VNW-Magazin 4/2022
Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.
Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.
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3<br />
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser,<br />
Wwenn Sie dieses <strong>Magazin</strong> in der Hand<br />
halten, wird bei den allermeisten Ihrer<br />
Mieterinnen und Mieter die Heizperiode<br />
<strong>2022</strong> / 2023 begonnen haben.<br />
Damit ist ein „Experiment“ gestartet,<br />
das in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland<br />
seinesgleichen sucht. Werden die Menschen mit halbwegs<br />
warmen Wohnungen durch den Winter kommen,<br />
ohne sich finanziell zu übernehmen?<br />
Zum Zeitpunkt, an dem diese Kolumne entsteht,<br />
scheint auch bei den politischen Verantwortlichen in<br />
Berlin die Botschaft der von Woche zu Woche mehr<br />
werdenden Demonstranten angekommen zu sein: Ohne<br />
Energiepreisdeckel wird es nicht gehen. Der zu erwartende<br />
Heizkostenhammer ist zu mächtig. Was in anderen<br />
europäischen Ländern möglich ist, muss auch hierzulande<br />
ein Weg sein, das Schlimmste zu verhindern.<br />
Wir brauchen klare und verständliche Hilfsmaßnahmen,<br />
die den Menschen den Glauben in die Handlungsfähigkeit<br />
des Staates erhalten.<br />
Ich bin davon überzeugt, dass ein Energiepreisdeckel<br />
nicht nur darüber entscheidet, ob Menschen ihre Wohnungen<br />
ausreichend heizen können. Es geht längst auch<br />
um unsere Art zusammenzuleben. Wenn die Menschen<br />
sich entscheiden müssen, ob die Wohnung erwärmt<br />
oder die Familie ernährt werden kann, entsteht eine<br />
Gefahr für den Staat. Der Verlust des Vertrauens in den<br />
schützenden Staat gefährdet die Demokratie.<br />
Wie wichtig die sozialen Vermieter gerade in diesen<br />
Tagen sind, belegen zwei Botschaften, die von unserer<br />
jüngsten Arbeitstagung in Lübeck ausgingen. Erstens:<br />
Keine Mieterin und kein Mieter wird bei einem <strong>VNW</strong>-<br />
Unternehmen seine Wohnung verlieren, weil sie oder<br />
er unverschuldet seine Heizungsrechnung nicht begleichen<br />
kann. Wir haben das Versprechen aus der Zeit der<br />
Corona-Pandemie erneuert.<br />
Zweitens: Die im <strong>VNW</strong> organisierten Wohnungsgenossenschaften<br />
und Wohnungsgesellschaften in<br />
Norddeutschland sorgen mit ihren bezahlbaren Mieten<br />
von im Durchschnitt 6,26 Euro pro Quadratmeter – das<br />
sind gerade mal sechs Cent mehr als vor einem Jahr! –,<br />
dass der soziale Frieden in den Quartieren gewahrt wird<br />
und die Menschen auch bei schwerer See einen sicheren<br />
(Wohn-)Hafen haben.<br />
Allerdings gilt auch: Die sozialen Vermieter können die<br />
Auswirkungen der Krise nicht allein schultern. Da wären<br />
zunächst die Energieversorger. Manche von ihnen glauben,<br />
es reiche, eine Mitteilung über eine Erhöhung der<br />
Heizkostenvorauszahlung mit der Begründung zu versenden,<br />
die Kosten seien gestiegen. So, als würde das<br />
nicht auch auf unsere Unternehmen zutreffen.<br />
Gefordert sind zudem die Mieterinnen und Mieter.<br />
Wer jetzt seine Heizkostenvorauszahlung nicht erhöht,<br />
wird spätestens bei der Abrechnung (s)ein blaues Wunder<br />
erleben. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres<br />
mussten die deutschen Haushalte im Durchschnitt 850<br />
Euro mehr für Energie ausgeben als im gesamten Jahr<br />
2021. Am Ende könnten pro Haushalt bis zu 3 800 Euro<br />
mehr – allein für Energie – „auf der Uhr stehen“.<br />
Wenn ich die Mieterinnen und Mieter in die Pflicht<br />
nehme, so gilt das auch für die Mietervereine. Diese<br />
sollten ihren Mitgliedern reinen Wein einschenken und<br />
angesichts des tobenden Wirtschaftskrieges ihren Konfrontationskurs<br />
gegen die Vermieter aufgeben. Wer in<br />
der Stunde der Not die Mieterinnen und Mieter gegen<br />
deren Vermieter aufbringt, hat den Ernst der Lage nicht<br />
verstanden.<br />
Es ist unverantwortlich, wenn Vertreter des Mietervereins<br />
zu Hamburg in einem Zeitungsinterview ausführlich<br />
Tipps geben, wie Mieter ihre Miete mindern könnten,<br />
weil im Winter in der Wohnung eine Mindesttemperatur<br />
von 20 bis 22 Grad nicht erreicht wird – selbst wenn<br />
der Vermieter dafür nichts kann. Auch die Forderung,<br />
der Vermieter müsse im Falle eines Falles Ölradiatoren<br />
bereitstellen, halte ich angesichts der Folgekosten für<br />
bedenklich.<br />
Die Lage ist schon so schwierig genug. Wir brauchen<br />
daher mehr Mit- und weniger Gegeneinander. Wir stehen<br />
mitten in einem Wirtschaftskrieg und werden mit<br />
Energiepreisen angegriffen. Jetzt gilt es sich unterzuhaken,<br />
solidarisch zu verhalten und den Wohnfrieden<br />
zu wahren.<br />
Andreas Breitner, <strong>VNW</strong>-Vorstand und Verbandsdirektor