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Absolventenrundschau Nr. 180 - Oktober 2022

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Wir waren von 16 bis 28 Jahre<br />

alt, katholisch – evangelisch –<br />

glaubenslos, lammfromm bis<br />

revolutionär ...<br />

die erste Frage beantwortet und HR<br />

Lerner sagte „ungenügend“. Darauf<br />

sagte Prof. Dr. Harasser: „Herr Direktor,<br />

der Kandidat hat die Frage richtig<br />

beantwortet, aber wenn Sie mehr<br />

wissen wollen, dann müssen Sie den<br />

Kandidaten danach fragen“ – und er<br />

fragte mich ca. 45 Minuten; die Nervosität<br />

ist ringsum gestiegen. MR<br />

Novotny war schon etwas genervt<br />

und sagte: „Herr Hofrat, das reicht,<br />

der Kandidat hat die Fragen sehr gut<br />

beantwortet“ – und so kam ich zu einem<br />

„Sehr gut“ in Betriebswirtschaft<br />

(geplant war ein „Flug“). Wir hatten<br />

nachmittags die übliche Maturafeier<br />

und unser Gebäck stand schon vor<br />

der Schule und wir wussten vielfach<br />

noch nicht, wie wir Nachhause kommen<br />

können. Auf Grund der großen<br />

geographischen Streuung und der<br />

schlechten Bahnverbindung z.B.<br />

nach Westösterreich sind wir davon<br />

ausgegangen, dass wir nach dem Maturaball<br />

noch einmal in Raumberg<br />

übernachten und erst am Tag nach<br />

der Matura geordnet heimfahren<br />

können. Das hat uns der Direktor<br />

verwehrt und viele Kollegen hatten<br />

nicht die Möglichkeit, sich per PKW<br />

von zu Hause abholen zu lassen. In<br />

der Nacht war von Stainach keine<br />

Zugverbindung nach Schwarzach –<br />

St. Veit oder nach Salzburg am Fahrplan.<br />

Ich hatte das große Glück, dass<br />

die Eltern von Dejakum Karl gleich<br />

nach Raumberg gefahren sind und<br />

mich – so wie drei zusätzliche Fahrgäste<br />

– nach Tirol mitgenommen<br />

haben. Wir waren dann um ca. 4:30<br />

Uhr in Wörgl am Bahnhof; Damals,<br />

1962 ist an einem regionalen Bahnhof<br />

um diese Zeit kein Taxi gestanden<br />

und das erste Postauto ist erst<br />

um ca. 7:30 gefahren. So machte ich<br />

mich mit schwerem Koffer, Rucksack<br />

und Aktentasche zu Fuß auf den Weg<br />

nach Oberau – 11 km bis zum Bichlhäusl.<br />

Unser Jahrgang hatte 1962 den Hofrat<br />

Lerner auch als Professor in Betriebswirtschaft,<br />

der die alten Skripten<br />

von Professor Dr. Anton Steden<br />

von der BOKU aus den 30iger Jahren<br />

vorgetragen hat. Aber nicht dieses<br />

Erlebnis war entscheidend, sondern<br />

seine ausgeklügelte Tyrannei, die<br />

vermutlich krankheitsbedingt war.<br />

Er hat z.B. kurz vor der schriftlichen<br />

Matura an einem Samstag um ca.<br />

21:00 Uhr den ganzen Jahrgang antreten<br />

lassen und hat uns folgende<br />

Arbeiten aufgetragen:<br />

Gruppe 1 – diese musste die Gänge<br />

im ersten, zweiten und dritten Stock<br />

nass reinigen und die Stiegenhäuser<br />

und das Parterre ebenfalls.<br />

Gruppe 2 – musste alle Schuhe aller<br />

Jahrgänge waschen und putzen; da<br />

war das Problem, wie kennzeichnen<br />

wir die Schuhe, damit wir sie nachher<br />

wieder auf den richtigen Stellplatz<br />

bringen.<br />

Gruppe 3 – diese musste alle Schuhregale,<br />

den Boden des Schuhraumes<br />

und zum Schluss auch den Waschraum<br />

säubern.<br />

Mit dieser Arbeit waren wir am Sonntag<br />

um ca. 02:30 in der Nacht fertig.<br />

Dann gab es die Affäre mit dem Kuster<br />

Michael, der sich wegen Haarausfall<br />

die Haare kurz schneiden ließ. Als<br />

Strafe musste er 20 Minuten neben<br />

seiner Bank stehen. Wir haben uns<br />

als Jahrgang solidarisch erklärt und<br />

haben in der folgenden Nacht allen<br />

Jahrgangskollegen die Haare kurz<br />

geschnitten. Das hat zwar beim Frühstück<br />

zum Aufschrei des Hofrates geführt,<br />

aber uns hat das nicht beeindruckt.<br />

Den Aigner Lorenz hat er im 4. Jahrgang<br />

aus seinem Zimmer im 2. Stock<br />

herausgenommen und in den 3.<br />

Stock in den 3. Jahrgang versetzt und<br />

wir waren uns nicht sicher, ob er ihn<br />

nicht aus der Schule hinauswirft. Wir<br />

haben deshalb ganz still und leise unsere<br />

Koffer gepackt, so dass wir bei<br />

einem Exodus von Aigner Lorenz sofort<br />

gemeinsam die Schule verlassen<br />

könnten. Aber zuvor haben wir noch<br />

einen Brief an das BM für Landwirtschaft<br />

und Forsten geschrieben, wo<br />

wir auf die Missstände aufmerksam<br />

gemacht haben. Dieser Brief musste<br />

eingeschrieben aufgegeben werden<br />

und das war nur möglich, weil<br />

wir unseren schnellsten Läufer, Albert<br />

Warger, am frühen Abend mit<br />

zusammengeknüpften Leintüchern >>

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