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Ami du Vin 3/22-D

Offizielles Organ der Schweizerischen Vereinigung der Weinfreunde ANAV

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und Nacht, was den Trauben zu mehr Aromatik verhilft. So ist

mancher Weinbaubetrieb hin und her gerissen zwischen der

Entscheidung für eine Traubensorte mit höherer Widerstandsfähigkeit

gegenüber Krankheiten oder Trockenheit und für

eine Traubensorte, die von den Kunden vermehrt nachgefragt

wird. Nicht zuletzt ist diese Überlegung für viele Betriebe ausschlaggebend,

pilzwiderstandsfähige Sorten, die sogenannten

Piwi-Sorten, nicht zu pflanzen, weil sie vom Markt noch zu

wenig nachgefragt werden. «In sehr feuchten Lagen, in steilen

und schwer befahrbaren Gebieten und in Rebbergen in Siedlungsgebieten

machen Piwi-Sorten schon Sinn», meint Beatrice

Steinemann. Also überall dort, wo der Pilzdruck hoch und

das Behandeln der Reben erschwert ist.

Reben stärken

Eine Überlegung wert ist die Konzentration auf in der Region

heimische Rebsorten, weil diese an die Wetterbedingungen

am besten angepasst sind. So beobachtete etwa Cédric Besson

vom biodynamischen Weingut Besson-Strasser in Uhwiesen

in den vergangenen Jahren, dass die Rebsorten Pinot

Noir und Räuschling, die in der Region seit jeher angebaut

wurden, weniger anfällig auf Mehltau sind, als diejenigen Sorten,

die früher in der Region nicht angebaut wurden.

Für Beatrice Steinemann macht es sicher Sinn, Sorten zu wählen,

die in der Region heimisch sind. «Dabei gilt es jedoch, ein

grosses Augenmerk auf die Art des Klones zu legen. Pinot

Noir mit einem lockeren Beerenstand wie etwa der Marienfelder

ist sicher geeigneter im Kampf gegen Pilzbefall als dichtbeerige

Klone. Sensiblere Sorten wie der Riesling-Silvaner

sind sicherlich weniger anzuraten.» Erfolg im Umgang mit starken

klimatischen Schwankungen sei aber sicherlich mit der

Stärkung der Pflanzen zu erreichen, betont Beatrice Steinemann.

Dazu gehöre einerseits, im Rebberg die Biodiversität

mit der Begrünung und der Förderung von Nützlingen zu pflegen.

Pflanzen können auch durch das Giessen oder Spritzen

der Reben mit verschiedenen ‘Tees’ wie etwa Brennnesseltee

oder Schachtelhalmtee gestärkt werden, mit bewährten

Anwendungen also, die im biodynamischen Weinbau gängig

sind und auch im Bioweinbau oft angewendet werden.

Bodenbearbeitung anpassen

Als Sofortmassnahmen bleiben Winzerinnen und Winzern in

solch heissen Sommern wie in diesem Jahr nur wenige Massnahmen.

Eine ist beispielsweise, die Bodenoberfläche zu öffnen.

Somit wird die Konkurrenz um Wasser und Nährstoffe durch die

Begrünung entfernt und die Verdunstungsrate reduziert. Eine

Dauerbegrünung zwischen den Reben dient dazu, die Bodenfruchtbarkeit

und Artenvielfalt zu erhöhen sowie die Befahrbarkeit

zu gewährleisten. Reben wurzeln in begrünten Anlagen tiefer

und sind so weniger den Schwankungen im Wasserhaushalt in

den oberen Bodenschichten unterworfen. Schliesslich werden

sich die Weinbäuerinnen und Weinbauern überlegen müssen,

ob sie ihre Reben vermehrt bewässern müssen. Dies ist allerdings

auch aufgrund der AOC-Vorgaben nicht überall möglich

und vor allem teuer. Und in Zukunft wird Wasser kaum billiger

werden, im Gegenteil.

Fehlt aber der Rebe wegen steigender Trockenheit das Wasser,

so müsse für eine gute Qualität und die Vitalität der Reben

der Ertrag reduziert werden, wie Beatrice Steinemann zu

bedenken gibt. Auch diese Massnahme ist für die Winzerinnen

und Winzer schmerzhaft und hinterlässt eine wirtschaftliche

Einbusse. Die Zufriedenheit mit dem Weinjahr 2022 ist für

die Winzerinnen und Winzer bloss ein kleines Puzzlestück im

Gesamtbild der langjährigen Klimaentwicklung, die von ihnen

Anpassungsfähigkeit und ein ständig offenes Ohr für die

Erwartungen der Konsumenten verlangt.

chp

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