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Ami du Vin 3/22-D

Offizielles Organ der Schweizerischen Vereinigung der Weinfreunde ANAV

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la vie de l'anav

freiämter weinfreunde

Vorzeigebetriebe für Weinbau und Landwirtschaft

Weg von Mono-Kulturen

Alles Bio: das steht auf der Einladung der Freiämter Weinfreunde

ins Murimoos, einem Bio-Grossbetriebes mit über

80 Hektar Gesamtfläche. Was der Murimoos Geschäftsführer

Michael Dubach und der Schweizer Bio-Winzer

Roland Lenz aus Uesslingen über vernetzte Biodiversität

erzählen, versetzt die Zuhörer ins Staunen.

Die Organisatoren Lidwina Weh und Markus Küng gestalten

den Anlass dynamisch. Über Mittag besuchen gut dreissig

Weinfreunde den ‘Lunch & Learn’ genannten Teil, für die

Wiederholung am Abend schreiben sich nochmals gleich viele

Personen ein. Die Abläufe beim Apéro im Garten, beim kleinen

Rundgang mit Michael Dubach, beim Weintasting mit Roland

Lenz und beim Auftragen der feinen Biogerichte aus der hauseigenen

Küche erweisen sich wohltuend stressfrei.

Modern und effizient wirtschaften

In den diversen Geschäftsbereichen des Murimoos arbeiten 110

Festangestellte, die für weitere 120 Personen geschützte

Arbeitsplätze in eigenen Betrieben möglich machen.

Beispielsweise sind die Bereiche Gastronomie, Landwirtschaft

mit eigener Zucht und Mast, Metzgerei mit

Bioladen, Gemüse-Rüsterei und -Packerei, Schreinerei

für Kreativspielplatzbau oder die eigene Kompostier-

und Biogasanlage, mit unterschiedlichem

Fach- und Hilfspersonal zu besetzen.

Bio respektiert die Natur

Roland Lenz spricht über Weinbau und

formuliert als Einstieg die Ausrichtung seines

Bio-Betriebes nach den Grundsätzen:

Ressourcen unabhängig und ertragsstabil,

Lebensgrundlagen schonend und genussnah.

Die Weingärten stehen im Zentrum des

Schaffens und die Qualität hängt von der Arbeit

im Rebberg ab. Vor 1995 hätte ihm das Verspritzen

chemischer Mittel von Bayer Kopfweh

bereitet, das er abends mit Aspirin des gleichen

Herstellers bekämpft hätte. Als logische Konsequenz

daraus stellte Lenz seine Ausrichtung um,

und folgt seither natürlichen, biologisch-dynamischen

Richtlinien.

Heute gilt für das Weingut Lenz, die Diversität zu

pflegen und Piwi-Sorten mit dem Ziel der Steigerung

von Ökologie und Wirtschaftlichkeit zu

bewirtschaften. Auf 22 Hektar bestockter Rebfläche und mit

fünf Hektar renaturierter Biodiversitätsfläche erzeugt Lenz rund

300‘000 Flaschen Wein. Von Partnerwinzern zugekauftes Bio-

Traubengut ist dabei eingerechnet. Von 40 verschieden Traubensorten

sind 35 bereits pilzwiderstandsfähig. 600 mehrfach

resistente Neuzüchtungen sind in der Versuchsphase und

sichern die Weiterentwicklung und den Fortbestand.

Robuste Traubensorten reifen in einem Mikroklima aus und

gedeihen auf gesunden Böden im Einklang mit Pflanzen, Tieren

und Insekten. Die Traubensortenvielfalt garantiert massiv weniger

Krankheitsdruck. Als Schutz gegen starke Windböen, Hagel

und Wildfrass netzt Lenz die Rebstöcke schon sehr früh ein.

Geerntet wird nur optimal reifes und gesundes Traubengut. Sollte

dies nicht gelingen, wird vor der Lese sorgfältig selektioniert.

Das Wine-Tasting öffnet den Blick

Roland Lenz lässt zum Apéro einen Perlwein aus Muscaris

Trauben, zum Gemüsesalat und zur lauwarmen geräucherten

Forelle drei weitere Weisse aus Cabernet blanc und Souvignier

gris, sowie einen Roten aus Leon Millot-Trauben verkosten.

Zum Hauptgang mit Zweierlei vom Rind und Rotweinrisotto

präsentiert er eine Mariage aus sechs Piwi-Sorten, einen Leon

Millot aus angetrockneten Beeren und eine Cuvée aus Cabernet

Cortis, Merlot und Malbec. Der Cabernet Jura, im

Amaronestil gekeltert, bildet den Schluss zum Dessert

mit frischen Beeren und Schokogebäck.

Roland Lenz erklärt die Weine fachmännisch

und macht auf nachvollziehbare Unterschiede

aufmerksam. Und wie reagieren

die Weinfreunde? Interessiert, mit

Bekanntem vergleichend, kritisch, aber

wohlwollend und dankbar, soviel über

Biodiversität aus kompetentem Munde

gelernt zu haben. Gut, dass viele Frauen

und Männer diese Weine spontan kaufen

und geniessen, die bisher noch nicht

viel Verständnis dafür hatten. Ein Beweis

für diese zum Teil neue Kundschaft liefert

Roland Lenz mit der Aussage, dass

die kommende Ernte bereits bestellt,

sprich verkauft sei. Etwas Besseres kann

einem Weinbauern nicht passieren.

Die Zukunft gehört dieser Art von Weinbau.

Es braucht Zeit und die neuen Sorten bedürfen

weiteren Verbesserungen. Im Keller stehen

noch Arbeiten bevor, obschon wir die Aussage

des überzeugenden Referenten begreifen: "Im

Keller ist nicht zu lernen, was man alles machen

muss, sondern es gilt zu lernen, was man unterlassen

kann."

Otto Sprenger

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