

im öffentlichen Dienst in Bund, Ländern<br />

und Gemeinden. Dies zeigt aber auch, dass<br />

es sich bei den Beamten um eine sehr heterogene<br />

Gruppe handelt, denn für jedes<br />

Bundesland gibt es beispielweise unterschiedliche<br />

Beihilferichtlinien für den Gesundheitsschutz.<br />

Zudem hat jeder Beamte<br />

28 Illustration: Roman Kulon


Beamte ZIELGRUPPEN<br />

TIPPS VOM SPEZI<br />

DIE BEAMTENSCHAFT UND DER ÖFFENTLICHE DIENST WACHSEN WIEDER<br />

JAN POHL,<br />

Versicherungsmakler.ac<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Insgesamt<br />

1991 1995 2000 2005 2010 2015 2017 2018 2019 2020 2021<br />

6,7 5,4 4,9 4,6 4,6 4,6 4,7 4,8 4,9 5,0 5,1<br />

Beamte/Beamtinnen und Richter/Richterinnen Berufs- und Zeitsoldaten/-soldatinnen Arbeitnehmer<br />

Angaben in Mio., Beschäftigte nach Geschlecht und Art des Dienst- oder Arbeitsvertragsverhältnisses, Stichtag 30. Juni Quelle: destatis.de; Stand 4. August <strong>2022</strong><br />

in der Verwaltung, als Lehrer, bei Polizei,<br />

Zoll, Feuerwehr oder als Jurist unterschiedliche<br />

Risiken bei Dienstunfähigkeit oder<br />

Dienstunfall abzusichern.<br />

BEAMTE SIND VORINFORMIERT<br />

„Viele Beamte haben in jungen Jahren Verträge<br />

abgeschlossen, ohne den Inhalt zu<br />

kennen“, stellt Jens Kempf, Geschäftsführer<br />

der Firma Voka GmbH und Anbieter<br />

des Portals beamtenberater.com, im Interview<br />

fest. „Hier merkt man, dass viele<br />

Beratungen nicht fundiert sind,“ so der Experte.<br />

Immer wieder erhält Kempf Anfragen<br />

von Beamten, die um eine Überprüfung<br />

des Versicherungsschutzes bitten. Ähnliche<br />

Erfahrung hat auch Jan Pohl vom Versicherungsmakler.ac<br />

gemacht. Pohl, der sich<br />

seit 2016 auf Amtsträger spezialisiert hat,<br />

stellt immer wieder fest, dass die Kunden<br />

im Vorfeld die Erfahrung gemacht haben,<br />

dass ein Berater nur mit mangelhaftem<br />

Fachwissen über Beamte aufwarten konnte.<br />

Daher hat Pohl festgestellt, dass schon die<br />

Internetpräsenz dieser Kundengruppe das<br />

deutliche Gefühl vermitteln sollte, hier einen<br />

Fachmann zu finden. Pohl ist hier sehr<br />

erfolgreich. „Rund 80 Prozent meiner Neukunden<br />

gewinne ich über das Internet“,<br />

sagt er. Der Praktiker bestätigt zudem, dass<br />

die Staatsdiener bereits stark vorinformiert<br />

in die Beratung gehen. „Die Beamten haben<br />

einen großen Wissensschatz über ihre<br />

eigenen Karrieremöglichkeiten, Besoldung<br />

und Versorgung und meist auch schon klare<br />

Vorstellungen über ihren Absicherungswunsch,<br />

da sie sich in diversen Foren oder<br />

im Internet vorab schlaugemacht haben.“<br />

Gleichfalls würden sich Beamte deutlich<br />

intensiver als andere Kundengruppen über<br />

Finanz- und Versicherungsthemen mit Kollegen<br />

austauschen. Etwas Geduld müssen<br />

die Berater aber trotzdem mitbringen. Auch<br />

wenn die Beamten mit einem transparenten<br />

und umfangreichen Konzept versorgt<br />

werden, bei dem Vor- und Nachteile von<br />

Lösungen genau dargestellt werden. Der<br />

Grund: Viele hätten Beamte als Eltern, die<br />

vielfach in die finale Entscheidung miteinbezogen<br />

würden.<br />

Etwas verzeiht die Kundengruppe aber<br />

auf keinen Fall. Pohl: „Absolut notwendig<br />

ist eine zuverlässige und verbindliche<br />

Arbeit. Wenn man Angebote zu einem bestimmten<br />

Zeitpunkt zusagt, dann sollte das<br />

auch zwingend eingehalten werden.“ Zudem<br />

muss man heute dort präsent sein, wo<br />

der Kunde ist, also im Internet. So die Erfahrung<br />

des Berliner Maklers Gärtner. Eine<br />

aussagekräftige Homepage gehöre hier<br />

zum kleinen Einmaleins. Gärtner: „Wir generieren<br />

einen Großteil unserer Anfragen<br />

organisch über unsere Homepage.“ Das<br />

sei allerdings kein Sprint, sondern ein Marathonlauf.<br />

So hat der Vermittler schon in<br />

diesem Jahr sein Onlinebudget stark erhöht<br />

und will es im nächsten Jahr noch einmal<br />

deutlich steigern. Wer kein Onlinemarke-<br />

1. gilt schon auf der Homepage einen<br />

hohen Qualitätsstandard zu setzen, denn<br />

Beamte informieren sich vor extrem viel.<br />

2. Beamte sind durchaus dafür empfänglich,<br />

dass alles digital abläuft, von der<br />

Beratung bis zur Unterschrift.<br />

3. Junge Beamte oder Beamtenanwärter<br />

informieren sich in diversen Foren in den<br />

sozialen Medien. Hier müssen Zielgruppenmakler<br />

daher aktiv sein.<br />

ting betreibe, bleibe nämlich auf der Strecke<br />

und generiere entweder kein Wachstum<br />

oder müsse für viel Geld teure Leads kaufen.<br />

Beamtencircle.de berät bundesweit,<br />

ist aber mit einigen Geschäftsräumen auch<br />

noch lokal unterwegs. Gärtner: „Im letzten<br />

Jahr haben wir ein Büro direkt an der Berliner<br />

Hochschule für Wirtschaft und Recht<br />

(HWR Berlin) am Campus Schöneberg<br />

eröffnet. Hier werden Polizisten, Verwaltungsbeamte,<br />

Lehrer und Rechtsreferendare<br />

ausgebildet. Alles Beamtenberufe. „Für<br />

uns die perfekte Mischung aus Online- und<br />

Offlinemarketing“, erläutert der <strong>Spezial</strong>ist.<br />

LEHRER: PSYCHE GEZIELT ABSICHERN<br />

Wer etwa Lehrer erreichen will, muss ihre<br />

besonderen Bedürfnisse kennen. So ist der<br />

Beruf weiterhin sehr stressig. Arbeitsüberlastung,<br />

schwierige Schüler, permanente<br />

Lautstärke, anstrengende Eltern und mangelnde<br />

Anerkennung zehren an den Nerven<br />

der Pädagogen. Viele Lehrer scheiden<br />

daher aufgrund von Dienstunfähigkeit oder<br />

aus eigenem Wunsch vorzeitig aus dem<br />

Schuldienst aus. Pädagogen haben neben<br />

Sportlern und Medizinern nach Erfahrung<br />

des Chefarztes Friedrich Jungblut, der die<br />

Psychiatrie am Krankenhaus Eichhof in<br />

Lauterbach leitet, ein erhöhtes Burn-out-<br />

Risiko. Doch auch mit psychischen<br />

<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22<br />

29


ZIELGRUPPEN Beamte<br />

Beschwerden machen zahlreiche Lehrer<br />

einfach weiter. Viele sind besonders engagiert<br />

und nehmen die Probleme im Beruf<br />

sogar überproportional oft mit nach Hause.<br />

Andere können sich ein vorzeitiges Ausscheiden<br />

aus dem Beruf gar nicht leisten.<br />

Grund sind die Abschläge, die man bei<br />

Dienstunfähigkeit hinnehmen muss.<br />

Ein privater Zusatzschutz ist da Gold<br />

wert. „Die Entscheidung über die Dienstunfähigkeit<br />

trifft in jedem Fall der Dienstherr.<br />

Ärztliche Gutachten haben lediglich<br />

den Charakter einer Entscheidungshilfe“,<br />

warnt Matthias Horn, Vorstand der Servicegesellschaft<br />

Definet. Die zusätzliche<br />

private Absicherung der Arbeitskraft muss<br />

daher über eine Dienstunfähigkeitsversicherung,<br />

eine Berufsunfähigkeitspolice<br />

(BU) mit Zusatzklausel, laufen. Und die<br />

muss speziell für das Lehramt zugeschnitten<br />

sein. Nur mit einer guten DU-Klausel ist<br />

gewährleistet, dass der Dienstunfähigkeitsbescheid<br />

als Nachweis für Leistungen aus<br />

der BU-Versicherung ausreicht.<br />

Im Bereich der Sachversicherungen sollte<br />

die Privathaftpflichtpolice eine spezielle<br />

Diensthaftpflicht für Lehrer beinhalten,<br />

über die beispielsweise auch Gefahren aus<br />

der Beaufsichtigung von Klassenreisen oder<br />

»Vermittler, die<br />

die Probleme der<br />

Beamten kennen,<br />

haben gute Chancen<br />

auf Geschäft.«<br />

KARSTEN WERKSNIES, ASSEKURANZMAKLER GMBH<br />

SPEZIELLE BERUFSUNFÄHIGKEITS-<br />

VERSICHERUNG WICHTIG<br />

Erziehung und Unterricht<br />

Chemie<br />

Dienstleistungen<br />

Gesundheitswesen<br />

Kommunikation<br />

Gastgewerbe<br />

Verwaltung<br />

Lehrer können selten abschalten!<br />

Daher steigt ihr Burn-out-Risiko.<br />

Alle Beschäftigten<br />

Anteil der Beschäftigten, die in der Freizeit<br />

an ihren Beruf denken Quelle: DGB Index gute Arbeit 2012<br />

dem Experimentalunterricht mitversichert<br />

sind.<br />

Wer generell erst auf Widerruf oder Probe<br />

verbeamtet ist, hat bei Dienstunfähigkeit<br />

keinen Anspruch auf ein Ruhegehalt und<br />

muss sich nach der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis<br />

in der deutschen Rentenversicherung<br />

nachversichern – ohne aber<br />

wirkliche Ansprüche generieren zu können.<br />

Deshalb ist zusätzliche private Absicherung<br />

hier so wichtig. In den meisten Fällen ist es<br />

zudem sinnvoll, dass sich Beamte für die<br />

private Krankenversicherung entscheiden.<br />

Mit Beginn des Referendariats beteiligt sich<br />

der Dienstherr, also das jeweilige Bundesland,<br />

im Regelfall mit 50 Prozent an den<br />

Krankheitskosten als sogenannte Beihilfe.<br />

Was der Einstiegsschutz für künftige Beamte<br />

kostet, kann man heute schon selbstständig<br />

im Netz über das Portal KV-Fux<br />

ermitteln. Versicherungsmakler sollten aber<br />

zum kostenpflichtigen KV-Lux greifen, das<br />

die Mutter KVpro.de anbietet. Damit kann<br />

die Beratung umfangreicher und kundenspezifischer<br />

gestaltet werden. Und sie wird<br />

rechtssicher dokumentiert.<br />

PRAKTISCHE ERFAHRUNGEN<br />

Beamte sprechen meist sehr offen und raten<br />

entweder von einer Gesellschaft oder<br />

einem Vermittler ab – oder aber sie sind<br />

überzeugte „Empfehlungsgeber“. Darauf<br />

baut auch seit Jahren Karsten Werksnies.<br />

37<br />

40<br />

40<br />

39<br />

43<br />

43<br />

47<br />

63<br />

Der Versicherungsmakler, der die Bergische<br />

Assekuranzmakler GmbH (Bass-makler.<br />

de) leitet, ist in der Beamtenberatung schon<br />

seit 2006 enorm erfolgreich. Er hat sich<br />

über die Jahre einen klassischen Bestand<br />

aufgebaut. „Wenn sich ein Vermittler oder<br />

Berater mit der Zielgruppe auskennt und<br />

Erfahrungen mit den Problemen hat, dann<br />

stehen die Entwicklungsmöglichkeiten erst<br />

mal sehr gut“, sagt Werksnies. Beamte<br />

seien oft besonders anspruchsvoll und hätten<br />

überdurchschnittlich viele Rückfragen.<br />

Die intensive Beratung würde aber auch zu<br />

einer engen Kundenbindung führen. Zudem<br />

mache nicht nur das überdurchschnittliche<br />

Gehalt von Beamten die Attraktivität<br />

der Zielgruppe aus, sondern auch ihre<br />

Verlässlichkeit. Werksnies: „Beamte sind<br />

tendenziell sehr verlässlich, kommunizieren<br />

viel und halten sich dann aber auch an Absprachen.“<br />

Zudem haben die treuen Kunden meist<br />

einen günstigen Schadenverlauf, so die<br />

Huk-Coburg. Der fränkische Versicherer<br />

und die Debeka aus Koblenz sind scharfe<br />

Konkurrenten, wenn es um Beamtenschutz<br />

geht. Zudem werden angehende Beamte<br />

intensiv bereits als Studenten umworben.<br />

Aufsehen erhält man aber beispielsweise<br />

auch durch eine zielgruppenspezifische Ansprache.<br />

So hat der Versicherungsmakler<br />

Kurt Hesse aus Jade das Portal Info-Beihilfe.de<br />

aufgebaut, und der Versicherungsmakler<br />

Denis Sturm (stc-makler.de) will<br />

künftig die Zielgruppe mit YouTube-Videos<br />

ansprechen. „Wir arbeiten eifrig an unserem<br />

Kanal und erkennen hier auch schon<br />

erste positive Rückmeldungen“, so Sturm.<br />

Der Finanzökonom und Jurist meint, dass<br />

Versicherungsmakler gegenüber Finanzdienstleistern,<br />

die meist nur Mehrfachvermittler<br />

sind, deutliche Vorteile haben und<br />

diese auch darstellen müssten. Sturm: „Wir<br />

können unseren Kunden das Bestmögliche<br />

im Markt anbieten.“ <br />

FAKTEN ZUR ZIELGRUPPE<br />

Kundengruppe wächst<br />

Transparente Beratung kommt an<br />

Privater Krankenschutz sinnvoll<br />

Lukrative Zusatzverträge wegen<br />

hohen Einkommens<br />

30 <strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22


Gewerbe GIPFELTREFFEN<br />

Kann Gewerbe Vermittlern noch Spaß machen? Inflation,<br />

Energiekrise und Lieferkettenprobleme sind kaum noch<br />

beherrschbar. Gleichzeitig stellen sich Versicherer<br />

und Vermittler innovativ für die Zukunft der Sparte auf.<br />

Neue Produkte und Prozesse zielen auf Nachhaltigkeit,<br />

Digitalisierung und Standardisierung.


GIPFELTREFFEN Gewerbe<br />

»<strong>Spezial</strong>isierung im<br />

Gewerbe ist essenziell«<br />

Müssen Makler daher ihre Zielgruppenansprache vertiefen? Ab wann sind die Versicherer<br />

gefragt? Im Experten-Talk wurde nicht nur diskutiert, sondern auch Lösungen präsentiert.<br />

Tilman Freyenhagen: Wer von Gewerbe<br />

spricht, der spricht häufig von unterschiedlichen<br />

Dingen. Denn Gewerbeversicherung<br />

beginnt bei dem Kurierfahrer und<br />

endet beim Atomkraftwerk. Aber heute<br />

sprechen wir ja mit Experten. Als Erstes<br />

will ich von euch wissen: Was könnt ihr<br />

richtig gut in der Gewerbeversicherung<br />

und wo liegen eure Grenzen?<br />

Andreas Herber: Die INTER ist ein kleiner,<br />

mittelständischer und eigenständiger Versicherer,<br />

das macht uns natürlich auf der<br />

anderen Seite auch aus und das schreiben<br />

wir uns jedes Jahr auf die Fahnen. Das<br />

heißt, unsere Kapazitäten sind begrenzt,<br />

aber wir können vieles.<br />

Was wir nicht machen, ist Industriegeschäft.<br />

Wir sind aber hier in der Runde<br />

auch nicht umsonst dabei – denn wir sind<br />

insbesondere im Bereich Haftpflicht-Bau,<br />

in den Sachversicherungen und insbesondere<br />

der Inhalts- und Gebäudeversicherung<br />

zu Hause und da besonders gut.<br />

Und auf die Technischen Versicherungen<br />

ist hier noch einmal ein ganz besonderes<br />

Augenmerk zu legen. Besonders heimisch<br />

fühlen wir uns in den Zielgruppen Handwerk<br />

und Mediziner, einfach aus Tradition.<br />

Freyenhagen: Herr Reindl, was ist denn<br />

bei der Bayerischen so richtig gut? Und<br />

wo kommt ihr an eure Grenzen?<br />

Ludwig Reindl: Danke für die Frage – das<br />

ist natürlich ein super Einstieg. Seit dem<br />

14. Juni dieses Jahres haben wir unsere<br />

neue Gewerbewelt gestartet und uns<br />

dort auf acht Zielgruppen mit über 400<br />

Betriebsarten, die da reinfallen, fokus-<br />

siert. Hier gibt es spezielle Zielgruppen-<br />

Wordings für die Betriebshaftpflicht- und<br />

Inhaltsversicherung, die über die normalen<br />

Deckungen hinausragen.<br />

Natürlich könnten wir darüber hinaus<br />

eine Vielzahl von Betriebsarten, die es auf<br />

dem Markt gibt, zeichnen – wir haben uns<br />

jedoch auf acht Zielgruppen fokussiert:<br />

Das sind die Elektriker, Gebäudereiniger,<br />

Garten- und Landschaftsbauer, der Einzelhandel<br />

mit über fast 200 Betriebsarten,<br />

das sind die Hotellerie, die Gastronomie,<br />

der Textilhandel und der Lebensmittelhandel.<br />

Neu in der Spartenauswahl bei der<br />

Bayerischen ist die Gewerbliche Gebäudeversicherung.<br />

Noch ein Alleinstellungsmerkmal: Wir bieten<br />

natürlich direkte Ansprechpartner, die<br />

leicht zu erreichen sind, und leben flache<br />

Hierarchien mit schnellen Entscheidungen<br />

und haben auch mal den Mut zu einem<br />

Nein, wenn etwas nicht geht.<br />

Freyenhagen: Wenn ein Makler mit<br />

Thinksurance zusammenarbeitet – sind<br />

eure Tarife hier mit inkludiert?<br />

Herber: Ja, definitiv. Unsere Kernkompetenzen<br />

liegen auf den Tariflinien und<br />

auf guten Wordings – da sind wir sehr<br />

gut platziert. Wir sind vom ersten Tag mit<br />

dabei, was Thinksurance anbetrifft, und<br />

ich glaube, hier haben wir eine sehr gute<br />

und auch sehr faire Zusammenarbeit. An<br />

diesem Weg führt in naher Zukunft auch<br />

nichts mehr vorbei.<br />

Freyenhagen: Herr Reindl, wie sieht es<br />

bei euch aus?<br />

Reindl: Ja, natürlich. Thinksurance.<br />

Digitaler Prozess. Seit Monaten arbeiten<br />

wir an dem Prozess, und es war auch<br />

eine Grundvoraussetzung, um am 14. Juni<br />

starten zu können – über Thinksurance.<br />

Wir verlassen uns da komplett auf Sven<br />

Schönfeld und sein tolles Team.<br />

Freyenhagen: Sven, erzähl doch mal ganz<br />

kurz, wo seid ihr am Gipfel der Gewerbeversicherung?<br />

Was könnt ihr richtig gut?<br />

Und wo kommt ihr mit Thinksurance an<br />

Grenzen?<br />

Sven Schönfeld: Für mich ist der Abschluss<br />

das Gipfelkreuz. Was ist unsere<br />

Aufgabe dabei? Wir stellen das Rüstzeug<br />

zur Verfügung und sorgen dafür, dass der<br />

Vermittler den Gipfel erreicht. Wie erreichen<br />

wir das? Wir starten mit einer Bedarfsanalyse-Risikoerfassung.<br />

Das heißt:<br />

Wir zeigen den Weg auf – wie schaffe ich<br />

das, welchen Weg muss ich einschlagen<br />

und wie gelange ich ans Ziel?<br />

Und wir gehen mit unserer Plattform über<br />

den normalen Vergleich hinaus. Warum<br />

sind wir aus dem Prozess nicht mehr<br />

wegzudenken? Weil es theoretisch und<br />

praktisch nur mit uns möglich ist, nach<br />

dem Best-Advice-Ansatz zu beraten. Wie<br />

kann ich mir ohne Thinksurance einen<br />

Marktüberblick verschaffen? Nur, indem<br />

ich sehr zeitaufwändig auf jeden Versicherer<br />

einzeln zugehe und mir gemeinsam<br />

mit ihm den Überblick verschaffe. Wie ich<br />

eingangs sagte – wir stellen das Rüstzeug,<br />

um den Vermittler zum Gipfel zu führen.<br />

Freyenhagen: Vergleicher kennen Makler<br />

ja bereits, die gab es auch schon vor eurer<br />

Zeit. In der Gewerbeversicherung seid ihr


Gewerbe GIPFELTREFFEN<br />

wirklich sehr stark, aber ganz ehrlich: Wo<br />

liegen eure Grenzen?<br />

Schönfeld: Ganz ehrlich? Es gibt keine<br />

Grenzen. Denn alles, was der Rechner<br />

nicht abbildet, kann ich über die Ausschreibung<br />

dem Versicherer zur Verfügung<br />

stellen. Das heißt also, das komplexe<br />

Geschäft, das der Vermittler heute<br />

händisch abwickeln muss und das seine<br />

Arbeit so kompliziert macht, können wir<br />

vereinfachen. Der Prozess kann verkürzt<br />

und wesentlich effizienter gestaltet<br />

werden. Unterm Strich: Wir optimieren<br />

die Prozesse, und dadurch sparen die<br />

Anwender erheblich Zeit.<br />

Freyenhagen: Aber wo ist der Übergabepunkt?<br />

Man sagt, bis zu zehn Millionen,<br />

und dann ist alles Betriebshaftpflicht,<br />

oder gibt es da andere Messungen?<br />

Schönfeld: Ganz klares Jein an der Stelle.<br />

So pauschal kann man das gar nicht beantworten.<br />

Du kannst es nicht mit einer<br />

Versicherungssumme beantworten, nicht<br />

mit einer Umsatzsumme. Wenn der Rechner<br />

der Gesellschaft das nicht darstellen<br />

kann, dann können wir es natürlich auch<br />

nicht und dann landet es automatisch in<br />

der Ausschreibung.<br />

Freyenhagen: Ich glaube, es ist fair, im<br />

Jahr <strong>2022</strong> über ein großes Thema zu<br />

sprechen, das uns alle bewegt. Wenn ein<br />

»Wer im Gewerbemarkt<br />

dauerhaft erfolgreich<br />

sein möchte, der sollte<br />

sich spezialisieren.<br />

Entweder auf eine Sparte<br />

oder eine Zielgruppe.«<br />

Tilman Freyenhagen,<br />

Geschäftsführer Alsterspree<br />

unabhängiger Versicherungsvermittler<br />

den Gewerbeberg besteigt, gerät er in<br />

ein großes Unwetter – er wird mit den<br />

aktuellen Risiken konfrontiert, die wir alle<br />

kennen: Inflation, Energiekrise, Lieferkettenprobleme.<br />

Wer kann mal beschreiben,<br />

was das mit der Gewerbeversicherung<br />

macht?<br />

Herber: Wir haben ein Unwetter, das<br />

leider nicht saisonal ist, sondern bereits<br />

zweieinhalb Jahre andauert und mit der<br />

Pandemie begonnen hat. Hier hilft nur<br />

eins: mit dem Strom mitschwimmen oder<br />

es ganz sein lassen. Es war ein Lerneffekt,<br />

auch mit der Pandemie umzugehen.<br />

Wir mussten viel Kritik einstecken – was<br />

zum Teil durchaus berechtigt war. Aber<br />

wie gehe ich damit um? Wie gehe ich<br />

mit meinen Geschäftspartnern um? Und<br />

wie kann der Geschäftspartner, also der<br />

Versicherungsmakler, das dem Kunden am<br />

Ende transportieren?<br />

Der nächste Punkt ist das Thema Lieferketten<br />

– ein Punkt, der sich im Prinzip<br />

daraus entwickelt hat. Und damit bin ich<br />

beim wohl spannendsten Teil überhaupt.<br />

Bei Thinksurance habe ich einen Marktplatz,<br />

wo ich mich umschauen kann: Was<br />

habe ich generell für Möglichkeiten? Welcher<br />

Versicherer kommt für mich überhaupt<br />

infrage? Und welche Zielgruppen<br />

möchte ich bedienen?<br />

Natürlich muss ich auch den Markt genau<br />

im Blick haben, all die kleinen Nuancen.<br />

Und da bin ich auch als Versicherer<br />

gefragt, Hilfestellung zu leisten. Genau<br />

hier sehe ich eine meiner Kernkompetenzen<br />

– nah am Vermittler, mit dem ich<br />

gemeinsam rausgehe. Dann erkenne ich<br />

schnell die Fallstricke: Denn wenn wir<br />

beim Thema Lieferketten sind, sind wir<br />

ganz schnell bei der Betriebsunterbre-<br />

Ludwig Reindl ist Produktmanager<br />

Gewerbeversicherung<br />

bei der Bayerischen. Er wohnt<br />

in München und seine zentralen<br />

Bereiche sind die gewerbliche<br />

Sach- und Haftpflichtversicherung.<br />

Er hat über 20 Jahre<br />

Berufserfahrung in der Versicherungsbranche.


GIPFELTREFFEN Gewerbe<br />

»Den Maklern und<br />

Versicherern muss klar<br />

sein, sie müssen proaktiv<br />

auf ihre Kunden zugehen.<br />

Jetzt ist der beste<br />

Zeitpunkt.«<br />

Andreas Herber, INTER<br />

chung und beim Thema Haftzeiten.<br />

Wer in seinen Verträgen immer noch eine<br />

zwölfmonatige Haftzeit verzeichnet, hat,<br />

glaube ich, etwas übersehen. Und hier<br />

helfen wir gern.<br />

Freyenhagen: Der Makler haftet – oder<br />

wer haftet mit den zwölf Monaten?<br />

Herber: In der Betriebsunterbrechung<br />

haben wir die Haftzeit – oder anders<br />

ausgedrückt: die Leistungsdauer. Diese<br />

garantieren wir als Versicherer unseren<br />

Kunden.<br />

Allerdings sind in vielen Altverträgen, in<br />

den schwächeren Deckungen, noch immer<br />

die zwölf Monate als Leistungsdauer<br />

hinterlegt.<br />

Du kannst aber heute wirklich nicht mehr<br />

sagen, ob du in zwölf Monaten deine<br />

Einrichtung so wieder hinstellst und<br />

tatsächlich auch die Umsätze wieder<br />

eins zu eins generierst, wie sie vor dem<br />

Schadenszeitpunkt waren. Deswegen ist<br />

es generell sinnvoll, die Leistungsdauer<br />

auf mindestens 18 oder auch besser 24<br />

Monate hochzusetzen.<br />

Freyenhagen: Okay, Herr Reindl helfen<br />

Sie mir hier auch noch mal ganz kurz.<br />

Heißt das, eine Betriebsunterbrechung<br />

inklusive Ersatz dauert länger als zwölf<br />

Monate – und das wäre dann auch mit der<br />

Leistungsdauer gleichzusetzen? Oder ist<br />

es eine Betriebsunterbrechung, wenn ich<br />

eine Sache nicht geliefert bekomme oder<br />

nicht in einem ordentlichen Geschäftsbetrieb<br />

bestellt habe?<br />

Reindl: Wenn wir uns die momentanen<br />

Probleme anschauen, wird klar: In guten<br />

Zeiten können alle Gewerbeversicherung<br />

machen. Daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt.<br />

Für den Markt, für die Makler und<br />

für uns Versicherer, denn jetzt müssen wir<br />

aktiv auf die Kunden zugehen – Probleme<br />

aufnehmen und gemeinsam lösen. Der<br />

individuelle Bedarf an Betriebsunterbrechungsdeckung<br />

gehört in jedem Einzelfall<br />

analysiert.<br />

Und ja, natürlich, die Welt hat Angst, die<br />

Unternehmen haben Angst, Umsätze<br />

werden wahrscheinlich einbrechen, neue<br />

Investitionen werden zurückgehalten. Das<br />

alles beschäftigt unsere Kunden. Die Inflation,<br />

die Energiekrise – all das treibt die<br />

Preise nach oben. Und das wird auch die<br />

Ausgaben nach oben treiben. Lieferkettenprobleme<br />

wirken sich aus, weil weniger<br />

produziert werden kann.<br />

Aber den Maklerinnen und den Maklern<br />

muss dennoch klar sein: Jetzt ist<br />

der beste Zeitpunkt, proaktiv auf seine<br />

Kunden zuzugehen. Denn nun bietet sich<br />

die Chance, Neukunden zu akquirieren.<br />

Wer Prämien senken möchte – möglich<br />

zum Beispiel durch Hinterlegung einer<br />

Selbstbeteiligung –, weil er momentan<br />

Andreas Herber vertritt als<br />

fachlicher Ansprechpartner und<br />

Underwriter im Maklervertrieb<br />

für Komposit den INTER Makler<br />

Service. Für ihn stehen gute Gewerbeprodukte<br />

für Handwerker<br />

und Mediziner im Mittelpunkt,<br />

genauso wie gute Erreichbarkeit<br />

und Begleitung von Gewerbekunden.<br />

Umsatzeinbußen hat, der will angesprochen<br />

werden und nicht auf den Vermittler<br />

zugehen müssen. Hier spreche ich aus<br />

meiner eigenen elfjährigen Erfahrung bei<br />

einem Versicherungsmakler.<br />

Freyenhagen: Absolut. Ich glaube, den<br />

Kundenkontakt zu scheuen, wäre in dieser<br />

Situation das Verkehrteste. Man sollte sich<br />

aber auch im Vorfeld bewusst sein, was<br />

versicherbar ist und was nicht.<br />

Sven, du kannst es vielleicht am ehesten


Gewerbe GIPFELTREFFEN<br />

Freyenhagen: Absolut. Lasst uns mal zu<br />

einem anderen Thema kommen. Ich höre<br />

immer wieder, wer im Gewerbeversicherungsmarkt<br />

erfolgreich sein möchte, der<br />

sollte sich spezialisieren, entweder auf<br />

eine Sparte oder auf eine Zielgruppe. Wer<br />

hier teilt diese Meinung?<br />

Herber: Wenn ich mich spezialisiere, dann<br />

kann ich mit meinen Kunden mitreden. Ich<br />

kann mich mit ihnen und ihrem Gewerbe<br />

identifizieren. Ich weiß, wo die täglichen<br />

Risiken liegen, und auch, wo Schäden<br />

entstehen, die Endkunden untereinander<br />

natürlich kennen. Ich muss auch wissen<br />

– was sind die entsprechenden Konseaus<br />

Vergleichsrechnersicht einschätzen<br />

und erkennen, wie sich die Tarife verändern.<br />

Fakt ist: Die Gewerbeversicherung<br />

wird teurer, und daran ist doch kein<br />

einzelner Anbieter schuld, oder?<br />

Schönfeld: Absolut, da sollte man keinen<br />

einzelnen Anbieter rauspicken oder sonstiges.<br />

Wir sehen momentan noch keine<br />

Preissteigerung im Ganzen. Okay, Industrierisiken<br />

werden gerade etwas teurer. Es<br />

werden Beteiligungsverhältnisse gesucht<br />

auf dem Markt. Das ist aber nicht nur eine<br />

Chance, es ist auch eine Verpflichtung, die<br />

die Vermittler nutzen sollten.<br />

Nehmen wir die Inflation. Hier sind die<br />

Vermittler als Risikomanager ihres Kunden<br />

natürlich dazu verpflichtet, die Versicherungssummen<br />

anzupassen, weil diese<br />

aktuell nicht mehr ausreichen. Und was<br />

wir nicht vergessen dürfen – in Krisenzeiten<br />

ist und war der Absicherungsbedarf<br />

bei den Kunden am höchsten. Aber: Es ist<br />

nicht nur der Bedarf vorhanden, sondern<br />

auch der Absicherungswunsch. Das heißt,<br />

wir müssen jetzt unsere Kunden beraten<br />

und auch die Versicherungssummen<br />

anpassen.<br />

Freyenhagen: In der aktuellen Situation<br />

kann der Makler demzufolge auch<br />

profitieren und wachsen. Jetzt kann er<br />

dem Kunden sagen, ich möchte dich zu<br />

allen Themen abholen. Erstens: Gas ist<br />

nicht versicherbar. Zweitens: Ich muss<br />

die Summen anpassen. Es ist alles teurer<br />

im Schadenfall, da hast du sonst keine<br />

ausreichende Abdeckung. Lieferketten,<br />

längere Haftungsdauer. Die Vermittler und<br />

die Makler können nur dadurch gewinnen,<br />

wenn sie direkt kommunizieren.<br />

Herber: Ich würde sogar noch weitergehen:<br />

Das Netzwerk muss einfach passen,<br />

denn wenn es dem Gewerbekunden<br />

schlecht geht, dann geht es mir in meinem<br />

Bestand am Ende wahrscheinlich auch etwas<br />

schlechter. Was will ich damit sagen?<br />

Ich muss mein Netzwerk entsprechend<br />

den Gefahren und den Risiken anpassen.<br />

Nehmen wir das Beispiel des Gastronomen.<br />

Wir kennen die Energiesituation<br />

und sind über die Preisexplosion auf dem<br />

Energiemarkt informiert, und da müssen<br />

wir schauen, welche Branchen sind momentan<br />

besonders betroffen? Natürlich<br />

das produzierende Gewerbe an erster<br />

Stelle. Bleiben wir bei der Gastronomie:<br />

Preissteigerungen kannst du nicht über<br />

eine Anpassung der Tageskarte hinbekommen,<br />

sondern musst nach anderen<br />

Lösungen suchen.<br />

Du musst als Gewerbekunde heutzutage<br />

ein Invest eingehen, beispielsweise eine<br />

PV-Anlage, um Energiekosten zu sparen.<br />

Und wenn ich hier als Versicherungsvermittler<br />

oder Finanzvermittler meinen<br />

Kunden da über mein Netzwerk eine<br />

Lösung anbieten kann, dann ist es doch<br />

eine Win-win-Situation.<br />

GEFAHREN FÜR KMU<br />

Geringere Betroffenheit durch Coronapandemie.<br />

Ukrainekrieg sorgt für neue<br />

Spannungen im KMU-Markt.<br />

Betroffenheit<br />

durch<br />

Coronapandemie<br />

13<br />

15<br />

41<br />

6<br />

7<br />

34<br />

existenzbedrohend<br />

bedrohlich deutlich spürbar<br />

Betroffenheit<br />

durch<br />

Ukrainekrieg<br />

2020 <strong>2022</strong> <strong>2022</strong><br />

Quelle: ww.msr.de<br />

1<br />

9<br />

35<br />

quenzen? Das kann ich natürlich alles viel<br />

besser mit meinem Endkunden besprechen,<br />

wenn ich die Zielgruppe kenne.<br />

Außerdem kann ich mit der Kenntnis des<br />

Produktes und einer <strong>Spezial</strong>isierung meine<br />

eigenen Wordings bauen. Und damit hebe<br />

ich mich tatsächlich vom Markt ab.<br />

Freyenhagen: Ludwig Reindl von der<br />

Bayerischen, auch an Sie geht die Frage:<br />

Ein Makler hat sich spezialisiert und bringt<br />

eine Idee mit, die sich beispielsweise um<br />

eine höhere Entschädigung dreht – kann<br />

er mit Ihnen darüber reden?<br />

Reindl: Natürlich. Damit werben wir auch<br />

schon seit unserem Neustart am 14. Juni<br />

mit der neuen Gewerbewelt. Wir möchten<br />

unbedingt gemeinsam mit Maklern<br />

Konzepte für deren Zielgruppen entwickeln.<br />

Wobei es im ersten Schritt wichtiger<br />

ist, dass der Makler oder die Maklerin im<br />

Vorfeld herausfindet, welche Zielgruppe<br />

bedient werden soll, wie zum Beispiel die<br />

Elektriker- oder Baubranche. Eine Zielgruppe<br />

kann auch ganz anders außerhalb<br />

von einer Betriebsartenwahl sein. Eine<br />

Zielgruppe kann theoretisch auch ganz<br />

anders aussehen. Ich kann beispielsweise<br />

eine einzelne Betriebsart wählen.<br />

Ein anderer Ansatz: Ich möchte regional<br />

verankert sein und einen Umkreis von 50<br />

Kilometern nach Elektrikern abfahren,<br />

auch das ist ein möglicher Ansatz. Es ist<br />

wichtig herauszufinden, worauf ich mich<br />

als Maklerin oder Makler fokussieren<br />

möchte.<br />

So kann ich genauso gut sagen, dass ich<br />

nach Umsatzgröße gehe. Also, je mehr<br />

Umsatz ein Unternehmen hat, da muss<br />

ich natürlich mein Ansprachekonzept anpassen.<br />

Dass muss der Makler für sich entscheiden.<br />

Und wir Versicherer sind dann<br />

in der Pflicht, die jeweiligen Zielgruppenkonzepte<br />

zu stellen. Natürlich sind wir<br />

auch bereit, Konzepte mit den Maklern<br />

zusammen zu erarbeiten – unabhängig<br />

von der Größe des Maklervertriebs.<br />

Freyenhagen: Sven, du sagst, eine <strong>Spezial</strong>isierung<br />

auf Produkt oder Zielgruppe<br />

brauche man nicht, habe ich das richtig<br />

verstanden?<br />

Schönfeld: Das ist auch wieder eine<br />

klassische Jein-Antwort. Eine <strong>Spezial</strong>isierung<br />

auf die Zielgruppe Gewerbekunden<br />

finde ich grundsätzlich gut. Nehmen


GIPFELTREFFEN Gewerbe<br />

zu erhalten. Aber der Makler kann sich so<br />

immer sicher sein, ein gutes Prämienangebot<br />

für seinen Kunden zu bekommen. Uns<br />

zeichnet aus, dass wir bei den Zielgruppen<br />

Heilnebenberufe, Elektriker, Gebäudereiniger,<br />

Garten- und Landschaftsbau, Einzelhandel,<br />

Lebensmittelhandel, Textilhandel<br />

und Hotellerie/Gastronomie bei Leistung<br />

und Preis immer auf den vorderen drei<br />

Plätzen landen.<br />

Freyenhagen: Nur zur Klarstellung: Beim<br />

dynamischen Pricing in der Angebotsphawir<br />

beispielsweise den Apotheker:<br />

Hier weiß ich, wenn ich mich darauf<br />

spezialisiert habe, dass der hinter einem<br />

Handverkaufs tisch und nicht hinterm<br />

Tresen steht. Das ist bereits eine <strong>Spezial</strong>isierung.<br />

Oder wenn du einen Handwerker<br />

berätst, ist es hilfreich, wenn du seinen<br />

Job kennst, weißt, dass er Werkzeug<br />

im Auto hat und fragen kannst: Was ist<br />

mit der Werkverkehrsversicherung?<br />

Denk doch bitte daran. Wir unterstützen<br />

hierbei, zwingen aber niemanden sich zu<br />

spezialisieren.<br />

Aber genauso sagen wir, wenn du ein Konzept<br />

hast für einen Apotheker oder einen<br />

Dachdecker, dann können wir das Konzept<br />

technisch abbilden und das berücksichtigen,<br />

was du mit der Bayerischen oder der<br />

INTER ausgehandelt hast. Und du kannst<br />

genau dieses Konzept dann am Ende<br />

verwenden.<br />

Freyenhagen: Die Bayerische setzt ja auf<br />

dynamisches Pricing. Was verbirgt sich<br />

dahinter und wie kann der Makler hier<br />

profitieren?<br />

Reindl: Letztendlich lösen wir mit dem<br />

dynamischem Pricing im gewissen Teil<br />

die Rabattvollmacht ab. Nehmen wir<br />

beispielsweise den Garten- und Landschaftsbau,<br />

der ist zum Beispiel im Monat<br />

Oktober interessant und wir wollen in<br />

dem Segment wachsen. Oder aber wir<br />

stellen fest, da wir die Branchen regelmäßig<br />

analysieren, eine einzelne Sparte einer<br />

Betriebsart ist weniger schadenintensiv.<br />

Hier handelt es sich um eine Branche, einen<br />

Beruf oder eine Betriebsart, die somit<br />

positiv verläuft.<br />

Die Aufgabe eines Produktmanagers ist<br />

es, zu vergleichen und den Überblick zu<br />

behalten: Ist der Tarif überhaupt noch<br />

aktuell und konkurrenzfähig? Ohne dynamisches<br />

Pricing kann ich zwar feststellen,<br />

wo ich preislich lande, und individuell im<br />

Angebotsverfahren die Prämie senken,<br />

aber immer nur in der individuellen Angebotserstellung<br />

durch den Versicherer, aber<br />

ich kann daran nichts mehr ändern. Wir<br />

haben die Möglichkeit, das ganze Jahr zu<br />

betrachten, und können dann reagieren,<br />

denn es gibt natürlich immer mal Phasen,<br />

die besonders interessant sind.<br />

Selbstverständlich ist das Ganze auch umsatzgetrieben<br />

– es geht darum, Geschäft<br />

SOLLTEN VERSICHERUNGEN<br />

PRODUKTE ENTWICKELN,<br />

DIE NACHHALTIG SIND?<br />

Mehrheit der Kunden stimmt dafür<br />

ja: 59<br />

nein: 2<br />

ist mir egal: 18<br />

kann ich nicht beurteilen: 21<br />

Befragung Nachhaltigkeit 202/<strong>2022</strong>, Angaben in %<br />

Quelle: Franke und<br />

Bornberg GmbH<br />

se sprechen wir vom tagesaktuellen Preis,<br />

nicht von der dynamischen Preisanpassung.<br />

Ihr könnt dann beispielsweise die<br />

Betriebshaftpflicht, die vor sechs Wochen<br />

angepasst wurde, beim Kunden nicht auf<br />

den tagesaktuellen Preis anheben?<br />

Reindl: Nein, das funktioniert noch nicht.<br />

Aber wir gehen mit dem Markt. Wir be obach<br />

ten und vergleichen regelmäßig und<br />

stellen fest, ob Anspassungen nötig sind,<br />

welche kontinuierlich umgesetzt werden.<br />

Freyenhagen: Wie sieht es denn bei der<br />

INTER in der Produkt- und Zielgruppenentwicklung<br />

aus? Gibt es da etwas, was<br />

euch besonders auszeichnet?<br />

Herber: Gutes Stichwort – denn das<br />

Thema Zielgruppenentwicklung haben wir<br />

uns nicht nur als Unternehmen auf die<br />

Fahnen geschrieben, sondern binden dies<br />

tatsächlich aktiv in die Produktentwicklung<br />

mit ein. Hier gebe ich Ludwig Reindl<br />

vollkommen recht: Nur auf die Produkte<br />

zu schauen, das reicht heutzutage nicht<br />

mehr aus.<br />

Brandneu haben wir gerade ein ganz<br />

spezielles Produkt für die Zielgruppe der<br />

Mediziner herausgebracht – eine Ausfallversicherung.<br />

Bekannt auch als Praxisausfallversicherung<br />

für die Absicherung von<br />

Krankheiten, Unfällen und Quarantäne,<br />

speziell für Mediziner. Und hier haben<br />

wir erstmals das Thema Zielgruppen ganz<br />

bewusst umgesetzt, gemeinsam mit dem<br />

Vertrieb, der direkt in die Produktentwicklung<br />

mit eingebunden war.<br />

Dabei haben wir uns direkt mit den<br />

Maklern ausgetauscht und nach deren<br />

Bedürfnissen gefragt – sie um ihre Kernaussagen<br />

gebeten. Herausgekommen ist<br />

ein Produkt, das der Kunde auch versteht<br />

und das an die bestimmten Betriebsarten<br />

angepasst ist.<br />

Schönfeld: Ich glaube, an dieser Stelle<br />

erschließt sich sehr gut der Vorteil der<br />

Plattform. Jegliche Veränderung – bei<br />

der Bayerischen mögen es veränderte<br />

Tarife oder Preise sein und bei der INTER<br />

angepasste Leistungsmerkmale –, all<br />

das kann der Makler ja gar nicht mehr<br />

nachvollziehen. Aber wir bilden es immer<br />

ab. Jede Veränderung von Annahme- oder<br />

Zeichnungsrichtlinien ist bei uns quasi in<br />

Echtzeit hinterlegt.<br />

Freyenhagen: Wir wollen ein Thema nicht<br />

außer Acht lassen: Nachhaltigkeit. Wo ist<br />

das in der Gewerbeversicherung schon<br />

angekommen – bei der Produktentwicklung,<br />

im Schadenfall? Gibt es irgendetwas,<br />

was wirklich schon nachhaltig ist?<br />

Reindl: Die Bayerische ist als nachhaltiger<br />

Versicherer bekannt. Der Nachhaltigkeitsbaustein<br />

ist kostenfrei in der Gewerbeversicherung<br />

integriert. So bieten wir Tarife<br />

an, in denen die Nachhaltigkeit automatisch<br />

mit dabei ist – mit Nach hal tig keitsmehr<br />

leis tun gen.<br />

Freyenhagen: Andreas Herber, Richtung<br />

Nachhaltigkeit. Haben Sie da schon was in<br />

der Entwicklung, was wirklich werthaltig


Gewerbe GIPFELTREFFEN<br />

»Es ist nicht nur der<br />

Bedarf vorhanden,<br />

sondern auch ein<br />

Absicherungswunsch.<br />

Daher müssen wir jetzt<br />

unsere Kunden beraten.«<br />

Sven Schönfeld, Thinksurance<br />

ist?<br />

Herber: Ja, also nicht nur ein spannendes<br />

Thema, sondern tatsächlich auch beim<br />

Endkunden angekommen. Ich finde<br />

diesen Begriff allerdings sehr weitläufig<br />

gefasst. Das kann man vergleichen mit<br />

dem Begriff Digitalisierung. Der eine sagt<br />

BiPRO, der andere nennt es Vergleicher,<br />

der Dritte spricht von einer App. Bei der<br />

Produktentwicklung haben wir den Punkt<br />

Nachhaltigkeit natürlich immer mit auf<br />

der Agenda.<br />

Wir müssen allerdings genau benennen,<br />

was Nachhaltigkeit ist, und wir sollten es<br />

aus der Kundenperspektive denken. Man<br />

kann es produktseitig aufbauen, es muss<br />

aber auch praktisch für den Kunden sein.<br />

Freyenhagen: Wir haben zusammen den<br />

Gipfel des Gewerbemarkts bestiegen und<br />

schauen nun gemeinsam in die Zukunft:<br />

Wie sieht eurer Meinung nach der Vermittlermarkt<br />

im Bereich Gewerbe in zehn<br />

Jahren aus?<br />

Herber: Ich denke, jeder Makler, der Spaß<br />

an diesem Geschäftsmodell hat und sich<br />

mit den Themen auch ernsthaft beschäftigt,<br />

ist bei uns herzlich willkommen. Und<br />

ich glaube, man braucht auf jeden Fall<br />

saubere Prozesse. Ob das die Ausschreibung<br />

oder das Zielgruppen-Know-how ist.<br />

Und wir helfen dabei als Versicherer. Das<br />

ist unsere Kernkompetenz. Von Produktseite<br />

gibt es noch viel Luft nach oben. Da<br />

arbeiten wir als Versicherer dran.<br />

Reindl: Ich hätte gern eine Glaskugel, in<br />

die wir schauen könnten. Aber Gewerbe<br />

wird weiterhin ein wichtiger Bestandteil<br />

für Vermittlerinnen und Vermittler sein.<br />

Was allerdings stattfinden wird: Es werden<br />

sicherlich viele Unternehmen aufgekauft,<br />

es wird in der Zukunft weit weniger Unternehmen<br />

geben.<br />

Ein anderes Thema: Für Vermittler, die ein<br />

bestimmtes Alter überschritten haben,<br />

wird es schwer, Nachfolger zu finden.<br />

Das Thema Digitalisierung kommt gerade<br />

erst ins Rollen, auch das wird ein großes<br />

Thema. Denken wir nur an das autonome<br />

Fahren, dafür wird eine spezielle Kraftfahrzeugversicherung<br />

benötigt. Es wird<br />

viel Großes auf uns zukommen und es<br />

wird noch einmal ganz anders sein, als wir<br />

uns das gerade vorstellen können.<br />

Schönfeld: Wenn wir bei der Bergmetapher<br />

bleiben, wird dieser doppelt so groß<br />

sein wie heute. Was meine ich damit? Es<br />

gibt eine Studie, die sagt: Im Jahr 2030<br />

wird sich der Gewerbemarkt verdoppelt<br />

haben. Das wirkt sich auch auf die Prämienvolumen<br />

aus – denn voraussichtlich<br />

wird sich auch der Kundenmarkt verdoppeln.<br />

Sven Schönfeld ist seit bald<br />

drei Jahren Teil von Thinksurance.<br />

Er vertrat die Frankfurter<br />

Firma in unserem Gipfeltreffen<br />

als Chief Sales Officer.<br />

Seine Erfahrung erstreckt sich<br />

über Forderungsausfallversicherungen,<br />

Versicherungen im Allgemeinen,<br />

Kautionen, Vertrieb<br />

und noch darüber hinaus.


ZIELGRUPPEN Familien<br />

»Für Familien sind flexible<br />

Tarife interessant«<br />

In einer Familie ist immer was los. Auch deshalb ist die Zielgruppe für Berater so interessant.<br />

Wie man eine langfristig vertrauensvolle Beziehung aufbaut, erklärt Michael Engler,<br />

Certified Financial Planner bei MLP.<br />

– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />

<strong>procontra</strong>: Was macht Familien als Zielgruppe<br />

für Finanzberater so interessant?<br />

Michael Engler: Familien sind eine besondere<br />

Kundengruppe – ich darf sie beim<br />

Gestalten und Erreichen ihrer Lebensziele<br />

über viele Phasen hinweg unterstützen.<br />

Daraus entwickelt sich oft eine langfristige<br />

und vertrauensvolle Beziehung, die mit<br />

einem sehr interessanten Aufgabenspektrum<br />

rund um den generationenübergreifenden<br />

Vermögensaufbau und dessen<br />

Verwaltung einhergeht.<br />

<strong>procontra</strong>: Was ist bei der Ansprache zu<br />

beachten?<br />

Engler: Kunden ist es meist ein besonderes<br />

Anliegen, dass all ihre Familienmitglieder<br />

lebenslang finanziell gut aufgestellt und<br />

geschützt sind. Es gibt immer wieder<br />

Anlässe für eine Ansprache. Dabei gilt es,<br />

potenzielle Herausforderungen, die verschiedene<br />

Lebensphasen mit sich bringen,<br />

zu berücksichtigen: Die Familiengründung<br />

geht oft mit dem Kauf einer eigenen Immobilie<br />

oder dem Umzug in eine größere<br />

Mietwohnung einher, rückt der Ruhestand<br />

näher, spielt das Thema Vermögensübertragung<br />

eine Rolle – das Themenspektrum<br />

ist enorm vielschichtig.<br />

<strong>procontra</strong>: Generell sind die finanziellen<br />

Ressourcen einer Familie oft knapp. Nicht<br />

jeder Bedarf kann gedeckt werden. Wie<br />

gehen Sie damit um?<br />

Engler: Grundsätzlich gilt: Circa 70 bis<br />

75 Prozent des Einkommens sollten für<br />

Wohnen und Konsum zur Verfügung stehen,<br />

der verbleibende Anteil kann für die<br />

Absicherung und den Vermögensaufbau<br />

38 <strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22


Familien ZIELGRUPPEN<br />

aufgewendet werden. Wer sich an diese<br />

Quote hält, macht schon vieles richtig. Gerade<br />

Wohnkosten haben häufig einen sehr<br />

großen Anteil am Budget – man sollte sich<br />

daher gründlich überlegen, ob man über<br />

seine finanziellen Verhältnisse wohnen will<br />

und dafür den Konsum einschränkt und<br />

die Absicherung und den Vermögensaufbau<br />

vernachlässigt. Existenzielle Risiken<br />

auszublenden wäre fahrlässig, und ein<br />

Schadensfall könnte die komplette Familie<br />

in den Ruin treiben. Auch der Vermögensaufbau<br />

sollte berücksichtigt werden.<br />

Es gilt, Rücklagen für schwere Zeiten<br />

aufzubauen und für die Zukunft der Kinder<br />

vorzusorgen – denn Ausbildung und<br />

Studium verursachen nun einmal Kosten.<br />

Entscheidend ist, möglichst früh mit dem<br />

Sparen zu beginnen – je mehr Zeit zur<br />

Verfügung steht, desto effektiver ist der<br />

Vermögensaufbau.<br />

<strong>procontra</strong>: Aktuell kommen auf Familien<br />

erhebliche zusätzliche Belastungen zu –<br />

Stichwort: Energiekosten. Wie können<br />

Finanzberater hier helfen?<br />

Engler: Ich habe stets den mittel- bis langfristigen<br />

Planungshorizont im Blick und<br />

nehme die aktuell kurzfristig verunsicherten<br />

Kunden gedanklich in diesen Zeitraum<br />

mit – bei jeder Krisenmeldung alles infrage<br />

zu stellen, ist nicht zielführend. Auch eine<br />

möglichst nachhaltige Beziehung zu meinen<br />

Kunden aufzubauen, ist mir wichtig.<br />

So kenne ich ihre Gesamtsituation und<br />

kann ihnen in herausfordernden Zeiten zur<br />

Seite stehen.<br />

<strong>procontra</strong>: Auch die Inflation ist aktuell<br />

hoch, der Vermögensaufbau dadurch erschwert.<br />

Was empfehlen Sie Familien?<br />

Engler: Das oberste Gebot lautet: nicht in<br />

Panik verfallen. Wer einen gut diversifizierten<br />

Vermögensaufbau an den Kapitalmärkten<br />

betreibt, hat aktuell kaum<br />

Handlungsbedarf. Wer hingegen auf<br />

Konten oder Zinsprodukte setzt, sollte sich<br />

zwingend mit der inflationär bedingten<br />

Vermögensentwertung beschäftigen.<br />

Vorrang hat jedoch immer die Absicherung<br />

existenzieller Risiken. Denn die besten<br />

Entscheidungen im Vermögensaufbau<br />

nutzen nichts, wenn ein nicht abgesicherter<br />

Schadensfall das komplette Vermögen<br />

aufbraucht.<br />

<strong>procontra</strong>: Welcher Versicherungsschutz ist<br />

wann notwendig?<br />

Engler: Eine Haftpflichtversicherung ist für<br />

jeden unabdingbar. Mit der Familiengrün-<br />

dung muss diese auf einen Familientarif<br />

umgestellt werden, damit Schäden durch<br />

die Kinder ebenfalls abgesichert sind. Auch<br />

eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist<br />

dringend zu empfehlen, gerade für den<br />

Versorger oder die Versorgerin. Fällt diese<br />

Person aus, erleiden auch wirtschaftlich<br />

abhängige Familienmitglieder wie Kinder<br />

einen gravierenden Schaden. Das muss in<br />

der Risikostruktur berücksichtigt werden.<br />

Gleiches gilt für die finanzielle Vorsorge im<br />

Todesfall. Ebenso wird die private Pflegezusatzversicherung<br />

mit der Familiengründung<br />

existenziell – weniger wegen der Alterspflege,<br />

sondern im Fall eines Pflegefalls,<br />

der bereits in jungen Jahren eintritt. Die<br />

gesetzliche Absicherung reicht bei Weitem<br />

nicht aus und die zusätzlichen monatlichen<br />

»Bei jeder Krisenmeldung<br />

alles infrage<br />

zu stellen, ist nicht<br />

zielführend.«<br />

Kosten werden oft zur untragbaren Last,<br />

vor allem wenn durch den Pflegefall auch<br />

noch mindestens ein Einkommen wegfällt.<br />

<strong>procontra</strong>: Was ist auf Leistungsebene<br />

mit Blick auf den Bedarf einer Familie zu<br />

beachten?<br />

Engler: Bei der Absicherung existenzieller<br />

Risiken für Familien würde ich immer den<br />

Hochleistungstarif wählen. Wenn ein Risiko<br />

an eine Versicherungsgesellschaft ausgelagert<br />

werden soll, muss die Regulierung<br />

im Schadensfall so sicher wie möglich sein.<br />

Und natürlich müssen die Tarife entsprechend<br />

umgestellt werden, wenn die Familie<br />

wächst. Zudem empfiehlt es sich, den<br />

Schutz im Bereich Gesundheit – sei es Pflege,<br />

Todesfall, Krankenversicherung oder<br />

auch Berufsunfähigkeit – in jungem Alter<br />

und mit möglichst gutem Gesundheitszustand<br />

abzuschließen. Weiterhin sollte<br />

es möglich sein, den Versicherungsschutz<br />

ohne neue Gesundheitsprüfung anzupassen<br />

oder zu erhöhen.<br />

<strong>procontra</strong>: Gibt es besonders interessante<br />

Tarife für Familien?<br />

Engler: Für Familien sind insbesondere<br />

flexible Tarife interessant – etwa, wenn ein<br />

Berufsunfähigkeitsschutz erhöht werden<br />

kann, ohne dass eine erneute Gesundheitsprüfung<br />

nötig ist. Die Nachversicherungsgarantie<br />

ermöglicht dies aufgrund<br />

besonderer Ereignisse wie zum Beispiel<br />

der Geburt eines Kindes, der Finanzierung<br />

einer Immobilie oder einer deutlichen<br />

Gehaltserhöhung. Im Bereich der privaten<br />

Krankenversicherung, PKV, gibt es Optionstarife:<br />

Als junger Mensch erfolgt eine<br />

einmalige Gesundheitsprüfung und man<br />

zahlt einen geringen monatlichen Beitrag.<br />

Das Ergebnis der Prüfung wird dann<br />

„eingefroren“. Damit sichert man sich<br />

die Option, später ohne erneute Gesundheitsprüfung<br />

in die PKV zu kommen oder<br />

einen privaten Zusatztarif zu erhalten. Im<br />

Bereich Pflege können junge Erwachsene<br />

für wenig Geld einen flexiblen Pflegetagegeldtarif<br />

abschließen. Später können<br />

sie entscheiden, ob sie diesen Tarif für die<br />

Absicherung der Alterspflege zum echten<br />

Beitrag ausfinanzieren möchten. So können<br />

Familien das Risiko „Pflegefall in jungen<br />

Jahren“ auslagern und haben bereits einen<br />

potenziellen Baustein für die Alterspflege.<br />

<strong>procontra</strong>: Welche Qualifikationen benötigt<br />

ein Berater für die Familienfinanzplanung?<br />

Engler: Neben einer hochwertigen fachlichen<br />

Qualifizierung und kontinuierlicher<br />

Weiterbildung ist eine vertrauensvolle<br />

Beziehung zu den Kunden enorm wichtig.<br />

Nur auf dieser Basis kann ich die individuellen<br />

Bedürfnisse der Familienmitglieder<br />

betrachten und daraus ganzheitliche<br />

Lösungen entwickeln. Dazu muss man<br />

vernetzt denken können, viel Empathie<br />

mitbringen und in der Lage sein, bei entgegengesetzten<br />

Interessen zu vermitteln. <br />

FAKTEN ZUR ZIELGRUPPE<br />

Paare mit Kindern sorgen am meisten vor<br />

Familien haben breiten Vorsorgeund<br />

Absicherungsbedarf<br />

Beratungsanlässe durch viele Lebensphasen:<br />

Job, Heirat, Kind, Haus, Studium usw.<br />

Familien brauchen stets einen Überblick<br />

über ihre privaten Finanzen<br />

Gute Berater werden zu Lebensbegleitern<br />

der Familien<br />

Hohe Weiterempfehlungsquote<br />

<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22<br />

39


ZIELGRUPPEN Managerberatung<br />

MANAGER BRAUCHEN MANAGER<br />

Für die Beratung von Geschäftsführern ist ein umfangreiches Wissen notwendig und ein weites<br />

Netzwerk von Betriebswirtschaftlern und Anwälten. Der Makler selbst muss jedoch ebenfalls<br />

alle Zusammenhänge managen können.<br />

– TEXT: UWE SCHMIDT-KASPAREK –<br />

Für Manager gibt es aktuell eine positive<br />

und eine negative Botschaft: Die Zahl der<br />

Haftungsansprüche ist in den letzten Jah-<br />

ren gesunken. Doch die einzelnen Schäden<br />

werden immer teurer. So regulierten die<br />

Versicherer 2017 noch rund 5.900 Schä-<br />

den, die im Schnitt mit 30.000 Euro zu Buche<br />

schlugen. 2021 kosteten dagegen rund<br />

2.300 Schäden durchschnittlich fast 81.000<br />

40 Illustration: Roman Kulon


Managerberatung ZIELGRUPPEN<br />

Euro. Derzeit dürfte es trotzdem einfacher<br />

sein, an Managerschutz – also an eine Directors-and-Officers-Police<br />

(kurz D&O)<br />

– zu kommen. Denn die Assekuranzen<br />

haben 2019 und 2021 Gewinne gemacht,<br />

wie aus einer jetzt aktualisierten Statistik<br />

des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft<br />

(GDV) hervorgeht.<br />

Ein guter Moment, in den Nischenmarkt<br />

einzusteigen. Denn wer die Geschäftsleiterin<br />

oder den Geschäftsleiter berät, kann als<br />

Cross-Selling-Erfolg vielfach nach einiger<br />

Zeit den gesamten Firmenschutz stemmen.<br />

Zudem dürfte 2023 ein spektakulärer<br />

Haftungsfall die Vorstände und Geschäftsführer<br />

wachrütteln. Dann beginnt nämlich<br />

»Optimaler Schutz<br />

beginnt mit präventiven<br />

Themen.«<br />

BJÖRN STRESSENREUTER, 360GRADMANAGERSCHUTZ.DE<br />

der Prozess gegen den Ex-Wirecard-Chef<br />

Markus Braun und gegen den ehemaligen<br />

Vize-Finanzvorstand Stephan von Erffa<br />

sowie Oliver Bellenhaus. Die vierte Strafkammer<br />

des Landgerichts München I hat<br />

die Anklage „wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen<br />

Bandenbetrugs“ zur Hauptverhandlung<br />

zugelassen. Schon 2021 hatte<br />

Jahr<br />

der Managerversicherer Chubb aber eine<br />

Klage gegen Braun vor dem Oberlandesgericht<br />

Frankfurt verloren (Aktenzeichen 7 U<br />

150/21) und muss nun die Kosten für PR-<br />

Berater zahlen.<br />

Weitere D&O-Versicherer sind bei Wirecard<br />

involviert. Die Versicherungswirtschaft<br />

nennt R+V, Swiss Re, AGCS, AIG,<br />

Liberty und QBE. Zentral dreht sich alles<br />

um die Frage: Lag Vorsatz vor? Dann muss<br />

die D&O-Versicherung nicht zahlen. Ex-<br />

CEO Braun argumentiert, er sei selbst ein<br />

Opfer des Betrugs in seinem Unternehmen<br />

geworden.<br />

ABWEHRSCHUTZ »A UND O«<br />

Der Fall zeigt: Managerschutz ist vor allem<br />

Abwehrschutz und wichtig, um im Ernstfall<br />

um seinen Ruf zu kämpfen. Präventionsberatung<br />

ist daher auch zentrale Aufgabe von<br />

Maklern, die Geschäftsführer beraten. Das<br />

bestätigt im Interview Björn Stressenreuter<br />

von 360gradmanagerschutz.de, hinter der<br />

die MRH Trowe Gruppe steht. Und: Manager<br />

können digital beraten werden. Heute<br />

– nach Tausenden von coronabedingten<br />

Videomeetings – mehr denn je. Auf der anderen<br />

Seite sind eigene Wordings für Manager<br />

wichtig und ein kompetentes Netzwerk<br />

im Hintergrund. „Das ermöglicht uns einen<br />

konsequenten Focus auf die Risikoberatung<br />

von Managern“, erläutert Stressenreuter.<br />

Der Zielmarkt für diese <strong>Spezial</strong>isten wird<br />

jedenfalls immer größer, denn die Zahl<br />

der Unternehmen in Deutschland steigt,<br />

wie Zahlen des Statistischen Bundesamts<br />

MANAGERSCHUTZ: SCHÄDEN GEHEN DEUTLICH NACH UNTEN<br />

Erfasst werden 31 Versicherer mit einem Marktanteil von 83 Prozent.<br />

Alle GDV-Mitglieder dürften daher 2021 insgesamt 480 Millionen Euro eingenommen haben.<br />

Den gesamten Markt schätzt der GDV sogar auf 690 Millionen Euro.<br />

in Mio. EUR<br />

Beiträge<br />

Veränderung<br />

ggü. Vorjahr<br />

in Mio. €<br />

Leistungen<br />

Veränderung<br />

ggü. Vorjahr<br />

Schadenquote<br />

nach Abwicklung<br />

2021 401 21,20 % 186 1,80 % 41,40 %<br />

2020 335 9,40 % 183 26,60 % 86,70 %<br />

2019 262 10,10 % 132 -8,00 % 56,20 %<br />

2018 247 5,60 % 158 -9,70 % 98,80 %<br />

2017 233 -10,20 % 176 -9,40 % 73,40 %<br />

Quelle: GDV, Stand: 10/<strong>2022</strong><br />

TIPPS VOM SPEZI<br />

MANFRED BOCK,<br />

AsseCon Assekuranzmakler GmbH<br />

1. Erläutern Sie, dass die strafrechtliche<br />

Haftung besonders dominant ist.<br />

2. Machen Sie deutlich, dass Geschäftsführer<br />

auf D&O-Policen, die über die Firma<br />

abgeschlossen werden, keinen vollen<br />

Zugriff haben.<br />

3. Der Anstellungsvertrag sollte genau<br />

unter die Lupe genommen werden. Hier<br />

müssen Risiken verdeutlicht werden, und<br />

sinnvollerweise kann das Restrisiko über<br />

eine Anstellungsvertrags-Rechtsschutz<br />

aufgefangen werden.<br />

zeigen. Schätzungsweise 3,8 Millionen<br />

Unternehmensleiter sind potenzielle Kunden,<br />

und sie sind mit hohem Einkommen<br />

sehr attraktiv. Zudem fungieren die Chefs<br />

als Multiplikator, da sie in der Regel der<br />

erste Ansprechpartner für die betriebliche<br />

Altersvorsorge oder weitere Firmenversicherungen<br />

sind. „Wird der Geschäftsführer<br />

von der Qualität der D&O-Beratungsleistung<br />

überzeugt, dann findet der Versicherungsmakler<br />

häufig Zugang zu den anderen<br />

Sparten, die für ihn wirtschaftlich gesehen<br />

attraktiver sind“, stellt Michael Hendricks<br />

fest. Die „graue Eminenz“ der Vermittlung<br />

von Managerhaftpflicht führt heute die<br />

Kanzlei Hendricks und Partner Rechtsanwälte.<br />

Chefschutz ist ein sehr attraktives<br />

Betätigungsfeld für Versicherungsvermittler.<br />

Doch wer punkten will, muss seine<br />

Kompetenz schnell und klar „rüberbringen“.<br />

Der Manager auf der anderen Seite<br />

steigt sonst sofort aus.<br />

KONTAKTHILFE IMPRESSUM<br />

Geschäftsführer können nach Einschätzung<br />

von Vermittlern gut über Vortragsveranstaltungen<br />

oder Veröffentlichungen<br />

zum Thema Haftung und Versicherung<br />

<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22<br />

41


ZIELGRUPPEN Managerberatung<br />

erreicht werden. Zudem ist jeder Geschäftsführer<br />

im Impressum seiner Website<br />

zu finden. Da in der Regel auch ein Xing-<br />

Profil besteht, kann es nach Meinung von<br />

Vermittlern durchaus zur Kontaktaufnahme<br />

dienen. Dabei sollte man schnell die<br />

Kompetenz des Gegenübers ausloten.<br />

Nicht alle haben das Thema persönliche<br />

Haftung im Auge, wenn sie sich „nur über<br />

ihre frische Beförderung freuen“. Experte<br />

Hendricks erläutert den Managern, dass es<br />

in aller Regel darum geht, dass Fehler anderer<br />

ihnen angelastet werden. Und dem Vorwurf<br />

des Organisationsverschuldens könne<br />

man kaum entgehen. „Aus diesem Grunde<br />

ist der Abschluss einer Versicherung unumgänglich“,<br />

so Hendricks.<br />

Fast alle spezialisierten Vermittler bieten<br />

Versicherungsmaklern Kooperationen<br />

an. Diese sind aber sehr unterschiedlich<br />

aufgebaut und reichen von einem Gutachten<br />

über die Qualität des D&O-Schutzes<br />

bei Hendricks und Partner Rechtsanwälte<br />

bis hin zum Vermittler-Onlineportal bei<br />

KuV24-manager.de. „Nach ausführlicher<br />

telefonischer Beratung gibt es eine erstaunlich<br />

hohe Bereitschaft, eine D&O-Versicherung<br />

online über das an sich sehr anonyme<br />

Medium Internet abzuschließen“, berichtet<br />

Experte Matthias Talpa von Konzept<br />

und Verantwortung Versicherungsmakler<br />

GmbH, der das Versicherungsportal<br />

KuV24-manager.de mitgegründet hat.<br />

»Manager: Onlineberatung salonfähig«<br />

BJÖRN STRESSENREUTER, Portal www.360gradmanagerschutz.de aus der MRH Trowe Gruppe<br />

<strong>procontra</strong>: Seit wann stehen Geschäftsführer in<br />

Ihrem Fokus?<br />

Björn Stressenreuter: Ich bin seit 2004 in der<br />

Versicherungswirtschaft tätig und seit 2017<br />

ausschließlich in der Organhaftungsberatung.<br />

Vorher habe ich als Unternehmensberater vor<br />

allem Kontakt mit Geschäftsleitern der Versicherungswirtschaft<br />

gehabt, sodass ich seit zehn<br />

Jahren Geschäftsleiter im Fokus habe.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie erreicht man Geschäftsführer?<br />

Stressenreuter: Ganz genauso, wie man Sie<br />

und mich erreicht. Hier unterscheiden sich<br />

Geschäftsführer kaum von „Nicht-Geschäftsführern“,<br />

außer dass die Aufmerksamkeit sich je<br />

nach Kanal anders verteilt. Für uns als Tochter<br />

eines mittelständischen Maklers sind die Zugangswege:<br />

MRH Trowes Zugänge, persönliches<br />

Umfeld unserer Berater, Messen und Netzwerkveranstaltungen,<br />

Online- und Offlinemarketing<br />

sowie Empfehlungen.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie sieht optimaler Schutz für Geschäftsleiter<br />

aus?<br />

Stressenreuter: Optimaler Schutz beginnt mit<br />

präventiven Themen. Wir reden dann über<br />

haftungsschonende Gestaltung von Anstellungsverträgen<br />

oder präventives Coaching.<br />

Erst danach geht es zum maßgeschneiderten<br />

Versicherungskonzept. Dabei spielt ein umfassendes<br />

Risikomanagement eine wichtige Rolle.<br />

Wir erläutern etwa, wie man den in Deutschland<br />

dominierenden Innenregress möglichst vermeiden<br />

kann. Deutlich machen wir auch, dass wir<br />

im Schadenfall eine umfassende Beratung mit<br />

eigenem Team und Anwaltsnetzwerk stellen<br />

können.<br />

<strong>procontra</strong>: Müssen die Firmen ihre Geschäftsführer<br />

neben der Managerhaftpflicht zusätzlich<br />

mit Strafrechtsschutz absichern?<br />

Stressenreuter: Das ist in jedem Fall anzuraten,<br />

da hier die Eintrittswahrscheinlichkeit im Vergleich<br />

zu einem D&O-Schadenfall noch einmal<br />

höher liegt. Auch sollten sich Geschäftsleiter<br />

nicht zu sehr auf die Straf-Ausschnittsdeckung<br />

in der D&O-Versicherung verlassen, denn diese<br />

hat deutliche Schwächen gegenüber einem<br />

leistungsstarken, vollumfänglichen Strafrechtsschutz.<br />

Grundsätzlich sind aber auch weitere<br />

Firmenversicherungen für Geschäftsführer sehr<br />

relevant. So lässt sich die insolvenzrechtliche<br />

Haftung vielleicht nur über den Rechtsschutzmarkt<br />

absichern, wenn in der D&O aufgrund<br />

der wirtschaftlichen Parameter ein Insolvenzausschluss<br />

nicht vermieden werden kann. Hier<br />

kann die Vermögensschadens-Rechtsschutz<br />

ein sehr wertvolles Instrument sein.<br />

<strong>procontra</strong>: Was ist das Besondere an Ihrer<br />

Lösung?<br />

Stressenreuter: Wir glauben, um die komplexe<br />

Geschäftsleiterhaftung wirklich transferieren zu<br />

können, müssen eine Reihe an Disziplinen ineinandergreifen.<br />

Aus unserer Sicht bedarf es einer<br />

klugen Strategie als <strong>Spezial</strong>makler, kompetenter<br />

kundenverständlicher Risikoberatung, juristischen<br />

und betriebswirtschaftlichen Know-hows<br />

zur Storyentwicklung, Zugängen zum gesamten<br />

europäischen Markt, Produktentwicklung für<br />

kundenorientierte Versicherungsbedingungen,<br />

Schadenbetreuung sowie einer positiven, einzigartigen<br />

Teamculture, um Wissensaustausch<br />

und Teamplay sicherzustellen. Denn für jedes<br />

dieser Rädchen gibt es bei uns <strong>Spezial</strong>istinnen<br />

und <strong>Spezial</strong>isten. Wir als 360gradmanagerschutz<br />

fokussieren hierbei die digitale Beratung.<br />

Seit drei Jahren sind wir damit der bedeutendste<br />

Akquisekanal im Unternehmen.<br />

<strong>procontra</strong>: Welche Rolle spielt derzeit Cyberschutz<br />

in der Geschäftsleiter- und Organberatung?<br />

Stressenreuter: Wir sehen hier verstärkt<br />

Schäden, die die D&O-Versicherung belasten.<br />

Daher ziehen wir längst unsere Experten für<br />

Cyber- und Vertrauensschaden-Programme mit<br />

hinzu, um das Platzieren eines D&O-Risikos zu<br />

erleichtern.<br />

42 <strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22


Managerberatung ZIELGRUPPEN<br />

KOOPERATION SINNVOLL<br />

Einig sind sich alle Experten darüber, dass<br />

Manager im ersten Schritt eine umfassende<br />

Analyse der persönlichen Haftungssituation<br />

benötigen und eine darauf abgestimmte<br />

D&O-Police brauchen. Diese sichert existenzbedrohende<br />

persönliche Folgen von<br />

Pflichtverletzungen ab. Vermittlern, die sich<br />

nicht umfassend mit den Risiken von Geschäftsführern<br />

und deren Schutz beschäftigen<br />

möchten oder können, rät Talpa zu einer<br />

Kooperation. Längst hat sich eine Reihe<br />

von Versicherungsmaklern auf die Absicherung<br />

von Führungskräften spezialisiert.<br />

„Wir haben für die Managerabsicherung<br />

spezielle Deckungskonzepte entwickelt, deren<br />

Niveau weit über dem Marktstandard<br />

liegt“, behauptet etwa der Versicherungsmakler<br />

Contrust.<br />

Zudem habe das Unternehmen bei der<br />

Analyse von D&O-Policen eine 80-prozentige<br />

Quote mangelhafter Verträge entdeckt.<br />

Speziell aufgestellt sehen sich auch die<br />

Exali GmbH, das Versicherungsportal für<br />

Dienstleister und freie Berufe, der Versicherungsmakler<br />

Franke & Krippner, die MRH<br />

Trowe Gruppe mit 360gradmanagerschutz.<br />

de oder die AsseCon Assekuranzmakler<br />

GmbH. „Wir glauben, dass der Manager<br />

sich persönlich absichern muss – zusätzlich<br />

neben dem Schutz über die Firma“, hebt<br />

Manfred Bock von der AsseCon hervor.<br />

Mit einer persönlichen D&O-Police habe<br />

der Geschäftsführer einen Extraschutz im<br />

Schrank, der mit einer Strafrechtschutzabsicherung<br />

sehr nachhaltig wirkt.<br />

„Geschäftsführer sind sehr sensibel gegenüber<br />

ihrem persönlichem Haftungsrisiko“,<br />

so Bock. Dabei stehe aber meist die<br />

zivilrechtliche Haftung im Vordergrund.<br />

Tatsächlich seien Manager aber viel öfter<br />

von Staatsanwälten bedroht. Daher müssen<br />

sich Geschäftsführer neben der Managerhaftpflicht<br />

zusätzlich mit Strafrechtsschutz<br />

absichern. Wird Managern ein Schaden<br />

vorgeworfen, dann entfielen in der Regel<br />

70 bis 80 Prozent der Kosten auf die Abwehr<br />

der Ansprüche. Die gesetzlichen Haftungsregelungen<br />

für Organmitglieder von<br />

Kapitalgesellschaften sind „scharf“. „Viele<br />

Manager unterschätzen die Kosten für Anwälte,<br />

Gutachter und Gerichte, die leicht in<br />

den sechsstelligen Bereich gehen können“,<br />

heißt es beim Kölner D&O-Anbieter VOV.<br />

„Hinzu kommt der Schadenersatz, der aus<br />

eigener Tasche zu zahlen ist, wenn sich<br />

der Vorwurf gegen den Geschäftsführer<br />

erhärtet.“ Selbst für einfachstes Verschulden<br />

haftet das betroffene Organmitglied<br />

grundsätzlich der Höhe nach unbegrenzt<br />

mit seinem Privatvermögen. Die Tätigkeit<br />

als Manager sei selbst bei größtem Bemühen<br />

um ordnungsgemäße Geschäftsführung<br />

in hohem Maße gefahrgeneigt. „Selbst ein<br />

»Geschäftsführer<br />

sind sehr sensibel<br />

gegenüber ihrem<br />

persönlichen<br />

Haftungsrisiko.«<br />

MANFRED BOCK, ASSECON ASSEKURANZMAKLER GMBH<br />

erfahrener Manager ist daher nicht vor<br />

einem haftungsmäßigen Schiffbruch gefeit“,<br />

wie Maik Wiesner, Fachanwalt für<br />

Handels- und Gesellschaftsrecht von der<br />

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl &<br />

Partner, feststellt.<br />

EINE POLICE REICHT NICHT<br />

Eines der größten Haftungsrisiken ist mittlerweile<br />

die Insolvenz des Unternehmens.<br />

Daher sollten Geschäftsführer spätestens<br />

mit den ersten Anzeichen der Krise ständig<br />

die Liquidität des Unternehmens im Blick<br />

haben, um beim Vorliegen eines Insolvenzgrunds<br />

rechtzeitig den Insolvenzantrag zu<br />

stellen. Entscheidungsträger sollten grundsätzlich<br />

– also weit vor jeder Krise – prüfen,<br />

ob die bestehende D&O-Versicherung<br />

Erstattungsansprüche aus dem Insolvenzrecht<br />

umfasst. Hier ist die klassische D&O-<br />

Police gefährlich, denn sie wird vom Unternehmen<br />

für seinen Manager abgeschlossen,<br />

um bei Fehlern des Geschäftsführers abge-<br />

sichert zu sein. So haben Geschäftsführer<br />

auf diese Policen keinen vollen Einfluss. Sie<br />

könnte summenmäßig erschöpft, nicht bezahlt<br />

oder gekündigt sein, wenn es hart auf<br />

hart kommt. Zudem muss im Strafrechtsfall<br />

das Unternehmen hinsichtlich der Deckung<br />

zustimmen. Damit kann Druck auf<br />

den betroffenen Geschäftsführer ausgeübt<br />

werden. Daher hat etwa die AsseCon Assekuranzmakler<br />

den „Managerschutz 360“<br />

entwickelt. Er besteht aus persönlicher<br />

D&O- und <strong>Spezial</strong>-Strafrechtspolice sowie<br />

aus einem Anstellungsvertrags-Rechtsschutz.<br />

Besondere Leistungen bietet etwa die<br />

Arag für Manager. So gibt es eine Anwaltsoder<br />

Mediatoren-Empfehlung. Die Schlichter<br />

versuchen zwischen Manager und Unternehmen<br />

zu vermitteln, damit der Streit nicht<br />

imageschädigend vor dem Kadi landet.<br />

Grundsätzlich rät die Arag wie die meisten<br />

Assekuranzen und Vermittler dazu, neben<br />

der D&O-Police auch eine Vermögensschadens-Rechtsschutz,<br />

<strong>Spezial</strong>-Straf-Rechtsschutz<br />

und Anstellungsvertrags-Rechtsschutz<br />

abzuschließen. Andere Experten<br />

raten nicht nur zu einer Cyberpolice, um den<br />

Manager vor dem Restrisiko zu schützen,<br />

wenn die Hackerabwehr versagt, sondern<br />

weisen auch darauf hin, dass „Schlüsselpersonen“<br />

– meist Geschäftsführer und leitende<br />

Angestellte – gegen Ausfall abzusichern<br />

wären. Denn im schweren Krankheits- oder<br />

Todesfall einer solchen Schlüsselkraft würden<br />

ad hoc Wissen, Erfahrung, Kompetenz<br />

und langjährige Geschäftskontakte verloren<br />

gehen. Versicherungsmakler sollten daher<br />

innerhalb der Risikoanalyse den Manager<br />

zumindest deutlich auf die sogenannte Keyman-Absicherung<br />

hinweisen. Sie ermöglicht<br />

dem Unternehmen, sich gegen die finanziellen<br />

Folgen bei Ausfall eines Leistungsträgers<br />

abzusichern. <br />

FAKTEN ZUR ZIELGRUPPE<br />

Kundengruppe wächst<br />

Notwendiger existenzieller Haftpflichtschutz<br />

Multiplikator für „Mehrgeschäft“<br />

Lukrative „persönliche“ Verträge<br />

wegen hohen Einkommens<br />

<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22<br />

43


ZIELGRUPPEN LGBTQ+ Community<br />

BERATUNG ZU DIVERSEN<br />

BEDÜRFNISSEN<br />

In der Finanzwirtschaft spielen queere Menschen als Zielgruppe bisher noch eine kleine Rolle.<br />

Doch Berater sollten sie stärker fokussieren – nicht nur wegen ihrer hohen Kaufkraft.<br />

– TEXT: IMKE REIHER –<br />

„Unser Beraterherz ist bunt“, sagt Marie<br />

Christina Schröders. Im Sommer dieses<br />

Jahres hat die Finanzexpertin ihr Unternehmen<br />

Adviris an den Start geschickt – eine<br />

Online-Finanzberatung, die sich gezielt an<br />

die LGBTQ+-Gemeinschaft richtet. Der<br />

Name setzt sich aus dem lateinischen Wort<br />

Advisor (Berater) und der griechischen<br />

Gottheit Iris zusammen – der Personifizierung<br />

des Regenbogens. Bisher steht die<br />

37-Jährige mit ihrem Angebot für lesbische,<br />

schwule, bi, trans, queere und intersexuelle<br />

Menschen in Deutschland noch ziemlich<br />

allein auf weiter Flur. Doch gerade in dieser<br />

Vorreiterrolle sieht Schröders einen Vorteil:<br />

„Das macht es leicht, den Markt zu bearbeiten,<br />

und man hat den Kuchen noch für<br />

sich allein.“<br />

Potenzielle Kundinnen und Kunden gibt<br />

es mehr als reichlich: Schätzungen zufolge<br />

zählen in Deutschland etwa 7 Prozent zur<br />

queeren Gruppe. Das sind sechs Millionen<br />

Menschen. Und diese besitzen überdurchschnittlich<br />

viel Kapital, wie das britische<br />

Research-Unternehmen LGBT Capital ermittelt<br />

hat. Demnach verfügt die Zielklientel<br />

allein in der Bundesrepublik über eine<br />

Kaufkraft von mehr als 151 Milliarden<br />

Euro pro Jahr. Weltweit liegt diese bei rund<br />

einer Billion Euro. Ein Grund für die tiefen<br />

Taschen: Es handelt sich oftmals um Doppelverdiener-Haushalte.<br />

Wäre die queere<br />

Community eine eigene Volkswirtschaft,<br />

sie wäre die viertgrößte der Erde.<br />

WOHLFÜHLEN HAT PRIORITÄT<br />

Dass viele Berater und Makler die LGBTQ+<br />

Community trotzdem nicht auf der Agenda<br />

haben, könnte daran liegen, dass sie das<br />

Potenzial hinter einer gezielten Ansprache<br />

unterschätzen. Denn die Wünsche und Bedürfnisse<br />

der Zielklientel unterscheiden<br />

sich nicht wesentlich von denen anderer<br />

Kunden bei einer Finanzberatung. Selbst<br />

beim Produktuniversum gibt es keine großen<br />

Unterschiede. Vielmehr geht es um einen<br />

respektvollen Umgang: „In erster Linie geht<br />

es um das Wohlfühlen in der Beratung und<br />

44 Illustration: Roman Kulon


LGBTQ+ Community ZIELGRUPPEN<br />

WIE GROSS IST DIE LGBTQ+ COMMUNITY?<br />

Zugehörigkeit zur LGBTQ+ Community fühlen vs.<br />

möchte diese Frage nicht beantworten<br />

TIPPS VOM SPEZI<br />

MARIE CHRISTINA SCHRÖDERS,<br />

Gründerin von Adviris<br />

Indien 14<br />

20<br />

Norwegen 10<br />

22<br />

Brasilien 9<br />

6<br />

USA 9 3<br />

Südafrika 8<br />

19<br />

Frankreich 7<br />

21<br />

Deutschland 6<br />

17<br />

China 6<br />

11<br />

Italien 5<br />

12<br />

Japan 4<br />

13<br />

fühle mich der LGBTQ+ Community zugehörig möchte diese Frage nicht beantworten<br />

Basis: 2.100 bis 6.200 Befragte (18 bis 64 Jahre) je Land, Frühjahr 2021<br />

das Verständnis und darum, nichts groß erklären<br />

zu müssen“, weiß Schröders, die sich<br />

zur LGBTQ+-Gemeinde zählt, aus eigener<br />

Erfahrung: „Ich habe selbst immer wieder<br />

Worte wie Pfeile und Ungleichheiten mitbekommen.“<br />

Dass der Zielklientel in vielen<br />

Bereichen des Alltags Diskriminierung,<br />

Vorurteile und Beleidigungen entgegenschlagen,<br />

ist leider Fakt. Die Finanzbranche<br />

ist hier keine Ausnahme. So haben viele private<br />

Kranken- und Lebensversicherungen<br />

schwule Männer in der Vergangenheit oft<br />

abgelehnt, weil sie diese als Risikogruppe<br />

für eine HIV-Infektion sahen. Diese Praxis<br />

hat sich erst im Jahr 2006 mit der Einführung<br />

des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes<br />

geändert.<br />

Trotzdem haben es Menschen, die sich<br />

zur queeren Community zählen, heute oft<br />

noch schwerer, eine Finanzberatung zu bekommen,<br />

die optimal zu ihren individuellen<br />

Lebenskonzepten passt. Dabei spielen auch<br />

Scham und Angst eine Rolle. Viele scheuen<br />

sich, ihre privaten Beziehungsverhältnisse<br />

offenzulegen, da sie befürchten müssen, auf<br />

homophobe Anfeindungen zu stoßen. Das<br />

kann zur Folge haben, keine passende Finanz-<br />

und Vorsorgeberatung zu erhalten.<br />

Es droht eine Unterversicherung.<br />

ÄHNLICHE FRAGEN – ANDERES HERANGEHEN<br />

Wer Anknüpfungspunkte bei der Zielgruppe<br />

sucht, kann mit guter Beratung eine<br />

Win-win-Situation schaffen. Denn für Be-<br />

Quelle: Statista Global Consumer Survey<br />

rater kann es sich in mehrfacher Hinsicht<br />

lohnen, queere Menschen gezielt als Kunden<br />

in den Blick zu nehmen. Zum einen wie<br />

bereits angedeutet finanziell mit Blick auf<br />

den Einzelkunden. Zum anderen aber auch,<br />

weil sie sich damit einen Markt erschließen,<br />

der von der Konkurrenz hierzulande<br />

noch ziemlich unbeachtet ist. Das bietet die<br />

Möglichkeit, sich in der Community einen<br />

Namen zu machen und von Weiterempfehlungen<br />

langfristig zu profitieren. Weitere<br />

Vorteile sind zudem der persönliche Kontakt<br />

mit den unterschiedlichsten Menschen<br />

und das Aneignen von zusätzlichem Wissen.<br />

In der Beratung muss das Rad nicht neu<br />

erfunden werden: „Die Fragen der Zielgruppe<br />

sind ähnlich und drehen sich vor<br />

allem um die eigene finanzielle Situation,<br />

mögliche Lücken in der Vorsorge oder Risikoabsicherung,<br />

Familienplanung und die<br />

Absicherung von Lebenspartnern“, weiß<br />

Hans-Peter Nehmer, Leiter Unternehmenskommunikation<br />

und Sustainability bei der<br />

Allianz Suisse. Allerdings müssen die Strategie<br />

und Herangehensweise womöglich<br />

andere sein: „So möchte ein schwules Paar<br />

mit Kinderwunsch vielleicht eher für eine<br />

Leihmutterschaft sparen als für eine Eigentumswohnung“,<br />

erklärt Schröders. Transsexuelle<br />

Menschen müssen bei der Wahl<br />

von BU- und LV-Policen andere Kriterien<br />

und Regelungen beachten, wenn sie etwa<br />

eine Geschlechtsumwandlung erwägen.<br />

Berater und Makler, die sich die LGBTQ+<br />

Community erschließen wollen, sollten:<br />

1. die Begrifflichkeit und Geschichte der<br />

LGBTQ+ Community kennen und wissen,<br />

wofür sie steht. Der Christopher Street Day<br />

ist eine Demonstration und kein Karneval.<br />

2. fachliche und rechtliche Belange der<br />

LGBTQ+ Community auf dem Schirm haben,<br />

wie Kinderwunsch-Thematik, Geschlechtsumwandlung<br />

und Besonderheiten einer<br />

gleichgeschlechtlichen Beziehung.<br />

3. Das richtige Mindset ist essenziell: das<br />

Angenommenwerden spielt eine große<br />

Rolle.<br />

SPEZIFISCHE THEMEN ALS<br />

ANKNÜPFUNGSPUNKTE<br />

Klar ist: Wer sich als Berater an die LGBTQ+<br />

Community richtet, sollte gewisse Themen<br />

und Fragen auf dem Schirm haben, die spezifisch<br />

für die Klientel sind. Beispielsweise<br />

wer bei einer Geschlechtsumwandlung die<br />

Kosten trägt und was Trans-Menschen<br />

beachten sollten. Oder was eine gleichgeschlechtliche<br />

Partnerschaft oder Ehe steuerrechtlich<br />

für die gemeinsamen Finanzen<br />

bedeutet. Oder was es bei der Vorsorge und<br />

Absicherung des Lebenspartners zu beachten<br />

gilt. Denn hier sind queere Menschen<br />

oft im Nachteil: „Viele LGBTQ+-Kunden<br />

genießen nicht die rechtlichen und steuerlichen<br />

Vorteile, die eine formelle Ehe bietet,<br />

und selbst wenn ein Eheschutz besteht,<br />

wird dies außerhalb des Heimatlandes<br />

möglicherweise nicht anerkannt“, wissen<br />

die Experten von Equity Wealth, einem Finanzspezialisten<br />

aus Großbritannien, der<br />

seine Angebote gezielt an die LGBTQ+<br />

Community adressiert.<br />

Weitere Themen, die bei etlichen Menschen<br />

aus der queeren Community<br />

<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22<br />

45


ZIELGRUPPEN LGBTQ+ Community<br />

»Bedürfnisse und No-Gos kennen«<br />

SHARIF ALTWAL, Gründer von Darna Immobilien, Berlin<br />

<strong>procontra</strong>: Warum ist eine Immobilienberatung<br />

nötig, die sich gezielt an queere Menschen<br />

richtet?<br />

Sharif Altwal: Leider sind wir in Deutschland<br />

mit viel Rassismus konfrontiert. Viele<br />

Vermieter*innen würden eine Transgender-Person<br />

nicht akzeptieren, weil es viel zu kompliziert<br />

ist mit den Namen, dem Geschlecht und der<br />

Anrede. Auf diese Weise verlieren viele dieser<br />

Menschen ihre Chancen, ein Zuhause zu finden.<br />

Wir sehen sehr deutlich, wie sehr eine solche<br />

Agentur benötigt wird. Die Menschen können bei<br />

uns so unterschiedlich sein, wie sie mögen, und<br />

werden dennoch richtig angesprochen und mit<br />

einem sicheren Zuhause unterstützt.<br />

<strong>procontra</strong>: Wann haben Sie Ihr Angebot gestartet?<br />

Altwal: Wir haben Darna Immobilien Anfang<br />

2019 eröffnet, und die Idee des Unternehmens<br />

entstand, als wir sahen, dass niemand für die<br />

queere Community da ist, um ihnen ein Zuhause<br />

zu geben und ihnen bei ihren Immobilienträumen<br />

und -zielen zu helfen. Es war die erste queere<br />

Immobilienagentur in Europa, die in Berlin gegründet<br />

wurde.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie ist die bisherige Resonanz?<br />

Altwal: Wir haben so viele Kunden aus allen<br />

Gemeinden, die mit uns zusammenarbeiten<br />

möchten, und wir arbeiten auch gerne mit ihnen<br />

zusammen. Ich bin mir sicher, dass jede Immobilienagentur<br />

eine Warteliste mit Hunderten von<br />

Kunden hat, die nach Unterkünften suchen. Wir<br />

erhalten jeden Monat viele Hundert Anfragen.<br />

<strong>procontra</strong>: Ist eine vollständige Fokussierung<br />

auf die Zielklientel sinnvoll?<br />

Altwal: Das hängt vom Makler ab. Eine Zielgruppe<br />

zu haben ist eine wunderbare Sache, aber<br />

man sollte sich meiner Meinung nach nicht nur<br />

auf eine Gruppe beschränken. Es ist gut, Ihre<br />

Zielgruppe zu kennen, die Ihre professionelle<br />

Hilfe braucht und weiß, dass Sie einer von ihnen<br />

sind und sie mit Ihnen sie selbst sein können.<br />

<strong>procontra</strong>: Worauf müssen Makler bei der Zielklientel<br />

besonders achten?<br />

Altwal: Jeder Makler mit einer bestimmten<br />

Zielgruppe muss die besonderen Bedürfnisse<br />

und Wünsche dieser Gruppe verstehen. Was ist<br />

für diese Personengruppe ein entscheidender<br />

Wendepunkt, was schätzen sie und was ist für<br />

sie ein No-Go? Der Schlüssel zum Erfolg liegt<br />

hier darin, all diese Bedürfnisse zu spüren und<br />

für ihre Kunden da zu sein.<br />

<strong>procontra</strong>: Ihre Pläne für die Zukunft?<br />

Altwal: Wir werden stetig wachsen. Wir haben<br />

unser Büro in Berlin-Schöneberg und haben<br />

gerade unser zweites Büro in Potsdam eröffnet.<br />

Wir freuen uns, dass das Unternehmen hauptsächlich<br />

durch Mundpropaganda wächst, und<br />

wir freuen uns, in andere Teile Deutschlands zu<br />

expandieren.<br />

hoch auf der Agenda stehen, sind zudem<br />

Familienplanung und Kinderwunschbehandlung.<br />

Oder Leihmutterschaft in<br />

einer Regenbogen-Familie sowie deren<br />

Absicherung, Finanzierung und eine damit<br />

einhergehende Erbschaftsplanung. Auch<br />

hier stehen andere Fragen und Bedürfnisse<br />

im Mittelpunkt, als das bei Hetero-Paaren<br />

der Fall ist. Etwa Rechtsfragen bei der Stiefkindadoption<br />

oder das Thema Nachversicherung<br />

beim Kind.<br />

„Um das Beste herauszuholen, ist ein<br />

umfassender, ganzheitlicher Blick auf die<br />

individuelle Lebenssituation und das jeweilige<br />

Lebenskonzept essenziell“, bringt<br />

Finanzexpertin Schröders es auf den Punkt.<br />

In ihrer eigenen Beratung setzt sie dies mit<br />

einem Gutachten um, in dem sämtliche relevanten<br />

Bereiche abgefragt werden: „So<br />

ergibt sich ein großes und stimmiges Gesamtbild<br />

der Finanzen.“<br />

BUNTE ZUKUNFTSMUSIK UND VISIONEN<br />

Obwohl Schröders ihre Finanzberatung für<br />

die queere Community erst vor wenigen<br />

Monaten gestartet hat, zieht sie bereits eine<br />

positive Bilanz. Die ersten Kunden sind gewonnen<br />

und die mediale Aufmerksamkeit<br />

befeuert die Sensibilisierung für die Zielklientel.<br />

Trotzdem steckt der Markt der queeren<br />

Finanzberatung noch in den Kinderschuhen<br />

und hat noch viel Luft nach oben, ist<br />

Schröders überzeugt. Darum sucht sie mit<br />

Blick auf das eigene Geschäft gezielt nach<br />

Vermittlern und anderen Finanzakteuren,<br />

um ein breites Netzwerk aufzubauen. Der<br />

queeren Zielgruppe müssen diese nicht angehören.<br />

„Das ist ja kein Qualitätsmerkmal,<br />

wichtiger sind ein echtes Interesse an<br />

der Zielgruppe und Verständnis für deren<br />

Themen, sowie Einfühlungsvermögen und<br />

Taktgefühl“, betont Schröders.<br />

FAKTEN ZUR ZIELGRUPPE<br />

Rund sechs Millionen Menschen in<br />

Deutschland zählen zur LGBTQ+ Community<br />

Jährliche Kaufkraft liegt<br />

bei 151 Milliarden Euro<br />

Jährliche Kaufkraft (Europa):<br />

950 Milliarden US-Dollar<br />

Sensibilisierung für<br />

Zielklientel-Themen ist ein Muss<br />

Diskriminierung in vielen<br />

Bereichen ist noch immer Alltagsrealität<br />

46 <strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22


Concordia ANZEIGE<br />

Concordia mit der Bestnote »Exzellent«<br />

im BVK-Rating ausgezeichnet<br />

Die Concordia Versicherungen überzeugen seit über 150 Jahren mit ihrem persönlichen Vertrieb vor Ort.<br />

Bei der aktuell durchgeführten Untersuchung „Fairness für Versicherungsvertreter“ konnte die tradition s reiche<br />

Versicherungsgesellschaft nun mit der Bestnote „Exzellent“ glänzen.<br />

Vertriebsvorstand Lothar See reagiert<br />

erfreut auf das Spitzenergebnis.<br />

»Es ist ein tolles Zeichen einer<br />

vertrauensvollen und partnerschaftlichen<br />

Zusammenarbeit, dass unsere<br />

Agenturen unsere Anstrengungen<br />

zur Unterstützung unserer Vertriebspartner<br />

so stark wertschätzen.<br />

Unser Erfolgsrezept als mittelständischer<br />

Versicherer zeichnet<br />

sich durch besondere Nähe aus,<br />

sowohl zu unseren Kunden als auch<br />

zu unseren Vermittlern.«<br />

Seit 2009 stellt der BVK in seinem Unternehmensrating<br />

„Fairness für Versicherungsvertreter“<br />

die Frage, wie fair Versicherer<br />

mit ihren Exklusiv- Vermittlern umgehen.<br />

Um diese Frage alljährlich zu beantworten,<br />

werden Agenturinhaber mittels einer umfassenden<br />

Onlinebefragung über die Qualität<br />

der Zusammenarbeit mit ihren jeweiligen<br />

Versicherungsgesellschaften befragt. Parallel<br />

erfolgt ein Management-Audit, in dem<br />

umfangreiche Fragen zu beantworten sind.<br />

Abschließend wird die Gesamtbeurteilung<br />

durch einen neutralen Expertenbeirat<br />

festgelegt. Die Concordia Versicherungen<br />

konnte <strong>2022</strong> in allen Punkten glänzen und<br />

sich so die Bestnote sichern.<br />

Die Fairness der Gesellschaft wird<br />

in fünf Teilbereichen gemessen:<br />

Vertriebspolitik des Versicherers: Sehr gut!<br />

Wer hohen Wert auf unternehmerische<br />

Freiheit legt, ist bei Concordia bestens<br />

aufgehoben. So gaben 97 Prozent der Vermittler<br />

an, bei Concordia selbstständig und<br />

unternehmerisch handeln zu können. Ein<br />

guter Beleg hierfür ist auch die steigende<br />

Anzahl von Agenturen, die durch ihren eigenen<br />

unternehmerischen Erfolg in höhere<br />

Karrierestufen gewachsen sind.<br />

Provisionen und Gegenleistungen:<br />

Exzellent!<br />

Das Agentureinkommen bei Concordia<br />

stimmt. 91 Prozent der Vermittler bestätigen,<br />

dass die Höhe der Provisionssätze einen<br />

auskömmlichen Agenturbetrieb ermöglicht.<br />

Verhandlungen bei Provisionsänderungen<br />

oder Agenturvertragsänderungen werden<br />

als sehr kooperativ erlebt.<br />

Allgemeine Vermittlerunterstützung<br />

und -betreuung: Sehr gut!<br />

Concordia liefert passende Vertriebsimpulse,<br />

fachliche Unterstützung durch <strong>Spezial</strong>isten<br />

und regionale Marketingunterstützung. Die<br />

Mehrheit der Vermittler ist von der Unterstützung<br />

durch den angestellten Außendienst<br />

der Concordia begeistert. Parallel gibt<br />

es bei Concordia ein umfangreiches Ausund<br />

Weiter bildungsprogramm, das durch<br />

interne Trainer und externe <strong>Spezial</strong>isten<br />

Produkt-, Vertriebs- und Agenturführungswissen<br />

vermittelt.<br />

Innendienstunterstützung und -betreuung<br />

für die Vermittler: Exzellent!<br />

Bei Concordia finden Vertreter im Innenvertrieb<br />

kein Callcenter, sondern unterstützende<br />

fachkundige KollegInnen, deren<br />

Erreichbarkeit sich stetig weiter verbessert.<br />

Eine in den letzten Jahren spürbar ausgebaute<br />

Schnelligkeit des Innendienstes bei<br />

der Bearbeitung von Anliegen und eine<br />

hohe Einsatzbereitschaft und Fachkompetenz<br />

begeistern die Vertreter der Concordia.<br />

Kundenorientierung des Versicherers:<br />

Exzellent!<br />

Nahezu alle befragten Vermittler bekräftigen,<br />

dass die Kunden mit dem Versicherer<br />

Concordia zufrieden sind und die Marke einen<br />

guten Ruf bei den Kunden genießt. Dies<br />

führt zu einer hohen Kundentreue und einer<br />

überdurchschnittlichen Cross-Selling-Quote,<br />

die durch die umfassende Produktvielfalt<br />

weiter gestärkt wird. Der Vertreter fungiert<br />

hierbei als täglicher Markenbotschafter der<br />

Concordia vor Ort.<br />

Das exzellente Ergebnis zeigt die hohe Qualität<br />

der Zusammenarbeit der Concordia mit<br />

ihren Vermittlern, von denen 149 Agenturinhaber<br />

an der Befragung teilgenommen<br />

haben. Eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe,<br />

von der beide Seiten profitieren. Für<br />

Berufs einsteiger oder veränderungswillige<br />

Agenturen, die auf der Suche nach einem<br />

neuen Versicherungspartner sind, sollte<br />

diese Bewertung ein wertvoller Hinweis sein.<br />

3


ZIELGRUPPEN Existenzgründer<br />

GUTE GRÜNDE FÜR GRÜNDER<br />

Unternehmensgründer scheitern selten an ihrer Geschäftsidee, sondern eher an dem<br />

Papierkrieg mit Behörden oder ihrer Strategie. Finanzberater können Risiken der<br />

Existenzgründung deutlich minimieren.<br />

– TEXT: ERIKA NEUFELD –<br />

Mehr Menschen wagen wieder den Sprung<br />

in die Selbstständigkeit. Eine aktuelle Auswertung<br />

des KfW-Gründungsmonitors<br />

zeigt: Im Jahr 2021 gab es bundesweit insgesamt<br />

607.000 Existenzgründungen. Das<br />

sind etwa 70.000 Gründer mehr als noch<br />

2020. Neugründungen klettern dabei auf<br />

den Rekordwert von 85 Prozent. Der positive<br />

Trend hielt auch im ersten Quartal<br />

<strong>2022</strong> an: Insgesamt wurden in Deutschland<br />

Neugründungen von 35.000 größeren und<br />

36.700 kleineren Unternehmen gezählt.<br />

Auch für Berater bieten Existenzgründer<br />

als Zielklientel attraktive Aussichten<br />

und Anknüpfungspunkte. Denn gerade am<br />

Anfang einer Geschäftsaufnahme sind viele<br />

überfordert und laufen Gefahr, in potenzielle<br />

Stolperfallen zu tappen. Und davon<br />

gibt es einige, wie die bayerische Industrieund<br />

Handelskammer in ihrer Broschüre<br />

„Erfolgreich gründen“ aufzeigt. Demnach<br />

scheitert jeder zweite Gründer spätestens<br />

nach vier Jahren.<br />

Fakt ist: Existenzgründungen sind immer<br />

mit Risiken verbunden. An der Qualität der<br />

Geschäftsidee liegt das nicht zwangsläufig.<br />

Vielmehr ist es so, dass gute und ausgereifte<br />

Ideen in der Praxis oft auch fehlschlagen,<br />

weil die Vorbereitung und Strategie signifikante<br />

Schwächen aufweisen. Als Konsequenz<br />

kommt es häufiger zu vermeidbaren<br />

Anfängerfehlern. Hier können Berater ansetzen.<br />

Denn mit einer gründlichen und<br />

professionellen Situationsanalyse lassen<br />

sich diese Risiken deutlich minimieren und<br />

Stolperfallen umgehen. Auch wenn die<br />

Zielklientel zu Beginn meist eher wenig in<br />

die Kasse spülen dürfte, bietet sie die Aussicht<br />

auf größere Geschäftsabschlüsse in<br />

der Zukunft. Ein weiteres Ass, das Finanzberater<br />

aus dem Ärmel zaubern können:<br />

Finanzberatungen für Gründer mittelstän-<br />

48 Illustration: Roman Kulon


Existenzgründer ZIELGRUPPEN<br />

Bürokratie<br />

Kaufm. Kenntnisse<br />

Belastung von Familie<br />

Kundenzugang<br />

Finanzielles Risiko<br />

Fehlende Mitarbeiter<br />

Opportunitätskosten<br />

Konjunktur<br />

Abstiegsangst bei Scheitern<br />

Unausgereifte Geschäftsidee<br />

Fachliche Qualifikation<br />

Fehlende Finanzierung<br />

Zugang zu Fördermitteln<br />

Fehlende Lieferanten<br />

Fehlende Mitbegründer<br />

Zu hohes Alter<br />

11<br />

11<br />

11<br />

12<br />

11<br />

12<br />

11<br />

12<br />

DURCHSCHNITTSALTER VON GRÜNDERN<br />

32<br />

37<br />

2020 2021<br />

31<br />

35<br />

19-29 Jahre 30-39 Jahre 40-49 Jahre 50-64 Jahre<br />

Angaben in % Quelle: KfW-Gründungsmonitor <strong>2022</strong><br />

discher Unternehmen werden vom Staat<br />

oder Land sogar bezuschusst, sofern die<br />

Voraussetzungen, wie etwa die Befähigung<br />

des Finanzberaters, vorliegen. Je nach Bundesland<br />

werden zwischen 50 und 80 Prozent<br />

der anfallenden Beraterkosten übernommen.<br />

3<br />

17<br />

WORAN GRÜNDER SCHEITERN<br />

5<br />

5<br />

5<br />

12<br />

6<br />

7<br />

9<br />

20<br />

12<br />

16<br />

13<br />

14<br />

15<br />

16<br />

17<br />

18<br />

17<br />

18<br />

19<br />

22<br />

23<br />

24<br />

24<br />

25<br />

29<br />

PERSÖNLICHE EIGNUNG HINTERFRAGEN<br />

Ob durch Neugründung oder durch Übernahme<br />

und Nachfolge – bei der Existenzgründung<br />

stehen stets dieselben Fragen und<br />

Herausforderungen im Raum, die Gründer<br />

zu bewältigen haben, erläutert Finanzberater<br />

Mirco Meyer vom KompetenzZentrum<br />

Kastellaun. Meyer und seine Kollegen haben<br />

sich seit ihrem eigenen Unternehmensstart<br />

im Jahr 2008 auf die Beratung von<br />

Existenzgründern spezialisiert, nachdem<br />

sie das Potenzial der Zielklientel erkannt<br />

haben. Ihre Erfolgsbilanz kann sich sehen<br />

lassen: von den rund 400 Unternehmensgründungen,<br />

die sie seither begleitet haben,<br />

sind bis heute fast alle noch am Markt.<br />

„Existenzgründer sind in den meisten Fällen<br />

voller Herzblut und können es gar nicht<br />

erwarten, loszulegen“, beobachtet Meyer.<br />

Dennoch müssten sie oftmals zunächst gebremst<br />

werden, um eine fundierte Aufnahme<br />

und Planung des Vorhabens vornehmen<br />

zu können. Hier können Berater einhaken.<br />

In seinen eigenen Erstgesprächen, die<br />

Meyer kostenlos anbietet, stehen neben<br />

40<br />

TIPPS VOM SPEZI<br />

MIRCO MEYER,<br />

KompetenzZentrum Kastellaun<br />

1. Planen Sie erfolgreiche Vorhaben genau –<br />

hier geht Sorgfalt vor Schnelligkeit!<br />

2. Planen Sie aber nicht nur Zahlen –<br />

sondern auch Marketing und Vertriebskonzepte<br />

und die Möglichkeiten der sozialen<br />

Medien: Schaffen Sie gemeinsam mit Ihrem<br />

Klienten Sichtbarkeit für sein Unternehmen!<br />

3. Unterstützen Sie Ihren Klienten darin,<br />

zum Unternehmer zu werden, der mehr an<br />

als in seinem Unternehmen arbeitet.<br />

Fragen zum Alleinstellungsmerkmal und<br />

den Marktchancen des geplanten Business<br />

auch die fachliche und persönliche Eignung<br />

des Gründers im Fokus. So provoziert er<br />

seine Klienten gern mit Fragen wie: Steht<br />

der Lebenspartner hinter dem Vorhaben?<br />

Ist die Businessidee wirklich so gut, wie<br />

sie klingt? Und sind die Vorstellungen von<br />

der Selbstständigkeit überhaupt realistisch?<br />

Sind Sie psychisch dazu in der Lage, Krisenzeiten<br />

zu überstehen? Fragen, die die<br />

Ratsuchenden zunächst überraschen, aber<br />

schnell zur Kernfrage führen: Bin ich wirklich<br />

bereit, Unternehmer zu werden? Mit<br />

derartigen Fragen zielen Berater zwar aufs<br />

Eingemachte und fordern Exis tenzgründer<br />

heraus – bauen aber parallel auch eine Brücke<br />

zur Berufsrealität und zu den Hürden<br />

des Alltags. Auch wenn sich manche Fragen<br />

zunächst vielleicht etwas harsch und<br />

übergriffig anhören, dienen sie letztlich nur<br />

dazu, potenziellen Kunden ihr Ziel und<br />

seine Umsetzbarkeit aufzuzeigen. Das lässt<br />

sich als Mehrwert hervorheben: Ehrlichkeit<br />

statt Honig um den Mund schmieren.<br />

Zur Peitsche kommt aber auch das Zuckerbrot.<br />

So weist Meyer seine Klienten<br />

gleich zu Beginn einer Beratung auch auf<br />

die verschiedensten Fördermöglichkeiten<br />

hin. Denn neben dem Beratungskostenzuschuss<br />

gibt es eine ganze Reihe an<br />

<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22<br />

49


ZIELGRUPPEN Existenzgründer<br />

»Existenzgründer sind<br />

dankbare Klienten«<br />

TINA MARQUART, Beraterin bei der Finanzberatung Dr. Schlemann<br />

BUSINESSPLAN:<br />

DO-IT-YOURSELF-LÖSUNGEN SIND RISKANT<br />

In seinem eigenen Unternehmen hält es<br />

Meyer wie folgt: Erst wenn alle Beteilig ten<br />

vom Vorhaben überzeugt und die Anträge<br />

auf Förderungen gestellt sind, geht es ans<br />

Eingemachte: die nachhaltige Planung von<br />

Business, Finanzen und Liquidität. Zwar<br />

haben die allermeisten der Ratsuchenden<br />

in Meyers Praxis zuvor im Internet recherweiteren<br />

Zuschüssen und Förderungen<br />

für Existenzgründer der jeweiligen Bundesländer<br />

sowie Branchen. Ein Beispiel<br />

hierfür ist das sogenannte Startgeld, mit<br />

dem die KfW-Förderbank Existenzgründer<br />

mit attraktiven Darlehen fördert. Weitere<br />

Zuschüsse sind zudem auch im Bereich<br />

Digitalisierung oder digitale Geschäftsprozesse<br />

möglich. „Diese müssen alle noch vor<br />

Maßnahmenbeginn geprüft und beantragt<br />

werden“, erklärt Meyer. Berater, die sich<br />

gezielt an Existenzgründer richten, sollten<br />

sich über vorhandene Förderprogramme<br />

auf dem Laufenden halten und in ihre Beratung<br />

integrieren. Im Idealfall ergibt sich<br />

<strong>procontra</strong>: Frau Marquart, Sie beraten Existenzgründer<br />

rund um das Thema Selbstständigkeit.<br />

Was macht diese Gruppe für Sie als Beraterin so<br />

attraktiv?<br />

TIna Marquart: Bei der Beratung von Existenzgründern<br />

stehen nicht Produkte im Vordergrund,<br />

sondern der individuelle Traum des Mandanten<br />

von seiner Selbstständigkeit. Als Berater<br />

begleiten wir ihn dabei, genau diesen Traum zu<br />

erfüllen. Das macht die Beratung ausgesprochen<br />

abwechslungsreich und spannend. Eine<br />

weitere motivierende Komponente: Existenzgründer<br />

wissen die Unterstützung in aller Regel<br />

zu schätzen. Sie sind sehr dankbare Klienten.<br />

<strong>procontra</strong>: Wo liegen hier die Herausforderungen<br />

für Berater?<br />

Marquart: Die Beratungen von Existenzgründern<br />

sind sehr umfangreich und komplex. Wir beraten<br />

in der Regel ja nicht nur zu einem Teilaspekt,<br />

sondern unterstützen unsere Mandanten meist<br />

auf dem gesamten Weg hin zur Selbstständigkeit.<br />

Da stehen viele unterschiedliche Fragen im<br />

Raum, zu denen wir dann konkrete Lösungen<br />

bieten, die immer auch perfekt ineinandergreifen<br />

müssen. Um diese zu finden, setzen wir unter<br />

anderem auf die enge Zusammenarbeit mit<br />

Steuerberatern, Rechtsanwälten und Bankberatern.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie können sich Berater von der<br />

Konkurrenz abheben?<br />

Marquart: Ein entscheidendes Alleinstellungsmerkmal<br />

ist insbesondere ein starkes Netzwerk<br />

mit anderen beratenden Berufsgruppen.<br />

Bestehen gute Kontakte zu Steuerberatern,<br />

Rechtsanwälten und Bankberatern, lassen sich<br />

zügiger wirksame und passende Lösungen für<br />

die Mandanten finden. Nicht zu unterschätzen<br />

in puncto Wettbewerbsfähigkeit sind zudem<br />

Erfahrungen und die Expertise des Beraters. <br />

daraus eine Win-win-Situation für die Zukunft.<br />

Die Existenzgründer profitieren von<br />

Fördergeldern und werben im Gegenzug<br />

für die professionelle Beratung.<br />

chiert und scheinen gut informiert. Wie und<br />

in welcher Reihenfolge sie aber vorgehen<br />

sollen, wissen sie meist nicht. Statt Eigeninitiative<br />

zu zeigen und das Besondere an<br />

ihrer Geschäftsidee gezielt hervorzuheben<br />

und anzupreisen, setzen viele auf vorgefertigte<br />

Businesspläne aus dem Internet. Das<br />

schmälere nicht nur die Chance, mit einer<br />

individuellen Note positiv aufzufallen, sondern<br />

sei auch an anderer Stelle viel zu kurz<br />

gedacht, meint Tina Marquart, Finanzberaterin<br />

bei der unabhängigen Finanzberatung<br />

Dr. Schlemann in Köln, die bundesweit<br />

Existenzgründer und Start-ups berät: „Eine<br />

Existenzgründung ist kein Hauskauf. Es<br />

reicht nicht aus, eine Bank zu finden, die das<br />

Projekt finanziert.“ Vielmehr sind schon bei<br />

der Gründung diverse wirtschaftliche Faktoren<br />

zu berücksichtigen, wie das Beispiel<br />

Ärzte zeigt: Hier stehen neben der Auswahl<br />

der richtigen Praxis, der kassenärztlichen<br />

Zulassung und Versicherungen auch der<br />

Kauf- oder Mietvertrag, Kooperationsvereinbarungen<br />

mit Steuerberater, Rechtsanwalt<br />

und Banken bis hin zu Marketing und<br />

Datenschutz auf der Agenda. Da helfen vorgefertigte<br />

Vorlagen aus dem Internet kaum<br />

– ein Punkt, auf den Berater ihre Existenzgründer-Kunden<br />

gezielt hinweisen sollten.<br />

Dazu kommt, dass es neben dem notwendigen<br />

Know-how oft auch noch an einem<br />

Netzwerk fehlt, wie Marquart in der Praxis<br />

wiederholt beobachtet hat. Umso wichtiger<br />

sei es für Gründer, einen Ansprechpartner<br />

zu haben, der sich um die Koordination der<br />

verschiedenen Teilprojekte kümmert – eben<br />

einen professionellen Berater.<br />

KASSENSTURZ AUCH BEI DEN<br />

PRIVATEN FINANZEN<br />

Bei einer Existenzgründung dreht sich zudem<br />

nicht alles nur um die Firma. Auch<br />

die privaten Finanzen des Inhabers spielen<br />

eine wichtige Rolle, weiß Marquart. Gemeinsam<br />

mit ihren Mandanten macht sie<br />

deshalb zu Beginn der Beratung einen Kassensturz<br />

und erstellt eine Übersicht über die<br />

aktuellen Finanzen, Lebenshaltungskosten<br />

und bestehenden Versicherungen. „Das A<br />

und O der persönlichen Finanz- und Liquiditätsplanung<br />

sind die wichtigsten Absicherungen“,<br />

erklärt sie. Dazu zählt Marquart<br />

neben einer guten Berufshaftpflicht und<br />

Betriebsunterbrechung auch den Abschluss<br />

einer Rechtsschutzversicherung. „Bei einer<br />

Existenzgründung werden unglaublich<br />

viele Verträge geschlossen“, betont sie. Bei<br />

50 <strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22


Existenzgründer ZIELGRUPPEN<br />

Vertragsverletzungen wird dann meist ein Rechtsbeistand<br />

benötigt – und guter Rat kann teuer werden. Darüber<br />

hinaus, so Marquart, sollte der Berater den Fokus<br />

vor allem auf die Absicherung der Person richten.<br />

Besonders wichtig sei es, die Arbeitskraft durch eine<br />

Berufsunfähigkeitsversicherung und eine Krankentagegeldversicherung<br />

abzusichern. Berater sollten dabei<br />

darauf achten, dass sich diese perfekt ergänzen. „So<br />

kann sichergestellt werden, dass der Gründer bei längerer<br />

Krankschreibung nicht seine Existenz verliert“,<br />

erklärt Marquart.<br />

HAFTUNGSRISIKO MINIMIEREN<br />

Bevor jedoch sämtliche Versicherungen abgeschlossen<br />

werden, sei es für den Berater essenziell, den konkreten<br />

und individuellen Bedarf seines Klienten zu ermitteln,<br />

erklärt die Finanzberaterin. So seien etwa bei der Höhe<br />

der Berufsunfähigkeitsrente nicht nur private Ausgaben<br />

inklusive Kreditraten einzukalkulieren, sondern<br />

auch Beiträge zu Krankenversicherung und Altersvorsorge.<br />

„Ist der Mandant unterversichert, kann das<br />

im Zweifel nicht nur für diesen böse ausgehen“, erklärt<br />

Marquart. Werden dem Berater Beratungsfehler<br />

nachgewiesen, kann er dafür in Regress genommen<br />

werden. Gerade deshalb, um Missverständnisse und<br />

Haftungsfälle zu vermeiden, dokumentiert Marquart<br />

sowohl den gesamten Beratungsprozess als auch die<br />

Entscheidungen des Mandanten sauber – besonders<br />

dann, wenn ihre Ratschläge nicht beherzigt werden.<br />

Finanzberater Meyer empfiehlt seinen Klienten zu<br />

Beginn der Selbstständigkeit nur das absolut Notwendige<br />

an Versicherungen. Von einem direkten Wechsel<br />

in die private Krankenversicherung rät er sogar ab.<br />

„In vielen Fällen bleiben ‚meine‘ Existenzgründer zu<br />

Beginn freiwillig gesetzlich krankenversichert und freiwillig<br />

in der staatlichen Rente, denn viele haben schon<br />

jahrelang einbezahlt“, führt er aus.<br />

Läuft das Unternehmen und ist der Gründer am<br />

Markt erfolgreich? Dann gibt es später immer noch<br />

eine Vielzahl an Möglichkeiten und Finanzprodukten,<br />

mit denen sich weiteres Vermögen aufbauen lässt. Und<br />

zukünftige Arbeit für Berater.<br />

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FAKTEN ZUR ZIELGRUPPE<br />

Im Jahr 2021 haben sich 607.000 Gründer selbstständig<br />

gemacht (+13 Prozent ggü. 2020)<br />

Davon wählten 236.000 die Selbstständigkeit in Vollzeit.<br />

371.000 gründeten nebenberuflich<br />

31 Prozent der Existenzgründungen sind digital und<br />

41 Prozent internetbasiert<br />

Die Zahl der Gründerinnen zieht an: 2021 wagten 257.000<br />

Frauen eine Existenzgründung (+25 Prozent ggü. 2020)<br />

Unter den Gründern sind immer mehr Jüngere<br />

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<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22<br />

51


ZIELGRUPPEN Best Ager<br />

SICHER IN DEN RUHESTAND<br />

Die Beratung von Senioren ist hochkomplex und individuell.<br />

Dabei gilt es, die unwägbare Rechengröße der tatsächlichen Lebensdauer zu umschiffen.<br />

– TEXT: ANNE MAREILE WALTER –<br />

Der Traum vom eigenen Wohnmobil, die<br />

lang ersehnte Europareise oder der Umzug<br />

in die barrierefreie Stadtwohnung: Mit dem<br />

Abschied aus dem Erwerbsleben rücken<br />

neue Wünsche und Bedürfnisse in den Fokus.<br />

„Der Rentner von heute sitzt nicht nur<br />

zu Hause und wartet darauf, bis ein Flugzeug<br />

am Horizont vorbeizieht“, sagt John<br />

Willhöft, Geschäftsführer der Nordassekuranz<br />

Versicherungsmakler. Willhöft ist auf<br />

die Beratung von Senioren spezialisiert und<br />

greift der Zielgruppe bei der finanziellen<br />

Ausgestaltung des Ruhestands unter die<br />

Arme. Dabei sorgt die immer weiter steigende<br />

Lebenserwartung für besondere Herausforderungen.<br />

„Der Ruhestand macht<br />

mittlerweile ein Drittel der Lebenszeit aus<br />

und dauert damit genauso lang wie ein<br />

komplettes Erwerbsleben. Und diese Zeitspanne<br />

muss ordentlich finanziert werden“,<br />

erklärt der Seniorenberater.<br />

LEBENSSTANDARD FÜR RUHESTAND SICHERN<br />

Nach einer aktuellen Vorausberechnung<br />

des Statistischen Bundesamts wird zwischen<br />

2020 und 2035 die Zahl der Personen<br />

im Rentenalter ab 67 Jahren um 22<br />

Prozent von 16 Millionen auf voraussichtlich<br />

20 Millionen steigen. Parallel nimmt<br />

die Lebenserwartung stetig zu: Männer, die<br />

heute 65 Jahre alt sind, leben noch durchschnittlich<br />

18 Jahre; Frauen sogar mehr als<br />

21 Jahre. Eine Zeitspanne, deren Finanzierung<br />

nicht mit der Ruhestandsplanung<br />

abgeschlossen ist, aber notwendigerweise<br />

damit beginnt. Wer das Risiko einer nicht<br />

mehr zu bewältigenden Versorgungslücke<br />

gering halten will, sollte die finanzielle Planung<br />

des eigenen Ruhestands idealerweise<br />

mit Anfang 50 abgeschlossen haben.<br />

„Die Finanzierung des Ruhestands ist<br />

die größte Investition des Lebens, nicht das<br />

eigene Haus“, betont Ralf Seidenstücker,<br />

52 Illustration: Roman Kulon


Best Ager ZIELGRUPPEN<br />

LIQUIDITÄT DURCH IMMOBILIEN-TEILVERKAUF<br />

RALF SEIDENSTÜCKER,<br />

nucleus AG<br />

TIPPS VOM SPEZI<br />

Wohnrecht<br />

Mieteigentumsanteile<br />

VERKÄUFER<br />

der als Vorstand der nucleus Finanz- und<br />

Versicherungsmakler AG auf die Ruhestandsplanung<br />

und Seniorenberatung von<br />

Freiberuflern spezialisiert ist. Um diese Lebensphase<br />

finanziell zu planen, müssten zunächst<br />

alle anfallenden Ausgaben konkretisiert<br />

werden. „Basis“ und „Komfort“ – bei<br />

der Auflistung der Ausgaben sollten Makler<br />

diese zwei Unterscheidungen berücksichtigen.<br />

Unter „Basis“ subsumieren sich Ausgaben<br />

für Wohnen, Essen, Kleidung. Beim<br />

„Komfort“-Segment steht der Spaßfaktor<br />

im Vordergrund. Tatsächlich würden allerdings<br />

viele Menschen „zu spät aufwachen“,<br />

so der Ruhestandsexperte: „Dann wird der<br />

Aldi-Einkauf zur Luxusveranstaltung.“<br />

Diese Gefahr müssten Berater ihren Kunden<br />

stets vor Augen führen.<br />

Ist die Ruhestandsplanung abgeschlossen,<br />

erfolgt im Rentenalter eine regelmäßige<br />

Anpassung an die Lebensumstände und<br />

den Markt. Dr. Wolfang Kuckertz ist Beiratsvorsitzender<br />

der Initiative Ruhestandsplanung<br />

und versorgt Berater mit den nötigen<br />

Informationen zur Zielgruppe. Er weist<br />

darauf hin: „Wer ins Rentenalter wechselt,<br />

hat in der Regel eine Vielzahl an Verträgen.<br />

Wie werden die Verträge versteuert<br />

und verbeitragt? Welche Ausgaben hat der<br />

Kunde in welchen Phasen des Ruhestands?<br />

Diese Fragen stehen dann im Raum.“ Und<br />

IMMOBILIE<br />

Teilkaufvertrag<br />

Kaufpreis<br />

Nutzungsentgelt<br />

KÄUFER<br />

Quelle: RentePlus immobilie.de<br />

die gelte es in der Beratung zu beantworten.<br />

Was zunächst trivial klinge, sei tatsächlich<br />

voll hochkomplexer Zusammenhänge.<br />

Schließlich baue sich im Ruhestand „das<br />

Vermögen nicht mehr auf“.<br />

ASSISTANCE-LEISTUNGEN WICHTIGER<br />

Letzteres eint zwar als übergeordnetes<br />

Problem die Zielgruppe Senioren – doch<br />

wie Seniorenberater John Willhöft unterstreicht,<br />

zeichne sich die Kundengruppe tatsächlich<br />

durch eine hohe Heterogenität aus.<br />

„Da gibt es den aktiven Rentner, der mit 80<br />

Jahren noch im Boot auf dem Wasser unterwegs<br />

ist. Und dann gibt es auch diejenigen,<br />

»Die Finanzierung<br />

des Ruhestands ist<br />

die größte Investition<br />

des Lebens, das<br />

ist nicht das<br />

eigene Haus.«<br />

RALF SEIDENSTÜCKER, RUHESTANDSPLANER<br />

1. Die Inflations entwicklung berücksichtigen<br />

2. Finanzierung des Ruhestands ist<br />

größeres Projekt als Finanzierung der<br />

eigenen Immobilie.<br />

3. Bei der Auflistung der Ruhestandsausgaben<br />

eine Unterteilung in Basis- und<br />

Komfort-Ausgaben vornehmen<br />

4. Bei der Neuanlage der Altersvorsorge die<br />

individuelle Risikoneigung berücksichtigen<br />

5. Steuerliche Möglichkeiten ausschöpfen,<br />

zum Beispiel durch Vorausbezahlung der<br />

PKV-Beiträge<br />

die zu Hause auf die Postkarte warten.“<br />

Entsprechend personenbezogen fällt die<br />

Beratung aus. Um Versicherungsverträge<br />

und Anlageberatung optimal an die Bedürfnisse<br />

der Zielgruppe anzupassen, wird<br />

der Ruhestand in drei Phasen unterteilt: in<br />

eine aktive, eine passive sowie eine betreute<br />

Phase. Unfall- und Kfz-Police können üblicherweise<br />

in der zweiten und dritten Phase<br />

aufgehoben werden, ebenso der Rechtsschutz.<br />

Assistance-Leistungen bekommen<br />

dagegen ein höheres Gewicht. „Nach einem<br />

Einbruch können Reparaturarbeiten nicht<br />

mehr in Eigenleistung erledigt werden. Da<br />

ist es hilfreich, wenn die Handwerkerleistung<br />

in der Police mit abgedeckt ist“, nennt<br />

Kuckertz ein Beispiel.<br />

Mehr Beratungspotenzial schlummert in<br />

folgenden thematischen Segmenten: auslaufende<br />

Lebensversicherungen, die Wiederanlage<br />

der Altersvorsorge sowie die Entnahme<br />

der Beiträge. „Die meisten Kunden<br />

haben eine Altersvorsorge mit 25 oder 30<br />

Jahren Laufzeit abgeschlossen. Mit 67 Jahren<br />

bekommen sie das Geld ausgezahlt und<br />

stehen dann vor der Frage: Was tun? Sollen<br />

sie das Geld als Einmalanlage, in Form einer<br />

lebenslangen Rente oder in Fonds investieren?“,<br />

erklärt der ebenfalls auf die<br />

<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22<br />

53


ZIELGRUPPEN Best Ager<br />

»Das Vermögen baut sich nicht mehr auf«<br />

DR. WOLFGANG KUCKERTZ, Beiratsvorsitzender der Initiative Ruhestandsplanung<br />

<strong>procontra</strong>: Herr Kuckertz, was sind die Beratungsbedürfnisse<br />

von Senioren?<br />

Wolfgang Kuckertz: Ein vernünftiges Einkommenskonzept<br />

ist in dieser Kundengruppe das<br />

A und O. Bei uns gibt es den Spruch: Der letzte<br />

Scheck des Lebens kann platzen, aber bitte erst<br />

der letzte. Kunden müssen gemeinsam mit dem<br />

Berater schauen, ob ihr Geld für alle Ausgaben<br />

reicht. Der Rest rahmt sich drum herum. Klingt<br />

trivial, ist es aber nicht. Diese Kunden haben in<br />

der Regel eine Vielzahl an Verträgen, die sie im<br />

Laufe ihres Lebens angesammelt haben. Und<br />

dann stehen sie vor der Frage: Wie werden die<br />

Verträge versteuert und verbreitragt? Welche<br />

Ausgaben habe ich in welchen Phasen des<br />

Ruhestands? Das ist tatsächlich sehr schwierig,<br />

und das sind hoch komplexe Zusammenhänge.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie können Berater dafür sorgen,<br />

dass sich bei ihren Kunden im Alter keine Versorgungslücke<br />

auftut?<br />

Kuckertz: Zunächst einmal müssen Altersvorsorge<br />

und Ruhestandsplanung voneinander<br />

unterschieden werden. In der Altersvorsorge ist<br />

der Ruhestand noch sehr abstrakt. Da planen<br />

die Menschen bis zum 66., 67. Lebensjahr und<br />

können sich noch nicht vorstellen, was danach<br />

kommt. Um das 50. Lebensjahr herum ändert<br />

sich das. Meist gibt es dafür ein auslösendes<br />

Moment, beispielsweise den letzten Jobwechsel.<br />

Man spürt, der Ruhestand rückt näher –<br />

dann wird es konkret und es rückt die Frage in<br />

den Fokus: Wo kommt das Geld für die Brötchen<br />

her, wenn ich kein Gehalt mehr bekomme? Neue<br />

Bedürfnisse gewinnen an Bedeutung: Die Kunden<br />

wollen in den Urlaub fahren, ein Wohnmobil<br />

kaufen. Mit Anfang 50 kann man noch gut Vorsorge<br />

treffen. Danach wird es immer schwieriger.<br />

<strong>procontra</strong>: Was wird aus der Rentenplanung im<br />

Alter? Wie können Berater die Zielgruppe der<br />

Senioren adressieren?<br />

Kuckertz: Wenn die Planung erst einmal durch<br />

ist, muss sie während des Ruhestands laufend<br />

korrigiert und angepasst werden – beispielsweise,<br />

weil sich Dinge im Markt oder die Lebenssituation<br />

ändern. Dann müssen Vermögenswerte<br />

umgeschichtet werden. Immerhin hat man mit<br />

65 noch eine Lebenserwartung von gut 20<br />

Jahren. Und das Vermögen wird fortlaufend<br />

geringer, es baut sich im Alter nicht mehr auf.<br />

<strong>procontra</strong>: Und welche Tücken lauern in der<br />

Beratung?<br />

Kuckertz: Es werden bestimmte Dinge einfach<br />

unterschätzt. Dazu gehört die Inflation, die über<br />

die vergangenen Jahre hinweg unterschätzt<br />

worden ist. Und mit der jetzigen Entwicklung hat<br />

niemand gerechnet. Auch die Abgabenlast, die<br />

20 bis 30 Prozent der Einnahmen ausmachen<br />

kann, wird häufig falsch eingeschätzt. Hinzu<br />

kommt: Niemand weiß, wie lange er oder sie<br />

lebt. Die Menschen haben das Risiko, sehr alt zu<br />

werden. Und dieses Risiko müssen sie irgendwie<br />

absichern.<br />

Seniorenberatung spezialisierte Makler<br />

Matthias Eichhorn. Den Kapitalfluss des<br />

angesammelten Kapitals aufrechterhalten<br />

– das sei der Schwerpunkt in der Beratung<br />

von Senioren.<br />

LEBENSDAUER ALS STOLPERFALLE<br />

IN DER BERATUNG<br />

Stolperfallen ergeben sich in der kaum zu<br />

quantifizierenden Rechengröße der tatsächlichen<br />

Lebensdauer. So liefern die Prognosen<br />

des Statistischen Bundesamts zur<br />

Lebenserwartung nur vage Kennziffern,<br />

die allenfalls Orientierung bieten. „Für das<br />

Individuum ist der statistische Wert irrelevant“,<br />

hebt Wolfgang Kuckertz von der<br />

Initiative Ruhestandsplanung hervor. „Was<br />

nützt es mir, dass die Menschen im Schnitt<br />

80 Jahre alt werden, wenn ich selbst 120<br />

werde?“ Jeder Mensch habe das „Risiko“,<br />

sehr alt zu werden – und dieses müsse abgesichert<br />

werden.<br />

Eine besonders beliebte Methode, um im<br />

Rentenalter neues Kapital zu bilden, ist der<br />

Teilverkauf der eigenen Immobilie. Bei dieser<br />

Methode werden bis zu 50 Prozent des<br />

Eigenheims zum aktuellen Marktwert an<br />

ein entsprechendes Portal veräußert. Eigentümer<br />

können ihre Immobilie so weiter bewohnen,<br />

vermieten oder vererben – sie können<br />

sie aber auch mit dem neu gewonnenen<br />

Miteigentümer weiterverkaufen. Das hat<br />

den Vorteil, dass die Teilverkäufer im gewohnten<br />

Lebens- und Wohnumfeld bleiben<br />

können und zeitgleich Liquidität gewinnen,<br />

um sich die verbleibenden Wünsche und<br />

Träume erfüllen zu können. Nach Angaben<br />

des Teilverkauf-Portals wertfaktor ist ein<br />

Großteil der verkaufenden Immobilieneigentümer<br />

Rentner. <br />

FAKTEN ZUR ZIELGRUPPE<br />

Steigende Lebenserwartung macht die<br />

Finanzierung des Ruhestands komplex<br />

Vielzahl von Verträgen muss versteuert<br />

und verbeitragt werden<br />

Beratung sollte sich an individuellen<br />

Bedürfnissen, aber auch an der jeweiligen<br />

Phase des Ruhestands orientieren<br />

Abgeschlossene Ruhestandsplanung<br />

während des Rentenbezugs regelmäßig<br />

aktualisieren<br />

Inflationsentwicklung erschwert<br />

die Berechnung<br />

54 <strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22


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FINANZEN<br />

1<br />

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8<br />

9<br />

10<br />

Das freie Finanzmagazin<br />

{<br />

[Titelthema]<br />

<br />

[Subline]Datenklau.<br />

Betriebsunterbrechung<br />

& digitale.<br />

Erpressung<br />

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2018<br />

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#03 | 2018<br />

Juni / Juli 2018<br />

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Riester-Reform<br />

Warum ein standardisiertes<br />

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sein kann<br />

Im Gespräch<br />

Experten-Roundtable<br />

– Wie Makler die<br />

Arbeitskraft ihrer<br />

Kunden sichern<br />

<strong>procontra</strong> – Das freie Finanzmagazin


ZIELGRUPPEN Freiberufler<br />

FREIBERUFLER FREI BERATEN<br />

Versicherungsmakler erhöhen ihre Umsatzchancen nicht nur durch <strong>Spezial</strong>isierung auf Inhalte,<br />

sondern auch auf Zielgruppen. Eine alles andere als homogene Zielgruppe sind Freiberufler.<br />

Wie Makler da punkten<br />

– TEXT: DETLEF POHL –<br />

Freiberufler sollen persönliche, eigenverantwortliche<br />

und fachlich unabhängige<br />

„Dienstleistungen höherer Art“ erbringen.<br />

Ihr Absicherungsbedarf unterscheidet sich<br />

zum Teil dramatisch. Beispiel: Steuerberater<br />

liefern in erster Linie Beratungsleistungen.<br />

Fehler führen naturgemäß nicht<br />

zu Personen- oder Sachschäden, allerdings<br />

können erhebliche geldwerte Nachteile<br />

für die Mandanten entstehen. Solche Vermögensschäden<br />

lassen sich nicht über die<br />

Betriebshaftpflicht abdecken, sondern nur<br />

über eine gesonderte Vermögensschadens-<br />

Haftpflichtversicherung. Für selbstständige<br />

Steuerberater ist sie gesetzlich sogar vorgeschrieben<br />

– die Deckungssumme muss mindestens<br />

250.000 Euro betragen. Ohne Versicherungsschutz<br />

verliert der Steuerberater<br />

seine Zulassung.<br />

Anders bei niedergelassenen Ärzten.<br />

„Dennoch ist jedem Arzt dringend zu raten,<br />

sich hinreichend zu versichern“, mahnt<br />

Rechtsanwältin Andrea Schannath, Justitiarin<br />

des Virchowbunds. Für hinreichend<br />

und risikogerecht bei niedergelassenen und<br />

angestellten Ärzten hält die Axa-Tochter<br />

Deutsche Ärzteversicherung, die bereits<br />

über 100.000 Arzt-Haftpflichtfälle abgewickelt<br />

hat, eine Deckungssumme von 5,0<br />

Millionen Euro für Personen- und Sachschäden<br />

und 1,0 Million Euro für Vermögensschäden.<br />

Innerhalb der Ärzteschaft<br />

können diese Summen – je nach <strong>Spezial</strong>isierung<br />

unter 33 Fachrichtungen – noch deutlich<br />

variieren. Man sieht: Ohne <strong>Spezial</strong>isierung<br />

kommen Makler nicht weit.<br />

In Deutschland gibt es derzeit etwa 1,47<br />

Millionen Freiberufler, darunter 431.000 in<br />

Heilberufen. Freiberufler beschäftigen rund<br />

4,1 Millionen Mitarbeiter und erwirtschaften<br />

etwa 10,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts<br />

(siehe Infografik).<br />

56 Illustration: Roman


Freiberufler ZIELGRUPPEN<br />

SELBSTSTÄNDIGE * IN FREIEN BERUFEN<br />

nach Berufsgruppen<br />

EINSCHÄTZUNG DER<br />

AKTUELLEN GESCHÄFTSLAGE<br />

TIPPS VOM SPEZI<br />

REBEKKA FRÜHBUSS,<br />

Versicherungsmaklerin »Arzt im Blick«<br />

Heilberufe<br />

29 28<br />

Rechts-, Wirtschafts-,<br />

Steuerberater<br />

Schlecht<br />

12,6<br />

45,6<br />

Gut<br />

Kulturberufe<br />

23<br />

20<br />

Technik und<br />

Naturwissenschaft<br />

Befriedigend<br />

41,8<br />

*<br />

jeweils zum 1. Januar <strong>2022</strong>; z. T. vorläufige Ergebnisse.<br />

Daten: Berufsorganisationen und amtliche Statistiken;<br />

eigene Erhebungen, z. T. geschätzt<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

1,0<br />

3,8<br />

ANTEIL DER FREIEN BERUFE AM BIP 1950 BIS 2020<br />

1950 1982 1991 2003 2004 2007 2009 2020<br />

Daten: Statistisches Bundesamt, Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit, z. T. geschätzt anhand eigener Erhebungen, eigene Berechnungen<br />

<br />

Quelle: Institut für Freie Berufe (IFB)<br />

OFT BRINGT BERATUNGSALLTAG<br />

ZIELGRUPPENSPEZIALISIERUNG<br />

Häufig beruht die Zielgruppenspezialisierung<br />

auf der bisherigen Berufserfahrung.<br />

Rebekka Frühbuß, Wirtschaftsberaterin<br />

und Versicherungsmaklerin von „Arzt im<br />

Blick“, berät niedergelassene und angestellte<br />

Ärzte, inzwischen aber nicht nur<br />

zur Risikoabsicherung und Altersvorsorge,<br />

sondern sie begleitet den gesamten beruflichen<br />

Werdegang. Beispiel Altersvorsorge:<br />

Als Arzt oder Mitglied anderer kammerfähiger<br />

freier Berufe wird man automatisch<br />

Mitglied eines berufsständischen Versorgungswerks<br />

– und eben nicht Mitglied der<br />

gesetzlichen Rentenversicherung (GRV).<br />

Die durchschnittliche Bruttorente ist bei<br />

Ärzten mit 2.457 mehr als doppelt so hoch<br />

wie in der GRV. Der Grund: Der Beitrag<br />

richtet sich zwar wie bei der GRV nach<br />

dem Einkommen, fließt aber nicht voll in<br />

eine Umlage, sondern wird überwiegend<br />

kapitalgedeckt für die eigene Rente jedes<br />

Einzahlers investiert.<br />

„Zur berufsständischen Pflichtversorgung<br />

dürfen unabhängige Vermittler nicht<br />

beraten“, weiß Frühbuß. Daher bleiben nur<br />

Basisrente, bAV und private Altersvorsorge.<br />

Die bAV-Beratung für den Arzt lässt sie<br />

meist erst einmal außen vor. Grund: „Viele<br />

Berufseinsteiger, die zunächst angestellt<br />

6,7<br />

9,0<br />

9,2<br />

9,4<br />

10,1<br />

10,3<br />

sind, lassen sich früher oder später mit eigener<br />

Praxis nieder und können dann als<br />

Freiberufler gar keine bAV mehr für sich<br />

selbst nutzen“, so Frühbuß. In Bayern muss<br />

der niedergelassene Arzt nicht nur den<br />

Grundbeitrag von 18 Prozent (bis zur Beitragsbemessungsgrenze)<br />

verpflichtend ins<br />

Ärzte-Versorgungswerk einzahlen, sondern<br />

bei Einkommen über der BBG nochmals<br />

7 Prozent. „Da bleibt vielfach kein finanzieller<br />

Spielraum mehr für weitere Altersvorsorge“,<br />

erklärt die auf Heilwesen spezialisierte<br />

Maklerin. Die Versorgungswerke<br />

investieren in eigener Regie mit regional<br />

unterschiedlichem Ergebnis. Vielfach seien<br />

Rentensteigerungen zuletzt ausgeblieben,<br />

kritisiert die Beraterin (siehe auch Kasten<br />

oben rechts.<br />

Beratungsqualität zählt auch in anderen<br />

Bereichen. So benötigen viele Freiberufler<br />

für den Fall längerer Krankheit ein angemessenes<br />

Krankentagegeld (KTG). Doch<br />

die Bedingungen sind kundenunfreundlich,<br />

hat Fachmakler Frank Dietrich aus Potsdam<br />

schon mehrfach kritisiert (siehe Ausgabe<br />

04/2019). Nun legt er im Interview<br />

nach: „Bei einer zweiten Erkrankung innerhalb<br />

des Jahres dürfte das KTG gekürzt<br />

werden“ (siehe Seite 58). Dies bestätigt eine<br />

Umfrage des Analyseunternehmens Premium<br />

Circle Deutschland unter 28 PKV-An-<br />

Freiwillige Höherversicherung<br />

im Versorgungswerk<br />

1. Versorgungswerke investieren in eigener<br />

Regie und erzielen regional unterschiedliche<br />

Performance.<br />

2. Vorher immer die Jahresberichte der<br />

Versorgungswerke ansehen, ob sich<br />

Höherversicherung überhaupt lohnt<br />

3. Bei Hochrechnungen in den jährlichen<br />

Bescheiden stets prüfen, ob und wie lange<br />

die versprochene jährliche Dynamisierung<br />

der Altersrente tatsächlich erfolgt ist<br />

bietern. Die Herabsetzung droht laut AVB,<br />

wenn der Versicherte im zurückliegenden<br />

vollen Jahr schon Lohnfortzahlung oder<br />

KTG bekam. „Beides zählt vertragsgemäß<br />

nicht als Nettoeinkommen aus beruflicher<br />

Tätigkeit und kann im erneuten Krankheitsfall<br />

abgezogen werden“, kritisiert Geschäftsführer<br />

Hendrik Scherer.<br />

Der Berufsalltag von Freiberuflern wird<br />

von Risiken begleitet, die spezifische Absicherung<br />

erfordern. Beispiel Pressefotograf:<br />

„Diese Zielgruppe ist technisch auf dem<br />

neuesten Stand, aber oft unterversichert,<br />

weil die üblichen Standardpolicen nicht<br />

passen“, berichtet Benedikt Kreuzberg,<br />

Chief Underwriting Officer der mailo Versicherung<br />

in Köln, die auch mit Maklern<br />

kooperiert und sich auf Gewerbepolicen<br />

spezialisiert hat. Für Freelancer hält er drei<br />

Policen für unverzichtbar:<br />

1. Geschäftsausstattung: Wenn Kameras,<br />

Laptops oder Tablets gestohlen oder zerstört<br />

werden, kann das zur existenziellen<br />

Bedrohung werden. Geschützt werden<br />

sollte die Ausstattung der Geschäftsräume<br />

und des Homeoffice.<br />

2. Betriebshaftpflicht: Wenn Dritte Schadensansprüche<br />

geltend machen, kann es<br />

teuer werden. Mit eingeschlossen sein<br />

<strong>procontra</strong> <strong>Spezial</strong> | 22<br />

57


ZIELGRUPPEN Freiberufler<br />

»Klientel ist anspruchsvoller als andere«<br />

FRANK DIETRICH, Fachmakler für biometrische Risiken und PKV<br />

Für einen typischen Pressefotografen-Modellfall<br />

(50.000 Euro Jahresumsatz) empfiehlt<br />

Kreuzberg: 25.000 Euro Büroinhalt<br />

(250 SB) inklusive Elektronikversicherung<br />

für 10.000 Euro Versicherungssumme und<br />

Klein-Betriebsunterbrechungsdeckung, eine<br />

3 Millionen Euro schwere Betriebshaftpflichtpolice<br />

sowie 500.000 Euro VSH-<br />

Deckung. Das koste rund 736 Euro brutto<br />

(Tarif Multimedia). „Die Elektronik-De<strong>procontra</strong>:<br />

Neben Ihrer inhaltlichen <strong>Spezial</strong>isierung<br />

konzentrieren Sie sich auch auf bestimmte<br />

Zielgruppen, etwa Freiberufler. Wie kamen Sie<br />

darauf?<br />

Frank Dietrich: Nicht ich kam darauf, es war der<br />

Berufsstand selbst. Die Klientel, anspruchsvoller<br />

als viele andere, schätzt es, wenn Einfühlungsvermögen<br />

mit fachlicher, juristischer und medizinischer<br />

Kompetenz kombiniert werden, sowohl<br />

beim Abschluss als auch im Leistungsfall.<br />

<strong>procontra</strong>: Warum sind manche Freiberufler wie<br />

Künstler in der BU-Sparte schwer einzudecken?<br />

Dietrich: Sie sind in der Regel sehr anfällig für<br />

Berufsunfähigkeit. Ist die Schöpfungskraft<br />

beeinträchtigt, so ist die Kerntätigkeit betroffen<br />

und die Leistung schnell über 50 Prozent<br />

gemindert. Das birgt für den Versicherer höheres<br />

Risiko als bei anderen Zielgruppen, was sehr oft<br />

zu Ablehnungen führt.<br />

<strong>procontra</strong>: Die Probleme ziehen sich vermutlich<br />

bis zum Leistungsfall durch …<br />

Dietrich: Ja. Vor Kurzem begleitete ich eine<br />

Orchestermusikerin, die infolge einer nicht<br />

nachweisbaren Coronainfektion die Leistungsfähigkeit<br />

ihrer Lunge einbüßte. Als Spielerin eines<br />

Blasinstruments ein klarer BU-Fall. Wir konnten<br />

belegen, dass der fehlende Nachweis auf dem<br />

Umstand beruht, dass es Menschen gibt, deren<br />

Immunsystem trotz einer Infektion keine Antikörper<br />

bildet. Die Idee dazu kam mir beim Studium<br />

der Befunde und Laborwerte.<br />

<strong>procontra</strong>: Was empfehlen Sie Freiberuflern noch<br />

an Absicherung?<br />

Dietrich: Sie brauchen eine erstklassige Krankentagegeldversicherung<br />

(KTG), um den Verdienstausfall<br />

bei längerer Krankheit zu kompensieren.<br />

Die Angebote enthalten alle, Stand heute,<br />

das Risiko, dass bei einer zweiten Erkrankung<br />

innerhalb des Jahres das KTG gekürzt wird.<br />

Da hat sich die Branche bisher nicht mit Ruhm<br />

bekleckert.<br />

<strong>procontra</strong>: Welche Versicherer sind denn beim<br />

KTG am ehesten zu empfehlen?<br />

Dietrich: Nach AVB müsste kein einziger Anbieter<br />

bei einer zweiten Erkrankung innerhalb<br />

von zwölf Monaten volles KTG bezahlen, ergab<br />

eine Premium-Circle-Studie. Die tatsächliche<br />

Leistungspraxis sähe aktuell bei zwölf Gesellschaften<br />

besser aus, insbesondere Nürnberger<br />

und Debeka, allerdings ohne Gewähr für die Zukunft.<br />

Es wäre an der Zeit, die AVB so zu ändern,<br />

dass Leistungen nicht mehr zu kürzen sind.<br />

Würde ein Anbieter damit beginnen, müssten<br />

andere folgen.<br />

<strong>procontra</strong>: Was raten Sie Kollegen, die das Thema<br />

Zielgruppen bisher vernachlässigt haben?<br />

Dietrich: Je stärker man einen inhaltlichen<br />

Schwerpunkt bietet, desto mehr kann man<br />

darüber bekannt werden. Dazu gehört auch,<br />

Marketingangebote als solche zu entlarven.<br />

Immer wieder höre ich den Hinweis, dass man<br />

Ärzte in Arzttarifen versichern soll, obwohl es<br />

keine Unterschiede zu anderen Zielgruppen<br />

gibt. Oftmals sind solche Tarife sogar inhaltlich<br />

schlechter formuliert.<br />

sollte immer die Abwehr unberechtigter<br />

Ansprüche an den Versicherten, also passiver<br />

Rechtsschutz.<br />

3. Vermögensschadens-Haftpflicht: Verstöße<br />

im Urheber-, Persönlichkeits-, Markenund<br />

Lizenzrecht passieren schnell. Abmahnungen<br />

sind teuer und rufschädigend. Die<br />

Police sollte bei Vertragsstrafen schützen<br />

und Reputationsschäden absichern.<br />

ckung wäre zum Neuwert versichert und<br />

auch Mehrkosten infolge Preissteigerungen<br />

(Preisdifferenz-Versicherung) sind abgedeckt“,<br />

so Kreuzberg.<br />

Beim Vergleich helfen Onlineportale nur<br />

bedingt. „Ein reiner Onlinevergleich der<br />

Tarife ist an dieser Stelle wegen der Komplexität<br />

nicht zu empfehlen und wäre auch<br />

wenig aussagekräftig.“ Unter diesen Umständen<br />

sollte der Freelancer gleich den Rat<br />

eines Maklers einholen.<br />

Dies zeigt sich auch bei Cyberattacken,<br />

bei denen der Fotograf zum Beispiel durch<br />

Verschlüsselung von Systemen durch Ransomware<br />

nicht mehr an seine Fotodateien<br />

käme, bis er Lösegeld bezahlt. mailo empfiehlt<br />

hier 50.000 Euro Deckungssumme<br />

zum Jahresbeitrag von 114 Euro (Cybersmart)<br />

samt Forensik, Soforthilfe und Wiederherstellung<br />

von Daten.<br />

FAKTEN ZUR ZIELGRUPPE<br />

Erbracht werden unabhängige Dienstleistungen<br />

höherer Art, aber: inhomogene<br />

Zielgruppe<br />

Es gibt Sonderkonzepte am Markt<br />

(<strong>Spezial</strong>isierung des Maklers sinnvoll)<br />

Courtageniveau ist durch die <strong>Spezial</strong>isierung<br />

meist hoch<br />

Risikoanalyse reicht bis zu zusätzlich<br />

anfallenden Tätigkeiten, etwa Gutachten<br />

Freelancer vernachlässigen Vermögensschadens-Haftpflicht,<br />

doch Onlinetechner<br />

helfen Freiberuflern selbst nur punktuell<br />

Anders als Portale bieten Makler Freiberuflern<br />

individuelle Absicherung und Beratung sowie<br />

Service im Schadenfall<br />

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