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Volkskrankheiten

Die Lebensqualität bei den typischen Volkskrankheiten ist dann am höchsten, wenn es gelingt, die Krankheit in das Leben zu integrieren, und nicht, sich davon das Leben dirigieren zu lassen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist ein wissentlicher und informierter Umgang mit der Krankheit. Das beginnt nicht erst, wenn man betroffen ist, sondern schon davor. Die 6. Ausgabe der Kampagne Volkskrankheiten hat sich zum Ziel gesetzt, die Bevölkerung über die wichtigsten Volkskrankheiten und die Möglichkeit der Vorsorge und Früherkennung aufzuklären.

Die Lebensqualität bei den typischen Volkskrankheiten ist dann am höchsten, wenn es gelingt, die Krankheit in das Leben zu integrieren, und nicht, sich davon das Leben dirigieren zu lassen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist ein wissentlicher und informierter Umgang mit der Krankheit. Das beginnt nicht erst, wenn man betroffen ist, sondern schon davor.

Die 6. Ausgabe der Kampagne Volkskrankheiten hat sich zum Ziel gesetzt, die Bevölkerung über die wichtigsten Volkskrankheiten und die Möglichkeit der Vorsorge und Früherkennung aufzuklären.

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20 Lesen Sie mehr unter www.volkskrankheiten.net<br />

Eine Themenzeitung von Mediaplanet<br />

Leben mit<br />

Depressionen<br />

Auf welche Art und Weise äußern<br />

sich Depressionen und wie kann<br />

es gelingen, mit ihnen zu leben?<br />

Charis Krüger, selbst Betroffene,<br />

erzählt aus ihrem Leben.<br />

Text Lukas Wieringer<br />

Adipositas als<br />

chronische Erkrankung<br />

anerkennen<br />

Die Internistin Dr. Johanna Brix erklärt im Interview,<br />

woran es in Österreich in der Behandlung von<br />

Adipositas im wahrsten Sinne des Wortes „krankt“.<br />

Wie ging es bei Ihnen los, Frau Krüger?<br />

Mit 16 Jahren habe ich gemerkt, dass<br />

irgendetwas anders ist. Plötzlich hatte ich<br />

Platzangst im Zug, fing ich während des<br />

Unterrichts in der Berufsschule zu weinen<br />

an und war überhaupt nicht mehr belastbar.<br />

Erst dachte ich, das sei der Pubertät<br />

geschuldet. Aber es wurde schlimmer und<br />

dann kam der Tag meines ersten Zusammenbruchs.<br />

Ich hörte Stimmen und es<br />

ging nichts mehr. Meine Hausärztin stellte<br />

dann die Diagnose Burnout und schwere<br />

Depression.<br />

Wie war ihre Reaktion darauf?<br />

Erst verstand ich nicht, was das zu bedeuten<br />

hat. Ich dachte, das wird schon wieder.<br />

Als sie mir dann sagte, ich solle viel rausgehen,<br />

viel mit Freunden unternehmen,<br />

ins Kino gehen … da dachte ich, sie will<br />

mich auf den Arm nehmen – ich bin krank<br />

und kann nach den Arztbesuchen oft die<br />

Wohnung nicht mehr verlassen und soll ins<br />

Kino. Aber als wir wieder zuhause waren, ist<br />

der ganze Druck von mir abgefallen und ich<br />

habe verstanden, warum die Ärztin mir das<br />

gesagt hat.<br />

Wie sieht ihr Alltag jetzt aus?<br />

Ganz gut. Mittlerweile sind einige Jahre<br />

vergangen, ich habe gelernt, damit umzugehen.<br />

Ich bin jetzt selbständig und engagiere<br />

mich sehr dafür, die Bevölkerung aufzuklären.<br />

Auf Social Media bin ich aktiv, ich<br />

gebe Interviews im Radio und Fernsehen<br />

und mache Öffentlichkeitsarbeit. Ich gehe<br />

auch in Schulen und spreche dort mit<br />

Kindern und Jugendlichen über seelische<br />

Gesundheit. Das macht mir Freude. Ein<br />

herkömmlicher Job als Angestellte ist für<br />

mich psychisch nicht machbar.<br />

Gibt es etwas, das Sie anderen Betroffenen<br />

mitgeben möchten?<br />

Mir ist wichtig, dass sich Betroffene Hilfe<br />

suchen. Ob das eine klassische Therapie ist<br />

oder eine Online-Beratung ist nicht so<br />

relevant wie die Erkenntnis, dass nur man<br />

selbst in der Lage ist, aus dem tiefen Loch<br />

wieder heraus zu kommen. Alle anderen<br />

Menschen um mich herum können mich<br />

begleiten. Aber der Wille, das Leben wieder<br />

in richtigen Bahnen zu lenken, muss von<br />

dir selbst kommen. Wichtig ist aber zu<br />

wissen: Niemand muss da alleine durch.<br />

FOTO: ZVG<br />

Charis Krüger<br />

Mental Health Bloggerin<br />

& Botschafterin<br />

Instagram:<br />

@charis_lifestyle<br />

Text Magdalena Reiter-Reitbauer<br />

Sie sind Präsidentin der Österreichischen<br />

Adipositas Gesellschaft. Was muss sich in<br />

Österreich hinsichtlich Adipositas tun?<br />

Ein Grundproblem ist, dass Adipositas in<br />

Österreich noch immer nicht als chronische<br />

Erkrankung anerkannt ist. Die WHO hat das<br />

bereits im Jahr 2000 getan. Adipositas ist<br />

nicht nur ein gesundheitspolitisches, sondern<br />

auch ein gesellschaftliches Problem.<br />

Denn Adipositas ist nach wie vor mit viel<br />

Schuld belegt. Es würden sich viele andere<br />

Probleme lösen lassen, wenn wir Adipositas<br />

endlich als chronische Erkrankung<br />

anerkennen.<br />

Von welchen anderen Problemen sprechen<br />

Sie hier?<br />

Wir haben kein gesamtösterreichisches<br />

Behandlungskonzept für Adipositas. Das<br />

bedeutet, dass es keine ausgerollte Behandlungsstrategie<br />

gibt, so wie wir es – zumindest<br />

theoretisch – bei Diabetes haben. Wenn<br />

Sie also an Adipositas erkranken und zu<br />

Hausärzt:innen gehen, haben diese wenige<br />

Möglichkeiten Ihnen wirklich weiterzuhelfen.<br />

Eine Anerkennung als chronische<br />

Erkrankung hätte somit nicht nur symbolische<br />

Wirkkraft, sondern wäre auch eine<br />

Aufforderung zu einer Regelversorgung für<br />

Menschen mit Adipositas.<br />

Es fehlt also an Bewusstsein, dass Adipositas<br />

ein ernst zu nehmendes Gesundheitsproblem<br />

ist?<br />

Ja, wir können Adipositas als Gesundheitsproblem<br />

nicht mehr wegdiskutieren.<br />

15 % aller Männer und 12 % aller Frauen in<br />

Österreich leiden an Adipositas. Das sind<br />

nicht nur viele Menschen, sondern bedeutet<br />

auch unendlich viele Mehrkosten für das<br />

Gesundheitssystem.<br />

Wie würde denn ein von Ihnen angesprochener<br />

Behandlungsplan aussehen?<br />

Das Behandlungskonzept muss auf verschiedenen<br />

Säulen aufgebaut sein. Neben<br />

den Säulen der diätologischen Beratung,<br />

der Sportkonzepte und der psychologischen<br />

Betreuung, gibt es mittlerweile<br />

auch gut funktionierende Medikamente<br />

für Adipositas. Leider werden diese nicht<br />

von den Gesundheitskassen erstattet, weil<br />

Adipositas eben nach wie vor nicht als<br />

chronische Erkrankung anerkannt ist. Als<br />

weitere Säule gibt es noch die Möglichkeit<br />

der bariatrischen Chirurgie, für die<br />

gute Daten vorliegen. Patient:innen sollen<br />

vorab gut ab- und aufgeklärt sein sowie<br />

gut nachbetreut werden. Daher wäre es<br />

notwendig, dass diese Operationen ausschließlich<br />

an Zentren stattfinden, und<br />

auch, dass die Fortbildung für den niedergelassenen<br />

Bereich gut funktioniert. Daher<br />

wäre es notwendig, dass diese Operationen<br />

ausschließlich an Zentren stattfinden, und<br />

auch, dass die Fortbildung für den niedergelassenen<br />

Bereich gut funktioniert. Das<br />

funktioniert in Österreich leider noch nicht<br />

flächendeckend.<br />

Welchen Stellenwert hat ein gesunder<br />

Lebensstil in der Prävention von Adipositas?<br />

Ein zentrales Thema ist ein gesunder<br />

Lebensstil im Sinne eines Gesundheitskonzeptes,<br />

in dem auch Ernährung eine Rolle<br />

spielt. Wir müssen beginnen, dieses Wissen<br />

bereits in Kindergärten und Schulen zu vermitteln.<br />

Natürlich haben adipöse Menschen<br />

eine zu hohe Kalorieneinnahme, aber zu<br />

sagen, dass Menschen mit Adipositas sich<br />

bloß ungesund ernähren, ist eine klischeehafte<br />

Annahme. Schließlich gibt es viele<br />

Ursachen für Adipositas. Es ist wichtig,<br />

dass wir Menschen mit Adipositas nicht<br />

vorverurteilen. Adipositas hat 50 assoziierte<br />

Erkrankungen. Nur zu sagen, dass man<br />

zehn Kilogramm abnehmen sollte und<br />

dann hätte sich das Problem erledigt, hilft<br />

einfach nicht.<br />

Welche Lösungsansätze geben Sie Ihren<br />

Patient:innen gerne mit?<br />

Es gibt leider keine einfache Lösung. Aber<br />

es ist mir wichtig, dass sich Menschen mit<br />

Adipositas über alle Behandlungsoptionen,<br />

die es gibt, informieren können. Wir wissen<br />

alle, wie schwierig und herausfordernd es<br />

sein kann, Gewicht langfristig zu reduzieren.<br />

Ich möchte meinen Patient:innen<br />

vermitteln, dass sie damit nicht allein sind.<br />

Es gibt verschiedene Therapieoptionen und<br />

wir unterstützen dabei, die passende<br />

Therapie auszuwählen.<br />

FOTO: ZVG<br />

Priv.-Doz. Dr.<br />

Johanna Brix<br />

Fachärztin für Innere<br />

Medizin Facharzt<br />

Zentrum Votivpark,<br />

Präsidentin der<br />

österreichischen<br />

Adipositas Gesellschaft

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