Deutsche Auswanderer zwischen Mythos und Realität - KOPS ...
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Begründung für das Festhalten an der Verbindung zu Deutschland eher<br />
aus, da seiner Meinung nach hauptsächlich demokratisch gesinnte 48er<br />
auswanderten. 158 In diesem Punkt muß Peter Waldmann jedoch<br />
widersprochen werden: Die <strong>Auswanderer</strong> in Chile hatten in erster Linie ihr<br />
wirtschaftliches Fortkommen im Sinn <strong>und</strong> sicherlich befanden sich auch<br />
politisch Motivierte vom Schlage eines Karl Anwandter unter ihnen, aber<br />
es gibt keine Hinweise dafür, daß dies für eine Mehrheit der <strong>Auswanderer</strong><br />
galt. Das Gegenteil ist eher der Fall, wie sich aus der Entwicklung ihrer<br />
Geschichte in dieser Arbeit erkennen ließ. Die Deutsch-Chilenen<br />
identifizierten sich sehr wohl mit den Idealen des preußischen<br />
Kaiserreichs <strong>und</strong> definierten sich noch weit bis in dieses Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
durch diese Werte, was durch die Auswertung der deutschsprachigen<br />
Presse erwiesen wurde.<br />
Die fünfte Phase schließlich charakterisiert sich durch den<br />
fortschreitenden Prozeß der Assimilation, wobei die Bezeichnung<br />
„Assimilation“ für die Gruppe der Deutsch-Chilenen, deren Beständigkeit<br />
in dieser Arbeit untersucht wurde, nach den Überlegungen in 6.1 als nicht<br />
zutreffend erscheint. Auch wenn die Minderheit, die bis heute an ihren<br />
deutschen Traditionen festhält, in dieser Arbeit nicht zahlenmäßig erfaßt<br />
werden kann, muß ihnen auch heute noch ein erheblicher Einfluß,<br />
verglichen mit ihrer Anzahl unterstellt werden.<br />
Günter Albrecht faßt in seinem Werk „Soziologie der geographischen<br />
Mobilität“ empirische Ergebnisse der Wanderungsforschung zusammen <strong>und</strong><br />
gibt einige Hinweise, die die auffallende kulturelle Beständigkeit der Deutsch-<br />
Chilenen über Generationen erklären können. Albrecht führt aus, daß<br />
Migranten, die sich nicht oder nur sehr langsam integrieren, häufig ihre<br />
Erwartungen nur auf einen bestimmten Aspekt in der neuen Heimat gerichtet<br />
hatten oder daß „sie zu konservativ, zu skeptisch <strong>und</strong> sich selbst zu<br />
überlegen fühlen, um die Wertmuster der aufnehmenden Gesellschaft zu<br />
158 Waldmann, Peter: Conflicto cultural y adaptación paulatina: La evolución de las colonias de inmigrantes<br />
alemanes en el sur de Chile, in: Jahrbuch für Geschichte von Staat, Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft<br />
Lateinamerikas, hg.v. Kahle, Günter/ Kellenbenz, Hermann/ Pietschmann, Horst/ Pohl, Hans, Bd.25 (1988),<br />
S.437ff