Deutsche Auswanderer zwischen Mythos und Realität - KOPS ...

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54 verschrieben hat, ist der BCB, der „Bund der deutschen Burschenschaften“, der die zweimonatige Zeitschrift „Vita Nostra“ herausgibt. Unter dieser Organisation, die als einzige Institution von ihren Mitgliedern ein Sprachdiplom und teilweise sogar den Nachweis der Deutschstämmigkeit als Voraussetzung für die „Burschung“ ihrer Mitglieder verlangt 111 , sind die verschiedenen Burschenschaften Chiles zusammenfaßt. Auch in diesem Blatt findet eine breite Diskussion über Sinn des „Deutschtums“ und mögliche Maßnahmen, die den „Schrumpfungsprozeß“ der deutsch-chilenischen Organisationen aufhalten könnten, statt. Allgemein sind die Klagen in der Presse über den Rückgang der deutschen Sprache und das nachlassende Interesse an deutschen Traditionen nicht selten. Verschiedene Beiträge beziehen sich auch auf die Tatsache, daß die aus Deutschland entsendeten Lehrer kein starkes „Deutschtumsbewußtsein“ mitbrächten, was wiederum die Frage nach den Inhalten dieses Begriffes aufkommen läßt. Zunächst soll nun den Wurzeln dieser Vorstel- lungen nachgegangen werden, indem die Historiographie der Pioniergeschichte aus verschie- denen Perspektiven verglichen werden soll. 111 Vita Nostra, Heft 2 (1977), S.11: Für die Mitgliedschaft wird die vom Goethe-Institut festgelegte Prüfung „Zertifikat für Deutsch als Fremdsprache“ oder eine ähnlich schwierige Prüfung wie das „Kleine deutsche Sprachdiplom“ gefordert.

Die Pionierzeit 55 „Die deutsche Heldentat im Süden Chiles ist nur mit der Eroberung des amerikanischen Westens zu vergleichen. Beide Ruhmestaten, die mit heldenmutigen und übermenschlichen Anstrengungen und äußersten Opfern verbunden waren, führten letztlich der Wirtschaft des jeweiligen Landes ungeheuer große Landesteile zu und sicherten so eine natürliche und unbestrittene Hoheit über die eroberten Gebiete.“ 112 Regelmäßig beschäftigen sich Artikel des Condors und Festschriften mit der Pionierzeit in Chile. Zur Selbstvergewisserung oder Rechtfertigung der Sonder- oder gar Elitestellung wird immer wieder die Geschichte der Auswanderung und der besonderen Leistung der Kolonisten heraufbeschworen. In Kapitel 3 wurde bereits auf die Durchführung der Auswanderung eingegangen und die Leistung der Pioniere hingewiesen, die hier auch nicht angezweifelt werden soll. Jedoch erscheint der Mythos vom „Goldenen Westen“ oder hier besser „Goldenen Süden“ einer genaueren Untersuchung wert. Denn beim Studium authentischer Quellen erscheint die Geschichte in einem anderen Licht. Nach Ansicht von J.-P. Blancpain entstammen viele Darstellungen der Weimarer Republik und gehen auf protestantische Autoren zurück, die von rassentheoretischen Lehren beeinflußt waren. In diesen Werken wird die Bedeutung der Kolonisierung in einer Weise interpretiert, die dem „Deutschtum“ eine überlegene Stellung beimißt. 113 Diese Art des Nationalismus war jedoch Merkmal einer bestimmten Epoche und kann nicht ohne weiteres auf die Pionierzeit und auch nicht auf die jüngere Vergangenheit übertragen werden. Ein Ziel dieser Arbeit ist, das besondere 112 Einleitung zur Festschrift „Llanquihue 1852-1977“, Verlag Condor, Santiago 1977 113 Blancpain, La Tradición, S.34

54<br />

verschrieben hat, ist der BCB, der „B<strong>und</strong> der deutschen<br />

Burschenschaften“, der die zweimonatige Zeitschrift „Vita Nostra“<br />

herausgibt. Unter dieser Organisation, die als einzige Institution von ihren<br />

Mitgliedern ein Sprachdiplom <strong>und</strong> teilweise sogar den Nachweis der<br />

Deutschstämmigkeit als Voraussetzung für die „Burschung“ ihrer<br />

Mitglieder verlangt 111 , sind die verschiedenen Burschenschaften Chiles<br />

zusammenfaßt. Auch in diesem Blatt findet eine breite Diskussion über<br />

Sinn des „Deutschtums“ <strong>und</strong> mögliche Maßnahmen, die den<br />

„Schrumpfungsprozeß“ der deutsch-chilenischen Organisationen<br />

aufhalten könnten, statt.<br />

Allgemein sind die Klagen in der Presse über den Rückgang der deutschen<br />

Sprache <strong>und</strong> das nachlassende Interesse an deutschen Traditionen nicht<br />

selten. Verschiedene Beiträge beziehen sich auch auf die Tatsache, daß<br />

die aus Deutschland entsendeten Lehrer kein starkes<br />

„Deutschtumsbewußtsein“ mitbrächten, was wiederum die Frage nach<br />

den Inhalten dieses Begriffes aufkommen läßt. Zunächst soll nun<br />

den Wurzeln dieser Vorstel- lungen nachgegangen werden,<br />

indem die Historiographie der Pioniergeschichte aus verschie-<br />

denen Perspektiven verglichen werden soll.<br />

111 Vita Nostra, Heft 2 (1977), S.11: Für die Mitgliedschaft wird die vom Goethe-Institut festgelegte Prüfung<br />

„Zertifikat für Deutsch als Fremdsprache“ oder eine ähnlich schwierige Prüfung wie das „Kleine deutsche<br />

Sprachdiplom“ gefordert.

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