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Aktuelles<br />

Die Gebietsreform jetzt 50 Jahre alt - Parlament in Düsseldorf entschied am 28.9.1972<br />

„Diktat des Landtags“ oder weise Entscheidung?<br />

Die Gebiets- und Verwaltungsreformen<br />

in der damaligen Bundesrepublik<br />

Deutschland gingen<br />

weitgehend in den Jahren zwischen<br />

1967 und 1978 über die<br />

Bühne. Im Ergebnis waren damals<br />

aus rund 24.000 Gemeinden<br />

genau noch 8.505 geworden.<br />

Manche seinerzeitigen Ereignisse<br />

in Sachen Gebietsreform<br />

machten überregional Schlagzeilen.<br />

So klagte sich Wesseling<br />

erfolgreich aus der vergrößerten<br />

Stadt Köln heraus, wurde am 1.<br />

Juli 1976 wieder selbstständig,<br />

ging Wattenscheid dauerhaft in<br />

Bochum auf und mussten sich<br />

zunächst Gießen und Wetzlar<br />

zur neuen „Stadt Lahn“ zusammenschließen,<br />

was aber auch<br />

nur von kurzer Dauer war. Gebildet<br />

wurde die neue Kommune<br />

zum 1. Januar 1977, wieder<br />

aufgelöst schon zum 1. August<br />

1979.<br />

Proteste und Gutachten<br />

Ging es im heutigen westlichen<br />

Mühlenkreis weniger spektakulär<br />

zu? Bei genauerem Hinsehen<br />

keineswegs! Zwar musste<br />

hier nach den Entscheidungen<br />

durch den NRW-Landtag von vor<br />

50 Jahren - genau: am 28. September<br />

1972 - nichts nach dem<br />

Inkrafttreten zum 1. Januar 1973<br />

wieder rückgängig gemacht<br />

werden, doch bis dahin war es<br />

ein weiter Weg, mit vielen Beratungen,<br />

Protesten, Abstimmungen,<br />

Gutachten, Resolutionen<br />

usw.<br />

Die Karte des Lübbecker Landes<br />

auf dieser Seite hier oben links<br />

zeigt in rot die neuen Grenzen,<br />

in schwarz die alten. Gestrichelte<br />

Linien gibt es hier - etwa<br />

im Sommer 1971 - nur noch im<br />

Nordwesten der heutigen Großgemeinde<br />

(= Stadt) Espelkamp.<br />

Gern hätte man im Rathaus an<br />

der Breslauer Straße auch noch<br />

die „Ortslage Twiehausen“ und<br />

das südliche Varlheide dazubekommen.<br />

Diesbezüglich mussten<br />

sich die Espelkamper mit weniger<br />

Fläche einverstanden erklären,<br />

bekamen dafür aber nicht<br />

nur den Tonnenheider Ortsteil<br />

Schmalge (wo ursprünglich der<br />

Auesee angelegt werden sollte),<br />

sondern auch den Mittellandkanal<br />

als Süd-Grenze und auf diese<br />

Weise einen Zugang an geeigneter<br />

Stelle, um einen eigenen Kanalhafen<br />

bauen zu können.<br />

Lübbecke dagegen hatte anfangs<br />

Wünsche dahingehend<br />

geäußert, neben der Ortschaft<br />

Alswede weitere Teile Fiestels,<br />

Gestringens, Isenstedts und Frotheims<br />

nördlich des Kanals (etwa<br />

<strong>10</strong>0 bis 150 Meter parallel zur<br />

Wasserstraße) zu bekommen.<br />

Einen Zuwachs erhielt die alte<br />

Kreisstadt dagegen im Süden<br />

in Gestalt des „Reineberger Hagens“,<br />

der bis dato zur Gemeinde<br />

Ahlsen-Reineberg gehört hatte<br />

und weit über den Kammweg<br />

nach Norden hinaus reichte.<br />

Gewehrt gegen „das Diktat<br />

des Landtags“ (Zitat aus einer<br />

Isenstedter Gemeinderats-Erklärung<br />

1970) haben sich recht<br />

viele Kommunalpolitker aus<br />

Kommunen bzw. Ämtern, denen<br />

Bestand zu erlöschen drohte. In<br />

einer Resolution von 1968 fasste<br />

der Nettelstedter Rat seine Sorgen<br />

in der Formlierung „Stoppt<br />

den Gemeindemord!“ zusammen.<br />

Gehlenbecks Amtsbürgermeister<br />

Rosemuck (Frotheim)<br />

schrieb an seinen SPD-Parteifreund<br />

und Ministerpräsidentden<br />

Heinz Kühn im August 1970,<br />

die Reformen stellten sich „in<br />

unseren ländlichen Regionen als<br />

rigorose Maßstabsvergrößerung<br />

ohne erkennbare Vorteile für einen<br />

absehbaren Zeitpunkt“ dar.<br />

Man schaue „ausschließlich aus<br />

großstädtischer Sicht“auf die Situation<br />

im Kreis Lübbecke.<br />

Die im Jahr 1968 von der Lübbecker<br />

Kreisverwaltung erarbeiteten<br />

Gebietsänderungsvorschläge<br />

sahen im Wesentlichen<br />

eine Reform innerkreislich in<br />

zwei Stufen vor. Die Karte unten<br />

zeigt die ursprünglichen Ideen<br />

für das noch bestehende Amt<br />

Gehlenbeck. Zunächst sollte die<br />

Vereinigung der Gemeinden<br />

Gehlenbeck und Eilhausen zu<br />

Gehlenbeck erfolgen (bis 1857<br />

schon mal gültig), Isenstedt,<br />

Frotheim und Nettelstedt wie<br />

gehabt bestehen bleiben, bevor<br />

später aus dem Amt die Großgemeinde<br />

Gehlenbeck entstünde.<br />

An Espelkamp wären lediglich<br />

kleine Flächen aus dem Nordwesten<br />

Isenstedts und Frotheims<br />

gefallen sowie im Bereich von<br />

Kaiser-Kreuzung Gebiete westlich<br />

der damaligen B 239.<br />

Idee Lübbecke-Wittlage<br />

Auch bei den neuen Grenzziehungen<br />

der Kreise ließe sich<br />

noch einiges nacherzählen. Es<br />

scheiterten die Ideen vom Großkreis<br />

Minden-Ravensberg (Vereingung<br />

der Kreise Lübbecke,<br />

Minden, Herford), eine Bundesländer-übergreifende<br />

Lösung<br />

Lübbecke-Wittlage mit Lübbecke<br />

als Kreissitz und auch ein<br />

Kreis Minden-Lübbecke ohne<br />

Amt Hüllhorst und ohne Bad<br />

Oeynhausen, was beides zum<br />

Kreis Herford gekommen wäre.<br />

Festzuhalten bleibt: Die Gebietsreform<br />

hat sich bestens<br />

bewährt. Dass es damals Widerstand<br />

gab, lässt sich aber auch<br />

gut nachvollziehen.<br />

Oben sehen Sie das Foto mit dem<br />

Kreishaus für Minden-Lübbecke<br />

an der Portastraße in Minden.<br />

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