Swissmechanic_Journal_2022-06

swissmechanic8570
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17.10.2022 Aufrufe

WorldSkills Competition 2022 26 Turbulenzen Gutes abgewonnen Fabian Leuenberger wird die Schweiz in der Polymecha niker- Disziplin CNC Drehen vom 6. bis 17. Oktober am WorldSkills- Ersatzformat in Leonberg bei Stuttgart ver treten. F Interview: Monica Hotz abian Leuenberger, wie viele Stunden hast Du trainiert, seit Du Dich 2020 für die damaligen SwissSkills angemeldet hast? Fabian Leuenberger: Im Schnitt habe ich zwei Arbeitstage pro Woche trainiert, drei Wochen externe Maschinentrainings absolviert, eine Woche extern ein Programmiertraining und war an fünf Tagen mit den Sponsoren unterwegs. Ferner hatte ich insgesamt 10 Sitzungen mit meinem persönlichen Mentaltrainer. Ich habe viel nach der Arbeit trainiert oder nach der Arbeit das aufgeholt, was im Büro noch erledigt werden musste. Erste Priorität hatten für mich immer die Produktionsaufträge für meinen Arbeitgeber. Mein Arbeitstag war jeweils definitiv nicht nach acht Stunden abgeschlossen. Hast Du Dich nie gefragt, weshalb Du Dir das eigentlich antust? Ab und zu hatte ich schon fast genug, Die Schweizer Polymechaniker kämpfen an folgenden Daten und Orten um eine Medaille: – CNC Drehen: 06. – 17.10.2022, Leonberg bei Stuttgart, Deutschland – CNC Fräsen: 06. – 17.10.2022, Leonberg bei Stuttgart, Deutschland – Automation: 14. – 23.10.2022, Brampton, Canada aber ich sehe immer das Ziel vor Augen. Ich habe jetzt Connections zu Sponsoren aus weltbekannten Firmen. Für die Zukunft ist das ein grosser Mehrwert. Man lebt immer im Hier und Jetzt. Rückblickend aber staune ich jeweils schon, was ich alles gemacht habe. Würdest Du das alles nochmals machen? Sicher! Als bekannt wurde, dass die WorldSkills nicht in Shanghai stattfinden können, dachte ich: Mist! Sie waren mein Ziel, das Training ein grosser Teil meines Lebens. Plötzlich war das Ziel weg. Es war eine grosse Herausforderung, bei all den Unsicherheiten, die die Absage mit sich brachte, bei Laune zu bleiben. Mit meinem Experten Simon von Moos hatte ich einen grossen Teil der Strasse voller Hindernisse geschafft, war auf dem Zielweg, und dann das. Es war für uns beide nicht einfach, damit umzugehen. Wo hast Du alles trainiert? Mein Arbeitgeber, die Duap AG, hat mich voll unterstützt. An dieser Stelle ein ganz grosses und herzliches Dankeschön! Mein Arbeitgeber wollte in den nächsten fünf Jahren eine neue CNC-Drehmaschine anschaffen und beschleunigte diesen Prozess. Sie haben die Maschine angeschafft, welche der Wettkampfmaschine sehr ähnelt, und ich darf darauf arbeiten! Weitere Trainings durfte ich bei der Zen- tralbahn in Meiringen absolvieren, die eine identische Maschine hat wie die Maschine an den WorldSkills. Auch der Zentralbahn gebührt ein grosser Dank! Dort arbeitete ich insgesamt drei Wochen in einer ungewohnten Umgebung und übernachtete auch auswärts, um die Wettkampfsituation zu trainieren. Zudem war ich bei dem Maschinenhersteller DMG Mori zu Gast und fürs Programmiertraining bei X-DATA. Mit meinem Experten Simon von Moos habe ich zudem auch online Programmiertrainings absolviert. Was sind Deine Stärken? Ich bin sehr ausdauernd. Vor drei Jahren habe ich mit den ersten Trainings angefangen und bin noch immer topmotiviert. Ich bin bereit, einen Schritt mehr zu machen als alle anderen. Simon von Moos: Das kann ich bestätigen! Was musst Du noch besonders trainieren? Ein Punkt ist die Geschwindigkeit. Meistens bin ich beim Training gut in der Zeit. Aber an den WorldSkills in Leonberg werde ich gestresster sein, und da ist ein Fehlgriff schnell passiert. Plötzlich fehlen dann 1.5 Minuten. Worauf freust Du Dich am meisten? Mittlerweile bin froh, wenn alles vorbei ist. Ich bin seit gut drei Jahren permanent dran, habe einen 120-Prozent-Job. Ich möchte meinem Arbeitgeber ja auch gerecht werden und habe dann weniger Zeit für mich, meine Freundin, meine Famil ie, meine Kollegen, Hobbies und Ferien. Was machst Du, wenn die World- Skills vorbei sind? Ich gehe erst mal in die Unteroffiziersschule . . . Am 7. November beginne ich mit dieser, um Wachtmeister zu werden.

Bildung / MEM-Berufe WorldSkills Competition 2022 27 Sollte ich eine Medaille gewinnen, wird der Rummel natürlich gross sein. Eventuell gibt es ein Fest, die Medien melden sich . . . Eine Woche Ferien werde ich mir aber vor dem Start auf jeden Fall gönnen. Was brachten Dir der Sieg an den SwissSkills und die Vorbereitungen auf die WorldSkills für Deine Karriere? Mein Vater ist als Selbstständiger in der MEM-Branche tätig. Mein Ziel war schon immer, wenn ich ein guter Polymechaniker werden würde, das Geschäft eines Tages zu übernehmen. Dank der Teilnahme an den WorldSkills habe ich mittlerweile ein grosses Netzwerk aufgebaut, das mir nützlich sein wird, wenn ich das Geschäft weiterführe. In dem Sinn waren die Skills ein enormer Karrieresprung. Bis heute hatte ich zehn Jobangebote! Ich habe nie überlegt, die Duap zu verlassen. Die Jobs wurden mir einfach angeboten. Das gibt mir Selbstvertrauen und ist gut für meine mentale Stärke. Dass mich die Sponsoren unterstützen, ist eine enorme Rückenstärkung. Welcher Moment ist Dir von den letzten Jahren am meisten in Erinnerung geblieben? Als die Drehmaschine in die Duap geliefert wurde, auf der ich dann trainieren durfte! Es ist, wie wenn man ein neues Auto bekommt – extrem schön! Mir, der seine Lehre seit einem knappen halben Jahr abgeschlossen und von Tuten und Blasen keine Ahnung hatte, hat die Duap eine Maschine organisiert! Ein 120'000-Franken-Gerät! Was sind die grössten Herausforderungen und Stolpersteine beim Wettbewerb? Wieder aufzustehen, wenn ein Fehler passiert ist. In Stresssituationen passie- ren Missgeschicke. In dem Moment muss man weitermachen und sich sagen: Morgen geht es weiter! Das ist sehr schwierig. Oder wenn man Testprojekte angeht, die fast nicht umsetzbar sind, und man weiss nicht, wie gut es die anderen umsetzen. Das braucht mentale Stärke. Bist Du nach den WorldSkills ein anderer Mensch? Definitiv. Ich habe nun ein Päckli an Erfahrungen und Netzwerk. Früher hatte ich Angst, wenn ich einen Vortrag halten musste. Letzthin konnte ich am Family Event der SwissSkills ganz locker vor 200 Leuten einen Teil meiner eigenen Geschichte erzählen. Drei Fragen an den Experten Simon von Moos Simon von Moos, wie hast Du die Zeit mit Fabian erlebt? Simon von Moos: Turbulent. Auf Fabian bezogen: Ich schätze ihn sehr als Kandidaten. Die Zusammenarbeit funktionierte gut über die turbulente Zeit. Auch bei mir war sie das – ich wechselte in den zwei Jahren den Job und wurde zum zweiten Mal Vater. Beide Seiten konnten sich immer aufeinander verlassen. Was hast Du für ein Gefühl – reichts für eine Medaille? Ich habe grosses Vertrauen in Fabian. Er wird seine Leistung zeigen können. Er ist bereit und dort, wo er sein muss. Woran muss er noch feilen? Als Feilen würde ich es nicht bezeichnen. Ich unterstütze ihn bei jedem Debriefing, schaue bei Praxistrainings zu, analysiere seine Vorgehensweise und gebe ihm Inputs zum weiteren Vorgehen. Das heisst jeweils nicht, dass sein Vorgehen falsch ist. Es geht darum, neue bzw. andere Ein aufgestelltes Team: WorldSkills-Kandidat Fabian Leuenberger und sein internationaler Experte Simon von Moos. Lösun gen und Möglichkeiten zu erarbeiten. Es ist ein konstanter Prozess. Das Ziel ist, sich in den Trainingsblöcken selbstkritisch zu hinterfragen, Lehren daraus zu ziehen und Erfahrungen zu sammeln. Die gesammelten Erfahrungen kann man dann in den Wettkampf einfliessen lassen. Fabian ist mittlerweile mein fünfter Kandidat. Keiner war gleich. Ich kann jeweils schon Testprojekte wiederverwenden, aber sonst ist jeweils alles ganz speziell auf den aktuellen Kandidaten zugeschnitten. Ich gehe darauf ein, was der Kandidat will. Ich gebe ihm nicht vor, wie er trainieren soll. Ich mache Vorschläge, und wir erarbeiten gemeinsam den Trainingsplan mit den vorhandenen Möglichkeiten. Mein Arbeitgeber maxon motor AG ermöglicht es mir verdankenswerterweise, mich als Experte zu engagieren. Ohne diese grosszügige Unterstützung wäre mir dieser Einsatz zeitlich nicht möglich.

Bildung / MEM-Berufe WorldSkills Competition <strong>2022</strong><br />

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Sollte ich eine Medaille gewinnen, wird<br />

der Rummel natürlich gross sein. Eventuell<br />

gibt es ein Fest, die Medien melden<br />

sich . . . Eine Woche Ferien werde ich<br />

mir aber vor dem Start auf jeden Fall<br />

gönnen.<br />

Was brachten Dir der Sieg an den<br />

SwissSkills und die Vorbereitungen<br />

auf die WorldSkills für Deine Karriere?<br />

Mein Vater ist als Selbstständiger in der<br />

MEM-Branche tätig. Mein Ziel war schon<br />

immer, wenn ich ein guter Polymechaniker<br />

werden würde, das Geschäft eines<br />

Tages zu übernehmen.<br />

Dank der Teilnahme an den WorldSkills<br />

habe ich mittlerweile ein grosses Netzwerk<br />

aufgebaut, das mir nützlich sein<br />

wird, wenn ich das Geschäft weiterführe.<br />

In dem Sinn waren die Skills ein enormer<br />

Karrieresprung.<br />

Bis heute hatte ich zehn Jobangebote!<br />

Ich habe nie überlegt, die Duap zu verlassen.<br />

Die Jobs wurden mir einfach angeboten.<br />

Das gibt mir Selbstvertrauen<br />

und ist gut für meine mentale Stärke.<br />

Dass mich die Sponsoren unterstützen,<br />

ist eine enorme Rückenstärkung.<br />

Welcher Moment ist Dir von den<br />

letzten Jahren am meisten in Erinnerung<br />

geblieben?<br />

Als die Drehmaschine in die Duap geliefert<br />

wurde, auf der ich dann trainieren<br />

durfte! Es ist, wie wenn man ein neues<br />

Auto bekommt – extrem schön! Mir, der<br />

seine Lehre seit einem knappen halben<br />

Jahr abgeschlossen und von Tuten und<br />

Blasen keine Ahnung hatte, hat die<br />

Duap eine Maschine organisiert! Ein<br />

120'000-Franken-Gerät!<br />

Was sind die grössten Herausforderungen<br />

und Stolpersteine<br />

beim Wettbewerb?<br />

Wieder aufzustehen, wenn ein Fehler<br />

passiert ist. In Stresssituationen passie-<br />

ren Missgeschicke. In dem Moment muss<br />

man weitermachen und sich sagen:<br />

Morgen geht es weiter! Das ist sehr<br />

schwierig. Oder wenn man Testprojekte<br />

angeht, die fast nicht umsetzbar sind,<br />

und man weiss nicht, wie gut es die anderen<br />

umsetzen. Das braucht mentale<br />

Stärke.<br />

Bist Du nach den WorldSkills<br />

ein anderer Mensch?<br />

Definitiv. Ich habe nun ein Päckli an Erfahrungen<br />

und Netzwerk. Früher hatte<br />

ich Angst, wenn ich einen Vortrag halten<br />

musste. Letzthin konnte ich am Family<br />

Event der SwissSkills ganz locker vor 200<br />

Leuten einen Teil meiner eigenen Geschichte<br />

erzählen.<br />

Drei Fragen an den Experten Simon von Moos<br />

Simon von Moos, wie hast Du die Zeit<br />

mit Fabian erlebt?<br />

Simon von Moos: Turbulent. Auf Fabian<br />

bezogen: Ich schätze ihn sehr als Kandidaten.<br />

Die Zusammenarbeit funktionierte<br />

gut über die turbulente Zeit. Auch bei<br />

mir war sie das – ich wechselte in den<br />

zwei Jahren den Job und wurde zum<br />

zweiten Mal Vater. Beide Seiten konnten<br />

sich immer aufeinander verlassen.<br />

Was hast Du für ein Gefühl –<br />

reichts für eine Medaille?<br />

Ich habe grosses Vertrauen in Fabian. Er<br />

wird seine Leistung zeigen können. Er ist<br />

bereit und dort, wo er sein muss.<br />

Woran muss er noch feilen?<br />

Als Feilen würde ich es nicht bezeichnen.<br />

Ich unterstütze ihn bei jedem Debriefing,<br />

schaue bei Praxistrainings zu, analysiere<br />

seine Vorgehensweise und gebe ihm Inputs<br />

zum weiteren Vorgehen. Das heisst<br />

jeweils nicht, dass sein Vorgehen falsch<br />

ist. Es geht darum, neue bzw. andere<br />

Ein aufgestelltes Team: WorldSkills-Kandidat<br />

Fabian Leuenberger und sein internationaler<br />

Experte Simon von Moos.<br />

Lösun gen und Möglichkeiten zu erarbeiten.<br />

Es ist ein konstanter Prozess. Das<br />

Ziel ist, sich in den Trainingsblöcken<br />

selbstkritisch zu hinterfragen, Lehren<br />

daraus zu ziehen und Erfahrungen zu<br />

sammeln. Die gesammelten Erfahrungen<br />

kann man dann in den Wettkampf<br />

einfliessen lassen.<br />

Fabian ist mittlerweile mein fünfter Kandidat.<br />

Keiner war gleich. Ich kann jeweils<br />

schon Testprojekte wiederverwenden,<br />

aber sonst ist jeweils alles ganz speziell<br />

auf den aktuellen Kandidaten zugeschnitten.<br />

Ich gehe darauf ein, was der<br />

Kandidat will. Ich gebe ihm nicht vor, wie<br />

er trainieren soll. Ich mache Vorschläge,<br />

und wir erarbeiten gemeinsam den Trainingsplan<br />

mit den vorhandenen Möglichkeiten.<br />

Mein Arbeitgeber maxon motor AG ermöglicht<br />

es mir verdankenswerterweise,<br />

mich als Experte zu engagieren.<br />

Ohne diese grosszügige Unterstützung<br />

wäre mir dieser Einsatz zeitlich nicht<br />

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