Deutsche Auswanderer zwischen Mythos und Realität - KOPS ...
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Verbindung mit Chile, die auf die vielen <strong>Auswanderer</strong> aus Baden-<br />
Württemberg zurückzuführen sei, wurde von Teufel betont. 139<br />
Noch im selben Jahr reiste B<strong>und</strong>eskanzler Kohl mit einer Delegation, der<br />
120 Personen angehörten, nach Chile. Die Andenrepublik fand nach dem<br />
Regierungswechsel in Deutschland wieder wachsendes Interesse als<br />
Investitionsland. Während des Besuchs wurde u. a. ein Vertrag<br />
unterzeichnet über die Förderung <strong>und</strong> den Schutz von Privatinvestitionen.<br />
Für kleine <strong>und</strong> mittelständische Unternehmen sollte so ein Anreiz<br />
geschaffen werden, in Chile zu investieren.<br />
Die vormals als „Lügen“ <strong>und</strong> „Verrat“ zurückgewiesene Kritik der<br />
B<strong>und</strong>esregierung an der Militärdiktatur wurde seit dieser Zeit im „Condor“<br />
erstaunlicherweise plötzlich ganz anders interpretiert: Die deutsche Kritik<br />
habe auf dem großen Interesse beruht, das Deutschland Chile auch<br />
aufgr<strong>und</strong> der vielen Deutschstämmigen entgegenbrächte <strong>und</strong> die<br />
Enttäuschung über die Frevel der Militärregierung sei auch „ein Zeichen<br />
der engen Gefühlsbindung“ vieler <strong>Deutsche</strong>r an Chile gewesen. 140<br />
Diese Neuinterpretation der Vergangenheit zeigt ein weiteres Mal die<br />
mangelnde Kritikfähigkeit dieser Minderheit, vor allem auch in Bezug auf<br />
die eigene Gruppe. Wie bereits ausgeführt wurde, wurzelt dieses Verhalten<br />
nicht in politischen Überzeugungen, sondern in dem Bestreben die<br />
privilegierte Sonderstellung in der chilenischen Gesellschaft zu erhalten.<br />
Sich selbst in Frage zu stellen entspricht nicht der Gewohnheit der<br />
deutsch-chilenischen Minderheit, da dies als Gefahr für ihre weitere<br />
Existenz empf<strong>und</strong>en wird.<br />
Die Bikulturalität wird von den Deutsch-Chilenen als persönliche, aber darüber<br />
hinaus auch als Bereicherung der gesamten chilenischen Gesell-schaft<br />
empf<strong>und</strong>en <strong>und</strong> so spielt die Verbindung zu Deutschland nicht nur in<br />
wirtschaftlicher Hinsicht eine große Rolle. Jedoch kann das neuerliche gute<br />
Einvernehmen bei offiziellen Anlässen <strong>und</strong> die erfolgreiche Kooperation auf<br />
wirtschaftlichem Gebiet nicht darüber hinwegtäuschen, daß eine<br />
139 Condor, Nr.2952, 27.April 1991, S.1<br />
140 Condor, Nr.2977, 12.Oktober 1991, S.2