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10 Zeitung <strong>November</strong> <strong>2022</strong> Generationen<br />

Die vielen Maschen der Betrüger<br />

Skrupellos und oft täuschend echt: falsche Polizisten und Handwerker – Experte warnt vor Enkeltrick und Gewinnversprechen<br />

Es gibt viele Arten von Kriminalität:<br />

Betrug ist eine davon. Und es wird<br />

oft besonders raffiniert vorgegangen,<br />

um an Geld zu kommen. Beispiele<br />

dafür sind der Enkeltrick in<br />

vielen Varianten, Gewinnversprechen,<br />

gesteuert durch dafür eingerichtete<br />

Callcenter, falsche<br />

Polizisten oder Handwerker. Kriminalhauptkommissar<br />

Arno Helfrich,<br />

zuständig für Prävention und Opferschutz<br />

in München, gibt VdK-<br />

Mitgliedern Tipps, um nicht in die<br />

Falle zu tappen.<br />

Der Paragraf 263 des Strafgesetzbuchs<br />

beschreibt Betrug als die<br />

Erlangung eines Vermögensvorteils<br />

durch die Täuschung anderer.<br />

Dabei sind Betrüger sehr erfinderisch.<br />

In jüngster Zeit werden potenzielle<br />

Opfer über das Smartphone<br />

per WhatsApp angeschrieben<br />

– quasi eine neue Form des Enkeltricks.<br />

Das kann dann so aussehen:<br />

„Hallo Mama, ich habe<br />

mein Handy fallen lassen. Ich habe<br />

ein neues Handy, und das ist meine<br />

neue Nummer.“ Ein Herzchen ist<br />

angefügt. „Kannst Du mir helfen?<br />

Ich muss heute zwei Rechnungen<br />

bezahlen, aber ich kann nicht auf<br />

meine Banking-App zugreifen.<br />

Kannst Du es mir überweisen? Ich<br />

schicke es Dir morgen zurück.<br />

Kann ich Deine Kreditkarte zum<br />

Bezahlen benutzen?“<br />

Helfrich betont: „Bleiben Sie bei<br />

Geldforderungen per Kurznachrichten<br />

vorsichtig. Fragen Sie bei<br />

Ihren Angehörigen selbst nach.<br />

Der Schmuck ist weg: Vielleicht waren Betrüger am Werk, die sich unter einem Vorwand Zugang zur Wohnung<br />

verschafft haben? Auch am Telefon (Bild rechts) finden sie immer wieder ihre Opfer.Fotos: www.polizei-beratung.de<br />

Löschen Sie die Nachrichten nicht<br />

und verständigen Sie umgehend<br />

die Polizei über den Notruf 110.“<br />

Bei all den Betrügereien gibt es<br />

eine gute Nachricht: Die Täter kommen<br />

nur in Ausnahmefällen zum<br />

Erfolg. Die schlechte Nachricht:<br />

Wenn sie erfolgreich sind, sind die<br />

Schäden meist sehr hoch und gehen<br />

bundesweit in die Millionen.<br />

Der klassische Enkeltrick übers<br />

Telefon hat schon viele Opfer um<br />

ihre Lebensersparnisse gebracht.<br />

Mit den Worten „Rate mal, wer<br />

hier spricht“ oder ähnlichen Formulierungen<br />

wird bei meist älteren<br />

und allein lebenden Personen angerufen<br />

und kurzfristig um Bargeld<br />

gebeten. Als Grund wird ein<br />

finanzieller Engpass oder eine<br />

Notlage vorgetäuscht. Sobald das<br />

Opfer zahlen will, wird ein Bote<br />

angekündigt, der das Geld abholt.<br />

Betrug an der Haustür<br />

„Sie haben gewonnen!“ Wer freut<br />

sich nicht, das zu hören. Wer aber<br />

eine solche Nachricht per Telefon,<br />

E-Mail oder Post bekommt, sollte<br />

vorsichtig sein. Vor einer Gewinnübergabe<br />

werden die Opfer dazu<br />

aufgefordert, eine Gegenleistung<br />

zu erbringen, zum Beispiel „Gebühren“<br />

zu bezahlen, kostenpflichtige<br />

Telefonnummern anzurufen<br />

oder an Veranstaltungen<br />

teilzunehmen.<br />

Das Anbieten von vermeintlichen<br />

Schnäppchen, um eine Unterschrift<br />

unter einen Vertrag zu<br />

erhalten, machen Betrüger gerne<br />

an der Haustür. Auch der Wohnungszugangstrick<br />

– etwa der falsche<br />

Polizist und auch der falsche<br />

Handwerker – wird von Betrügern<br />

immer wieder genutzt. Andere erscheinen<br />

bedürftig, bitten um ein<br />

Glas Wasser, etwas zum Schreiben<br />

oder um die Toilettennutzung, um<br />

in private Räume zu gelangen.<br />

Helfrich schildert aus der Praxis<br />

die Masche mit den falschen Polizisten:<br />

„Die Betrüger sind zu zweit<br />

unterwegs und sprechen gezielt<br />

ältere Menschen an. Es geht um<br />

einen angeblichen Einbruch im<br />

Haus. Einer der Täter geht mit der<br />

jeweiligen Person durch alle<br />

Räumlichkeiten, während der andere<br />

in einem unbemerkten Augenblick<br />

in den Zimmern für Unordnung<br />

sorgt, die den Eindruck<br />

eines Einbruchs erwecken soll.<br />

Gleichzeitig werden Bargeld,<br />

Schmuck und andere Wertgegenstände<br />

gestohlen.“ Oder: Das Telefon<br />

klingelt. Der Anrufer stellt sich<br />

als Polizist vor und berichtet von<br />

einer Festnahme eines Einbrechers,<br />

der Notizen mit Name und<br />

Adresse der Angerufenen bei sich<br />

hatte. Zur Sicherheit würde die<br />

Polizei vorbeischauen.<br />

Der Handwerkertrick ist ähnlich<br />

angelegt. An der Wohnungstür<br />

wird von einem akuten Wasserschaden<br />

berichtet, der schnell behoben<br />

werden muss. „Die so überrumpelten<br />

Bewohner werden<br />

hektisch von Wasserhahn zu Wasserhahn<br />

geschickt, während meist<br />

ein zweiter Täter unbemerkt in die<br />

Wohnung gelangt und alles mitnimmt,<br />

was ihm von Wert erscheint“,<br />

so Helfrich. Der grundsätzliche<br />

Rat des Spezialisten: „Sie<br />

bestimmen, wer in Ihre Wohnung<br />

oder Ihr Haus kommt. Und Sie<br />

bestimmen, mit wem Sie telefonieren<br />

wollen. Gesundes Misstrauen<br />

ist nicht unhöflich. Legen Sie im<br />

Zweifel unbedingt auf und wählen<br />

Sie den Notruf der Polizei.“<br />

Weitere Informationen finden<br />

Sie im Internet unter<br />

www.polizei-beratung.de<br />

<br />

Petra J. Huschke<br />

Keine Vorfreude auf die Fußball-WM in Katar<br />

Facebook-Umfrage des VdK: Kritik an Menschenrechtsverletzungen<br />

Lebenserwartung steigt weniger<br />

Angehobenes Rentenalter könnte ein Faktor sein<br />

Die Fußball-Weltmeisterschaft vom<br />

20. <strong>November</strong> bis 18. Dezember im<br />

Wüstenstaat Katar steht im Kreuzfeuer<br />

der Kritik. Beim Bau der<br />

WM-Stadien sind Tausende<br />

Gastarbeiter ums Leben gekommen.<br />

Während der Spiele sollen<br />

riesige Klimaanlagen die Stadien<br />

herunterkühlen. Eine Umfrage auf<br />

der Facebook-Seite des VdK zeigt:<br />

Viele Fans sind ernüchtert, von<br />

WM-Fieber ist nichts zu spüren.<br />

Viele erinnern sich noch gern an<br />

das „Sommermärchen“ von 2006:<br />

Die Fußball-WM in Deutschland<br />

löste in einem Bilderbuch-Sommer<br />

eine riesige Euphorie aus und begeisterte<br />

auch Menschen, die<br />

nichts mit Fußball anfangen konnten.<br />

Auf Fan-Meilen wurde ausgelassen<br />

zusammen gefeiert.<br />

Die Winter-Weltmeisterschaft in<br />

Katar hingegen droht zu einem<br />

Mega-Event zu werden, das selbst<br />

eingefleischte Fußballfans kalt zu<br />

lassen scheint. Bei einer nichtrepräsentativen<br />

Umfrage auf der<br />

Facebook-Seite des Sozialverbands<br />

VdK waren die Kommentare sehr<br />

kritisch. Birgit R. schreibt auf die<br />

Frage: Fiebert ihr dem Turnier entgegen<br />

oder lässt euch die Winter-WM<br />

kalt? „Wir haben die Fußball-WM<br />

in der Vergangenheit<br />

immer angeschaut. Aber die WM<br />

in Katar werden wir aufgrund der<br />

Menschenrechtsverletzungen und<br />

der dort geltenden Gesetze NICHT<br />

anschauen! Konsequenz bedeutet<br />

oft auch Verzicht, aber Zeichen<br />

In deutschen Fußballstadien machen viele Fans in dieser Saison deutlich,<br />

was sie von der WM in Katar halten. Foto: picture alliance/Oliver Zimmermann<br />

setzen halte ich für wichtig, und<br />

das wünsche ich mir auch von anderen.“<br />

Teuerste WM<br />

Jasmin S. kritisiert die Kosten<br />

des Spektakels, das wohl als teuerste<br />

WM in die Geschichte eingehen<br />

wird. Schätzungen zufolge<br />

sind 150 Milliarden US-Dollar in<br />

den Ausbau der Infrastruktur und<br />

den Bau der Stadien geflossen.<br />

„Das steht alles in keinem Verhältnis<br />

zu dem alltäglichen Leben und<br />

den Existenzsorgen. Klar, es ist<br />

eine tolle Ablenkung von all dem,<br />

dennoch geht das alles nicht mit<br />

rechten Dingen zu“, schreibt sie.<br />

Frank H. teilt einen Link zu einer<br />

WM-Boykott-Seite und fragt<br />

sich, warum nicht mehr Menschen<br />

gegen diese Veranstaltung demonstrieren.<br />

„Die WM findet auf<br />

Gräbern von Tausenden Arbeitern<br />

statt“, schreibt er.<br />

Sabine und Stephan E. macht<br />

fassungslos, dass bei der Weltmeiserschaft<br />

enorm viel Energie genutzt<br />

werden muss, um die Fußballstadien<br />

zu klimatisieren. „Alle<br />

schreien nach Energie sparen, in<br />

der Wüste eine WM ... unfassbar.“<br />

Marianne H. kommentiert kurz<br />

und knapp: „Die Frauenfußball-EM<br />

war für mich interessanter,<br />

ich werde nicht schauen.“<br />

<br />

Jörg Ciszewski<br />

Der Trend, dass Menschen in den<br />

Industriestaaten immer älter werden,<br />

schwächt sich ab. Die Lebenserwartung<br />

steigt zwar, aber<br />

nur noch langsam. Deutschland<br />

schneidet besonders schlecht ab.<br />

Eine Studie der Londoner Bayes<br />

Business School hat sich mit den<br />

Sterberaten von Menschen im Alter<br />

von 50 bis 95 Jahren befasst.<br />

Deutschland ist zusammen mit<br />

Großbritannien und Taiwan<br />

Schlusslicht. Von 21 untersuchten<br />

Ländern mit vergleichbaren Lebensverhältnissen<br />

belegt Deutschland<br />

bei Frauen Platz 18 und bei<br />

Männern Platz 20.<br />

Vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung<br />

(BiB) gibt es<br />

ebenfalls Erhebungen. Und auch<br />

hier ist Deutschland Nachzügler.<br />

Pavel Grigoriev, Leiter der Forschungsgruppe<br />

Mortalität, sieht<br />

eine „seit langem bestehende Gesundheitskluft<br />

zwischen erfolgreicheren<br />

Ländern und Deutschland“.<br />

Der „Langlebigkeitsnachteil“<br />

der Deutschen sei vor allem<br />

einer Bevölkerungsgruppe geschuldet:<br />

der Altersgruppe kurz<br />

vor dem Rentenalter (55 bis 64<br />

Jahre). „Diese Gruppe sowie die<br />

Gruppe 65+ tragen am höchsten<br />

zur Benachteiligung bei“, sagt Grigoriev.<br />

Hauptfaktor für den Unterschied<br />

zwischen Deutschland und<br />

anderen Ländern mit hohem Einkommen<br />

sind die Herz-Kreislauf-Erkrankungen.<br />

Das lasse sich<br />

aus Daten zu Todesursachen und<br />

Deutschland hat eine vergleichsweise<br />

niedrige Lebenserwartung.<br />

demografischen Methoden eindeutig<br />

ablesen.<br />

Für Steven Haberman, Professor<br />

für Versicherungsmathematik an<br />

der Bayes Business School, stellen<br />

diese negativen Ergebnisse einen<br />

„alarmierenden Trend“ dar. „Wurde<br />

das Rentenalter zu schnell angehoben?<br />

Die Antwort könnte ,Ja‘<br />

lauten“, schreibt er.<br />

Im Auftrag des Sozialverbands<br />

VdK hat das Deutsche Institut für<br />

Wirtschaftsforschung (DIW) die<br />

Lebenserwartung der 65-Jährigen<br />

untersucht – abhängig von ihrer<br />

Beschäftigungsart und ihrem<br />

Haushaltseinkommen. Herausgekommen<br />

ist, dass die Lebenserwartung<br />

von Arbeitern im Vergleich<br />

etwa zu Beamten rund vier<br />

Jahre geringer ist. Auch eine hohe<br />

berufliche Belastung wirkt sich<br />

negativ aus. Und: Rentner aus<br />

Haushalten mit prekären Einkommen<br />

haben eine deutlich geringere<br />

Lebenserwartung im Vergleich zu<br />

wohlhabenden Haushalten. pet<br />

Foto: Sozialverband VdK<br />

10 RHPfalz<br />

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