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277.TIROL - November 2022

277.TIROL, Ausgabe 8, November 2022

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QUO VADIS, GEMEINDE?<br />

Die Zukunft der Tiroler Gemeinden<br />

INTERKOMMUNALE<br />

ZUSAMMENARBEIT<br />

IN VORARLBERG<br />

Interview mit Andrea Kaufmann,<br />

Präsidentin des Vorarlberger Gemeindeverbandes<br />

AUSGABE 8 | NOVEMBER <strong>2022</strong><br />

CHANCENGERECHTIGKEIT ALS<br />

CHANCE FÜR ALLE<br />

Kinderschutz und Gewaltprävention


Zusammenfinden<br />

Unternehmen benötigen geeignete Standorte und Gemeinden sind<br />

auf wirtschaftlich gesunde Betriebe angewiesen.<br />

EISENKIES Immobilien und Projektentwicklung GmbH hat als<br />

Gewerbe-Projektentwickler die Anforderungen des anzusiedelnden<br />

Unternehmens mit den Vorstellungen der jeweiligen Gemeinde in<br />

Einklang zu bringen und zusammenzuführen.<br />

STANDORTKONZEPT<br />

NUTZUNGSKONZEPT<br />

PROJEKTENTWICKLUNG<br />

IMMOBILIENVERWERTUNG<br />

Ein Unternehmen der EISENKIES GRUPPE<br />

eisenkies-immobilien.at


4 GemNova.inside<br />

GemNova.inside<br />

5<br />

Wir alle sind<br />

Gemeinde!<br />

Unter diesen Slogan haben wir vor zwei Jahren unser Unternehmen gestellt.<br />

Es soll eine Botschaft nach innen, aber auch nach außen sein. Es<br />

soll heißen, dass wir alle Teil einer Gemeinde und damit einer Gemeinschaft<br />

sind. Es soll heißen, dass wir alle unser Tun auf einen gesellschaftlichen<br />

Mehrwert ausrichten sollten. Wir sollten bei all unserem<br />

Handeln stets überlegen: Welchen Beitrag kann ich in meiner Gemeinde<br />

leisten, wie kann ich meine Mitmenschen unterstützen und den kommunalen<br />

Lebensraum mitgestalten?<br />

Weg von der Ich-Bezogenheit, hin zu<br />

einem Miteinander und Füreinander. Der<br />

große Hype um die Ich-AG und ähnliche<br />

Bewegungen hat uns zusehends in Sackgassen<br />

manövriert und war unserer Überzeugung<br />

nach eine falsche Entwicklung.<br />

Nur noch sich in den Mittelpunkt zu stellen,<br />

mag kurzfristig für die ein oder anderen<br />

erfolgreich sein, führt aber langfristig<br />

dazu, dass die Zahl der Verlierer*innen<br />

steigt und dass die Rücksichtnahme auf<br />

andere sinkt. Diese Sichtweise fördert<br />

Narzissmus und damit Selbsterhöhung:<br />

„Ich bin gut, alle anderen sind schlecht.“<br />

Diese Sichtweise fördert aber auch mangelnde<br />

Selbstreflexionsfähigkeit: „Wenn<br />

es mir nicht gut geht, sind alle anderen<br />

Schuld. An mir kann es nicht liegen.“<br />

Auch der politische und gesellschaftliche<br />

Diskurs ist zwischenzeitlich stark davon<br />

geprägt und verändert unsere Gesellschaft<br />

nachhaltig. Wir denken nicht, dass<br />

dies die Zukunft sein kann.<br />

Deshalb stellen wir das Miteinander<br />

in den Fokus unserer Arbeit und auch<br />

in den Mittelpunkt dieser Ausgabe von<br />

<strong>277.TIROL</strong>. Dabei versuchen wir den Themenkomplex<br />

aus vielen Blickrichtungen<br />

zu analysieren und darzustellen. Gerade<br />

im kommunalen Umfeld wird es immer<br />

wichtiger miteinander zu arbeiten. Sei es<br />

über die Gemeindegrenzen hinweg mit<br />

anderen Gemeinden. Sei es, indem man<br />

die Bürger*innen mehr in Entscheidungsprozesse<br />

involviert. Oder sei es natürlich<br />

auch, indem man die vorhandenen Strukturen<br />

einer „zweiten Ebene“, wie es die<br />

GemNova für die Gemeinden ist, intensiver<br />

nutzt.<br />

Wir freuen uns über mehr Zusammenarbeit<br />

und Gemeinschaftssinn und freuen<br />

uns auch über Ihre Meinung dazu!<br />

Alois Rathgeb<br />

Niki Kraak


INHALT<br />

GemNova.inside<br />

04 Wir alle sind Gemeinde!<br />

DOSSIER<br />

08 Quo vadis, Gemeinde?<br />

14 Gemeinsam die Zukunft<br />

verwalten<br />

16 Interkommunale Zusammen<br />

arbeit in Vorarlberg<br />

28 Langsam wird es kälter<br />

20 Gemeinsam erfolgreich<br />

bauen<br />

22 Planungsverband Innsbruck<br />

und Umgebung<br />

26 Bürger*innenbeteiligung<br />

tirol.digital<br />

28 Mit sauberen Daten bares<br />

Geld sparen<br />

30 Weniger verwalten mehr<br />

betreuen mit Sokrates KiB<br />

tirol.modern und innovativ<br />

32 Veränderung braucht Zielsetzung<br />

und Management<br />

34 Aufbauorganisation<br />

36 Multilokalität<br />

tirol.hat Recht<br />

38 Beschaffung von „sauberen“<br />

Straßenfahrzeugen<br />

40 Haftungsfalle Gemeinde<br />

tirol.politik<br />

42 Jetzt ist Zusammenarbeit<br />

gefragt<br />

44 Junge, frische Gesichter<br />

tirol.ist schön<br />

49 Gemeinschaft leben<br />

tirol.kulturell<br />

57 Reformen, Innovationen,<br />

Änderungen Ja...<br />

58 Tirol im Herbst <strong>2022</strong>: Ein<br />

kleiner Marktführer<br />

60 Annäherung an Ezra Pound<br />

62 Empfehlungen für den<br />

Bücherherbst<br />

tirol.denkt weiter<br />

67 Schon gehört?<br />

68 Die Tiroler Gemeinden bekommen<br />

Unterstützung im<br />

Bereich Kreislaufwirtschaft<br />

tirol.wissen<br />

70 Wasser hat viele Gesichter<br />

im Defereggental<br />

72 Ein Frosch erforscht das<br />

Wasser<br />

tirol.sportlich und gesund<br />

76 Der Nabel der Bergwelt<br />

tirol.bildet<br />

78 Vom EINzelnen Gedanken<br />

zu GEMeinsam Ferien<br />

80 Chancengerechtigkeit als<br />

Chance für Alle<br />

83 Mehr Raum für Entfaltung<br />

84 ... und zur Preisverleihung<br />

ging‘s nach Italien<br />

tirol.bunt und vielfältig<br />

86 Müssen wir wirklich so viel<br />

über mich reden?<br />

92 Hillary ist das große Vorbild<br />

GemNova.Menschen<br />

94 Der rote Faden<br />

96 Vereinbarkeit betrifft uns<br />

alle<br />

MOBILITÄT<br />

WOHNRAUM<br />

KINDERBETREUUNG<br />

TEUERUNG<br />

GESUNDHEIT<br />

BÜROKRATIE<br />

BÜROKRATIE<br />

FINANZIERUNG<br />

GESUNDHEIT<br />

ROHSTOFFE<br />

KRISEN<br />

PERSONALMANGEL<br />

PFLEGE<br />

PFLE<br />

KRIEG<br />

TEUERUNG<br />

PERSONALMANG<br />

TEUERUNG<br />

DOSSIER<br />

Herausforderungen GEMEINSAM meistern


8 DOSSIER<br />

DOSSIER<br />

9<br />

uo vadis?<br />

Quo vadis,<br />

Gemeinde?<br />

Die Tiroler Gemeinden stehen am Scheideweg. Die Welt hat sich gerade in den<br />

letzten Jahren merklich verändert. Dieser Wandel wird an Geschwindigkeit noch<br />

zunehmen. Für die Tiroler Gemeinden bedeutet das, Lösungen und Antworten zu<br />

finden – nicht nur für den Moment, sondern für die kommenden Jahre.<br />

Alois Rathgeb, Unternehmensverantwortlicher der GemNova, im Interview zu<br />

Kooperationen, Zusammenarbeit auf verschiedensten Gebieten, Personal, Finanzen<br />

und generell zum Thema Zukunft der Tiroler Gemeinden.<br />

Jan Schäfer: Alois, generell gefragt:<br />

Was ist für dich Zukunft?<br />

Alois Rathgeb: Nun, Zukunft ist etwas, was<br />

es noch nicht gibt. Sie ist eine Vorstellung<br />

in unserem Kopf, die wir aufgrund unseres<br />

Wissens und unserer Erfahrungen heute<br />

erzeugen. Zukunft beinhaltet Veränderung<br />

und ist ständig in Bewegung, weil<br />

sie sich nicht fixieren lässt. Daher bietet<br />

sie Chancen und Möglichkeiten, die es zu<br />

nutzen gilt.<br />

Was bedeutet das für unsere Gemeinden<br />

in Tirol?<br />

In den letzten Jahren haben wir viele<br />

Erfahrungen gesammelt – nicht zuletzt<br />

durch den Prozess der „Agenda 2030“.<br />

Dadurch sind wir in der Lage abzuschätzen,<br />

wohin die Reise der Gemeinden geht.<br />

Fakt ist, die Rahmenbedingungen verändern<br />

sich massiv und leider nicht zugunsten<br />

der Gemeinden. Allerdings besteht<br />

jetzt noch die Chance aktiv einzugreifen.<br />

Wird diese Chance vertan, ist die Gefahr<br />

groß, dass Gemeinden ihre Eigenständigkeit<br />

verlieren. Das heißt: Keine eigenen<br />

Entscheidungen mehr zu treffen, sondern<br />

diese durch „irgendwen anders“ treffen<br />

zu lassen. Das kann nicht im Interesse<br />

und im Verständnis der Gemeindeautonomie<br />

sein.<br />

Das sind finstere Aussichten. Aber ist<br />

das wirklich so dramatisch und keine<br />

Schwarzmalerei?<br />

Nein, leider nicht. Wir bekommen das<br />

durch viele Gespräche und durch unsere<br />

tägliche Arbeit in den Gemeinden bei<br />

diversen Projekten mit. Es spitzt sich<br />

immer mehr zu und der Druck wächst. Es<br />

ist nur eine Frage der Zeit, bis es irgendwo<br />

„knackt“.<br />

Was heißt das konkret? Kannst du<br />

Beispiele nennen?<br />

Die Herausforderungen, vor denen die<br />

Gemeinden stehen, lassen sich in vier<br />

Themenbereiche unterteilen. Ein sehr<br />

zentrales Thema wird die Personalfrage<br />

sein. Finden wir überhaupt noch Personal<br />

und wie können wir dieses an die<br />

Gemeinde binden? Hier wird es wichtig,<br />

dass sich Gemeinden mit ihren Organisationsstrukturen,<br />

mit Eigenorganisation<br />

und Themen des „New Work“ auseinandersetzen.<br />

Letztens wurde bei einem Vortrag<br />

von der „kreativen Bürokratie“ gesprochen.<br />

Das gefällt mir sehr gut, darüber<br />

sollte man nachdenken, was das heißen<br />

kann, damit beschäftigen wir uns viel. Es<br />

benötigt sicherlich neben Kreativität<br />

auch Mut, Dinge neu zu denken, bis zu<br />

einem gewissen Grad radikal neu zu denken.<br />

Auch die Ausbildung muss sich hier<br />

den künftigen Anforderungen anpassen,<br />

da Berufseinsteigerinnen und -einsteiger<br />

schon heute nicht mehr bis zur Pension<br />

im Amt bleiben. Damit einhergehend stellen<br />

sich einige Fragen: Wie kann Wissen<br />

dokumentiert werden? Wie kann es weitergegeben<br />

werden und wie verhindern<br />

wir den sogenannten „Brain Drain“? Wir<br />

alle sind mobiler geworden, wechseln häufiger,<br />

haben vielschichtige Interessen, die<br />

sich ebenfalls verändern. Dem muss auch<br />

die Verwaltung künftig Rechnung tragen.<br />

Die kreative<br />

Bürokratie<br />

Kommunale Zukunft<br />

denken<br />

Es gibt viele Menschen in Politik<br />

und Verwaltung, die sich<br />

der Herausforderungen der<br />

Gemeinden bewusst sind. Wir<br />

laden Sie ein mit uns gemeinsam<br />

an dieser Zukunft zu<br />

arbeiten. Im Zuge des KI-Lab<br />

– Kommunales Innovationslabor<br />

– werden wir uns diesen<br />

Herausforderungen widmen<br />

und stellen. Wenn Sie Interesse<br />

haben, Teil davon zu werden,<br />

melden Sie sich bei mir<br />

unter a.rathgeb@gemnova.at


OOPERATION<br />

Der nächste Punkt ist der stetig zunehmende<br />

Berg an Aufgaben, die Gemeinden zu<br />

erfüllen haben. Als Beispiele seien die Kinderbetreuung,<br />

Gesundheitsthemen, sozialer<br />

Friede sowie die Freizeitwohnsitz- und die<br />

Leerstandsabgabe genannt. Und, wie es<br />

unser Kollege Georg Keuschnigg nennt, das<br />

Ad-hoc-Management von Krisen wie Corona.<br />

Das waren vor 25 Jahren noch keine<br />

Themen. Sieht man das positiv, so werden<br />

die Gemeinden in Zukunft besonders hier<br />

eine Schlüsselrolle spielen. Diese Zunahme<br />

an Aufgaben führt aber automatisch zu<br />

mehr Ressourcennotwendigkeit und das<br />

spießt sich mit vielen Themen, sei es eben<br />

mit dem Thema Personal aber natürlich<br />

auch dem Finanzthema.<br />

Damit wären wir schon beim nächsten Thema:<br />

die Gemeindefinanzen. Unser Präsident,<br />

Ernst Schöpf, formuliert es sehr treffend:<br />

„Der Bund wälzt immer mehr Aufgaben an<br />

die Gemeinden ab. Er vergisst nur vielfach<br />

das notwendige Geld dafür mitzuschicken.“<br />

Besser kann man es nicht auf den Punkt<br />

bringen. Die Aufgaben steigen, die Finanzen<br />

halten nicht Schritt. Wir haben in den<br />

nächsten Jahren riesige Investitionen in der<br />

Sanierung von Wasser- und Abwasserleitungen<br />

zu erwarten und die künftigen Herausforderungen,<br />

z. B. in der Kinderbetreuung,<br />

verlangen von den Gemeinden hohe Investitionen<br />

in die Sanierung, die Errichtung und<br />

Erhaltung von Infrastruktur.<br />

In diesem gesamten Zusammenhang ist<br />

der vierte Aspekt „Recht“ zu erwähnen.<br />

Nicht nur weil es immer mehr Gesetze<br />

und Verordnungen gibt (siehe z. B. Freizeitwohnsitzabgabe<br />

und Leerstand), sondern<br />

die Bürgerinnen und Bürger sich bei rechtlichen<br />

Fragestellungen zunehmend besser<br />

zu helfen wissen. Sie informieren sich, was<br />

ihr Recht ist, und infolgedessen kommt es<br />

vermehrt zu Rechtsstreitigkeiten. Für die<br />

Gemeinden geht es dabei um Haftungsfragen,<br />

Rechtssicherheit und um Geld.<br />

Die Breite der betreffenden Rechtsmaterien<br />

ist dabei fachlich auf kommunaler<br />

Ebene nicht mehr bewältigbar und spießt<br />

sich selbstverständlich wiederum mit der<br />

Personal- und Finanzproblematik.<br />

Du hast die Aufgaben der Gemeinde<br />

angesprochen. Ist die Aufgabenteilung<br />

in den Gemeinden mit Blick auf<br />

die Zukunft zu überdenken?<br />

Ja. Wenn man sich die Arbeit der Bürgermeisterinnen<br />

und Bürgermeister sowie<br />

der Verwaltung anschaut, so erledigen<br />

Erstere immer mehr Verwaltungsarbeit.<br />

In der Verwaltung selbst bestimmt die<br />

Kleinteiligkeit den Alltag. Das belastet<br />

so, dass kaum noch Ressourcen für die<br />

eigentliche Arbeit – also strategische,<br />

zukunftsgerichtete Gemeindeentwicklung<br />

– übrig bleiben. Bildlich gesprochen:<br />

Ein Finanzverwalter ist beispielsweise<br />

nicht der Oberbuchhalter einer Gemeinde,<br />

stattdessen sollte er sich um die Finanzen<br />

kümmern, Budgets erstellen, Finanzierungsmodelle<br />

aufstellen und natürlich<br />

die Bürgermeisterin beraten, damit Raum<br />

zum Gestalten und nicht nur zum Verwalten<br />

bleibt. Aber in genau die umgekehrte<br />

Richtung laufen wir seit Jahren und das<br />

wird sich aufgrund von fehlendem Personal<br />

noch steigern. Auf der anderen Seite<br />

sind die Gemeinden ein immer wichtiger<br />

werdender Dreh- und Angelpunkt, um die<br />

gesellschaftlichen Herausforderungen<br />

zu meistern. Genau die Gemeinden sind<br />

es, die nach der Familie die wichtigste<br />

Ebene der Gesellschaft darstellen. Das ist<br />

auch mit ein Grund, wieso ich kein großer<br />

Verfechter von Fusionen bin. Genau die<br />

„Kleingliedrigkeit“ der Gemeinde spannt<br />

das Netzwerk für viele künftige Themen.<br />

Und damit bin ich aus dieser Analyse heraus<br />

beim wichtigsten Punkt. Die Gemeinde<br />

muss sich künftig wieder mehr als<br />

politische Gemeinde und nicht als Verwaltungsgemeinde<br />

verstehen. Wenn ich<br />

politisch meine, dann meine ich nicht nur<br />

die Bürgermeisterin oder den Bürgermeister<br />

oder den Gemeinderat, sondern auch<br />

die Verwaltung. Diese muss wieder mehr<br />

Zeit finden, sich wirklich um die Anliegen<br />

der Bürgerinnen und Bürger sowie<br />

die Weiterentwicklung der Gemeinde zu<br />

kümmern, anstatt Zettel zwischen Bauamt<br />

und Finanzverwaltung hin- und herzutragen,<br />

weil beide eine andere Software<br />

haben.<br />

„<br />

Der Sturm wird<br />

immer stärker.<br />

10 DOSSIER<br />

DOSSIER<br />

Macht<br />

nichts,<br />

ich auch.<br />

Pippi Langstrumpf<br />

Also stehen Gemeinden am Scheideweg?<br />

Was wäre zu tun, damit Gemeinden<br />

aus dieser Spirale, die sich<br />

unweigerlich in Richtung Verlust<br />

der Autonomie zu drehen scheint,<br />

herauskommen?<br />

Zunächst muss ein Problembewusstsein<br />

für das, was kommt, entwickelt werden,<br />

denn das wird enorme Auswirkungen<br />

haben – eben dieser von dir angesprochene<br />

Verlust von Autonomie. Vielen Gemeinden<br />

ist noch nicht klar, dass sie sich auf<br />

bestem Weg dorthin befinden. Auf dieser<br />

Basis muss Gemeinde neu gedacht und<br />

entsprechend ausgerichtet werden. Wir<br />

müssen auch ein Out-of-the-box-Denken<br />

zulassen und – wie ich oben schon<br />

erwähnt habe – mutig sein und eine kreative<br />

Bürokratie werden. Daraus folgt<br />

das Handeln, das sich für mich in zwei<br />

wesentliche Punkte unterteilt.<br />

Erstens: Alles, was routinemäßig erfolgt<br />

und automatisierbar ist, sollte unbedingt<br />

digitalisiert werden. Das reduziert Arbeit,<br />

setzt Ressourcen frei und spart Geld. Ferner<br />

werden damit durchgehende Qualität<br />

und freie Spielräume geschaffen. Ich habe<br />

schon öfters von der echten und der sinnvollen<br />

Digitalisierung gesprochen, da sind<br />

wir teilweise noch weit davon entfernt. Mit<br />

den bestehenden Systemen ist das kaum<br />

bis gar nicht zu machen. Nehmen wir nur<br />

wieder die oben angeführte Leerstandsabgabe.<br />

Das wird ein sehr großer bürokratischer<br />

Aufwand werden, wenn das<br />

nicht sauber digital abgewickelt wird.<br />

Dazu benötigen wir moderne Softwarelösungen,<br />

die das umsetzen können. Klar,<br />

hier kommt wiederum unser Kommunalverwaltungsprodukt<br />

„GeOrg“ ins Spiel.<br />

Damit geht das durchgängig, ohne händisch<br />

eingreifen zu müssen und somit<br />

echt und sinnvoll.<br />

Zweitens: Kooperieren in der Region, aber<br />

auch Kooperation durch Auslagern. Die<br />

Tiroler Gemeinden sind ja in der glücklichen<br />

Lage mit der GemNova als ihr eigenes<br />

Unternehmen genau diese Möglichkeit<br />

zu haben.<br />

11


12 DOSSIER<br />

Die GemNova<br />

ist das größte<br />

Kooperationsprojekt,<br />

das es<br />

in Tirol gibt,<br />

und wir haben<br />

in vielen Bereichen<br />

genau diese<br />

Expertise,<br />

um Auslagerung<br />

und Kooperation<br />

möglich zu<br />

machen.<br />

Die GemNova ist das größte Kooperationsprojekt,<br />

das es in Tirol gibt, und wir haben<br />

in vielen Bereichen genau diese Expertise,<br />

um Auslagerung und Kooperation möglich<br />

zu machen. Unser Konzept des Gemeinde-<br />

Service-Centers in den Regionen baut auf<br />

dieser zweiten Ebene der Verwaltung auf.<br />

Dort sollten Themen abgearbeitet werden,<br />

welche die Gemeinden vor Ort nicht<br />

mehr schaffen bzw. welche man auch aus<br />

organisatorischer, rechtlicher und finanzieller<br />

Sicht besser zentraler steuert. Damit<br />

gewinnen Gemeinden wieder Raum für<br />

echte politische Gemeindearbeit. Eines<br />

ist klar. Die Herausforderungen können<br />

wir nur gemeinsam lösen, die Zeiten der<br />

Einzelkämpferinnen und -kämpfer sind<br />

vorbei. Das ist für das Überleben absolut<br />

notwendig und wichtig. Miteinander denken,<br />

miteinander Lösungen erarbeiten und<br />

umsetzen. Ohne Angst vor Machtverlust<br />

oder ähnlichem.<br />

DAS BEDEUTET DEMNACH, GEMEINDEN<br />

MÜSSEN STRATEGISCH DENKEN – UND DAS<br />

IN EINEM GRÖSSEREN, ÜBERGEORDNETEN<br />

KONTEXT. BEISPIELE DAFÜR WÄREN DIE<br />

KINDERBETREUUNG, PFLEGE ODER INFRA-<br />

STRUKTUR, ABER AUCH DIE BUCHHALTUNG,<br />

LOHNVERRECHNUNG UND VIELES MEHR.<br />

Ja, aber dafür muss eben das Bewusstsein<br />

da sein. Die Strategie „a bissl von<br />

eppas“ ist zu wenig. Das funktioniert nicht<br />

mehr. Es nützt nichts, Dinge zu beschönigen<br />

oder wegzuschauen, denn die angesprochenen<br />

Themen werden immer ernster.<br />

Sie werden den Gemeinden die Luft<br />

nehmen, wenn diese jetzt nicht reagieren.<br />

Aber wir brauchen<br />

die Gemeinden als<br />

funktionierende<br />

Ökosysteme, um die<br />

vielen Themen der<br />

Gegenwart und<br />

Zukunft gemeinsam<br />

zu lösen.<br />

UKUNFT<br />

Aber wir brauchen die Gemeinden als<br />

funktionierende Ökosysteme, um die vielen<br />

Themen der Gegenwart und Zukunft<br />

gemeinsam zu lösen. Wir brauchen die<br />

Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,<br />

die Gemeinderätinnen und -räte und die<br />

Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter.<br />

Die entscheidende Frage ist nur:<br />

Haben diese Menschen noch die Zeit, die<br />

Ressourcen, sich um die zentralen Fragen<br />

der Zukunft zu kümmern?<br />

Danke für das Gespräch und den Blick<br />

in die Zukunft. Die Gemeinden haben<br />

diese SOMIT selbst in der Hand!<br />

Gemeinde-<br />

Service-<br />

Center<br />

Das Gemeinde-Service-Center<br />

ist eine „zweite Verwaltungsebene“.<br />

Gemeinden lagern<br />

dorthin Tätigkeiten aus, die<br />

sie selbst aus unterschiedlichen<br />

Gründen nicht erbringen<br />

können. Sei es auf Grund fehlender<br />

Ressourcen oder auch<br />

zum Beispiel aus fachlicher<br />

Sicht. Die Politik und die Verwaltung<br />

können sich damit auf<br />

ihre Kernaufgaben konzentrieren<br />

und sichern die Eigenständigkeit<br />

für die Zukunft ab.<br />

DAS GESPRÄCH FÜHRTE<br />

JAN SCHÄFER<br />

Jan Schäfer ist Experte für Marketing<br />

und Kommunikation. Er unterstützt seit<br />

2020 die GemNova als Gemeindebetreuer<br />

in Osttirol und war zuletzt<br />

maßgeblich an der Entstehung des<br />

Gemeinde ABC’s beteiligt.<br />

Kontakt: j.schaefer@gemnova.at<br />

Wir<br />

vertrauen<br />

einander.<br />

Wir<br />

bleiben wir<br />

selbst.<br />

WIR ALLE SIND GEMEINDE.<br />

Wir sind davon überzeugt, dass Menschen selbstbestimmt handeln können. Wir erwarten von allen<br />

Kolleg*innen, dass sie Verantwortung übernehmen und ihr Tun darauf ausrichten, einen gesellschaftlichen<br />

Beitrag zu leisten. Wir sind alle gleich, wir unterscheiden nicht nach Funktion und<br />

Verantwortlichkeit und begegnen allen mit Wertschätzung. Wir lieben und leben Vielfalt in all ihren<br />

Farben und bleiben bei unserem Handeln authentisch. Jede Person, die diese Grundsätze mitträgt,<br />

kann innerhalb unseres Rahmens mitgestalten, sich einbringen, eigenverantwortlich und eigenorganisiert<br />

handeln und dabei individuelle Wege wählen.


14 DOSSIER<br />

DOSSIER<br />

15<br />

Gemeinsam<br />

die Zukunft<br />

Verwalten<br />

ZUM AUTOR<br />

MAG. MARTIN WEX<br />

Martin Wex ist seit 2019 bei der<br />

GemNova im Bereich Digitalisierung<br />

tätig. Darüber hinaus ist er Landtagsabgeordneter<br />

und Vizebürgermeister von<br />

Schwaz.<br />

Welchen Beitrag zur<br />

Zusammenarbeit kann<br />

die fortschreitende<br />

Digitalisierung in der<br />

Verwaltung leisten?<br />

Manche sehen in der Fähigkeit zur<br />

Zusammenarbeit den Erfolg der<br />

menschlichen Spezies. Ohne Teamwork<br />

wäre ein Mammut nicht gejagt und der<br />

Mond nie betreten worden. Bücher über<br />

Kooperation und Zusammenarbeit, als<br />

Lösungsansatz komplexer Probleme,<br />

und Teams, als flache, selbstverantwortliche<br />

Organisationseinheiten, in<br />

denen alles effizienter, schneller und<br />

innovativer erledigt wird, füllen die<br />

Regale der Managementliteratur. Die<br />

Erfahrung lehrt oft etwas anderes. Wer<br />

sich an Gruppenarbeiten an der Schule<br />

oder während des Studiums erinnert,<br />

weiß um die ungleiche Verteilung der<br />

Aufgaben. Eine Zusammenarbeit (in<br />

Teams) funktioniert daher nur dann,<br />

wenn alles Tun zielgerichtet ist und<br />

auf gemeinsamen Werten, Spielregeln<br />

und sehr viel Disziplin aufbaut. Zusammenarbeit<br />

ist schwierig und eben auch<br />

Arbeit – vor allem in so einem komplexen<br />

System wie der öffentlichen Verwaltung.<br />

Was kann also die Digitalisierung<br />

für die Zusammenarbeit in der<br />

Verwaltung tun?<br />

Historisch gewachsen ist die Verwaltung<br />

immer noch ein sehr statisches und vor<br />

allem hierarchisch gegliedertes System.<br />

Auf dem Weg vom „Vater Staat“ zum<br />

„Partner Staat“ nimmt die digitale<br />

Transformation der Verwaltung daher<br />

eine zentrale Rolle ein. Zurecht ist sie<br />

auch ein zentraler Baustein des „digitalen<br />

Aktionsplans Austria“. Erwartet man sich<br />

durch mehr digitale Services doch auch<br />

mehr Effizienz in den Verfahren, höhere<br />

Nutzungsfreundlichkeit und geringere<br />

Kosten.<br />

Single Sign-On & Once-Only-Prinzip<br />

Mehr noch als in der realen Welt gilt es<br />

bei der Digitalisierung die Spielregeln<br />

der Zusammenarbeit zu beachten. Überhastete<br />

und nicht durchdachte Projekte<br />

enden im Chaos. Einigkeit unter den<br />

Akteuren des eGovernments besteht<br />

jedenfalls bei den übergeordneten Zielen.<br />

Dienste der Verwaltung sollen vorzugsweise<br />

digital und damit 24/7 zur<br />

Verfügung stehen. Alle Angebote sollen<br />

dabei über eine zentrale Stelle zugänglich<br />

gemacht (Single Sign-On) und die Daten<br />

der Nutzer*innen nur einmal erfasst<br />

(Once-Only-Prinzip) werden. Schwieriger<br />

wird es auf den darunterliegenden Ebenen.<br />

Hunderte verschiedene Softwarelösungen,<br />

Zuständigkeiten und Schnittstellen<br />

sind zu standardisieren und in<br />

Einklang zu bringen. Auf Bundesebene<br />

wurden dazu in allen Ministerien eigene<br />

Chief Digital Officers (CDO) eingerichtet.<br />

Eine Funktion, die im „Masterplan<br />

Digitalisierung für Tirols Gemeinden“,<br />

insbesondere für die Zusammenarbeit<br />

unter den Gemeinden und mit dem Land,<br />

für Digitalisierungsfragen vorgeschlagen<br />

wird.<br />

ID Austria<br />

Den Kern (das zeigt der Masterplan ganz<br />

genau) einer effizienten digitalen Verwaltung<br />

bilden „saubere“, d. h. richtige, eindeutige<br />

und vollständige Daten, die in zentralen<br />

Datenbanken (Registern) verwaltet<br />

werden. Der interne Zugriff darauf ermöglicht<br />

es der Verwaltung über Abteilungen<br />

und Hierarchien hinweg, auf denselben<br />

Akt zuzugreifen und ihn zu bearbeiten.<br />

Stichwort: Digitaler Akt. Konsequent weitergedacht<br />

müssen die „Kund*innen“, also<br />

die Bürger*innen und Unternehmen, in<br />

diesen Prozess aktiv miteingebunden werden<br />

und ihnen muss der Online-Zugriff<br />

auf ihre eigenen Daten ermöglicht werden.<br />

Diesbezüglich erweitert das Land<br />

Tirol derzeit seine Plattform portal.tirol.<br />

gv.at unter dem Begriff „SEPL – Service<br />

Plattform Tirol“ konsequent in Richtung<br />

Bürgerportal. Dabei geht es nicht mehr<br />

nur um die Weitergabe von Informationen<br />

wie derzeit über die Land Tirol App, sondern<br />

um den Zugriff auf ganz persönliche<br />

Daten. Voraussetzung dafür wiederum ist<br />

die digitale Identität, die eine eindeutige<br />

und sichere Identifikation der Nutzer*innen<br />

sicherstellt. Die rasche und beinahe<br />

vollständige Verbreitung der ID Austria<br />

muss daher nicht nur im Sinne der Verwaltung,<br />

sondern jedes Einzelnen sein.<br />

Zusammenfassend kann die Digitalisierung<br />

dazu beitragen, Prozesse zu vereinfachen,<br />

zu automatisieren und zu<br />

beschleunigen. Sowohl auf technischer<br />

als auch auf Seiten der Mitarbeiter*innen<br />

und Nutzer*innen bedarf es dazu jedoch<br />

klarer Regeln und das Bewusstsein, dass<br />

die Digitalisierung mehr Chancen als Risiken<br />

bietet.<br />

m.wex@gemnova.at


16 DOSSIER<br />

DOSSIER<br />

17<br />

Interkommunale Zusammenarbeit in Vorarlberg:<br />

„2023 planen wir<br />

einen Masterplan für<br />

Gemeindekooperationen“<br />

Interkommunale<br />

Zusammenarbeit<br />

in Vorarlberg<br />

In der Daseinsvorsorge arbeiten<br />

die Vorarlberger Gemeinden<br />

ähnlich wie die Tiroler in<br />

einer großen Zahl von Gemeindeverbänden<br />

zusammen. Im<br />

Bereich der Gemeindeverwaltung<br />

hat sich in den vergangenen<br />

Jahren viel getan: Die Personalverwaltung<br />

wird von neun<br />

Gemeinden im Dienstleistungsweg<br />

für 79 Gemeinden<br />

(82 %) durchgeführt, acht Baurechtsverwaltungen<br />

betreuen<br />

59 Gemeinden (61 %), sieben<br />

Finanzverwaltungen betreuen<br />

49 Gemeinden (51 %).<br />

Ein Interview mit Bürgermeisterin Andrea<br />

Kaufmann, Präsidentin des Vorarlberger<br />

Gemeindeverbandes<br />

Georg Keuschnigg: Frau Präsidentin, die<br />

Vorarlberger Gemeinden sind bei der<br />

interkommunalen Zusammenarbeit, insbesondere<br />

im Verwaltungsbereich, weiter<br />

als andere Bundesländer. Was wird<br />

konkret umgesetzt?<br />

Dipl.-Vw. Andrea Kaufmann: Der Vorarlberger<br />

Gemeindeverband ist im Bereich der<br />

interkommunalen Zusammenarbeit schon<br />

seit längerer Zeit aktiv. Seit dem Jahr 2009<br />

ist eine Person mit 50 % für diesen Aufgabenbereich<br />

angestellt. Der Vorarlberger<br />

Gemeindeverband sieht sich dabei in der<br />

Rolle des Anstoßers, des Organisators, er<br />

koordiniert und fördert Kooperationsprojekte.<br />

Ziel ist es, dass die Kooperationen aus<br />

den Regionen herauswachsen. Als zentrale<br />

Zielsetzungen der einzelnen Projekte werden<br />

überwiegend die Rechts- und Vertretungssicherheit<br />

sowie die Steigerung der<br />

Qualität definiert.<br />

Welche Rechtsformen kommen zum Einsatz?<br />

Im Bereich der Kooperationen bieten sich<br />

alle Rechtsformen an. Dies kann von der<br />

Vereinsstruktur über die GmbH bis hin<br />

zum Gemeindeverband reichen. In der Vergangenheit<br />

wurde das Hauptaugenmerk<br />

sehr stark auf Verwaltungsgemeinschaften<br />

gelegt.<br />

Was sind die Stärken und Schwächen<br />

dieser Organisationsmodelle?<br />

Jede Rechtsform hat ihre Stärken und<br />

Schwächen. Ein zentrales Thema ist<br />

aktuell die vorherrschende Rechtsunsicherheit<br />

in Bezug auf die Umsatzsteuerpflicht.<br />

Ein weiteres Thema<br />

zeichnet sich in der Verbindlichkeit<br />

ab. Hier hat sich als die geeignetste<br />

Rechtsform der Gemeindeverband<br />

herauskristallisiert.<br />

Worauf kommt es bei diesen Veränderungsprozessen<br />

Ihrer Meinung<br />

nach an?<br />

In Vorarlberg haben wir sehr gute<br />

Erfahrungen gemacht, die Prozesse<br />

in zwei Phasen aufzuteilen. Phase<br />

I zeichnet sich durch die Ideenfindung<br />

und die Einbindung aller<br />

Anspruchsgruppen aus. Hier wird<br />

der Entwicklungsprozess erarbeitet.<br />

Anschließend werden die Ideen und<br />

Überlegungen als Umsetzungsprojekt<br />

mit konkreten Angaben zu den Kosten<br />

etc. den Gremien zur Beschlussfassung<br />

vorgelegt. Aus dem Entwicklungsprojekt<br />

heraus entsteht in der<br />

Phase II das Umsetzungsprojekt.<br />

© Stadt Dornbirn<br />

Vorarlberger<br />

Gemeinden in<br />

Zahlen<br />

bis<br />

1.000<br />

Einwohner*innen<br />

Ist die Entwicklung dem Grunde nach<br />

abgeschlossen oder gibt es bereits<br />

nächste Projekte?<br />

Der Vorarlberger Gemeindeverband hat<br />

einen Strategieprozess abgeschlossen<br />

und für sich sechs strategische Stoßrichtungen<br />

festgelegt. Eine der Stoßrichtungen<br />

bildet die interkommunale<br />

Zusammenarbeit. Für das Jahr 2023 ist<br />

ein Prozess geplant, der die Entwicklung<br />

eines Zukunftsbildes der Gemeindeverwaltungen<br />

inklusive eines Masterplans<br />

für Kooperationen für das ganze Land vorsieht.<br />

Die Gemeindeautonomie soll erhalten<br />

bleiben und Kleinstgemeinden sollen<br />

auch zukünftig überlebensfähig sein. Dies<br />

wird insbesondere durch Kooperationen<br />

gewährleistet. Gleichzeitig soll zukünftig<br />

verstärkt darauf geachtet werden, bestehende<br />

Kooperationen zu optimieren und<br />

nach Möglichkeit zu standardisieren.<br />

Durch verstärkte und effiziente Kooperationen<br />

sollen zudem auch Freiräume<br />

für die Bürgermeister*innen geschaffen<br />

werden.<br />

DAS GESPRÄCH FÜHRTE<br />

GEORG KEUSCHNIGG<br />

1.000<br />

bis 2.000<br />

Einwohner*innen<br />

96 Gemeinden<br />

32 Gemeinden 18 Gemeinden 15 Gemeinden<br />

Dipl.-Vw.<br />

Andrea<br />

Kaufmann<br />

Präsidentin des Vorarlberger<br />

Gemeindeverbandes und Bürgermeisterin<br />

der Stadt Dornbirn<br />

1969 in Dornbirn geboren.<br />

Start der politischen Laufbahn<br />

1990. Ab 1995 Stadträtin in<br />

Dornbirn. 2009 bis 2013 Landesrätin<br />

in der Vorarlberger<br />

Landesregierung. Seit 2013<br />

Bürgermeisterin der Stadt<br />

Dornbirn. Seit 2020 Präsidentin<br />

des Vorarlberger Gemeindeverbandes<br />

und seit <strong>2022</strong><br />

Vizepräsidentin des Österreichischen<br />

Gemeindebundes.<br />

2.000<br />

bis 3.000<br />

Einwohner*innen<br />

Zwei Drittel der<br />

Gemeinden verfügen<br />

über weniger als 3.000<br />

Hauptwohnsitze.<br />

In 10 %<br />

der Gemeinden<br />

wohnen mehr als 50 %<br />

der Vorarlberger<br />

Bevölkerung.


18 DOSSIER<br />

DOSSIER<br />

19<br />

Langsam wird<br />

es kälter<br />

Immer mehr Menschen in Tirol sind auf Hilfe angewiesen. Corona, der Krieg in der<br />

Ukraine, die massiven Preissteigerungen. Die Zahl der Bedürftigen steigt massiv<br />

an, langsam wird es in unserer Gesellschaft kalt, noch kälter. Der gemeinnützige<br />

Verein „Netzwerk Tirol hilft“ bietet seit Jahren finanzielle Unterstützung. Geholfen<br />

wird ausschließlich jenen Menschen, die es bitter nötig haben. Die „Gießkanne“<br />

kommt hier nicht zum Einsatz.<br />

Seit 2010 ist Herbert Peer das Herz,<br />

die Seele, der Kopf von „Netzwerk<br />

Tirol hilft“. Er ist in Pension, arbeitet<br />

ehrenamtlich und mit großem<br />

Engagement. (© Netzwerk Tirol hilft)<br />

„„Noch will ich keine Hilfe in<br />

Anspruch nehmen, will nicht zur<br />

Bittstellerin werden. Auch, weil<br />

es mir um die Würde der Person<br />

geht. Aber der Winter steht erst<br />

vor der Tür. Vielleicht brauche<br />

dann auch ich Hilfe.“<br />

Barbara<br />

ZUM AUTOR<br />

MAG. REINHOLD OBLAK<br />

Aufgewachsen in Kärnten studierte<br />

er an den Universitäten Wien und<br />

Perugia, Italien. Er war viele Jahre Journalist,<br />

Konzernsprecher, Vorstand und<br />

Aufsichtsrat. Seit 2018 ist er bei der<br />

GemNova in der Unternehmenskommunikation<br />

tätig.<br />

Kontakt: r.oblak@gemnova.at<br />

Barbara ist Ende dreißig. Sie lebt in einer<br />

kleinen Gemeinde in der Nähe von Innsbruck,<br />

arbeitet halbtags, ist alleinerziehende Mutter<br />

einer Tochter. „In den vergangenen Monaten<br />

ist alles teurer geworden. Die Lebensmittel,<br />

Benzin, meine Miete wird wohl auch erhöht<br />

werden. Langsam weiß ich nicht mehr, wie<br />

ich all das bezahlen soll. Und der Winter<br />

steht ja erst vor der Tür.“<br />

Franz und Claudia sind schon über vierzig<br />

Jahre verheiratet, ihre drei Kinder aus<br />

dem Haus. Franz arbeitete sein ganzes<br />

Berufsleben in der Gastronomie – lange<br />

Arbeitszeiten, auch am Wochenende,<br />

mäßige Bezahlung. Claudia war Mutter,<br />

organisierte den Haushalt, hielt das Geld<br />

zusammen. Sie wohnen in einer kleinen<br />

Wohnung im Bezirk Kufstein, nett eingerichtet.<br />

Die Pension von Franz ist recht dürr,<br />

noch kommt man damit über die Runden.<br />

„Wir fürchten uns vor dem Winter, vor der<br />

Heizperiode. Und auch beim Hofer wird<br />

alles teurer – Obst, Gemüse, das Brot, die<br />

Milch. Schau einfach in die Gesichter der<br />

Leute bei der Kassa, dann weißt du, wie<br />

es aussieht. Wir haben ja keine hohen<br />

Ansprüche, aber wenn das so weitergeht,<br />

geht uns bald das Geld aus“, sagt Claudia.<br />

Und dann ist da noch Kateryna, wohl noch<br />

keine zwanzig, aus einer mittelgroßen Stadt<br />

in der Ukraine. Vor einem halben Jahr ist sie<br />

vor dem Krieg nach Österreich geflüchtet,<br />

fand in Tirol eine Unterkunft. Sie flüchtete<br />

alleine, ihr Vater kam bei einem russischen<br />

Raketenangriff ums Leben, ebenso ihre Mutter.<br />

Sie ist verzweifelt, weiß nicht weiter, ist<br />

gerade dabei, besser Deutsch zu lernen. Ein<br />

Schicksal von vielen.<br />

Die Verzweiflung steigt<br />

Bereits im Frühjahr 2010 wurde der<br />

gemeinnützige Verein „Netzwerk Tirol<br />

hilft“ gegründet. Mit dem erklärten Ziel,<br />

notleidende Menschen in Tirol zu unterstützen,<br />

ihnen rasch und unbürokratisch<br />

zu helfen. Herbert Peer ist von Anfang an<br />

dabei, als Koordinator, als Ansprechpartner,<br />

als Herz, Seele und Kopf des Vereins. „Die<br />

Idee ist einfach: Wir sammeln Spenden<br />

und geben diese dann an die Menschen<br />

hier in Tirol weiter. Im ersten Jahr gab<br />

es 240 Ansuchen, 2018 waren es schon<br />

1 800, im vergangenen Jahr bereits 2 500.<br />

Und heuer werden es noch mehr, noch viel<br />

mehr werden.“<br />

Herbert Peer kennt sich in diesem Umfeld<br />

sehr gut aus, war davor zwölf Jahre lang<br />

beim ORF Tirol für „Licht ins Dunkel“<br />

zuständig. Heute ist er in Pension, übernimmt<br />

diese Aufgabe ehrenamtlich. „Ich<br />

will einfach meinen Teil dazu beitragen,<br />

Not zu lindern, schnell zu helfen.“ Rund<br />

300.000 € werden pro Jahr an die Bedürftigen<br />

ausbezahlt, jeder einzelne Spenden-<br />

Cent kommt unmittelbar an. Personalkosten<br />

gibt es im Verein keine, Sauberkeit und<br />

Transparenz stehen dafür ganz oben.<br />

„Besonders die Teuerungen machen den<br />

Menschen hier in Tirol schwer zu schaffen.<br />

Auch der sogenannte Mittelstand<br />

ist immer stärker davon betroffen. Das<br />

merken wir auch bei den Ansuchen, die<br />

Verzweiflung steigt.“ Unterstützt werden<br />

ausschließlich Personen und Familien,<br />

die hier in Tirol leben, gemeldet sind, hier<br />

ihren Wohnsitz haben. In einer eigenen<br />

Aktion wurden auch Kriegsflüchtlinge aus<br />

der Ukraine unterstützt, Armut kennt eben<br />

keinen Reisepass.<br />

Zum Glück, so Peer, ist die Spendenbereitschaft<br />

in Tirol sehr hoch. Private wollen<br />

ebenso helfen wie viele Unternehmen, wie<br />

Vereine, Charity Clubs. Außerdem gibt es<br />

immer wieder Veranstaltungen, bei denen<br />

für „Netzwerk Tirol hilft“ gesammelt wird.<br />

All diese Spenden sind steuerlich absetzbar,<br />

doch dies ist nicht der entscheidende<br />

Grund, warum so viele so gerne helfen. Der<br />

Zusammenhalt einer Gesellschaft zeigt<br />

sich eben vor allem darin, wie mit den<br />

Schwächeren umgegangen wird.<br />

Die Würde des Einzelnen<br />

Barbara will derzeit noch keine Hilfe in<br />

Anspruch nehmen, auch weil sie nicht zur<br />

„Bittstellerin“ werden will. Aus dem gleichen<br />

Grund ist sie auch noch in keinem „Sozialmarkt“<br />

gewesen, wo sie Lebensmittel zu<br />

einem stark reduzierten Preis erhalten könnte.<br />

„Da geht’s bei mir sehr stark um Selbstbewusstsein,<br />

um die Würde der Person. Vielleicht<br />

auch, weil ich noch jene Bilder im Kopf<br />

habe, als ein ehemaliger Landeshauptmann<br />

in Gutsherrenmanier Gutscheine verteilt hat.<br />

Und sich dabei als der große Gönner fotografieren<br />

ließ. Da mache ich nicht mit, dazu<br />

lasse ich mich nicht missbrauchen.“<br />

Für Herbert Peer ist diese Argumentation<br />

verständlich, nachvollziehbar. „Unsere Spenderinnen<br />

und Spender können außerdem<br />

entscheiden, an wen konkret sie ihre Spende<br />

geben wollen. Nur an Alleinerzieherinnen,<br />

nur an Familien, nur an ukrainische Flüchtlinge,<br />

nur an Bedürftige in einem bestimmten<br />

Bezirk. Diese Zweckgebundenheit der Spende<br />

ist für einige recht wichtig.“<br />

Was Peer ebenso wichtig ist: den Zugang<br />

zu den Hilfen möglichst niederschwellig zu<br />

halten, den Stolz, die Würde des Einzelnen<br />

nicht zu verletzen. „Es gibt immer wieder<br />

Menschen, die sich einfach nicht trauen,<br />

sich an uns zu wenden. Darum meine Bitte<br />

an die Nachbarn, insbesondere auch an die<br />

Gemeinden: Meldet euch bei uns, wenn ihr<br />

seht, dass jemand Hilfe braucht. Wir leben in<br />

einem reichen Land, hier sollte niemand in<br />

Not leben müssen.“<br />

Franz und Claudia werden sich wohl bald<br />

melden. Die Pandemie, der Krieg, die Teuerungen<br />

– langsam wird ihnen alles zu viel.<br />

Kateryna hingegen hat noch ganz andere<br />

Probleme: Der Verlust ihrer Eltern, das fremde<br />

Land, die fremde Kultur, die fremde Sprache.<br />

Gleichzeitig ist sie glücklich, dem Krieg<br />

entronnen zu sein, hier in Tirol sein zu dürfen.<br />

Jedes einzelne Schicksal ist eben einzigartig.<br />

So wie auch jeder einzelne Mensch.<br />

Netzwerk Tirol hilft<br />

Das „Netzwerk Tirol hilft“ will rasch<br />

und unbürokratisch jenen Menschen<br />

helfen, die in Tirol leben. Wer<br />

Hilfe braucht, wer jemanden kennt,<br />

der Unterstützung benötigt, wendet<br />

sich am besten direkt an:<br />

netzwerk@tirol.gv.at<br />

+43 512 508 2014


20 DOSSIER<br />

DOSSIER<br />

21<br />

Gemeinsam<br />

erfolgreich Bauen<br />

In den vergangenen acht Jahren wurden,<br />

begleitet von der GemNova, rund 50<br />

Bauvorhaben abgeschlossen, gleichzeitig<br />

weit über 1 000 Vergabeverfahren<br />

bei Infrastrukturprojekten abgewickelt.<br />

Aktuell betreut das GemNova Infrastruktur-Team<br />

etwa 30 Bauvorhaben<br />

in unterschiedlichen Projektstadien.<br />

In einem neu gestalteten Bildband präsentieren<br />

wir ausgewählte Infrastrukturprojekte<br />

der letzten acht Jahre. All diese<br />

Projekte wurden von der GemNova umfassend<br />

begleitet, wobei von den Kommunen<br />

hauptsächlich folgende Dienstleistungen<br />

in Anspruch genommen wurden: Analysen,<br />

Studien, Kostenschätzungen, Finanzierungskonzepte,<br />

Vergabeverfahren, Planungsbegleitung,<br />

Förderungsabwicklung<br />

und Umsetzungsbegleitung.<br />

Die Agenden im Bereich des Hochbaus<br />

einer Gemeinde können als überaus vielfältig<br />

und in Hinblick auf die Einhaltung<br />

umfassender Vorgaben und Rahmenbedingungen<br />

auch als durchwegs komplex<br />

bezeichnet werden. Für nahezu alle<br />

Lebensabschnitte der Bevölkerung, von<br />

der Wiege bis zur Bahre, benötigt es Räume<br />

in einer Gemeinde. Angefangen bei<br />

Einrichtungen der Kinderbetreuung wie<br />

Kinderkrippen, Kindergärten und Schulen,<br />

Orte des gesellschaftlichen Lebens<br />

(Gemeinde- und Mehrzweckzentren) über<br />

Gebäude der öffentlichen Sicherheit, wie<br />

zum Beispiel Feuerwehrgerätehäuser,<br />

bis hin zu Einrichtungen der Pflege. Jedes<br />

Gebäude ist einzigartig und so ist auch<br />

eine individuell abgestimmte Herangehensweise<br />

bei sämtlichen Projekten erforderlich.<br />

Die immense Vielfalt und der unglaubliche<br />

gesellschaftliche Wert jedes einzelnen<br />

Projektes war Antrieb für die Gestaltung<br />

dieses Buches und der Grund dafür, all<br />

jene Tiroler Gemeinden vor den Vorhang<br />

zu holen, welche wir in den letzten Jahren<br />

begleiten durften.<br />

ZUM AUTOR<br />

DI ALEXANDER<br />

GOSTNER<br />

Alexander Gostner ist seit 2016 bei<br />

der GemNova und verantwortet den<br />

Bereich Infrastruktur & Recht.<br />

Kontakt: a.gostner@gemnova.at


22 DOSSIER<br />

DOSSIER<br />

23<br />

Kinderbetreuungsgeld:<br />

Vergleich und Benchmark<br />

Planungsverband Innsbruck und Umgebung<br />

Kräfte bündeln, Synergien nutzen<br />

In der Ausgabe 5 von <strong>277.TIROL</strong> hat<br />

Mag. (FH) Mag. Christian Drechsler<br />

(Planungsverbandskoordinator, Amt<br />

der Tiroler Landesregierung) über die<br />

rechtlichen Rahmenbedingungen und<br />

Aufgaben der Planungsverbände im<br />

Allgemeinen berichtet. Als einer der<br />

Koordinatoren des Planungsverbandes<br />

Innsbruck und Umgebung (PIU) möchte<br />

ich nun einerseits einen vertiefenden<br />

Einblick in unsere Aufgaben und<br />

andererseits einen Überblick über die<br />

laufenden Projekte geben.<br />

VON NORBERT PFLEGER<br />

Der PIU ist der Planungsverband Nummer<br />

37 und setzt sich aus der Stadt Innsbruck<br />

und allen Gemeinden der Planungsverbände<br />

14 bis 19 zusammen. Er wurde 2007<br />

gebildet. Im Dezember 2020 übernahm<br />

Thomas Öfner, Bürgermeister von Zirl,<br />

die Obmannschaft. Die Stellvertretung<br />

mit Christian Härting, Bürgermeister von<br />

Telfs, blieb gleich. Der Sitz des Verbandes<br />

ist die Gemeinde Zirl.<br />

Die Koordination des Verbandes übernahm<br />

2019 die „ARGE GemNova & beratung<br />

krismer“. Die Gemeinden profitieren<br />

durch diese Kooperation von einem breiten<br />

Wissens- und Erfahrungsspektrum<br />

der handelnden Personen und dem starken<br />

Background der beiden Firmen.<br />

Die administrativen Aufgaben der<br />

Geschäftsstelle sind vielfältig – von laufenden<br />

Verwaltungsangelegenheiten über<br />

Organisationsaufgaben, das Sitzungsmanagement<br />

für die Verbandsorgane, die<br />

Öffentlichkeitsarbeit bis hin zur Haushaltsführung<br />

und dem Rechnungswesen.<br />

Noch wichtiger sehen wir die Aufgaben im<br />

Rahmen des Projektmanagements: Projektinitiierung,<br />

-vorbereitung, -entwicklung,<br />

-koordination, -umsetzung, und -controlling.<br />

Wir begleiten Projekte von der Idee<br />

bis zum Abschluss.<br />

Wir nehmen auch regelmäßig an Sitzungen<br />

der Planungsverbände 14 – 19 teil,<br />

unterstützen sie und versuchen ähnlich<br />

gelagerte Themen und Aufgaben auf der<br />

Ebene des PIU zusammenzuführen. Es<br />

ist wichtig, gemeindeübergreifende Themen<br />

zu erkennen, zum Thema zu machen<br />

und auf eine breitere Basis zu stellen.<br />

Nicht immer sind die Themen bzw. die<br />

daraus entstehenden Projekte für alle<br />

unsere unterschiedlichen Gemeinden<br />

relevant. Trotzdem besteht hier eine Kultur<br />

der gegenseitigen Wertschätzung und<br />

Unterstützung. Jegliche Projekte werden<br />

gemeinsam getragen.<br />

Die Gemeinde- bzw. die planungsverbandsübergreifende<br />

Koordination,<br />

Abstimmung und Zusammenarbeit ist<br />

das Wesen des PIU. Damit kann die Selbständigkeit<br />

und Authentizität der einzelnen<br />

Kommunen in einem gemeinsamen<br />

Großen bestehen und sie können sich dennoch<br />

weiterentwickeln. Ein wesentlicher<br />

Kostenvorteil stellt sich dadurch ein, dass<br />

nicht alle einzeln das Gleiche bzw. Ähnliches<br />

entwickeln und umsetzen.<br />

LEADER Innsbruck Land<br />

Im Frühjahr 2021 übernahm der<br />

PIU den Auftrag, die Vorbereitung<br />

und die Gründung des<br />

„Regionalmanagement Innsbruck<br />

Land“ im Rahmen des<br />

Europäischen LEADER-Programms<br />

zu begleiten. LEADER<br />

ist ein Förderprogramm der Europäischen<br />

Union, um ländlichen Raum zu<br />

stärken, die regionale Wirtschaft zu fördern<br />

und die Lebensqualität in den Regionen<br />

zu steigern. Die regionale Entwicklungsstrategie<br />

(LES) wurde von „regio3“<br />

und „beratung krismer“ in einem schlanken<br />

Beteiligungsprozess erarbeitet.<br />

Im Frühjahr <strong>2022</strong> fand dieses<br />

Projekt mit der Vereinsgründung,<br />

der Abgabe der<br />

Bewerbung und der Nominierung<br />

des Regionalmanagers<br />

seinen Abschluss.<br />

Die enge Zusammenarbeit<br />

zwischen PIU und<br />

Regionalmanagement ist<br />

durch diese intensive Einbindung im<br />

Entstehungsprozess sichergestellt.<br />

Hinter diesem Titel verbirgt sich eine<br />

umfassende Datenerfassung in allen 42<br />

Mitgliedsgemeinden. Einerseits sollen die<br />

Elterntarife und andererseits das Angebot<br />

und die Kosten der Elementarpädagogik<br />

in jeder einzelnen Gemeinde erfasst<br />

werden. Anfang Oktober wird dies abgeschlossen<br />

sein.<br />

Ziel ist es, Grundlagen für zukünftige Entscheidungen<br />

für die Bürgermeister*innen<br />

und für den Gemeinderat zur Verfügung<br />

zu stellen. Die Gemeinden sollen sich<br />

nicht nur wie bisher mit ihren Nachbarn<br />

abstimmen, sondern auch die Möglichkeit<br />

haben, sich mit Kommunen gleicher<br />

Größe und selbem Angebot vergleichen zu<br />

können. Weiters werden bereits bestehende<br />

kreative und innovative Ideen bei der<br />

Zusammenarbeit von Gemeinden aufgezeigt<br />

und können so als Ideenbringer für<br />

andere dienen.<br />

Auf Basis der Zahlen 2021 sehen die<br />

Gemeinden, was sie ein Kinderbetreuungsplatz<br />

abzüglich der gewährten Förderungen<br />

tatsächlich kostet. Durch die<br />

Novelle des Kinderbildungs und<br />

-betreuungsgesetzes des Landes<br />

werden die Förderungen nun<br />

entsprechend erhöht, um<br />

auch das Angebot in den<br />

Gemeinden zu erhöhen.<br />

Die Gemeinden können<br />

dabei selbst entscheiden, welche<br />

Schritte sie setzen wollen<br />

und können, um die zu erwartenden<br />

Kosten auf kommunaler<br />

Ebene besser zu kalkulieren.<br />

Anschließend daran<br />

können sie auf der erstellten<br />

Berechnungsbasis die<br />

Ergebnisse der für die<br />

Gemeinden angefallenen<br />

Kosten wieder überprüfen.


24 DOSSIER<br />

DOSSIER<br />

25<br />

Abfallwirtschaft<br />

MOBIL 2050<br />

P15<br />

P15<br />

P17<br />

P17<br />

P18<br />

P18<br />

Derzeit überlegen mehrere Gemeinden<br />

im Bezirk Innsbruck Land unter anderem<br />

ihre Recyclinghöfe zu modernisieren oder<br />

Wertstoffinseln zu installieren. Aus diesem<br />

Grund wurde entschieden, ein Vorprojekt<br />

zu starten, im Zuge dessen die<br />

Tarife, Öffnungszeiten und ähnliche Daten<br />

erhoben wurden, um darauf basierend<br />

den Bedarf eines (digitalen) Zutrittssystems<br />

abzuleiten.<br />

In diesem Zusammenhang stand auch<br />

immer das Thema „Bürgerkarte“ im<br />

Raum, das bei der Entwicklung einer<br />

Digitalisierungsstrategie immer mitgedacht<br />

werden muss. Neben der Erfassung<br />

oben erwähnter Daten wurde deshalb<br />

im Rahmen des Vorprojekts der<br />

Ist-Stand, bereits getroffene Entscheidungen,<br />

Umsetzungsvorstellungen<br />

und Wünsche innerhalb<br />

der nächsten fünf Jahre<br />

bezüglich einer Bürgerkarte<br />

abgefragt.<br />

Die Daten der 36 Recyclinghöfe liegen<br />

jetzt vor und zeigen ein sehr<br />

heterogenes Bild. Sie werden bei den kommenden<br />

Planungsverbandssitzungen präsentiert.<br />

Auf dieser Basis können nun die<br />

Gemeinden bzw. Planungsverbände ihre<br />

Planungen machen, sich untereinander<br />

abstimmen, Anpassungen und Umsetzungen<br />

durchführen.<br />

P14<br />

P14<br />

P16<br />

P16<br />

P19<br />

P19<br />

Schon bei den Gesprächen während der<br />

Erfassung wurden sehr interessante Themen<br />

diskutiert:<br />

• Braucht es so viele vollwertige Recyclinghöfe?<br />

• Macht ein gemeindeübergreifendes<br />

Konzept Sinn?<br />

• Wie können Fahrten auf Grund von<br />

Müllentsorgung vermieden werden?<br />

• Wie können Kosten für die Infrastruktur<br />

und laufende Kosten eingespart<br />

werden?<br />

Die Harmonisierung der Tarife könnte der<br />

erste und leichteste Schritt sein. So kann<br />

zukünftig Mülltourismus aufgrund eventueller<br />

Preisvorteile in anderen Gemeinden<br />

vermieden werden. Entsprechend unserem<br />

Step-by-Step-Vorgehen werden wir in<br />

den nächsten Monaten prüfen, inwieweit<br />

weitere Projektziele definiert werden, beispielsweise<br />

die vertiefte, kluge, logistische<br />

Planung, den Verkehr und die Kosten zu<br />

minimieren, samt der Frage, wie<br />

dies mit Hilfe der Digitalisierung<br />

umsetzbar ist.<br />

Singletrails<br />

Ausgangssituation ist die auch in den<br />

Medien immer wieder stark diskutierte<br />

illegale Nutzung der Wälder rund um<br />

Innsbruck durch Mountainbiker*innen,<br />

speziell im Downhill-Bereich. Dass diese<br />

Situation nur gemeindeübergreifend<br />

gelöst werden kann, ist allen Beteiligten<br />

klar. Es braucht einerseits zusätzliche<br />

Angebote für Mountainbiker*innen<br />

im Rahmen eines Gesamtkonzeptes<br />

– unter Einbindung der<br />

Grundeigentümer*innen und aller<br />

anderen Interessensgruppen und<br />

Konfliktparteien – und gleichzeitig<br />

Maßnahmen zur Lenkung und Steuerung<br />

sowie Maßnahmen betreffend der<br />

Rechtssicherheit der Waldbesitzer*innen.<br />

Aus diesem Grund hat der PIU, gemeinsam<br />

mit „Bergwelt Tirol – Miteinander<br />

Erleben“ vom Land Tirol, Abteilung<br />

Forstorganisation, im ersten Halbjahr<br />

<strong>2022</strong> eine Workshopreihe mit externer<br />

Moderation (Ingenieurbüro LechtAlps)<br />

durchgeführt, die zum Ziel hatte,<br />

eine Gesprächsbasis herzustellen<br />

und Lösungswege<br />

sowie notwendige Schritte zu<br />

identifizieren.<br />

Diese Ziele wurden erreicht<br />

und nun wird zielorientiert weitergearbeitet:<br />

Unter anderem wurde<br />

eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich aus<br />

Vertreter*innen aller Interessengruppen<br />

zusammensetzt. In den nächsten Monaten<br />

werden weitere Workshops sowohl<br />

in kleineren Gruppen als auch in der<br />

Gesamtarbeitsgruppe abgehalten, um<br />

gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Die<br />

Moderation obliegt direkt dem PIU. So<br />

viel kann schon mal verraten werden: Das<br />

Engagement der Mitwirkenden ist groß!<br />

Nächster Milestone ist es, die Weiterentwicklung<br />

weiter voranzutreiben, um einen<br />

Projektantrag im Leader-Programm zu<br />

erstellen.<br />

Mit dem Projekt MOBIL 2050, welches<br />

2021 gestartet wurde, unterstützt das<br />

Land Tirol und der PIU die Gemeinden<br />

gezielt bei der Vorbereitung und Planung<br />

von überörtlichen Radwegen. Das Land<br />

Tirol finanziert das Projekt, um<br />

seine bestehenden Konzepte mit<br />

den Gemeinden abgestimmt<br />

zur Umsetzung zu bringen. Der<br />

Schwerpunkt liegt auf dem Alltagsradverkehr.<br />

Die erstellte Broschüre<br />

mit den zahlreichen Fördermöglichkeiten<br />

und vielen Good-Practice-Beispielen<br />

wurde von der Abteilung Mobilitätsplanung<br />

des Landes Tirol an alle<br />

Gemeinden versandt. Sie kann beim<br />

PIU bezogen werden und steht auf der<br />

unten angeführten Verbandshomepage<br />

zum Download bereit. Mit einem vertieften<br />

Beratungsangebot und gezielten regionalen<br />

Radwege-Workshops wurden und<br />

werden Radverbindungen zwischen<br />

den Gemeinden erarbeitet.<br />

Das Projekt wird mit<br />

Ende <strong>2022</strong> abgeschlossen<br />

– der Endbericht wird<br />

Anfang kommenden Jahres<br />

auf www.piu.gv.at zu<br />

finden sein.<br />

ZUM AUTOR<br />

MAG. (FH)<br />

NORBERT PFLEGER<br />

Norbert Pfleger ist seit 2021<br />

Planungsverbandskoordinator bei der<br />

GemNova für den Planungsverband<br />

Innsbruck und Umgebung.<br />

Kontakt:<br />

n.pfleger@gemnova.at


26 DOSSIER<br />

DOSSIER<br />

27<br />

Was hat<br />

Bürger*innenbeteiligung<br />

mit Gesundheitsförderung<br />

zu tun?<br />

Das Einbeziehen von Bürger*innen kann auf verschiedenste Art und Weise und in<br />

unterschiedlichen Ausprägungen erfolgen. Dies reicht vom Einbringen von Wissen<br />

und Erfahrungen bis hin zur Planung und Umsetzung von konkreten Aktivitäten.<br />

Zwei der wichtigsten Voraussetzungen für das Gelingen einer Beteiligung sind<br />

allerdings der Wunsch der Bürger*innen an politischen Entscheidungen teilzuhaben<br />

sowie eine ergebnisoffene und positive Erwartungshaltung der kommunalpolitischen<br />

Entscheidungsträger*innen. Ist dies gegeben, ist eine neutral moderierte<br />

Bürger*innenbeteiligung meist ein Erfolgserlebnis für alle.<br />

Vorteile der Bürger*innenbeteiligung<br />

in der kommunalen<br />

Gesundheitsförderung<br />

Gerade die Gesundheitspolitik hat häufig<br />

weitreichende Folgen für die Bevölkerung<br />

und daher möchten auch immer mehr<br />

Menschen stärker in diesem Bereich einbezogen<br />

werden. Die WHO definiert mit<br />

der Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung<br />

1986 die Selbstbestimmung der<br />

Bürger*innen als Kern der Gesundheitsförderung<br />

und auch Erkenntnisse aus der Gesundheitswissenschaft<br />

belegen die Effektivität<br />

der aktiven Bürger*innenbeteiligung<br />

für nachhaltige Veränderungen sowie die<br />

zentrale Rolle der Gemeinde als Lebenswelt<br />

auf die Gesundheit der Bürger*innen.<br />

Viele Menschen achten nicht ausreichend<br />

auf ihre Gesundheit, dies hat nicht nur Einfluss<br />

auf ihr eigenes Leben, sondern natürlich<br />

auch gesamtgesellschaftliche Auswirkungen,<br />

die das Gesundheitssystem und<br />

die Gemeinden belasten. Einige Gemeinden<br />

möchten daher mehr Verantwortung<br />

übernehmen, wenn es um die Gesundheit<br />

ihrer Bürger*innen geht. Die Menschen<br />

sollen besonders vor vermeidbaren Krankheiten<br />

bewahrt werden und sich so lange<br />

wie möglich gesund und fit halten. Es bedarf<br />

allerdings gezielter Maßnahmen zur<br />

Vorsorge und zur Förderung der individuellen<br />

und öffentlichen Gesundheit.<br />

Wie kann es eine Gemeinde nun über<br />

Bürger*innenbeteiligung bewerkstelligen,<br />

das Gesundheitsbewusstsein zu<br />

stärken, die Gesundheitskompetenz zu<br />

erhöhen und Maßnahmen zu setzen, die<br />

von den Bürger*innen auch angenommen<br />

werden?<br />

Dazu ein Blick in die Praxis. Seit 2021 haben<br />

Tiroler Gemeinden die Möglichkeit, unter<br />

Begleitung der ARGE Gesunde Gemeinde<br />

Tirol eine „Gesunde Gemeinde“ zu werden.<br />

Kernidee ist es, die Gesundheit der Menschen<br />

dort zu fördern, wo sie wohnen, arbeiten<br />

und leben. Nach dem Gemeinderatsbeschluss<br />

zur „Gesunden Gemeinde“ beginnt<br />

der Prozess der Bürger*innenbeteiligung<br />

mit dem Startworkshop direkt in der Gemeinde.<br />

Die Grundidee ist, dass dieser für<br />

alle Gemeindebürger*innen zugänglich ist.<br />

Dazu soll er als öffentliche Veranstaltung<br />

in der Gemeinde beworben werden. Um ein<br />

vielfältiges Bild zu bekommen ist es ratsam,<br />

Vertreter*innen verschiedener Berufs- und<br />

Altersgruppen gezielt einzuladen.<br />

In einer Gemeinde im Tiroler Unterland<br />

nahmen über 30 Bürger*innen die Einladung<br />

zum Workshop an. Es zeigte sich<br />

dabei ein repräsentatives Bild der Bevölkerung.<br />

Menschen aus verschiedensten<br />

Berufsgruppen waren dabei, darunter ein<br />

Physiotherapeut, eine Krankenpflegerin,<br />

eine Hausfrau, eine Zahngesundheitserzieherin,<br />

ein Baumeister, eine Bankangestellte,<br />

eine Psychologin und ein Pensionist.<br />

Sie alle setzten sich intensiv mit der<br />

kommunalen Gesundheitsförderung in<br />

ihrer Gemeinde auseinander, sie haben<br />

mitgeredet und wollen mitgestalten. Um<br />

Kontinuität in die Gesundheitsförderung<br />

zu bringen, wurde zudem ein interdisziplinärer<br />

ehrenamtlicher Arbeitskreis, zusammengesetzt<br />

aus Bürger*innen der<br />

Gemeinde, gegründet und vom Team<br />

„Gesunde Gemeinde“ dabei begleitet,<br />

gesundheitsfördernde Maßnahmen und<br />

Strukturen zu entwickeln.<br />

Wichtig ist, dass die individuellen Bedürfnisse<br />

der Gemeinde und der Bürger*innen<br />

im Mittelpunkt stehen und<br />

bestehende Strukturen miteinbezogen<br />

werden. Durch einen stärkeren Sinn für<br />

das gemeinsame Engagement im Gesundheitssystem<br />

soll mehr Solidarität<br />

und Zusammenhalt erzielt werden.<br />

• Die Möglichkeit an politischer Teilhabe fördert<br />

eine lebendige Demokratie und die demokratische<br />

Kompetenz der Bürger*innen.<br />

• Bedürfnisse und Probleme können durch die<br />

Nähe zu den Bürger*innen identifiziert werden.<br />

• Ressourcen in der Gemeinde werden sichtbar.<br />

• Beteiligungsprozesse sind gemeinsame Lernprozesse<br />

und stärken so die Bewusstseinsbildung<br />

für die individuelle und die öffentliche<br />

Gesundheit.<br />

• Transparente Entscheidungsprozesse und die<br />

Möglichkeit mitzureden, wirken sich positiv auf<br />

das Verständnis der Bürger*innen für den vielseitigen<br />

politischen Prozess sowie die Legitimität<br />

politischer Entscheidungen aus.<br />

• Das Gespräch zwischen unterschiedlichen<br />

Interes sengruppen oder unterschiedlich informierten<br />

Gruppen wird gefördert.<br />

• Die Beteiligung an der Entwicklung von gesundheitsfördernden<br />

Maßnahmen erhöht die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass diese den Bedürfnissen der<br />

Bürger*innen entsprechen und somit auch in<br />

Anspruch genommen werden.<br />

• Das Vertrauensverhältnis zwischen den<br />

Bürger*innen und der Gemeindepolitik wird<br />

gestärkt.<br />

Beim Startworkshop zur „Gesunden Gemeinde“ in Münster hat<br />

sich rasch gezeigt, welche Themen den Bürger*innen am Herzen<br />

liegen und welche gesundheitsfördernden Maßnahmen sie umsetzen<br />

wollen. (© GemNova)<br />

ZUR AUTORIN<br />

ANGELA SEMRAJC, MA<br />

Angela Semrajc ist in der GemNova<br />

für den Unternehmensbereich Gesundheit<br />

verantwortlich. Im Zuge dessen<br />

koordiniert sie die Projekte „Gesunde<br />

Gemeinde Tirol“ und „Modellregion<br />

Bewegtes Tirol“.<br />

Kontakt: a.semrajc@gemnova.at


28 tirol.digital<br />

tirol.digital 29<br />

Mit sauberen Daten<br />

bares Geld sparen<br />

VON MARGARETH FEICHTER<br />

Im Adress-Gebäude-Wohnungsregister (AGWR) erfassen alle Gemeinden auf Rechtsbasis des GWR-Gesetzes seit 2004<br />

ihre Bauvorhaben und pflegen gleichzeitig die dort erfassten Daten. Einige der Daten beziehen sich auf die Art der Nutzung<br />

wie Wohnungen oder sonstige Nutzungen (z. B. Arztpraxen, Handelsflächen etc.) und die damit verbundenen Nutzflächen.<br />

Seit 01.01.2013 (Novelle des GWR-Gesetzes, BGBl. I Nr. 125/2009) ist das Adress-Gebäude-Wohnungsregister (AGWR)<br />

das Register, aus welchem die Daten zur Einheitsbewertung und in weiterer Folge zur Berechnung der Grundsteuer herangezogen<br />

werden.<br />

Helmut Margreiter, Bürgermeister von<br />

Steinberg am Rofan mit Gemeindemitarbeiterin<br />

Barbara Moser<br />

Maria Lugger, Verwaltungsmitarbeiterin<br />

der Gemeinde<br />

Obertilliach<br />

Bei der „Leerstandsabgabe“, welche kürzlich durch die Tiroler Landesregierung beschlossen wurde, sind die (Wohn-)Nutzflächen<br />

maßgebliche Bemessungsgrundlagen für die Abgabenhöhen. Sind diese Daten nun nicht oder unrichtig erfasst, können der Gemeinde<br />

über Jahre hinweg hohe Einnahmen entgehen. Ein sauber geführtes AGWR ist damit unerlässlich. Durch die Datenanalyse der<br />

GemNova kann der aktuelle Datenstand Ihrer Gemeinde evaluiert und Ihre Mitarbeiter*innen in der Folge dahingehend geschult<br />

werden, dass künftig Daten richtig ins AGWR eingegeben bzw. nacherfasst werden. Mit der Datenanalyse und Datenbereinigung<br />

wird dem Grundsatz der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung getragen. Nicht zuletzt bringen korrekte<br />

Daten Rechtssicherheit für die zukünftig ergehenden Bescheide.<br />

Datenanalyseund<br />

bereinigung<br />

Die Datenanalyse und -bereinigung dient der<br />

Verbesserung von digitalen Prozessen und<br />

der opti-mierten Nutzung des AGWR. In einem<br />

ersten Schritt analysieren unsere Expertinnen<br />

und Experten die vorhan¬denen Daten,<br />

welche dann in Form eines Ergebnisberichts<br />

präsentiert werden. Im zweiten Schritt werden<br />

die Daten auf Basis der Datenanalyse<br />

bereinigt und das Verwaltungspersonal hinsichtlich<br />

laufender Datenhygiene geschult.<br />

Für Rückfragen melden Sie sich gerne<br />

bei unseren Kollegen:<br />

Steinberg am Rofan<br />

Einige Gemeinden in Tirol haben die Möglichkeit<br />

der Datenanalyse bereits genutzt,<br />

wie zum Beispiel die Gemeinde Steinberg<br />

am Rofan. Bürgermeister Helmut Margreiter<br />

ist begeistert: „Durch ein vollständig<br />

und korrekt befülltes AGWR erhalten wir<br />

nun Grundsteuerbescheide, die gesetzeskonform<br />

erstellt sind und Rechtssicherheit<br />

für die Grund- bzw. Hauseigentümer und<br />

-eigentümerinnen sowie für die Gemeinde<br />

bieten. Das AGWR kann nun vielfältig<br />

genutzt werden. Die aktualisierten AGWR-<br />

Daten dienen als Grundlage für die verschiedensten<br />

Informationen und auch<br />

für Gemeindevorschreibungen (Freizeitwohnsitzabgabe,<br />

Müllabgabe, etc.).“ Auch<br />

in Hinblick auf die Abwicklung der neuen<br />

Leerstandsabgabe zeigen sich der Bürgermeister<br />

und die Gemeindemitarbeiterin<br />

Barbara Moser zuversichtlich: „Das<br />

nun bereinigte AGWR liefert uns sichere<br />

Daten zu den einzelnen Gebäuden, ohne<br />

dass zusätzliche Erhebungsarbeiten notwendig<br />

sind. Mit dem bereinigten AGWR<br />

sparen wir uns in Zukunft viele Arbeitsstunden,<br />

weil wir auf Knopfdruck aus dem<br />

AGWR die gewünschten Daten und Informationen<br />

bekommen.“<br />

Obertilliach<br />

Eine Vielzahl an Systemen auf Bundes-,<br />

Landes- und Gemeindeebene verarbeiten<br />

große Mengen an Daten. Durch die Migrationen<br />

aus verschiedensten Datenquellen<br />

(Gebäude- und Wohnungszählung vom<br />

15.05.2001, Wohnbaustatistik, Zentrales<br />

Melderegister, Grundstücksdatenbank,<br />

etc.) befinden sich häufig noch Altdaten<br />

im AGWR, die es zu bereinigen gilt. Um<br />

genau das zu machen, hat sich auch die<br />

Gemeinde Obertilliach intensiv mit diesem<br />

Thema beschäftigt. Maria Lugger,<br />

Verwaltungsmitarbeiterin in der Gemeinde<br />

Obertilliach dazu: „Anhand von alten<br />

Bauakten wurde uns erst bewusst, wie<br />

viel Arbeit da auf uns zukommt und wie<br />

wichtig es ist, die Daten vollständig ins<br />

AGWR eingepflegt zu haben, wirkt sich<br />

doch ein gut gepflegtes AGWR auch positiv<br />

auf die Gemeindekasse aus.“<br />

Kartitsch<br />

Mit der zunehmenden Digitalisierung<br />

sind Daten ein immer wichtiger werdendes<br />

Gut. Oft fehlen in den Gemeinden<br />

allerdings die Ressourcen, um die Datenqualität<br />

nachhaltig aufrecht erhalten zu<br />

können. Um effizient, rechtssicher und<br />

erlösoptimiert arbeiten zu können, ist<br />

es jedoch notwendig, eine hohe Datenqualität<br />

sicherzustellen. Georg Klammer<br />

und Annemarie Niedermairer aus der<br />

Gemeinde Kartitsch sind sich dieser Problematik<br />

bewusst: „Das AGWR-Programm<br />

und die damit verbundene Eingabeflut an<br />

Daten ist umfangreich, kompliziert und<br />

zeitraubend. Da auf das AGWR zukünftig<br />

nicht nur das Finanzamt, sondern auch<br />

das neue LMR (Meldewesen) zugreift und<br />

eine Anmeldung von Personen nur mehr<br />

auf ein im AGWR angelegtes Gebäude<br />

möglich ist, muss eine zeitnahe Erfassung<br />

erfolgen. Darüber hinaus kommen ständig<br />

Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden<br />

hinzu, welche ebenso erfasst werden<br />

müssen. Nur durch die Unterstützung der<br />

GemNova konnten wir drei Gebäude neu<br />

erfassen und somit für saubere Daten<br />

sorgen.“<br />

Mag. Christian Lechner:<br />

c.lechner@gemnova.at, +43 699 14224570<br />

Dr. Klaus Kandler:<br />

k.kandler@gemnova.at, +43 6644137398<br />

Georg Klammer und Annemarie<br />

Niedermairer aus der Gemeinde<br />

Kartitsch


30 tirol.digital<br />

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />

Weniger verwalten<br />

mehr betreuen<br />

mit SOKRATES KiB<br />

Erleichterung, Transparenz und höchste<br />

Datenqualität auf allen Ebenen für<br />

Träger und Einrichtungen – das soll<br />

eine smarte Verwaltungssoftware für<br />

Kinderbetreuungseinrichtungen bieten.<br />

Genau so eine smarte Lösung sehen<br />

wir uns heute an.<br />

ZUM AUTOR<br />

FLORIAN NEURAUTER<br />

Florian Neurauter ist seit 2021<br />

bei der GemNova und Experte für<br />

Digitalisierungsprojekte.<br />

Kontakt: f.neurauter@gemnova.at<br />

Effiziente Abläufe sind sowohl in der<br />

Gemeindeverwaltung als auch in angrenzenden<br />

Verwaltungsbereichen sehr wichtig.<br />

Auch eine ganzheitliche Digitalisierungsstrategie<br />

endet nicht an der Türe<br />

des Gemeindeamts, sondern umfasst<br />

auch kommunale Betriebe, wie zum Beispiel<br />

Einrichtungen der Kinderbetreuung.<br />

Egal ob Kinderkrippe, Kindergarten oder<br />

schulische Tagesbetreuung, in all diesen<br />

Einrichtungen ist es das Ziel, unsere Kinder<br />

bestmöglich zu betreuen. Dabei fallen<br />

auch administrative Aufgaben an, die<br />

gebündelt, gut strukturiert, digitalisiert<br />

und automatisiert, kurz gesagt, effizient<br />

erledigt werden sollten.<br />

Schluss mit der Zettelwirtschaft<br />

Um von handschriftlichen Formularen<br />

und Listen oder schwer zu bändigenden<br />

Excel-Tabellen loszukommen und den Verwaltungsaufwand<br />

zu minimieren, helfen<br />

digitale Lösungen wie „SOKRATES KiB“<br />

(Kinderbetreuung) dabei, rechtssicher und<br />

effizient zu arbeiten. SOKRATES KiB ist<br />

eine webbasierte und ortsunabhängige<br />

Anwendung, mit der die Pflege der Daten<br />

von Kindern, Eltern und Personal standardisiert<br />

wird. Durch eine flexible Organisation<br />

lassen sich Gruppen, Module und<br />

Zeiten individuell steuern.<br />

Mehr Zeit für das Wesentliche<br />

Die einheitliche Datenbasis ermöglicht<br />

eine übersichtliche und transparente<br />

Dokumentation, die zudem auch Rechtssicherheit<br />

mitbringt. Mit Tablets oder<br />

Smartphones können An- und Abwesenheiten<br />

von den Fachkräften direkt in<br />

den Betreuungsgruppen erledigt werden<br />

– ohne Medienbruch oder zusätzlicher<br />

Dateneingabe.<br />

Einfacheres Reporting<br />

Durch Schnittstellen reduziert sich ebenso<br />

der Aufwand für die Eröffnungsmeldungen<br />

an das KIBET des Landes Tirol<br />

sowie für die Leistungsabrechnung mit<br />

der Verwaltungssoftware der Gemeinde.<br />

Ein strukturiertes und unkompliziertes<br />

Reporting unterstützt die Leitung<br />

und auch die Träger, einen Überblick zu<br />

den jeweiligen Einrichtungen zu erhalten.<br />

Durch ein homogenes System können Kinder<br />

durchgängig vom ersten Betreuungstag<br />

bis zum Schulende verwaltet werden.<br />

Die Daten werden einfach jeweils an die<br />

nächste Betreuungseinrichtung weitergegeben.<br />

Die Lösung „SOKRATES KiB“ ist<br />

ein Produkt der bit media education<br />

solutions GmbH, die bereits<br />

in den Tiroler Volksschulen mit<br />

„SOKRATES Schulverwaltung“<br />

ihr Know-how und ihre Expertise<br />

unter Beweis stellen. Die<br />

GemNova unterstützt auch Ihre<br />

Gemeinde bei der Einführung<br />

von SOKRATES KiB, bereitet die<br />

Datenübernahme vor und führt die<br />

Schulungen der Mitarbeiter*innen<br />

durch.<br />

Jährliche Lizenzgebühr ab<br />

€ 360,00 (für eine Betreuungseinrichtung<br />

mit einer Gruppe)<br />

Energieversorgung mit Gas<br />

Die für Tirol relevanten Gasflüsse aus<br />

Deutschland stammen aktuell zu rund<br />

90 % aus nichtrussischen Quellen.<br />

Die TIGAS ist ein im Kerngeschäft<br />

Gas agierendes Energiedienstleistungsunternehmen,<br />

das zudem auf die<br />

Geschäftsfelder Fernwärme und Biogas<br />

setzt. TIGAS betreibt ein rund 3.900 km<br />

langes modernes, hocheffizientes Gasnetz<br />

in Tirol und versorgt damit ihre<br />

Kunden mit Erdgas und zunehmend mit<br />

aus biogenen Wertstoffen gewonnenem<br />

Biogas aus heimischer Produktion.<br />

Zudem betreibt TIGAS in Kooperation<br />

mit Partnern eine Fernwärmetransportschiene<br />

im Großraum Innsbruck und<br />

Fernwärmenetze in Volders, Mils, Neu-<br />

Rum, Innsbruck und Völs.<br />

Teil des europäischen Gasverbundsystems<br />

Das Tiroler Gasnetz ist über eine Leitung<br />

in Kiefersfelden in das europäische<br />

Gasverbundsystem eingegliedert,<br />

das von Nordafrika bis zur Nordsee und<br />

vom Atlantik bis nach Osteuropa reicht.<br />

TIGAS beschafft Erdgas im deutschen<br />

Marktgebiet THE und liefert es von dort<br />

zu ihren Kunden nach Tirol, Vorarlberg<br />

und Südtirol. Die Kunden im Osten<br />

Österreichs werden über das Marktgebiet<br />

Central European Gas Hub AG<br />

(CEGH) beliefert.<br />

Gasspeicher in Österreich<br />

Aufgrund bilateraler Abkommen kann<br />

Tirol über das deutsche Gasnetz neben<br />

den deutschen auch auf die österreichischen<br />

Gasspeicher zugreifen. Mit einer<br />

Gesamtspeicherkapazität von ca. 93<br />

TWh, das entspricht in etwa dem österreichischen<br />

Gesamtgasverbrauch eines<br />

Jahres, dienen die acht in Österreich<br />

befindlichen Gasspeicher als Rückgrat<br />

der heimischen Energieversorgung.<br />

Neben der Strategischen Gasreserve<br />

von ca. 20 TWh können die Gasspeicher<br />

des Bundes und die eigenen zusätzlichen<br />

Vorkehrungen einen erheblichen<br />

Teil des Gesamtbedarfs an Gas insbesondere<br />

für unsere „geschützten“ Kunden<br />

abdecken.<br />

Herkunft von Gas in Tirol<br />

Gas lässt sich vielseitig verwenden und<br />

deckt so einen wichtigen Teil der Energienachfrage<br />

ab. Mit einem Anteil von<br />

ca. 22 % am Gesamtenergieverbrauch<br />

leistet Gas einen bedeutenden Beitrag<br />

zur Energieversorgung Österreichs. Der<br />

Anteil der Haushalte am Gesamtgasverbrauch<br />

liegt in Österreich zwischen<br />

15 % und 18 %. Das in Tirol eingesetzte<br />

Erdgas stammt zu rund 70 % aus<br />

Europa, rund 10 % aus Russland und<br />

der Rest wird aus anderen Herkunftsländern<br />

(USA etc.) z.B. mit LNG-Schiffen<br />

transportiert.<br />

Nähere Infos unter der kostenfreien<br />

Serviceline 0800 / 828 829 oder<br />

auf www.tigas.at


32 tirol.modern und innovativ<br />

Veränderung braucht<br />

Zielsetzung und Management<br />

VON JAN SCHÄFER<br />

Hand aufs Herz: Wenn sich im privaten Leben etwas Einschneidendes oder Gravierendes verändert, überlegt man sehr gut,<br />

wie darauf am besten zu reagieren ist – sprich, wie man sich anpasst. Einfach soll diese Veränderung vonstatten gehen,<br />

schließlich will man sich nicht belasten. Ohne sich dessen bewusst zu sein, setzt man einen Changemanagement- oder<br />

Organisationsentwicklungsprozess in Gang.<br />

Der Großglockner, das<br />

Wahrzeichen von Kals<br />

(© Jan Schäfer)<br />

Ähnlich sieht es in der Wirtschaft oder<br />

im öffentlichen Leben aus. Nur sind hier<br />

die Bewusstseinsbildung und die Wege<br />

wesentlich behäbiger und die Entscheidungen<br />

für Veränderungen häufig komplexer.<br />

Anders als im privaten Bereich<br />

betreffen solche Prozesse in Institutionen<br />

oder Organisationen etliche Menschen,<br />

haben interne wie externe Auswirkungen<br />

und sind mit Zeit, Widerständen und<br />

Geld verbunden. Allein aus den letzten<br />

drei Gründen werden zwar erforderliche,<br />

aber tiefgreifende Veränderungen<br />

oft bis zu einem Zeitpunkt aufgeschoben,<br />

an dem vieles schon außer Kontrolle<br />

geraten ist. Um dem vorzubeugen<br />

und fit für die Zukunft zu sein, haben viele<br />

Unternehmen ein Changemanagement<br />

fest installiert. Changemanagement oder<br />

auch Veränderungsmanagement umfasst<br />

alle Projekte, Aktivitäten, Maßnahmen und<br />

Aufgaben, die eine weitreichende Veränderung<br />

in Organisationen bewirken sollen.<br />

Kals auf dem Weg zur modernen Bürger*innengemeinde<br />

Immer mehr Tiroler Gemeinden befassen<br />

sich mit der Thematik „Veränderung“ und<br />

entschließen sich, ein Changemanagement<br />

oder eine Organisationsentwicklung<br />

zu implementieren. Dabei ist dieses<br />

Thema nicht nur etwas für große Gemeinden,<br />

sondern ebenfalls für kleine,<br />

wie das Beispiel der rund 1.200 Ein-<br />

wohner*innen zählenden Gemeinde Kals<br />

am Großglockner in Osttirol zeigt. „Es gab<br />

eigentlich keinen fixen Zeitpunkt, an dem<br />

wir uns entschlossen haben, notwendige<br />

Veränderungen strukturiert anzugehen.<br />

Es war ein fließender Prozess, der vor gut<br />

20 Jahren durch eigene Beobachtungen<br />

begann und langsam seinen Lauf nahm“,<br />

erinnert sich Bürgermeisterin Erika Rogl,<br />

die in der Verwaltung der Gemeinde arbeitete,<br />

bevor sie Bürgermeisterin wurde.<br />

Der damalige Amtsleiter hatte sein<br />

System – und es hatte sich über 30 Jahre<br />

lang bewährt. Doch nicht zuletzt dank<br />

ihrer Ausbildung in der Handelsakademie<br />

bemerkte Erika Rogl: Der Zeitpunkt für die<br />

Anpassung von Abläufen ist gekommen.<br />

Die Arbeit in der Verwaltung hat sich verändert,<br />

die EDV hielt Einzug, zudem mussten<br />

die immer vielfältiger und komplexer<br />

werden Aufgaben immer schneller und<br />

effizienter erledigt werden.<br />

Auch bei Erika Rogl selbst änderte sich<br />

der Blick auf die Verwaltung und deren<br />

Herausforderungen. Vor ihrer Wahl zur<br />

Bürgermeisterin 2016 war sie Amtsleiterin,<br />

was sie auch nach der Wahl noch<br />

blieb. Durch diese Doppelfunktion wurde<br />

ihr noch bewusster, was die tägliche Arbeitsbelastung<br />

für ihre kleine Verwaltung<br />

bedeutet. „Besonders durch das altersbedingte<br />

Ausscheiden und den Wechsel<br />

Bürgermeisterin Erika Rogl: „So, wie das Leben sich<br />

verändert, unterliegt auch die Gemeinde dem Wandel.“<br />

(© Gemeinde Kals / Wir für Kals)<br />

des Personals im gesamten Verwaltungsbereich<br />

wurde klar, dass wir uns verändern.<br />

Damit kamen aber auch Fragen auf:<br />

Wie gelingt es, Wissen in der Gemeinde<br />

zu behalten? Wie wollen wir die künftigen<br />

Aufgaben lösen? Welche unterstützende<br />

Rolle spielt die IT dabei und wer deckt mit<br />

welchen Kompetenzen welche Aufgaben<br />

ab? Kurz gesagt: Wie kommen wir vom<br />

Verwalten zum Gestalten der Zukunft<br />

der Gemeinde?“, so die Kalser Bürgermeisterin.<br />

Um zu erfahren, wie Veränderungsprozesse<br />

aussehen können, schaute<br />

sich die Gemeinde Best-Practice-Beispiele<br />

an. Zunächst versuchten sie mit Hilfe von<br />

Checklisten diese Fragen selbst zu strukturieren.<br />

Doch schon bald kamen sie zu<br />

der Erkenntnis, dass externe Hilfe und der<br />

Blick von außen notwendig sind, um hier<br />

professionell zu agieren.<br />

Organisationsmanagement – der erste<br />

Schritt in Richtung Zukunft<br />

„Damit der Weg in Richtung Zukunft und<br />

Entwicklung der Gemeinde strukturiert<br />

mit entsprechenden Ergebnissen und<br />

Handlungsempfehlungen erfolgt, holten<br />

wir uns Unterstützung bei der GemNova.<br />

Sie begleitete uns durch den Prozess der<br />

Organisationsentwicklung. Das war zur<br />

Eruierung der verschiedenen Wissensstände<br />

und Kompetenzen wichtig, auch,<br />

um alle Mitarbeiter*innen auf diesem<br />

Weg mitzunehmen, ohne dass es weder<br />

zu rasch oder zu langsam voran ging.<br />

Wir wollten den kleinsten gemeinsamen<br />

Nenner finden, auf dem man aufbauen<br />

kann. Außerdem war dieser Schritt notwendig,<br />

da ich nicht mehr Amtsleiterin<br />

und Bürgermeisterin in Personalunion<br />

bleiben wollte. Die Verwaltung musste<br />

also neu ausgerichtet werden“, erklärt<br />

Erika Rogl. Im Gegensatz zum Changemanagement,<br />

das auf das aktive Management<br />

von Veränderungen abzielt, richtet<br />

sich die Organisationsentwicklung nach<br />

„innen“, also in Richtung Mitarbeiter*innen<br />

und Arbeitsstrukturen bzw. -prozesse.<br />

Ein Changemanagement kann auf diesen<br />

Strukturen aufbauen.<br />

„Früher hatte ich den Eindruck, wenn man<br />

sich einmal in der Gemeinde situiert hat,<br />

war’s das. Das stimmt aber nicht. So wie<br />

das Leben sich verändert, so unterliegt<br />

auch die Gemeinde dem Wandel. Veränderung<br />

ist eine Chance, die in der ersten<br />

Phase Aufwand bedeutet. Aber<br />

dann profitiert man vom Lernprozess,<br />

der heute von moderner<br />

Technik unterstützt wird. Schließlich<br />

gilt es, durch Veränderungen<br />

auch den Weg für die nachfolgenden<br />

Generationen in der Verwaltung<br />

zu ebnen und zu erleichtern.<br />

Das ist unter anderem meine Motivation<br />

– mich für die Gemeinde<br />

Kals und ihre Zukunft einzusetzen“,<br />

resümiert Bürgermeisterin<br />

Erika Rogl.<br />

Kals am Großglockner mit<br />

Blick vom Kals-Matreier-Törl Richtung<br />

Schober Gruppe (© Jan Schäfer)


Organisationsentwicklung ist ganzheitlich ausgerichtet und umfasst die Organisationsstruktur, die Unternehmenskultur<br />

sowie das individuelle Verhalten von Mitarbeiter*innen und Führungskräften. Gemeinden als Organisationen sind von Grund<br />

auf eher statisch aufgebaut, dennoch müssen sie sich aufgrund stetiger Veränderungen im Umfeld und wegen steigender<br />

Ansprüche der interessierten Parteien (z. B. Mitarbeiter*innen) anpassen und beispielsweise bestehende Hierarchien<br />

flacher gestalten oder Mitarbeiter*innen mehr Eigenverantwortung geben. Ohne das Wissen über die Grundlagen einer<br />

Aufbauorganisation wird die Gestaltung eines solchen Veränderungsprozesses allerdings schwer möglich sein. Ein kleiner<br />

Einblick wird im Folgenden gegeben.<br />

Von der Aufgabenanalyse zum Organigramm<br />

Die sogenannte Aufbauorganisation ist das hierarchische<br />

Grundgerüst einer Organisation, das im Organigramm abgebildet<br />

ist. Im Organigramm werden die Rahmenbedingungen<br />

für die Verteilung von Aufgaben und Befugnissen innerhalb der<br />

Organisation definiert. Wer übernimmt die Führung und Verantwortung?<br />

Welche Abteilungen gibt es? Wie sind die Aufgaben<br />

unter den Mitarbeiter*innen verteilt? Das sind die hier zu beantwortenden<br />

Fragen.<br />

Ein Organigramm erstellt man durch eine Aufgabenanalyse in<br />

Verbindung mit der anschließenden Aufgabensynthese. In der<br />

Aufgabenanalyse werden die einzelnen organisatorischen Einheiten<br />

voneinander abgegrenzt und in der Aufgabensynthese<br />

logisch angeordnet. Die so entstandene Aufbauorganisation<br />

kann in der Folge in einem Organigramm dargestellt werden.<br />

Ok, nochmal einen Schritt zurück! Was wird bei der<br />

Aufgabenanalyse gemacht?<br />

Im ersten Schritt müssen alle Aufgaben analysiert werden.<br />

Dabei werden die Hauptaufgaben zur Erfüllung des Unternehmenszieles<br />

identifiziert und anschließend in relevante Teilaufgaben<br />

zerlegt. Diese Aufgliederung kann anhand verschiedener<br />

Kriterien erfolgen, wie z. B. nach:<br />

• Objekt: Fertigprodukte, Halbfabrikate, Rohstoffe usw.<br />

• Funktion/Verrichtung: Vertrieb, Produktion, Einkauf usw.<br />

• Phase: Planung, Durchführung, Kontrolle usw.<br />

Im kommunalen Umfeld wird bei der Gliederung der Aufgaben<br />

zwischen dem eigenen und dem übertragenen Wirkungsbereich<br />

der Gemeinde unterschieden. Die Aufgaben des eigenen<br />

Wirkungsbereiches werden wiederum in die freiwilligen<br />

und die gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben unterteilt. Eine<br />

mögliche Abfolge der Analyseschritte könnte beispielsweise<br />

wie folgt aussehen:<br />

• Hauptaufgabe: Bürgerservice<br />

• Teilaufgabe: Friedhofswesen<br />

• Elementaraufgabe: Friedhofs- und Gräberverwaltung<br />

Nächster Schritt: Die Aufgabensynthese<br />

Bei der Aufgabensynthese müssen die in der Aufgabenanalyse<br />

zerlegten Haupt- und Teilaufgaben zueinander in<br />

Beziehung gebracht und logisch angeordnet werden. Hier<br />

geht es darum, die einzelnen Aufgaben zu Stellen, Einheiten<br />

oder Abteilungen zu gruppieren. Im Rahmen der Aufgabensynthese<br />

können die Aufgaben nach folgenden Systemen<br />

zusammengefasst werden:<br />

Funktionale Aufbauorganisation: Bei dieser Organisationsform<br />

kommt es zu einer verrichtungsorientierten Struktur,<br />

bei welcher die Einheiten und Abteilungen nach Tätigkeiten<br />

und Funktionen aufgeteilt sind.<br />

Divisionale Aufbauorganisation: Bei der divisionalen<br />

Struktur kommt zunächst das Objekt, welches auf der<br />

nächsten Ebene nach verschiedenen Funktionen wie Einkauf<br />

oder Produktion aufgeteilt wird. Diese Organisation<br />

nach Geschäftsbereichen oder Produkten wird auch als<br />

Spartenorganisation bezeichnet.<br />

Matrixorganisation: Bei der Matrixorganisation kommt<br />

es zu einer Überschneidung von funktionalen Bereichen<br />

und Produktbereichen des Unternehmens. Ein Fachbereich<br />

arbeitet hier beispielsweise für mehrere Sparten oder Produkte.<br />

Und welche Aufbauorganisation eignet sich nun für<br />

Gemeinden?<br />

Für Gemeinden ist die funktionale Organisation am besten<br />

geeignet, da die Aufgaben der Gemeinden klar definiert sind<br />

und das Umfeld von Gemeinden relativ stabil ist. Daher ist<br />

eine Gemeinde anhand der anfallenden Aufgaben gegliedert.<br />

Der Unternehmensleitung kommt in dieser Struktur die Aufgabe<br />

zu, diese unterschiedlichen Bereiche zu koordinieren.<br />

Das Hauptmerkmal der Funktionalorganisation ist die Gliederung<br />

des Organigramms nach Funktionen auf der zweiten,<br />

also der direkt der Unternehmensleitung unterstellten<br />

Ebene. Typische Abteilungen in einer Gemeinde sind die Finanzverwaltung,<br />

das Bauamt und das Bürgerservice. Je nach<br />

Größe der Gemeinde gibt es weitere Unterteilungen.<br />

Was sind die Vorteile einer funktionalen Organisation?<br />

• Einfachheit und Übersichtlichkeit<br />

• Hohe Transparenz<br />

• Eindeutigkeit der Befugnisse durch Abgrenzung der Aufgaben-<br />

und Verantwortungsbereiche<br />

• Eindeutige Dienstwege<br />

• Direkte Weisungs- und Informationswege<br />

• Hohe Fachkompetenz und Spezialisierung durch exakt definierte<br />

Arbeitsbereiche<br />

Was sind mögliche Nachteile?<br />

• Hoher Koordinationsaufwand (Überlastung der Führungskräfte)<br />

• Schwierigkeit, den Gesamtüberblick zu behalten<br />

• Mangelnder Informationsaustausch<br />

• Fehlendes Verständnis für andere Funktionsbereiche<br />

• Lange Informations- und Weisungswege, was lange Entscheidungsprozesse<br />

bedeutet<br />

„<br />

„Bis heute kämpfen Organisationen um den<br />

richtigen Fit zwischen Struktur, Strategie<br />

und Situation.“<br />

34 tirol.modern und innovativ<br />

tirol.modern und innovativ<br />

Aufbauorganisation<br />

Wer hat das Sagen?<br />

M. Grote, Professor für allgemeine BWL<br />

Mit der Zeit gehen und dem Wandel ins Gesicht blicken<br />

Aktuell steht die gesamte Gesellschaft vor Veränderungen,<br />

die es bestmöglich zu bewältigen gilt. Auch vor den Türen<br />

der Gemeinden werden die Zeit und der Wandel nicht halt<br />

machen. Immer mehr Aufgaben werden auf die kommunale<br />

Ebene verschoben, zudem verändern und erhöhen sich<br />

die Ansprüche der interessierten Parteien (Bürger*innen,<br />

Betriebe, Mitarbeiter*innen, Behörden, etc.). Dadurch steigt<br />

der Koordinationsaufwand und es wird für die Gemeindeführung<br />

immer schwieriger, den Überblick zu bewahren<br />

und richtig zu führen. Es kann zu Konflikten und Missverständnissen<br />

kommen, weil der Informationsfluss auch aufgrund<br />

der langen Informationswege nicht reibungslos läuft<br />

und die einzelnen Bereiche nicht genügend über die Handlungen<br />

der anderen Bescheid wissen.<br />

Diese Herausforderungen können durch eine gezielte Organisationsentwicklung<br />

bewältigt werden. Von einer guten<br />

Organisationsentwicklung profitieren stets alle Beteiligten,<br />

sowohl die Gemeinde als auch die Mitarbeiter*innen.<br />

Wir stehen Ihnen gerne zur Seite.<br />

ZUM AUTOR<br />

DR. KLAUS KANDLER,<br />

MBA (MCI)<br />

Klaus Kandler war 16 Jahre lang Amtsleiter<br />

in der Marktgemeinde Rum und<br />

ist Experte für Gemeinde- und Verwaltungsentwicklung.<br />

Seit Jänner <strong>2022</strong><br />

ist er in der GemNova verantwortlich<br />

für diesen Bereich.<br />

Kontakt: k.kandler@gemnova.at<br />

35


36 tirol.modern und innovativ<br />

tirol.modern und innovativ<br />

37<br />

Multilokalität im<br />

ländlichen Raum<br />

Herausforderung und Chance zugleich<br />

ZUR AUTORIN<br />

MAG. (FH)<br />

MARTINA RIZZO<br />

Martina Rizzo hat bereits etliche<br />

Tiroler Gemeinden als Prozessbegleiterin<br />

in unterschiedlichsten<br />

Prozessen unterstützt und ist<br />

Expertin für Bürger*innenbeteiligung.<br />

Multilokalität oder Mehrörtigkeit ist<br />

ein weltweit zunehmendes Phänomen.<br />

Es bezeichnet das Leben an mehreren<br />

Orten, wofür es ganz unterschiedliche<br />

Gründe geben kann: Familie, Beziehungen,<br />

Freundeskreis, Arbeit, Ausbildung,<br />

Freizeit oder jegliche Kombinationen<br />

davon. Ein sich abwechselndes Da-sein<br />

und Fort-sein eint alle Multilokalen.<br />

Das zunehmende Tempo in der Mobilität<br />

und der damit verbundene kulturelle Austausch<br />

führen zu immer mehr Veränderungen<br />

in unserer modernen Gesellschaft:<br />

„Das Zusammenspiel aus Modernisierungs-<br />

und Individualisierungsprozessen,<br />

der Restrukturierung der Erwerbsarbeit<br />

und des Wandels des Mobilitätsverhaltens<br />

bewirkt, dass individuelle Lebensmuster<br />

und partnerschaftliche/familiale<br />

Beziehungen zunehmend weniger an starre<br />

Haushaltsgrenzen gebunden sind“, so<br />

das Fazit des Forschungsberichts „Multilokale<br />

Lebensführungen und räumliche<br />

Entwicklungen“ der Akademie für Raumentwicklung<br />

in der Leibniz-Gemeinschaft.<br />

Für Gemeinden, den ländlichen Raum allgemein<br />

und die multilokal lebenden Personen<br />

selbst entstehen demnach ganz<br />

spezifische Herausforderungen – aber<br />

auch Chancen.<br />

Während in Tirol das multilokale Leben<br />

eher negativ behaftet ist (Zweitwohnsitze,<br />

Ferienwohnsitze usw.), steht man der<br />

mehrörtigen Lebensweise in den anderen<br />

Bundesländern teilweise positiver gegenüber.<br />

Sie wird oft als Bereicherung für die<br />

Dorfgemeinschaft und als Weiterentwicklungsmöglichkeit<br />

gesehen – insbesondere,<br />

weil viele Gemeinden an den Folgen<br />

des spürbaren, seit Jahren stattfindenden<br />

Wegzugs der jungen Gemeindebürger*innen<br />

leiden.<br />

Als Herausforderung betrachtet wird in<br />

Tirol die Multilokalität auch deswegen,<br />

weil bebaubare Fläche einfach knapp ist,<br />

was räumliche Entwicklungsmöglichkeiten<br />

einschränkt. Der Anteil der Bevölkerung,<br />

der multilokal lebt, ist hier momentan<br />

noch gering. Eine Debatte über moderne<br />

Lebensformen im Wandel der Gesellschaft,<br />

über Transformationen in der<br />

Arbeitswelt und die damit verbundenen<br />

raumplanerischen Überlegungen sollte<br />

dennoch geführt werden.<br />

Um die räumlichen Entwicklungsmöglichkeiten<br />

im Kontext Multilokalität und<br />

ländlicher Raum besser fassen zu können,<br />

arbeitet die GemNova zurzeit gemeinsam<br />

mit der TU Wien an einem Forschungsprojekt<br />

zu Fragen wie „Welche<br />

Herausforderungen und Potenziale rund<br />

um Multilokalität zeigen sich und welche<br />

Handlungsmöglichkeiten/-erfordernisse<br />

gibt es im ländlichen Raum?“ Damit die<br />

Unterschiede in Österreichs ländlichen<br />

Räumen abgebildet werden können, wurden<br />

vier Untersuchungsgebiete ausgewählt:<br />

das Innviertel, das Gesäuse, der<br />

Lungau und das Seefelder Plateau.<br />

Um die Erfahrungen mit der Thematik<br />

sowie die Sichtweise von Gestalter*innen<br />

des ländlichen Raumes in das Projekt zu<br />

integrieren, wurden im ersten Schritt des<br />

empirischen Teils Bürgermeister*innen,<br />

Regionalmanager*innen, Tourismusverbände<br />

usw. aus den betreffenden Gebieten<br />

befragt. Im zweiten Schritt finden<br />

aktuell Befragungen mit Fokusgruppen,<br />

bestehend aus multilokal lebenden Personen<br />

aus den jeweiligen Regionen, statt.<br />

Im Zentrum des Interesses stehen dabei<br />

das Alltagsleben als Multilokale*r in der<br />

Region, die Frage nach bestehenden<br />

Angeboten bzw. Lücken und der Bedarf<br />

an Unterstützung.<br />

Das Projekt läuft noch ca. ein Jahr.<br />

Ziel ist es, Handlungsmöglichkeiten<br />

bzw. -erfordernisse aufzuzeigen, Best-<br />

Practice-Beispiele zu sammeln, Lücken<br />

zu identifizieren und Informationen bzw.<br />

Kommunikationstools zum Thema zur<br />

Verfügung zu stellen.<br />

Ansprechpartner bei der GemNova ist<br />

DI Alois Ilmer (a.ilmer@gemnova.at).<br />

TlROLER<br />

Blaulichtpolizze<br />

Spezialkonzept für Feuerwehrfahrzeuge<br />

inkl. Aufbauten und Ausrüstungsgegenstände.<br />

Versicherte Sparten: Kfz-Haftpflichtversicherung,<br />

Vollkaskoversicherung, Kfz-Rechtsschutzversicherung<br />

Neuerungen:<br />

• Erhöhung der Versicherungssumme in der<br />

Haftpflichtversicherung auf EUR 20 Mio.<br />

• Erhöhung der Versicherungssumme in der<br />

Rechtsschutzversicherung auf EUR 200.000<br />

• Anhänger können im neuen Versicherungskonzept<br />

aufgenommen werden<br />

Unser Spezialisten-Team erreichen<br />

Sie unter 0512 5313-1701 oder per<br />

mail@tiroler.at.


38 tirol.hat Recht<br />

tirol.hat Recht<br />

39<br />

Beschaffung von<br />

„sauberen“ Straßenfahrzeugen<br />

ZUM AUTOR<br />

RA MAG.<br />

SEVERIN PLATTNER<br />

Severin Plattner ist Rechtsanwalt<br />

bei Heid & Partner Rechtsanwälte<br />

und Experte für Corporate,<br />

Immobilienprojekte und Baurecht.<br />

Im Jahr 2021 ist das Straßenfahrzeugbeschaffungsgesetz<br />

(SFBG) in Kraft<br />

getreten. Im Zuge dessen wird vom<br />

Bund mit dem Förderprogramm EBIN<br />

(Emissionsfreie Busse und In frastruktur)<br />

ein Betrag von 250 Mio. € für<br />

die Beschaffung und Umrüstung des<br />

öffentlichen Busverkehrs bereitgestellt.<br />

Die Dekarbonisierung im Verkehrsbereich<br />

im Sinne des European<br />

Green Deal soll dadurch vorangetrieben<br />

werden. Diese Fördermittel stehen<br />

durch EU-Mittel der Recovery and<br />

Resilience Facility (zur Abfederung der<br />

wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen<br />

der Corona-Pandemie) bis zum<br />

Jahr 2026 zur Verfügung.<br />

Regelungen im Straßenfahrzeugbeschaffungsgesetz<br />

Das SFBG gilt für sämtliche Vergabeverfahren<br />

nach dem 2.8.2021 sowohl bei der<br />

Beschaffung von Straßenfahrzeugen an<br />

sich und beim Nachrüsten als auch beim<br />

Einsatz bzw. Einkauf von Verkehrsdiensten<br />

(Personenbeförderung, Bedarfspersonenabholung,<br />

Paketbeförderung, Postzustellung<br />

etc.).<br />

„Saubere“ Fahrzeuge<br />

„Sauber“ ist ein Straßenfahrzeug dann,<br />

wenn es emissionsarm bzw. emissionsfrei<br />

ist. Weiters wird zwischen „leichten“<br />

und „schweren“ Straßenfahrzeugen unterschieden.<br />

Leichte, saubere Straßenfahrzeuge der<br />

Klassen M1, M2 oder N1 dürfen bis zum<br />

31.12.2025 maximal 50 g CO2 / km ausstoßen<br />

und den Emissionsgrenzwert an<br />

Luftschadstoffen von 80 % nicht überschreiten<br />

bzw. müssen sie ab 1.1.2026<br />

0 g CO2 / km (Nullemissionsfahrzeuge)<br />

aufweisen. Daher darf ein leichtes, sauberes<br />

Straßenfahrzeug ab dem 1.1.2026 gar<br />

keine CO2-Emissionen mehr ausstoßen.<br />

Schwere, saubere Straßenfahrzeuge sind<br />

alternativ betriebene Fahrzeuge ohne<br />

Verbrennungsmotor oder mit einem Verbrennungsmotor<br />

mit einem Ausstoß von<br />

weniger als 1 g CO2 / kWh. Als „alternative<br />

Kraftstoffe“ gelten insbesondere<br />

Elektrizität, Wasserstoff, Biokraftstoffe,<br />

synthetische und paraffinhaltige Kraftstoffe,<br />

Erdgas (einschließlich Biomethan)<br />

und Flüssiggas. Hingegen ist Dieseltreibstoff<br />

mit bis zu 7 % Biodiesel kein „alternativer<br />

Kraftstoff“.<br />

Ausnahmen<br />

Das SFBG sieht ausdrücklich Ausnahmen<br />

vor, die weder bei der Berechnung der<br />

Gesamtanzahl noch bei der Berechnung<br />

des Mindestanteils zu berücksichtigen<br />

sind. Dies gilt sowohl für die „Beschaffung“<br />

als auch den „Einsatz“.<br />

Ausgenommen sind gepanzerte Fahrzeuge,<br />

Krankenwägen, Leichenwägen sowie<br />

mobile Kräne; weiters Fahrzeuge für den<br />

Katastrophenschutz, die (freiwillige) Feuerwehr<br />

und für die Aufrechterhaltung der<br />

öffentlichen Ordnung. Ebenso Fahrzeuge<br />

mit eigenem, speziell für die Verrichtung<br />

von Arbeiten konstruiertem und gebautem<br />

Antrieb, die bauartbedingt nicht zur<br />

Beförderung von Personen oder Gütern<br />

geeignet sind (z. B. Straßeninstandhaltungsfahrzeuge).<br />

Einzuhaltende Mindestquoten<br />

Künftig ist eine bestimmte Mindestquote<br />

an sauberen Straßenfahrzeugen je Zeitraum<br />

(Bezugszeitraum) und je Fahrzeugklasse<br />

einzuhalten. Der erste Bezugszeitraum<br />

läuft von 3.8.2021 bis 31.12.2025, der<br />

zweite Bezugszeitraum von 1.1.2026 bis<br />

31.12.2030, danach bestehen fortlaufende<br />

Bezugszeiträume von fünf Jahren. Für diese<br />

Bezugszeiträume sind unterschiedliche<br />

Mindestquoten zu erfüllen, wobei sich der<br />

zweite Bezugszeitraum mitsamt seinen<br />

Quoten ex lege automatisch wiederholt.<br />

Für leichte Straßenfahrzeuge der Klassen<br />

M1, M2 und N1 (PKW) gelten in jedem<br />

Bezugszeitraum Mindestanteile von<br />

38,5 %, wobei ab dem zweiten Bezugszeitraum<br />

nur mehr Nullemissionsfahrzeuge<br />

als „sauber“ gelten. Für schwere Straßenfahrzeuge<br />

der Klasse M3 (Busse) gilt im<br />

ersten Bezugszeitraum ein Mindestanteil<br />

von 45 % und in jedem weiteren von 65 %;<br />

die Hälfte des Mindestanteils ist mit Nullemissionsfahrzeugen<br />

zu erreichen. Für<br />

schwere Straßenfahrzeuge der Klassen<br />

N2 und N3 (LKW) gilt im ersten Bezugszeitraum<br />

eine Mindestquote von 10 % und<br />

in jedem weiteren von 15 %.<br />

Die Mindestquote an sauberen Straßenfahrzeugen,<br />

die am Ende des jeweiligen<br />

Bezugszeitraumes erfüllt sein muss, wird<br />

nur von jener Gesamtanzahl an Fahrzeugen<br />

berechnet, die in den zeitlichen, persönlichen<br />

und sachlichen Anwendungsbereich<br />

des SFBG fallen. Wann genau<br />

im jeweiligen Bezugsraum der Auftraggeber<br />

die Mindestanteile schlussendlich<br />

erreicht, ist ihm selbst überlassen. Unterliegen<br />

Fahrzeuge den Ausnahmen, so<br />

sind diese weder bei der Berechnung der<br />

Gesamtanzahl noch bei der daraus abgeleiteten<br />

Mindestquote zu berücksichtigen.<br />

Welche Strafen drohen?<br />

Die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde<br />

hat wirksame, angemessene und<br />

abschreckende Geldbußen zu verhängen,<br />

wenn die Mindestanteile nicht erreicht<br />

werden. Es handelt sich aber um keine<br />

Verwaltungsstrafe im eigentlichen Sinn,<br />

sodass das Verfahren auch kein Verwaltungsstrafverfahren<br />

darstellt. Die<br />

verschuldensunabhängige Geldbuße hat<br />

den wirtschaftlichen Vorteil, der durch<br />

die Nichtbeachtung der Mindestanteile<br />

an sauberen Straßenfahrzeugen erzielt<br />

wird, auszugleichen. Die Höchstgrenzen<br />

betragen 25.000 € für jedes „nicht saubere“<br />

leichte Straßenfahrzeug, 125.000 €<br />

für jedes „nicht saubere“ schwere Straßenfahrzeug<br />

sowie 225.000 € für jedes<br />

„nicht saubere“ emissionsfreie schwere<br />

Straßenfahrzeug.<br />

Förderungen<br />

Mit der Förderung „Emissionsfreie Busse<br />

und Infrastruktur“ soll die Flottenumstellung<br />

und die Angebotserweiterung<br />

auf emissionsfreie Busse erheblich<br />

beschleunigt werden. Die Förderung wird<br />

in einem wettbewerblichen Verfahren<br />

gewährt. Dabei werden als quantitative<br />

Bewertungskriterien die Anzahl der<br />

beschafften emissionsfreien Busse nach<br />

Größenklassen, die voraussichtlich jährliche<br />

Fahrleistung in Nutzwagenkilometer<br />

der emissionsfreien Busse, die aus den<br />

jährlich geleisteten Nutzwagenkilometer<br />

resultierende Reduktion der CO2-Emissionen<br />

und die aus den jährlich geleisteten<br />

Nutzwagenkilometern resultierende wirtschaftliche<br />

Nachhaltigkeit herangezogen.<br />

Für die Bewertung der Fördergewährung<br />

im Auswahl- und Entscheidungsverfahren<br />

wird etwa auf den Nutzen und die Verwertung<br />

und auf die Relevanz des Förderansuchens<br />

abgestellt.<br />

Mit den Fördermitteln werden die<br />

Anschaffung von emissionsfreien Bussen<br />

sowie die Errichtung der im unmittelbaren<br />

räumlichen und technischen Zusammenhang<br />

mit der Anschaffung von Bussen<br />

verbundenen notwendigen Infrastruktur<br />

für emissionsfreie Busflotten im Personenverkehr<br />

gefördert. Ebenfalls werden<br />

Vorhaben für Servicierung, Wartung und<br />

Garagierung und Schulungen des entsprechenden<br />

Personals gefördert. Nicht gefördert<br />

werden jedoch Infrastrukturerrichtungen<br />

ohne die zugehörige Beschaffung<br />

von „sauberen“ Fahrzeugen.


40 tirol.hat Recht<br />

Haftungsfalle Gemeinde<br />

Veranstaltung „Die rechtssichere Gemeinde“ in Telfs<br />

VON MAG. NIKOLAUS KRAAK<br />

Nachdem das Gemeinde ABC ein voller Erfolg war und die Gemeinden<br />

hier ein übersichtliches Nachschlagewerk erhalten haben, hat<br />

es sich die GemNova zum Ziel gesetzt, über landesweite Veranstaltungen<br />

die für die Gemeinden wichtigen Themen weiter zu<br />

vertiefen und das Bewusstsein zu schärfen.<br />

Mit der Gemeindearbeit sind speziell für<br />

die Bürgermeister*innen viele verschiedene<br />

Risiken verbunden. Welche Risiken das<br />

sind und wie man damit am besten umgehen<br />

kann, war Inhalt der ersten Informationsveranstaltung<br />

„Die rechtssichere<br />

Gemeinde“ in der Marktgemeinde Telfs.<br />

In ca. drei Stunden wurden die rechtlichen<br />

Grundlagen, die öffentliche Auftragsvergabe,<br />

der rechtssichere Gebäudebetrieb<br />

sowie mögliche Maßnahmen der Risikominimierung<br />

den interessierten Zuhörer*innen<br />

nähergebracht.<br />

Dr. Klaus Kandler erläuterte im ersten Teil<br />

den Haftungsbegriff und die Haftungsgrundlagen<br />

im Straf-, Zivil- und Verwaltungsstrafrecht.<br />

Anhand mehrerer<br />

Beispiele wurde im Anschluss versucht,<br />

Lösungsansätze zu finden bzw. Graubereiche<br />

zu diskutieren.<br />

Im Anschluss gab Mag. Alexander Sporer<br />

einen Überblick über die Welt des<br />

Vergaberechts. Das magische Dreieck<br />

bestehend aus den Einflussfaktoren<br />

Zeit, Kosten und Qualität spielt hier eine<br />

wesentliche Rolle, denn die der Vergabe<br />

zugrundeliegenden Projekte sollte man<br />

nachhaltig angehen und im Bereich des<br />

Bauwesens insbesondere den Lebenszyklus<br />

der Anlagen im Fokus haben. Mit<br />

rechtssicheren Zuschlagskriterien kann<br />

man zusätzlich noch die Regionalität stärken.<br />

Im dritten Teil erläuterte DI Armin Muggendorfer<br />

anhand vieler Beispiele, dass<br />

die Eigentümer*innen eines Gebäudes<br />

eine Vielzahl an Verkehrssicherungsund<br />

Sorgfaltspflichten treffen und eine<br />

professionelle Gebäudebewirtschaftung<br />

das Haftungsrisiko reduziert.<br />

Nach einer kurzen Pause skizzierte Dr.<br />

Klaus Kandler verschiedene Maßnahmen<br />

der Risikominimierung, die von der Aufgabenübertragung<br />

bis zu einem systemorientierten<br />

Managementsystem reichten.<br />

Allen Anwesenden war nach den Vorträgen<br />

bewusst, dass Versicherungen zwar<br />

die Haftungsauswirkungen reduzieren<br />

können, aber kein Allheilmittel darstellen.<br />

Man darf sich jedoch nicht vom Risiko<br />

einer Haftung unterkriegen lassen, es gibt<br />

Methoden und Werkzeuge zur rechtssicheren<br />

Bewältigung der mannigfaltigen<br />

Aufgaben einer Gemeinde.<br />

Kontakt<br />

sozial freundlich<br />

sicher bemüht ehrlich<br />

unkompliziert<br />

fair<br />

beständig<br />

neutral<br />

pflichtbewusst<br />

familienfreundlich<br />

modern flexibel<br />

transparent<br />

schlau lernwillig<br />

vorausschauend<br />

kundenorientiert<br />

kompromissbereit<br />

zielorientiert vorurteilsfrei<br />

hilfsbereit<br />

schnell<br />

dynamisch<br />

lösungsorientiert<br />

kompetent<br />

verlässlich<br />

weitsichtig<br />

erfahren<br />

nachhaltig<br />

gemeinnützig<br />

jung<br />

pünktlich<br />

korrekt<br />

Unsere Experten stehen Ihnen<br />

gerne für Rückfragen zum<br />

Thema Rechtssicherheit zur<br />

Verfügung:<br />

Dr. Klaus Kandler, MBA (MCI)<br />

k.kandler@gemnova.at<br />

Mag. Alexander Sporer<br />

a.sporer@gemnova.at<br />

Mag. Alexander Sporer (GemNova), Dr. Klaus Kandler<br />

(GemNova) und DI Armin Muggendorfer (Bundesimmobiliengesellschaft)<br />

teilten ihre Expertise zum Thema<br />

Rechtssicherheit in Gemeinden. (© GemNova)<br />

DI (FH) Armin Muggendorfer<br />

armin.muggendorfer@big.at<br />

www.ghs-wohnbau.com


42 tirol.politik tirol.politik<br />

43<br />

JETZT IST<br />

ZUSAMMENARBEIT GEFRAGT<br />

DAS BEDEUTET, AUFEINANDER EINZUGEHEN,<br />

ROLLEN UND AUFGABEN ABZUSTIMMEN,<br />

GEGENSEITIG ZU UNTERSTÜTZEN UND<br />

VERBUNDEN DURCH EIN GEMEINSAMES<br />

ZIEL EFFEKTIV ZU ARBEITEN.<br />

© Land Tirol / Cammerlander<br />

Zusammenarbeit als<br />

Weg zum Erfolg<br />

Miteinander mehr erreichen – das gilt<br />

für alle Lebensbereiche und insbesondere<br />

für Gemeinden. Vom Leben in der<br />

Gemeinde über gemeindeübergreifende<br />

Projekte bis hin zu Gemeindefusionen:<br />

Die Möglichkeiten der Zusammenarbeit<br />

auf Gemeindeebene sind vielfältig und<br />

wichtig.<br />

Der US-Amerikanische Automobilhersteller<br />

Henry Ford sagte einmal:<br />

„Zusammenkommen ist ein Beginn,<br />

Zusammenbleiben ein Fortschritt,<br />

Zusammenarbeiten ein Erfolg.“<br />

Was banal oder gar abgedroschen klingen<br />

mag, ist doch eine unverzichtbare Grundlage<br />

unseres Zusammenlebens.<br />

Und dieses Zusammenleben beginnt in<br />

den Gemeinden: Gemeinden sind weit<br />

mehr als eine bloße Ansammlung von<br />

Gebäuden. Der wahre Wert der Gemeinde<br />

– als Ort des Zusammenlebens –<br />

entspringt der Gemeinschaft und sollte<br />

dementsprechend auch vielfältig gefördert<br />

werden. Maßgeblich sind hierbei sowohl<br />

die Unterstützung des Vereinswesens als<br />

zentrale Säule des Miteinanders als auch<br />

die räumliche Gestaltung der Gemeinden<br />

selbst. Schließlich entsteht Gemeinschaft<br />

und damit Zusammenarbeit erst durch<br />

Begegnungen und Begegnungsräume.<br />

Statt Zersiedelung zuzulassen, gilt es, die<br />

Ortszentren wieder mit Leben zu füllen.<br />

Im Rahmen der sogenannten Ortskernrevitalisierung<br />

werden daher von Seiten des<br />

Landes zahlreiche Projekte gefördert, um<br />

etwa Dorfplätze aufzuwerten oder alte<br />

Baustrukturen in den Ortskernen wieder<br />

bewohnbar zu machen.<br />

Zusammenarbeit muss jedoch nicht<br />

an der Gemeindegrenze enden: Vom<br />

gemeinsamen Umweltschutz über die<br />

Zusammenarbeit bei der Pflegeversorgung<br />

bis hin zu gemeindeübergreifenden<br />

Sportstätten – die Möglichkeiten<br />

zur Kooperation unter Gemeinden sind<br />

ebenso vielfältig wie erfolgreich. Viele<br />

Projekte wären für eine Gemeinde alleine<br />

nicht zu bewältigen, durch die Bündelung<br />

von Ressourcen können die Gemeinden<br />

jedoch unterschiedlichste Vorhaben<br />

gemeinsam verwirklichen. Um solche<br />

Projekte vor den Vorhang zu holen und<br />

mit Best-Practice-Beispielen zu demonstrieren,<br />

welche Vorteile Kooperationen<br />

mit sich bringen, vergeben das Land<br />

Tirol, der Tiroler Gemeindeverband und<br />

die GemNova jährlich den GEKO – den<br />

Tiroler Gemeindekooperationspreis.<br />

Auch diesen Herbst werden dabei wieder<br />

zukunftsweisende, gemeindeübergreifende<br />

Projekte ausgezeichnet. Im Rahmen<br />

der insgesamt 37 Planungsverbände in<br />

Tirol haben die Gemeinden zudem eine<br />

institutionalisierte Form der Zusammenarbeit<br />

– in Folge derer sie voneinander<br />

profitieren und miteinander auf effiziente<br />

Art und Weise die Zukunft planen können.<br />

Die höchste Form der Kooperation zwischen<br />

Gemeinden ist schließlich die<br />

Gemeindefusion. Dabei eines vorweg: Als<br />

Gemeindelandesrat ist es mir ein großes<br />

Anliegen, dass Gemeindefusionen – also<br />

die Zusammenlegung der Verwaltungsstrukturen<br />

mehrerer Gemeinden – stets<br />

auf freiwilliger Basis verwirklicht werden<br />

muss. Steht die Bevölkerung hinter einer<br />

Fusion, so können – wie etwa das Beispiel<br />

der Zusammenlegung von Matrei<br />

am Brenner, Mühlbachl und Pfons gezeigt<br />

hat – wichtige Synergieeffekte entstehen<br />

und damit effizientere und günstigere<br />

Abläufe etabliert werden.<br />

Ihr LR Mag. Johannes Tratter<br />

© Julia Moll<br />

Wir dürfen keine<br />

Inseln sein.<br />

Was haben wir dieses Jahr gekämpft<br />

– wahlgekämpft. Auf Gemeinde- und<br />

Landesebene haben die Parteien ihre<br />

Standpunkte klar gemacht, ihre Positionen<br />

dargelegt und sich dabei, wie soll<br />

es anders sein, mit mehr oder weniger<br />

scharfem Ton von allen anderen politischen<br />

Mitstreitern und Mitstreiterinnen<br />

abgegrenzt – wie Inseln im Meer. Das ist<br />

auch gut so. Im Wettstreit um die meisten<br />

Wählerstimmen können gern mal die<br />

sogenannten Fetzen fliegen und schließlich<br />

ist es wichtig, sich von den anderen<br />

deutlich abzuheben, um den Wählerinnen<br />

und Wählern eine klare Grundlage für<br />

ihre Entscheidung zu bieten.<br />

Jetzt, nach den Wahlkämpfen und Wahlen,<br />

heißt es, gemeinsam Bestehendes<br />

zu optimieren und Neues zu schaffen.<br />

Das geht nur mit Zusammenarbeit, mit<br />

der bemerkenswerten menschlichen<br />

Fähigkeit zur Kooperation. Das bedeutet,<br />

aufeinander einzugehen, Rollen und<br />

Aufgaben abzustimmen, gegenseitig zu<br />

unterstützen und verbunden durch ein<br />

gemeinsames Ziel effektiv zu arbeiten.<br />

Das gilt für die regierende Fraktion bzw.<br />

die Koalitionspartner ebenso wie für die<br />

Opposition. Alle haben eine bestimmte<br />

Rolle, die einen regieren, die anderen<br />

kontrollieren und beide Funktionen sind<br />

gleich wichtig. Alle müssen gehört und<br />

respektiert werden. Fügt man sich als<br />

Politiker, als Politikerin oder Partei nicht<br />

in dieses kooperative demokratische System<br />

ein und arbeitet lieber im Alleingang,<br />

bekommt man schnell ein Problem. Man<br />

wird zur Insel und als Insel gilt man allgemein<br />

als nicht regierungsfähig.<br />

Es geht jedoch nicht nur darum, innerhalb<br />

des politischen Systems zu kooperieren.<br />

Auch nach außen hin – zu Unternehmen,<br />

Institutionen wie die Wirtschafts- oder<br />

Arbeiterkammer, zu Universitäten, Verbänden<br />

und diversen anderen Stakeholdern<br />

– muss eine stabile Basis für die<br />

Zusammenarbeit bestehen. Nehmen<br />

wir zum Beispiel kleine Gemeinden. Wie<br />

könnte eine kleine Gemeinde überleben,<br />

wenn sie bei den hunderten Aufgaben,<br />

die sie zu bewältigen hat, allein dastünde?<br />

Sie müsste alle Anschaffungen und<br />

Investitionen – vom Preisvergleich bis<br />

zur rechtlich vorgeschriebenen Abwicklung<br />

von Vergabeverfahren – selbst<br />

organisieren. Sie müsste notwendige<br />

Infrastrukturprojekte, z. B. den Ausbau<br />

der Volksschule oder die Sanierung des<br />

Wohn- und Pflegeheims, auf eigene Faust<br />

umsetzen. Sie müsste sich selbst mit<br />

Energie versorgen, sich um die Wasserver-<br />

und Abwas serentsorgung kümmern<br />

und sicherstellen, dass der Zugang zur<br />

digitalen Amtstafel auf der Homepage<br />

der Gemeinde wie gesetzlich vorgeschrieben<br />

barrierefrei ist. Die Gemeinde<br />

bräuchte hunderte Angestellte und<br />

sehr sehr viel Geld, wenn sie das allein<br />

stemmen müsste. Umso wichtiger ist<br />

es, sich in Verbänden zu organisieren,<br />

mit anderen Gemeinden, mit Unternehmen<br />

sowie Experten und Expertinnen<br />

zusammenzuarbeiten. So, wie Parteien<br />

Kooperationskompetenz zeigen müssen,<br />

um regierungsfähig zu sein, so brauchen<br />

diese Kompetenz auch Gemeinden, um<br />

bestands- und zukunftsfähig zu sein.<br />

Arbeiten Sie also zusammen, strecken<br />

Sie ihre Hände in alle Richtungen aus. Sie<br />

können nur profitieren!<br />

Ihr Bgm. Mag. Ernst Schöpf


Junge, frische Gesichter<br />

VON REINHOLD OBLAK<br />

Die Bürgermeister-Direktwahl in Wenns<br />

im heurigen Frühjahr war nichts für<br />

schwache Nerven. Beim ersten Wahlgang<br />

lag Patrick Holzknecht um mickrige zwei<br />

Stimmen hinter Robert Rundl zurück, bei<br />

der entscheidenden Stichwahl erhielten<br />

beide Kandidaten jeweils 631 Stimmen.<br />

Zum Glück ist nicht nur die österreichische<br />

Bundesverfassung schön, sondern<br />

auch die Tiroler Gemeindewahlordnung.<br />

Diese sieht nämlich bei Stimmengleichheit<br />

vor, dass jener Kandidat Bürgermeister<br />

wird, dessen Liste die meisten Stimmen<br />

erhält. In Wenns war dies ganz klar<br />

die Holzknecht-Liste, womit der 29-Jährige<br />

als zweitjüngster Bürgermeister Tirols<br />

angelobt wurde.<br />

„Ich bin ein Vereinsmensch, hab mich<br />

schon früh in der Fasnacht, auch bei den<br />

Schützen organisiert. Ich rede einfach<br />

gerne mit den Leuten, versuche, verschiedene<br />

Interessen zu verbinden“, sagt<br />

Holzknecht. Politik hat ihn schon immer<br />

interessiert, liegt auch in der Familie.<br />

Nein, nicht bei seinen Eltern, die politisch<br />

nie aktiv waren, vielmehr bei seinen beiden<br />

Großvätern. Der eine war Gemeinderat<br />

in Arzl, der andere in Wenns, sogar 18<br />

Jahre lang.<br />

Bei der Wahl 2016, im Alter von 23 Jahren,<br />

wurde Holzknecht erstmals in den<br />

Gemeinderat gewählt. Damals gab es<br />

nur zwei Listen und einen Bürgermeister-Kandidaten,<br />

heuer waren es sechs<br />

und deren drei. Vielfalt ist eben besser<br />

als Einfalt. Beruflich ist der zweitjüngste<br />

Bürgermeister Tirols übrigens seit<br />

über zehn Jahren im Landesdienst tätig.<br />

In Tirol bewegt sich etwas. Auf Landesebene brechen alte, verkrustete Strukturen<br />

„<br />

auf, in den Gemeinderäten<br />

sieht man immer mehr junge, frische Gesichter. Bürgermeister*innen werden jünger, selbstbewusster,<br />

haben Lust zu gestalten. Patrick Holzknecht in Wenns etwa, Daniela Kampfl in Mils oder Ingo Hafele im<br />

Osttiroler St. Jakob. Eine Bestandsaufnahme.<br />

„Das hat meine Lust an der Politik sicher<br />

auch nochmal gefördert.“ Bemerkenswert<br />

dann jener Schritt, den Holzknecht<br />

gleich nach seiner Wahl zum Bürgermeister<br />

gesetzt hat. Um für die Leute in<br />

Wenns sprichwörtlich greifbar zu sein,<br />

reduzierte er seinen Job in Innsbruck auf<br />

neun Stunden, somit auf einen einzigen<br />

Tag. „Außer Dienstag bin ich immer im<br />

Dorf erreichbar. Ich verstehe mich als<br />

Vermittler, als Ansprechpartner, auch als<br />

Problemlöser.“<br />

Holzknecht steht auch für Veränderung:<br />

So hat er gleich mehrere neue Ausschüsse<br />

gegründet, setzt ganz bewusst<br />

auf Zusammenarbeit und Kooperation.<br />

Und auf moderne Ansätze wie etwa<br />

Teambuilding und positive Motivation.<br />

Klar, unter den 13 Gemeinderäten<br />

und -rätinnen finden sich elf neue<br />

Gesichter, darunter vier Frauen. Ein<br />

wichtiges Credo des neuen Bürgermeisters:<br />

„Gemeinsam ist besser als<br />

einsam.“<br />

Patrick Holzknecht (29), Bürgermeister<br />

von Wenns (© Wenns gestalten)<br />

„ Zusammenarbeit und<br />

Kooperation. Moderne<br />

Ansätze wie Teambuilding<br />

und positive Motivation.<br />

Das ist mir wichtig“<br />

Patrick Holzknecht,<br />

Bürgermeister Wenns<br />

Daniela Kampfl (49),<br />

Bürgermeisterin von Mils<br />

(© Daniel Zangerl)<br />

Eine von zwanzig<br />

In Tirol gibt es 277 Gemeinden. In 257<br />

davon sind Männer Bürgermeister, in nur<br />

zwanzig gibt es Bürgermeisterinnen. Die<br />

Jüngste davon ist die 31-jährige Victoria<br />

Weber in Schwaz, doch über sie konnten<br />

wir schon in der vergangenen Ausgabe<br />

dieses Magazins berichten. Bleiben also<br />

noch 19 Bürgermeisterinnen, womit die<br />

Auswahl überschaubar wird.<br />

Daniela Kampfl, Jahrgang 1973 und damit<br />

eine der jüngsten Bürgermeisterinnen<br />

Tirols, übt dieses Amt seit Mai 2021 in<br />

Mils aus. Bei der Direktwahl im heurigen<br />

Frühjahr wurde sie mit beeindruckenden<br />

59 Prozent – bei fünf Gegenkandidaten –<br />

gleich im ersten Wahlgang gewählt. Das<br />

waren um satte 18 Prozent mehr, als ihre<br />

Liste erhielt.<br />

Bemerkenswert, um nicht zu sagen<br />

höchst amüsant, auch der Weg, wie sie<br />

in die Politik kam. „2006 bin ich über das<br />

Inserat einer Non-Profit-Organisation gestolpert.<br />

Es wurde eine Frau gesucht, aus<br />

dem urbanen Raum, mit Organisationstalent<br />

und Engagement. Das hat mir gefallen,<br />

weil ich wollte schon immer etwas<br />

„<br />

45<br />

44 tirol.politik<br />

tirol.politik<br />

„Beworben hab ich mich bei<br />

einer Non-Profit-Organisation.<br />

Letztendlich war es dann aber<br />

die Tiroler Volkspartei.“<br />

Daniela Kampfl<br />

Bürgermeisterin Mils<br />

verändern. Nach meiner Bewerbung stellte<br />

sich freilich heraus, dass diese Non-<br />

Profit-Organisation die Tiroler Volkspartei<br />

war. So hat alles angefangen.“ Kampfl<br />

lacht noch immer, wenn sie diese Geschichte<br />

erzählt, auch deshalb, weil sie<br />

davor politisch in keiner Weise aktiv war.<br />

Und weil es wohl auch ihr Motto unterstreicht:<br />

„Es gibt für alles den richtigen<br />

Zeitpunkt.“<br />

2016 wurde sie erstmals in den Gemeinderat<br />

von Mils gewählt, beruflich zur Geschäftsführerin<br />

des Wirtschaftsbundes<br />

bestellt, in jenen Job also, den sie auch<br />

heute noch ausübt. Politik ist für die<br />

zweifache Mutter wesentlicher Bestandteil<br />

ihres Lebens, als Bürgermeisterin<br />

sieht sie sich am richtigen Platz. „Ich<br />

kann sehr gut planen, bin ein ausgesprochener<br />

Teamplayer, treffe gerne Entscheidungen,<br />

mag etwas bewegen.“ Mal<br />

schauen, wohin es die engagierte Frau,<br />

die so gerne Veränderungen vorantreibt,<br />

noch verschlägt.


„<br />

46 tirol.politik<br />

„Ich hab damals meinen Job im<br />

Tourismusbüro gekündigt. Das<br />

Risiko, nach sechs Jahren ohne<br />

Job dazustehen, hab ich einfach<br />

auf mich genommen.“<br />

Ingo Hafele<br />

Bürgermeister St. Jakob im<br />

Defereggen<br />

Jüngster Bürgermeister Osttirols<br />

Es war doch eine ziemliche Überraschung,<br />

damals, im Frühjahr 2016, in<br />

St. Jakob in Defereggen. Der gerade mal<br />

26-jährige Ingo Hafele katapultierte den<br />

langjährigen Amtsinhaber Gerald Hauser<br />

in der Bürgermeister-Stichwahl hochkant<br />

aus dem Amt. Bei einer bemerkenswert<br />

hohen Wahlbeteiligung von 94 Prozent<br />

setzte sich der junge Mann mit knapp<br />

62 Prozent der Stimmen eindrucksvoll<br />

durch. Hafele wurde damit auch zum<br />

jüngsten Bürgermeister Osttirols gewählt.<br />

Bei den heurigen Gemeinderatswahlen<br />

wurde er eindrucksvoll im Amt<br />

bestätigt – mit knapp 70 Prozent an Zustimmung.<br />

Selbst seine Liste erhielt die<br />

absolute Mehrheit – das hatte es in St.<br />

Jakob schon lange nicht mehr gegeben.<br />

Mit Politik hatte Hafele davor nichts zu<br />

tun. Er arbeitete im Tourismusbüro in<br />

Lienz, war damit recht zufrieden. „Ich<br />

war kein politischer Mensch, nur was<br />

da in St. Jakob abgelaufen ist, hat mir<br />

nicht wirklich getaugt. Mit einigen jungen<br />

Freunden hatten wir dann die Idee,<br />

mit einer eigenen Liste anzutreten. Konkrete<br />

Pläne hatten wir keine, wir wollten<br />

einfach mal in den Gemeinderat reinschnuppern,<br />

hatten auch keinen eigenen<br />

Bürgermeisterkandidaten“, erinnert er<br />

Ingo Hafele (32), Bürgermeister<br />

von St. Jakob im Defreggen<br />

(© Osttirol Journal)<br />

sich an den Anfang. Bei den Krampustagen<br />

mehrten sich dann freilich in dieser<br />

Gruppe die Stimmen, Hafele sollte<br />

doch als Bürgermeisterkandidat antreten.<br />

„Das hat mich aber überhaupt nicht<br />

interessiert, ich wollte das einfach nicht.“<br />

Das war im Dezember 2015, zwei Monate<br />

vor der Wahl.<br />

Nach vielen Gesprächen ließ sich der<br />

damals 26-Jährige umstimmen, „doch<br />

wirklich überzeugt war ich nicht.“ Bei der<br />

Wahl erhielt seine neue Liste gleich die<br />

meisten Stimmen, er selbst wurde „zur<br />

größten Überraschung von mir“ tatsächlich<br />

zum Bürgermeister gewählt. Seine<br />

erste Tat: Er kündigte beim Tourismusbüro,<br />

wollte voll und ganz für die Gemeinde<br />

da sein. „Das Risiko, nach sechs<br />

Jahren ohne Job dazustehen, hab ich einfach<br />

auf mich genommen. Weil wenn ich<br />

etwas mache, mache ich es gescheit.“<br />

Die ersten Jahre waren herausfordernd.<br />

„Wir waren da gleich mit sehr schwierigen<br />

Situationen konfrontiert. Die vielen<br />

Starkregen-, auch Starkschnee-Ereignisse,<br />

St. Jakob war zehn Tage ohne Strom,<br />

dazu die vielen Straßensperren. Ich bin<br />

da wirklich in mein Amt hineingewachsen,<br />

hab viel lernen können.“ Auch heute<br />

noch ist der mittlerweile 32-Jährige<br />

täglich acht Stunden auf der Gemeinde.<br />

„Mir taugt‘s total, mir wird auch nicht<br />

langweilig. Zu tun gibt‘s immer genug.“<br />

Ach ja, noch ein interessantes Detail<br />

am Rande. Für die Gemeinderatswahl<br />

dieses Frühjahr gab‘s von Hafeles Liste<br />

kein Wahlprogramm. Der Grund: „Wir<br />

wollten nichts ankündigen, weil das sind<br />

meist nur leere Versprechungen. Die<br />

Leute hier wissen, dass wir nicht groß<br />

reden, sondern arbeiten und umsetzen.“<br />

Der junge Mann scheint vieles richtig zu<br />

machen.<br />

Auf der sicheren Seite:<br />

Winterdienst mit dem Maschinenring<br />

Seit 25 Jahren zählt der Winterdienst zu den<br />

zentralen Dienstleistungen, die der Maschinenring<br />

anbietet. Erfahrene Mitarbeiter, die die<br />

Anforderungen und Bedürfnisse ihrer Kunden<br />

genau kennen und das Netzwerk Maschinenring<br />

stellen sicher, dass jede noch so große<br />

Herausforderung zur Zufriedenheit der Kunden<br />

bewältigt wird, und so freuen sich die Verantwortlichen,<br />

dass mehr als 100 Tiroler Gemeinden<br />

auf diese Dienstleistung setzen.<br />

„In erster Linie geht es beim Winterdienst<br />

darum, Gefahren, die Schnee und Eis mit sich<br />

bringen zu beseitigen und damit die Sicherheit<br />

auf Verkehrsflächen wiederherzustellen. Das<br />

umfasst natürlich nicht nur die Schneeräumung,<br />

sondern auch die Streuung, eventuell<br />

notwendigen Schnee-Transport und vieles<br />

mehr“, so Maschinenring-Geschäftsführer<br />

Hannes Ziegler. Sicherheit bedeutet hier nicht<br />

nur Verkehrssicherheit, sondern vor allem<br />

auch Rechtssicherheit:<br />

Eigentümer oder Wegehalter haften für den<br />

ordnungsgemäßen Zustand der Fahrbahnen<br />

und Plätze – gerade in diesem Punkt ist es für<br />

Kommunen ein großes Plus, auf den Maschinenring<br />

zu setzten: „Mit der Beauftragung<br />

übernehmen wir auch die rechtliche Verantwortung“,<br />

so Ziegler weiter.<br />

Die „Winterdienstler“ verfügen neben der entsprechenden<br />

Technik – vom direkten Zugriff auf<br />

die detaillierte Wetterprognosen bis zu den entsprechenden<br />

Räumgeräten – über das fachliche<br />

Knowhow und sind flexibel zur Stelle.<br />

Natürlich ist der Maschinenring-Winterdienst<br />

immer am aktuellsten Stand der Technik: Wo<br />

notwendig bzw. gewünscht werden alle Fahrten<br />

via GPS-Aufzeichnungen getrackt und auch<br />

Lieferscheine werden vom Maschinenring zum<br />

großen Teil via App elektronisch verarbeitet. „Für<br />

uns ist es wichtig, die Abwicklung für Kunden<br />

und Dienstleister gleichermaßen effizient zu<br />

organisieren, und hierfür setzen wir stets auf<br />

die aktuellste Technik. Auch die verpflichtende,<br />

jährliche Fortbildung für alle unsere Dienstleister<br />

ist selbstverständlich“, so Hubert Hotter, der für<br />

die Disposition zuständig ist.<br />

Der Winter beginnt im Sommer<br />

Im Maschinenring kümmern sich die Verantwortlichen<br />

frühzeitig um die Sicherstellung<br />

personeller und technischer Ressourcen,<br />

Schnee ablageplätze werden fixiert und Streumittel-Lager<br />

befüllt: „Natürlich sind auch wir<br />

von den aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen<br />

betroffen. Um für die Kunden<br />

vernünftige Lösungen anbieten zu können,<br />

haben wir beispielsweise mit der Salzeinlagerung<br />

heuer schon so früh wie nie zuvor<br />

begonnen“, so Hotter.<br />

Gerade bei Starkschnee-Ereignissen wie vor<br />

zwei Jahren in Osttirol kann der Maschinenring<br />

auf seine Vernetzung setzen – auch das<br />

kommt den Kunden zugute: „Auch wenn schon<br />

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />

alle verfügbaren Mannschaften im Schneeeinsatz<br />

sind – mit unseren mehr als 7.000<br />

Mitgliedern allein in Tirol und der Möglichkeit<br />

der überregionalen, österreichweiten Zusammenarbeit<br />

können auch hier kurzfristig Kräfte<br />

mobili siert werden. Das ist eine unserer Stärken“,<br />

so Hannes Ziegler.<br />

Unternehmen, die auf den Maschinenring als<br />

Winterdienstleister setzen, sichern regionale<br />

Wertschöpfung. „Die Arbeit als Winterdienstleister<br />

ermöglicht Landwirten ein zusätzliches<br />

Einkommen. Wer den Maschinenring beauftragt,<br />

entscheidet sich so nicht nur für einen<br />

sicheren und verlässlichen Winterdienst sondern<br />

sorgt zusätzlich dafür, dass Wertschöpfung<br />

und Kaufkraft in der Region bleibt – in<br />

diesen Zeiten sicher ein besonders wichtiges<br />

Argument“, so Maschinenring-Geschäftsführer<br />

Hannes Ziegler abschließend.<br />

www.maschinenring.tirol


ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />

tirol.ist schön<br />

49<br />

Mit LED-Beleuchtung der IKB klimafit werden<br />

Die IKB hat in ganz Innsbruck bereits die öffentliche Beleuchtung auf LED umgestellt, um wertvolle Energie zu sparen.<br />

Diese Erfahrung und ihr Fachwissen bietet sie auch anderen Gemeinden an.<br />

Die Straßenbeleuchtung in Weer, die Radwegbeleuchtung<br />

in Kaltenbach und die Skipiste<br />

am Patscherkofel – die IKB hat bereits<br />

zahlreiche Orte in Tirol dabei unterstützt,<br />

auf die effiziente Beleuchtung umzurüsten.<br />

Von der Planung bis zur leuchtenden Lampe<br />

bringt sie ihre Expertise ein und erledigt die<br />

gesamte Umsetzung für die Gemeinden.<br />

Alles aus einer Hand. Das macht sie zur<br />

regionalen Expertin für umweltfreundliche<br />

und energiesparende Außenbeleuchtung.<br />

In den Jahren 2015 bis 2020 hat die IKB die<br />

gesamte öffentliche Beleuchtung der Stadt<br />

Innsbruck auf LED-Technologie umgestellt.<br />

Neben Straßenbeleuchtungen, Platz- und<br />

Sportstättenbeleuchtungen wurden auch<br />

Objektanstrahlungen sowie Effekt- und<br />

Winterbeleuchtungen auf ein neues Effizienzlevel<br />

gehoben. Die vielen Vorteile<br />

sowie Kosteneinsparungen übertreffen die<br />

Gesamtkosten der LED-Umstellung um ein<br />

Vielfaches.<br />

Unschlagbare Vorteile der LED-Umrüstung<br />

Die neue Technologie ist zukunftsweisend<br />

und bringt echten Mehrwert für die Stadt.<br />

So hat sich der Energieverbrauch, der<br />

öffentlichen Beleuchtung nahezu halbiert<br />

Darüber hinaus haben sich die Farbwiedergabe<br />

durch weißes LED-Licht erheblich<br />

verbessert, der Wartungsaufwand<br />

beträchtlich reduziert und die Lebensdauer<br />

deutlich erhöht. Durch die individuelle<br />

Programmierung der Vorschaltgeräte sind<br />

nun nahezu alle Straßen Innsbrucks normgerecht<br />

ausgeleuchtet.<br />

Ihr Weg zur energieeffizienten LED-<br />

Außenbeleuchtung<br />

Planung und Inbetriebnahme aus einer<br />

Hand, inklusive 10-Jahres Garantie und<br />

Mithilfe bei Förderabwicklungen: Kontaktieren<br />

Sie noch heute die Expertinnen<br />

und Experten der IKB, wenn es darum<br />

geht, eine moderne und wirtschaftliche<br />

Beleuchtung zu implementieren und damit<br />

Energie- und Betriebskosten zu sparen.<br />

KURZ UND KNAPP:<br />

Komplette Umstellung der Außenbeleuchtung<br />

in Innsbruck<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

Erhöhung der Sicherheit in Innsbruck<br />

Halbierung der Stromkosten trotz<br />

Erhöhung der Anzahl der Lichtpunkte<br />

Wesentliche Reduzierung der Lichtemissionen<br />

Optimierte Farbwiedergabe durch<br />

weißes LED-Licht<br />

Normgerechte Ausleuchtung bei<br />

reduziertem Energieaufwand<br />

Verringerung vom Wartungsaufwand<br />

Erhöhung der Lebensdauer<br />

Wir beraten Sie gerne jederzeit kostenlos,<br />

wie Sie Ihre Gemeinde auf LED-Beleuchtung<br />

umrüsten können.<br />

Gemeinschaft<br />

leben<br />

Was wäre eine Gemeinde ohne Vereine und ehrenamtliche<br />

Helfer*innen, die sich tagtäglich im Sinne<br />

der Gemeinschaft engagieren?<br />

Martin Angerer<br />

Geschäftsbereich: Energieservices<br />

0512 502-5234<br />

martin.angerer@ikb.at<br />

www.ikb.at<br />

Die meisten der 25 Jugendbetreuer*innen<br />

der Alpenvereinsjugend sind<br />

selbst schon seit ihrer Kindheit im<br />

Verein. Nun geben sie ihren Zugang<br />

zur Natur an die Kinder weiter.<br />

Ein gemeinsames Interesse, ein gemeinschaftliches<br />

Ziel ist oft das, was Menschen in Vereinen<br />

und ehrenamtlichen Organisationen zusammenbringt<br />

und wo Bürger*innen einen essenziellen<br />

Beitrag für das Zusammenleben in einer Gemeinde<br />

leisten. Wir haben uns für diese Fotostrecke<br />

in Zirl umgesehen und das reiche Vereinsleben<br />

der Marktgemeinde dokumentiert. Auf den folgenden<br />

Seiten geben wir einen Einblick in ihre<br />

Aktivitäten.


‚‚<br />

Im Musikverein Zirl wird bereits seit<br />

1822 gemeinsam musiziert. Aktuell<br />

zählt der Verein 60 aktive Mitglieder<br />

zwischen 14 und 73 Jahren.<br />

‚‚<br />

„Unser Musikverein ist<br />

MUsIKVEREIN<br />

tirol.ist schön<br />

ein geselliger Ort,<br />

an dem Gemeinschaft<br />

gefördert wird.“<br />

Mathias Plankensteiner,<br />

Obmann Musikverein<br />

51<br />

Seit 20 Jahren unternimmt die Zirler<br />

Alpenvereinsjugend Innsbruck unter<br />

der Leitung von Ossi Miller spannende<br />

Ausflüge mit berg- und abenteuerlustigen<br />

Kindern ab 9 Jahren.<br />

Alpenvereinsjugend<br />

„Unsere Gemeinde lebt von der Vielfältigkeit<br />

der Vereine und ehrenamtlichen Organisationen.<br />

Ohne all jene Frauen und Männer,<br />

die sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich engagieren,<br />

wäre auch in Zirl vieles nicht möglich.<br />

Sie sind das Herz einer Gesellschaft,<br />

das stark und kräftig schlägt.“<br />

Mag. Thomas Öfner,<br />

Bürgermeister Marktgemeinde Zirl<br />

Die Musikkapelle hat auch eine starke Beziehung<br />

zur Brauchtumspflege: Was wären Feste<br />

und Veranstaltungen ohne die musikalische<br />

Umrahmung einer Musikkapelle?


52 tirol.ist schön<br />

‚‚<br />

Freiwillige<br />

Feuerwehr<br />

25 freiwillige Pensionist*innen stellen die rund 120 Speisen,<br />

die im 's zenzi in speziellen Warmhaltebehältern<br />

angerichtet werden, mit Unterstützung von Zivildienern<br />

jeden Tag direkt zu.<br />

ESSEN AUF RÄDERN<br />

Seit 1876 leistet die Freiwillige Feuerwehr Zirl Hilfe in Notsituationen.<br />

Aktuell stellen sich 119 Feuerwehrmänner und<br />

Feuerwehrfrauen in den Dienst der guten Sache. Das längst<br />

dienende Mitglied tut dies schon seit dem Jahr 1952.<br />

„Die Kameradschaft unter den Mitgliedern<br />

ist etwas ganz Besonderes. Alle ziehen<br />

an einem Strang, wenn es darum geht,<br />

jemandem in einer Notlage zu helfen.“<br />

Arnold Lanziner,<br />

Kommandant


54 tirol.ist schön tirol.ist schön<br />

55<br />

‚‚<br />

wo etwas herkommt und dies<br />

„Wir wollen mit diesem Garten<br />

wieder den natürlichen<br />

Kreislauf im Jahresverlauf erleben<br />

und voneinander lernen. Es<br />

ist ein gutes Gefühl zu wissen,<br />

auch an die Kinder weitergeben<br />

zu können.“<br />

ZUR FOTOGRAFIN<br />

NATHALIE KIRCHLER<br />

Nathalie Kirchler verstärkt seit <strong>2022</strong> das<br />

Kommunikationsteam der GemNova als<br />

Grafikerin und Fotografin.<br />

Der 1967 gegründete Tennisclub<br />

Zirl zählt aktuell 180 Mitglieder,<br />

wobei die Hälfte davon jünger als<br />

20 Jahre alt ist.<br />

Gemeinschaftsgartl<br />

Seit 2016 gibt es in Zirl für rund 40 Familien<br />

die Möglichkeit des gemeinsamen „gartelns“.<br />

Dabei steht der Austausch von Wissen und<br />

Erfahrungen untereinander im Mittelpunkt.<br />

Tassilo Philippovich,<br />

Obmann Gemeinschaftsgartl<br />

TC ZIRL


tirol.kulturell<br />

57<br />

Reformen,<br />

Innovationen,<br />

Änderungen<br />

ja…<br />

VON GABRIEL CASTAÑEDA<br />

In den Sportvereinen der Gemeinde Zirl entsteht durch die<br />

gemeinsame Bewegung ein Gemeinschaftsgefühl und ein Zusammenhalt.<br />

Wie zum Beispiel im Tenniskindergarten des TC Zirl, wo<br />

bereits die Jüngsten dieses Gemeinschaftsgefühl erleben dürfen.<br />

Im Rahmen dieser Fotostrecke konnten wir nur einen kleinen Teil der Zirler Vereine und Organisationen vorstellen.<br />

Die Marktgemeinde Zirl verfügt über eine Vielzahl weiterer Vereine, welche wir an dieser Stelle gerne erwähnen möchten:<br />

• Alpine Gesellschaft Solstein<br />

• Arbeitskreis Familie und MUKI<br />

• Austrian Vert Skaters (AVS)<br />

• Basketballgruppe Zirl<br />

• Jungbauern Landjugend<br />

• Ortsbauernschaft Zirl<br />

• Zirler Bäuerinnen<br />

• Bergwacht<br />

• Bienenzuchtverein Zirl<br />

• Biogartenverein Zirl<br />

• Chor der Senioren<br />

• Chor Wanja<br />

• Christkindleinzug<br />

• Computer Club Zirl<br />

• Der Cluuuub Zirl<br />

• Dorfgemeinschaft Eigenhofen/Dirschenbach<br />

• Eishockey Hobbygruppe<br />

• Eishockeyclub Gunners Zirl<br />

• Eishockeyverein EC Black Eagles<br />

• Eishockeyverein EC Fragenstein<br />

• Eishockeyverein EC Vikings Zirl<br />

• Eisschützenverein Zirl<br />

• EKIZ Zirl - Eltern Kind Zentrum Zirl<br />

• Elternverein der VS Zirl<br />

• Erwachsenenbildung Zirl<br />

• Faschingsgilde Zirl<br />

• FC Raika Zirl<br />

• Fit4Zirl<br />

• Foto Video Club Zirl<br />

• Fragensteinrosser<br />

• GenerationZ - Generationen Theater Zirl<br />

• Heimat- und Krippenmuseum Zirl<br />

• Hobbykicker Zirl<br />

• Islamische Föderation<br />

• Jugendzentrum JuZe<br />

• Kaiserjäger Zirl<br />

• Kindergarten Sonnensprossen<br />

• Kindergruppe Sonnensprossen<br />

• Kirchenchor Zirl<br />

• Kort.X - Besser lernen durch koordinatives Training<br />

• Krampeler Verein Zirl<br />

• Krippenverein Zirl<br />

• Kulturverein Z(w)irler<br />

• Minigolfclub Nordkette<br />

• MKI - Mobile Kulturinitiative<br />

• Modelleisenbahnklub Zirl<br />

• Museumsverein Zirl<br />

• Musikverein Zirl<br />

• Obst- und Gartenbauverein Zirl<br />

• Organisation Tiroler Landestheater<br />

• Österreichisches Rotes Kreuz<br />

• Pensionistenverband Zirl<br />

• PfadfinderInnen Zirl<br />

• Pfarre Zirl (Jungschar und Ministranten)<br />

• RCC-Zirl (Remote Controllers Club)<br />

• Robin Hood Club<br />

• Schachklub<br />

• Schäferhundeverein Zirl<br />

• Schafzuchtverein Zirl<br />

• Schützengilde Zirl<br />

• Schützenkompanie Zirl<br />

• Schwimmklub Kruder Zirl<br />

• SKITRIZIRL<br />

• Spieleverein Z´samm gspielt<br />

• Taekwondo Team Zirl<br />

• Tamische Damen - Zirler Faschingsfrauen<br />

• Trainerteam Tennisclub Zirl<br />

• Theaterverein Zirl<br />

• Tiroler Seniorenbund<br />

• Tourismusverband Innsbruck und seine Feriendörfer<br />

• Union Eissportklub Zirl<br />

• Union Sportverein Tischtennis<br />

• Verein Alter Traktoren<br />

• Vinzenzgemeinschaft Zirl<br />

• Volkshochschule Zirl<br />

• Volleyball Hobbygruppe<br />

• Volleyballgruppe Zirl<br />

• „Waldkiebitze - Groß und Klein im Einklang mit der<br />

Natur<br />

• Wasserwacht Zirl<br />

• Ziegenzuchtverein Zirler Goasser<br />

• Zirler helfen Zirlern<br />

• Zirler Türggeler<br />

…aber bitte doch nicht bei mir! Die aktuelle Krise zeigt uns, dass<br />

unser bisheriger Weg in Sachen Energiepolitik, aber auch unsere<br />

Vorstellungen von Produktionsketten und Konsum so nicht haltbar<br />

sein werden. Und natürlich ist jeder (der bei Verstand ist) für den<br />

Ausbau von Wind- und Wasserkraft und für den Bau von großflächigen<br />

Photovoltaik- und Solaranlagen. Aber halt bitte nicht in der<br />

Nähe der eigenen Haustür. Der eigene schöne Wald, der wildromantische<br />

Berggipfel des Hausberges und die sonnendurchfluteten<br />

Hänge hinter den eigenen vier Wänden sollen bitte unberührt<br />

bleiben. Windräder und andere Hässlichkeiten soll man bitte im<br />

Osten aufstellen, weil sind wir uns ehrlich, ab Kiefersfelden ist<br />

eh alles nur mehr schiach. Unser schönes Tirol ist ausnahmslos<br />

für so prachtvolle und geschmacklich einwandfreie Bauten wie<br />

Gipfelkreuze, Skilifte, Flying Foxes und Edelweißarchitektur sowie<br />

Chaletdörfer geeignet, oder? Tja, das wird sich halt auf Dauer<br />

nicht spielen. Es ist wie die Katze, die sich in den Schwanz beißt.<br />

Alle wollen immer und überall 5G-Handyempfang haben, aber<br />

keiner will einen Handymasten auch nur im erweiterten Umfeld<br />

des eigenen Wirkungsbereiches wissen. Beides geht halt nicht.<br />

Und sobald sich die Politik mal etwas mehr mit wissenschaftlichen<br />

Fakten als mit nostalgischen Gefühlen auseinandersetzt,<br />

wird sie wohl erkennen (müssen), dass auch für Tirol kein Weg an<br />

der Zukunft vorbeiführen wird, sofern man eben ein Teil dieser<br />

Zukunft sein will. Denn wir wissen alle: „Wer nicht mit der Zeit<br />

geht, der wird mit der Zeit gehen.“<br />

Gabriel<br />

Castañeda<br />

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tirol.kulturell<br />

59<br />

Tirol im Herbst <strong>2022</strong>:<br />

Ein kleiner Marktführer<br />

Kinder, wie die Zeit vergeht. Das Jahr neigt sich schon wieder dem Ende zu.<br />

Man kramt die Winterbettdecke hervor, packt die Wollsocken und Wollpullover<br />

wieder aus und rüstet das Teeregal auf. Auch Weihnachten steht schon quasi<br />

vor der Tür und man macht sich schon die ersten Gedanken, was man denn heuer<br />

verschenken soll. Wer noch keine Idee hat oder wer sich gerne regional und<br />

saisonal kulinarisch verköstigt, dem sei dieser kleine Auszug aus Tirols reicher<br />

und vielfältiger Marktwelt ans Herz gelegt.<br />

Reutte<br />

Landeck<br />

IMST<br />

Innsbruck<br />

Südtirol<br />

Schwaz<br />

Kufstein<br />

Kitzbühel<br />

Lienz<br />

EMPFOHLEN VON<br />

NATALIE NAGL, MA<br />

Natalie Nagl unterstützt die GemNova<br />

Akademie seit 2021 als Deutschtrainerin<br />

und Lektorin. Sie ist eine Auskennerin<br />

der Tiroler Kulturszene und hat<br />

immer einen Veranstaltungstipp parat.<br />

Kontakt:<br />

n.nagl@gemnova.at<br />

Reutte<br />

Kunstmarkt<br />

Sa, 12. <strong>November</strong> / So, 13. <strong>November</strong>, 10:00 bis<br />

17:00 Uhr, AK Reutte, Foyer<br />

Laien- und Berufskünstler können ihre Werke<br />

wieder kostenlos beim Kunstmarkt präsentieren.<br />

Kunstinteressierte und Sammler haben gleichzeitig<br />

die Gelegenheit, Talente zu entdecken und<br />

vielleicht ein tolles Exponat zu erwerben. Gezeigt<br />

werden Arbeiten der bildenden Kunst aller Art.<br />

Zams<br />

1. Zammer Herbstmarkt<br />

Sa, 22. Oktober, ab 09:00 Uhr, Musikpavillon Zams<br />

Organisiert von „Inser Ladele“ lädt der 1. Zammer<br />

Herbstmarkt zu Speis und Trank – natürlich alles<br />

regional. Neben dem kulinarischen Vergnügen<br />

darf auch einiges an Kunsthandwerk bestaunt<br />

und natürlich auch gekauft werden.<br />

Bozen<br />

Christkindlmarkt<br />

Fr, 25. <strong>November</strong> bis Fr, 6. Jänner, Waltherplatz<br />

Bozen<br />

Die Landeshauptstadt Südtirols zeigt sich zur<br />

Weihnachtszeit wieder von ihrer besten Seite.<br />

Hunderte Lichterketten, der Duft von Zimt und<br />

Lebkuchen in der Luft, regionale Schmankerln und<br />

kreative Erzeugnisse aus der Region schmücken<br />

das Zentrum. Das ein oder andere Weihnachtsgeschenk<br />

findet man bestimmt an einem der<br />

80 Stände.<br />

INNSBRUCK<br />

Christkindlmarkt Hungerburg<br />

Fr, 25. <strong>November</strong> bis Fr, 6. Jänner, Hungerburg<br />

Innsbruck<br />

Markt mit Aussicht gefällig? Dieser Weihnachtsmarkt<br />

besticht nicht nur durch zahlreiche Gaumenfreuden<br />

und weihnachtliche Andenken, es ist<br />

auch der Blick über ganz Innsbruck, der diesen<br />

Markt so besonders macht.<br />

FIEBERBRUNN<br />

Markt Hoangascht<br />

Fr, 21. Oktober (Handwerks-Hoangascht), 18.<br />

<strong>November</strong> (Advent Hoangascht), 16. Dezember<br />

(Weihnachts-Hoangascht), jeweils 10:00 bis 19:00<br />

Uhr, Dorfplatz<br />

Der Schwerpunkt bei allen Hoangaschts liegt<br />

auf dem kulinarischen Angebot, einem vielfältigen<br />

Unterhaltungs- sowie Musikprogramm<br />

und abwechslungsreichen Workshops. Zudem<br />

bekommt jeder Hoangascht sein eigenes Thema.<br />

Freuen darf man sich jedenfalls auf frisches<br />

regionales Obst und Gemüse, Blumen und Gartenpflanzen<br />

sowie Deko- und Nähartikel.<br />

HALL<br />

Herbstfest des Haller Bauernmarktes<br />

Sa, 22. Oktober, 09:00 bis 13:00 Uhr, Oberer<br />

Stadtplatz<br />

Neben dem traditionellen Bauernmarkt gibt es<br />

zahlreiche weitere landwirtschaftliche Produkte<br />

aus der Region samt Einlagerungsaktionen. Der<br />

Biohof Lumperer bietet obendrein noch einen<br />

sehr speziellen Programmpunkt: das große Sauerkraut-Einschneiden.<br />

Für die Kinderbetreuung ist<br />

gesorgt durch das Zwerglparadies NiMa (10:00<br />

– 13:00 Uhr). Musikalisch wird der Markt von<br />

Tanzig und der Jugendgruppe der Schuhplattler<br />

des Trachtenvereins Inntaler Thaur begleitet. Ein<br />

rundes Programm!<br />

BRIXLEGG<br />

Flohmarkt<br />

Mi, 26. Oktober, 07:00 bis 13:00 Uhr, Innkauf<br />

Schon an zahlreichen Terminen konnten sich die<br />

Brixlegger und Flohmarktfans von außerhalb am<br />

bunten Markttreiben erfreuen. Das Tolle beim<br />

Flohmarktln: Man weiß vorher nie, was es Schönes<br />

geben wird und mit was man eventuell nach<br />

Hause kommt. Auf jeden Fall ist es immer einen<br />

Besuch wert und bevor man etwas neu kauft,<br />

findet man es ja vielleicht gebraucht.<br />

LIENZ<br />

Bauern- & Handwerkermarktl<br />

Jeden Donnerstag, 14:30 bis 18:00 Uhr, Tubris-<br />

Zentrum<br />

Dieser Markt erfüllt wirklich jeden Wunsch:<br />

Fichtenhonig, Kräutersalze, Badedüfte, flauschige<br />

Pantoffeln, Erdäpfel, Kürbisse, Mohnkrapfen,<br />

Tirschtlan, Zirbenschnaps, Wacholderbrand, Käse,<br />

Kirschkuchen, Roggenbrot, Speck, Preiselbeermarmelade<br />

und und und. Ein wahres Feuerwerk<br />

an regionalen Produkten – und das wöchentlich!<br />

Imst<br />

Bauern- und Frischemarkt Insrix<br />

Jeden Samstag, 09:00 bis 13:00 Uhr, Pflegezentrum<br />

Gurgltal<br />

Bei diesem Markt gibt es natürlich die Bauernmarkt-Klassiker<br />

Obst, Gemüse oder diverse<br />

Fleischwaren. Aber auch abseits der Klassiker<br />

finden sich regionale Köstlichkeiten wie Honig,<br />

Schnäpse, Marmeladen oder regional hergestellte<br />

Zirben- oder Naturkosmetikprodukte. Guten<br />

Kaffee gibt es im angrenzenden Café Rosengartl.<br />

Vorbeischauen lohnt sich!<br />

SCHWAZ<br />

Schwazer Handwerksmarkt<br />

Mi, 7. Dezember (10:00 bis 20:00 Uhr), Do, 8.<br />

Dezember (14:00 bis 21:00 Uhr), Fr, 16. Dezember<br />

(15:00 bis 21:00 Uhr), Sa, 17. Dezember <strong>2022</strong><br />

(09:00 bis 12:00 Uhr)<br />

Der Schwazer Handwerksmarkt ist ein Geheimtipp<br />

für Liebhaber kreativer Ideen, denn hier gibt<br />

es viele Dinge zu entdecken: Egal ob Kunst aus<br />

Keramik, Holz oder Papier, hier findet man schöne<br />

Einzelstücke. Der Markt findet abwechselnd in der<br />

Innsbruckerstraße, der Franz-Josef-Straße und der<br />

Fuggergasse statt.


„<br />

„Wenn du die Namen der Dinge vergisst, dann<br />

geht das Wesen dieser Dinge verloren.<br />

Die Sprache ist ein Schatz. Wir sprechen, also<br />

sind wir.“<br />

60 tirol.kulturell<br />

tirol.kulturell<br />

Annäherung an<br />

Ezra Pound<br />

VON REINHOLD OBLAK<br />

Wer den lästigen touristischen Trubel in Dorf Tirol bei Meran hinter sich lässt,<br />

nicht zum viel besuchten und noch öfter fotografierten Schloss Tirol hinüber,<br />

sondern zur deutlich ruhigeren Brunnenburg hinuntersteigt, findet sich in einer<br />

völlig anderen Welt. Hier leben Mary und Siegfried de Rachewiltz, die 97-<br />

jährige Tochter und der 75-jährige Enkel des amerikanischen Dichters Ezra<br />

Pound (1885-1972).<br />

Siegfried de Rachewiltz, der Enkel Ezra Pounds,<br />

auf Schloss Tirol. Die Brunnenburg ist nur ein<br />

paar Steinwürfe entfernt. Pound hatte in Südtirol<br />

mit schweren Depressionen zu kämpfen.<br />

(© Frank Wing)<br />

Siegfried de Rachewiltz,<br />

Enkel des amerikanischen Dichters Ezra Pound<br />

61<br />

„Magst ein Glas Wein, einen Vernatsch,<br />

aus eigener Produktion. Ja, es ist ziemlich<br />

dunkel hier, ich mach gleich die Vorhänge<br />

etwas auf, aber ich hab Probleme<br />

mit meinen Augen.“ Wir sitzen im zweiten<br />

Stock der Brunnenburg, den beeindruckenden<br />

privaten Räumlichkeiten, umgeben<br />

von hunderten Büchern, Dokumenten,<br />

Schriftstücken. Ein völlig überladener<br />

Raum mit einer ganz besonderen Atmosphäre,<br />

ganz still, ruhig, als würde die Zeit<br />

stillstehen. Siegfried de Rachewiltz ist hier<br />

zu Hause, seine Eltern sind vor 75 Jahren<br />

auf die damalige Ruine gestoßen, haben<br />

sie erworben, über viele Jahre hinw eg<br />

bewohnbar gemacht. „Zuerst waren wir in<br />

einem Gasthof gleich in der Nähe untergebracht,<br />

eingezogen sind wir dann 1950,<br />

in ein einziges Zimmer. Sehr spartanisch,<br />

heute eigentlich nicht mehr vorstellbar. In<br />

meiner Kindheit hab ich hier mehr Tiere<br />

als Menschen getroffen.“<br />

Mittlerweile ist die Brunnenburg ein<br />

Ort der Begegnung, Konzerte und<br />

Le sun gen finden hier statt. Im unteren<br />

Teil, besonders in den Kellergewölben,<br />

ist ein beeindruckendes landwirtschaftliches<br />

Museum untergebracht, zwei<br />

Räume im Erdgeschoß sind dem Andenken<br />

an Ezra Pound gewidmet, auch<br />

öffentlich zugänglich. „Schau, ich möchte<br />

dir etwas zeigen“, sagt Siegfried plötzlich.<br />

Er steht auf, geht zu einer Vitrine, greift<br />

hinein, legt mir etwas Kleines, Schweres<br />

auf den Tisch. „Als Pound schon hier auf<br />

der Brunnenburg lebte, kam ein Brief von<br />

Hemingway, dem ein Scheck beigelegt<br />

war. Hemingway wollte seinen Freund<br />

finanziell unterstützen. Pound hat damals<br />

gesagt, dieser Scheck darf nur im Paradies<br />

eingelöst werden, er hat ihn dann<br />

zwischen zwei Glasplatten gepresst und<br />

als Briefbeschwerer verwendet.“<br />

Pound und Hemingway<br />

Wenn Siegfried de Rachewiltz über seinen<br />

Großvater spricht, nennt er ihn ausschließlich<br />

Pound. „Als Kind kannte ich Pound<br />

nicht persönlich, nur von Briefen. Als er<br />

dann im Juli 1958 auf die Brunnenburg<br />

kam, davor war er zwölf Jahre im Irrenhaus<br />

in Amerika interniert, hat er unseren<br />

ganzen Rhythmus über den Haufen<br />

geworfen, alles revolutioniert. Am Anfang<br />

war er ein Wirbelwind, gleichzeitig hat er<br />

immer darauf gewartet, dass uns Hemingway<br />

besuchen kommt. Doch dann ist ihm<br />

die Welt auf den Kopf gefallen, er hat aufgehört<br />

zu reden, nur mehr geschwiegen.<br />

Sein Freund Eliot war ja schon lange tot,<br />

dann hat sich 1961 auch noch Hemingway<br />

das Leben genommen.“<br />

Hemingway, der Literaturnobelpreisträger,<br />

und Pound, zehnmal für den Literaturnobelpreis<br />

nominiert, verband trotz ihrer<br />

ziemlich konträren Lebensentwürfe eine<br />

fürwahr interessante<br />

Freundschaft.<br />

Pound, der<br />

vor und während des<br />

Zweiten Weltkrieges unter<br />

anderem in London, Paris, Venedig<br />

oder in Rapollo, südöstlich von Genua,<br />

lebte, sympathisierte von Anfang an mit<br />

Mussolini. So stellte er sich im faschistischen<br />

Italien auch ganz bewusst in den<br />

Dienst anti-amerikanischer und antisemitischer<br />

Propaganda. 1945 von den<br />

Amerikanern in Italien festgenommen,<br />

wurde er – um wegen Landesverrats der<br />

Todesstrafe zu entgehen – für geisteskrank<br />

erklärt und in Washington in eine<br />

entsprechende Heilanstalt eingesperrt.<br />

Insbesondere Hemingway verdankte es<br />

Pound schließlich, dass er 1958 freigelassen<br />

und zu seiner Tochter Mary und<br />

seinem Enkel Siegfried nach Südtirol, in<br />

die Brunnenburg, übersiedeln durfte.<br />

Hier auf der Brunnenburg erkrankt Ezra<br />

Pound dann Anfang der sechziger Jahre<br />

schwer, verliert jeden Lebenswillen, wird<br />

über Monate in der Privatklinik Martinsbrunn<br />

bei Meran behandelt. Vier Jahre<br />

bleibt er insgesamt auf der Brunnenburg.<br />

Dann, im Herbst 1962, zieht er weiter, gegen<br />

Süden, abermals nach Venedig, nach Rapollo.<br />

„Pound hatte tiefe Depressionen, seine<br />

Schaffensader war erloschen. Er hat<br />

sein Leben als gescheitert angesehen, war<br />

der schärfste<br />

Richter gegen<br />

sich selbst, hat sich<br />

sprichwörtlich ins eigene<br />

Inferno begeben. Er wollte<br />

keine Nahrung mehr zu sich nehmen,<br />

wollte sterben. Letztendlich war es meine<br />

Großmutter Olga, die ihn gezwungen<br />

hat, noch zehn Jahre weiterzuleben. Als<br />

lebendes, als personifiziertes Artefakt,<br />

sozusagen.“<br />

Dreiecksbeziehung<br />

Neben der Literatur waren es vor allem<br />

Frauen, die Pounds Leben bestimmten.<br />

So war er seit 1914 offiziell mit<br />

Dorothy Shakespear verheiratet, gleichzeitig<br />

pflegte er seit Anfang der 20er-<br />

Jahre eine intensive, eine lebenslange,<br />

eine immer wichtiger werdende Beziehung<br />

zur Konzertgeigerin Olga Rudge.<br />

Mit ihr hatte er die gemeinsame Tochter<br />

Mary. Rudge war es auch, die Pound<br />

letztendlich zum Weiterleben trieb. Über<br />

Jahre hinweg lebten Pound, Shakespear<br />

und Rudge immer wieder ganz offiziell<br />

unter einem gemeinsamen Dach. Tochter<br />

Mary, geboren im Sommer 1925, wurde<br />

zu einer Pflegefamilie ins Tauferer<br />

Ahrntal gegeben, wuchs dort an einem<br />

Bauernhof auf. Die heute 97-jährige Mary<br />

de Rachewiltz war es auch, die Pounds<br />

berühmtestes Werk, die Cantos, ins Italienische<br />

übersetzte.<br />

„Meine Mutter ist nach wie vor sehr fit,<br />

auch geistig. Sie ist noch immer gut vernetzt,<br />

unterhält viele Freundschaften,<br />

vor allem über das Internet. Sie ist zwar<br />

schwerhörig, liest aber noch immer sehr<br />

viel. Dabei entdeckt sie Texte neu, die sie<br />

seinerzeit selbst geschrieben hat“, erklärt<br />

Siegfried de Rachewiltz. Um in den zweiten<br />

Stock der Brunnenburg zu gelangen,<br />

muss man über eine steile Wendeltreppe<br />

hinaufsteigen. Da kommen schon einige<br />

Stufen zusammen. Mary, Pounds Tochter,<br />

schafft auch das noch.<br />

Mary sitzt am Balkon, ein Zimmer von<br />

uns entfernt. Sie genießt die warme Sonne,<br />

die Aussicht runter nach Meran, ins<br />

Burggrafenamt. Natürlich schreibt sie mir<br />

auch ein paar Worte in ihr Buch, die Diskretionen,<br />

mit roter Tinte. „Rot war die<br />

Lieblingsfarbe Pounds, er hat immer mit<br />

Rot geschrieben.“<br />

Die Sprache ist ein Schatz<br />

„Wenn du die Namen der Dinge vergisst,<br />

dann geht das Wesen dieser Dinge verloren.<br />

Die Sprache ist ein Schatz. Wir sprechen,<br />

also sind wir.“ Siegfried de Rachewiltz<br />

erinnert sich nicht nur an Pound, der<br />

Ethnologe und Kulturhistoriker hat auf der<br />

Brunnenburg auch ein beeindruckendes<br />

Museum aufgebaut. Unzählige alte landwirtschaftliche<br />

Geräte sind hier ausgestellt,<br />

aus den unterschiedlichsten Talschaften<br />

Südtirols. Eine Art Arche Noah<br />

für all diese alten, nicht mehr gebrauchten<br />

Arbeitsgeräte. „Die alten Stadel wurden<br />

abgerissen, dafür entstanden Pensionen,<br />

Hotels. Der Tourismus brachte viele Menschen<br />

in die Gegend, dafür wurden Betten<br />

gebraucht. All die alten Häuser meiner<br />

Kindheit gibt es schon lange nicht mehr,<br />

hier im Dorf Tirol.“<br />

Doch nochmals zurück zu Ezra Pound. Seit<br />

einiger Zeit schon bearbeitet Siegfried<br />

die Korrespondenz von Pound mit seiner<br />

Tochter Mary. Ein mühsames, gleichsam<br />

spannendes, interessantes Unterfangen.<br />

Eine Familiengeschichte der ganz besonderen<br />

Art. Vier Generationen der Rachewiltz<br />

leben mittlerweile auf der Brunnenburg:<br />

Mary, Siegfried, seine beiden Söhne,<br />

deren Kinder. Pound ist natürlich ebenfalls<br />

anwesend – in Form seiner Bücher, seiner<br />

Briefwechsel, der bemerkenswerten<br />

Skulptur im Eingangsbereich, der beiden<br />

Pound-Räume mit vielen persönlichen<br />

Gegenständen. Außerdem befindet sich<br />

hier das „Ezra Pound Literaturzentrum“,<br />

immer wieder von Menschen aus der ganzen<br />

Welt besucht. Sollten auch Sie mal auf<br />

der Brunnenburg vorbeischauen wollen,<br />

vorab die Adresse: Dorf Tirol, Ezra-Pound-<br />

Straße 3.


62 tirol.kulturell<br />

tirol.kulturell<br />

63<br />

Empfehlungen für<br />

den Bücherherbst<br />

Hodder and Stoughton, 2020<br />

10,80 Euro<br />

Rita Hayworth<br />

and Shawshank<br />

Redemption<br />

(dt. Fassung: Die Verurteilten)<br />

Stephen King<br />

Als Andy Dufresne Ende der 1940er ins Shawshank-<br />

Gefängnis gebracht wird, zeichnet sich schnell ab,<br />

dass sein weiteres Leben wohl eher unlustig wird. Ob<br />

schuldig oder nicht, wird nicht hinterfragt, physische<br />

und psychische Tortur stehen an der Tagesordnung.<br />

Dass Andy seinen Weg in Shawshank findet, liegt<br />

auch an seiner Freundschaft zur erzählenden Figur<br />

„Red“ und seinem Finanztalent.<br />

Der Storyteller: Geschichten<br />

aus dem Leben und der Musik<br />

Dave Grohl<br />

Die Bands Dain Bramage und Scream werden wohl den wenigsten bekannt sein. Vielleicht<br />

aber Them Crooked Vultures oder Queens of the Stone Age? Nirvana und Foo<br />

Fighters wohl sicherlich. Alle haben eines gemeinsam: Dave Grohl spielte in all diesen<br />

Bands.<br />

Dave erzählt wahnsinnig gerne Geschichten. Vor allem darüber, wie die Musik sein<br />

Leben beeinflusst und sein Leben Einfluss auf seine Musik nimmt. Der Verlust von<br />

Mitmenschen, die Liebe zu seiner Mutter und seinen Töchtern sowie überraschende<br />

Bekanntschaften sind ständig präsent und formen den Menschen, aber auch den<br />

Musiker Dave Grohl.<br />

Er nimmt uns mit auf die einzigartige Reise seines einzigartigen Lebens. Den roten<br />

Faden sucht man in seiner Biografie vergebens – den sucht er in seinem Leben vermutlich<br />

selbst schon lange nicht mehr. Man muss selbst kein Freund des Rocks sein,<br />

um seine Geschichten voller wahnwitziger Absurditäten und ergreifender Momente<br />

aufzusaugen.<br />

EMPFOHLEN VON<br />

MAG. MICHAEL<br />

MAURER, MA<br />

Michael Maurer ist in der GemNova<br />

Akademie als Deutschtrainer tätig und<br />

für Weiterbildungen und Qualitätsentwicklung<br />

verantwortlich.<br />

Kontakt: m.maurer@gemnova.at<br />

Anders als in Stephen Kings bekannten Horrorgeschichten<br />

präsentiert sich diese spannende Novelle<br />

weniger erschaudernd, trotzdem bietet sie durchgehend<br />

Spannung. Eine Achterbahn aus Hoffnung, Isolation,<br />

Rache und Vertrauen begleitet Andy Dufresne<br />

in seiner jahrzehntelangen Haft, dessen Geschichte<br />

eines der eindrucksvollsten Enden der Literaturhistorie<br />

nimmt.<br />

Ullstein, 2021<br />

22,99 Euro


64 tirol.kulturell tirol.kulturell<br />

65<br />

Der Report<br />

der Magd<br />

Margaret Atwood<br />

In Margaret Atwoods Dystopie steht eine junge Frau<br />

im Mittelpunkt, die in der nahen Zukunft Wege sucht,<br />

um aus ihrem Alptraum zu entkommen. Inmitten der<br />

Vereinigten Staaten ist die theokratische Diktatur<br />

Gilead entstanden, die es sich zur Aufgabe gemacht<br />

hat, Frauen zur Fortpflanzung zu halten, um so den<br />

Fortbestand der Menschheit zu garantieren. Die dort<br />

herrschenden Männer und ihre Ehefrauen sind aufgrund<br />

nicht näher beschriebener Geschehnisse dazu<br />

nicht mehr selbst imstande. Unsere Protagonistin<br />

wird im Laufe des Romans immer mehr zur Heldin,<br />

die gegen ein totalitäres Regime und all seine<br />

Ungerechtigkeit ankämpft.<br />

Margaret Atwoods Roman ist wohl eines der wichtigsten<br />

Werke der Gegenwartsliteratur. Die erschreckend<br />

realistische Geschichte geht unter die Haut und<br />

zeigt aufgrund ihrer Aktualität, wie wichtig heute<br />

gelebter Feminismus ist.<br />

PIPER, 2020<br />

12,00 Euro<br />

Herrn Kukas<br />

Empfehlungen<br />

Radek Knapp<br />

Gott bewahre<br />

John Niven<br />

PIPER, 2001<br />

11,00 Euro<br />

Waldemar ist verwirrt. Hat er doch den Rat seines Nachbarn<br />

Herrn Kukas befolgt und ist von seiner Heimat Polen nach Wien<br />

übersiedelt. Doch dort ist alles anders, als ihm Herrn Kuka<br />

erzählt hatte. Waldemar muss sich nun mit dem Aufeinandertreffen<br />

zweier unterschiedlicher Kulturen arrangieren, um in<br />

seinem neuen Leben im Westen einigermaßen über die Runden<br />

zu kommen. Waldemar erlebt im Westen so einiges und tappt<br />

in so ziemlich jede Falle, die sich auftut – seine Mitbewohner,<br />

Vermieterin und Arbeitgeber tragen ihres dazu bei.<br />

Radek Knapp spielt in seinem Roman mit allerhand Klischees<br />

und Stereotypen. Mit viel hintergründigem Humor und Ironie<br />

werden Vorurteile sichtbar gemacht, die sich im Laufe von Waldemars<br />

Reifungsprozess aufzulösen scheinen. Knapp, der Ähnliches<br />

selbst erlebte, bringt uns in der Ich-Erzählung mit dem<br />

Eintauchen seines Protagonisten in eine neue, konträre Kultur<br />

auf liebevolle Art zum Schmunzeln.<br />

Heyne, 2011<br />

11,90 Euro<br />

Gott muss nach seinem Urlaub erkennen, dass die Welt den Bach hinunter geht. Die<br />

Menschheit hat es einfach verbockt. Er ergreift die wohl letzte Chance zur Rettung,<br />

indem er seinen Sohn zurück auf die Erde schickt. JC – der gitarrenspielende, rauchende,<br />

offenherzige Sprössling – soll nun seine wichtigste Botschaft „Seid lieb!“ verbreiten. Ein<br />

schwieriges Unterfangen, da die Menschheit nicht wirklich bereit zu sein scheint. Um<br />

sie dennoch zu erreichen und seine Message zu vermitteln, bleibt JC nur noch eines<br />

übrig: die Teilnahme an einer Musik-Castingshow.<br />

Gott bewahre (engl. The Second Coming) ist John Nivens satirische Abrechnung mit<br />

Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Kapitalismus und religiösem Fanatismus. In seiner<br />

bekannt derben Sprache führt uns Niven knallhart die Probleme unserer Gesellschaft<br />

vor Augen, trifft dabei trotz alledem unsere humanistischen Herzen: Seid lieb!


Innovative Hygiene.<br />

tirol.denkt weiter<br />

67<br />

VERNETZTE DESINFEKTION & HYGIENE<br />

Schon Gehört?<br />

im Waschraum<br />

fürs Gebäude<br />

„Wir alle sind Gemeinde – Der Kommunalpodcast“ versteht sich als Fundgrube an kommunalen Informationen und als<br />

Wissensvermittlung in Richtung Gemeinden. In diesem politisch unabhängigen Podcast beschäftigt sich Gastgeber Alois<br />

Rathgeb gemeinsam mit seinen Gästen mit den großen und kleinen Herausforderungen der Gemeinden. Zwei dieser Herausforderungen,<br />

vor allem mit Blick auf aktuelle geopolitische Entwicklungen, sind die Mobilitäts- und die Energiewende.<br />

In diesen zwei Episoden hören Sie, wie Experten die Lage einschätzen und welche Lösungen schon heute zur Verfügung<br />

stehen.<br />

Digitale Spenderdaten<br />

bringen 25 % weniger<br />

Serviceaufwand<br />

und 30 % mehr<br />

Kundenzufriedenheit.<br />

Sorgenfrei-sauberes<br />

Geschirr, 24/7/365<br />

mit einer App.<br />

Reinigungslösungen sowie<br />

VAH-gelistete Desinfektionsmittel<br />

exakt dosieren und<br />

Ressourcen dank digitaler<br />

Auswertbarkeit punktgenau<br />

einsetzen.<br />

Mit einer Dosieranlage<br />

bis zu vier Waschmaschinen<br />

versorgen.<br />

Kommunale E-Mobilität mit Gerhard Dummeldinger<br />

E-Mobilität und Carsharing sind ein fixer Bestandteil der<br />

Mobilitätswende und moderne Gemeinden sind starke<br />

Treiber dieser Entwicklung. Alois Rathgeb und Gerhard<br />

Dummeldinger (Bereichsleiter floMOBIL, Stadtwerke<br />

Wörgl) sprechen darüber, wie ein E-Carsharing-Konzept<br />

funktioniert, wie dieses in einer Gemeinde umgesetzt<br />

werden kann und welche Vorteile es für Gemeinden und<br />

Nutzer*innen bringen kann.<br />

Qr-COde zur episOde:<br />

Erneuerbare Energiegemeinschaften (EEG) mit<br />

Lukas Giner & Thomas Vogel<br />

Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespaket (EAG-Paket)<br />

wurde am 07.07.2021 im österreichischen Nationalrat<br />

mit dem Ziel beschlossen, die Stromversorgung des<br />

Landes bis 2030 auf 100 Prozent Strom (bilanziell)<br />

aus erneuerbaren Energieträgern umzustellen und bis<br />

2040 die Klimaneutralität zu erreichen. Nicht zuletzt<br />

aufgrund aktueller Entwicklungen am Energiemarkt<br />

sind deshalb EEG‘s eine Möglichkeit zur Energieautarkie<br />

im kommunalen Umfeld. Im Podcast erklären Thomas<br />

Vogel und Lukas Giner die gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />

und zeigen, welche Möglichkeiten es zur<br />

Gründung einer EEG gibt.<br />

in der Küche<br />

für die Wäsche<br />

DIGITALISIERUNG SCHAFFT<br />

EFFIZIENZ UND NACHHALTIGKEIT<br />

Qr-COde zur episOde:<br />

Thomas Vogel (Energie Tirol) und Lukas Giner (IKB) sprechen<br />

mit Alois Rathgeb darüber, was bei der Gründung einer<br />

Erneuerbaren Energiegemeinschaft zu beachten ist.<br />

(© GemNova)<br />

www.hagleitner.com


68 tirol.denkt weiter tirol.denkt weiter<br />

69<br />

die TirOler Gemeinden<br />

bekOmmen Unterstützung im<br />

bereich Kreislaufwirtschaft<br />

noamal Stakeholder-Workshop<br />

(© Klickfisch)<br />

Die Produkte, die wir besitzen, bereiten<br />

uns viel Freude. Leider hinterlassen sie<br />

aber einen großen Fußabdruck in unserer<br />

Umwelt. Durch Wiederverwendung<br />

und Weiterverwendung können wir an<br />

unseren Dingen länger Freude haben<br />

und anderen eine Freude machen.<br />

Re-Use, also die Wiederverwendung, wird<br />

als eine zentrale Säule der Wirtschaft von<br />

morgen angesehen. Dabei steckt viel mehr<br />

hinter dem Begriff, als man<br />

vielleicht denkt. Um dieser<br />

nachhaltigen Zukunft den<br />

Weg zu bereiten, hat sich<br />

die ATM (Abfallwirtschaft<br />

Tirol Mitte) mit den Projektpartnern<br />

IKB und Stadt<br />

Innsbruck zusammengetan<br />

und das Netzwerk „noamol“<br />

gegründet. Dabei wird eng<br />

mit Partnern aus der Sozialwirtschaft<br />

gearbeitet und<br />

das Land Tirol fördert das<br />

Unterfangen. Mit dem Netzwerk<br />

„noamol“ steht den<br />

Gemeinden eine Anlaufstelle<br />

für Reparatur, Wiederverwendung<br />

und Upcycling zur Seite.<br />

Beratungen, Projekte und<br />

Vernetzungsaktivitäten können<br />

über „noamol“ professionell<br />

abgewickelt werden. Ziel<br />

ist es, die Kreislaufwirtschaft<br />

in Tirol, unter Einbindung von<br />

regionalen sozialen Initiativen,<br />

zu fördern. So bleibt in<br />

der Wirtschaft von morgen<br />

niemand zurück.<br />

Oft werden die Endverbraucher<br />

und auch die Gemeinden<br />

in der Kreislaufwirtschaft<br />

nicht mitgedacht.<br />

„Noamol“ findet Lösungen,<br />

um sowohl betriebliche als auch kommunale<br />

Agenden umzusetzen. Hierbei spielt die Vernetzung<br />

zwischen Akteuren und Akteurinnen<br />

und die Ermöglichung von lokalen Aktionen<br />

eine wichtige Rolle. Schlussendlich werden<br />

Arbeitsplätze geschaffen und so die regionale<br />

Wertschöpfung gesteigert, während<br />

der Ressourcenverbrauch in den Regionen<br />

verringert wird.<br />

Willst du geben oder nehmen?<br />

Die kostenfreie Plattform für Akteure und<br />

Akteurinnen im Themenfeld Kreislaufwirtschaft<br />

bietet die Möglichkeit, Initiativen zu<br />

bewerben und Events wie Repair Cafés<br />

und Umweltfeste online zu veröffentlichen.<br />

Zusätzlich bietet sich die Plattform zur Vernetzung<br />

an. Ziel ist es, für die Bevölkerung<br />

ein Informationsportal zu errichten, das alle<br />

wichtigen Informationen zum Themenfeld<br />

beinhaltet.<br />

Alle, die sich für eine Entwicklung in Richtung<br />

Kreislaufwirtschaft interessieren, haben die<br />

Möglichkeit, die Plattform als Informationsportal<br />

zu nutzen. Nach dem Motto „Willst du<br />

geben oder willst du nehmen?“ können die<br />

gesuchten Akteure und Akteurinnen von allen<br />

gefunden werden.<br />

Ein Sammelsystem für Re-Use:<br />

Pilotphase<br />

In den ersten Gemeinden Tirols wird mit<br />

Herbst <strong>2022</strong> die Tiroler Re-Use Box (noamol-Box)<br />

eingeführt. An den Gemeinderecyclinghöfen<br />

gibt es die Möglichkeit die Kartons<br />

mitzunehmen. Diese können dann zuhause<br />

oder direkt vor Ort mit Gegenständen, die in<br />

gutem Zustand sind, gefüllt und an den Recyclinghöfen<br />

wieder zurückgegeben werden.<br />

In Kooperation mit unseren Sozialpartnern<br />

WAMS, Lebenshilfe Tirol und Ho & Ruck werden<br />

die Sachspenden zur Wiederverwendung<br />

vorbereitet und in den Partnerfilialen in Tirol<br />

zu leistbaren Preisen zum Verkauf angeboten.<br />

Das System soll die Sammlung von<br />

funktionstüchtigen Gegenständen, die ihren<br />

Nutzen im Haushalt verloren haben, ermöglichen.<br />

Gesammelt wird Hausrat jeder Art<br />

wie Dekorationsgegenstände, Geschirr oder<br />

auch Werkzeug. Es sind aber auch Freizeitgegenstände<br />

wie Sportartikel, Bücher oder<br />

Spielzeug gern gesehen. Ab Herbst 2023<br />

sollen alle Gemeinden in Tirol die Möglichkeit<br />

haben, über noamol eine Re-Use Box<br />

einzuführen.<br />

Spaß an Nachhaltigkeit<br />

Nachhaltigkeit kann Spaß machen. Die Kreislaufwirtschaft<br />

bietet viele kreative und soziale<br />

Ansätze, die in der Umsetzung die Gemeinschaft<br />

stärken und gerne angenommen<br />

werden. Events wie Repair Cafés und Kleidertauschmärkte<br />

haben sich in Tirol schon<br />

lange etabliert. Gemeinsam mit Partnern<br />

aus dem Bereich können Gemeinden das<br />

Bewusstsein für einen nachhaltigen Umgang<br />

mit Ressourcen stärken.<br />

ZUM AUTOR<br />

MAG. LUKAS BODNER<br />

Beauftragt von der ATM, der IKB und<br />

der Stadt Innsbruck ist Lukas Bodner<br />

der Leiter des Re-Use Netzwerkes<br />

„noamol“ und Ansprechpartner für<br />

alle Belangen zum Thema Kreislaufwirtschaft.


70 tirol.wissen tirol.wissen 71<br />

Wasser hat<br />

viele Gesichter<br />

im Defereggental<br />

Kaum jemand macht sich Gedanken über das Wasser, wenn er oder sie den Wasserhahn<br />

aufdreht. Wir verwenden es zum Trinken, Waschen, Verdünnen oder zum<br />

Bewässern. Dabei ist Wasser die Grundlage des Lebens. Es ist ein Lebensmittel,<br />

eines, das mit am strengsten kontrolliert wird. Und dennoch ist Wasser nicht<br />

gleich Wasser.<br />

VON JAN SCHÄFER<br />

Im Deferegger Heilwasserhaus sind u. a. Aufnahmen<br />

der unterschiedlichen Gesteinsschichten auf dem<br />

Weg zum Ursprung der Quelle zu sehen<br />

(© Deferegger Heilwasserhaus)<br />

Ein wahres Wasserparadies ist das Defereggental<br />

in Osttirol. Von überall fließt<br />

Wasser – tosend, sprudelnd oder sanft<br />

gluckernd von den höchsten Gipfeln in<br />

die vielen Seitentäler, um sich schließlich<br />

in der das Defereggental durchfließenden<br />

Schwarzach zu vereinen. Mal schmeckt es<br />

leicht bitter, mal süßlich oder mineralisch.<br />

Hinzu kommen zahlreiche unterirdische<br />

Quellen. Eine ganz ungewöhnliche, vielleicht<br />

die einzige ihrer Art weltweit, liegt<br />

in St. Jakob. Sie befindet sich in gut 1.850<br />

m Tiefe und ist ein wahrer Schatz. Die<br />

Quelle stammt noch aus den Zeiten des<br />

Urmeeres und ist rund eine Million Jahre<br />

alt. Entdeckt wurde sie 2004 im Rahmen<br />

einer Geothermie-Bohrung.<br />

Heilende Kräfte des Urmeeres<br />

Das komplett abgeschirmte Wasser überraschte<br />

durch seinen hohen Gehalt an<br />

unterschiedlichen Mineralstoffen und<br />

einem Salzgehalt, der höher ist als bei<br />

Meerwasser. Zudem weist es in der Tiefe<br />

eine Temperatur von ca. 65 Grad auf.<br />

Lediglich rund 500 Liter können pro Tag<br />

gefördert werden. Aufgrund der geringen<br />

Schüttung und der einzigartigen Zusammensetzung<br />

ist die Quelle besonders<br />

kostbar. Die vielseitige heilende Wirkung<br />

des Deferegger Heilwassers wurde durch<br />

die jahrelange Anwendung in der Ordination<br />

von Dr. Widemair nachgewiesen.<br />

2011 wurde die Quelle vom Land Tirol und<br />

dem Bezirk Lienz offiziell als „Jodhaltige<br />

Natrium-Chlorid-Sole-Therme“ anerkannt.<br />

Beide betreiben gemeinsam mit den drei<br />

Deferegger Gemeinden St. Jakob, St. Veit<br />

und Hopfgarten sowie etlichen regionalen<br />

Firmen das Unternehmen „Deferegger<br />

Heilwasser“. Das Wasser ist absolut<br />

keimfrei, antibakteriell, antiviral<br />

und wirksam gegen Pilze.<br />

Durch seine heilende Wirkung<br />

kann es bei Hautirritationen<br />

und -erkrankungen oder bei<br />

entzündlichen Erkrankungen<br />

der Gelenke helfen. Auch bei<br />

der Heilung von Entzündungen<br />

der Nasennebenhöhlen und<br />

Bronchien kann es unterstützen.<br />

Im Bereich der Naturkosmetik,<br />

z. B. in pflegenden Hautcremes,<br />

findet das Heilwasser<br />

ebenso Anwendung.<br />

Aus der Quelle direkt in die Flasche<br />

Nur knapp 15 km von St. Jakob entfernt<br />

befindet sich bei Hopfgarten eine weitere<br />

Quelle, deren Wasser von anderer Güte, aber<br />

ebenso besonderer Qualität ist. Es zeichnet<br />

sich im Gegensatz zum Heilwasser durch<br />

niedrige Mineralisierung, aber einzigartige<br />

Reinheit aus. Das Wasser entspringt der<br />

Romisquelle am Fuße des geologischen Mittelpunkts<br />

Osttirols, dem Firstkogel. Schon in<br />

den 1970er-Jahren wurde das Wasser zur<br />

Herstellung von Getränken genutzt. Doch so<br />

richtig Fahrt nahm die Abfüllung des Quellwassers<br />

erst nach einer Klausurtagung<br />

Für Braumeister Bastian Stolz macht die Reinheit<br />

des Wassers der Romisquelle das Geigenseer Bier<br />

unverwechselbar. (© Andreas Wimmer)<br />

von drei Osttiroler Unternehmern auf. 2013<br />

beschlossen sie, die veraltete Abfüllanlage<br />

neu zu errichten. Den drei Osttirolern war<br />

die ausgezeichnete Qualität des Quellwassers<br />

und die ursprüngliche Natur rund um<br />

den Abfüllstandort natürlich bewusst. Daher<br />

sollten Werte wie Nachhaltigkeit, Heimat<br />

und Ressourcenschonung die geplanten<br />

Getränkemarken zusätzlich unterstreichen.<br />

„Das Besondere an der Romisquelle ist,<br />

dass es eigentlich drei Quellen sind: Romis<br />

I, II und III. Außerdem fließt es von selbst<br />

– artesisch – mit vier Litern pro Sekunde<br />

das ganze Jahr über aus dem Berg und hat<br />

dabei nur 6,9 Grad. Daher kommen wir ohne<br />

technische Hilfe wie Pumpen aus. Das Wasser<br />

wird also direkt aus dem Berg in die<br />

Flaschen abgefüllt und erwärmt sich dabei<br />

nur leicht auf gerade mal 7,5 Grad“, erklärt<br />

Michael Gamper, einer der drei Geschäftsführer<br />

der »Getränkewelt«, die auch Eigentümerin<br />

der Quellen ist.<br />

Aus der Romisquelle, die eigentlich aus drei Quellen<br />

besteht, fließt das Wasser für Erfrischungsgetränke,<br />

Mineralwasser und Bier. (© Andreas Wimmer)<br />

Frei von Mikroplastik<br />

Das Quellwasser wird streng kontrolliert,<br />

jedes Jahr wird die hervorragende Qualität<br />

aufs Neue bestätigt. Das Wasser besticht<br />

durch seine Reinheit und ist frei von jeglichem<br />

Mikroplastik. Das sind beste Voraussetzungen,<br />

um als »Romisquelle Quellwasser«<br />

oder als »Rothirsch Limonaden«<br />

abgefüllt zu werden. Aufgrund der Qualität<br />

entschloss man sich 2021 auch ein eigenes<br />

Osttiroler Bier zu brauen – das Geigenseer,<br />

benannt nach dem Geigensee im Einzugsgebiet<br />

der Romisquelle. Wie man das Wasser<br />

aus dem Defereggental auch verwenden<br />

mag, ob äußerlich zur Heilung oder innerlich<br />

zur Erfrischung, zwischen Hochgall und<br />

Regenstein befindet sich ein kostbarer<br />

Schatz, den es zu schützen und schätzen<br />

gilt.


72 tirol.wissen<br />

tirol.wissen<br />

EIN FROSCH<br />

Die Wassermelone besteht zu<br />

97 % aus Wasser und ist somit<br />

die Frucht mit dem höchsten<br />

Wasseranteil.<br />

73<br />

ERFORSCHT<br />

Wassererbe Tirol<br />

ZUR AUTORIN<br />

DIPL.-SOZ.PÄD.<br />

KATHRIN MALINA<br />

Kathrin Malina hat 2016 als<br />

Sprachtrainerin bei der GemNova<br />

begonnen. Seit 2019 ist sie im<br />

GemNova Bildungspool für die Koordination<br />

der Schulassistent*innen und<br />

Freizeitpädagog*innen im Tiroler Unterland<br />

zuständig.<br />

Kontakt: k.malina@gemnova.at<br />

DAS WASSER<br />

Professor Quakimus ist ein Frosch ohne Teich – und die<br />

Hauptfigur der Geschichten und Experimente im „Abenteuer<br />

Express – Unser Wasserschatz“, eine Materialsammlung für<br />

die schulische Nachmittagsbetreuung. Gemeinsam mit ihm<br />

begeben sich im neuen Schuljahr die Schüler*innen auf eine<br />

spannende Reise zur Erforschung des Wassers.<br />

Um die von der Lebensraum Tirol Holding<br />

in Auftrag gegebene Materialsammlung<br />

mit Leben zu füllen, war eine Gruppe von<br />

Freizeitpädagog*innen der GemNova auch<br />

in den Ferien kreativ: Es wurde gebastelt,<br />

gemalt, ausprobiert und so entstanden viele<br />

Materialien für die Gestaltung der Nachmittagsbetreuung.<br />

Im Mittelpunkt des Projekts<br />

steht das Wasser in all seinen Erscheinungsformen,<br />

seinen Eigenschaften und Vorkommen.<br />

Es geht um Wasser in der Natur,<br />

Wasser als Kulturgut und wichtige Basis für<br />

unsere Gesundheit und schließlich auch um<br />

unseren Wasserverbrauch. Denn wir dürfen<br />

nicht vergessen: Ohne diese Ressource ist<br />

kein Leben möglich und doch vergessen wir<br />

manchmal, wie kostbar sie ist. Mit diesem<br />

Abenteuer Express soll das Bewusstsein<br />

der Kinder und Jugendlichen für den Wert<br />

des Wasserschatzes, vor allem hier in Tirol,<br />

gestärkt werden! Wasser kann man sehen,<br />

fühlen, riechen, schmecken und hören – mit<br />

130 Liter täglicher<br />

Wasserverbrauch in<br />

Österreich pro Person<br />

allen Sinnen sollen die Schüler*innen die<br />

Einzigartigkeit des Wassers erleben und so<br />

zu einem nachhaltigen Umgang motiviert<br />

werden.<br />

In der Materialsammlung finden sich dazu<br />

spielerische Übungen und Aufgaben ebenso<br />

wie spannende Experimente, Rezepte zum<br />

Nachkreieren und für die Kleineren Mal- und<br />

Bastelvorlagen. Auch die Feldforschung darf<br />

nicht zu kurz kommen, weshalb auch einige<br />

Exkursionspläne in der Sammlung zu finden<br />

sind. Viele der Materialien und Vorlagen<br />

stehen über QR-Codes online und jederzeit<br />

zum Download zur Verfügung.<br />

Bevor es aber an die konkrete Umsetzung<br />

der Aufgaben in den Schulen geht, werden<br />

die Pädagog*innen in einem Vorbereitungskurs<br />

zum Thema Trinkwasser sensibilisiert<br />

und zur Verwendung der Materialien<br />

geschult.<br />

Besonders in diesem Sommer<br />

<strong>2022</strong> war es auffällig, wie oft in<br />

den Medien die Rede war von großen<br />

Dürren, von ausgetrockneten<br />

Bachbetten und Flussläufen sowie<br />

sinkenden Grundwasserspiegeln.<br />

Wer im Süden, etwa in Italien oder<br />

Kroatien, den Urlaub verbracht hat,<br />

konnte diese Phänomene mit eigenen<br />

Augen sehen. Der Po in Italien<br />

führte stellenweise kein Wasser<br />

mehr, ein Riesenschaden für Italiens<br />

Landwirtschaft, man geht von<br />

rund 3 Milliarden € aus. Die Folgen<br />

der Wasserknappheit ziehen<br />

weite Kreise und die Knappheit<br />

selbst hat vielfältige Ursachen,<br />

unter anderem die Klimakrise und<br />

der steigende Wasserverbrauch.<br />

Auch hierzulande dürfen wir uns<br />

bei der Nase nehmen ob unseres<br />

steigenden Verbrauchs. Tirol hat<br />

aber derweil noch nicht mit Wasserknappheit<br />

zu kämpfen, zählt<br />

unser Bundesland mit seinen über<br />

10.000 Quellen und Brunnen doch<br />

zu einem der Wasserschlösser<br />

Europas. Damit das auch so bleibt,<br />

arbeitet die Lebensraum Tirol Holding,<br />

zusammen mit dem Land<br />

Tirol, der GemNova und vielen<br />

Partnern, unter dem Programmtitel<br />

„Wassererbe Tirol“ an zahlreichen<br />

Initiativen zur Aufklärung<br />

und Bewusstseinsbildung. Für die<br />

Jüngsten unter uns wurde der<br />

„Abenteuer Express – Unser Wasserschatz“<br />

gestaltet. Man kann<br />

nicht früh genug lernen, mit unserem<br />

wertvollen Trinkwasser einen<br />

bewussten Umgang zu finden.


Das erste Aquädukt<br />

Roms hieß Aqua<br />

Appia, es wurde 312 v.<br />

Chr. gebaut.<br />

92 SEITEN SPIEL,<br />

SPASS UND LERNEN<br />

Chr. gebaut.<br />

92 SEITEN SPIEL,<br />

Zum Beispiel mit Malvorlagen, passend zu den einzelnen<br />

Themen. Hier kann Quakimus auf seinem Weg ins Weltall<br />

ausgemalt werden. Er geht dort der Frage nach, woher<br />

das ganze Wasser auf der Erde denn überhaupt kommt.<br />

Vielleicht von Kometen?<br />

GemNova.inside<br />

75<br />

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76 tirol.sportlich und gesund tirol.sportlich und gesund<br />

77<br />

Der Nabel der Bergwelt<br />

Woran denken Sie, wenn von St. Anton am Arlberg die Rede ist? An den „Weißen Rausch“ und Hannes Schneider? An die<br />

vermeintliche Wiege des Skifahrens? An die entbehrlichen Auswüchse des Skitourismus? Oder – sofern Sie alpinistisch<br />

interessiert sind – vielleicht doch an das Filmfest St. Anton? Lesen Sie einfach weiter.<br />

VON REINHOLD OBLAK<br />

„Kurt Diemberger war schon 1999 bei uns.<br />

Sein Film über den Peuterey-Grat, insbesondere<br />

auch über den K2, war großartig.<br />

Noch früher war Lothar Brandler bei uns,<br />

dann auch Gerhard Baur. Großartige Kletterer,<br />

Alpinisten und Pioniere des Bergfilms.<br />

Diese Leute haben den Bergfilm nach dem<br />

Krieg wieder zum Leben erweckt.“ Wenn<br />

sich Manfred Pascher an die Anfänge des<br />

Filmfests St. Anton zurückerinnert, kommt<br />

er fast ins Schwärmen.<br />

Angefangen hat das Ganze in den frühen<br />

90er-Jahren des vorigen Jahrhunderts. Die<br />

Idee zum Bergfilmfestival kam von Stefan<br />

König, der ja selbst als Autor, Filmemacher<br />

und Bergexperte tätig ist. Ge- meinsam<br />

mit dem damaligen Tourismusdirektor<br />

Heinrich Wagner<br />

hob er schließlich<br />

Freeriden im Angesicht des Patteriols.<br />

Wer spektakuläre Aufnahmen sehen will,<br />

sollte das Filmfest St. Anton besuchen.<br />

(© Daniel Bear)<br />

1995 das Filmfest St. Anton aus der Taufe<br />

und leitete es satte 18 Jahre lang. Im Ort gab<br />

es ein kleines Kino, dort wurden anfangs vor<br />

allem die alten Fernsehfilme von Luis Trenker<br />

oder Arnold Fanck gezeigt. 180 Leute<br />

hatten damals im Vallugasaal Platz, doch<br />

nachdem das Filmfest eine ganze Woche<br />

lang dauerte, blieben viele Plätze oftmals<br />

leer.<br />

Schnee von gestern<br />

Manfred Pascher kommt aus Innsbruck und<br />

hat die Begeisterung für Filme im Blut. Vor<br />

mittlerweile 25 Jahren, also 1997, heuerte er<br />

beim Filmfest St. Anton an. Seit 10 Jahren<br />

zeichnet er für das Programm verantwortlich,<br />

folgte auch Stefan König als Kopf des<br />

Festivals nach. Gut, so ganz reibungslos<br />

funktionierte<br />

damals der Übergang nicht, wie sich einige<br />

in St. Anton noch erinnern. König hätte<br />

einfach gerne seine Tochter Kathrin als<br />

Nachfolgerin gesehen, als junges, frisches<br />

Gesicht, als Zeichen einer neuen Generation<br />

des Filmfestivals. Doch das ist<br />

Schnee von gestern, mittlerweile<br />

ist wohl genügend Gras über die<br />

seinerzeitigen Unstimmigkeiten gewachsen.<br />

Sagt zumindest Manfred<br />

Pascher.<br />

Die eigentliche Zäsur erfolgte erst später,<br />

nämlich in den Jahren um 2000. Damals<br />

begann das digitale Zeitalter für den Film.<br />

In dieser Zeit haben insbesondere Freerider<br />

und Kletterer begonnen, eigene Filme<br />

zu drehen. Durch die Digitalisierung war<br />

das um Welten günstiger, auch technisch<br />

einfacher. Damit ist ein kleiner Stein mit<br />

unglaublich großer Wirkung ins Rollen gekommen.<br />

Bei den Freeridern war es in<br />

Tirol Harry Putz, der hier filmische Pionierarbeit<br />

leistete, bei den Kletterern Johannes<br />

Mair. Die Devise dieser Pioniere: Learning<br />

by Doing, irgendwie wird es schon gehen.<br />

Und diese neuen Filme, diese ungewohnten<br />

Perspektiven kamen beim bergbegeisterten<br />

Publikum außerordentlich gut an.<br />

Neue Zeiten, neue Filme<br />

„Im frühesten Kletterfilm der neuen Generation,<br />

an den ich mich erinnere, klettert<br />

Kilian Fischhuber aus einer Höhle heraus.<br />

Und viele aus der Tiroler Kletter-Community<br />

kamen zur Premiere nach St. Anton.<br />

Klar, der Darsteller war eben einer von ihnen<br />

und einige waren auch bei den Filmarbeiten<br />

dabei“, erinnert sich Pascher.<br />

Die alten, klassischen Bergsteigerfilme<br />

konnten da nicht mehr mithalten, wurden<br />

vielfach auch belächelt. Neue Zeiten waren<br />

angebrochen, neue Filme, auch eine<br />

neue Sprache. Wohl nicht anders, als auch<br />

in unserer Zeit. Turnen doch die meisten<br />

Kletterbegeisterten heute in Hallen herum,<br />

genießen die vielen Plaisirrouten. An wilden,<br />

ursprünglichen Wänden, an vielen ausgesetzten<br />

Graten gibt es zwar nach wie<br />

vor das große Abenteuer, dieses wird aber<br />

mittlerweile von recht wenigen gesucht.<br />

St. Anton gehört nicht zu den großen<br />

Festivals wie Trient, das weltweit älteste<br />

Bergfilmfestival, oder Banff in<br />

Kanada. Denn was in der kanadischen<br />

Kleinstadt Banff, in Sichtweite zu den<br />

Cascade Mountains, an herausragenden<br />

Berg- und Abenteuerfilmen gezeigt wird,<br />

ist wirklich großes, ganz großes Kino.<br />

Allerdings traten und treten auch in St.<br />

Anton die ganz großen Alpinistinnen,<br />

die ganz bekannten Alpinisten auf.<br />

Heinrich Harrer etwa, einer der Erstbesteiger<br />

der Eiger Nordwand mit<br />

fragwürdiger Vergangenheit. Oder der<br />

„verrückte“ amerikanische Bergsteiger,<br />

Base-Jumper und Highliner Dean Potter,<br />

zu seiner Zeit die Ikone aller Abenteuer-Sportler,<br />

der seine extrem hohe<br />

Risikobereitschaft 2015 im Yosemite<br />

mit dem Leben bezahlte. Die Französin<br />

Catherine Destivelle, der unter anderem<br />

die Solo-Winterbesteigung der drei<br />

bekanntesten Nordwände der Alpen<br />

(Eiger, Grandes Jorasses, Matterhorn)<br />

gelang. Vor zwei Jahren erhielt sie übrigens<br />

als erste Frau überhaupt den Piolet<br />

d’Or, den goldenen Eispickel, für ihr<br />

Lebenswerk. Und, um noch ein paar andere<br />

St. Anton-Filmfestler zu nennen:<br />

Peter Habeler, Wolfi Nairz, Oswald Ölz,<br />

Heinz Zak, Gerlinde Kaltenbrunner, Tamara<br />

Lunger, Angy Eiter, Hansjörg Auer,<br />

Barbara Zangerl oder Anna Stöhr.<br />

Eine vielsagende Geschichte<br />

Zu Heinrich Harrer gibt es übrigens<br />

eine vielsagende Geschichte. 1998 trat<br />

der damals 86-Jährige in St. Anton auf.<br />

In geschliffener Rede hielt er einen<br />

kurzen Vortrag, vielleicht fünf Minuten<br />

lang, danach folgte die Hollywood-Verfilmung<br />

seines Buches „Sieben Jahre in<br />

Tibet“. Ein Bühnengespräch wollte er<br />

nicht führen, Interviews lehnte er ab,<br />

unmittelbar nach dem Film vertschüsste<br />

er sich mit von ihm eingeladenen<br />

Freunden, wie dem etwa gleich alten<br />

Seefelder Skiweltmeister Toni Seelos,<br />

in ein Hotel zum Feiern. Am nächsten<br />

Morgen war er dann auch schon wieder<br />

ohne großen Abschied weg.<br />

2003 übersiedelte das Filmfestival in eine<br />

deutlich größere Location, ins Arlberg<br />

WellCom, welches knapp 700 Personen<br />

Platz bietet. Vier Tage lang werden zwanzig<br />

Kurzfilme gezeigt und prämiert. Rund<br />

400 Leute, hauptsächlich aus dem Raum<br />

von Bregenz bis Innsbruck, so Pascher,<br />

besuchen pro Abend die Veranstaltung.<br />

Wackelfreie Hubschrauberflüge<br />

Die technischen Möglichkeiten beim Filmen<br />

haben sich seit der Jahrtausendwende<br />

enorm weiterentwickelt. Wackelfreie<br />

Hubschrauberflüge gibt es seit rund<br />

zwanzig Jahren, in jüngerer Vergangenheit<br />

sind Helmkameras und Drohnen dazugekommen,<br />

die Kameras wurden kleiner,<br />

preisgünstiger, leistungsfähiger. All das<br />

ermöglicht faszinierende Aufnahmen, die<br />

früher nicht möglich, für kleinere Produktionen<br />

nicht bezahlbar waren. Klar, heute<br />

gibt es vor allem auch durch das Internet<br />

einen Markt, den es zu Zeiten Diembergers<br />

oder Baurs nicht gegeben hat. Der<br />

legendäre Elbsandstein-Kletterer Lothar<br />

Brandler etwa bewegte sich mit seinen<br />

Filmen oft auf dünnem Eis. Gewaltige Aufnahmen,<br />

doch finanziell sehr oft am Rande<br />

des finanziellen Absturzes.<br />

Nachdem die klassischen Vorträge, Workshops<br />

oder Diskussionen beim Publikum<br />

nicht immer gut angekommen sind, hat<br />

sich St. Anton ausschließlich auf Filme<br />

konzentriert. Klettern und Freeriden, das<br />

sind die beiden großen Bereiche. Wobei<br />

Filme über das Freeriden in den vergangenen<br />

Jahren deutlich zugenommen haben.<br />

Ach ja, Manfred Pascher übergibt dieses<br />

Jahr die Leitung des Filmfestivals in jüngere<br />

Hände, an den Innsbrucker Alex Ölberg.<br />

Der prompte, augenzwinkernde Kommentar<br />

des begnadeten Sportkletterers Kilian<br />

Fischhuber dazu: „Endlich wieder jemand<br />

beim Filmfest in St. Anton, der etwas vom<br />

Klettern versteht.“


78 tirol.bildet<br />

tirol.bildet<br />

Vom EINzelnen Gedanken zu<br />

GEMeinsam Ferien<br />

Wie der Verein GEMeinsam Ferien die Tiroler Gemeinden bei der Organisation und Durchführung einer<br />

pädagogisch wertvollen Ferienbetreuung unterstützen kann, erfahren Sie in diesem Artikel.<br />

Für immer mehr Familien, in denen beide Elternteile berufstätig sind, ist es eine enorme Herausforderung in den Ferien und schulfreien<br />

Zeiten eine Kinderbetreuung zu organisieren. Kein Wunder, sind es doch über das Schuljahr verteilt 14 Wochen, in denen<br />

die Eltern den Beruf und die schulfreien Zeiten der Kinder unter einen Hut bringen müssen. Die Gemeinde hat im Sinne der Familienfreundlichkeit<br />

sowie im Sinne der Chancengerechtigkeit von Kindern dafür Sorge zu tragen, dass adäquate Angebote im Ort<br />

zur Verfügung stehen. Der Verein GEMeinsam Ferien unterstützt bei der Organisation des Betreuungsangebots. Innsbruck (mit<br />

dem Angebot einer integrativen Ferienbetreuung), Kufstein sowie unter anderem Mutters, Radfeld oder Serfaus haben bereits<br />

von der Zusammenarbeit profitiert. Die Gemeinden konnten dabei die gesamte Organisation der Ferienbetreuung an GEMeinsam<br />

Ferien übertragen oder nur einzelne Leistungsmodule buchen. Wie die Module aufgebaut sind und wie der Organisationsprozess<br />

aussieht, erfahren Sie hier.<br />

Bedarfserhebung<br />

Die Gemeinde entschließt sich ein Betreuungsangebot<br />

zu schaffen. Der Verein GEMeinsam Ferien wird mit<br />

der Organisation beauftragt. Im ersten Schritt wird der<br />

individuelle Bedarf in der Gemeinde erhoben und speziell<br />

folgende Fragen geklärt:<br />

• Für welche schulfreien Zeiten soll eine Betreuung<br />

organisiert werden (Herbst-, Weihnachts-, Semester-,<br />

Oster- oder Sommerferien, schulautonome Tage)?<br />

• Ganztägige oder halbtägige Betreuung?<br />

• Wann soll die Betreuung jeweils starten?<br />

• Gibt es Kinder mit besonderen Bedürfnissen, die<br />

zusätzlich Stützkräfte benötigen?<br />

Auswahl des Formats<br />

Auf Basis der Bedarfserhebung kann zwischen zwei Formaten<br />

gewählt werden, wobei auch eine Mischform möglich<br />

ist.<br />

Spiel-mit-mir-Wochen: Die Betreuung findet in der Gemeinde<br />

statt, unter Nutzung der vorhandenen Infrastruktur<br />

(Räumlichkeiten Schule/Kindergarten, Mehrzweckgebäude,<br />

Pausenhof, Sportplatz, Park etc.).<br />

Ferienexpress: Die Betreuung findet in und außerhalb der<br />

Gemeinde statt. Das Programm ist umfangreich gestaltet<br />

– täglich werden Ausflüge gemacht oder Veranstaltungen<br />

besucht (Wanderungen, Exkursionen zu Fachbetrieben,<br />

Besuche bei Sportvereinen, Schnupperkurse, kulturelle<br />

Events etc.).<br />

Diese Module stehen zur Auswahl:<br />

Fördermanagement<br />

GEMeinsam Ferien unterstützt die Gemeinde<br />

dabei, sämtliche Förderpotenziale bestmöglich zu<br />

nutzen – von der Antragstellung bis zur Endabrechnung<br />

stehen stehen die Expertinnen und Experten<br />

von GEMeinsam Ferien jederzeit beratend zur<br />

Seite.<br />

Personalmanagement<br />

Pädagogisches Konzept<br />

Auf Basis der Bedarfserhebung (Anzahl der Kinder, benötigte Anzahl an Wochen<br />

der Betreuung etc.) wird die Personalplanung vorgenommen. GEMeinsam<br />

Ferien übernimmt dabei den gesamten Rekrutierungsprozess – die Stellenausschreibung,<br />

Vorstellungsgespräche, die Prüfung aller fachlichen Voraussetzungen<br />

der Betreuer*innen, die Anstellung und darüber hinaus die Vertretungsorganisation<br />

bei Ausfällen. Ebenso übernimmt der Verein die Einschulung bzw.<br />

„<br />

Fortbildung der Betreuer*innen bzgl. der Rechte und Pflichten in der Ferienbetreuung<br />

und er ist Ansprechpartner bei allen administrativen und rechtlichen<br />

Fragestellungen zum Dienstverhältnis während der gesamten Ferienbetreuung.<br />

„Die Ferienbetreuung hat heuer, wie auch in den Jahren zuvor, super<br />

funktioniert, und zwar von Anfang an – seien es beratende Gespräche<br />

zur Förderung, die Erstellung des pädagogischen Konzepts oder die<br />

Übermittlung der Informationsschreiben an die Eltern. Vor allem als<br />

Neuling in dieser Materie war es mir wichtig, dass meine Fragen<br />

und Anliegen immer schnell und unkompliziert beantwortet wurden.<br />

David Triendl, Gemeinde Mutters<br />

Stimmen der Kinder:<br />

„Es war total toll, neue<br />

Kinder kennen zu lernen und<br />

Freunde zu finden. Das Programm<br />

war super und hat<br />

richtig viel Spaß gemacht!“<br />

Nach genauer Begutachtung der örtlichen Gegebenheiten und in enger Absprache mit der<br />

Gemeinde wird ein altersgerechtes, pädagogisch durchdachtes und an die Gemeinde angepasstes<br />

Konzept erstellt. Darin sind unter anderem die Programmpunkte festgelegt, der<br />

genaue Ablauf der Betreuung, Rahmenbedingungen wie nutzbare Räumlichkeiten und Ansprechpartner*innen,<br />

ein Kinderschutzkonzept oder Qualitätssicherungsmaßnahmen für die<br />

Betreuer*innen.<br />

„Die Betreuerinnen<br />

sind super nett. Ich<br />

komme gerne wieder<br />

zum Ferienexpress.“<br />

„Wir haben viele neue<br />

Sachen gemacht. Besonders<br />

das Kuchenbacken<br />

hat mir richtig<br />

gut gefallen.“<br />

Organisation und Administration<br />

Dieser Punkt zieht sich durch alle Module und reicht<br />

von der Bewerbung des Angebots über die Abwicklung<br />

des Anmeldevorgangs und die Organisation der<br />

Verpflegung bis hin zur Kommunikation mit den Eltern<br />

(Informationstransfer zum Ablauf, Sammlung spezifischer<br />

Infos wie Allergien etc.) und mit allen weiteren<br />

wichtigen Instanzen (Tagesheimleitung, Direktor*in<br />

etc.) – damit die Ferienbetreuung während der gesamten<br />

Zeit reibungslos verläuft.<br />

Auf geht’s,<br />

lasst uns GEMeinsam<br />

die nächsten Ferien planen!<br />

ZUR AUTORIN<br />

MAG. SANDRA WIMMER<br />

Sandra Wimmer ist seit 2016 Teil des<br />

GemNova-Teams. Seit <strong>2022</strong> koordiniert<br />

sie im Verein GEMeinsam Ferien die<br />

Organisation und Durchführung der<br />

(Ganzjahres-)Ferienbetreuung in den<br />

Gemeinden.<br />

Kontakt:<br />

ferienbetreuung@gemnova.at<br />

79


80 tirol.bildet<br />

Chancengerechtigkeit<br />

als<br />

Chance für ALLe<br />

Der Weg hin zu Bildungschancen führt über den KINDER-<br />

SCHUTZ und die GEWALTPRÄVENTION – was Kinder und Familien<br />

brauchen und wie wir sie als Gemeinde in ihrem Lebensumfeld<br />

unterstützen können.<br />

Das Kindeswohl steht im Rahmen von<br />

Kinderbetreuungsangeboten an oberster<br />

Stelle und muss daher von Erhaltern von<br />

Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen,<br />

Ferienangeboten, Jugendzentren,<br />

Vereinen, die mit Kindern und Jugendlichen<br />

arbeiten (Sportverein, Musikkapelle<br />

etc.), umfassend sichergestellt und laufend<br />

evaluiert werden. Die rechtliche Grundlage<br />

dafür liefert das seit 2011 verankerte Bundesverfassungsgesetz<br />

über die Rechte von<br />

Kindern (BVGKR, BGBI. I 2011/4). Dieses<br />

besagt unter anderem, dass Kinder vor<br />

jeglicher Form von Vernachlässigung und<br />

Missbrauch sowie von körperlicher, seelischer<br />

oder sexualisierter Gewalt geschützt<br />

werden müssen. Die gesetzliche Verankerung<br />

des Kindeswohls in Österreich bietet<br />

zwar die Grundlage für eine gelingende<br />

Praxis, ermöglicht aber noch keinen durchgängigen<br />

und lückenlosen Schutz, weil es<br />

an Wissen, Bewusstsein und Handlungsstrategien<br />

noch fehlt.<br />

Jede Gemeinde hat in ihrer Rolle als Drehscheibe<br />

aller Bildungs- und Sozialeinrichtungen<br />

sowie Vereine die Möglichkeit,<br />

basierend auf den gesetzlichen Vorgaben<br />

ein übergeordnetes Schutzkonzept als<br />

konkreten Handlungsleitfaden zur Gewaltprävention<br />

zu entwickeln. Praxistaugliche<br />

Instrumente für die Kinder- und Jugendarbeit<br />

wie dieses sind beispielsweise in<br />

Deutschland im Rahmen von Förderanträgen<br />

bereits verpflichtend vorzulegen.<br />

Der vorliegende Beitrag soll als letzter der<br />

dreiteiligen Reihe zur Chancengerechtigkeit<br />

von Kindern, zunächst wieder auf<br />

Basis der tirolweiten Bürger*innen-Befragung<br />

von 2020, die aktuelle Ausgangslage<br />

veranschaulichen und im zweiten Schritt<br />

eine Fülle an einfach umsetzbaren Handlungsmöglichkeiten<br />

für Gemeinden aufzeigen,<br />

die dazu führen, dass Kinder und<br />

Jugendliche geschützt aufwachsen und<br />

sich auf ihrem Bildungsweg wie in ihrem<br />

Familienumfeld positiv unterstützt fühlen<br />

können.<br />

Die Vielschichtigkeit an Herausforderungen<br />

erkennen<br />

Gewalt hat unterschiedliche Gesichter und<br />

schließt daher viele Formen von Fehlverhalten<br />

in offenkundiger oder subtiler Ausprägung<br />

ein. Die meisten Fälle sind strafrechtlich<br />

nicht relevant und basieren auf<br />

grenzverletzenden Verhaltensweisen, die<br />

aus Unbewusstheit der handelnden Menschen<br />

in Alltagssituationen geschehen. Ein<br />

Bewusstsein dafür seitens der Gemeinde<br />

als Drehscheibe aller Einrichtungen, die<br />

mit Kindern und Jugendlichen arbeiten,<br />

stellt eine wesentliche Grundlage dar, um<br />

kommunale Angebote der Gewaltprävention<br />

zu installieren. Dabei kann unterschieden<br />

werden zwischen Ansätzen, die<br />

Gewalt grundsätzlich vermeiden bzw. im<br />

Rahmen eines Notfalls weitere Eskalation<br />

verhindern oder nach einer Gewalttat die<br />

Aufarbeitung im Fokus haben.<br />

Die hier berücksichtigten Ergebnisse der<br />

Befragung zeigen aus Sicht der Bürger*innen<br />

den Handlungsbedarf in Bezug auf<br />

notwendige Infrastruktur, Aktionspläne<br />

und allen voran Bewusstseinsbildung auf.<br />

Was fehlt aus Sicht von Bürger*innen<br />

bzw. Familien aktuell im Bereich Bildung,<br />

Begleitung und Betreuung von Kindern<br />

und Jugendlichen?<br />

STRUKTURQUaLITäT<br />

Offene Jugendarbeit, Sozialarbeit<br />

an Schulen/Kindergärten,<br />

Krisenwohnungen<br />

PrOzessqualität<br />

Beteiligungsformen für<br />

Kinder/Jugendliche<br />

Orientierungs -<br />

qualität<br />

Sensibilisierung für Entscheidungsträger*innen,<br />

Kinder/Familien,<br />

Aktionspläne<br />

Im Strategieprozess „Zukunft Gemeinden<br />

– Agenda 2030“ haben Praktiker*innen aus<br />

allen Regionen Tirols die vorhandenen Lücken<br />

im Bereich der Gewaltprävention, die es innerhalb<br />

der Kommunalstrukturen zu schließen<br />

gilt, noch präzisiert: Die Raumplanung sieht<br />

insbesondere im städtischen Raum nur sehr<br />

eingeschränkt Orte vor, wo sich Kinder und<br />

Jugendliche ohne Aufsicht frei bewegen können.<br />

Beengte räumliche Voraussetzungen<br />

in Einrichtungen fördern Stress und Druck<br />

auf Kinder und pädagogisches Personal und<br />

erlauben kein bedürfnisorientiertes Arbeiten.<br />

Betreuungskonzepte basieren mitunter noch<br />

auf Macht und übergriffigem Erziehungsverhalten,<br />

was auf die fehlende Sensibilisierung<br />

von Mitarbeiter*innen zurückzuführen ist.<br />

Alleinerziehende sind durch Erwerbsarbeit,<br />

Erziehung, Haushalt etc. häufig belastet und<br />

erhalten keine Unterstützung in der Gemeinde.<br />

Mit Ausnahme der Offenen Jugendarbeit<br />

fehlen in der Arbeit in Betreuungseinrichtungen<br />

und Vereinen konkrete Vorgaben zur<br />

Qualitätssicherung in Bezug auf Kinder- und<br />

Gewaltschutz, die bestenfalls an finanzielle<br />

Anreize gekoppelt werden.<br />

Ziel in der neuen Arbeitsperiode jedes<br />

Gemeinderats ist es, mutige Schritte zu<br />

gehen, damit die Tiroler Gemeinden in Bezug<br />

auf die Gewaltprävention zukunftsfit werden.<br />

Gewaltprävention braucht optimale Strukturen<br />

Tägliche Herausforderungen an Schulen können<br />

durch die durchgängige Anwesenheit von<br />

Sozialarbeiter*innen bewältigt werden. Der<br />

Planungsverband Zillertal hat mit so einem flächendeckenden<br />

Angebot sichere Orte für alle<br />

Beteiligten geschaffen. Bestenfalls berücksichtigt<br />

die Raumplanung jeder Gemeinde ausreichend<br />

Begegnungsräume wie Jugendzentren<br />

und Treffs für Mobile Jugendarbeit, wo sich<br />

Kinder und Jugendliche aller Altersgruppen<br />

treffen können.<br />

Im Sinne einer niederschwelligen Anlauf- und<br />

Beratungsstelle stehen optimalerweise in<br />

jeder Gemeinde vertrauliche Ansprechpersonen<br />

für Familien in herausfordernden Si -<br />

tuationen bzw. für betroffene Jugendliche zur<br />

Verfügung.<br />

Orientierungsqualität für eine gewaltfreie<br />

Kultur<br />

Nachhaltigkeit im Rahmen der Gewaltprävention<br />

gelingt in einer Gemeinde nur dann, wenn<br />

in regelmäßigen Abständen Maßnahmen zur<br />

Bewusstseinsbildung wie Infomaterial auf der<br />

Website, Vorträge, Workshops für berufliche<br />

und ehrenamtliche Mitarbeiter*innen in der<br />

Betreuung von Kindern und Jugendlichen, für<br />

Erziehungsberechtigte sowie für Kinder selbst<br />

gesetzt werden und so von der gesamten<br />

Gemeinde mitgetragen werden. Auch die sozialpädagogische<br />

Arbeit an Schulen für Schüler*innen,<br />

Lehrpersonen und Familien stellt<br />

einen Grundpfeiler der Gewaltprävention dar.<br />

Prozessqualität vermindert das Gewaltrisiko<br />

Im Sinne des Demokratieverständnisses werden<br />

bei der Raumplanung Jugendliche selbst<br />

beteiligt. Dadurch übernehmen sie auch Verantwortung<br />

für die Nutzung der ihnen zur<br />

Verfügung gestellten Aufenthaltsorte (z. B.<br />

Skatepark), was im Sinne der Gewaltprävention<br />

förderlich ist. Gelingende Praxisbeispiele<br />

dafür gibt es bereits in Landeck oder Kufstein.<br />

Vernetzung von Wissen braucht inner- und<br />

interkommunale Zusammenarbeit<br />

Für eine effiziente Zusammenarbeit unter<br />

kleineren Gemeinden empfiehlt sich ein<br />

„Headquarter“ für schulische Sozialarbeiter*innen<br />

bzw. Sozialpädagog*innen, die in<br />

der Region vormittags bedarfsgerecht eingesetzt<br />

werden können und nachmittags auch in<br />

der Offenen Jugendarbeit zum Einsatz kommen.<br />

Dies führt zum effizienten Einsatz von<br />

Personalressourcen in der gesamten Region.<br />

Auch der enge Austausch zwischen Jugendbeirat<br />

und Vereinen bzw. Schulen ermöglicht<br />

die gemeinsame Durchführung von Gewaltschutzprojekten.<br />

Die GemNova verfügt über die fachliche<br />

Expertise zweier über die POJAT Tirol zertifizierten<br />

Kolleginnen im Bereich Kinderschutz<br />

und Gewaltprävention und kann daher bei der<br />

Prozessbegleitung, bei der Entwicklung von<br />

Schutzkonzepten für Vereine, Betreuungs- und<br />

Freizeiteinrichtungen in Gemeinden Unterstützung<br />

und Beratung leisten.<br />

Aus der Praxis<br />

Eine gelingende Prozessbegleitung<br />

konnte für den „Verein 2gether“ in<br />

Breitenwang gestartet werden, der<br />

unter Beteiligung aller Mitarbeiter*innen,<br />

Kinder und Erziehungsberechtigten<br />

für die Kinderkrippe, den<br />

Kindergarten und Kinderhort ein<br />

umfassendes Schutzkonzept entwickelt.<br />

Der Vereinsvorstand erkennt<br />

in diesem Prozess eine Chance auf<br />

Sensibilisierung aller Beteiligten für<br />

das Thema Gewalt und Gewaltschutz<br />

in jeglicher Form. Der längere<br />

Begleitprozess könne zur Veränderung<br />

der eigenen Haltung führen, die<br />

durch die eigene Erziehung bereits in<br />

der Kindheit geprägt und meist nie<br />

hinterfragt worden wäre. Für einen<br />

Erhalter von Kinderbildungs- und<br />

Betreuungseinrichtungen sei es aus<br />

Sicht der Geschäftsführung jedenfalls<br />

notwendig, auf diesem Wege Gewalt<br />

nicht zu verharmlosen oder zu übersehen,<br />

die gesetzlich verankerten Kinderrechte<br />

nicht zu vernachlässigen<br />

und letztendlich auch eine Vorbildfunktion<br />

für Erziehungsberechtigte<br />

und Familien zu übernehmen.<br />

ZUR AUTORIN<br />

MAG. NINA<br />

REDLICH-ZIMMERMANN,<br />

MA ECED<br />

Nina Redlich-Zimmermann koordiniert bei<br />

der GemNova den Bereich Kinderbildung<br />

und -betreuung und steht für Fragen rund<br />

um den Kinderschutz zur Verfügung.<br />

Kontakt:<br />

n.redlich@gemnova.at


tirol.bildet<br />

83<br />

Mit einem speziellen<br />

Fokus auf die<br />

kommunalen Bedürfnisse<br />

bietet erlebnis.film<br />

leistbare Videoproduktionen<br />

für die<br />

Tiroler Gemeinden.<br />

Mehr Raum für Entfaltung<br />

Der GemNova Bildungsfalter wurde bereits 2018 als Fort- und Weiterbildungsangebot<br />

für elementarpädagogische Einrichtungen in Tirol ins Leben gerufen<br />

und präsentiert sich nun im neuen Kleid. Hier wird altbewährte Kompetenz mit<br />

neuen Möglichkeiten verknüpft.<br />

ZUR AUTORIN<br />

ANDREA<br />

WEBHOFER-FRANK, MED<br />

Andrea Webhofer-Frank ist Elementarpädagogin<br />

und arbeitet im Bereich der Aus-,<br />

Fort- und Weiterbildung für elementarpädagogisches<br />

Personal. Bei der GemNova ist<br />

sie Ansprechperson für den Bildungsfalter<br />

und steht sowohl den Erhaltern als auch<br />

interessierten Kolleg*innen für Fragen zur<br />

Verfügung.<br />

Unsere Kolleg*innen in den Tiroler<br />

KINDERGÄRTEN und KINDER-<br />

KRIPPEN leisten hervorragende<br />

Arbeit, bekommen allerdings<br />

nicht immer die Aufmerksamkeit,<br />

die sie verdienen. Wir vom<br />

GemNova Bildungsfalter rücken die<br />

Anliegen unserer Kolleg*innen in den<br />

Fokus und bieten individuelle Prozessbegleitung<br />

und Supervision ebenso wie<br />

tirolweite Online-Vernetzung an.<br />

Mit unserem Angebot der Teamentwicklung<br />

und Professionalisierung wollen wir<br />

Teams bei Veränderungsprozessen begleiten,<br />

sie bei vielfältigen Fragestellungen<br />

beraten oder bei Herausforderungen unterstützen<br />

– weil gemeinsam vieles leichter<br />

gelingt und eine Veränderung von mehreren<br />

Köpfen gedacht werden sollte. Wir<br />

sind dabei thematisch breit aufgestellt und<br />

bieten unsere Expertise und unsere Erfahrung<br />

im gesamten Bereich der Elementarpädagogik<br />

an.<br />

Ganz neu in der Richtlinie Sprachförderung<br />

gemäß der Vereinbarung nach Art.<br />

15a B-VG über die Elementarpädagogik des<br />

Landes Tirol ist die Supervision zu finden.<br />

Die Supervision bietet den Teams die Möglichkeit,<br />

sich auch mal um das „WIR“, also<br />

Mehr über unsere Teamentwicklungsund<br />

Professionalisierungsprozesse<br />

sowie Vernetzungen erfahren<br />

das Miteinander im Team, zu kümmern.<br />

Durch den entsprechenden Förderantrag<br />

beim Land Tirol können die Kosten für diese<br />

Maßnahme im Idealfall zur Gänze gefördert<br />

werden.<br />

Zusätzlich zu unserer individuellen Prozessbegleitung<br />

für Teams oder auch Einzelpersonen<br />

bieten wir vielfältige Themenschwerpunkte<br />

jahresdurchgängig zur<br />

Online-Vernetzung mit Kolleg*innen aus<br />

ganz Tirol an. Hier haben sowohl Leitungen<br />

als auch pädagogische Fachkräfte, Assistenzkräfte<br />

und Stützkräfte die Möglichkeit,<br />

sich mit Kolleg*innen anderer Institutionen<br />

auszutauschen und ihre persönlichen Erfahrungen<br />

weiterzugeben. Dieses einzigartige<br />

Angebot kann ganz einfach über unsere<br />

Buchungsplattform gebucht werden. Auch<br />

Gemeinden oder private Erhalter haben die<br />

Möglichkeit, ein Veranstaltungskontingent<br />

für Mitarbeit*innen im elementarpädagogischen<br />

Bereich zu buchen und erhalten<br />

zusätzliche Vergünstigungen bereits ab der<br />

fünften Buchung. Außerdem können diese<br />

Stunden auch im Rahmen der gesetzlichen<br />

Verpflichtung zur Fort- und Weiterbildung<br />

angerechnet werden. Reinschauen lohnt<br />

sich deshalb auf alle Fälle.<br />

Kontakt:<br />

bildungsfalter@gemnova.at


84 tirol.bildet<br />

tirol.bildet<br />

85<br />

… und zur Preisverleihung<br />

ging’s nach Italien!<br />

VON KATHRIN MALINA<br />

Ein Projekt der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino<br />

wurde erfolgreich im Rahmen<br />

der Nachmittagsbetreuung der<br />

Volksschule Kufstein/Stadt umgesetzt<br />

und konnte den dritten Platz im Wettbewerb<br />

belegen.<br />

Es wird viel gebastelt in der Nachmittagsbetreuung<br />

an Tirols Schulen und täglich<br />

entstehen große und kleine Kunstwerke,<br />

die dann einen besonderen Platz in der<br />

Schule oder bei den Kindern zu Hause<br />

bekommen. Und manchmal passiert es<br />

sogar, dass die kreative Arbeit zusätzlich<br />

noch mit einem Preis belohnt wird. So<br />

geschehen an der Volksschule Kufstein/<br />

Stadt, wo gemeinsam mit dem Stadtkindergarten<br />

ein Projekt der Euregio gestaltet<br />

und beim Wettbewerb eingereicht<br />

wurde.<br />

Die Aufgabenstellung war es, ein<br />

Bewusstsein zu schaffen für die grenzüberschreitende<br />

Zusammenarbeit der<br />

drei Landesteile Tirol, Südtirol und Trentino<br />

und deren gemeinsame kulturelle<br />

Verbindung darzustellen. Es wurde also<br />

fleißig geklebt, gemalt und geschrieben.<br />

So entstand schließlich unter Anleitung<br />

unserer GemNova-Kollegin Michaela Mayr<br />

eine tolle Collage, auf der alle Ideen der<br />

Kinder Platz fanden.<br />

53 Schulen aus der Euregio nahmen am<br />

Wettbewerb teil und von insgesamt neun<br />

Gewinnerklassen und -schulen wurden<br />

drei Tiroler Schulen ausgezeichnet –<br />

die Volksschule Kufstein/Stadt, die Mittelschule<br />

Sillian sowie die Mittelschule<br />

Matrei am Brenner.<br />

„Es hat so viel Spaß gemacht, mit den<br />

Schüler*innen am Nachmittag zu werken“,<br />

freut sich Michaela Mayr, „und wir<br />

alle sind natürlich sehr stolz, dass wir<br />

nach Trient fahren durften, um dort den<br />

Preis entgegenzunehmen.“<br />

Und das Beste: Mit dem Gewinnerscheck<br />

in Höhe von 500 Euro wird die Volks schule<br />

Kufstein/Stadt eine ganz besondere schulische<br />

Aktivität für die Kinder veranstalten.<br />

Raum zum Wohlfühlen<br />

Ideal als langfristige oder temporäre Raumlösung<br />

(z.B. Kindergärten und Schulen)<br />

Optimale Wärmedämmung<br />

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86<br />

tirol.bunt und vielfältig<br />

tirol.bunt und vielfältig<br />

87<br />

„Müssen wir wirklich so<br />

viel über mich reden?<br />

Ein Interview mit Esther Fritsch ist nicht ganz einfach. Sie überlebte als Jüdin den Holocaust<br />

in Polen, ist damit wichtige Zeitzeugin. Knapp 30 Jahre war sie Präsidentin der Israelitischen<br />

Kultusgemeinde für Tirol und Vorarlberg, gab der kleinen jüdischen Gemeinde ihr Selbstbewusstsein<br />

zurück. Sie war leidenschaftliche Ärztin, möchte gleichzeitig nicht so viel über sich<br />

reden. Ein offenes Gespräch, das in zwei Tagen geführt wurde.<br />

VON REINHOLD OBLAK<br />

Sie sind 1938 geboren, haben den Holocaust<br />

in Polen überlebt.<br />

Meine Mutter, eine unglaublich mutige<br />

Frau, hat mich gerettet. Ihr Vater war<br />

Rabbiner, sie selbst hat aber ausgezeichnet<br />

Polnisch gesprochen, ohne jüdischen<br />

Akzent. Außerdem hat sie nicht jüdisch<br />

ausgesehen. Auch ich war blond, hatte<br />

blaue Augen. Vom Äußeren waren wir also<br />

auf der „arischen Seite“. Aber natürlich<br />

waren wir immer auf der Flucht, wurden<br />

ins Ghetto Radom gesteckt, rund 100 Kilometer<br />

südlich von Warschau. Wir standen<br />

dort schon auf der Deportationsliste, wurden<br />

mit viel Glück gerettet. Dann wieder<br />

Flucht, die vielen Verstecke, Verstecke,<br />

Verstecke.<br />

Sie als kleines Kind im Alter von vier,<br />

fünf, sechs Jahren.<br />

Eine Zeit lang hat uns eine arische polnische<br />

Baronin bei sich zu Hause versteckt.<br />

Ihre Schwiegertochter hatte einen<br />

Gestapo-Liebhaber, die hat uns dann verraten.<br />

Man wollte uns sofort erschießen<br />

– mit Bestechung haben meine Mutter<br />

und ich überlebt. Ich war unter dem Bett<br />

versteckt. Diesen Gestapo-Mann, seinen<br />

Ledermantel, seine Lederstiefel vergesse<br />

ich niemals. An so etwas erinnert sich<br />

wohl jede jüdische Überlebende.<br />

Ihr Vater ...<br />

... und seine gesamte Familie waren zu dieser<br />

Zeit schon tot. Sie wurden in Warschau<br />

entdeckt, deportiert, ermordet. Details weiß<br />

ich keine. Auch die Eltern meiner Mutter und<br />

drei ihrer Geschwister wurden ermordet.<br />

Dass ich überlebt habe, verdanke ich meiner<br />

Mutter. Gegen Ende des Krieges waren<br />

wir in Warschau, die Stadt wurde von den<br />

Deutschen bombardiert. Gemeinsam mit<br />

zwei anderen Jüdinnen wurden wir abermals<br />

von einer Polin versteckt. So haben<br />

wir auch die letzten Tage des Krieges, des<br />

Holocaust überlebt.<br />

Nach Kriegsende gingen Sie nach<br />

Deutschland.<br />

Meine Mutter war von Anfang an Zionistin,<br />

sie wollte immer im heutigen Israel leben.<br />

Mein Stiefvater hatte ein Affidavit für Amerika,<br />

wir hätten also dorthin auswandern<br />

können, aber für meine Mutter war das kein<br />

Thema. Sie wollte nur nach Israel. In Polen<br />

wollten wir nicht bleiben, weil die Kommunisten<br />

kamen. Also gingen wir für zwei Jahre<br />

nach Augsburg. Fremdsprachen lernte ich<br />

sehr schnell. In Augsburg hatte ich einen<br />

Privatlehrer für Hebräisch. Ich sprach schwäbischen<br />

Dialekt. Meine Mutter ermahnte<br />

mich mehrmals Deutsch zu sprechen, weil<br />

sie mein Schwäbisch nicht verstand.<br />

‚‚<br />

„Ich habe Esther Fritsch als<br />

eine liebenswürdige, geistvoll<br />

kämpfende Frau erlebt. Es<br />

war nicht zuletzt ihre Vision,<br />

die jüdische Gemeinde in<br />

Innsbruck wieder aufzubauen.<br />

Die Leidenschaft, mit der sie<br />

dieses Ziel verfolgte, erinnert<br />

mich dankbar an einige biblische<br />

Frauenfiguren.“<br />

- Bischof Hermann Glettler<br />

‚‚© Ingrid<br />

Kollmer<br />

„Frau Dr. Esther Frisch war eine<br />

beliebte und hochgeschätzte<br />

Präsidentin der Israelitischen<br />

Kultusgemeinde. Ich erinnere<br />

mich mit Freude an eine Veranstaltung<br />

in Innsbruck, wo es<br />

ihr gelang, kirchliche, jüdische<br />

und politische Kapazitäten in<br />

einer Vorstellung mit jüdischem<br />

Thema zusammenzubringen.<br />

Nonnen, Priester, Rabbiner<br />

und ‚normales‘ Theaterpublikum<br />

freuten sich gemeinsam.<br />

Großer Applaus – und wir auf<br />

der Bühne applaudierten dem<br />

Publikum!“<br />

© Diözese Innsbruck<br />

Esther Fritsch in der Synagoge. Sie überlebte<br />

als Jüdin den Holocaust in Polen,<br />

war fast dreißig Jahre Präsidentin der<br />

jüdischen Gemeinde. Eine starke, faszinierende<br />

Persönlichkeit. (© GemNova)<br />

Ein Gedenkstein in den Räumen der<br />

Kultusgemeinde: Sich zu erinnern<br />

heißt, nicht zu vergessen.<br />

(© GemNova)<br />

- Topsy Küppers,<br />

Autorin, Schauspielerin,<br />

Theaterleiterin


88 tirol.bunt und vielfältig<br />

tirol.bunt und vielfältig<br />

89<br />

‚‚© Privat<br />

„Ich kenne Esther Fritsch<br />

bereits seit den 80er Jahren.<br />

Erstmals getroffen haben wir<br />

uns beim Bau der Synagoge<br />

in Innsbruck. Sie ist eine<br />

Macherin, weiß, was sie will.<br />

Danach haben wir noch bei<br />

der Errichtung der Jüdischen<br />

Gedenkstätte in Seefeld<br />

zusammengearbeitet. Ich<br />

schätze ihr Engagement und<br />

ihr Wissen. Sie ist eine wirklich<br />

starke Persönlichkeit.“<br />

- Michael Prachensky,<br />

Architekt und Künstler<br />

‚‚<br />

„2007 lernte ich Esther Fritsch<br />

zum ersten Mal persönlich<br />

kennen, diese Begegnung ist<br />

mir in besonders schöner<br />

Erinnerung. Ich recherchierte<br />

damals gerade für mein<br />

Buch ‚Graubart Boulevard‘ und<br />

Esther Fritsch lud mich ein in<br />

die Räumlichkeiten der Kultusgemeinde<br />

in der Sillgasse. Wir<br />

unterhielten uns in entspannter<br />

Atmosphäre lange über<br />

die Familie Graubart – und<br />

für die vielen Hinweise und<br />

Ratschläge, die Esther Fritsch<br />

mir gab, bin ich ihr noch heute<br />

dankbar.“<br />

- Christoph W. Bauer,<br />

Schriftsteller<br />

© Fotowerk Aichnerr<br />

Unmittelbar vor dem Eingang zur Synagoge<br />

wird auf Esther Fritsch verwiesen.<br />

(© GemNova)<br />

Mit zehn Jahren, 1948, emigrierten Sie<br />

schließlich nach Israel. Haben Sie dort<br />

Ihre „Heimat“ gefunden?<br />

(Sehr emotional) Aber natürlich. Ich bin<br />

Israelin, in erster Linie bin ich Israelin.<br />

Israel war und ist das Land, in dem<br />

wir leben wollten. Ich habe dort meinen<br />

zweijährigen Militärdienst geleistet, mich<br />

engagiert, im Kibbuz gearbeitet, bin zu<br />

den hohen Feiertagen in die Synagoge<br />

gegangen. Nach der Matura wollte ich<br />

unbedingt Medizin studieren, erhielt aber<br />

keinen Studienplatz in Jerusalem. Stattdessen<br />

gab es die Möglichkeit, in London,<br />

Zürich oder Wien zu studieren.<br />

Warum dann ausgerechnet Wien?<br />

Weil in Wien schon zwei Kollegen aus Israel<br />

waren. Es gab dort eine kleine israelische<br />

Studentengemeinschaft, auch eine<br />

jüdische Gemeinde, dort hab ich mich<br />

dann gleich recht wohl gefühlt. Und ich<br />

konnte Medizin studieren. Wobei für mich<br />

eines ganz klar war: Nach dem Studium<br />

gehe ich wieder zurück nach Israel.<br />

Doch es kam alles ganz anders. Aus<br />

Jerusalem wurde Innsbruck.<br />

Beim Studium hab ich meinen jetzigen<br />

Mann Peter kennengelernt, einen Goj,<br />

also einen Nichtjuden. Deswegen bin ich<br />

in Wien hängen geblieben. Gemeinsam<br />

haben wir dann auch in den USA, an der<br />

Universität Yale studiert. Das war für mein<br />

Selbstbewusstsein sehr wichtig. Ende<br />

der siebziger Jahre bin ich dann meinem<br />

Mann nach Innsbruck gefolgt, der hier an<br />

die Uni-Klinik gerufen wurde. Für mich war<br />

das ein Kulturschock. Was sollte ich ausgerechnet<br />

in Tirol? Hier gab es nur eine<br />

sehr kleine jüdische Gemeinde, vielleicht<br />

70 Personen, die meisten schon recht<br />

betagt. In der Zollerstraße 1 gab es ein<br />

kleines, bescheidenes Zimmer, das war<br />

unser Betraum. Dort hab ich auch noch<br />

die alte Frau Schindler getroffen. Es war<br />

entwürdigend, eigentlich eine Zumutung.<br />

1987 wurden Sie zur Präsidentin der<br />

Israelitischen Kultusgemeinde gewählt.<br />

Noch immer ohne Synagoge.<br />

Ich wollte das ja überhaupt nicht. Ich<br />

hatte einen herausfordernden Job als<br />

Ärztin an der Klinik, zwei kleine Kinder,<br />

einen Mann, also genug zu tun. Aber<br />

ich erzähle Ihnen die Geschichte dazu.<br />

Schon einige Jahre vorher bin ich zu Jom<br />

Kippur in die Zollerstraße 1 gegangen,<br />

um das Kaddish, das Totengebet für<br />

meinen ermordeten Vater zu sprechen.<br />

Der damalige Präsident Ernst Beschinsky,<br />

über den es ja einiges zu erzählen<br />

gibt, war anwesend, ich bat ihn um ein<br />

Gebetbuch. Als er sah, dass ich die<br />

hebräischsprachigen Seiten aufschlug,<br />

machte er große Augen. Da wusste ich,<br />

ui, jetzt hab ich einen Fehler gemacht.<br />

Warum das?<br />

Weil er mich dann gleich für verschiedene<br />

Tätigkeiten in der jüdischen Gemeinde<br />

heranzog. Für den Religions- oder Hebräischunterricht<br />

zum Beispiel. Wenig später<br />

wurde ich zur Vizepräsidentin gewählt,<br />

nach dem Tod von Ernst Beschinsky zur<br />

Präsidentin. So bin ich da hineingeschlittert.<br />

Im Unterschied zu Bischof Paulus<br />

Rusch, dem antisemitische Töne fürwahr<br />

nicht fremd waren, war Reinhold<br />

Stecher ein großer Förderer, ein Brückenbauer<br />

hin zur jüdischen Religion.<br />

Als ich Bischof Stecher erstmals kennenlernte,<br />

war er sehr krank, war bei uns in<br />

der Klinik. Später hat er seine Fühler in<br />

unsere Richtung ausgestreckt, hat mich<br />

zu einem Gespräch eingeladen. Er wollte<br />

ganz bewusst eine Verbindung zwischen<br />

der jüdischen und christlichen Religion<br />

schaffen. Er war eine starke Persönlichkeit<br />

mit Weitblick, mit offenem Herzen.<br />

Es ist kein Zufall, dass ein Bild von ihm<br />

bei uns in der Kultusgemeinde hängt.<br />

Außerdem wurde er als erster deutschsprachiger<br />

Bischof von Oberrabbiner Lau<br />

in Israel empfangen und ausgezeichnet.<br />

Gut, da hatte auch ich ein wenig meine<br />

Hände im Spiel.<br />

Stecher hat ja auch den Bau der Synagoge<br />

maßgeblich unterstützt.<br />

Ja, er hat uns in vielerlei Hinsicht geholfen.<br />

Er war es auch, der dem unsäglichen<br />

Kult um Anderl von Rinn ein unmissverständliches<br />

Ende setzte. Doch zurück zur<br />

Synagoge. Die alte Synagoge stand in der<br />

Sillgasse, wurde aber in der Reichskristallnacht<br />

im <strong>November</strong> 1938 zerstört. Stattdessen<br />

gab es hier einen Parkplatz und<br />

einen Gedenkstein, der an die alte Synagoge<br />

erinnern sollte. Als der Architekt<br />

Prachensky den Auftrag erhielt, an dieser<br />

Stelle ein neues Haus zu bauen, rief er<br />

mich an und fragte, wo ich denn gerne<br />

den Gendenkstein hätte. Meine selbstbewusste<br />

Antwort:<br />

„Was heißt<br />

Gedenkstein, ich<br />

will hier eine neue<br />

Synagoge.“<br />

Diese Ihre Antwort ist ja mittlerweile<br />

legendär.<br />

Das weiß ich nicht. Vor allem auch dank<br />

Stecher gab es zu dieser Zeit ein offeneres<br />

Klima. Nach vielen Gesprächen<br />

unterstützten auch der damalige Landeshauptmann<br />

Partl und der damalige<br />

Bürgermeister Niescher den Bau einer<br />

Synagoge. Zur Grundsteinlegung 1991<br />

wurden dann jene Jüdinnen und Juden<br />

eingeladen, die während der NS-Zeit aus<br />

Tirol flüchten konnten. Aus Israel reisten<br />

30 Personen an. Sie alle unterzeichneten<br />

ein Dokument, welches in den Grundstein<br />

eingemauert wurde. Das war nicht nur für<br />

mich ein sehr bewegender Moment.<br />

Ein in Polen aufgenommenes Foto von<br />

Chana Weinberg-Winawer, der Mutter<br />

von Esther Fritsch. „Ohne meine Mutter<br />

hätte ich den Holocaust nicht überlebt.“<br />

(© Privat)<br />

© Privat<br />

‚‚<br />

„Esther Fritsch hat der jüdischen<br />

Gemeinde in Tirol und<br />

Vorarlberg ein Gesicht gegeben.<br />

Ihrer Energie und ihrem<br />

politischen Geschick ist zu<br />

verdanken, dass in Innsbruck<br />

– wieder – eine Synagoge<br />

steht. Sie hat erreicht, dass die<br />

Landespolitik das Judentum<br />

nicht bloß als eine Angelegenheit<br />

der Vergangenheit,<br />

sondern auch der Gegenwart<br />

und der Zukunft wahrnimmt,<br />

wahrnehmen muss. Als Ho -<br />

locaust-Überlebende, in Israel<br />

sozialisiert und in Österreich<br />

als Ärztin beruflich erfolgreich,<br />

repräsentiert sie jüdische Tradition<br />

– und jüdische Zukunft.“<br />

- Anton Pelinka,<br />

Politikwissenschafter


90 tirol.bunt und vielfältig<br />

tirol.bunt und vielfältig<br />

91<br />

‚‚© Privat<br />

„Ich kenne Esther Fritsch<br />

seit mehr als 30 Jahren. Viele<br />

Male sind wir gemeinsam an<br />

einem Tisch gesessen und<br />

haben über das Schicksal<br />

unserer jüdischen Gemeinden<br />

diskutiert. Mit ihrem Geschick<br />

gelang es ihr sehr oft, das<br />

umzusetzen, was sie sich<br />

vorgenommen hat. Davon<br />

konnten viele, auch ich, immer<br />

wieder profitieren. Doch nicht<br />

nur auf ‚geschäftlicher‘ Ebene,<br />

auch privat hatten wir immer<br />

wieder Kontakt. Ich wünsche<br />

ihr alles Gute, Gesundheit<br />

und für ‚ihre‘ Gemeinde einen<br />

wachsenden Fortbestand.“<br />

- Hanna Feingold,<br />

Präsidentin der Israelitischen<br />

Kultusgemeinde Salzburg<br />

Vor dem Ersten Weltkrieg gab es auch<br />

in Innsbruck ein recht dynamisches,<br />

jüdisches Leben. Das Kaufhaus Bauer<br />

& Schwarz, die Möbelfabrik Brüll, das<br />

Café Schindler, das Warenkredithaus<br />

der Turteltaubs, das Schuhgeschäft<br />

Pasch – um nur einige Unternehmen zu<br />

nennen. Alles vorbei, unwiederbringlich<br />

verloren?<br />

In dieser Form ja, so ein starkes jüdisches<br />

Leben wird es in Innsbruck wohl nicht<br />

mehr geben. Die meisten dieser Jüdinnen<br />

und Juden waren damals hier verwurzelt,<br />

sind hier aufgewachsen, haben<br />

hier gelebt. Wie auch in Wien – alle hatten<br />

ihre Wurzeln hier. Das ist heute natürlich<br />

ganz anders. Unsere jüdische Gemeinde<br />

wächst zwar wieder, wird auch jünger.<br />

Leute kommen hierher nach Tirol, fahren<br />

dann aber auch wieder weg. Außerdem<br />

gibt es heute, im Unterschied zu damals,<br />

den Staat Israel.<br />

„Wenn ihr wollt, bleibt es nicht ein<br />

Märchen.“ Ein Zitat von Theodor Herzl,<br />

welches für Esther Fritsch eine große<br />

Bedeutung hat.<br />

Sie haben beinahe 30 Jahre die jüdische<br />

Gemeinde stark geprägt. Wie<br />

sieht Ihre Bilanz aus?<br />

Wir haben wieder eine Synagoge, ein sehr<br />

schönes jüdisches Museum in Hohenems.<br />

Zum Gedenken an die Pogromnacht 1938<br />

gibt es die Menora am Landhausplatz in<br />

Innsbruck, außerdem die jüdische Gedenkstätte<br />

in Seefeld, den alten jüdischen<br />

Friedhof bei der Hungerburg in Innsbruck.<br />

Das sind kräftige Zeichen unseres<br />

Selbstbewusstseins, unserer Identität. Es<br />

ist wichtig, nicht versteckt am Rande zu<br />

leben, sondern ganz bewusst am öffentlichen<br />

Leben teilzunehmen. Darum freut<br />

es mich, dass unsere Veranstaltungen<br />

von den unterschiedlichsten Menschen<br />

besucht werden. Die jüdische Kultur hat<br />

in Österreich, natürlich vor allem in Wien,<br />

Herausragendes geleistet. Auch das sollte<br />

nicht vergessen werden.<br />

Eine letzte Frage, Frau Fritsch. Haben<br />

Sie eigentlich nie daran gedacht, eine<br />

Autobiographie zu schreiben?<br />

Nein, keine Sekunde lang. Ich will mein<br />

Privatleben für mich behalten. Und ja, ich<br />

habe als Jüdin den Holocaust überlebt.<br />

Aber Millionen wurden umgebracht.<br />

Zur Person<br />

Esther Fritsch<br />

Esther Fritsch wurde am 11. März 1938 in Danzig, Polen, geboren.<br />

Einen Tag später marschierte Hitlers Armee in Österreich ein<br />

und vollzog unter großem Jubel der Bevölkerung den Anschluss<br />

an das Deutsche Reich. Den Zweiten Weltkrieg, den Holocaust<br />

überlebte Fritsch als Jüdin in unterschiedlichen Verstecken in<br />

Polen, vor allem dank ihrer Mutter. 1948 emigrierte sie nach<br />

Israel. Medizinstudium in Wien, dann auch in Yale, USA. 1977<br />

Übersiedlung mit ihrem Mann nach Innsbruck. Fachärztin für<br />

Radiologie und Radioonkologie. Von 1987 bis 2016 Präsidentin der<br />

Israelitischen Kultusgemeinde für Tirol und Vorarlberg. Esther<br />

Fritsch ist verheiratet, hat zwei Töchter und lebt in Innsbruck<br />

und in Wien.<br />

„Kein Alter, kein Geschlecht,<br />

kein Stand, keine Nation ist von<br />

den Vorteilen ausgeschlossen,<br />

welche die Spar-Casse jedem<br />

Einlegenden anbietet.“<br />

Auszug aus der Gründungsurkunde der Sparkassen.<br />

Unsere Haltung seit 200 Jahren.<br />

#glaubandich<br />

Beck<br />

‚‚© Lukas<br />

„Ich war ein Jugendlicher, als Esther<br />

Fritsch oft Gast war bei meinen Eltern.<br />

Sie war schon damals eine starke Frau.<br />

Zudem war sie bereits zu einer Zeit eine<br />

selbstbewusste jüdische Stimme, da nicht<br />

wenige Funktionäre der Israelitischen<br />

Kultusgemeinde meinten, es sei besser in<br />

diesem Österreich nur leise aufzutreten<br />

und bloß hinter vorgehaltener Hand für die<br />

Anliegen der eigenen Leute einzutreten.<br />

Esther Fritsch hingegen verleugnete sich<br />

nie – nicht ihren Bezug zu Tirol, nicht den<br />

Bund des Judentums und schon gar nicht<br />

ihre Verbundenheit mit Israel.“<br />

- Doron Rabinovici,<br />

Schriftsteller, Historiker<br />

tirolersparkasse.at


92 tirol.bunt und vielfältig tirol.bunt und vielfältig<br />

93<br />

„Hillary<br />

ist das<br />

große<br />

Vorbild“<br />

Der Innsbrucker Wolfgang Nairz ist der<br />

Spiritus Rector der Nepalhilfe Tirol. Seit<br />

2003 unterstützt dieser Verein ausgewählte<br />

Projekte in Nepal. Im Bereich<br />

Gesundheit, Bildung, dem Schulwesen.<br />

Das große Vorbild dabei ist Edmund Hillary,<br />

der Erstbesteiger des Mount Everest.<br />

Was Nairz und Hillary sonst noch<br />

verbindet, lesen Sie hier.<br />

VON REINHOLD OBLAK<br />

Wer die Wohnung von Wolfgang Nairz in<br />

Innsbruck betritt, wird gleich mal erschlagen.<br />

Nein, nicht mit einem Eispickel wie seinerzeit<br />

Leo Trotzki in Mexiko, rein optisch<br />

natürlich. Es ist einfach die unglaubliche<br />

Vielzahl an Gegenständen aus dem Himalaya,<br />

aus Nepal, die das Auge überfordern.<br />

Fast könnte man meinen, in einem Museum<br />

zu sein. Gezählte 103-mal war Nairz<br />

bisher in Nepal, seiner zweiten Heimat.<br />

„1970 war ich das erste Mal drüben, auch<br />

um Erkundigungen für unsere Manaslu<br />

Expedition zwei Jahre später einzuholen“,<br />

erinnert er sich. Bei jener erreichte Reinhold<br />

Messner im Alleingang den Gipfel,<br />

seine beiden Freunde Franz Jäger und Andi<br />

Schlick kamen in einem Schneesturm ums<br />

Leben. Fünfzig Jahre ist das jetzt genau<br />

her. Tempi passati.<br />

1978 leitete Nairz dann jene Expedition<br />

zum Everest, bei der er selbst als einer der<br />

ersten Österreicher den Gipfel erreichte.<br />

Wenige Tage später gelang dann seinen<br />

Freunden Reinhold Messner und Peter<br />

Habeler die erste Besteigung des Everest<br />

ohne zusätzlichen Sauerstoff. „Beim<br />

Rückweg nach Kathmandu haben wir dann<br />

Edmund Hillary getroffen, den ich aber<br />

schon vorher kannte.“ Hillary war damals<br />

weltberühmt, nutzte seine Bekanntheit<br />

dafür, den Sherpas im Khumbu auf allen<br />

Ebenen zu helfen. So organisierte und<br />

finanzierte er den Bau des Krankenhauses<br />

in Kunde, ließ Schulen, Trinkwasserleitungen<br />

errichten. Damit war ein großer<br />

Stein ins Rollen gekommen.<br />

Nepalhilfe Tirol<br />

„Freunde von mir, natürlich auch ich selbst,<br />

haben immer wieder etwas für Nepal<br />

gemacht. Doch das waren Einzelaktionen.<br />

Unkoordiniert, eher aus dem Bauch heraus.<br />

Also haben Hans Gastl, Manfred Gabrielli<br />

und ich 2003 die Nepalhilfe Tirol gegründet.<br />

Mit dem Ziel, die Kräfte zu bündeln, gemeinsam<br />

mehr zu erreichen. Unser großes Vorbild<br />

dabei war natürlich Ed Hillary. Auch wir<br />

wollten im kleineren Stil die Menschen dort<br />

unterstützen, Krankenhäuser und Schulen<br />

bauen, Hilfe zur Selbsthilfe geben.“<br />

Rund 100.000 € an Spenden kommen<br />

durchschnittlich pro Jahr zusammen. Jetzt,<br />

in diesen wirtschaftlich sehr angespannten<br />

Zeiten, etwas weniger. Wichtig für Nairz und<br />

sein kleines Team: Das Geld soll direkt bei<br />

den Betroffenen ankommen, nicht irgendwo<br />

versickern oder abgezweigt werden. Damit<br />

dies funktioniert, arbeitet er bei seinen Projekten<br />

in Nepal ausschließlich mit staatlich<br />

anerkannten NGO‘s zusammen. Ein verlässlicher<br />

Partner vor Ort ist dabei etwa Tashi<br />

Tenzing, dessen Großvater Tenzing Norgay<br />

erreichte 1953 mit Edmund Hillary erstmals<br />

den Gipfel des Everest.<br />

Hier in Tirol hat die Nepalhilfe ein Zimmer<br />

in der Wohnung von Wolfgang Nairz gefunden.<br />

Die Verwaltungskosten betragen gerade<br />

mal drei Prozent, das meiste geht dabei<br />

für Briefmarken, Folder oder Broschüren<br />

Lachende Gesichter: Die Nepalhilfe Tirol<br />

unterstützt Einheimische vor allem im<br />

Gesundheits- und Bildungsbereich.<br />

(© Nepalhilfe Tirol)<br />

drauf. Jährlich wird der Verein von einem<br />

Wirtschaftstreuhänder bis ins kleinste<br />

Detail geprüft, Voraussetzung dafür, dass<br />

die Nepalhilfe Tirol vom Finanzamt den<br />

„Spendenbegünstigungsbescheid“ erhalten<br />

hat. Damit, und das ist keine Selbstverständlichkeit,<br />

sind alle Spenden steuerlich<br />

absetzbar.<br />

Das Sherpa-Projekt<br />

Bekannt ist Wolfgang Nairz wohl auch für<br />

sein Sherpa-Projekt, welches die Nepalhilfe<br />

Tirol vor knapp 20 Jahren gestartet<br />

hat. Rund 20 Frauen und Männer aus<br />

Nepal können dabei jährlich in Tirol lernen,<br />

wie es ist, eine Hütte zu führen. Da<br />

geht es um Hygiene, um Bevorratung, die<br />

richtige Lagerung, handwerkliche Dinge,<br />

die Küche oder den Kontakt mit den Gästen.<br />

„Leider gibt es dafür in Tirol nur ein<br />

sehr kleines Kontingent, von der Nachfrage<br />

her könnte ich jährlich locker hundert<br />

Nepali unterbringen.“ Wenn Sie also<br />

auf der Franz Senn Hütte, der Amberger<br />

Hütte, dem Taschachhaus oder am Solstein<br />

Haus Beschäftigte aus Nepal sehen,<br />

wissen Sie, dass diese hier Hüttenbewirtschaftung<br />

lernen.<br />

Im Frühjahr 2015 erschütterten mehrere<br />

schwere Erdbeben Nepal. An die 9 000<br />

Menschen starben, zigtausende wurden<br />

teils schwer verletzt, die Sachschäden<br />

und Verwüstungen waren enorm. „Nach<br />

dem Erdbeben haben wir sehr viele Spenden<br />

bekommen, damit konnten wir auch<br />

große Projekte umsetzen“, erinnert sich<br />

Nairz. Gemeinsam mit der Stiftung von<br />

Reinhold Messner und anderen Spender*innen<br />

wurde das fast komplett zerstörte<br />

„Kunde Hospital“ von Ed Hillary neu<br />

aufgebaut – eine Viertel Million Euro floss<br />

dabei in die Region. Ein ähnlich großes<br />

Projekt war der Neubau einer erdbebensicheren<br />

Schule für 350 Kinder nördlich<br />

der Hauptstadt Kathmandu – mit Kosten<br />

von nahezu 200.000 €.<br />

Rasche Hilfe aus Tirol gab es auch in Form<br />

von Hilfspaketen. „Wir haben Lebensmittelpakete<br />

zusammengestellt, wovon eine<br />

Familie einen Monat lang leben kann. Die<br />

rund 100.000 € dafür kamen ausschließlich<br />

aus Spenden von Firmen und Privatpersonen.“<br />

Außerdem wurden viele Kulturdenkmäler<br />

wieder aufgebaut, Klöster etwa<br />

oder Chörten, die in Nepal einfach zum<br />

Leben, zum Alltag dazugehören.<br />

Ed und Peter Hillary<br />

Und was verbindet Hillary und Nairz sonst<br />

noch? Um die Jahrtausendwende begleitete<br />

der Innsbrucker Nairz den Neuseeländer<br />

Edmund Hillary auf einer Vortragsreise<br />

quer durch Österreich. Dabei hatten<br />

die beiden zweifelsohne genügend miteinander<br />

zu besprechen. Deutlich dramatischer<br />

gestaltete sich indes rund 20<br />

Jahre früher, nämlich im Herbst 1979,<br />

das zufällige Zusammentreffen Nairz’<br />

mit Peter Hillary, dem Sohn von Ed, auf<br />

der Ama Dablam. Gemeinsam mit drei<br />

anderen Neuseeländern versuchte Peter<br />

Hillary den für die Sherpas „Heiligen Berg“<br />

über die äußerst schwierige Westwand<br />

zu besteigen, als sich plötzlich eine Eislawine<br />

löste und die Bergsteiger mitriss.<br />

Eine Person kam dabei ums Leben, die<br />

anderen – auch Peter Hillary – wurden<br />

schwer verletzt. Wolfgang Nairz befand<br />

sich damals mit Reinhold Messner und<br />

Oswald Oelz im Basislager und organisierte<br />

sofort eine Rettungsaktion, die ein<br />

letztendlich glückliches Ende nahm.<br />

Heuer im Oktober wird Nairz abermals<br />

das Flugzeug nach Nepal besteigen, das<br />

insgesamt nun 104. Mal. Selbstverständlich<br />

auf eigene Rechnung. Neben einem<br />

kleinen Trekking wird er dabei auch das<br />

jüngste Projekt der Nepalhilfe Tirol besuchen,<br />

das Elderly Care Center im unteren<br />

Khumbu Gebiet, eine Art Seniorenheim<br />

auf Nepalesisch. Erst kürzlich wurde dort<br />

eine Solardusche aufgestellt, finanziert<br />

über Spenden aus Tirol. „Wir konzentrieren<br />

uns ganz bewusst auf Projekte<br />

im Gesundheits- und Sozialbereich, auf<br />

die Hilfe zur Selbsthilfe. Gießkannenartig<br />

etwas zu verteilen, ist nicht unsere<br />

Sache.“<br />

Die Nepalhilfe Tirol<br />

nepalhilfe-tirol.at<br />

Die Nepalhilfe Tirol ist ein Verein<br />

zur Förderung medizinischer und<br />

sozialer Projekte in Nepal. 2003 in<br />

Innsbruck gegründet soll vor allem<br />

Hilfe zur Selbsthilfe geleistet werden.<br />

In diesem Sinne tragen sich<br />

einige wichtige Projekt bereits<br />

selbst, andere werden noch mitfinanziert:<br />

die Kaffeefarm, das<br />

Ofenprojekt, ein Aufforstungsprojekt<br />

in Langtang und im Khumbu,<br />

ein Projekt für beeinträchtigte<br />

Menschen, der Bau von Schulen,<br />

die Renovierung von Spitälern,<br />

Covid-Soforthilfe mit Hilfspaketen<br />

oder das Sherpa-Projekt auf<br />

Tiroler Hütten.<br />

Am 10. <strong>November</strong> findet im Innsbrucker<br />

Metropol Kino die Premiere<br />

zum jüngsten Film von Reinhold<br />

Messner statt. Eine filmische Aufarbeitung<br />

der Manaslu Expedition<br />

vor 50 Jahren. Der Reinerlös<br />

kommt der Nepalhilfe Tirol zugute.


94 GemNova.Menschen<br />

GemNova.Menschen<br />

95<br />

Der rote Faden<br />

VON REINHOLD OBLAK<br />

„Du willst mit mir reden, über mich ein Portrait schreiben? Aber ich hab ja<br />

überhaupt nichts zu sagen, kein besonders spannendes Leben.“ Jeder Mensch<br />

ist einmalig, jede Person hat eine ganz eigene, unverwechselbare Geschichte,<br />

so meine Antwort. Und jede Person ist es wert, näher betrachtet zu werden.<br />

Nachstehend also die Geschichte von Ieva Matiukaite, 31, aus Litauen.<br />

Und die ihres roten Fadens.<br />

Die gebürtige Litauerin Ieva Matiukaite in<br />

Innsbruck: „Ich stehe nun nicht vor, sondern<br />

hinter der Kamera. Aber das passt für mich<br />

auch sehr, sehr gut.“ (© GemNova)<br />

„<br />

„Ich hab zwar Deutsch<br />

studiert, spreche die<br />

Sprache recht gut, doch in<br />

der Wildschönau hab ich fast<br />

nichts verstanden.“<br />

Denken Sie mal kurz nach. Gibt es in<br />

Ihrem Leben einen roten Faden? Also<br />

etwas, von dem Sie bereits als Kind, als<br />

Jugendliche überzeugt waren, es einmal<br />

zu erreichen? Natürlich mit Verzweigungen,<br />

Abbrüchen, mit neuen Wegen, Verzögerungen,<br />

Zwischenfällen.<br />

Ieva Matiukaites roter Faden trägt den<br />

Titel einer Krimiserie: Alarm für Cobra 11.<br />

Als Kind schon, damals noch in Litauen,<br />

im 10.000-Seelen-Städtchen Anyksciai,<br />

bei Mama und Papa zu Hause, konnte sie<br />

es kaum erwarten, diese deutschsprachige<br />

Krimiserie im Fernsehen anzusehen.<br />

Die Handlung: seicht und belanglos, austauschbar,<br />

wie eben bei fast jeder Serie.<br />

Doch Ievas Traum war ein anderer: „Ich<br />

wollte möglichst schnell Deutsch lernen,<br />

dann Schauspielerin werden, nach<br />

Deutschland ziehen, um bei Cobra 11 mitzuspielen.“<br />

Von Vilnius nach Heidelberg<br />

Ieva ist ein Silvesterkind, geboren am 31.<br />

Dezember 1990 in Anyksciai, im Nordosten<br />

von Litauen. Die Mama arbeitet im<br />

örtlichen Standesamt, der Papa besitzt<br />

ein Juweliergeschäft, guter Mittelstand<br />

eben. Bis nach der Matura bleibt Ieva zu<br />

Hause, danach, mit 18 Jahren, zieht sie<br />

zum Studium in die gut 100 km entfernte<br />

Hauptstadt Vilnius. „Ich hab Deutsch<br />

und Pädagogik studiert, wollte möglichst<br />

schnell nach Deutschland.“<br />

Noch während des Studiums öffnet sich<br />

für sie ein Fenster: „Ich durfte für ein Auslandssemester<br />

nach Heidelberg, an die<br />

pädagogische Hochschule. Dort wurde mir<br />

angeboten, im Sommer litauische Landeskunde<br />

zu unterrichten. Natürlich hab ich<br />

sofort ja gesagt.“ Der rote Faden beginnt<br />

plötzlich viel kräftiger zu leuchten.<br />

Unterm Jahr studiert sie in der litauischen<br />

Hauptstadt Vilnius, im Sommer<br />

lebt, unterrichtet, kellnert sie in Heidelberg.<br />

„Ich hatte dort schon einige Freundinnen,<br />

gleichzeitig mein großes Ziel vor<br />

Augen: nach Köln zu kommen, wo Cobra 11<br />

gedreht wird“, fügt sie mit einem Schmunzeln<br />

hinzu. 2015 schließt Ieva ihr Studium<br />

in Litauen ab, um danach nach Heidelberg<br />

zu ziehen.<br />

Ievas roter Faden scheint gut ausgerollt<br />

zu sein. Die eingeschlagene Richtung<br />

stimmt, die ersten Ziele sind bereits<br />

erreicht. Doch wie es im Leben so spielt,<br />

kommt dann plötzlich alles ganz anders,<br />

der Faden verheddert sich, wird zum<br />

Labyrinth.<br />

Von Heidelberg in die Wildschönau<br />

Die Wildschönau ist ein naturbelassenes<br />

Dorf im Osten Tirols. Drei Jahrhunderte<br />

lang wurde hier Silber und Kupfer abgebaut,<br />

erst im 19. Jahrhundert wurde der<br />

Bergbau mangels Rentabilität geschlossen.<br />

1911 wurde durch die Kundler Klamm<br />

eine Straßenverbindung<br />

ins Inntal gebaut<br />

– heute ist diese nur<br />

mehr ein Wander- und Radweg. Und angenehm<br />

kühl, wenn es im Inntal draußen<br />

weit über dreißig Grad hat. Doch was hat<br />

das mit Ieva zu tun?<br />

Auch diese Geschichte beginnt in Litauen,<br />

am Flughafen von Vilnius, im Winter<br />

2017. Ieva wollte von dort nach Frankfurt,<br />

ein junger Mann nach München. Technischer<br />

Probleme wegen hieß es für beide<br />

über Warschau zu fliegen. Und dort auf<br />

den jeweiligen Anschlussflug zu warten.<br />

„Bei dieser Warterei sind wir eben ins<br />

Gespräch gekommen, haben uns näher<br />

kennengelernt.“ Zwei rote Fäden treffen<br />

sich, beginnen sich zu verbinden . . .<br />

Monate später findet sich Ieva an der Seite<br />

von Gerhard mitten in der Wildschönau<br />

wieder. Er lebt hier, sie zieht zu ihm.<br />

„In den ersten Wochen hatte ich richtige<br />

Angst das Haus zu verlassen. Ich hab<br />

zwar Deutsch studiert, spreche diese<br />

Sprache auch recht gut, doch in der Wildschönau<br />

hab ich fast nichts verstanden.<br />

Wenn Gerhard mit seinen Freunden im<br />

Dialekt geredet hat, hab ich ganz wenig<br />

mitbekommen.“<br />

Von der Wildschönau nach Innsbruck<br />

Die Wildschönau ist zwar wunderschön,<br />

recht abgeschieden, aber was soll Ieva<br />

hier den ganzen Tag tun? Den örtlichen<br />

Dialekt zu lernen bringt nicht viel, oder<br />

glauben Sie, dass bei Cobra 11 im Unterländer<br />

Kauderwelsch parliert wird? Ieva<br />

beginnt in Innsbruck Medien- & Kommunikationswissenschaft<br />

zu studieren, pendelt<br />

dafür täglich fast drei Stunden zwischen<br />

den beiden Orten. Im Frühjahr<br />

2020, am Beginn des ersten Corona-<br />

Lockdowns, schließt sie ihr Masterstudium<br />

erfolgreich ab.<br />

In dieser Zeit beginnt sie außerdem ein<br />

Praktikum beim Privatsender Tirol TV,<br />

wird schon wenig später fix angestellt.<br />

Langsam schmeckt sie ins Fernsehen hinein,<br />

gestaltet die ersten Beiträge, lernt den<br />

Job einer Videojournalistin besser kennen,<br />

nimmt ihren roten Faden wieder auf.<br />

Im Sommer 2020 zieht sie von der Wildschönau<br />

nach Arzl, lernt auch ihren neuen<br />

Freund kennen. „Benjamin wohnt in Inzing,<br />

wir wollen unbedingt zusammenziehen.<br />

Aber die Mietpreise sind hier so hoch.“<br />

Tirol war in der Vergangenheit ein besonders<br />

konservatives Land, immer den eigenen<br />

Kirchturm ganz fest im Fokus. Erst in<br />

jüngster Zeit begannen neue Pflänzchen<br />

zu wachsen, auf den unterschiedlichsten<br />

Ebenen. „Am Anfang hab ich mich damit<br />

schon etwas schwer getan, einfach weil<br />

ich selbst eine sehr offene, empathische,<br />

neugierige Frau bin. Ich komme ja aus<br />

Litauen, also aus Osteuropa. Einige hier<br />

in Tirol meinten, ich sei ein Wirtschaftsflüchtling,<br />

aber das ist natürlich ein Blödsinn.<br />

Ich hab eine profunde Ausbildung,<br />

hab hier meinen Freund, meine Freundinnen.<br />

Die Welt ist groß und bunt, ich will<br />

einfach ein Teil davon sein.“<br />

Vor und hinter der Kamera<br />

Seit Anfang des Jahres arbeitet Ieva bei<br />

der erlebnis.film, einem Tochterunternehmen<br />

der GemNova, die Menschen<br />

aus rund dreißig verschiedenen Nationen<br />

beschäftigt. „Dieses weltoffene, internationale<br />

Team, diese Offenheit, diese Kreativität,<br />

diese unbändige Lust von Allen Neues<br />

zu lernen. Eine ganz tolle Atmosphäre, ein<br />

großartiges Klima.“ Ieva bedient nun die<br />

Kamera, macht den Schnitt, organisiert,<br />

plant, arbeitet an Livestreams mit, ist<br />

auch redaktionell tätig, gestaltet Beiträge.<br />

Sie erinnern sich noch an den Anfang<br />

dieser Geschichte, an Ievas roten Faden?<br />

An ihren Wunsch als Schauspielerin bei<br />

Cobra 11 vor der Kamera zu stehen?<br />

Gut, aus Köln wurde Innsbruck. Von der<br />

Lebensqualität her deutlich besser. Cobra<br />

11 findet nach wie vor im Fernsehen statt,<br />

doch mit der Kamera hat Ieva nun tagtäglich<br />

zu tun. „Ich stehe nun nicht vor,<br />

sondern hinter der Kamera.“ Kurze Nachdenkpause.<br />

„Aber das passt für mich auch<br />

sehr, sehr gut.“ Schauspielerin kann sie ja<br />

trotzdem noch werden.


96 GemNova.Menschen<br />

GemNova.Menschen<br />

97<br />

Vereinbarkeit<br />

betrifft uns alle<br />

Die GemNova bietet ihren Kundinnen und<br />

Kunden ein vielseitiges Leistungsangebot.<br />

Genauso vielschichtig sind auch die<br />

Charaktere und Qualitäten der über 600<br />

Menschen im Unternehmen. Dabei bilden<br />

die gemeinsamen Werte das Herz der<br />

GemNova. Die Vereinbarkeit von Familie<br />

und Beruf spielt hier eine zentrale Rolle.<br />

Aus diesem Grund hat sich die GemNova<br />

für die Zertifizierung „Beruf & Familie“<br />

entschieden. Dabei sollen gemeinsam<br />

erarbeitete Maßnahmen im Unternehmen<br />

verstärkt umgesetzt werden.<br />

VON ANGELIKA RAFETZEDER<br />

Eva-Maria &<br />

Andreas<br />

„GemNova ist ein wunderbarer Arbeitgeber, weil es in der Firma ein großes WIR-Gefühl<br />

gibt. Ich habe schon bei anderen Firmen gearbeitet, aber so war es bisher noch nie. Als<br />

meine Tochter 2021 operiert werden musste, wurden wir von der GemNova unterstützt,<br />

wo es notwendig war; das ist wirklich KEINE Selbstverständlichkeit. Es fühlt sich fast wie<br />

eine Familie an. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist praktisch zu 100 % gegeben.<br />

Gerade in der Freizeitbetreuung und Schulassistenz kann man einem Beruf nachgehen<br />

und sich dann während der Ferien der Familie widmen.“<br />

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf<br />

bedeutet für uns nicht nur ausreichend<br />

Zeit mit den Kindern verbringen zu können.<br />

Vielmehr müssen sämtliche familiären<br />

Lebenssituationen berücksichtigt werden,<br />

von der Pflege der Angehörigen bis hin zu<br />

einem ausgewogenen Beziehungsleben. Nur<br />

wer eine Balance zwischen all diesen Bereichen<br />

findet, kann sich mit voller Energie<br />

den beruflichen Aufgaben widmen. Kolleginnen<br />

und Kollegen aus den verschiedensten<br />

Bereichen der GemNova erläutern hier, was<br />

sie an der GemNova schätzen und wie sie<br />

persönlich Beruf und Familie vereinbaren:<br />

„Ich habe im Laufe der Jahre festgestellt,<br />

dass es mir sehr wichtig ist, wofür ich meine<br />

Ideen und meine Energie einbringe, und als<br />

Bewohner einer Tiroler Gemeinde kann ich<br />

mir schwerlich etwas Besseres vorstellen<br />

als die Tiroler Gemeinden zu unterstützen.<br />

Ein zweiter wichtiger Punkt ist, dass man<br />

bei der GemNova etwas bewegen kann –<br />

es gibt keine starren Strukturen, sondern<br />

viel Frei- und Spielraum, um sich zu entfalten,<br />

Fragen zu stellen und etwas Neues<br />

zu schaffen. Die technische und organisatorische<br />

Möglichkeit, zwischendurch auch<br />

im Home-Office arbeiten zu können, ist ein<br />

wertvolles Angebot. Meine gesamte tägliche<br />

Pendelzeit beträgt immerhin 1,5 Stunden.<br />

Wenn der Arbeitsplatz gelegentlich nur 10<br />

Schritte entfernt ist, macht das schon einen<br />

großen Unterschied. Ich schätze auch die<br />

relativ freie Zeiteinteilung sehr. Es gibt Tage,<br />

an denen fuchst es einfach, und wenn man<br />

am nächsten Tag nochmal frisch über die<br />

Thematik nachdenkt, löst sich der Knoten<br />

manchmal deutlich leichter.“<br />

Martin<br />

Manuel<br />

Manuel Scheiber,<br />

Koordinator im GemNova Bildungspool<br />

„Als junge Familie (aber vor allem ich als<br />

frisch gebackener Vater) profitierten wir<br />

enorm davon, dass ich die Möglichkeit hatte,<br />

den sogenannten „Papamonat“ zu nehmen<br />

und wir so nicht nur wertvolle Zeit gemeinsam<br />

verbringen, sondern wir uns auch in<br />

dieser neuen Situation zurechtfinden konnten.<br />

Aber auch die Arbeit von zuhause bietet<br />

eine gewisse Flexibilität und lässt mich ein<br />

Stück mehr am Familienleben teilhaben.“<br />

Diana<br />

„Bei der GemNova gefällt mir der wertschätzende<br />

Umgang, die Möglichkeit, eigenverantwortlich<br />

agieren zu können und die<br />

flachen Hierarchien. Man ‚gestaltet mit‘ und<br />

das ist kein Slogan bzw. eine leere Worthülse,<br />

sondern gelebte Wirklichkeit. Bei<br />

uns in der Akademie hat man die Möglichkeit,<br />

die Arbeitszeit bis zu einem gewissen<br />

Maß selbst einzuteilen. Mir persönlich<br />

wird dadurch zum Beispiel ermöglicht, dass<br />

ich meine Nachmittage freihalte. Auch für<br />

familiäre Angelegenheiten hat man stets<br />

Verständnis.“<br />

Monika Kopp, Kurskoordinatorin Tiroler<br />

Unterland bei der GemNova Akademie<br />

„Ich bin Mutter von vier Kindern im Alter<br />

von vier bis zehn Jahren und weiß, dass<br />

die Vereinbarkeit von Familie und Beruf<br />

meist ein schwieriges Thema darstellt.<br />

Da die Arbeitszeit flexibel an den eigenen<br />

Bedürfnissen angepasst werden konnte,<br />

wurde es mir ermöglicht, die notwendige<br />

Zeit für die Familie bereitzustellen.“<br />

Diana Hauser,<br />

Freizeitpädagogin an der VS Flirsch<br />

Monika<br />

Eva-Maria Dainelli und Andreas Dainelli, beide Schulassistenzen in Innsbruck<br />

Martin Schonger,<br />

Jurist im Bereich Infrastruktur & Recht


Neue Heimat für 3 Familien<br />

IMPRESSUM:<br />

Herausgeber, Medieninhaber und<br />

Verleger: GemNova Dienstleistungs<br />

GmbH | Adamgasse 7a, A-6020 Innsbruck,<br />

office@gemnova.at, +43 (0) 50<br />

4711, www.gemnova.at, © <strong>2022</strong>. Herstellung<br />

und Druck: Alpina Druck<br />

GmbH, www.alpinadruck.com. Auflage:<br />

12.300 Stück. Anzeigenverkauf:<br />

Mag. Bernhard Müssiggang, www.<br />

bmw-agentur.at. Projektverantwortung:<br />

Angelika Rafetzeder, MA.<br />

Konzept: Mitspieler – Kommunikation<br />

& Gestaltung, www.mitspieler.<br />

at. Gestaltung und Layout: Nathalie<br />

Kirchler, Melanie Hendl-Höller.<br />

Textkorrekturen: Natalie Nagl, MA.<br />

Redaktionsschluss: 21.09.<strong>2022</strong>.<br />

Mit „Entgeltliche Einschaltung“ gekennzeichnete<br />

Artikel sind bezahlte<br />

Informationen und fallen nicht in die<br />

Verantwortlichkeit der Redaktion. Für<br />

Satz- und Druckfehler übernehmen<br />

wir keine Haftung.<br />

Die GemNova bemüht sich um eine<br />

gendersensible Sprache in all ihren<br />

Texten. Dies umfasst die Ansprache<br />

nicht nur des männlichen und<br />

weiblichen Geschlechts, sondern<br />

auch des dritten Geschlechts. Dies<br />

sind Personen, die sich nicht in das<br />

binäre Geschlechtssystem „männlich“<br />

und „weiblich“ einordnen lassen<br />

(wollen).<br />

Die NEUE HEIMAT TIROL revitalisierte das denkmalgeschützte Widum in<br />

Spiss und errichtete eine Wohnanlage mit 3 Mietwohnungen. Der Heizwärmebedarf<br />

für die Wohnungen beläuft sich lt. Energie ausweis auf<br />

ca. 11,1 kWh/m 2 a.<br />

Die NEUE HEIMAT TIROL dankt dem Land Tirol für die Fördermittel aus<br />

der Wohnbauförderung und der Dorferneuerung, der Regio L für die<br />

Regionalförderung, dem Bundesdenkmalamt und der Gemeinde Spiss<br />

für die ausgesprochen gute Zusammenarbeit und den Planern und<br />

ausführenden Firmen für die hervorragende Arbeit und termingerechte<br />

Fertigstellung.<br />

Wir wünschen den neuen Bewohnerinnen und Bewohnern viel<br />

Freude und Zufriedenheit in ihrer „Neuen Heimat“.<br />

Finanzierung: Hypo Niederösterreich<br />

Derzeit bauen wir in 21 Gemeinden<br />

St. Johann<br />

Reutte<br />

Wörgl<br />

Jenbach<br />

Ehenbichl<br />

Jochberg<br />

Mieming Innsbruck<br />

Rum<br />

Schönwies Polling<br />

Kematen<br />

Sistrans<br />

Gerlos<br />

Pettneu a. A.<br />

Mutters<br />

Serfaus<br />

Kappl<br />

Sölden Finkenberg<br />

Kaunertal<br />

Wir danken den bauausführenden Firmen<br />

Architektur: DI Harald Kröpfl, Landeck · Bauphysik: Fiby ZT­GmbH, Innsbruck · Generalunternehmerarbeiten:<br />

Hilti & Jehle GmbH, Ried im Oberinntal · Planung Elektro: Ing.<br />

Georg Schwienbacher, Landeck · Planung Haustechnik: Ruetz Ingenieurbüro, Grins · Statik:<br />

tragwerk zt GmbH, Zams<br />

Wohnbeispiel einer Mietwohnung<br />

2-Zimmer-Wohnung, ca. 64,18 m 2<br />

samt Carportstellplatz und Kellerabteil<br />

Nettomiete 1 € 309,30<br />

Betriebs­, Heiz­, Warmwasser kosten € 136,79<br />

inkl. Steuern 2<br />

Bruttomiete 3 € 446,09<br />

1<br />

pro Monat / je Nutz­m² € 4,82<br />

2<br />

pro Monat / je Nutz­m² € 2,13<br />

3<br />

pro Monat / je Nutz­m² € 6,95<br />

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Regionalität und Umweltverträglichkeit<br />

sind uns ein Anliegen.<br />

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Gestaltung der Ordinationsräume noch möglich.<br />

Kontakt: Clemens Herdy, Tel.: 0512/3330­552, herdy@nht.co.at<br />

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