Deutsche Auswanderer zwischen Mythos und Realität - KOPS ...

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34 Ländern wie El Salvador, Ecuador und Columbien aus, die so auch von der chilenischen Kriegsakademie profitierten. 77 3.7 Die Vereine „In mein’ Verein bin ich hineingetreten, / weil mich ein alter Freund darum gebeten, / ich war allein. / Jetzt bin ich Mitglied, Kamerad, Kollege. / Das kleine Band, das ich ins Knopfloch lege, / ist der Verein. / Da draußen bin ich nur ein armes Luder. / Hier bin ich Mann und Bundesbruder / in vollen Reih’n. / Hoch über und da schweben die Statuten. / Die Abendstunden schwinden wie Minuten / in mein’ Verein.“ 78 Kurt Tucholsky Man sagt, wo immer drei Deutsche zusammentreffen gründen sie einen Verein. In der Tat entstanden im letzten Jahrhundert zahllose Vereine in Deutschland und diese Entwicklung fand auch in den deutschen Kolonien ihre Fortsetzung. In Deutschland wurde die Patriotismus-Bewegung von den Historikern Gustav Droysen (1808-84), Heinrich von Sybel (1817-1903) und Theodor Mommsen (1817-1903) gefördert. Zu dieser Zeit entstanden überall Sänger-, Turn- und Schützenvereine. Es wurden Schiller-Gedenkfeiern abgehalten und 1869 wurde in Coburg der Nationalverein gegründet. Auch in Chile gründeten die deutschen Einwanderer zahlreiche Vereine. In diesen Vereinen konnten sie ihr gemeinsames Interesse für Gemütlichkeit und Kameradschaft, das zum deutschen Ethos gehörte, pflegen. Vereine waren außerdem ein wichtiger Faktor bei der Erhaltung der deutschen Kultur und Sprache. 76 Blancpain, Les Allemands, S.895f 77 Converse: Die Deutschen, S.327 78 Tucholsky, Kurt, in: Condor, Nr.2164, 12.April 1975, S.5

35 Es gab Gesangvereine, Turnvereine, Schützenvereine, Kegelvereine, Wandervereine und Deutsche Vereine. Alle Vereine waren gleich organisiert: es gab einen Vorstand, der von den beitragspflichtigen Mitgliedern gewählt wurde. Der deutsche Verein wurde von den einflußreichsten und finanzkräftigsten Mitgliedern der deutschen Gemeinschaft gegründet. Der älteste der Vereine wurde schon 1838 in Valparaíso ins Leben gerufen und bildete das Zentrum der deutschen Geschäftswelt. Viele andere Vereine zur Freizeitgestaltung waren eng mit dem Deutschen Verein verknüpft und nutzten dessen Räumlichkeiten. Sehr beliebt waren auch Musik- und Gesangvereine, wo ausschließlich deutsches Liedgut gepflegt wurde. Für die weniger Musikalischen gab es eine Vielzahl von Turn- und Gymnastikvereinen. Körperliche Ertüchtigung wurde nach dem Vorbild von „Turnvater Jahn“ großgeschrieben, denn man war der Meinung, daß in einem starken Körper ein starker Wille stecke und ganz besonders ein „deutscher Wille“. Die Höhepunkte des Turnerjahres bildeten die Turnerfeste, von denen sich auch die chilenische Öffentlichkeit beeindruckt zeigte. Aber es wurden nicht nur Vereine zur Freizeitgestaltung und Pflege der deutschen Kultur gegründet. Wie bereits ausgeführt wurde, war die Infrastruktur denkbar schlecht und die Einwanderer sahen sich gezwungen, eigene Wohlfahrtseinrichtungen und Hilfsorganisationen einzurichten. Schon 1853 führte Karl Anwandter die freiwillige Feuerwehr ein. Die Siedler gründeten weiterhin Krankenhausvereine, Wohlfahrtskassen für Witwen und Weisen, Kranken- und Sterbekassen und die schon erwähnten Schulvereine. 79 Neben diesen Vereinen gab es auch noch andere Organisationen wie den Bund Chilenischer Burschenschaften (BCB), die deutsch-chilenische Handelskammer und den Deutsch-Chilenische Bund (DCB), der bis heute die wichtigste und umfassendste kulturelle Institution geblieben ist. Neben den deutsch-chilenischen Institutionen gibt es auch solche, die die Beziehungen von Deutschland aus unterhalten, wie zum Beispiel den VDA (früher

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Ländern wie El Salvador, Ecuador <strong>und</strong> Columbien aus, die so auch von<br />

der chilenischen Kriegsakademie profitierten. 77<br />

3.7 Die Vereine<br />

„In mein’ Verein bin ich<br />

hineingetreten, / weil mich ein<br />

alter Fre<strong>und</strong> darum gebeten, /<br />

ich war allein. / Jetzt bin ich<br />

Mitglied, Kamerad, Kollege. /<br />

Das kleine Band, das ich ins<br />

Knopfloch lege, / ist der Verein.<br />

/ Da draußen bin ich nur ein<br />

armes Luder. / Hier bin ich<br />

Mann <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esbruder / in<br />

vollen Reih’n. / Hoch über <strong>und</strong><br />

da schweben die Statuten. /<br />

Die Abendst<strong>und</strong>en schwinden<br />

wie Minuten / in mein’ Verein.“<br />

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Kurt Tucholsky<br />

Man sagt, wo immer drei <strong>Deutsche</strong> zusammentreffen gründen sie einen<br />

Verein. In der Tat entstanden im letzten Jahrh<strong>und</strong>ert zahllose Vereine in<br />

Deutschland <strong>und</strong> diese Entwicklung fand auch in den deutschen Kolonien<br />

ihre Fortsetzung.<br />

In Deutschland wurde die Patriotismus-Bewegung von den Historikern<br />

Gustav Droysen (1808-84), Heinrich von Sybel (1817-1903) <strong>und</strong> Theodor<br />

Mommsen (1817-1903) gefördert. Zu dieser Zeit entstanden überall<br />

Sänger-, Turn- <strong>und</strong> Schützenvereine. Es wurden Schiller-Gedenkfeiern<br />

abgehalten <strong>und</strong> 1869 wurde in Coburg der Nationalverein gegründet.<br />

Auch in Chile gründeten die deutschen Einwanderer zahlreiche Vereine.<br />

In diesen Vereinen konnten sie ihr gemeinsames Interesse für<br />

Gemütlichkeit <strong>und</strong> Kameradschaft, das zum deutschen Ethos gehörte,<br />

pflegen. Vereine waren außerdem ein wichtiger Faktor bei der Erhaltung<br />

der deutschen Kultur <strong>und</strong> Sprache.<br />

76 Blancpain, Les Allemands, S.895f<br />

77 Converse: Die <strong>Deutsche</strong>n, S.327<br />

78 Tucholsky, Kurt, in: Condor, Nr.2164, 12.April 1975, S.5

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