Technical Report Rhythmus und Konzentration - Systmuwi.de
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Heidrun Röper<br />
Matrikelnummer: 5229557<br />
3. FS, Systematische Musikwissenschaft, Universität Hamburg<br />
<strong>und</strong><br />
Christopher Schack<br />
Matrikelnummer: 5938647<br />
3. FS, Systematische Musikwissenschaft, Universität Hamburg<br />
<strong>Technical</strong> <strong>Report</strong><br />
<strong>Rhythmus</strong> <strong>und</strong> <strong>Konzentration</strong><br />
Praktikum Musikpsychologie<br />
Sommersemester 2008<br />
Fachbereich: Systematische Musikwissenschaft<br />
Musikwissenschaftliches Institut, Universität Hamburg<br />
Prof. Dr. Rolf Ba<strong>de</strong>r
Inhaltsverzeichnis<br />
-II-<br />
1. EINLEITUNG......................................................................................................................................1<br />
2. LITERATUR........................................................................................................................................2<br />
2.1. ABGRENZUNG VON „AUFMERKSAMKEIT“ UND „KONZENTRATION“...............................................2<br />
2.1.1. Alltagssprachliche Unterscheidung zwischen Aufmerksamkeit <strong>und</strong> <strong>Konzentration</strong> ..............3<br />
2.1.2. Der wissenschaftliche Ansatz einer Differenzierung von Aufmerksamkeit <strong>und</strong><br />
<strong>Konzentration</strong>...................................................................................................................................3<br />
2.2. RHYTHMUS .....................................................................................................................................8<br />
2.2.1.Bestimmung <strong>de</strong>s Begriffes „Rhythmik“.................................................................................10<br />
2.2.2. Mittel <strong>de</strong>r Rhythmik..............................................................................................................11<br />
2.3. UNTERSUCHUNGEN ÜBER TRANSFEREFFEKTE DURCH MUSIK ......................................................12<br />
2.3.1. Kritische Betrachtung <strong>de</strong>r vorgestellten Untersuchungen...................................................14<br />
3. HYPOTHESENBILDUNG...............................................................................................................15<br />
4. VERSUCH..........................................................................................................................................15<br />
4.1. VORÜBERLEGUNGEN ....................................................................................................................15<br />
4.2. MATERIALSAMMLUNG..................................................................................................................15<br />
4.2.1. Revisions-Test ......................................................................................................................15<br />
4.2.1.1. Berechnung <strong>de</strong>s Übungseffekts.................................................................................................... 17<br />
4.2.2. Fragebogen ..........................................................................................................................17<br />
4.2.3. <strong>Rhythmus</strong>übung....................................................................................................................17<br />
4.3. VERSUCHSDURCHFÜHRUNG..........................................................................................................18<br />
5. ERGEBNISSE....................................................................................................................................19<br />
6. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK ...................................................................................22<br />
ANHANG...............................................................................................................................................III<br />
LITERATURVERZEICHNIS............................................................................................................VII
1. Einleitung<br />
-1-<br />
Wenn man Lehrer/Innen nach Verhaltens- <strong>und</strong> Lernschwierigkeiten von<br />
Schüler/Innen fragt, wird <strong>de</strong>r Mangel an <strong>Konzentration</strong>sfähigkeit am häufigsten ge-<br />
nannt.<br />
In <strong>de</strong>r Studie von BERG, IMHOF, KOLLERA, SCHMIDT <strong>und</strong> ULBER (1998) be-<br />
zeichneten Lehrer/Innen aus <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>schule bei 13,9% <strong>de</strong>r Schüler/Innen die Un-<br />
konzentriertheit als stark auffällig <strong>und</strong> noch einmal bei 33,6% als mäßig auffällig.<br />
Bei einer Prävalenzrate von 3 bis 5% ist im Durchschnitt zu erwarten, dass pro Schul-<br />
klasse etwa ein bis zwei Kin<strong>de</strong>r mit einer spezifischen Diagnose<br />
Aufmerksamkeitsstörungen mit o<strong>de</strong>r ohne Hyperaktivität (ADHS/ADS) zu fin<strong>de</strong>n<br />
sind. 1 Daraus kann man schließen, dass nicht alle Schwierigkeiten mit<br />
Aufmerksamkeit <strong>und</strong> <strong>Konzentration</strong> zugleich als Aufmerksamkeitsstörungen im<br />
psychiatrischen Sinn zu verstehen sind. 2 Trotz<strong>de</strong>m sind auch die weniger auffälligen<br />
Varianten von reduzierter Aufmerksamkeit o<strong>de</strong>r <strong>Konzentration</strong> im Schulalltag<br />
mitverantwortlich für Lernstörungen <strong>und</strong> wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Betroffenen meist als<br />
belastend erlebt.<br />
Es wäre daher wünschenswert, eine Metho<strong>de</strong> zu fin<strong>de</strong>n, die zur För<strong>de</strong>rung von<br />
<strong>Konzentration</strong> <strong>und</strong> Aufmerksamkeit <strong>de</strong>r Schüler/Innen im Unterricht integriert wer<strong>de</strong>n<br />
könnte.<br />
In unserem beruflichen Bereich als Klavierlehrer bzw. als Lerntherapeutin konnten<br />
wir durch <strong>de</strong>n Einsatz von Rhythmik scheinbar eine verbesserte<br />
<strong>Konzentration</strong>sfähigkeit unserer Schüler/Innen beobachten.<br />
Mit dieser Forschungsarbeit möchten wir unsere persönlichen Erfahrungen anhand<br />
einer Untersuchung zum Thema „<strong>Rhythmus</strong> <strong>und</strong> <strong>Konzentration</strong>“ empirisch belegen.<br />
Auch konnten wir aus <strong>de</strong>r Literatur positive Transfereffekte von <strong>Rhythmus</strong>übungen<br />
auf verschie<strong>de</strong>ne Bereiche wie soziale Kompetenz, Wahrnehmung, Denken, Sprache,<br />
Motorik <strong>und</strong> <strong>Konzentration</strong>sfähigkeit entnehmen.<br />
Wir gehen davon aus, dass, wenn immer wie<strong>de</strong>r gleiche Beobachtungen gemacht <strong>und</strong><br />
Verhaltensän<strong>de</strong>rungen sachlich festgehalten wer<strong>de</strong>n, solche Verän<strong>de</strong>rungen auch<br />
messbar sein müssen. Die unter bestimmten Bedingungen <strong>und</strong> wissenschaftlichen<br />
1 vgl. LAUTH & LAMPERTI, 1997, S.197-205; STADLER & DÖPFNER, 2004, S.248ff.<br />
2 vgl. STADLER & DÖPFNER, 2004, S.249ff.
-2-<br />
Regeln zu ermitteln<strong>de</strong>n Ergebnisse bezüglich <strong>de</strong>s Zuwachses bzw. Rückschritts <strong>de</strong>r<br />
<strong>Konzentration</strong>sfähigkeit von Versuchs- <strong>und</strong> Kontrollgruppen können miteinan<strong>de</strong>r<br />
verglichen wer<strong>de</strong>n. Im Gegensatz zur bloßen subjektiven Beobachtung eines<br />
Beobachters können solche ermittelten Testergebnisse objektive Auskunft darüber<br />
geben, ob sich durch <strong>de</strong>n Einsatz von Rhythmik im Unterricht ein positiver<br />
Transfereffekt auf die Aufmerksamkeits- <strong>und</strong> <strong>Konzentration</strong>sfähigkeit von<br />
Schüler/Innen erweist o<strong>de</strong>r nicht.<br />
Die Anerkennung <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Einsatz von Rhythmik in Pädagogik <strong>und</strong> Son<strong>de</strong>rpädagogik<br />
hängen in hohem Maße von wissenschaftlich f<strong>und</strong>ierten Ergebnissen <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren<br />
Begründungen sowie <strong>de</strong>r daraus abgeleiteten Theorie <strong>de</strong>r Rhythmik ab. Daher sind<br />
solche Forschungsvorhaben für Lehrer/Innen, Bildungsgremien,<br />
Ausbildungsinstitutionen <strong>und</strong> vor allem für die Praxis be<strong>de</strong>utsam.<br />
2. Literatur<br />
2.1. Abgrenzung von „Aufmerksamkeit“ <strong>und</strong> „<strong>Konzentration</strong>“<br />
Es herrscht Uneinigkeit darüber, inwieweit die Begriffe „Aufmerksamkeit“ <strong>und</strong><br />
„<strong>Konzentration</strong>“ differenziert wer<strong>de</strong>n sollten.<br />
BARTENWERFER (1983) hat auf allgemeine Voraussetzungen für geistige<br />
Leistungen hingewiesen. Er verwen<strong>de</strong>t dafür Begriffe wie „allgemeine Aktiviertheit“,<br />
o<strong>de</strong>r konkreter „Aufmerksamkeit“, „<strong>Konzentration</strong>“, „Beachtung“ <strong>und</strong><br />
„Willensanspannung“. Die Begriffe seien mehr o<strong>de</strong>r weniger austauschbar.<br />
Laut MARSCHNER (1980) sind „<strong>Konzentration</strong>“, „Aufmerksamkeit“ o<strong>de</strong>r<br />
„Vigilanz“ als Synonyme für dasselbe Konstrukt zu sehen.<br />
Im BRICKENKAMP Handbuch 3 wird <strong>de</strong>r auf BARTENWERFER zurückgehen<strong>de</strong><br />
Begriff „Allgemeine Leistungstests“ wie selbstverständlich als Überschrift für das<br />
Kapitel verwen<strong>de</strong>t, in <strong>de</strong>m <strong>Konzentration</strong>s- <strong>und</strong> Aufmerksamkeitstests behan<strong>de</strong>lt<br />
3 von BRÄHLER, HOLLING, 2002; LEUTNER & PETERMANN, 2002, zit. nach<br />
BÜTTNER/SCHMIDT-ATZERT, 2004, S.12
-3-<br />
wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> es wird kein Versuch einer Differenzierung <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Begriffe<br />
unternommen.<br />
2.1.1. Alltagssprachliche Unterscheidung zwischen Aufmerksamkeit <strong>und</strong><br />
<strong>Konzentration</strong><br />
FREYBERG (1989) kommt in einer etymologischen Analyse <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Begriffe zu<br />
<strong>de</strong>m Schluss, dass <strong>Konzentration</strong> die Art <strong>de</strong>s Arbeitens, Aufmerksamkeit dagegen die<br />
<strong>de</strong>r Wahrnehmung betrifft.<br />
In einer Untersuchung von SCHWALBACH (2001) wur<strong>de</strong>n Psychologiestu<strong>de</strong>nten (2.<br />
Semester) gebeten, Alltagssituationen zu beobachten <strong>und</strong> zu schil<strong>de</strong>rn, in <strong>de</strong>nen sie<br />
selbst o<strong>de</strong>r jemand an<strong>de</strong>res entwe<strong>de</strong>r konzentriert, unkonzentriert, aufmerksam o<strong>de</strong>r<br />
unaufmerksam waren. Das Ergebnis zeigte, dass „Lesen“ o<strong>de</strong>r „Prüfung“ als typische<br />
<strong>Konzentration</strong>ssituationen empf<strong>und</strong>en, während „Vortrag“, „Gespräch“ <strong>und</strong><br />
„Teilnahme am Verkehr“ eher <strong>de</strong>r Wahrnehmung zugeordnet wur<strong>de</strong>n.<br />
2.1.2. Der wissenschaftliche Ansatz einer Differenzierung von Aufmerksamkeit<br />
<strong>und</strong> <strong>Konzentration</strong><br />
Ein Definitionsvorschlag für Aufmerksamkeit<br />
Eine Voraussetzung für kognitive Leistungen ist, dass man zunächst Informationen<br />
aufnimmt, bevor es zu Entscheidungen o<strong>de</strong>r Taten kommen kann. Damit<br />
zielgerichtetes Han<strong>de</strong>ln möglich wird, müssen zunächst Reize selektiert wer<strong>de</strong>n. 4<br />
Die Definition COHENs (1993) lautet: „Humans are constantly floo<strong>de</strong>d with a<br />
infinitive number of signals from outsi<strong>de</strong> and within. Attention frames this input with<br />
regard to the available capacity of the individual. ... Therefore, attention acts as a gate<br />
for information flow in the brain.“ (S.3)<br />
Die Aufmerksamkeit kann als das selektive Beachten relevanter Reize o<strong>de</strong>r<br />
Informationen <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n. Sie fällt damit in <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>r Wahrnehmung.<br />
4 vgl. DEMPSTER & CORKILL, 1999, S.227
Neurologische Bef<strong>und</strong>e<br />
-4-<br />
Unterscheidung von drei „engeren“ Aufmerksamkeitssystemen 5 :<br />
- Räumliche Orientierung (Hinwendung <strong>de</strong>r Aufmerksamkeit auf einen bestimmten<br />
Ort)<br />
- Selektion (Das Ent<strong>de</strong>cken relevanter Reize)<br />
- Alertness (Aufrechterhaltung eines vigilanten, also aufnahmefähigen Zustan<strong>de</strong>s)<br />
COLOMBO (2001) fügt noch ein viertes Aufmerksamkeitssystem, das <strong>de</strong>r endogenen<br />
Aufmerksamkeit hinzu. Darunter versteht er die willentliche Kontrolle <strong>de</strong>r<br />
Aufmerksamkeit, die sozusagen über <strong>de</strong>n drei Subsystemen steht.<br />
Die Aufmerksamkeitsprozesse fin<strong>de</strong>n im zentralen Wahrnehmungssystem statt, wie<br />
experimentelle neuropsychologische Untersuchungen zeigen.<br />
Mithilfe funktionellen bildgeben<strong>de</strong>n Verfahren wur<strong>de</strong> festgestellt, dass bei Beachtung<br />
eines bestimmten Stimulusmerkmals in <strong>de</strong>n Arealen, in welchen genau dieses<br />
Merkmal verarbeitet wird, eine erhöhte Aktivität registriert wer<strong>de</strong>n.<br />
Insgesamt sprechen diese Bef<strong>und</strong>e dafür, dass bei selektiver Beachtung bestimmter<br />
Reizmerkmale o<strong>de</strong>r Positionen eine erhöhte neuronale Aktivität in spezifischen<br />
visuellen Arealen stattfin<strong>de</strong>t. Der Effekt scheint durch eine erhöhte neuronale<br />
Aktivität bereits vor Beginn <strong>de</strong>r Stimulusdarbietung zu entstehen <strong>und</strong> nicht durch<br />
einen stärkeren Anstieg <strong>de</strong>r Reizdarbietung. Diese Reaktionsverstärkung (response<br />
enhancement) ist Ausdruck von „top-down Prozessen“ bei <strong>de</strong>r Aufmerksamkeit.<br />
Möglich wird sie durch absteigen<strong>de</strong> Bahnen im visuellen System. Weiterhin zeigen<br />
Untersuchungen dieser Art, dass eine Unterdrückung von unwichtiger visueller<br />
Information stattfin<strong>de</strong>t. Visuelle Reize o<strong>de</strong>r Reizmerkmale, die nicht beachtet wer<strong>de</strong>n,<br />
lösen wenig neuronale Aktivität aus. Der „Wettkampf“ <strong>de</strong>r multiplen Reize um<br />
Repräsentation <strong>und</strong> Weiterverarbeitung fin<strong>de</strong>t im visuellen Kortex statt. Die<br />
Steuerung <strong>de</strong>r Reizauswahl wird jedoch von Netzwerken außerhalb <strong>de</strong>s visuellen<br />
Kortexes vorgenommen (top-down), wobei insbeson<strong>de</strong>re für die räumlich gerichtete<br />
Aufmerksamkeit einige relevante Strukturen i<strong>de</strong>ntifiziert wer<strong>de</strong>n konnten. 6<br />
Fazit ist, dass die neurologischen Bef<strong>und</strong>e die Unterscheidung von drei „engeren“<br />
Aufmerksamkeitssystemen nahe legen. Die vierte Fassette steht konzeptuell <strong>de</strong>r<br />
5 vgl. POSNER & PETERSEN, 1990, S.25-42<br />
6 zusammenfassend KASTNER & UNGERLEIDER, 2000, S.315-341
-5-<br />
<strong>Konzentration</strong> sehr nahe <strong>und</strong> könnte als <strong>Konzentration</strong> bei Aufmerksamkeitsprozessen<br />
interpretiert wer<strong>de</strong>n. 7<br />
Ein Definitionsvorschlag für <strong>Konzentration</strong><br />
Menschliches Verhalten hängt einerseits von <strong>de</strong>r richtigen Informationsaufnahme ab,<br />
jedoch genauso wesentlich von <strong>de</strong>r richtigen (Weiter)-Verarbeitung <strong>de</strong>r<br />
Informationen. Ein typisches Beispiel ist das Rechnen. Die Informationen „45 x 7“<br />
von einem Blatt Papier o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Tafel zu selegieren, stellt keine<br />
Aufmerksamkeitsleistung dar, sofern keine konkurrieren<strong>de</strong> Informationen<br />
(ablenken<strong>de</strong> Störreize) vorliegen. Wenn allerdings über einen längeren Zeitraum ohne<br />
Pause an Rechenaufgaben gearbeitet wird, ist eine gute <strong>Konzentration</strong>sfähigkeit<br />
notwendig, um die Anfor<strong>de</strong>rungen erfüllen zu können. Es geht dabei darum, das<br />
Leistungsniveau längere Zeit auf hohem Niveau aufrecht zu erhalten. Konzentriertes<br />
Arbeiten wird als anstrengend erlebt. 8<br />
Im Thesaurus <strong>de</strong>r Datenbank PsycINFO fin<strong>de</strong>t man die schlichte Definition von<br />
concentration als „cognitive effort directed to one object or i<strong>de</strong>a of study“.<br />
DÜCKER (1957) vertrat eine ähnliche Auffassung. Er stellte bei <strong>Konzentration</strong> eine<br />
Steigerung <strong>de</strong>r Anspannung fest. Anspannung kann hier analog zur kognitiven<br />
Anstrengung (cognitive effort) in <strong>de</strong>r obigen Definition verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />
<strong>Konzentration</strong> beinhaltet folglich einen energetischen Aspekt.<br />
SCHMIDT-ATZERT, BÜTTNER & BÜHNER (2004) ersetzen „Anstrengung“ durch<br />
„Leistungszuwachs“ <strong>und</strong> zwar Leistungszuwachs unter einer bestimmten<br />
Randbedingung.<br />
Beispiel: Ein Schüler erledigt seine Mathematikhausaufgaben in normalerweise 60<br />
Minuten. Nehmen wir an, es lägen leistungshemmen<strong>de</strong> Bedingungen vor, etwa<br />
Müdigkeit o<strong>de</strong>r Lärm. Wenn <strong>de</strong>r Schüler trotz<strong>de</strong>m die Aufgaben in 60 Minuten<br />
erledigt, kann man davon ausgehen, dass er sich gut konzentriert hat.<br />
7 vgl. SCHMIDT-ATZERT, BÜTTNER & BÜHNER, 2004, S.10ff.<br />
8 vgl. WESTHOFF, 1995, S.389
-6-<br />
SCHMID-ATZERT, BÜTTNER & BÜHNER <strong>de</strong>finieren <strong>Konzentration</strong> <strong>de</strong>shalb als<br />
die Fähigkeit, unter Bedingungen schnell <strong>und</strong> genau zu arbeiten, die das Erbringen<br />
einer kognitiven Leistung normalerweise erschweren.<br />
<strong>Konzentration</strong> wird ausschließlich auf kognitive Leistungen beschränkt. Durch<br />
<strong>Konzentration</strong> sollte je<strong>de</strong> kognitive Leistung steigerbar sein:<br />
u.a. die Wahrnehmung, die Aufmerksamkeit, das Behalten, das Schlussfolgern, die<br />
Psychomotorik.<br />
<strong>Konzentration</strong> <strong>und</strong> Motivation<br />
Motivation ist eine notwendige, aber nicht hinreichen<strong>de</strong> Bedingung für<br />
Leistungssteigerungen. Ein Mensch, <strong>de</strong>r schwer konzentrationsgestört ist, wird selbst<br />
bei einer hohen Leistungsmotivation zu keiner nennenswerten Leistungssteigerung<br />
fähig sein. Allerdings können schlechte kognitive Leistungen auch Ausdruck<br />
mangeln<strong>de</strong>r Motivation sein. Ein <strong>Konzentration</strong>smangel wird nur angenommen, wenn<br />
die schlechten Leistungen<br />
- trotz hinreichen<strong>de</strong>r aufgabenspezifischer Fähigkeiten/Fertigkeiten (z.B.<br />
Rechenfertigkeit) <strong>und</strong><br />
- trotz hinreichen<strong>de</strong>r Motivation zu Stan<strong>de</strong> gekommen sind.<br />
Zwischenergebnis<br />
Der wesentlichste Unterschied zwischen Aufmerksamkeit <strong>und</strong> <strong>Konzentration</strong> besteht<br />
darin, dass sich die Aufmerksamkeit ausschließlich auf Wahrnehmungsprozesse<br />
bezieht <strong>und</strong> nur <strong>de</strong>r Auswahl von Reizen o<strong>de</strong>r Informationen dient, während die<br />
<strong>Konzentration</strong> je<strong>de</strong> Form <strong>de</strong>r Bearbeitung von Informationen betrifft - unabhängig<br />
vom Verarbeitungsstadium. Hinzu kommt, dass die Bearbeitung unter erschweren<strong>de</strong>n<br />
Bedingungen stattfin<strong>de</strong>n muss.<br />
In Abbildung 1 sind die unterschiedlichen Zugriffsstellen von Aufmerksamkeit <strong>und</strong><br />
<strong>Konzentration</strong> auf die Informationsaufnahme <strong>und</strong> Weiterverarbeitung<br />
veranschaulicht.
Abbildung 1:<br />
Rei<br />
-7-<br />
z<br />
Aufmerksamkeit <strong>und</strong> <strong>Konzentration</strong> als unabhängige Konstrukte. Die Aufmerksamkeit hat<br />
ausschließlich einen Einfluss auf die Wahrnehmung, die <strong>Konzentration</strong> wirkt primär auf die<br />
Weiterverarbeitung <strong>de</strong>r selegierten Reize, kann aber auch die Wahrnehmung betreffen<br />
(„konzentrierte Aufmerksamkeit“) <strong>und</strong> <strong>de</strong>n mentalen Anteil einer Reaktion (Handlungsplanung,<br />
Psychomotorik). 9<br />
Auch wenn eine klare Abgrenzung <strong>de</strong>r Konstrukte letztlich schwierig bleibt, so geht<br />
man doch davon aus, dass sie sich aus mehreren Komponenten zusammensetzen 10 , die<br />
im Zusammenhang mit <strong>de</strong>n schulischen Anfor<strong>de</strong>rungen auch alle relevant<br />
wer<strong>de</strong>n:<br />
Aufmerksamkeit <strong>Konzentration</strong><br />
Wahrnehmung Weiterverarbeitung<br />
Selektion <strong>und</strong> Fokussierung: Schüler/Innen müssen ein Selektionskriterium bil<strong>de</strong>n<br />
(was ist wichtig?). Zugleich sind Merkmale zu bestimmen, von <strong>de</strong>nen abzusehen ist.<br />
Dauer: Das konzentrierte Verhalten muss über einen längeren Zeitraum aufrecht<br />
erhalten wer<strong>de</strong>n (z.B. um einer Gruppendiskussion zu folgen).<br />
Vigilanz: Daueraufmerksamkeit auf selten auftreten<strong>de</strong> Reize (z.B. wenn innerhalb von<br />
Aufgabenserien Ausnahmefälle zu beachten sind).<br />
Geteilte Aufmerksamkeit: Iin vielen Situationen ist es notwendig, Aufmerksamkeit<br />
<strong>und</strong> <strong>Konzentration</strong> zu teilen (z.B. wenn während einer Arbeitsphase weitere<br />
Anweisungen gegeben wer<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r wenn mehr als eine Modalität zugleich<br />
beansprucht wird, etwa in multimedialen Lernumgebungen).<br />
Integration von Information: Die schulischen Anfor<strong>de</strong>rungen verlangen häufig, dass<br />
zugleich Information verarbeitet wird, die aus unterschiedlichen Quellen kommt (z.B.<br />
9 vgl. SCHMIDT-ATZERT, BÜTTNER & BÜHNER, 2004, S.18<br />
10 vgl. COHEN, 1993; NEUMANN, 1996; STURM & ZIMMERMANN, 2000, zit. nach<br />
BÜTTNER/SCHMIDT-ATZERT, 2004, S.18ff.<br />
Reaktion
-8-<br />
akustisch vermittelte Information gemeinsam mit Folienprojektionen o<strong>de</strong>r<br />
Wandbil<strong>de</strong>rn).<br />
Ablenkungsresistenz <strong>und</strong> Hemmung alternativer Handlungsimpulse: Der schulische<br />
Kontext bringt es mit sich, dass durch äußere o<strong>de</strong>r innere Reize<br />
(Umgebungsgeräusche, visuelle Reize, wan<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Gedanken, unerledigte Aufgaben,<br />
Emotionen) <strong>de</strong>r Fokus gegen diese Einflüsse aufrecht erhalten wer<strong>de</strong>n muss.<br />
Fokuswechsel <strong>und</strong> kognitive Flexibilität: Die schulischen Anfor<strong>de</strong>rungen verlangen<br />
die Fähigkeit, von einer Aufgabe zu einer an<strong>de</strong>ren zu wechseln. Dies stellt eine<br />
beson<strong>de</strong>re Hür<strong>de</strong> dar, wenn dieser Wechsel von außen bestimmt wird o<strong>de</strong>r wenn in<br />
kurzfristigem Wechsel verschie<strong>de</strong>ne Informationsquellen beachtet wer<strong>de</strong>n müssen.<br />
Organisations- <strong>und</strong> Handlungsplanung: Lernen <strong>und</strong> Arbeiten in <strong>de</strong>r Schule erfor<strong>de</strong>rn<br />
strategisches Vorgehen <strong>und</strong> die Fähigkeit, sich selbst <strong>und</strong> die erfor<strong>de</strong>rlichen<br />
Materialien zu organisieren <strong>und</strong> gegebenenfalls Vorgaben hinsichtlich Zeit <strong>und</strong><br />
Verfahrensweisen einzuhalten.<br />
Motorische Koordination: Der Kontext Schule <strong>und</strong> Unterricht verlangt sowohl<br />
feinmotorische als auch grobmotorische Kontrolle. Es wird erwartet, dass die<br />
Schüler/Innen Bewegungsimpulse steuern <strong>und</strong> die motorischen Aspekte <strong>de</strong>r<br />
Handlungsplanung an die jeweilige Situation anpassen können. Auch wenn<br />
motorische Unruhe wahrscheinlich zu häufig mit Mangel an <strong>Konzentration</strong> in<br />
Verbindung gebracht wird, bleibt doch die Problematik, dass motorische Unruhe ein<br />
Ausdruck von dysfunktionaler Regulation <strong>de</strong>s psycho-physiologischen<br />
Erregungsniveaus sein kann (arousal). 11<br />
2.2. <strong>Rhythmus</strong><br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich wird <strong>de</strong>r Begriff „<strong>Rhythmus</strong>“ sowohl in Bezug auf <strong>de</strong>n menschlichen<br />
als auch auf <strong>de</strong>n musikalischen <strong>Rhythmus</strong> verwen<strong>de</strong>t.<br />
Der menschliche <strong>Rhythmus</strong> beinhaltet zum Einen alle körperlichen Abläufe 12 , aber<br />
auch die Strukturierung unseres Alltags. 13<br />
Unser menschliches Dasein unterliegt also einem <strong>Rhythmus</strong> <strong>de</strong>r Jahres- <strong>und</strong><br />
Tageszeiten ebenso wie einem <strong>Rhythmus</strong> <strong>de</strong>r Herz- <strong>und</strong> Atmungsfunktion.<br />
RITTMANN, 2004, betont. „Biologische <strong>und</strong> musikalische Rhythmen haben eine<br />
11 vgl. IMHOF in BÜTTNER, 2004, S.233ff.<br />
12 vgl. HAUFF, 1943; HECKLER, 1987; KUMAR, 2002, zit. nach PASEWARK, 2005, S.74<br />
13 vgl. BOGACKI, 1999; GÖDDE, 1999; BUB-JACHENS, 1999; MLETZKO/MLETZKO, 2002, zit.<br />
nach PASEWARK, 2005, S.74
-9-<br />
Verlässlichkeit gemeinsam, die wir als beruhigend empfin<strong>de</strong>n. Ohne diese<br />
Strukturierungshilfen wäre die Welt für unsere Wahrnehmung nicht erfassbar, sie<br />
wäre chaotisch.“ 14<br />
Im Folgen<strong>de</strong>n steht die Arbeit mit <strong>de</strong>m musikalischen <strong>Rhythmus</strong> im Zentrum <strong>de</strong>r<br />
Betrachtungen. Sie kann jedoch nicht losgelöst vom menschlichen <strong>Rhythmus</strong><br />
betrachtet wer<strong>de</strong>n. Den Zusammenhang bei<strong>de</strong>r Bereiche ver<strong>de</strong>utlicht RITTMANN,<br />
2004, folgen<strong>de</strong>rmaßen: „Musikalische Rhythmen können Körperfunktionen<br />
beeinflussen: Der rasche Beat von Technomusik regt Herzfrequenz, Atmung,<br />
Hautwi<strong>de</strong>rstand <strong>und</strong> Transpirationsprozesse an. Im Gegenzug kann ein am Ruhepuls<br />
orientierter <strong>Rhythmus</strong> für eine Beruhigung sorgen.“ Rhythmen können ebenso bei <strong>de</strong>r<br />
Verarbeitung geistiger Prozesse eine positive Rolle spielen <strong>und</strong> zu einer inneren<br />
Ordnung führen.<br />
<strong>Rhythmus</strong> bestimmt zusammen mit <strong>de</strong>n Komponenten Metrum <strong>und</strong> Tempo <strong>de</strong>n<br />
zeitlichen Ablauf von Musik. 15<br />
Zur Ver<strong>de</strong>utlichung dient Abbildung 2.<br />
Abbildung 2: 16<br />
<strong>Rhythmus</strong><br />
= Glie<strong>de</strong>rung in lange <strong>und</strong><br />
kurze Tondauer<br />
Metrum Tempo<br />
= Glie<strong>de</strong>rung in betonte <strong>und</strong> unbetonte Taktteile = (schnelles o<strong>de</strong>r langsames) Zeitmaß<br />
Darstellung <strong>de</strong>r Komponenten <strong>de</strong>r Musik<br />
14 RITTMANN, 2004, S.44<br />
15 vgl. ZIEGENRÜCKER, 1997, zit. nach PASEWARK, 2005, S.75<br />
16 PASEWARK, 2005, S.75<br />
Musik
-10-<br />
Der musikalische <strong>Rhythmus</strong> stellt <strong>de</strong>n „wichtigsten <strong>und</strong> spezifischsten Zeitfaktor <strong>de</strong>r<br />
Musik“ dar. 17 Er bezeichnet einen Vorgang, „<strong>de</strong>ssen Bestandteile geordnet,<br />
geglie<strong>de</strong>rt, aufeinan<strong>de</strong>r bezogen sind <strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen regelmäßige Verlaufsgestalt durch<br />
bestimmte Akzentuierungen <strong>und</strong> Wie<strong>de</strong>rholungen gekennzeichnet ist.“ 18<br />
MEHNER/HAGER (1983) bezeichnen mit <strong>de</strong>m musikalischen <strong>Rhythmus</strong> „die<br />
Tondauerbeziehungen als zeitliche Gestaltungsqualitäten, basierend auf <strong>de</strong>n<br />
Zeitablauf glie<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Tonwerten.“ 19<br />
2.2.1.Bestimmung <strong>de</strong>s Begriffes „Rhythmik“<br />
Die Arbeitsmetho<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Beschäftigung mit <strong>de</strong>m musikalischen <strong>Rhythmus</strong> wird unter<br />
pädagogischem Aspekt <strong>und</strong> im Folgen<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m Begriff „Rhythmik“ bezeichnet.<br />
Eine ein<strong>de</strong>utige Definition für Rhythmik ließ sich in <strong>de</strong>r Literatur nicht fin<strong>de</strong>n. Im<br />
Folgen<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n die aktuellsten aus <strong>de</strong>r Vielzahl unterschiedlicher Definitionen<br />
dargestellt, die auch in <strong>de</strong>n Beschreibungen theoretischer Gr<strong>und</strong>lagen in <strong>de</strong>r Literatur<br />
immer wie<strong>de</strong>r zitiert wer<strong>de</strong>n.<br />
GLATHE/KRAUSE-WICHERT (1989) <strong>de</strong>finieren die Rhythmik als „ein<br />
pädagogisches Prinzip, das durch Bewegung in Verbindung mit Musik <strong>und</strong> Sprache<br />
Lern- <strong>und</strong> Entwicklungsprozesse in Gang setzt.“ 20 Der Schwerpunkt dieser Definition<br />
von Rhythmik liegt auf <strong>de</strong>r Arbeit mit <strong>de</strong>m eigenen Körper.<br />
GRÄTZ (1989) <strong>de</strong>finiert Rhythmik als „ein Unterrichtsprinzip, das die<br />
<strong>Rhythmus</strong>gesetzmäßigkeiten <strong>de</strong>s strukturieren<strong>de</strong>n <strong>und</strong> erneuern<strong>de</strong>n Wie<strong>de</strong>rholens mit<br />
<strong>de</strong>n Mitteln von Bewegung, Sprache <strong>und</strong> Musik <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Parametern Zeit, Raum,<br />
Dynamik <strong>und</strong> Form verwirklicht, wodurch Wahrnehmungs- <strong>und</strong> Gestaltungsprozesse<br />
aktiviert wer<strong>de</strong>n.“ Sie beschreibt in ihrer Definition <strong>de</strong>n <strong>Rhythmus</strong> inhaltlich <strong>und</strong><br />
schafft so die Verbindung zur Rhythmik.<br />
STABE (1996) <strong>de</strong>finiert Rhythmik folgen<strong>de</strong>rmaßen: „Rhythmik ist ein methodisches<br />
Verfahren, eine Unterrichtsmetho<strong>de</strong>, welche entwe<strong>de</strong>r innerhalb <strong>de</strong>s Faches Rhythmik<br />
17 MEHNER/HAGEN, 1983, S.19<br />
18 RÖTHIG, 1990, S.53<br />
19 MEHNER/HAGER, 1983, S.26<br />
20 GLATHE/KRAUSE-WICHERT, 1989, zit. nach PASEWARK, 2005, S.76
-11-<br />
o<strong>de</strong>r aber fächerübergreifend – umfassend angewandt wer<strong>de</strong>n kann. Von daher wird<br />
<strong>de</strong>r Begriff ‚Erziehung durch Rhythmik zu Rhythmik‘ hier geprägt. Die Theorie <strong>de</strong>r<br />
Rhythmik basiert auf <strong>de</strong>m Hintergr<strong>und</strong> neuro -, entwicklungs -, <strong>und</strong><br />
lernpsychologischer Gr<strong>und</strong>lagen. Rhythmik setzt durch die Mittel Musik, Bewegung,<br />
Sprache <strong>und</strong> Medien sowie durch die typischen Rhythmikmetho<strong>de</strong>n<br />
Kommunikations- <strong>und</strong> Gestaltungsprozesse in Erlebnissituationen in Gang <strong>und</strong><br />
intensiviert motiviertes Lernen. Dabei wird <strong>de</strong>r Schüler in seiner ganzheitlichen<br />
Entwicklung <strong>und</strong> in seinem ganzheitlichen Erleben unterstützend geför<strong>de</strong>rt. Rhythmik<br />
ist sowohl erlebnis - als auch lernzielorientiert. Lernprozesse wer<strong>de</strong>n von Lehrern<br />
initiiert <strong>und</strong> strukturiert unter Beachtung bestimmter methodischer Vorgehensweisen<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>m geplanten Einsatz typischer Rhythmikmedien in Verbindung mit Musik ,<br />
Bewegung <strong>und</strong> Sprache. In <strong>de</strong>r Rhythmik – Unterrichtsmetho<strong>de</strong> wird <strong>Rhythmus</strong><br />
aktiviert <strong>und</strong> methodisch genutzt. Denn <strong>Rhythmus</strong> bewirkt beim Menschen Ordnung,<br />
Glie<strong>de</strong>rung, Strukturierung, Akzentuierung <strong>und</strong> Aktivierung. Die Mittel <strong>de</strong>r<br />
Rhythmik: Musik, Bewegung, Sprache <strong>und</strong> Medien in Raum, Zeit, Dynamik <strong>und</strong><br />
Form bewirken beim Schüler <strong>und</strong> bei <strong>de</strong>r Gruppe effektive senso – <strong>und</strong><br />
psychomotorische Wahrnehmungsprozesse.“ 21<br />
2.2.2. Mittel <strong>de</strong>r Rhythmik<br />
Das Mittel Musik beinhaltet immer <strong>de</strong>n musikalischen <strong>Rhythmus</strong>. Unter methodisch-<br />
didaktischem Aspekt dient ihr Einsatz in <strong>de</strong>r Rhythmik einerseits <strong>de</strong>r Motivierung <strong>und</strong><br />
Schaffung einer positiven Arbeitsatmosphäre, wobei sie als Ordnungsprinzip im Sinne<br />
einer objektiven Ordnung (d.h. einer Ordnung, die <strong>de</strong>r Musik durch ihre<br />
Bestimmungsmerkmale <strong>Rhythmus</strong>, Metrum, Tempo innewohnt) wirkt. An<strong>de</strong>rerseits<br />
verhilft sie auch als Prinzip zur Entwicklung einer subjektiven (inneren) Ordnung,<br />
in<strong>de</strong>m sie z.B. die Wahrnehmung verfeinert. 22<br />
Bewegung bil<strong>de</strong>t die motorische Komponente <strong>de</strong>r Rhythmik, aufbauend auf <strong>de</strong>m<br />
natürlichen Bewegungsbedürfnis <strong>de</strong>s Menschen. Bewegung als Element <strong>de</strong>r<br />
Rhythmik ist eng an Prozesse <strong>de</strong>r Wahrnehmung (optisch, akustisch, taktil,<br />
kinästhetisch) <strong>und</strong> Selbsterfahrung geknüpft.<br />
21 STABE, 1996, S.47f.<br />
22 vgl. SOMMER, 2004, zusammengefasst nach PASEWARK, 2005, S.77
-12-<br />
Für die Sprache als rhythmisches Mittel ist in <strong>de</strong>r Literatur keine ein<strong>de</strong>utige<br />
Begriffserklärung zu fin<strong>de</strong>n. Sie dient vor allem zur vielfältigen Gestaltung von<br />
Übungen in Form von Lautäußerungen, Singen <strong>und</strong> <strong>de</strong>m sprachlichen Rhythmisieren.<br />
Die rhythmisch- musikalische För<strong>de</strong>rung ist jedoch auch ohne die Arbeit mit Sprache<br />
möglich.<br />
Vielfältige Medien fin<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Rhythmik ihren Einsatz. Von Seilen <strong>und</strong> Bällen über<br />
Naturmaterialien <strong>und</strong> Alltagsgegenstän<strong>de</strong>n bis hin zu Musikinstrumenten ist je<strong>de</strong>r<br />
„bespielbare“ Gegenstand als Medium in <strong>de</strong>r Rhythmik verwendbar. Welche Vorzüge<br />
die Verwendung von Medien mit sich bringt, beschreibt SOMMER, 2004: „Von<br />
Geräten geht oft eine starke Faszination aus; sie können durch ihr Aussehen, ihre<br />
Eigenschaften <strong>und</strong> Manipulationsmöglichkeiten faszinieren <strong>und</strong> über diese<br />
Faszination stimulieren, emotional <strong>und</strong> kommunikativ lösen, entspannen, befreien <strong>und</strong><br />
zu kreativem Han<strong>de</strong>ln anregen. Sie können zur Entfaltung von Selbsttätigkeit,<br />
Selbstkontrolle <strong>und</strong> Selbständigkeit einen wichtigen Beitrag leisten <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>lage<br />
für Sachkompetenz legen; ebenso können sie Symbol, aber auch Anreger <strong>und</strong> Mittler<br />
für kommunikative Prozesse wer<strong>de</strong>n.“ 23<br />
2.3. Untersuchungen über Transfereffekte durch Musik<br />
THAUT beforscht im Zentrum für biomedizinische Musikforschung an <strong>de</strong>r Colorado<br />
State University die Wirkung von Musik <strong>und</strong> im Beson<strong>de</strong>ren von Rhythmik auf das<br />
Gehirn. Er stellte fest, dass Musik das Vegetativum zum Mitschwingen bringt, selbst<br />
wenn die Aufmerksamkeit <strong>de</strong>r Versuchsperson abgelenkt ist. 24 So kann Musik Puls,<br />
Blutdruck, Atmung, Hautwi<strong>de</strong>rstand, Hormonhaushalt, Stoffwechsel <strong>und</strong> Verdauung<br />
beeinflussen. Der <strong>Rhythmus</strong> hat beson<strong>de</strong>ren Einfluss auf die Motorik <strong>und</strong> die<br />
Muskeln in <strong>de</strong>n Beinen. Dies liegt vermutlich an <strong>de</strong>r unmittelbaren Nähe von<br />
<strong>Rhythmus</strong>- <strong>und</strong> Bewegungszentrum im Gehirn. Rüdiger Liedtke stellt hierzu fest, dass<br />
das Lösen von Rechenaufgaben Muskelpotentiale im Stirnbereich aktiviert <strong>und</strong> Bachs<br />
Musik Potentiale sowohl im Bein- als auch im Stirnbereich aktiviert. 25<br />
THAUT hat mehrere musiktherapeutische Metho<strong>de</strong>n entwickelt, die verschie<strong>de</strong>nen<br />
Formen von Aufmerksamkeit <strong>und</strong> <strong>Konzentration</strong> anzuregen:<br />
23 SOMMER, 2004, zit. nach PASEWARK, 2005, S.78<br />
24 vgl. KAPTEINA, 2006, S.28-46<br />
25 vgl. LIEDTKE, 1985, S. 42
-13-<br />
• Selektive Aufmerksamkeit: z.B. durch Vor- <strong>und</strong> Nachspielen musikalischer Patterns;<br />
•Anhalten<strong>de</strong> Aufmerksamkeit: z.B. Verän<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>r gemeinsamen<br />
Improvisation wer<strong>de</strong>n durch Signalmotive eingeleitet;<br />
• Alternieren<strong>de</strong> Aufmerksamkeit: z.B. durch Gruppenimprovisationen mit Solo/Tutti-<br />
Aufgabenstellungen;<br />
• Geteilte Aufmerksamkeit: z.B. durch Instrumentenwechsel bei einem vereinbarten<br />
Signalmotiv;<br />
• Daueraufmerksamkeit: z.B. durch das Halten eines Metrums / Tempos über einen<br />
längeren Zeitraum.<br />
SCHMUCK (1985) führte ein rhythmisch-musikalisches Training mit 22<br />
Jugendlichen mit geistiger Behin<strong>de</strong>rung durch. Die Ergebnisse zeigten neben einer<br />
ausgeprägten Verbesserung <strong>de</strong>s Sozialverhaltens auch eine signifikante Verbesserung<br />
<strong>de</strong>r motorischen Leistungen <strong>und</strong> eine Verbesserung <strong>de</strong>r <strong>Konzentration</strong>sleistung.<br />
In einem Unterrichtszeitraum von 20 Wochen wur<strong>de</strong> das Training jeweils eine St<strong>und</strong>e<br />
pro Woche durchgeführt (Untersuchungs-, Kontrollgruppen-Design). Anhand<br />
verschie<strong>de</strong>ner Tests, die je einmal vor, während <strong>und</strong> nach <strong>de</strong>m<br />
Untersuchungszeitraum eingesetzt wur<strong>de</strong>n sowie einer soziografischen Befragung vor<br />
<strong>und</strong> nach <strong>de</strong>m Training schlussfolgerte SCHMUCK <strong>de</strong>n Transfer <strong>de</strong>s rhythmisch-<br />
musikalischen Trainings auf alle Untersuchungsbereiche.<br />
STABE (1996) konnte in einer Untersuchung mit 202 Schülern mit geistiger<br />
Behin<strong>de</strong>rung im Alter von 16 bis 24 Jahren verschie<strong>de</strong>ner Schulen für Geistig<br />
Behin<strong>de</strong>rte einen Transfereffekt einer einmal wöchentlich stattfin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n rhythmisch-<br />
musikalischen För<strong>de</strong>rung (zwischen 45 <strong>und</strong> 90 Minuten) auf die Bereiche<br />
Wahrnehmung, Denken, Sprache <strong>und</strong> <strong>Konzentration</strong> nachweisen. Die Untersuchung<br />
erstreckte sich über einen Zeitraum von einem Jahr an 11 Rhythmikgruppen <strong>und</strong> 17<br />
Kontrollgruppen. Auch STABE verwen<strong>de</strong>te für die Überprüfung ihrer Hypothesen<br />
verschie<strong>de</strong>ne Tests, außer<strong>de</strong>m Leistungs- <strong>und</strong> Einschätzungs-<br />
Verhaltensbeobachtungsbögen.<br />
Eine zwischen 1992 <strong>und</strong> 1998 durchgeführten Langzeitstudie von BASTIAN (2000)<br />
zum Einfluss von erweiterter Musikerziehung auf die allgemeine <strong>und</strong> individuelle<br />
Entwicklung von Gr<strong>und</strong>schülerInnen an sieben Berliner Gr<strong>und</strong>schulen ergab folgen<strong>de</strong>
-14-<br />
Ergebnisse: Neben <strong>de</strong>utlichen Verbesserungen <strong>de</strong>s Sozialverhaltens zeigten sich auch<br />
eine Erhöhung <strong>de</strong>s IQ-Werts, eine Verbesserung <strong>de</strong>r allgemeinen schulischen<br />
Leistungen sowie eine <strong>de</strong>utliche Kompensation von <strong>Konzentration</strong>sschwächen. Die<br />
Studie fand an fünf Mo<strong>de</strong>llschulen <strong>und</strong> zwei Vergleichsschulen statt.<br />
2.3.1. Kritische Betrachtung <strong>de</strong>r vorgestellten Untersuchungen<br />
Allen Untersuchungen gemein ist, dass sie sich ausschließlich auf Teilbereiche <strong>de</strong>r<br />
Persönlichkeitsför<strong>de</strong>rung beziehen. Dies impliziert das wissenschaftliche Bewusstsein<br />
darüber, dass Rhythmik als ganzheitliche Arbeitsmetho<strong>de</strong> in ihrer Komplexität nicht<br />
quantifiziert fassbar ist. Es ist außeror<strong>de</strong>ntlich schwierig, Transfereffekte <strong>und</strong> die<br />
dafür relevanten Bedingungen statistisch nachzuweisen. 26<br />
So muss z.B. die Untersuchung von STABE (1996) aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r ausschließlich<br />
statistischen Überprüfung anhand von Tests, um Aussagen über einen Transfereffekt<br />
machen zu können, kritisch bewertet wer<strong>de</strong>n. Im Zentrum <strong>de</strong>s Transfers steht <strong>de</strong>r<br />
Schüler in seinem Bedingungsfeld Schule. Die Vorgehensweise <strong>de</strong>r Überprüfung von<br />
STABE lässt diese Tatsache insofern außer acht, dass relevante Bedingungen, die<br />
<strong>de</strong>m Schüler <strong>de</strong>n Transfer möglich bzw. unmöglich machten (seine subjektive Sicht),<br />
nicht in die Auswertung mit einbezogen wur<strong>de</strong>n. 27<br />
„So konstituiert z.B. eine Vielzahl äußerer (Umwelt-) <strong>und</strong> innerer (subjektiver)<br />
Bedingungen <strong>de</strong>n pädagogischen Bereich, <strong>de</strong>m alle vorliegen<strong>de</strong>n Untersuchungen<br />
zuzuordnen sind. Unter diesem Aspekt wird eine gr<strong>und</strong>legen<strong>de</strong> Komponente völlig<br />
außer acht gelassen: die Arbeit erfolgt mit <strong>de</strong>m ‚Subjekt Mensch‘, nicht an einem<br />
statistisch prüfbaren Objekt. Die intern ablaufen<strong>de</strong>n Prozesse sind durch statistische<br />
Tests nicht messbar <strong>und</strong> bedürfen <strong>de</strong>r Explikation durch das Individuum selbst.“ 28<br />
Daher erscheint es am sinnvollsten, neben <strong>de</strong>r Durchführung von statistischen Tests<br />
die Individuen zu <strong>de</strong>n subjektiv erlebten Trainings-<strong>und</strong> Transfereffekten selbst zu<br />
befragen.<br />
26 vgl. PASEWARK, 2005, S.129<br />
27 vgl. PASEWARK, 2005, S.129<br />
28 vgl. PASEWARK, 2005, S.130
3. Hypothesenbildung<br />
-15-<br />
Unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r Tatsache, dass <strong>Konzentration</strong> <strong>und</strong> Aufmerksamkeit nur<br />
bedingt voneinan<strong>de</strong>r getrennt wer<strong>de</strong>n können, soll eine Verbesserung <strong>de</strong>r<br />
<strong>Konzentration</strong>sleistung nach rhythmischer Aktivität festgestellt wer<strong>de</strong>n. Dies führt zu<br />
<strong>de</strong>r Forschungshypothese: „Nach einer halbstündigen <strong>Rhythmus</strong>übungen verbessert<br />
sich die <strong>Konzentration</strong>sleistung.“ Entsprechend ist die Gegenhypothese: „Nach einer<br />
halbstündigen <strong>Rhythmus</strong>übungen verbessert sich die <strong>Konzentration</strong>sleistung nicht.“<br />
4. Versuch<br />
4.1. Vorüberlegungen<br />
Bei <strong>de</strong>r Planung <strong>de</strong>s Versuchs müssen einige Vorüberlegungen gemacht wer<strong>de</strong>n. Es<br />
muss eine Möglichkeit gef<strong>und</strong>en wer<strong>de</strong>n, Unterschie<strong>de</strong> von <strong>Konzentration</strong>sleistungen<br />
vor <strong>und</strong> nach <strong>Rhythmus</strong>übungen feststellen zu können. Des Weiteren bedarf es einer<br />
geeigneten <strong>Rhythmus</strong>übung, die <strong>de</strong>n gewünschten Erfolg erzielt.<br />
Es soll wie folgt vorgegangen wer<strong>de</strong>n: Zunächst wird ein <strong>Konzentration</strong>stest<br />
durchgeführt, um die anfängliche <strong>Konzentration</strong>sfähigkeit festzustellen. Darauf folgt<br />
eine 30 minütige <strong>Rhythmus</strong>übung. Anschließend soll erneut die<br />
<strong>Konzentration</strong>sfähigkeit getestet wer<strong>de</strong>n.<br />
Bei einem <strong>Konzentration</strong>stest ist zu beachten, dass durch Wie<strong>de</strong>rholung ein<br />
Übungseffekt eintritt. 29 Entsprechend muss für die Vergleichbarkeit zweier<br />
Testergebnisse <strong>de</strong>r mitwirken<strong>de</strong> Übungseffekt herausgerechnet wer<strong>de</strong>n. Hierfür<br />
benötigt man eine Vergleichsgruppe, die zwei aufeinan<strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong><br />
<strong>Konzentration</strong>stests ohne <strong>Rhythmus</strong>übung durchführt, um <strong>de</strong>n Übungseffekt<br />
berechnen zu können.<br />
4.2. Materialsammlung<br />
4.2.1. Revisions-Test<br />
Um <strong>de</strong>n Einfluss einer <strong>Rhythmus</strong>übung auf die <strong>Konzentration</strong>sfähigkeit messen zu<br />
können, bietet sich ein standardisierter <strong>Konzentration</strong>stest an.<br />
29 Vgl. BÜTTNER, 2004, S.44ff.
-16-<br />
Bei <strong>de</strong>r Testauswahl waren wir auf das Angebot <strong>de</strong>r Testbibliothek <strong>de</strong>r Universität<br />
Hamburg angewiesen. Für die Altersgruppe unserer Proban<strong>de</strong>n, Stu<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>r<br />
Musikwissenschaften <strong>de</strong>r Universität Hamburg, sowie Jugendliche <strong>und</strong> Erwachsene<br />
aus unserem Fre<strong>und</strong>eskreis, kam nur <strong>de</strong>r „Revisions-Test“ nach MARSCHNER in<br />
Frage.<br />
An<strong>de</strong>re Tests, die uns zur Verfügung stan<strong>de</strong>n, waren für die Zielgruppe zu einfach,<br />
sodass meist die maximale Punktzahl erreicht wur<strong>de</strong>.<br />
Bei <strong>de</strong>m „Revisions-Test“ aus <strong>de</strong>m Jahr 1972 nach Marschner han<strong>de</strong>lt es sich um<br />
einen Rechentest mit Speedfaktor.<br />
Erfasstes Konzept: Anhalten<strong>de</strong> <strong>Konzentration</strong> bei routinemäßiger, geistiger<br />
Tempoarbeit;<br />
Altersbereich : 16 bis 75 Jahre (seit 1980 ab 9,6 Jahren);<br />
Eichstichprobe: N = 9.825;<br />
Reliabilität: Interne Konsistenz zwischen r = 0,90 <strong>und</strong> r = 0,97;<br />
Retest-Reliabilität nach zwei Jahren r = 0,86,<br />
nach drei Jahren r = 0,75;<br />
Validität: Hohe Korrelation zu konstruktnahen Tests; gute<br />
prognostische Validität;<br />
Bearbeitungsdauer: Einschließlich Instruktionen ca. 20 Minuten. Als Einzel-<br />
o<strong>de</strong>r Gruppentest anwendbar.<br />
Bei <strong>de</strong>m Revisionstest wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Proban<strong>de</strong>n, nach einer kurzen Einweisung, 15<br />
Zeilen à 45 Spalten mit einfachen Additionsaufgaben bearbeitet. Für je<strong>de</strong> Zeile stehen<br />
30 Sek<strong>und</strong>en Bearbeitungszeit zur Verfügung. Durch die hohe Anzahl <strong>de</strong>r Spalten<br />
kommt eine vollständige Lösung einer Zeile nur sehr selten vor. Die Summe <strong>de</strong>r<br />
gelösten Aufgaben 30 , sowie die Anzahl <strong>de</strong>r Fehler <strong>und</strong> Korrekturen sollen eine<br />
Aussage über die <strong>Konzentration</strong>sfähigkeit liefern. Diese drei Faktoren wer<strong>de</strong>n<br />
getrennt von einan<strong>de</strong>r betrachtet, um ein möglichst differenziertes Ergebnis zu<br />
erhalten. Eine interindividuelle objektive Vergleichbarkeit ist nicht erfor<strong>de</strong>rlich, da<br />
nur intraindividuelle Verän<strong>de</strong>rung zweier Messwerte untersucht wer<strong>de</strong>n soll. Ein<br />
weiterer Vorteil dieses Tests liegt darin, dass er sowohl einzeln als auch in Gruppen<br />
durchgeführt wer<strong>de</strong>n kann.<br />
30 Im Folgen<strong>de</strong>n „Rohwerte“ genannt
4.2.1.1. Berechnung <strong>de</strong>s Übungseffekts<br />
-17-<br />
Um <strong>de</strong>n Grad <strong>de</strong>r Verbesserung <strong>de</strong>r Leistung, wenn man einen <strong>Konzentration</strong>stest<br />
wie<strong>de</strong>rholt, festzustellen, testeten wir eine Vergleichsgruppe (Stu<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>r<br />
Musikwissenschaft). Es wur<strong>de</strong>n zwei aufeinan<strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong> Tests <strong>und</strong> statt einer<br />
<strong>Rhythmus</strong>übung eine Pause vorgenommen. 31<br />
Um die Effektgröße zu berechnen, teilten wir die Differenz <strong>de</strong>r Mittelwerte durch die<br />
Standardabweichung <strong>de</strong>r einzelnen Rohwerte- bzw. <strong>de</strong>r Fehler- <strong>und</strong><br />
Korrekturdifferenzen. Ab einem Wert von 0,8 ist ein Effekt stark. Für die<br />
Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Rohwerte ergab sich eine Effektgröße von 1,11. Die Effektgröße <strong>de</strong>r<br />
Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r Fehler ist 0,96. Für die Korrekturen ergibt sich eine<br />
Effektgröße von 0,87. Die Wie<strong>de</strong>rholung verursacht also eine starke Verbesserung.<br />
4.2.2. Fragebogen<br />
Neben <strong>de</strong>r Feststellung <strong>de</strong>r erreichten <strong>Konzentration</strong>swerte sind für die Auswertung<br />
<strong>de</strong>r Daten die musikalische Erfahrung, die Motivation, die Tagesform <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Grad<br />
<strong>de</strong>r Anstrengung durch die Übung auf <strong>de</strong>n Proban<strong>de</strong>n von Interesse. Diese<br />
Informationen sollen mittels Fragebogen 32 eingeholt wer<strong>de</strong>n. Wichtig ist hierbei, dass<br />
die Abfrage <strong>de</strong>r Informationen vor eventueller Bekanntgabe <strong>de</strong>r Ergebnisse erfolgt, da<br />
die Proban<strong>de</strong>n sonst dazu neigen könnten, eventuell schlechte Ergebnisse<br />
rechtfertigen zu wollen. 33<br />
Bei einem geringen Grad an Motivation könnte z.B. die „Wirkung“ <strong>de</strong>r<br />
<strong>Rhythmus</strong>übung ausbleiben <strong>und</strong> vice versa. Entsprechend könnte auch eine zu<br />
anstrengen<strong>de</strong> <strong>Rhythmus</strong>übung erschöpfend <strong>und</strong> damit verschlechternd wirken.<br />
4.2.3. <strong>Rhythmus</strong>übung<br />
Ziel <strong>de</strong>r Übung soll es sein, die <strong>Konzentration</strong>sfähigkeit zu för<strong>de</strong>rn. Im Folgen<strong>de</strong>n<br />
wollen wir uns insbeson<strong>de</strong>re an <strong>de</strong>n musiktherapeutischen Metho<strong>de</strong>n THAUTs<br />
orientieren. Für die Lösung von Rechenaufgaben bedarf es selektiver <strong>und</strong> anhalten<strong>de</strong>r<br />
Aufmerksamkeit. Die selektive Aufmerksamkeit wird nach THAUT u.a. durch Vor-<br />
<strong>und</strong> Nachspielübungen angeregt. Da <strong>de</strong>n Proban<strong>de</strong>n die Übung beigebracht wer<strong>de</strong>n<br />
muss - im Ganzen o<strong>de</strong>r in Teilen -, wird diese Form <strong>de</strong>r<br />
Aufmerksamkeit/<strong>Konzentration</strong> angeregt. Die anhalten<strong>de</strong> – o<strong>de</strong>r sogar<br />
31 Ergebnisse siehe Abbildung 6<br />
32 siehe Abbildung 8<br />
33 vgl. BÜTTNER, 2004, S.46f.
-18-<br />
Daueraufmerksamkeit – kann durch das Halten eines Metrums über einen längeren<br />
Zeitraum erreicht wer<strong>de</strong>n. Ein weiteres Mittel ist die Ankündigung von<br />
Verän<strong>de</strong>rungen durch Signalmotive. Ein zu erlernen<strong>de</strong>r <strong>Rhythmus</strong> sollte über einen<br />
Zeitraum von min<strong>de</strong>stens 30 Minuten gespielt wer<strong>de</strong>n. 34 Über diesen Zeitraum<br />
wer<strong>de</strong>n die verschie<strong>de</strong>nen Stimmen erlernt <strong>und</strong> durch Einzählen (Signalmotiv)<br />
eingeleitet. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Proban<strong>de</strong>n unterschiedlich große<br />
Erfahrung <strong>und</strong> Übung im Spielen von Rhythmen haben. Eine zu einfache Übung<br />
könnte manche Proban<strong>de</strong>n unterfor<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> <strong>de</strong>motivieren, eine zu schwere Übung<br />
könnte überfor<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> somit ihren Zweck verfehlen. Folglich bedarf es einer Übung,<br />
die <strong>de</strong>n unterschiedlichen Niveaus gerecht wird. Das Stück „Soliulen“ kommt diesen<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen nach. So können die weniger Geübten einen einfachen<br />
Gr<strong>und</strong>rhythmus 35 <strong>und</strong> die geübteren Proban<strong>de</strong>n komplexere Rhythmen 36 gemeinsam<br />
spielen. Sollte sich ein Proband <strong>de</strong>nnoch unterfor<strong>de</strong>rt fühlen, bleibt ihm die<br />
Möglichkeit, über <strong>de</strong>n entstehen<strong>de</strong>n Polyrhythmus zu improvisieren. Als positiver<br />
Nebeneffekt ist festzustellen, dass auf viele Teilnehmer das Spielen eines rhythmisch<br />
so komplexen Stückes motivierend wirkt.<br />
Die <strong>Rhythmus</strong>übung wird zurzeit in <strong>de</strong>r „Profiklasse“ einer Hamburger<br />
Trommelschule gespielt. Um <strong>de</strong>r Proban<strong>de</strong>ngruppe <strong>de</strong>n <strong>Rhythmus</strong> <strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen Teile<br />
beizubringen, haben wir die einzelnen Stimmen mit Hilfe einer semiprofessionellen<br />
Trommlerin in Logic eingespielt. So ist es möglich, z.B. das Stück vorzustellen <strong>und</strong><br />
das Metrum o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong>rhythmus zur Unterstützung nebenbei laufen zu lassen.<br />
Beim Spiel sollen <strong>de</strong>n Proban<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>ne einfache Schlaginstrumente zur<br />
Verfügung stehen.<br />
4.3. Versuchsdurchführung<br />
Der Versuch wur<strong>de</strong> an einem Sonntagnachmittag in einer Privatwohnung mit anfangs<br />
10 Teilnehmern durchgeführt. Die Gruppe bestand aus Personen im Alter von 12 bis<br />
60 Jahren. Bei <strong>de</strong>r Durchführung <strong>de</strong>s <strong>Konzentration</strong>stests gab es kaum<br />
Schwierigkeiten. Festzustellen ist jedoch, dass die Gruppe leicht abgelenkt war –<br />
vermutlich durch die private Atmosphäre. Kurze Kommentare von <strong>de</strong>n Teilnehmern<br />
während <strong>de</strong>s Tests könnten die Ergebnisse beeinflusst haben.<br />
34 Dies ergab sich auch bereits aus <strong>de</strong>n Prätests.<br />
35 siehe Abb.4 (Kenkeni)<br />
36 siehe Abb.4 (Sangba, Djembe, Do<strong>und</strong>oun)
-19-<br />
Die Wahl <strong>de</strong>r halbstündigen <strong>Rhythmus</strong>übung scheint sich als gut erwiesen zu haben,<br />
da sowohl musikalische Laien nicht überfor<strong>de</strong>rt waren <strong>und</strong> gleichzeitig ein<br />
Berufsmusiker nicht gelangweilt wur<strong>de</strong>. Lei<strong>de</strong>r ist ein Proband nach <strong>de</strong>r<br />
<strong>Rhythmus</strong>übung ausgefallen, sodass sich Anzahl auf 9 reduziert hat.<br />
Beim zweiten <strong>Konzentration</strong>stest war die Stimmung noch etwas lockerer, so dass es<br />
zu noch mehr Kurzgesprächen während <strong>de</strong>s Tests kam. Diese Störvariablen sind<br />
jedoch gr<strong>und</strong>sätzlich schwierig zu unterbin<strong>de</strong>n. Einige Proban<strong>de</strong>n teilten uns direkt<br />
nach <strong>de</strong>m Versuch mit, dass sie sich nach <strong>de</strong>r <strong>Rhythmus</strong>übung <strong>de</strong>utlich „klarer“ <strong>und</strong><br />
konzentrierter fühlten.<br />
5. Ergebnisse<br />
Um aus <strong>de</strong>n gewonnenen Werten Rückschlüsse ziehen zu können, müssen diese<br />
zunächst analysiert wer<strong>de</strong>n. Hierbei sind die drei Faktoren Rohwert-, Fehler-, <strong>und</strong><br />
Korrekturenanzahl unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r Informationen aus <strong>de</strong>n Fragebögen zu<br />
betrachten.<br />
Während bei <strong>de</strong>r Vergleichsgruppe ein mittlerer Zuwachs von 62,4 RW festgestellt<br />
wur<strong>de</strong>, beträgt dieser bei <strong>de</strong>r Versuchsgruppe nur 62,1 RW. Die <strong>Rhythmus</strong>übung hat<br />
hier einen negativen Effekt <strong>de</strong>r Größe -0,01 bewirkt. Bei <strong>de</strong>r Wahl <strong>de</strong>s Maßes <strong>de</strong>r<br />
zentralen Ten<strong>de</strong>nz ergab sich kein wesentlicher Unterschied zwischen <strong>de</strong>m<br />
arithmetischen, geometrischen o<strong>de</strong>r harmonischen Mittel, sodass die Diskussion <strong>de</strong>r<br />
Wahl hier vernachlässigt wer<strong>de</strong>n kann. Der Verschlechterungseffekt ist so gering,<br />
dass man ihn auch durch intervenieren<strong>de</strong> Variablen erklären kann. Folglich hatte die<br />
<strong>Rhythmus</strong>übung keine Auswirkung auf die Anzahl <strong>de</strong>r gelösten Aufgaben.<br />
Die mittlere Anzahl <strong>de</strong>r Fehler ist bei <strong>de</strong>r Versuchsgruppe um 0,78 gesunken. Bei<br />
einer Standardabweichung von 1,31 entspricht dies einer Effektgröße von -0,59. Bei<br />
<strong>de</strong>r Vergleichsgruppe hingegen stieg die Anzahl <strong>de</strong>r Fehler im Mittel um 2,2 mit einer<br />
Standardabweichung von 3,04. Daraus ergibt sich eine Übungseffektgröße von 0,72.<br />
Ab 0,8 kann von einem starken Effekt gesprochen wer<strong>de</strong>n. Durch die Wie<strong>de</strong>rholung<br />
<strong>de</strong>s Tests bei <strong>de</strong>r Vergleichsgruppe ist also eine <strong>de</strong>utliche, wenn auch nicht starke,<br />
Verschlechterung <strong>de</strong>s Ergebnisses festzustellen. Hieran muss die Effektgröße <strong>de</strong>r<br />
Versuchsgruppe relativiert wer<strong>de</strong>n. Unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r verschlechtern<strong>de</strong>n<br />
Wirkung <strong>de</strong>r Testwie<strong>de</strong>rholung ergibt sich für die Versuchsgruppe eine Effektgröße<br />
von -1,21, also einen sehr starken Effekt. Bei <strong>de</strong>r Betrachtung <strong>de</strong>s Verhältnisses von
-20-<br />
<strong>de</strong>r Differenz <strong>de</strong>r Fehlerzahlen zur Differenz <strong>de</strong>r Rohwerte (Abbildung 3) wird dies<br />
anschaulich.<br />
Abbildung 3:<br />
Regressionskurven<br />
Y-Achse= Entwicklung <strong>de</strong>r<br />
Fehler<br />
X-Achse= Zuwachs <strong>de</strong>r RW<br />
Regressionskurven <strong>de</strong>s Verhältnisses von Fehlerzahlzuwachs <strong>und</strong> RW-Zuwachs von Versuchs- <strong>und</strong><br />
Vergleichsgruppe<br />
Die Grafik lässt sich in drei Bereiche aufteilen:<br />
1. Im Bereich bis zu 30 RW-Zuwachs sind die Proban<strong>de</strong>n, die, sowohl mit als auch<br />
ohne <strong>Rhythmus</strong>übung, nur einen geringen Rohwertzuwachs haben. Die Proban<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
Versuchsgruppe haben hier etwas weniger Fehler gemacht.<br />
2. Im Bereich von 30 bis 60 RW-Zuwachs hatte die Versuchsgruppe kaum ein an<strong>de</strong>res<br />
Ergebnis als die Vergleichsgruppe erzielt.<br />
3. Im Bereich ab 60 RW-Zuwachs unterschei<strong>de</strong>n sich die Ergebnisse jedoch <strong>de</strong>utlich.<br />
Während bei <strong>de</strong>r Vergleichsgruppe die Anzahl <strong>de</strong>r Fehler mit steigen<strong>de</strong>m RW-<br />
Zuwachs <strong>de</strong>utlich zunimmt (y = 0,0058x 2 - 0,5479x + 10,584), steigt die<br />
Regressionskurve bei <strong>de</strong>r Versuchsgruppe <strong>de</strong>utlich flacher (y = 0,0006x 2 - 0,0649x +<br />
0,3244).
-21-<br />
Mit Hilfe <strong>de</strong>s MANN-WHITNEY-U-Tests für zwei unabhängige Stichproben, wobei<br />
die Variablen die Differenz <strong>de</strong>r Ergebnisse <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Gruppen sind, ergibt sich ein<br />
signifikantes Ergebnis (p=0,017). 37<br />
Unter Einbeziehung <strong>de</strong>r Fragebögen lässt sich die Vermutung aufstellen, dass nur<br />
manche Proban<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r <strong>Rhythmus</strong>übung angeregt wur<strong>de</strong>n, sodass sich ihre<br />
Ergebnisse verbesserten. So fällt auf, dass die bei<strong>de</strong>n Proban<strong>de</strong>n (VP4 <strong>und</strong> VP8) mit<br />
<strong>de</strong>r größten Leistungssteigerung die <strong>Rhythmus</strong>übung als sehr anregend bewertet<br />
haben, wogegen <strong>de</strong>r Proband mit <strong>de</strong>r geringsten Verbesserung (VP2) die<br />
<strong>Rhythmus</strong>übung nur als mäßig anregend <strong>und</strong> sehr einfach empfand.<br />
Die durchschnittliche Anzahl <strong>de</strong>r Korrekturen stieg bei <strong>de</strong>r bei Versuchsgruppe um<br />
2,2 mit einer Standardabweichung von 4,3. Die Vergleichsgruppe macht im Schnitt<br />
4,2 Korrekturen mit einer Standardabweichung von 4,8. Die Effektgröße ist mit -0,44<br />
klein. Zwar wer<strong>de</strong>n bei gleichem RW-Zuwachs in <strong>de</strong>r Vergleichsgruppe weniger<br />
Korrekturen (<strong>und</strong> trotz<strong>de</strong>m weniger Fehler) gemacht, jedoch ist das Ergebnis nach<br />
MANN-WHITNEY nicht signifikant.<br />
Die drei Faktoren RW, Fehlerzahl <strong>und</strong> Korrekturen beschreiben das Maß <strong>de</strong>r<br />
<strong>Konzentration</strong>sfähigkeit. Eine Gewichtung <strong>de</strong>r Faktoren erweist sich als schwierig.<br />
Zwar stieg die Anzahl <strong>de</strong>r gelösten Aufgaben bei <strong>de</strong>r Versuchsgruppe nicht, aber die<br />
Anzahl <strong>de</strong>r Fehler <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Korrekturen ist gesunken. Insgesamt wur<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>r<br />
Versuchsgruppe (relativ) mehr Aufgaben richtig gelöst. Da die Anzahl <strong>de</strong>r<br />
Korrekturen trotz sinken<strong>de</strong>r Fehleranzahl abgenommen hat, weist dies auf eine höhere<br />
Sorgfalt <strong>de</strong>r Proban<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>r Lösung <strong>de</strong>r Aufgaben hin. Diese Sorgfalt beschreibt<br />
ein Merkmal <strong>de</strong>r <strong>Konzentration</strong>. Nach SCHMIDT-ATZERT/BÜTTNER &<br />
BÜHNER ist <strong>Konzentration</strong> die Fähigkeit unter Bedingungen schnell <strong>und</strong> genau zu<br />
arbeiten, die das Erbringen einer kognitiven Leistung normalerweise erschweren. Im<br />
angewandten Revisions-Test nach MARSCHNER stellen neben <strong>de</strong>r Testdauer <strong>de</strong>r<br />
oben beschriebene Speedfaktor die erschweren<strong>de</strong>n Bedingungen dar.<br />
Nach dieser Definition liegt bei <strong>de</strong>r Versuchsgruppe eine Verbesserung <strong>de</strong>r<br />
<strong>Konzentration</strong>sleistung vor. Denn obwohl bei bei<strong>de</strong>n Gruppen die gleichen<br />
erschweren<strong>de</strong>n Bedingungen vorlagen, konnten bei <strong>de</strong>r Versuchsgruppe nach <strong>de</strong>r<br />
zweiten Testung (nach <strong>de</strong>r <strong>Rhythmus</strong>übung) weniger Fehler festgestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Folglich ist die Forschungshypothese anzunehmen unter <strong>de</strong>r Prämisse, dass eine<br />
37 siehe Abbildung 7
-22-<br />
<strong>Konzentration</strong>sleistungsverbesserung nicht nur eine Mehrleistung, son<strong>de</strong>rn auch die<br />
Erhöhung <strong>de</strong>r Sorgfalt sein kann.<br />
6. Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick<br />
Der Transfereffekt von Musik auf die <strong>Konzentration</strong>sfähigkeit ist ein noch weit zu<br />
beforschen<strong>de</strong>s Gebiet. So haben bereits die Studien von STABE, SCHMUCK <strong>und</strong><br />
BASTIAN sowie auch THAUT erste Ergebnisse zum Thema geliefert. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
THAUT stützt diese Arbeiten durch seine musiktherapeutischen Forschungen. So hat<br />
er bereits einige Metho<strong>de</strong>n zur Anregung spezifischer Formen von Aufmerksamkeit<br />
<strong>und</strong> <strong>Konzentration</strong> entwickelt, die auch durch bildgeben<strong>de</strong> Verfahren in <strong>de</strong>r<br />
Gehirnforschung nachweisbar sind. Auch unsere empirische Untersuchung weist<br />
einen positiven Transfereffekt von Rhythmik auf die <strong>Konzentration</strong>sfähigkeit auf.<br />
Auffallend ist, dass bereits eine einmalige (halbstündige) Übung eine messbare<br />
Verän<strong>de</strong>rung bewirkt. Dies könnte für <strong>de</strong>n Schulalltag von Interesse sein. Eine<br />
<strong>Rhythmus</strong>übung könnte als Metho<strong>de</strong> genutzt wer<strong>de</strong>n, um die reduzierte<br />
<strong>Konzentration</strong>sleistung <strong>de</strong>r Schüler/Innen zu kompensieren. Diese kann regelmäßig<br />
o<strong>de</strong>r bei Bedarf eingesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Um allgemeingültige Aussagen treffen zu können, müsste unser Versuch jedoch mit<br />
einer größeren Proban<strong>de</strong>ngruppe durchgeführt wer<strong>de</strong>n. Hierfür wür<strong>de</strong> sich eine<br />
praxisnahe Umgebung - in <strong>de</strong>r Schule - anbieten. Unsere Proban<strong>de</strong>ngruppe war zu<br />
klein, um ein repräsentatives Ergebnis zu erhalten. Des Weiteren gibt es Sinn, als<br />
Proban<strong>de</strong>ngruppe Schüler/Innen auszuwählen, da die Wirksamkeit auf genau diese<br />
Gruppe für <strong>de</strong>n Praxisgebrauch von Interesse ist.<br />
Sollte eine größere Untersuchung zum gleichen positiven Ergebnis kommen, wäre<br />
eine Metho<strong>de</strong> gef<strong>und</strong>en, die zur För<strong>de</strong>rung von <strong>Konzentration</strong> <strong>und</strong> Aufmerksamkeit<br />
<strong>de</strong>r Schüler/Innen in <strong>de</strong>n Unterricht integriert wer<strong>de</strong>n könnte.
Anhang<br />
Abbildung 4:<br />
:<br />
Notation <strong>de</strong>r <strong>Rhythmus</strong>übung Soliulen<br />
-III-
-IV-<br />
Abbildung 5: Abbildung 6:<br />
Ergebnisse <strong>de</strong>r Versuchsgruppe<br />
Ergebnisse <strong>de</strong>r Vergleichsgruppe
Abbildung 7:<br />
Statistik für Test<br />
-V-<br />
Fehlerdifferenz RW Korrekturen<br />
Mann-Whitney-U 19,500 44,500 34,000<br />
Wilcoxon-W 64,500 89,500 79,000<br />
Z -2,138 -,041 -,903<br />
Asymptotische Signifikanz<br />
(2-seitig)<br />
Exakte Signifikanz [2*(1-<br />
seitig Sig.)]<br />
,033 ,967 ,367<br />
,035 a ,968 a ,400 a<br />
Exakte Signifikanz (2-seitig) ,032 ,983 ,387<br />
Exakte Signifikanz (1-seitig) ,017 ,492 ,193<br />
Punkt-Wahrscheinlichkeit ,002 ,015 ,010<br />
Ergebnisse <strong>de</strong>s U-Tests nach MANN-WHITNEY aus SPSS 16
Abbildung 8:<br />
-VI-<br />
Fragebogen zum Thema <strong>Rhythmus</strong> <strong>und</strong> <strong>Konzentration</strong><br />
Kürzel: Alter: Geschlecht:<br />
a) Seit ________ Jahren mache ich selbst regelmäßig Musik.<br />
b) Ich spiele folgen<strong>de</strong>(s) Instrument(e): _______________________<br />
c) Wöchentlich mache ich _________ St<strong>und</strong>en Musik.<br />
d) Die <strong>Rhythmus</strong>-Übung war für mich:<br />
_______________________<br />
_______________________<br />
_______________________<br />
anstrengend O---------O---------O---------O---------O einfach<br />
anregend O---------O---------O---------O---------O ermü<strong>de</strong>nd<br />
e) Meine Tagesform ist heute:<br />
schlecht O--------O----------O----------O----------O gut<br />
f) Meine Motivation für diesen Versuch war:<br />
hoch O--------O-----------O----------O----------O niedrig<br />
g) Anmerkungen:_____________________________________________<br />
Fragebogen für die Versuchsgruppe<br />
Herzlichen Dank für die Mitarbeit!
Literaturverzeichnis<br />
-VII-<br />
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