Zugversuch Metalle
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Werkstofftechnik<br />
Prof. Dr.-Ing. G. Kötting<br />
Prof. Dr. rer. nat. J. Peterseim<br />
Dipl.-Ing. J. Schifter<br />
Schifter-VERS-01.DOC 10.06<br />
1. Grundlagen<br />
1.1 Zweck dieses Versuchs<br />
Praktikum-Versuch Nr.1:<br />
"<strong>Zugversuch</strong> an <strong>Metalle</strong>n nach DIN EN 10002"<br />
Im <strong>Zugversuch</strong> nach DIN EN 10002 an Proben mit konstanten Querschnitten über die Prüflänge, wird das<br />
Werkstoffverhalten unter einachsiger Zugspannung und quasistatischer (zügiger) Belastung bei<br />
Raumtemperatur geprüft. Der <strong>Zugversuch</strong> liefert dem Konstrukteur und Berechnungsingenieur grundlegende<br />
Festigkeits- und Verformungskennwerte, die für die Werkstoffauswahl allgemein und für die Bauteilberechnung<br />
im besonderen erforderlich sind. Die ermittelten Werkstoffkennwerte dürfen allerdings nur dann auf die<br />
Beanspruchbarkeit von Bauteilen übertragen und für Berechnungen benutzt werden, wenn die Bauteile im<br />
Betrieb ebenfalls quasistatisch belastet werden.<br />
1.2 Probenformen<br />
Zur Sicherstellung der Vergleichbarkeit von Prüfergebnissen sind in der Norm neben anderen Versuchsbedingungen<br />
Form und Maße der Proben beschrieben. Die Proben werden üblicherweise aus den jeweiligen Erzeugnissen<br />
herausgearbeitet, d.h., aus Flacherzeugnissen, Profilstäben oder Rohren z.B.. Der Probenquerschnitt<br />
kann daher kreisförmig, quadratisch, rechteckig oder ringförmig sein. Unterschieden wird zwischen<br />
- proportionalen Proben (Proportionalstäbe) und<br />
- nichtproportionalen Proben.<br />
Bei den proportionalen Proben besteht zwischen der Anfangsmeßlänge Lo und dem Anfangsquerschnitt So<br />
(siehe Bild 1) die Beziehung<br />
Lo = k √ So<br />
Der Proportionalitätsfaktor k ist international mit k = 5,65 festgelegt. Bei Proben mit rundem Querschnitt ist dadurch<br />
das Verhältnis von Anfangsmeßlänge zum Durchmesser do<br />
Lo / do = 5.<br />
Ist der Probendurchmesser zu klein (wegen des zur Verfügung stehenden Ausgangsmaterials) um die Bedingung<br />
mit k = 5,65 zu erfüllen, darf ein größerer Faktor (üblich ist k = 11,3) oder eine nichtproportionale Probe<br />
verwendet werden. Bei Verwendung von nichtproportionalen Proben wird die Anfangsmeßlänge Lo unabhängig<br />
vom Anfangsquerschnitt gewählt.<br />
1.3 Werkstoffkennwerte des <strong>Zugversuch</strong>s<br />
In Bild 1 sind Spannung-Dehnung-Kurven dargestellt und zwar<br />
A für Werkstoffe, bei denen der Übergang vom proportionalen (elastische Verformung) zum nichtproportionalen<br />
Spannung-Dehnung-Verlauf (elastische und plastische Verformung) unstetig erfolgt, d.h., nach<br />
einem Spannungsmaxima beginnt der Werkstoff zu fließen. Man definiert eine obere und eine untere<br />
Streckgrenze, ReH bzw. ReL.<br />
B für Werkstoffe, die einen stetigen Übergang in den Fließbereich aufweisen. Man definiert hier eine Ersatzstreckgrenze,<br />
die mit Rpx gekennzeichnet wird, und auch als Dehngrenze bezeichnet wird. Es handelt sich<br />
dabei um eine Spannung, die im Prüfkörper zu einer nichtproportionalen Dehnung von x% führt, z.B. 0,2%.<br />
ReH und Rpx sind für den Konstrukteur wichtige Werkstoffkennwerte, da er wissen muß, bis zu welcher<br />
Spannung der Werkstoff örtlich in einem Bauteil belastet werden darf, ohne daß plastische Verformung auftritt,<br />
was je nach Konstruktion zu einem funktionellen Versagen führen kann.<br />
Die genannten und weitere Kennwerte, die im <strong>Zugversuch</strong> ermittelt werden, sind zudem in Bild 1 aufgeführt.<br />
1
Spannung<br />
R m<br />
R<br />
R<br />
eH<br />
eL<br />
A Werkstoff mit unterer und<br />
oberer Streckgrenze<br />
Ag Agt A At<br />
Dehnung<br />
Spannungskennwerte:<br />
Rm Zugfestigkeit<br />
ReH obere Streckgrenze<br />
ReL untere Streckgrenze<br />
Rpx Dehngrenze bei nichtproportionaler<br />
Dehnung von x %<br />
Elastizitätskennwerte<br />
E E-Modul<br />
\WT-MB\PRAKT\BILDER.DRW<br />
Lo<br />
2<br />
R m<br />
So<br />
R px<br />
B Werkstoff mit nicht ausgeprägter<br />
Streckgrenze<br />
ε =x%<br />
Ag Agt A At<br />
Dehnung<br />
Dehnungskennwerte<br />
Ag nichtproportionale Dehnung bei<br />
Höchstkraft Fm (Gleichmaßdehnung) 1)<br />
Agt Gesamtdehnung bei Höchstkraft<br />
A Bruchdehnung, A = (Lu - Lo) / Lo<br />
(Lu: Meßlänge nach dem Bruch) 2)<br />
At Gesamtdehnung beim Bruch<br />
Z Brucheinschnürung, Z = (So - Su) / So<br />
(Su: kleinster Probenquerschnitt nach<br />
dem Bruch)<br />
1) Bis Ag nimmt der Probendurchmesser über die<br />
Probenlänge infolge der Querkontraktion gleichmäßig<br />
ab. Oberhalb von Ag schnürt die Probe<br />
örtlich im Bereich der Meßlänge ein.<br />
Bild 1: Spannung-Dehnung-Kurven im <strong>Zugversuch</strong> und Kennwerte (schematisch)
Aus der Tatsache, daß sich die Probe innerhalb der Meßlänge in einem mehr oder weniger kleinen Bereich<br />
kurz vor dem Bruch stärker dehnt und sich dabei einschnürt, folgt, daß der Wert der Bruchdehnung vom<br />
Verhältnis der Anfangslänge Lo zum Probenquerschnitt So abhängt. Ist daher bei einer proportionalen Probe die<br />
Anfangsmeßlänge nicht Lo = 5,65 √ So, so wird das Formelzeichen A zur Angabe der Bruchdehnung durch<br />
einen Index ergänzt, der den zugrundeliegenden Proportionalitätsfaktor angibt, z.B.:<br />
A11,3 = Bruchdehnung bei einer Anfangsmeßlänge von Lo = 11,3 √ So<br />
Bei nichtproportionalen Proben wird das Formelzeichen A durch einen Index ergänzt, der die zugrundeliegende<br />
Anfangsmeßlänge Lo in mm angibt, z.B.:<br />
A80mm = Bruchdehnung bei einer Anfangsmeßlänge von Lo = 80 mm (z.B., bei Feinblechen)<br />
1.4 Nennspannung und wahre Spannung<br />
Wird die Probenkraft auf den Querschnitt So bezogen, so erhält man die NENNSPANNUNG σ (gemäß Bild 1)<br />
Mit zunehmender Belastung verjüngt sich jedoch der Querschnitt entsprechend der augenblicklichen Probenlänge<br />
L. Bezieht man die Probenkraft auf den momentanen Querschnitt S, so erhält man die WAHRE<br />
Spannung.<br />
σ = F / So σ w = F / S mit S = So . Lo / L<br />
Dehnung<br />
Bild 2: Spannungs-Dehnungs-Kurven<br />
σw = F / S<br />
wahre Spannung<br />
σ = F / So<br />
Nennspannung<br />
L1<br />
ϕ = ∫ dL / L = ln (L1 / Lo) L1: verformte Endlänge Lo: Anfangslänge<br />
Lo<br />
Bei der Durchführung aller praktischen Versuche ist zu beachten:<br />
3<br />
Der Verlauf der Nennspannung und der wahren<br />
Spannung ist in Bild 2 in Abhängigkeit von der<br />
Dehnung schematisch aufgetragen. Die Nennspannung<br />
charakterisiert das Verhalten einer<br />
Konstruktion, d.h., sie wird zur Berechnung herangezogen,<br />
wobei die maximale Beanspruchung<br />
im Bauteil i.A. die Streckgrenze nicht überschreiten<br />
darf. Demzufolge verjüngt sich auch der<br />
Querschnitt nur um einen vernachlässigbar kleinen<br />
Wert. Dagegen ist die wahre Spannung σ w<br />
kennzeichnend für das Werkstoffverhalten. Sie<br />
wird deshalb auch zusammen mit der wahren<br />
Verformung für das Aufstellen von sogenannten<br />
Fließkurven verwendet, die das Umformverhalten<br />
von Werkstoffen wiedergeben, d.h. den Kraftaufwand<br />
zur plastischen Umformung in Abhängigkeit<br />
von der Verformung.<br />
Zur Bestimmung der wahren Verformung - auch<br />
Umformgrad ϕ genannt - wird die jeweilige<br />
differentielle Längenänderung dL des Probestabs<br />
auf die momentane Länge L bezogen:<br />
1. vorherige Einweisung durch das Laborpersonal;<br />
2. Einhaltung der Laborordnung (Sicherheitsunterweisung!);<br />
3. den für den jeweiligen Versuch wichtigen Betriebsanweisungen<br />
ist unbedingt Folge zu leisten!!!<br />
Die Betriebsanweisungen befinden sich im besonders<br />
gekennzeichneten Sicherheitsordner am Eingang der jeweiligen Laboretage.
2. Ziel und Durchführung des Praktikum-Versuchs<br />
Der <strong>Zugversuch</strong> wird vom Laborpersonal vorgeführt, dabei wird ein Kraft-Verlängerungs-Diagramm,<br />
auch als Maschinendiagramm bezeichnet, mitgeschrieben.<br />
Mit Hilfe der Probenabmessungen und der Werte aus dem Maschinendiagramm werden Dehnungs-<br />
und Spannungswerte berechnet.<br />
Das technische und das wahre Spannungs-Dehnungs-Diagramm sind mit Hilfe der berechneten<br />
Werte zu zeichnen.<br />
3. Auswerteprotokoll <strong>Zugversuch</strong><br />
3.1 Probenabmessungen im Ausgangszustand:<br />
d0<br />
= mm S0 = d0² x π / 4 = mm²<br />
L0 = mm angezeichneter Istwert (Sollwert: L0 = 5 x d0)<br />
3.2 Probenabmessungen nach dem Bruch:<br />
Lu<br />
du = mm Su = du² x π / 4 = mm²<br />
Lu = mm<br />
du<br />
4<br />
dg<br />
Zur späteren Berechnung von Ag, der Gleichmaßdehnung, muß an gebrochener<br />
Probenhälfte im uneingeschnürten Lu -Bereich dg gemessen werden. Daraus wird<br />
dann Lg (Verlängerung bis zum Kraftmaximum) berechnet. Die Bestimmung von dg,<br />
und damit Lg, während der Versuchsdurchführung ist nicht möglich.<br />
d g = mm Sg<br />
= dg² x π / 4 = mm²<br />
aus: (Volumen im Ausgangszustand = Volumen am Ende der Gleichmaßdehnung)<br />
also S0 x L0 = Sg x L wird L<br />
g g berechnet<br />
Lg = S0 x L0 / Sg = mm
Aus dem Maschinendiagramm sind die Kraftwerte zu ermitteln und in das Protokoll einzutragen.<br />
Die Spannungen sind daraus zu berechnen.<br />
3.3 Nennspannungen: Kräfte geteilt durch Ausgangsquerschnitt So !<br />
oder<br />
Fp0,2 = N Rp0,2 = Fp0,2 / S0 = N/mm²<br />
FeH = N ReH = FeH / S0 = N/mm²<br />
Fm = N Rm = Fm / S0 = N/mm²<br />
FBruch = N σBruch = FBruch / S0 = N/mm²<br />
3.4 wahre Spannungen: Kräfte geteilt durch den Querschnitt S... , der sich während des<br />
Versuchs verändert!<br />
Fm = N σ = Fm / Sg = N/mm²<br />
FBruch = N σR = FBruch / Su = N/mm²<br />
Aus den Probenabmessungen 3.1 und 3.2 sind die verschiedenen Längen zu übernehmen und die<br />
Dehnungen zu berechnen.<br />
Hierbei handelt es sich dann um rein plastische Dehnungen, da die Abmessungen an der<br />
gebrochenen und damit entlasteten Probe (ohne elastische Verformung) bestimmt wurden!<br />
3.5 Dehnungen:<br />
3.6 Einschnürung:<br />
Ag = ( Lg – L0 ) / L0 x 100 = % (Gleichmaßdehnung)<br />
A = ( Lu – L0 ) / L0 x 100 = % (Bruchdehnung)<br />
Z = ( S0 – Su ) / S0 x 100 = %<br />
3.7 Für den elastischen Bereich gilt:<br />
σ = E x ε Hooke´sche Gesetz<br />
E-Modul für Fe: 210 000 N/mm²<br />
E-Modul für Al: 70 000 N/mm²<br />
5
Spannungs – Dehnungs – Diagramm: Werkstoff: ................<br />
σ [N/mm²]<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
3 15 30 45<br />
6<br />
ε [%]