AUF EIN GLAS MIT … NON-CHEMICAL BROTHERS Diskussionen gehören dazu, wenn Liebehenz und Nguyen sich austauschen 28
TUAN ANH NGUYEN UND STEFFEN LIEBEHENZ HABEN DER »LANG BAR« IM BERLINER WALDORF ASTORIA NEUES LEBEN EINGEHAUCHT. MODERNE INTER- PRETATIONEN VON KLASSIKERN UND EIN TIGHTES KONZEPT HABEN DIE HOTEL- BAR WIEDER AUF DEN BAR-RADAR DER STADT GEBRACHT. ZU BESUCH BEI EINEM DUO, DAS SICH BLIND VERSTEHT. Text Stefan Adrian Fotos Birte Filmer MIXOLOGY: Steffen, Tuan, ihr habt beide Wurzeln im Becketts Kopf, allerdings haben sich eure Phasen dort nicht überschnitten. Trotzdem hat man hat sofort den Eindruck: Die Chemie zwischen euch stimmt. Steffen Liebehenz: Tuan hat uns letztens mit Thor und Hulk verglichen. Das war sehr passend. Tuan Anh Nguyen: Uns verbindet eine Form von gesunder Neckerei. Wir messen uns nicht aneinander, auch wenn viele Kollegen denken, dass wir einen Machtkampf pflegen. Überhaupt nicht: Wir treten uns gegenseitig eher in den Hintern. Ich kann leicht soziopathische Züge haben, Steffen etwas gemächlichere. Das sieht dann so aus, dass Steffen zu mir sagt: »Tuan, die Wörter ›Danke‹ und ›Bitte‹ gehören sich immer noch.« Und ich zu ihm sage: »Steffen, beweg dich mal schneller.« Das tut uns gut. Wir arbeiten an der Station mittlerweile blind miteinander. Dann sollte man wohl »Thor« schauen … Liebehenz: Thor 3 reicht. Es war auch eher ein symbolischer Vergleich. Die beiden müssen immer gegenseitig beweisen, wer größer, stärker, schneller ist. Aber eigentlich wissen sie insgeheim, dass sie sich genau deswegen auf den anderen verlassen können. So sind wir auch. Ich bin im Herbst 2019 eingestiegen und Tuan kam kurz darauf hinzu. Das hat mir gutgetan und hat wieder Dynamik und Energie reingebracht. Apropos Kino: Durch die Fenster der Lang Bar sieht man zur linken Hand auf den Zoo Palast, zur rechten auf den Kurfürstendamm: das Herz von Berlin City-West. Spürt man das in der Bar? Liebehenz: Was das Kino betrifft durchaus, kommt aber auf den Film an. Bei James Bond kamen danach viele in die Bar, bei Matrix 4 weniger. Nguyen: Die Leute schreien natürlich sofort: Martini! Wenn sie dann einen Vesper Martini bestellen, schaue ich ihnen erst mal tief in die Augen und frage, ob sie vorhaben, gleich direkt unter dem Tisch zu liegen. Der Vesper Martini an und für sich ist immer noch ein Drink für einen Alkoholiker, auch wenn dieser zufällig James Bond heißt. Aber die Euphorie und die Motivation, so etwas nachzuvollziehen, spüren wir manchmal. Die Lang Bar ist jetzt knapp zehn Jahre alt. Sie war mal <strong>mehr</strong>, mal weniger präsent. Was ist eure Vision? Liebehenz: Wir wollten ein klares Profil. Das sind zuallererst Interpretationen von klassischen Drinks mit hoher Qualität. Die Zeit der LANG BAR Die Lang Bar befindet sich im ersten Stock des Waldorf Astoria am Zoologischen Garten in Berlin. Genau diese Atmosphäre bekommt man auch, wenn man die eindrucksvolle Bar betritt: Breite Fensterfronten zu beiden Seiten geben den Blick frei auf den Bahnhof Zoo, die Gedächtniskirche, den Kurfürstendamm. Die Lang Bar ist mittendrin und doch irgendwie eine versteckte Perle. Eine Perle, die seit etwa drei Jahren von Steffen Liebehenz und Tuan Anh Nguyen aufpoliert wird. Lockdowns war auch für uns unangenehm, aber wir haben sie genutzt, um uns kennenzulernen. Wir haben uns viel privat getroffen, um zu überlegen, wo wir hinwollen. Wir führen diese Bar nicht wie eine klassische Hotelbar, sondern wie eine freie Bar. Wir definieren Luxus anders als viele in der klassischen Hotellerie, wo es darum geht, dem Gast das zu geben, was er gerne möchte. Wir wollen ein exklusives Erlebnis bieten. Das ist unsere Definition von Luxus. Nguyen: Eine Zeit lang war die Lang Bar auch eher unsichtbar und nicht sehr progressiv ausgerichtet. Jetzt haben wir den Schritt auch <strong>mehr</strong> in die Bar-Community hineingewagt, um zu zeigen, dass sie immer noch existiert. Liebehenz: Wir wollen ein Ort sein, an dem man entspannen kann. Ich habe nie mit Mario Kappes gearbeitet, aber sein Motto hat mich immer inspiriert: »Der Service steht im Vordergrund, der Drink muss beiläufig perfekt sein.« Darüber habe ich viel nachgedacht und habe diese Philosophie umgedreht: »Der Drink steht im Vordergrund, der Service muss beiläufig perfekt sein.« 29