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Mixology Issue #111 – mehr Roggen!

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TRINKWELT<br />

W H I S<br />

Dabei tut sich dort deutlich <strong>mehr</strong>, als es in<br />

weniger stark, dafür <strong>mehr</strong>, altertümliche<br />

»Tradition« kommt von Weitergabe, nicht<br />

von veraltetem Whiskey-Wissen.<br />

Text Juliane E. Reichert<br />

Illustrationen Inga Israel<br />

Dieser Tage war Irland besonders auffällig<br />

geworden mit einer immensen Klage von 405<br />

Millionen Euro gegen Meta, die Mutter von Facebook<br />

und Instagram mit Sitz in Dublin. Vorgeworfen<br />

wird dem Unternehmen, die Privatsphäre<br />

von Minderjährigen im Alter zwischen<br />

13 und 17 Jahren nicht ausreichend geschützt zu<br />

haben. Die Altersspanne ist so zu begründen,<br />

dass die Iren im Schnitt mit 13 Jahren damit beginnen,<br />

die Meta-Produkte zu nutzen, ab 18 ist<br />

man auch hier volljährig. Heißt, Alkohol wird<br />

im Pub an alle ausgeschenkt, die mindestens 18<br />

Jahre alt sind. Klingt simpel, ist es aber nicht.<br />

Denn wie auch der in Deutschland trinkende<br />

Mensch weiß: Der Konsum von Alkohol hängt<br />

nur bedingt ab vom Einlass in Kneipen oder<br />

Bars oder von limitierten Öffnungszeiten des<br />

Supermarktes. Maßgeblich ist es eine Frage der<br />

Sozialisierung aus dem Elternhaus, hinzu kommen<br />

die Freunde, denn Möglichkeiten werden<br />

immer gefunden. Studien zeigen, dass das Gros<br />

der irischen Jugend im Alter von 13 zum ersten<br />

Mal mit Alkohol konfrontiert wird, und zwar<br />

zu Hause. Der Staat mag es also gut meinen mit<br />

dem Schutz von Heranwachsenden, gegen das<br />

Guinness mit dem Vater indes kann er wenig<br />

tun. Erschwerend, beziehungsweise erleichternd<br />

<strong>–</strong> wie so oft eine Frage der Perspektive<br />

<strong>–</strong> kommt hinzu, dass inzwischen auch die<br />

Craft-Beer-Welle Irland erreicht hat und deutlich<br />

geworden ist, dass weder Guinness noch<br />

Kilkenny die einzigen Biere sind, die es auf der<br />

grünen Insel zu trinken gilt.<br />

Hoptimisten<br />

jenseits der Hauptinsel<br />

Es lässt sich statistisch sagen, dass die Trink lust<br />

Minderjähriger seit Beginn der 2000er abgenommen<br />

hat, wobei der irische Whiskey, Stand<br />

heute, die am schnellsten wachsende Spirituosenkategorie<br />

der Welt ist <strong>–</strong> so zumindest laut<br />

dem Reiseveranstalter Echt Irland. Im Jahr<br />

2013 waren es vier eingetragene Brennereien,<br />

in den sieben darauffolgenden Jahren waren es<br />

31 Destillerien mit Registration. Entsprechend<br />

dieses Booms beträgt der Umsatz alkoholischer<br />

Getränke laut Statista im Markt rund 5,2 Milliarden<br />

Euro, wobei die Prognose für 2025 ein<br />

Marktvolumen von etwa 7,5 Milliarden errechnet,<br />

was einem Umsatzwachstum von 13,28 Prozent<br />

entspricht. Zudem ist allein im zentralen<br />

Exportmarkt USA von 2020 auf 2021 der Absatz<br />

von 5 Millionen 9-Liter-Cases auf 5,9 Millionen<br />

gestiegen <strong>–</strong> mittlerweile wird orakelt, Irish<br />

könnte auf der anderen Seite des Atlantiks<br />

langfristig sogar den Scotch übertrumpfen. In<br />

Irland selbst liegt, überraschenderweise, übrigens<br />

noch immer das Marktvolumen von Wein<br />

vor dem des Whiskeys. Die Iren, ein Land der<br />

Weintrinker?<br />

Man möchte es kaum glauben, aber ausgerechnet<br />

ein Unterfranke, Thomas Walk, probierte<br />

das seinen eigenen Worten nach »Unmögliche«<br />

und bemüht sich seit rund 40 Jahren<br />

um den irischen Weinbau <strong>–</strong> und zwar nach<br />

fränkischem Stil. Die Expertin flüssiger Irland-<br />

Erfahrungen und außerdem Autorin von Irish<br />

Whiskey, Phönix von der grünen Insel, Daniela<br />

Brack, würde hingegen in Irland keinen<br />

Wein bestellen, »wenn es nicht unbedingt sein<br />

muss«. Ihr fällt auf, dass die jüngere Generation<br />

in der Tendenz weniger Bier trinkt und<br />

sich <strong>mehr</strong> auf Cocktails ausrichtet. Und wenn<br />

Bier, dann eben eher crafty. Beispielsweise hat<br />

sich der Guinness-Braumeister Fergal Murray<br />

von Dublin City Brewing Co. abwerben<br />

lassen und braut dort nun IPA, Pilsner, Lager<br />

und, ja, auch Stout. Es liegt eben nicht <strong>mehr</strong><br />

im Bereich des absolut Obligatorischen, nach<br />

Ankunft in Irland ein Gedeck aus Guinness<br />

und Jameson zu trinken, wie es am Flughafen<br />

zuhauf gesichtet wird: Es geht auch handgemacht<br />

und, wie die Brauerei von sich zu sagen<br />

pflegt, als Hoptimist, wenn es um die Vielfalt<br />

des irischen Bieres geht.<br />

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