Deutsche Auswanderer zwischen Mythos und Realität - KOPS ...
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46<br />
Vergangenheit im Zusammenhang mit der Militärdiktatur unter General<br />
Pinochet ein ähnlich unkritisches Verhalten der Deutsch-Chilenen, das<br />
gewisse Parallelen zur Vergangenheit aufweist.<br />
Zu bedenken bleibt in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, daß es<br />
sich bei diesem Verhalten nicht nur um ein spezifisch deutsches<br />
Phänomen handelt, sondern vielmehr auch um das typische Verhalten<br />
einer Minderheit, die einem Assimilationsdruck von außen ausgesetzt<br />
wurde, was generell ein Rückbesinnen auf die Ursprungskultur der<br />
Emigranten hervorruft. Soziale Kontrolle - wie z.B. Schwarze Listen -<br />
gegenüber einer Minderheit mobilisiert Abwehrhaltungen bei den<br />
Betroffenen, die in im Falle der Deutsch-Chilenen eine Hinwendung zum<br />
Nationalsozialismus begünstigt haben könnte. 95<br />
An dieser Stelle muß hinzugefügt werden, daß sich faschistisches<br />
Gedankengut auch unter den Iberochilenen verbreitete. Die „Movimiento<br />
Nacional Socialista de Chile“ (MNS) wurde von Jorge Gonzales von Marées<br />
Ende 1932 gegründet. Außerdem entstanden als Nachfolgeorganisationen<br />
die „Vanguarda Popular Socialista“ (1932-38), die „Acción Nacional“, die<br />
„Partido Nacional Socialista Obrero“ <strong>und</strong> die „Movimiento<br />
Nacionalsocialista de Chile“. Die von Marées gegründetete Organisation<br />
war wohl die bekannteste dieser Art, da sie sich durch Straßenkämpfe,<br />
gewalttätige Zusammenstöße mit der Polizei <strong>und</strong> einen Putschversuch<br />
gegen die Regierung Alessandri hervortat. 96 Das Motto war „Chile den<br />
Chilenen“ <strong>und</strong> im Zusammenhang mit der liberalen Einstellung der<br />
chilenischen Regierung gegenüber jüdischen Emigranten, das Chile auch<br />
den Namen „Einwanderungsparadies“ eintrug, erzwang der Führer von<br />
Marées außerdem den Rücktritt eines Außenministers. 97<br />
Die Anzahl von 13 000 nach Chile emigrierten „deutschen Staatsbürgern<br />
jüdischen Glaubens“, rassisch Verfolgten <strong>und</strong> 300 politischen Emigranten<br />
rechtfertigt eine gesonderte Beschreibung ihrer publizistischen Tätigkeit. Im<br />
95 Schobert, Soziale Integration, S.8f<br />
96 siehe „movimiento“, Historical Dictionary, S.328f<br />
97 Wojak, Irmtrud: „Ausharren oder Flüchten“ - Deutsch-jüdisches Exil in Chile, in: Lateinamerika-<br />
Nachrichten 251 (1995), Flucht <strong>und</strong> Migration I, S.49