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Mixology Issue #111 – mehr Roggen!

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TUAN ANH NGUYEN UND STEFFEN<br />

LIEBEHENZ HABEN DER »LANG BAR« IM<br />

BERLINER WALDORF ASTORIA NEUES<br />

LEBEN EINGEHAUCHT. MODERNE INTER-<br />

PRETATIONEN VON KLASSIKERN UND EIN<br />

TIGHTES KONZEPT HABEN DIE HOTEL-<br />

BAR WIEDER AUF DEN BAR-RADAR DER<br />

STADT GEBRACHT. ZU BESUCH BEI EINEM<br />

DUO, DAS SICH BLIND<br />

VERSTEHT.<br />

Text Stefan Adrian<br />

Fotos Birte Filmer<br />

MIXOLOGY: Steffen, Tuan, ihr habt beide<br />

Wurzeln im Becketts Kopf, allerdings haben<br />

sich eure Phasen dort nicht überschnitten.<br />

Trotzdem hat man hat sofort den Eindruck:<br />

Die Chemie zwischen euch stimmt.<br />

Steffen Liebehenz: Tuan hat uns letztens mit<br />

Thor und Hulk verglichen. Das war sehr passend.<br />

Tuan Anh Nguyen: Uns verbindet eine Form<br />

von gesunder Neckerei. Wir messen uns nicht<br />

aneinander, auch wenn viele Kollegen denken,<br />

dass wir einen Machtkampf pflegen. Überhaupt<br />

nicht: Wir treten uns gegenseitig eher<br />

in den Hintern. Ich kann leicht soziopathische<br />

Züge haben, Steffen etwas gemächlichere. Das<br />

sieht dann so aus, dass Steffen zu mir sagt:<br />

»Tuan, die Wörter ›Danke‹ und ›Bitte‹ gehören<br />

sich immer noch.« Und ich zu ihm sage: »Steffen,<br />

beweg dich mal schneller.« Das tut uns gut.<br />

Wir arbeiten an der Station mittlerweile blind<br />

miteinander.<br />

Dann sollte man wohl »Thor« schauen …<br />

Liebehenz: Thor 3 reicht. Es war auch eher<br />

ein symbolischer Vergleich. Die beiden müssen<br />

immer gegenseitig beweisen, wer größer,<br />

stärker, schneller ist. Aber eigentlich wissen<br />

sie insgeheim, dass sie sich genau deswegen<br />

auf den anderen verlassen können. So sind wir<br />

auch. Ich bin im Herbst 2019 eingestiegen und<br />

Tuan kam kurz darauf hinzu. Das hat mir gutgetan<br />

und hat wieder Dynamik und Energie<br />

reingebracht.<br />

Apropos Kino: Durch die Fenster der Lang Bar<br />

sieht man zur linken Hand auf den Zoo Palast,<br />

zur rechten auf den Kurfürstendamm: das Herz<br />

von Berlin City-West. Spürt man das in der<br />

Bar?<br />

Liebehenz: Was das Kino betrifft durchaus,<br />

kommt aber auf den Film an. Bei James Bond<br />

kamen danach viele in die Bar, bei Matrix 4<br />

weniger.<br />

Nguyen: Die Leute schreien natürlich sofort:<br />

Martini! Wenn sie dann einen Vesper Martini<br />

bestellen, schaue ich ihnen erst mal tief in<br />

die Augen und frage, ob sie vorhaben, gleich<br />

direkt unter dem Tisch zu liegen. Der Vesper<br />

Martini an und für sich ist immer noch ein<br />

Drink für einen Alkoholiker, auch wenn dieser<br />

zufällig James Bond heißt. Aber die Euphorie<br />

und die Motivation, so etwas nachzuvollziehen,<br />

spüren wir manchmal.<br />

Die Lang Bar ist jetzt knapp zehn Jahre alt.<br />

Sie war mal <strong>mehr</strong>, mal weniger präsent. Was ist<br />

eure Vision?<br />

Liebehenz: Wir wollten ein klares Profil. Das<br />

sind zuallererst Interpretationen von klassischen<br />

Drinks mit hoher Qualität. Die Zeit der<br />

LANG BAR<br />

Die Lang Bar befindet sich im ersten Stock<br />

des Waldorf Astoria am Zoologischen<br />

Garten in Berlin. Genau diese Atmosphäre<br />

bekommt man auch, wenn man die eindrucksvolle<br />

Bar betritt: Breite Fensterfronten<br />

zu beiden Seiten geben den Blick<br />

frei auf den Bahnhof Zoo, die Gedächtniskirche,<br />

den Kurfürstendamm. Die Lang<br />

Bar ist mittendrin und doch irgendwie<br />

eine versteckte Perle. Eine Perle, die seit<br />

etwa drei Jahren von Steffen Liebehenz<br />

und Tuan Anh Nguyen aufpoliert wird.<br />

Lockdowns war auch für uns unangenehm,<br />

aber wir haben sie genutzt, um uns kennenzulernen.<br />

Wir haben uns viel privat getroffen, um<br />

zu überlegen, wo wir hinwollen. Wir führen<br />

diese Bar nicht wie eine klassische Hotelbar,<br />

sondern wie eine freie Bar. Wir definieren Luxus<br />

anders als viele in der klassischen Hotellerie,<br />

wo es darum geht, dem Gast das zu geben,<br />

was er gerne möchte. Wir wollen ein exklusives<br />

Erlebnis bieten. Das ist unsere Definition von<br />

Luxus.<br />

Nguyen: Eine Zeit lang war die Lang Bar<br />

auch eher unsichtbar und nicht sehr progressiv<br />

ausgerichtet. Jetzt haben wir den Schritt auch<br />

<strong>mehr</strong> in die Bar-Community hineingewagt, um<br />

zu zeigen, dass sie immer noch existiert.<br />

Liebehenz: Wir wollen ein Ort sein, an<br />

dem man entspannen kann. Ich habe nie mit<br />

Mario Kappes gearbeitet, aber sein Motto hat<br />

mich immer inspiriert: »Der Service steht im<br />

Vordergrund, der Drink muss beiläufig perfekt<br />

sein.« Darüber habe ich viel nachgedacht<br />

und habe diese Philosophie umgedreht: »Der<br />

Drink steht im Vordergrund, der Service muss<br />

beiläufig perfekt sein.«<br />

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