Ami du Vin 3/22-D
Offizielles Organ der Schweizerischen Vereinigung der Weinfreunde ANAV
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lenzburg - seetal
Tagesausflug ins Baselland
Einmal über den Jura
Die Klus bei Aesch ist den meisten teilnehmenden Weinfreundinnen
und Weinfreunden, die sich mit dem Car über,
beziehungsweise durch den Jura chauffieren lassen, kein
Begriff. Eine schmale Strasse führt erst durchs Quartier,
dann durch die Rebberge und endet zuhinterst in der nach
Westen ausgerichteten Klus beim Weingut Tschäpperli.
Dort bewirtschaften Ueli und Barbara Bänninger seit über dreissig
Jahren das der Familie von Blarer gehörende Gut. Sie freuen
sich über die weininteressierten Ausflügler aus dem Raum
Lenzburg. In der vorhelvetischen Zeit gehörten die Weingärten,
zusammen mit anderen Besitzungen beidseits der Birs, zu
Frankreich, dann von 1792 bis 1793 zur Raurakischen Republik
und zuletzt ab 1814 zur Landvogtei Birseck im Kanton Basel.
Die Pacht betrug damals fünf Saum Cluserwein vom Vorschuss,
also süss von der Trotten zur Erntezeit. Der letzte
damalige Erbe wurde auf die Emigrantenliste gesetzt und
ist in den zeitgenössischen Urkunden als Refugiant Blarer
registriert. Mit der Auflösung der alten Ständeordnung mussten
Lehnsherren und Lehnsträger fliehen, später konnte die
Familie ihren ehemaligen Besitz grösstenteils zurückkaufen.
Erbteilungen erschwerten eine gemeinsame Bewirtschaftung
der Reblagen erheblich. Erst durch den allgemeinen Niedergang
des Rebbaues, ausgelöst durch die Reblausplage und
andere wirtschaftliche Widrigkeiten gelang es, die Grundstücke
zusammenzufassen und in einer Hand zu vereinigen.
Das Weingut heute
Auf einer Rebfläche von 3,75 Hektar werden Blauburgunder,
Riesling-Silvaner, Pinot Gris, Riesling, Garanoir, Diolinoir,
Syrah, sowie die Piwi-Sorten Cabernet Blanc, Sauvignac und
Muscaris angebaut. Die Kellerkapazität beträgt 100‘000 Liter
im Stahltank und 22‘000 Liter im Holzfass und in Barriques. Um
die 75‘000 Liter entfallen auf Lohnkelterung und abgefüllt werden
20‘000 bis 25‘000 Flaschen aus eigener Produktion und
bis zu 80‘000 Flaschen aus Lohnkelterung, je nach Ernteertrag.
Zum Gut gehören weiter sechzehn Hektar Wald und zweieinhalb
Hektar Weiden und Ausgleichsflächen.
Die Tschäpperli Weine gefallen
Sechs der auf dem Weingut kultivierten Weine präsentiert
Ueli Bänninger in der Verkostung. Der Einstieg folgt mit dem
Riesling-Silvaner 2020. Eine schöne Säure bei zwölf Volumenprozent
Alkohol lassen Frucht zu und munden. Der folgende
Pinot Gris gedeiht optimal auf dem flachgründigen Jurakalk. Er
Ueli Bänninger gibt für jeden degustierten Wein viel Informationen preis.
wird im Holzfass vergoren und ausgebaut und offenbart vielschichtige
Frucht sowie einen kräftigen Körper, der von saftiger
Säure gestützt wird und einen anhaltenden Abgang hinterlässt.
Im dritten Glas überzeugt eine Cuvée aus den Piwi-Sorten
Cabernet Blanc und Sauvignac 2021. Sie werden kühl vergoren
und im Stahltank ausgebaut und zeigen intensive Frucht,
einen schönen Körper bei ausbalancierter Säure. Ein Rosé darf
bei den sommerlichen Temperaturen nicht fehlen. Der ausgeschenkte
Federweisse wird mit 90 Prozent Pinot Noir und zehn
Prozent Garanoir gekeltert und gefällt gut.
In der Abgeschiedenheit der Klus wachsen auch rote Sorten
an den Jurahängen. Seinen Pinot Noir ‘Rainli’ 2020, aus erster
Lage oben am Wald, kommentiert der Winzer so: "In zwei
Lagen des Tschäpperli wird der Ertrag auf 600 Gramm Trauben
per Quadratmeter begrenzt. Nach einer sorgfältigen und
intensiven Maischengärung reift der ‘Rainli erster Lage’ während
neun Monaten in dreijährigen Barriques und Fuderfässern
mit 500 Liter Inhalt. Zur Abfüllung werden die am schönsten
entwickelten Weine der verschiedenen Fässer ausgesucht. Auf
die Flasche kommt ein beeriger, fruchtiger und vielschichtiger
Pinot Noir mit kräftigem Körper."
Zum Abschluss der Degustation reicht das Ehepaar Bänninger
eine reichhaltige Fleischplatte zusammen mit dem Hommage,
ein in Barriques ausgebauter Pinot Noir 2019. Der Wein
zeigt seine volle Frucht, ist saftig, aber nicht überreif. Generell
haben die Tschäpperli Weine gefallen, sodass einige Flaschen
die Ausflügler auf dem Weg zurück über den Jura begleiten..
Auf der Terrasse in der Bärgbeiz Gempenturm wird ein feines
Essen serviert und mit Weinen der Kellerei Siebe Dupf und dem
Weingut Tschäpperli begleitet. Als abschliessendes Highlight
bauten die Organisatoren einen geführten Besuch der Ermitage
bei Arlesheim ein. Der historische Landschaftsgarten wurde
1785 von den Cousins Balbina von Andlau und Heinrich von
Ligertz erbaut. Schöne Wege, Grotten, lauschige Teiche und
idyllische Plätze laden zum Verweilen ein. Judith Baumann
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