0422_VNW_RZ_WEB
VNW magazin Wohnen im Norden 4_2022 Out of the Box Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen
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- Seite 50 und 51: 48 VNW Startschuss am Monumentenber
<strong>VNW</strong> magazin<br />
Wohnen<br />
im Norden<br />
4_2022<br />
Out of the Box<br />
Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen
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Partnerschaft, die<br />
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1<br />
Inhalt 4_2022<br />
<strong>VNW</strong><br />
Analysen<br />
Editorial 03<br />
Dunkle Wolken und viele Gespräche 04<br />
Platz für Tiere 10<br />
100 Jahre Bauen für Hamburg 14<br />
Alles Perlen 20<br />
4. Norddeutscher Betriebskostentag 28<br />
Aktuelle Rechtsprechung 30<br />
Alles was Recht ist 36<br />
STOPP den Heizkostenhammer 40<br />
Namen und Nachrichten 42<br />
Werkzeug zur Senkung der CO 2<br />
-Emissionen 52<br />
BayernHeim Studie 2022 58<br />
Property Management 60<br />
Fachkräftemangel 64<br />
Zinsanstieg erschüttert Immobilienmärkte 70<br />
Läuft nicht: Klimawende ohne Fachleute 74<br />
Betriebskosten aktuell 76<br />
Impressum 82<br />
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung<br />
der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet.<br />
Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.<br />
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Out of the Box<br />
Bei SPRINTbreak in Heiligenhafen lernen<br />
die Teilnehmerinnen und Teilnehmer,<br />
innerhalb von fünf Tagen ein Problem zu<br />
lösen. Doch es geht um weit mehr als nur<br />
um Weiterbildung.
„Krise kann ein produktiver Zustand sein.<br />
Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“<br />
Max Rudolf Frisch (1911-1991), Schweizer Schriftsteller und Architekt
3<br />
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser,<br />
Wwenn Sie dieses Magazin in der Hand<br />
halten, wird bei den allermeisten Ihrer<br />
Mieterinnen und Mieter die Heizperiode<br />
2022 / 2023 begonnen haben.<br />
Damit ist ein „Experiment“ gestartet,<br />
das in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland<br />
seinesgleichen sucht. Werden die Menschen mit halbwegs<br />
warmen Wohnungen durch den Winter kommen,<br />
ohne sich finanziell zu übernehmen?<br />
Zum Zeitpunkt, an dem diese Kolumne entsteht,<br />
scheint auch bei den politischen Verantwortlichen in<br />
Berlin die Botschaft der von Woche zu Woche mehr<br />
werdenden Demonstranten angekommen zu sein: Ohne<br />
Energiepreisdeckel wird es nicht gehen. Der zu erwartende<br />
Heizkostenhammer ist zu mächtig. Was in anderen<br />
europäischen Ländern möglich ist, muss auch hierzulande<br />
ein Weg sein, das Schlimmste zu verhindern.<br />
Wir brauchen klare und verständliche Hilfsmaßnahmen,<br />
die den Menschen den Glauben in die Handlungsfähigkeit<br />
des Staates erhalten.<br />
Ich bin davon überzeugt, dass ein Energiepreisdeckel<br />
nicht nur darüber entscheidet, ob Menschen ihre Wohnungen<br />
ausreichend heizen können. Es geht längst auch<br />
um unsere Art zusammenzuleben. Wenn die Menschen<br />
sich entscheiden müssen, ob die Wohnung erwärmt<br />
oder die Familie ernährt werden kann, entsteht eine<br />
Gefahr für den Staat. Der Verlust des Vertrauens in den<br />
schützenden Staat gefährdet die Demokratie.<br />
Wie wichtig die sozialen Vermieter gerade in diesen<br />
Tagen sind, belegen zwei Botschaften, die von unserer<br />
jüngsten Arbeitstagung in Lübeck ausgingen. Erstens:<br />
Keine Mieterin und kein Mieter wird bei einem <strong>VNW</strong>-<br />
Unternehmen seine Wohnung verlieren, weil sie oder<br />
er unverschuldet seine Heizungsrechnung nicht begleichen<br />
kann. Wir haben das Versprechen aus der Zeit der<br />
Corona-Pandemie erneuert.<br />
Zweitens: Die im <strong>VNW</strong> organisierten Wohnungsgenossenschaften<br />
und Wohnungsgesellschaften in<br />
Norddeutschland sorgen mit ihren bezahlbaren Mieten<br />
von im Durchschnitt 6,26 Euro pro Quadratmeter – das<br />
sind gerade mal sechs Cent mehr als vor einem Jahr! –,<br />
dass der soziale Frieden in den Quartieren gewahrt wird<br />
und die Menschen auch bei schwerer See einen sicheren<br />
(Wohn-)Hafen haben.<br />
Allerdings gilt auch: Die sozialen Vermieter können die<br />
Auswirkungen der Krise nicht allein schultern. Da wären<br />
zunächst die Energieversorger. Manche von ihnen glauben,<br />
es reiche, eine Mitteilung über eine Erhöhung der<br />
Heizkostenvorauszahlung mit der Begründung zu versenden,<br />
die Kosten seien gestiegen. So, als würde das<br />
nicht auch auf unsere Unternehmen zutreffen.<br />
Gefordert sind zudem die Mieterinnen und Mieter.<br />
Wer jetzt seine Heizkostenvorauszahlung nicht erhöht,<br />
wird spätestens bei der Abrechnung (s)ein blaues Wunder<br />
erleben. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres<br />
mussten die deutschen Haushalte im Durchschnitt 850<br />
Euro mehr für Energie ausgeben als im gesamten Jahr<br />
2021. Am Ende könnten pro Haushalt bis zu 3 800 Euro<br />
mehr – allein für Energie – „auf der Uhr stehen“.<br />
Wenn ich die Mieterinnen und Mieter in die Pflicht<br />
nehme, so gilt das auch für die Mietervereine. Diese<br />
sollten ihren Mitgliedern reinen Wein einschenken und<br />
angesichts des tobenden Wirtschaftskrieges ihren Konfrontationskurs<br />
gegen die Vermieter aufgeben. Wer in<br />
der Stunde der Not die Mieterinnen und Mieter gegen<br />
deren Vermieter aufbringt, hat den Ernst der Lage nicht<br />
verstanden.<br />
Es ist unverantwortlich, wenn Vertreter des Mietervereins<br />
zu Hamburg in einem Zeitungsinterview ausführlich<br />
Tipps geben, wie Mieter ihre Miete mindern könnten,<br />
weil im Winter in der Wohnung eine Mindesttemperatur<br />
von 20 bis 22 Grad nicht erreicht wird – selbst wenn<br />
der Vermieter dafür nichts kann. Auch die Forderung,<br />
der Vermieter müsse im Falle eines Falles Ölradiatoren<br />
bereitstellen, halte ich angesichts der Folgekosten für<br />
bedenklich.<br />
Die Lage ist schon so schwierig genug. Wir brauchen<br />
daher mehr Mit- und weniger Gegeneinander. Wir stehen<br />
mitten in einem Wirtschaftskrieg und werden mit<br />
Energiepreisen angegriffen. Jetzt gilt es sich unterzuhaken,<br />
solidarisch zu verhalten und den Wohnfrieden<br />
zu wahren.<br />
Andreas Breitner, <strong>VNW</strong>-Vorstand und Verbandsdirektor
4<br />
Dunkle Wolken<br />
und viele persönliche<br />
Gespräche<br />
Rückkehr nach Lübeck. Nach sieben Jahren, in denen der<br />
<strong>VNW</strong> seine Arbeitstagung in Rostock-Warnemünde veranstaltete,<br />
trafen sich am 19. und 20 September rund 800<br />
Führungskräfte aus der norddeutschen Wohnungswirtschaft<br />
wieder in der altehrwürdigen Hansestadt.<br />
VON OLIVER SCHIRG<br />
f<br />
Lübeck. Der frühere schleswig-holsteinische Ministerpräsident<br />
Björn Engholm ließ in seinem Grußwort keinen<br />
Zweifel an der Richtigkeit der Rückkehr des <strong>VNW</strong> in seine<br />
Heimatstadt. Als Hansestadt stehe Lübeck für einen fairen<br />
Umgang zwischen Geschäftspartnern. Wer gegen diese<br />
Regeln verstieß, sei „enthanst“ worden.<br />
Womit Björn Engholm den Anwesenden aus der Seele gesprochen<br />
haben dürfte. Obwohl die am Gemeinwohl orientierten<br />
Wohnungsunternehmen für einen fairen Interessenausgleich<br />
zwischen Mietern und Vermietern stehen, fühlen<br />
sie sich bei ihrer wichtigen gesellschaftspolitischen Aufgabe<br />
derzeit von der Politik in weiten Teilen vernachlässigt.<br />
Es wunderte daher nicht, dass über den Vorträgen der Referentinnen<br />
und Referenten sowie über den persönlichen Gesprächen<br />
auf den Fluren der Musik- und Kongresshalle (MUK)<br />
dunkle Wolken hingen. Galoppierende Heizkosten, explodierende<br />
Baupreise, (fast) unbezahlbare Grundstücke, schärfere<br />
Klimaschutzauflagen und eine überbordende Bürokratie – die<br />
Aussichten für die sozialen Vermieter sind derzeit eher düster.<br />
<strong>VNW</strong>-Direktor befürchtet Rückgang<br />
der Bautätigkeit<br />
<strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner machte auf der Arbeitstagung<br />
deutlich, dass er mit einem Rückgang der Bautätigkeit<br />
der <strong>VNW</strong>-Unternehmen rechne. „Steigende Bau- und Grundstückskosten<br />
gefährden das ‚Geschäftsmodell’ der sozialen<br />
Vermieter, qualitativ hochwertige Wohnungen zu einem bezahlbaren<br />
Preis zu errichten und zu vermieten. Wir erleben,<br />
dass die Zahl der Anträge für den Bau von bezahlbaren Wohnungen<br />
bereits sinkt.“<br />
Die <strong>VNW</strong>-Unternehmen investierten nach den Worten<br />
von Andreas Breitner im vergangenen Jahr 2,31 Milliarden<br />
Euro in den Neubau, die Instandhaltung und Modernisierung<br />
bezahlbaren Wohnraums. Das sind rund 300 Millionen mehr<br />
als 2020. In den drei Bundesländern wurden 3 371 Wohnungen<br />
fertiggestellt. Das wiederum ist ein Rückgang um 600<br />
Wohnungen.<br />
„Die Zahlen verdeutlichen zwei entgegengesetzt verlaufende<br />
Entwicklungen“, so der <strong>VNW</strong>-Direktor. „Massiv steigende<br />
Bau- und Grundstückspreise führen zwar zu einem höheren<br />
Niveau der Investitionen, die Zahl der fertiggestellten<br />
Wohnungen sinkt jedoch. Ich fürchte, dass sich dieser Trend<br />
in den kommenden Jahren verstärken wird, zumal Bau- und<br />
Grundstückspreise auch in diesem Jahr nur die Richtung nach<br />
oben kennen.“
5 <strong>VNW</strong>-Arbeitstagung<br />
Lage bleibt angespannt<br />
Marcel Sonntag, Vorsitzender des <strong>VNW</strong>-Verbandsausschusses<br />
und Vorstand der NEUE LÜBECKER Norddeutsche Baugenossenschaft<br />
eG verwies darauf, dass die sozialen Vermieter<br />
mehr Unterstützung der Politik benötigten. Die im <strong>VNW</strong><br />
organisierten Wohnungsgenossenschaften und -gesellschaften<br />
garantierten den sozialen Frieden in den Quartieren und<br />
seien somit für die Demokratie in unserem Land unverzichtbar.<br />
Prof. Dr. Michael Voigtländer vom Institut der Deutschen<br />
Wirtschaft e.V. in Köln bestätigte in seinem live auf der Bühne<br />
der MUK aufgenommenen Podcast „1A Lage“ die Schwierigkeiten,<br />
mit denen die Wohnungswirtschaft derzeit zu tun<br />
habe. Er gehe davon aus, dass in den Ballungszentren die<br />
Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum weiter hoch bleiben<br />
werde – mit der Folge, dass die Mieten auch künftig steigen<br />
würden.<br />
GdW-Präsident Axel Gedaschko verzichtete auf sein vorbereitetes<br />
Redemanuskript und machte in seinem Vortrag<br />
keinen Hehl aus seiner Verärgerung über das Bundeswirtschaftsministerium.<br />
Man stehe den Beamten mit klugem Rat<br />
beiseite, habe aber inzwischen das Gefühl, mit faktenbasierten<br />
Argumenten nicht durchzudringen. Vor allem im Bereich<br />
des Klimaschutzes seien vorgegebene Ziele realitätsfremd<br />
und kaum mehr zu erreichen.<br />
Vom Kopf auf die Füße<br />
Deutschland steht vor einer Rezession<br />
Prof. Dr. Monika Schnitzer von der Ludwig-Maximilians-Universität<br />
München und Mitglied des Sachverständigenrates<br />
der Bundesregierung, stimmte in den Chor der besorgten Referenten<br />
ein. Deutschland stehe angesichts der Energiekrise<br />
vor einer Rezession und die Menschen müssten begreifen,<br />
dass sie Wohlstand verlieren würden. Vor allem dazu, was<br />
den Rückgang der hohen Inflation in absehbarer Zeit angeht,<br />
äußerte die Expertin sich skeptisch.<br />
Prof. Dr. Harald Simons von der empirica ag machte in<br />
seinem Vortrag den Zuhörerinnen und Zuhörern wenigstens<br />
ein klein wenig Hoffnung. Zwar sei die Unsicherheit über<br />
die künftige Entwicklung sehr hoch. Er rechne aber damit,<br />
dass auf Grund des hohen Bauüberhangs von rund 850 000<br />
Wohnungen in den kommenden beiden Jahren noch viele<br />
Wohnungen fertig würden. Zudem sinke der Druck auf die<br />
Metropolen. Sie seien inzwischen zu teuer und würden vermehrt<br />
Einwohner an das Umland verlieren.<br />
Mit Spannung wurde der Auftritt der früheren FDP-<br />
Bundestagsabgeordneten und Hamburger FDP-Chefin Katja<br />
Suding erwartet. Die Politikerin war im vergangenen Jahr aus<br />
der Politik ausgestiegen und berichtete über ihre Gründe. Sie<br />
habe erleben müssen, wie hart und zum Teil unmenschlich<br />
politische Auseinandersetzungen inzwischen geführt würden.<br />
Das mache ihr Sorgen, weil eine Gesellschaft, in der<br />
Menschen nicht mehr offen ihre Meinung äußern könnten,<br />
Gefahr laufe, unfrei zu werden. h<br />
Die Klimapolitik vom Kopf auf die Füße stellen – ähnlich argumentierte<br />
am zweiten Veranstaltungstag Prof. Dr. Dr. Werner<br />
Sobek. Die Lebensbedingungen der Menschen seien gefährdeter<br />
denn je und ein grundlegender Kurswechsel sei sofort<br />
nötig. Die Wohnungswirtschaft dürfte dabei nicht auf die<br />
Politik warten, die sei von der Komplexität der Herausforderungen<br />
ohnehin überfordert.<br />
Stattdessen müsse die Branche bei der Errichtung und der<br />
Nutzung von Wohngebäuden selbst aktiv(er) werden. In den<br />
Unternehmen säßen die Experten, die Lösungen entwickeln<br />
und umsetzen könnten. Zugleich machte sich Prof. Sobek<br />
dafür stark, stets die Situation vor Ort zu betrachten, statt<br />
pauschale Lösungen der gesamten Branche überzustülpen.<br />
In diesem Zusammenhang bekannte sich <strong>VNW</strong>-Direktor<br />
Andreas Breitner ausdrücklich zu den umweltpolitischen<br />
Zielen der Bundesregierung und der drei norddeutschen<br />
Bundesländer. „Beim Schutz der Umwelt stehen wir an der<br />
Seite der Politik. Allerdings vertreten wir auch die Interessen<br />
unserer Mieterinnen und Mieter. Zu hohe Vorgaben für den<br />
Klimaschutz bedrohen das bezahlbare Wohnen. Hier ist mehr<br />
Differenzierung vonnöten. Deshalb fordern wir eine Atempause<br />
bei der Verschärfung der Klimaschutzauflagen.“
6<br />
<strong>VNW</strong> Arbeitstagung
7<br />
<strong>VNW</strong>-Arbeitstagung
8 <strong>VNW</strong>-Arbeitstagung 8
9
10<br />
Vogelschutz Nesthilfen<br />
Platz für Vögel<br />
Bauherren sollten bei energetischen Sanierungen und Umbau von alten<br />
Häusern ebenso wie bei Neubauten den Vogelschutz im Blick haben.<br />
VON FRAUKE MAASS
11<br />
„Die Menschen brauchen<br />
Natur um sich. Das steigert<br />
die Lebensqualität.<br />
Und Vögel gehören dazu!“<br />
Hamburg. Das Thema Energiewende ist seit dem Ukraine-Krieg<br />
aktueller denn je. Die Sanierung und Modernisierung alter Gebäude<br />
nimmt Fahrt auf, auch an den ambitionierten Neubauzielen will<br />
die Wohnungswirtschaft festhalten. Doch die Modernisierung von<br />
Gebäuden und die teils geschlossenen, glatten Gebäudehüllen<br />
von Neubauten haben häufig dramatische Folgen für den Lebensraum<br />
vieler siedlungstypischer Vogel- und Fledermausarten.<br />
So werden bereits jetzt für viele gebäudebrütenden Arten<br />
rückläufige Populationsentwicklungen registriert – obwohl nahezu<br />
alle gebäudebewohnenden Fledermaus- und Vogelarten umfassend<br />
geschützt sind, also Brut-, Rast- und Schlafplätze laut<br />
deutschem und europäischem Naturschutzgesetz weder zerstört<br />
noch beschädigt werden dürfen.<br />
Gebäude werden von vielen Tierarten genutzt<br />
Sowohl auf dem Land als auch in der Stadt werden Gebäude in<br />
der Regel von einer Vielzahl von Tierarten genutzt. Viele Vogelund<br />
Fledermausarten nehmen Spalten, Nischen, Hohlräume und<br />
Vorsprünge an der Fassade oder im Dachbereich als Nist-, Rastund<br />
Schlafplatz in Anspruch. Nur werden immer mehr Spalten<br />
geschlossen, und durch aktive Baumaßnahmen verlieren viele<br />
Tiere ihre Brutplätze.<br />
Doch energetische Sanierungen müssen nicht per se zu einem<br />
Rückgang von Nistplatzangeboten führen, sagt Franziska<br />
Schmidt-Lewerkühne, Referentin für Vogelschutz beim NABU<br />
Hamburg. Es gebe immer Möglichkeiten, das durch eine Baumaßnahme<br />
an alten Gebäuden notwendige Zerstören von Nisthilfen<br />
durch Einbaukästen an der Fassade auszugleichen und bei Neubauten<br />
von vornherein Nisthilfen mit in die Fassadenplanung miteinzubeziehen.<br />
„Es gibt bereits vielfältige bautechnische und architektonische<br />
Lösungen auf dem Markt, um auch bei energetisch hochwertig<br />
gedämmten Gebäuden Nist-, Rast- und Schlafplätze gebäudebewohnender<br />
Tierarten zu integrieren“, sagt die 32-jährige Biologin.<br />
Würden die Bedürfnisse der Tiere rechtzeitig berücksichtigt,<br />
ließe sich der teils dramatische Rückgang einiger mittlerweile gefährdeter<br />
Arten wie den Haussperling oder Turmfalken aufhalten.<br />
Selbst der Spatz sei in Hamburg schon auf der roten Liste, wie der<br />
NABU informiert.<br />
Nistplätze werden oft nicht rechtzeitig entdeckt<br />
Problem: Bislang werden bei der Sanierung von Gebäuden Nistplätze<br />
oder Quartiere nicht oder nicht rechtzeitig entdeckt. So<br />
kommen bei den Bauarbeiten immer wieder Tiere zu Schaden<br />
und verlieren ihre Brutplätze. „Es ist wichtig, rund ein Jahr, bevor<br />
die Baumaßnahme beginnt, das Gebäude umfangreich von einem<br />
Gutachter auf Brutplätze prüfen zu lassen“, erläutert Schmidt-<br />
Lewerkühne.<br />
Wer den Aufwand scheue, sollte wissen, dass es am Ende<br />
nicht nur viel aufwendiger und teurer sei, „wenn Nester während<br />
der Bauarbeiten entdeckt werden und die Arbeiten von der Behörde<br />
gestoppt werden müssen“, sagt die Vogelschutz-Expertin.<br />
Wer die Überprüfung nicht durchführt und Brutstätten/Quartiere<br />
zerstört, verstößt gegen das Gesetz (BNatSchG § 44 Abs.1).<br />
f
12 Vogelschutz Nesthilfen<br />
„Es gibt bereits vielfältige<br />
bautechnische und architektonische<br />
Lösungen auf dem Markt.“<br />
Franziska Schmidt-Lewerkühne,<br />
Referentin für Vogelschutz beim NABU Hamburg<br />
Bestätigt sich durch den Fachmann der Verdacht auf besiedelte<br />
Spalten, Ritzen und Nester, muss die Naturschutzbehörde informiert<br />
werden. Sind gebäudebewohnende Arten und ihre Fortpflanzungs-<br />
und Lebensstätten von Bauvorhaben betroffen, muss<br />
die Bauherrschaft das weitere Vorgehen mit der Behörde abstimmen<br />
und eine Befreiung oder Ausnahmegenehmigung beantragen,<br />
dass man die Arbeiten trotzdem ausführen darf.<br />
Eine Genehmigung geht mit Auflagen einher. „Entweder<br />
müssen Ersatznester für die Zeit der Bauarbeiten geschaffen werden,<br />
um die Population vor Ort stabil zu halten, oder es müssen<br />
später zerstörte Lebensstätten durch künstliche Quartiere und<br />
Nisthilfen ersetzt werden.“<br />
Große Auswahl an Einbaukästen und Nisthilfen<br />
Es gibt mittlerweile eine große Auswahl an Einbaukästen und<br />
Nisthilfen für jede Vogel- und Fledermausart, die entweder in die<br />
Fassade ohne spürbaren Wärmeverlust eingebracht oder außen<br />
angebracht werden können. Allerdings werden solche Lösungen<br />
bislang noch nicht so häufig wie erwünscht und notwendig angewendet.<br />
„Die Gründe dafür sind häufig fehlendes Wissen und Bewusstsein<br />
von Bauherren und Architekten“, sagt Franziska Schmidt-<br />
Lewerkühne. „Viele wissen nicht, dass es die Möglichkeit von<br />
Einbaukästen oder Ersatznisthilfen während einer Baumaßnahme<br />
gibt, auch die Beratung durch uns ist noch nicht so bekannt.“<br />
Die Kosten sind überschaubar und werden bei einer energetischen<br />
Sanierung durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau gefördert<br />
„Für einen Einbaukasten sollte man zwischen 40 und 100<br />
Euro einplanen“, sagt sie. Wenig Geld für einen großen Nutzen,<br />
denn Vögel sind nicht nur für viele Mieter interessant zu beobachten<br />
und anzuhören, sondern sind auch nützlich.<br />
„Sie fressen Insekten, auch die ungeliebten Mücken, sie tragen<br />
zur Verbreitung von Pflanzensamen bei und sie fressen teilweise<br />
auch Essensreste und Aas“, erklärt Schmidt-Lewerkühne<br />
die ökologische Funktion der Vögel.<br />
Aber nicht allein das sei ein Grund, um die Vögel in der Stadt<br />
zu halten. „Vermieter sollten für die Mieter für ein angenehmes<br />
und naturnahes Umfeld ihrer Häuser sorgen“, sagt sie. Dazu zählen<br />
Blühwiesen, in denen Insekten eine Heimat finden, dazu gehören<br />
Hecken, Büsche und Bäume ebenso wie Vögel. „Die Menschen<br />
brauchen Natur um sich. Das steigert die Lebensqualität.<br />
Und Vögel gehören dazu!“<br />
„Wir freuen uns, wenn Interesse am Vogelschutz besteht und<br />
bei Wohnungsunternehmen ein Umdenken anfängt“, sagt sie.<br />
„Allerdings sollte die Umsetzung ökologisch sinnvoll erfolgen. Dafür<br />
stehen wir in Hamburg mit einer persönlichen Beratung gern<br />
zur Verfügung. Dabei können gute Lösungen für jedes Projekt gefunden<br />
werden.“h<br />
Informationen gibt es beim NABU Hamburg,<br />
Klaus-Groth-Str. 21, Hamburg, www.nabu.de<br />
FRAUKE MAASS<br />
ist Journalistin in Hamburg.<br />
Während ihrer Tätigkeit als<br />
Reiseredakteurin hat sie<br />
viele Länder bereist und<br />
dabei ihr Interesse für die<br />
unterschiedlichsten Wohnformen<br />
entdeckt. Heute<br />
gehören Themen aus der<br />
Wohnungsbaubranche<br />
und Architektur zu ihren inhaltlichen<br />
Schwerpunkten.
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14 100 Jahre SAGA<br />
1922 1949<br />
Gründung der SAGA am 29. Dezember 1922 auf Initiative von<br />
Max Brauer, dem Zweiten Bürgermeister und Stadtkämmerer<br />
von Altona. 1923 übernimmt die SAGA die Steenkamp-Siedlung<br />
in Bahrenfeld und verwaltet 760 städtische Wohnungen.<br />
Im Obergeschoss des Gasthauses „Lindenkrug“ in der Steenkamp-<br />
Siedlung befindet sich das erste Büro der SAGA. Dort stehen für ihre<br />
vier Beschäftigten zwei Räume zur Verfügung.<br />
Foto: Museum der Arbeit / SAGA-Fotoarchiv.<br />
1946 beginnt die britische Militärregierung unter dem Arbeitstitel „Hamburg Project“<br />
mit dem Bau der späteren Grindelhochhäuser (Harvestehude). 1949 wird das Projekt von<br />
der SAGA übernommen und die Gebäude werden zu Sozialwohnungen umgeplant. 1956<br />
sind die zwölf Hochhausscheiben fertiggestellt. Für viele sind sie DAS Symbol für den<br />
Wiederaufbau nach 1945.<br />
Parkbänke vor den Grindelhochhäusern 1954. Foto: Ursula Becker-Mosbach.<br />
100 Jahre Wohnen in Hamburg<br />
In diesem Jahr wird die SAGA 100 Jahre alt. Seit jeher steht sie für guten<br />
und bezahlbaren Wohnraum und prägt mit ihrem wachsenden Bestand<br />
das Hamburger Stadtbild.<br />
VON RAINER MÜLLER<br />
Hamburg. Sanft geschwungene Straßen, kleine Häuser mit<br />
Sprossenfenstern und Vorgärten und immer wieder malerische<br />
Plätze mit prächtigen, villenartigen Mehrfamilienhäusern und<br />
Ladenzeilen – das ist die Steenkampsiedlung in Bahrenfeld. Hier<br />
liegt die Wiege der SAGA. Vor genau 100 Jahren wurde das Unternehmen<br />
hier als Wohnungsverwaltung gegründet.<br />
Heute gehört der Stadtteil Bahrenfeld zum Bezirk Altona. Als<br />
die Siedlung entstand, war Altona noch unabhängig von Hamburg.<br />
Die Steenkampsiedlung war mitten im Bau, als der Bauherr<br />
in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet. Weil in Altona damals<br />
kurz nach dem Ersten Weltkrieg dringend Wohnraum benötigt<br />
wurde, beschloss die Stadt, die halbfertige Siedlung aufzukaufen<br />
und weiter zu bauen. Dazu gründete sie 1922 die kommunale<br />
„Siedlungs-Aktiengesellschaft Altona“, also die SAGA.<br />
Gründung der SAGA<br />
Die Idee dazu hatte Max Brauer, damals Stadtkämmerer und später<br />
auch Oberbürgermeister von Altona – und noch später Erster<br />
Bürgermeister Hamburgs. Brauer wollte mit der Gründung des<br />
kommunalen Unternehmens guten und bezahlbaren Wohnraum<br />
für breite Schichten der Bevölkerung schaffen. Diesen Auftrag<br />
verfolgt die SAGA bis heute.
15<br />
Februar 1962<br />
1973<br />
Die Sturmflut fordert in Hamburg 318 Tote. 800 Häuser in Wilhelmsburg<br />
und Harburg, die von der SAGA verwaltet werden, stehen unter Wasser.<br />
In Lurup werden durch den Sturm bei elf Häusern die Dächer abgedeckt.<br />
Neubauwohnungen der SAGA werden daraufhin bevorzugt an Flutopfer<br />
vergeben.<br />
Wilhelmsburg während der Sturmflut 1962. Foto: Krüger.<br />
Die Erdölkrise läutet das Ende des Baubooms in Deutschland ein. Die SAGA<br />
baut ihre Großwohnsiedlungen „Lenzsiedlung“ und „Kirchdorf-Süd“ zu<br />
Ende, doch die Modernisierung des eigenen Bestands ist in den Vordergrund<br />
gerückt. Insbesondere die Altbauviertel von St. Pauli, in Altona-Altstadt,<br />
Ottensen, St. Georg und der Neustadt werden nun instand gesetzt.<br />
Pferdekoppel und Großwohnsiedlung Kirchdorf-Süd. Foto: Hans-Peter Soltow.<br />
Die Steenkampsiedlung wurde nach dem englischen Vorbild einer<br />
Gartenstadt gebaut. „Jedes Haus hatte einen eigenen Garten, in<br />
dem die Bewohner Kartoffeln und Zwiebeln zogen, Obstbäume<br />
pflanzten und im Schuppen Hühner und Schweine hielten“, erzählt<br />
SAGA-Mieterin Gisela Sorgenfrei. Die 94-Jährige wohnt mit<br />
ihrem Mann Ralf seit 1962 in der Siedlung. Ihre Großeltern waren<br />
in den 1920ern die Erstbewohner des kleinen Häuschens und<br />
hatten den Garten ebenfalls noch zur Selbstversorgung genutzt.<br />
Auch wenn das Kleinvieh und die Kartoffeln heute längst aus<br />
den Gärten der Sorgenfreis und ihrer Nachbarn verschwunden<br />
sind, wirkt die Siedlung weiterhin sehr grün und dörflich. „Wir<br />
fühlen uns seit 60 Jahren sehr wohl hier“, sagen Gisela und Ralf<br />
Sorgenfrei. „Außer uns wohnen hier jetzt vor allem junge Familien.<br />
Die helfen uns gerne. Es ist eine gute Nachbarschaft.“<br />
Mitten in der Siedlung hatte auch die SAGA ihre erste Geschäftsstelle<br />
über einer Gaststätte mit Tanzsaal an der Vogelweide,<br />
dem Lindenkrug. In den späteren Bauphasen nach dem Kauf<br />
der Siedlung durch die Stadt kamen westlich der Ebertallee etwas<br />
einfacher gehaltene Wohnhäuser dazu. Entworfen hatten sie der<br />
Architekt Gustav Oelsner, der unter Max Brauer zum Bausenator<br />
von Altona und Vorstand der SAGA wurde. Oelsner entwickelte<br />
sich schnell zu einem Vertreter des „Neuen Bauens“, einem damals<br />
modernen Architekturstil, den auch das berühmte Bauhaus<br />
verfolgte. Typisch waren streng kubische Formen, Flachdächer<br />
und der Verzicht auf dekorative Elemente.<br />
Gustav Oelsner und die Klinkerbauten<br />
der 1920er und 30er Jahre<br />
Das SAGA-Quartier Lunapark stammt von Gustav Oelsner, ebenso<br />
viele andere Wohnhäuser in Altona-Nord. Rund 1000 Wohnungen<br />
des Architekten hat die SAGA bis heute in ihrem Bestand. Für<br />
optische Abwechslung sorgen am Lunapark ockergelbe Klinker in<br />
verschiedenen Schattierungen. Fensterbänder und rückspringende<br />
Balkone betonen die horizontale Gliederung, wie sie für das<br />
Neue Bauen prägend sind.<br />
Die Wohnungen hier waren für die damalige Zeit sehr modern<br />
und komfortabel, sie verfügten über ein eigenes Badezimmer und<br />
eine Einbauküche – was in den 1920ern kein Standard war. Hinzu<br />
kamen oft große Schiebefenster und Einbauschränke, um Flächen<br />
besser auszunutzen. Solche Ausstattungsmerkmale dienten<br />
schon damals dazu, auch einkommensschwächeren Menschen zu<br />
gutem und preiswertem Wohnraum zu verhelfen.<br />
Der Wiederaufbau nach dem Krieg und<br />
die großen Siedlungen<br />
Erst mit der Gebietsreform von 1937 kam Altona – ebenso wie<br />
Wandsbek, Harburg und Bergedorf – zu Hamburg und die SAGA,<br />
die bisher nur in Altona tätig war, wurde zu einem Gesamthamburger<br />
Unternehmen. Nach und nach kamen in den folgenden<br />
f
16<br />
100 Jahre SAGA<br />
Juni 2020<br />
Hohe Neubauleistung: Zum dritten Mal in Folge nach 2018 und 2019 realisiert die SAGA Unternehmensgruppe 2 000 jährliche Baubeginne.<br />
Das Büro Winking • Froh Architekten hat für die Planung des SAGA-Neubaus im Pergolenviertel den „Wohnbaupreis Hamburg“ verliehen bekommen,<br />
Foto: Andreas Bock.<br />
Jahren und Jahrzehnten auch andere städtische Wohnungsunternehmen<br />
mit ihren Beständen zur heutigen SAGA Unternehmensgruppe.<br />
Ging es nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst um den Wiederaufbau<br />
in der inneren Stadt, verlagerte die SAGA ihre Aktivitäten<br />
in den 1950er und 1960er Jahren mehr und mehr auf die<br />
äußere Stadt und plante größere Siedlungen wie Veermoor, die<br />
1959-63 in Lurup entstand. Dabei wurden Einfamilienreihenhäuser<br />
und Geschosswohnungsbauten gemischt und in große Grünflächen<br />
eingebettet. Hier orientierten sich die Architekten an den<br />
damaligen internationalen Vorbildern im Wohnungsbau. Davon<br />
künden beispielsweise die flachen Satteldächer der Veermoor-<br />
Häuser, wie man sie zu dieser Zeit aus der skandinavischen Moderne<br />
kannte. Bei den sechsgeschossigen Wohnhäusern waren<br />
zudem die damals in Großbritannien schwer angesagten Maisonettewohnungen<br />
über zwei Stockwerke auffallend.<br />
In den folgenden Jahren erlebten weitere Quartiere einen regelrechten<br />
Bauboom. Die SAGA und andere Wohnungsunternehmen<br />
errichteten Trabantenstädte sprichwörtlich auf der grünen<br />
Wiese. Mümmelmannsberg, Steilshoop und der Osdorfer Born<br />
sind drei der größten Siedlungen, die in den 1960er und 70er Jahren<br />
in Plattenbauweise gebaut wurden. „Urbanität durch Dichte“<br />
lautete das Schlagwort dieser Zeit.<br />
Heute verfügt die SAGA Unternehmensgruppe über mehr als<br />
137000 Wohnungen und 1400 Gewerbeeinheiten. Sie ist damit<br />
das größte kommunale Wohnungsunternehmen Deutschlands.<br />
Die SAGA heute<br />
Seit 2011 erlebt Hamburg wieder einen Bauboom. Bei der politischen<br />
Zielsetzung des Senats übernimmt die SAGA eine zentrale<br />
Rolle im „Bündnis für das Wohnen“. 2021 hat sie mehr als 1000<br />
neue Wohnungen fertiggestellt – 40 davon in einem Wohnhaus<br />
im Wilhelmsburger Reiherstiegviertel. Idyllisch gelegen am Park<br />
Rotenhäuser Feld und umgeben von schönen alten Einfamilienhäusern<br />
und Rotklinkerbauten aus den 1950ern haben die Architekten<br />
ein perfekt auf die Umgebung abgestimmtes Gebäude<br />
entworfen.<br />
„Wir haben darauf geachtet, dass das Haus mit seinen dunklen<br />
Klinkersteinen und seiner Höhe gut in die Nachbarschaft<br />
passt“, erklärt Architekt René Schneiders vom Büro A-Quadrat<br />
Architekten + Ingenieure GmbH. Knapp 100 Menschen haben<br />
hier eine neue und bezahlbare Heimat gefunden, von der Seniorin<br />
bis zur fünfköpfigen Familie – die große Bandbreite an Wohnungsgrößen<br />
und Grundrissen macht es möglich.
17<br />
„Alle sollen sich das Leben und Wohnen in Hamburg leisten<br />
können, dafür steht die SAGA seit 100 Jahren. Sie ist in allen<br />
Hamburger Bezirken präsent, engagiert sich bei der Entwicklung<br />
von neuen Quartieren und ist eine wichtige Partnerin im<br />
‚Bündnis für das Wohnen‘. Die SAGA baut klimafreundlich und<br />
energieeffizient und setzt sich aktiv für ein gutes Zusammenleben<br />
in den Quartieren ein. Als größte Vermieterin unserer Stadt<br />
ist sie ein starker Akteur auf dem Wohnungsmarkt und leistet<br />
einen großen Beitrag zum Gemeinwohl. Ich gratuliere allen<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der SAGA sehr herzlich zum<br />
100-jährigen Jubiläum und danke ihnen im Namen des Senats<br />
für ihre engagierte Arbeit.“<br />
„Ich gratuliere der SAGA ganz herzlich zu 100<br />
Jahren Erfolgsgeschichte. Seit 1922 garantiert das<br />
größte sozial orientierte Wohnungsunternehmen<br />
Hamburgs ein wichtiges Grundbedürfnis der Menschen:<br />
das Bedürfnis nach sicherem Wohnraum und<br />
einem lebenswerten Zuhause. Gerade angesichts<br />
der aktuell turbulenten Zeiten, die von Krieg, Corona<br />
und Klimawandel geprägt sind, kann die von<br />
SAGA geleistete gesellschaftliche Verantwortung<br />
nicht hoch genug geschätzt werden. Noch nie zuvor<br />
konnten Wohnungsunternehmen wie SAGA als<br />
sozial orientierte und wirtschaftlich aufgestellte Unternehmen<br />
so viele Menschen in guten Wohnungen<br />
unterbringen wie in den vergangenen Jahrzehnten.<br />
Dies gilt es zu bewahren und weiterzuentwickeln –<br />
für eine lebenswerte Zukunft Hamburgs.“<br />
Erster Bürgermeister<br />
Dr. Peter Tschentscher,<br />
Präsident des Senats der Freien<br />
und Hansestadt Hamburg<br />
Axel Gedaschko,<br />
Präsident des GdW<br />
Äußerlich und von der Ausstattung her, mit Balkonen oder Terrassen<br />
für jede Wohnung, moderner Raumlüftung und bodentiefen<br />
Fenstern, erinnert nichts an geförderten Wohnungsbau. „Wir haben<br />
hier mit echtem Klinker gebaut, statt nur dünne Klinkerriemchen<br />
an die Fassade zu kleben“, so René Schneiders. „Das macht<br />
den Bau zwar erstmal teurer, aber später im Unterhalt wird es<br />
deutlich günstiger.“ Fördermittel gab es außerdem vom Bund, um<br />
das Haus besonders energieeffizient zu bauen. Die Heizenergie<br />
kommt übrigens aus dem Energiebunker, dem neuen Wahrzeichen<br />
von Wilhelmsburg, der gleich nebenan über die Parkbäume<br />
ragt.<br />
Modulhäuser in Billstedt<br />
Die Wohnungen in Wilhelmsburg wurden im Oktober vergangenen<br />
Jahres bezogen. An vielen anderen Orten in der Stadt baut<br />
die SAGA aktuell, beispielsweise am Spliedtring nahe dem Öjendorfer<br />
See: Dort sorgt Projektleiterin Laura Baden von der SAGA-<br />
Neubauabteilung dafür, dass gut 100 Menschen bald in eine neue<br />
Wohnung ziehen können. „Hier haben wir uns für eine innovative<br />
Bauweise entschieden“, erklärt die junge Architektin. „Die beiden<br />
Mehrfamilienhäuser werden in Modulbauweise errichtet“,<br />
so Baden. Ein Architekturbüro hat 2015 für die SAGA vier verschiedene<br />
Wohnmodule entworfen, die fast beliebig kombiniert<br />
werden können. „Am Spliedtring haben wir zwei unterschiedliche<br />
Module nebeneinandergesetzt und gestapelt. So entstehen zwei<br />
Zeilenbauten, die sich gut in die Nachbarschaft einfügen. Das ist<br />
behutsame Nachverdichtung.“<br />
Die locker bebaute Nachbarschaft besteht aus SAGA-Wohnhäusern<br />
der 1970er Jahre mit großen Stellplatzflächen für Autos.<br />
„Eine dieser Stellplatzanlagen haben wir nun überbaut“, so Laura<br />
Baden. „Die Autos stehen nach wie vor ebenerdig, aber jetzt in<br />
einer offenen Garage und über der Garage werden die Wohnungen<br />
errichtet. So gehen wir effizient mit der Fläche um.“ Zwischen<br />
beiden Gebäuden wird das Garagendach zum begrünten<br />
Hof mit Sitz- und Spielmöglichkeiten.<br />
Seit 2018 hat die SAGA 12 Bauprojekte mit 555 Wohnungen<br />
in Modulbauweise errichtet. Die Realisierung erfolgt dabei ganz<br />
konventionell in Massivbauweise, aber die Planung geht schneller,<br />
als wenn jedes Wohnhaus immer wieder neu entworfen werden<br />
müsste. „Statt zehn Monate brauchen wir so für die Planungsphase<br />
nur noch fünf – das macht die Sache kostengünstiger“,<br />
sagt die Architektin.<br />
Ob die Steenkampsiedlung in Bahrenfeld im Gartenstadt-Stil<br />
der 1920er, der Osdorfer Born in Plattenbauweise der 1970er<br />
oder Nachverdichtung durch individuelle Architektenhäuser in<br />
Wilhelmsburg und Modulhäuser in Billstedt: Die SAGA geht immer<br />
mit der Zeit und passt sich dabei neuen Anforderungen und<br />
Entwicklungen an. Sie hat den Anspruch, gute Architektur mit<br />
öffentlich gefördertem Wohnungsbau zu vereinen.
18 100 Jahre SAGA<br />
Dr. Thomas Krebs<br />
Sprecher des Vorstands<br />
Andreas Breitner<br />
Direktor des Verbands<br />
norddeutscher<br />
Wohnungsunternehmen (<strong>VNW</strong>)<br />
„Die SAGA ist ein wirtschaftlich erfolgreiches und dank ihrer<br />
engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leistungsfähiges<br />
wie innovatives Unternehmen. Die sozial verantwortliche Wohnraumversorgung<br />
für breite Schichten der Bevölkerung ist seit<br />
hundert Jahren die tragende Säule unseres Geschäftsmodells.<br />
Kundenorientierung und Kundenzufriedenheit haben für uns<br />
oberste Priorität. Aber wir setzen auch Impulse in den Bereichen<br />
Quartiersentwicklung, Klimaschutz und Bauen. Es ist unser<br />
Anspruch, gemeinsam mit unserer Gesellschafterin und den<br />
Partnern im »Bündnis für das Wohnen in Hamburg« Stadtentwicklung<br />
aktiv mitzugestalten. Eine unternehmerisch eigenständige<br />
und selbstbewusste SAGA ist gleichermaßen im Interesse<br />
unserer Mieterinnen und Mieter wie auch der Stadt Hamburg<br />
und die beste Voraussetzung für die kommenden erfolgreichen<br />
100 Jahre SAGA.“<br />
„Die SAGA ist seit einem Jahrhundert der Garant für das bezahlbare<br />
Wohnen in Hamburg. Das Unternehmen sorgt dafür,<br />
dass Menschen mit geringem Einkommen überall in der Stadt zu<br />
preiswerten Mieten leben können. Zuverlässig, erfolgreich und<br />
sozial verantwortlich. Unermüdlich, kompetent und überzeugend<br />
wirbt die SAGA bundesweit für den sogenannten Quartiersansatz,<br />
bei dem eine Reduzierung der CO 2<br />
-Emissionen mit<br />
Hilfe unterschiedlicher technischer Lösungen auf Quartiersebene<br />
umgesetzt wird. Es ist ein Glück für Hamburg und die mehreren<br />
Hunderttausend Mieterinnen und Mieter, dass in den vergangenen<br />
100 Jahren alle Pläne, die SAGA zu verkaufen, schnell<br />
wieder beerdigt wurden. Heute ist das Unternehmen wertvoll<br />
und unverzichtbar für die Hansestadt und eine Erfolgsgeschichte,<br />
die täglich fortgeschrieben wird.“<br />
„Die Jubiläumspublikation „SAGA. 100 Jahre Wohnen in<br />
Hamburg“, ist beim Dölling & Galitz Verlag erschienen (ISBN:<br />
978-3-8621-8155-1). Auf rund 340 Seiten mit 400 Abbildungen<br />
und farbigen Zeichnungen wird der Weg des Unternehmens in<br />
acht Kapiteln nachgezeichnet und ein Ausblick in die künftigen<br />
Herausforderungen der SAGA genommen. Zu den Autoren gehören<br />
unter anderem Dr. Friederike Weimar und Dr. Ralf Lange.“<br />
Dr. Thomas Krebs Vorstand Saga, Axel Gedaschko GdW-Präsident,<br />
Dr. Dorothee Stapelfeldt, Senatorin für Stadtentwicklung und<br />
Wohnen in Hamburg, Dr. Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister<br />
der Hansestadt Hamburg (v.l.n.r.).<br />
RAINER MÜLLER<br />
ist freier Journalist und<br />
Buchautor in Hamburg.<br />
Er hat Stadtplanung<br />
studiert und schreibt seit<br />
vielen Jahren über Stadtentwicklung,<br />
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20 <strong>VNW</strong><br />
„Alles Perlen“<br />
Bei SPRINTbreak in Heiligenhafen lernen die Teilnehmerinnen und<br />
Teilnehmer, innerhalb von fünf Tagen ein Problem zu lösen. Doch die<br />
Veranstaltung ist weit mehr als eine Weiterbildung.<br />
VON OLIVER SCHIRG
21<br />
Heiligenhafen. „An einem Ort arbeiten, wo andere Urlaub machen.“<br />
Mit so einer oder einer ähnlichen Idee werben nicht wenige<br />
Urlaubsregionen. Möglicherweise auch Heiligenhafen, direkt an<br />
der Ostsee in Sichtweite von Fehmarn gelegen.<br />
Die 17 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die von ihrem Wohnungsunternehmen<br />
über das zweite Septemberwochenende zum<br />
sogenannten SPRINTbreak geschickt wurden, dürften beides erlebt<br />
haben: Arbeit und Erholung. Wobei Erholung nicht bedeutete, faul<br />
in der Sonne zu liegen. Vielmehr war auch die Freizeit durch aktives<br />
Tun geprägt: segeln und meditieren.<br />
Im Mittelpunkt stand jedoch das „ErlernArbeiten“ in Anlehnung<br />
an das Sprint-Modell des früheren Google-Mitarbeiters Jake<br />
Knapp. „ErlernArbeiten“ deshalb, weil die Frauen und Männer, die<br />
in Heiligenhafen dabei waren, beides taten: Sie lernten die agile<br />
Arbeitsmethode kennen, indem sie diese unter Anleitung von Referenten<br />
anwendeten.<br />
Ein Problem innerhalb von fünf Tagen lösen<br />
Jake Knapp hatte seinerzeit von seinem Arbeitgeber den Auftrag<br />
erhalten, in möglichst kurzer Zeit viele Unternehmen, die Google<br />
übernommen hatte bzw. übernehmen wollte, zu überprüfen.<br />
Dabei merkte Knapp rasch, dass auf dem üblichen Weg – viele<br />
Sitzungen, lange Brainstormings, ungeklärte Hierarchien, fehlende<br />
Finanzmittel – nur in seltenen Fällen ein betriebliches Problem<br />
zufriedenstellend gelöst werden kann.<br />
Zusammen mit zwei weiteren Google-Kollegen entwickelte<br />
Jake Knapp die sogenannte SPRINT-Methode, die sich durch eine<br />
Kombination von Fokussierung und Organisation auszeichnet.<br />
Knapps Idee: Ein Team von maximal sieben Personen, möglichst<br />
aus unterschiedlichen Abteilungen stammend, kümmert sich innerhalb<br />
von fünf Tagen ausschließlich darum, das Problem zu lösen<br />
und einen „Prototyp“ zu entwickeln.<br />
Bei der SPRINT-Methode geht es also nicht um Perfektion. Fehler<br />
sind ausdrücklich erlaubt. Im Mittelpunkt stehen Schnelligkeit<br />
und das Erreichen eines Ergebnisses.<br />
f
22<br />
SPRINTbreak<br />
„Arbeitsmethode näherbringen“<br />
Mehr als Weiterbildung<br />
Nun sollte an den fünf SPRINTbreak-Tagen in Heiligenhafen natürlich<br />
kein konkretes Problem eines Unternehmens gelöst werden.<br />
Vielmehr sollte die „Weiterbildungswoche“, die der <strong>VNW</strong> in Zusammenarbeit<br />
mit Vodafone, Point of Sailing und Analyse & Konzepte<br />
zum zweiten Mal organisierte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />
aus Wohnungsunternehmen die Arbeitsmethode „SPRINTbreak“<br />
näherbringen.<br />
„Ich bin mit der Erwartung hergefahren, hier eine coole Zeit<br />
zu haben, weil dieses Programm einzigartig ist: vormittags lernen<br />
und den Kopf beschäftigen, Input aufnehmen – und nachmittags<br />
durch das Segeln den Kopf frei bekommen“, sagte Martina Pianka-<br />
Warsow vom Wohnungsunternehmen Plambeck aus Norderstedt<br />
am Abschlusstag. „Meine großen Erwartungen wurden übertroffen.<br />
Ich hätte nicht gedacht, dass wir so einen Spirit entwickeln.<br />
Wir sind alle ein wenig über uns hinausgewachsen.“<br />
Ozan Mutlu von der HANSA Baugenossenschaft sprach von einer<br />
intensiven und lehrreichen Zeit. „Ich hatte nicht erwartet, dass<br />
wir es in so kurzer Zeit schaffen, so ein Ergebnis zu erreichen. Wir<br />
sind vielleicht alle mit dem Leitsatz, die Wohnungswirtschaft sei<br />
nicht agil, in diese Tage reingegangenen – und wurden eines Besseren<br />
belehrt.“<br />
Dr. Ulrik Schlenz, Vorstand der Wankendorfer Baugenossenschaft<br />
für Schleswig-Holstein, sieht in der SPRINTbreak-Methode<br />
eine „ergänzende Möglichkeit, unsere Führungskultur neu zu justieren“.<br />
Sie ermögliche es, konzentriert und komprimiert an die<br />
Lösung eines Problems heranzugehen, die unter „normalen“ Umständen<br />
in einem Unternehmen viel Zeit in Anspruch nehmen und<br />
im Tagesgeschäft möglicherweise aus dem Blick geraten würde.<br />
In den fünf Tagen mussten die diesjährigen Teilnehmerinnen und<br />
Teilnehmer Lösungsansätze für unterschiedliche Themen der Wohnungswirtschaft<br />
entwickeln. So ging es angesichts explodierender<br />
Bau- und Grundstückspreise um die These „Nicht zu bauen, ist<br />
auch keine Lösung“, um Ideen, wie bei begrenztem Personal und<br />
wenig Budget ein guter Kundenservice gewährleistet werden könne<br />
und was die Wohnungswirtschaft tun müsse, um für Mitarbeiter<br />
der Zukunft attraktiv zu sein.<br />
Am Abschlusstag, bei der Präsentation ihrer Ideen vor den<br />
Vorständen und Geschäftsführern der eigenen Unternehmen, skizzierten<br />
alle drei Arbeitsgruppen interessante Lösungsmöglichkeiten<br />
auf. Allerdings, und das zeichnet den breite(re)n Ansatz von<br />
SPRINTbreak in Heiligenhafen aus, ging es nicht nur darum, die<br />
Chancen des „agilen Arbeitens“ kennenzulernen und Antworten<br />
auf aktuelle Fragen der Wohnungswirtschaft zu finden.<br />
Genauso wichtig ist den Organisatoren, dass der „Samen des<br />
Arbeitens mit innovativen Methoden“ in die Unternehmen getragen<br />
wird. Angesprochen würden „neugierige Ideentreiber und<br />
engagierte Macher“, sagt Thorsten Gleitz, Vorstand der Wankendorfer<br />
Baugenossenschaft für Schleswig-Holstein, und einer der<br />
Referenten. „Es geht um Typen, nicht um Hierarchien.“<br />
„Wenn man Veränderungen im Unternehmen haben möchte,<br />
dann braucht man Unterstützer aus der Mitarbeiterschaft“, ergänzt<br />
Bettina Harms, Geschäftsführerin von Analyse & Konzepte<br />
und eine der Referentinnen. „Es kann nicht ohne Führungskräfte<br />
gehen, aber auch nicht ohne einzelne Menschen, die Veränderungen<br />
mittragen.“<br />
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24 SPRINTbreak<br />
Initiative Lerninsel Juist<br />
Juist. Die Initiative Lerninsel Juist ist ein Highlight der<br />
Berufsausbildung in der norddeutschen Wohnungswirtschaft.<br />
Nach zwei Jahren Pandemiepause erhielten in diesem<br />
Sommer Auszubildende wieder die Möglichkeit, eine<br />
Woche mit jungen Leuten aus anderen Wohnungsunternehmen<br />
zusammenzuarbeiten. Durch die Teamarbeit an<br />
einem Projekt wurde die soziale und methodische Kompetenz<br />
der jungen Menschen gestärkt. Zudem erhielten sie<br />
echten Flugunterricht und lernten dabei, Verantwortung<br />
zu übernehmen.<br />
Einer der Teilnehmer, Thore Christophersen vom Flensburger<br />
Arbeiter-Bauverein eG, schrieb nach der Woche<br />
auf Juist seine Eindrücke nieder. Er habe in dieser kurzen<br />
Zeit gelernt, wie wichtig die Kommunikation untereinander<br />
und eine gute Planung auschlaggebend für den Erfolg<br />
eines Projektes seien. Jeder habe in den Tagen auf Juist<br />
die Möglichkeit gehabt, seine Meinung und seine Ideen<br />
einzubringen.<br />
Das Fliegen bezeichnete Thora Christophersen als Highlight.<br />
„Obwohl einige Teilnehmer Höhenangst hatten,<br />
konnten wir am Ende jeden davon überzeugen, es auszuprobieren.<br />
Es war ein besonderes, einmaliges Erlebnis, bei<br />
dem alle von uns über sich hinausgewachsen sind.“<br />
Die Lerninsel ist ein gemeinsames Projekt der Aareon<br />
Deutschland GmbH, des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen<br />
e.V. sowie des vdw Niedersachsen<br />
Bremen.
25<br />
Engagement über den Arbeitsalltag hinaus<br />
Der Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer komme eine besondere<br />
Bedeutung zu, sagt Bettina Harms weiter. „Die Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter, die wir hier sehen, sind alles Perlen. Wenn<br />
es die Vorstände noch nicht wussten, dann wissen sie es jetzt. Die<br />
Leute werden hierhergeschickt, weil sie bereit sind, sich über den<br />
Arbeitsalltag hinaus für das Unternehmen zu engagieren. SPRINTbreak<br />
findet ja am Wochenende statt.“<br />
„Ich selbst war 1999 von meinem damaligen Ausbildungsbetrieb<br />
zu einer ähnlichen ‚Auszeit‘ geschickt worden“, berichtet<br />
Manja Buntrock, Personalleiterin bei der WIRO Wohnen in Rostock<br />
Wohnungsgesellschaft mbH. „Das ist eine Geschichte, an die ich<br />
noch heute immer wieder denken muss.“ Die Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter könnten auch den Unternehmen zeigen, was in<br />
ihnen stecke, fügt sie hinzu.<br />
Aber das ist längst nicht alles. „Was wir hier übereinander<br />
schon am ersten Abend gelernt haben: Nicht nur wir in unserem<br />
Unternehmen haben bestimmte Aufgabenstellungen, sondern den<br />
anderen geht es ähnlich“, sagt Martina Pianka-Warsow. „Es war<br />
bereichernd, das einmal so mitzubekommen.“<br />
Für Bettina Harms ist die von Martina Pianka-Warsow geschilderte<br />
Erfahrung von fundamentaler Bedeutung für SPRINTbreak.<br />
„Für die Perlen ist es ganz wichtig zu sehen: Es gibt noch mehr<br />
Perlen. Mit denen zusammenzuarbeiten und zu erleben, was für<br />
ein Spirit entsteht, wenn Menschen mit Lust ein Thema bearbeiten<br />
– das ist ein großartiges Gefühl.“<br />
Unterschiedliche Denk- und Lösungsansätze<br />
„So eine Veranstaltung ist für Unternehmen unverzichtbar“, sagt<br />
Martin Görge, Geschäftsführer der Hamburger Sprinkenhof GmbH.<br />
„Je mehr Input wir von außen in die Organisation reintragen, desto<br />
befruchtender und wertvoller ist das Ganze. Diversität findet im<br />
Unternehmen ja auch durch unterschiedliche Denk- und Lösungsansätze<br />
statt.“<br />
Das sei für Immobilienunternehmen von besonderer Bedeutung,<br />
weil diese durch ihre standardisierten Arbeitsprozesse sehr<br />
verwaltungslastig aufgestellt seien. Standardisierte Lösungen<br />
böten allerdings inzwischen einen „zu engen Lösungsraum“, so<br />
Görge weiter. Kreative Ansätze wie SPRINTbreak hätten das Potenzial,<br />
das die Unternehmen immer stärker benötigten.<br />
Derartige Weiterbildungsformate machen Wohnungsunternehmen<br />
zudem im Wettbewerb um gut ausgebildete Fachkräfte<br />
f<br />
Versicherungsanalysen durch die Tochterunternehmen der<br />
wohnungswirtschaftlichen Verbände<br />
Zu den Pflichten der Unternehmensführung gehören der Aufbau und das Unterhalten einer wirksamen und<br />
effizienten Risikovorsorge zum Schutz des Unternehmens, seiner Mitarbeiter und seines Vermögens.<br />
Versicherungen sind hierbei ein wichtiges Instrument.<br />
Welche Absicherungen in welchem Umfang sinnvoll sind und ob geeignete Produkte auch auf die Bedürfnisse eines<br />
Wohnungsunternehmens zugeschnitten sind, sind dabei die wesentlichen Kriterien.<br />
Durch eine qualifizierte Analyse kann die spezifische Risikosituation, die Ermittlung besonderer Risikopotentiale<br />
sowie der interessengerechte Transfer verbleibender Risiken auf Versicherungen erfolgen.<br />
Die Tochterunternehmungen der wohnungswirtschaftlichen Verbände<br />
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26<br />
SPRINTbreak <strong>VNW</strong><br />
konkurrenzfähig. „Der Kampf um Talente hat sich in den vergangenen<br />
zwei drei Jahren derart verschärft, dass wir in bestimmten Bereichen,<br />
zum Beispiel als Bauingenieure ausgebildete Leute kaum<br />
mehr finden“, sagt WIRO-Personalleiterin Manja Buntrock. Personalentwicklung<br />
werde wichtiger. „Wenn man spezialisierte Leute<br />
nicht mehr auf dem Markt findet, muss man sie entwickeln. Dazu<br />
sind solche Angebote wie SPRINTbreak sehr gut geeignet.“<br />
Ein derartiges Weiterbildungsangebot sei unverzichtbar, wenn<br />
man Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten möchte, ergänzt<br />
Matthias Saß, Vorstand der Allgemeinen Deutschen Schiffszimmerer-Genossenschaft<br />
eG. „Ihnen muss man etwas anbieten, bei dem<br />
sie abseits vom Arbeitsalltag neue Erfahrungen sammeln und neue<br />
Arbeitsmethoden kennenlernen können.“ Dr. Ulrik Schlenz von der<br />
Wankendorfer fügt hinzu: „Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
zu finden, ist heute nirgends mehr ein Selbstgänger und man muss<br />
sich als Unternehmen anstrengen, ein Umfeld zu schaffen, in dem<br />
Menschen Spaß haben zu arbeiten.“<br />
Karriere bedeutet heute nicht immer nur Aufstieg<br />
Sandra Balicki, Vorsitzende des <strong>VNW</strong>-Fachausschusses Personal,<br />
verweist auf die veränderten Erwartungen junger Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter. Sie stellten sich und dem Unternehmen auch immer<br />
die Frage: „Wie kann ich mich weiterentwickeln?“. Wenn es<br />
früher hieß, Karriere bedeute Führungsposition, dann sei das heute<br />
durchaus anders.<br />
„Die Generation, die jetzt nachkommt, schaut nicht nur vertikal<br />
– also in Richtung Aufstieg. Sie schaut auch horizontal. Karriere<br />
machen bedeutet heute auch, immer wieder mal ein Projekt<br />
eigenständig umzusetzen, also zeitlich begrenzt und partiell Verantwortung<br />
zu übernehmen.“ Diese Ansprüche mit Formaten wie<br />
SPRINTbreak bedienen zu können, sei unverzichtbar. „Moderne<br />
Führung bedeutet auch, andere Menschen zu befähigen und weiterzubringen“,<br />
sagt Sandra Balicki.<br />
Zu guter Letzt verweist Schiffszimmerer-Vorstand Matthias Saß<br />
darauf, dass Projekte wie SPRINTbreak den Teilnehmerinnen und<br />
Teilnehmern helfen würden, Kontakte zu entwickeln. „Vernetzen<br />
ist ein Schlüsselwort für die berufliche Zukunft. Das geht mir ja<br />
auch so. Bei einem Problem hat man jemanden, den man anrufen<br />
und um Rat fragen kann.“<br />
Es überrascht daher nicht, dass Martina Pianka-Warsow vom<br />
Wohnungsunternehmen Plambeck am Ende sagt: „Ich habe hier<br />
Leute kennengelernt, mit denen ich in Kontakt bleiben werde und<br />
bei denen ich mir Input holen kann.“ h<br />
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<strong>VNW</strong><br />
4. Norddeutscher<br />
Betriebskostentag in Lübeck<br />
Lübeck. <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner eröffnete vor 60 Teilnehmern<br />
am 17. August 2022 in Lübeck den 4. Norddeutschen<br />
Betriebskostentag. Die Veranstaltung wurde gemeinsam mit der<br />
Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (AK<br />
Geislinger Konvention) durchgeführt.<br />
Am Vormittag standen juristische und betriebswirtschaftliche<br />
Fragen auf der Tagesordnung. <strong>VNW</strong> Referent Dr. Peter Hitpaß stellte<br />
die aktuelle Rechtsprechung im Betriebskostenrecht vor. Prof.<br />
Dr. Dieter Rebitzer, Hochschule Nürtingen-Geislingen, erläuterte,<br />
wie sich die Wohnkosten durch die Klimakrise und den Krieg gegen<br />
die Ukraine verändern werden. Siegfried Rehberg, Dipl. Ing<br />
und Architekt, Berlin, erklärte anhand aktueller Beispiele, wie ein<br />
Wohnungsunternehmen durch Schadensprävention die Bewirtschaftungskosten<br />
senken kann.<br />
Am Nachmittag hatten die Praktiker das Wort. Wolfgang Voigt,<br />
Partner bei PLANATEL Barsbüttel, gab einen Überblick, wie Kosten<br />
beim Betrieb von Aufzügen eingespart werden können. Peter<br />
Gerhardt, Synectis Bad Soden, stellte eine von ihm durchgeführte<br />
Studie zur Umsetzung der neuen Heizkostenverordnung in der<br />
Wohnungswirtschaft vor.<br />
Petra Memmler, Geschäftsführerin <strong>VNW</strong> LV Hamburg, und<br />
Günter Wolter, EZN, zogen eine positive Bilanz des gemeinsamen<br />
BETA Projektes. Mark Zumann und Kai Krüger stellten Messdienstlösungen<br />
der Firma e.dis vor. Cornelia Fieber, meravis Hannover,<br />
gab einen Blick in die digitale Rechnungsdatenwerksstatt ihres<br />
Unternehmens frei. Zum Schluss referierte Lina Polom, GETEC<br />
mobilitiy solutions, Hannover über Erfahrungen mit E-Mobilität im<br />
Quartier. h
29
30 <strong>VNW</strong><br />
Aktuelle Rechtsprechung<br />
zum Betriebskostenrecht<br />
VON DR. PETER HITPASS<br />
Der Artikel gibt einen Überblick über die Rechtsprechung der vergangenen zwölf Monate. Themen,<br />
die in den letzten Jahren die Instanzgerichte beschäftigten, sind zwischenzeitlich beim BGH gelandet<br />
und von ihm entschieden worden. Die Themen Corona und digitales Büro halten vermehrt<br />
Einzug in die Rechtsprechung. Nicht immer zum Vorteil des Vermieters.<br />
I. Entscheidungen des BGH<br />
1. Anmietkosten von Rauchwarnmeldern sind keine<br />
umlagefähigen Betriebskosten<br />
Das hat der BGH mit Urteil vom 11.Mai 2022 (Az. VIII ZR 379/20)<br />
jetzt endgültig entschieden und schafft damit Klarheit in einem<br />
jahrelangen Meinungsstreit.<br />
Während das LG Magdeburg (Urteil vom 27. September 2011<br />
( Az.: 1 S 171/11) Anmietkosten für Rauchwarnmelder noch als<br />
„sonstige“ Betriebskosten gemäß §2 Nr.17 BetrKV für grundsätzlich<br />
umlagefähig ansah, hat sich in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung<br />
und der Fachliteratur seit einigen Jahren auf breiter<br />
Front die Rechtsauffassung durchgesetzt, dass Anmietkosten für<br />
Rauchwarnmelder nicht (auch nicht als „sonstige“ Betriebskosten)<br />
umlagefähig sind (so z.B. LG Hagen, Urteil vom 4. März 2016 (Az.:<br />
1S198/15).<br />
Die Miete von Rauchwarnmeldern ist explizit nicht im Katalog<br />
von § 2 BetrKV enthalten. Der Gesetzgeber hat dies auch nicht<br />
vorgesehen. Damit scheidet eine Umlage aus.<br />
Eine Umlage scheidet auch als „sonstige Betriebskosten“ aus,<br />
weil der Vermieter die Anschaffungskosten trägt. Diese kann er<br />
auch anteilig nicht als Modernisierung auf den Mieter umlegen.<br />
2. Mieter steht grundsätzlich Anspruch auf Einsicht<br />
in die Originale der Abrechnungsbelege zur Betriebskostenabrechnung<br />
zu – digitales, papierloses Büro<br />
In Streitfall beanspruchten die Mieter einer Wohnung in Günzburg<br />
Einsicht in die Originalbelege zu den Betriebskostenabrechnungen<br />
für die Jahre 2015 bis 2017. Die Vermieterin hatte nur Belegkopien<br />
übersandt. Während das Amtsgericht Günzburg den Anspruch der<br />
Mieter auf Einsicht in die Originalbelege bejahte, verneinte das<br />
Landgericht Memmingen einen solchen Anspruch. Seiner Auffassung<br />
nach sei der Anspruch durch die Übersendung der Kopien<br />
erfüllt worden. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision<br />
der Mieter.<br />
Der Bundesgerichtshof entschied, dass einem Mieter gemäß<br />
§ 259 Abs. 1 BGB grundsätzlich ein Anspruch auf Einsicht in die<br />
Originale der Abrechnungsbelege zur Betriebskostenabrechnung<br />
zustehe. Der Anspruch sei nicht von einem besonderen Interesse<br />
der Mieter abhängig. Werden dem Mieter ohne sein Einverständnis<br />
lediglich Belegkopien übersandt, müsse er also nicht den<br />
Verdacht begründen, die Kopien seien manipuliert oder weisen<br />
Unstimmigkeiten auf. Darauf komme es nicht an.<br />
Jedoch kann in Einzelfällen der Anspruch der Mieter auf die<br />
Vorlage von Kopien oder Scanprodukten beschränkt sein, so der<br />
Bundesgerichtshof. Ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, müsse<br />
der Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls<br />
entscheiden. Voraussetzung sei aber auf jeden Fall, dass die Kopien<br />
geeignet sind, die dokumentierten Erklärungen unverändert<br />
wiederzugeben. Zweifel an der Authentizität und Unverfälschtheit<br />
gehen dabei zu Lasten des Vermieters.<br />
3. Kosten der Fällung eines morschen Baums stellen<br />
umlagefähige Betriebskosten dar<br />
Das hat der BGH mit Urteil vom15. Dezember 2021 (Az.: VIII ZR<br />
66/20) entscheiden.<br />
In Einzelfällen kann lediglich Vorlage von Kopien oder Scanprodukten<br />
vom Vermieter geschuldet sein. Grundsätzlich steht einem<br />
Mieter gemäß § 259 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Einsicht in die<br />
Originale der Abrechnungsbelege zur Betriebskostenabrechnung<br />
zu. In Einzelfällen kann vom Vermieter aber nur die Vorlage von<br />
Kopien oder Scanprodukten geschuldet sein.<br />
Das hat der BGH mit Urteil vom 10. November 2021 (Az.: VIII<br />
ZR 107/20) entschieden. Die Kosten der Fällung eines morschen<br />
Baums sind als Gartenpflegekosten im Sinne von § 2 Nr. 10 BetrKV<br />
als Betriebskosten umlagefähig. Auch hier klärt das Gericht einen<br />
jahrelangen Streit.<br />
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2015<br />
musste eine seit über 40 Jahren in einer Wohnanlage in Niedersachsen<br />
stehende Birke gefällt werden, weil der Baum morsch<br />
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32<br />
<strong>VNW</strong><br />
und nicht mehr standfest war. Die Kosten für die Fällung legte die<br />
Vermieterin in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2015<br />
anteilig auf die Mieter um. Eine der Mieterinnen war damit nicht<br />
einverstanden, weshalb es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung<br />
kam. Sowohl das AG Neustadt am Rübenberge als auch das<br />
LG Hannover bejahten die Umlagefähigkeit der Baumfällkosten<br />
auf die Mieter.<br />
Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanzen.<br />
Die Kosten der Fällung des morschen, nicht mehr standfesten<br />
Baums gehören zu den umlagefähigen Kosten der Gartenpflege<br />
im Sinne von § 2 Nr. 10 BetrkV.<br />
Dass Baumfällarbeiten in der Vorschrift nicht ausdrücklich genannt<br />
werden, sei nach Ansicht des BGH unerheblich. Zunächst<br />
seien Bäume als verholzte Pflanzen und Gehölze anzusehen. Zudem<br />
unterfalle das Entfernen von Pflanzen und Gehölzen dem<br />
Begriff „Gartenpflege“. Die Gartenpflege erfordere nicht nur<br />
Arbeiten zur Erhaltung, sondern auch der Entfernung, wenn die<br />
Pflanzen oder Gehölze krank, abgestorben oder morsch sind.<br />
Schließlich setze eine „Erneuerung“ von Pflanzen und Gehölzen<br />
deren vorherige Entfernung voraus.<br />
Nach Auffassung des BGH stellen Baumfällkosten keine Instandsetzungskosten<br />
im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV dar.<br />
Zum einen werde durch die Fällung eines morschen Baums nicht<br />
stets ein Mangel beseitigt. Die Morschheit eines Baums oder das<br />
Absterben einer Pflanze sei nicht von vornherein als ein Mangel<br />
der Gartenanlage zu werten. Auch sei unbeachtlich, dass durch<br />
die Fällung des Baums der Vermieter seiner Verkehrssicherungspflicht<br />
nachkomme. Denn auch Kosten für Maßnahmen, die der<br />
Verkehrssicherungspflicht dienen, können als Betriebskosten umgelegt<br />
werden.<br />
Das Gericht stufte ferner die Kosten für die Fällung eines morschen<br />
Baums, trotz möglicher größerer Zeitintervalle, als laufende<br />
Kosten im Sinne von § 1 Abs. 1 BetrKV ein. Für die Annahme<br />
laufender Kosten sei es nicht erforderlich, dass diese jährlich oder<br />
in festgelegten Abständen entstehen. Der Erneuerungsbedarf von<br />
Pflanzen und Gehölzen sei in zeitlicher Hinsicht nicht in dem Maße<br />
voraussehbar, wie dies bei anderen Betriebskosten der Fall sei.<br />
Denn die Lebensdauer von Pflanzen und Gehölzen lasse sich nicht<br />
stets sicher vorhersagen.<br />
Die Beseitigung eines Baums sei nach Einschätzung des Bundesgerichtshofs<br />
kein so unerwartetes Ereignis für den Mieter, dass<br />
es nicht gerechtfertigt sei, ihn mit den regelmäßig hohen Kosten<br />
einer Baumfällung zu belasten. Eine Baumfällung sei in einer<br />
Wohnanlage mit Bäumen durchaus vorhersehbar. Einem Mieter sei<br />
in diesen Fällen in der Regel bewusst, dass nicht unerhebliche Kosten<br />
anfallen können. Ohnehin gewähre das Betriebskostenrecht<br />
keinen pauschalen Schutz des Mieters vor im Einzelfall angefallenen<br />
hohen Kosten.<br />
4. Betriebskostenvorauszahlungen können während<br />
der Abrechnungsperiode von beiden Mietvertragspartnern<br />
an geänderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen<br />
angepasst werden.<br />
Dies hat der BGH bereits mit Urteil vom 28. September 2011 (Az.:<br />
VIII ZR 294/10) entschieden. Angesichts drohender Heizkostenexplosionen<br />
im kommenden Winter ist die Entscheidung aktueller<br />
denn je:<br />
Die letzte Betriebskostenabrechnung ist danach Grundlage für<br />
eine Anpassung der Vorauszahlungen, hindert aber nicht die Berücksichtigung<br />
anderer – bereits eingetretener oder noch eintretender<br />
– Umstände, von denen die im laufenden Jahr entstehenden<br />
Kosten voraussichtlich beeinflusst werden. Maßstab für eine<br />
Erhöhung ist die letzte abgerechnete Betriebskostenabrechnung.<br />
Es ist jedoch kein Raum für einen „abstrakten“ Sicherheitszuschlag<br />
in Höhe von 10 Prozent auf die zuletzt abgerechneten Betriebskosten,<br />
so der BGH. Das bedeutet, dass der Vermieter nicht<br />
einfach 10, 20 oder 30 Prozent in Erwartung kommender Preiserhöhungen<br />
auf den Weltmärkten auf die Abrechnung draufschlägt.<br />
II. Entscheidungen der Instanzgerichte<br />
1. AG Brandenburg: Mieter müssen die Kosten der<br />
Treppenhausreinigung über die Betriebskosten bezahlen<br />
Die Kosten der Reinigung des Treppenhauses können durch den<br />
Vermieter als Betriebskosten auf alle Wohnungsmieter umgelegt<br />
werden, selbst wenn einzelne Mieter nur die Kellertreppe dieses<br />
Treppenhauses benutzen (§ 556 BGB i.V.m. der BetrKV). Das<br />
hat das AG Brandenburg mit Urteil vom 27. Mai 2021 (Az.:31 C<br />
295/19) entschieden.<br />
Die Reinigung der gemeinsam genutzten Räume (d.h. auch des<br />
Treppenhauses) ist immer dann umlagefähig gemäß § 556 BGB<br />
i.V.m. der BetrKV, wenn diese Räume nicht einzelnen Mietern zur<br />
eigenen Nutzung zugewiesen wurden (AG Steinfurt, Urteil vom<br />
13.02.2014, Az.: 21 C 1668/12). In welchem Umfang die Nutzung<br />
dieser gemeinsam genutzten Räume durch die Mieter tatsächlich<br />
erfolgt, ist hingegen nicht entscheidend. Das gilt sowohl für die<br />
Kosten der Reinigung des Treppenhauses als auch für die Kosten<br />
eines Aufzugs oder einer Gemeinschaftsantenne bzw. die Kosten<br />
der Beleuchtung von Eingang und Treppenhaus oder die Kosten<br />
der Gartenpflege.<br />
Eine nach der jeweiligen Verursachung oder tatsächlichen Nutzung<br />
differenzierende Umlage dieser Kosten auf die Mieter wäre<br />
vielfach nicht praktikabel und hätte eine erhebliche Unübersichtlichkeit<br />
und möglicherweise auch laufende Veränderungen in der<br />
Abrechnung zur Folge. Es sprechen deshalb auf Seiten des Vermieters<br />
Gründe der Praktikabilität und auf Seiten der Mieter Gründe<br />
der Nachvollziehbarkeit und besseren Überprüfbarkeit der Abrechnung<br />
für eine generalisierende Betrachtungsweise.<br />
Denn die genannten Gründe lassen die damit für die Mieter<br />
bestimmter Wohnungen im Einzelfall möglicherweise verbundenen<br />
Nachteile nicht als eine – die Gebote von Treu und Glauben<br />
(§ 242 BGB) missachtende – unangemessene Benachteiligung erscheinen,<br />
zumal sich die Vor- und Nachteile bei den verschiedenen<br />
Betriebskostenarten insgesamt auch ausgleichen können. Diese<br />
Wertung entspricht zudem der Intention des Gesetzgebers.<br />
2. AG Dresden: Vermieter nicht zur Übersendung von<br />
Belegen verpflichtet – Belegeinsicht während der<br />
Pandemie<br />
Das hat das AG Dresden mit Beschluss vom 23. November 2021<br />
(Az.: 4 S 222/21) entschieden. Auch in Corona-Zeiten ist der Vermieter<br />
nicht zur Übersendung der Belege verpflichtet. Es genügt,<br />
wenn er über seine Hausverwaltung eine Belegeinsicht unter Beachtung<br />
der AHA-Regeln sowie aktuell geltender Corona-Schutz-<br />
Verordnungen anbietet.<br />
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I M AUFTRAG VON
34 <strong>VNW</strong><br />
Sachverhalt<br />
Im Streitfall führte die Betriebskostenabrechnung zu einer Nachzahlung<br />
der Beklagten. Die Beklagte hat Verstöße gegen das<br />
Wirtschaftlichkeitsgebot hinsichtlich der Positionen Hausmeister,<br />
Hauslicht, Müllabfuhr, Versicherungen und Heizkosten geltend<br />
gemacht. Von der Belegeinsicht haben die Beklagten keinen Gebrauch<br />
gemacht.<br />
Begründung<br />
Das Landgericht Dresden hat entschieden, dass sich der Mieter<br />
auch bei stark gestiegenen Betriebskosten nicht darauf beschränken<br />
kann, ohne Belegeinsicht genommen zu haben, die Kostenansätze<br />
zu bestreiten. Die Beklagten hätten sich argumentativ<br />
mit den Belegen auseinandersetzen müssen, wozu eine vorherige<br />
Kenntnis und Belegeinsicht erforderlich gewesen wäre. Die<br />
Belegeinsicht wurde seitens der Hausverwaltung auch per E-Mail<br />
mit Terminvorschlag angeboten. Hiervon machten die Beklagten<br />
allerdings keinen Gebrauch.<br />
Das Gericht hat ausgeführt, dass der Vermieter auch nicht<br />
zur Übersendung der Belege an die Beklagten verpflichtet war.<br />
Grundsätzlich steht einem Mieter einer nicht preisgebundenen<br />
Wohnung ein Anspruch auf Übersendung der Belegkopien zur Betriebskostenabrechnung<br />
nicht zu. Er hat diese vielmehr beim Vermieter<br />
oder Wohnungsverwalter einzusehen. Nur in dem Fall, in<br />
dem dem Mieter eine Einsichtnahme vor Ort nach Treu und Glauben<br />
nicht zumutbar ist, kommt ein Anspruch auf Übersendung<br />
von Kopien der Rechnungsbelege in Betracht.<br />
Das Gericht hat auch ausgeführt, dass im Hinblick auf die<br />
Corona-Pandemie zum entscheidenden Zeitpunkt die Belegeinsicht<br />
nicht unzumutbar war, da im September/Oktober 2020 das<br />
gesellschaftliche und private Leben bei Einhaltung der AHA-Regeln<br />
nur noch wenig beeinträchtigt war. Da somit keine Belegeinsicht<br />
genommen und auch die Kosten lediglich pauschal bestritten wurden,<br />
wurden die Beklagten verurteilt, die Nachzahlungsbeträge zu<br />
leisten.<br />
3. AG Berlin-Tempelhof: Umlage der Kosten für Wachschutz<br />
als sonstige Betriebskosten wegen Aktivität<br />
der linksradikalen Szene hälftig zulässig<br />
Das hat das AG Tempelhof-Kreuzberg mit Urteil vom 16. September<br />
2021 (Az.: 8 C 85/21) entschieden. Die Kosten für einen<br />
Wachschutz können als sonstige Betriebskosten auf die Mieter<br />
umgelegt werden, wenn die Wohnung in einem Hotspot der linksradikalen<br />
Szene liegt. Voraussetzung ist aber, dass die Umlage<br />
mietvertraglich vereinbart ist.<br />
In Streifall bestand zwischen den Parteien eines Wohnungsmietvertrags<br />
im Jahr 2021 unter anderem Streit über die Umlagefähigkeit<br />
der Kosten für einen Wachdienst. Die Wohnung lag<br />
im Umfeld der als Hotspot der linksradikalen Szene bekannten<br />
Rigaer Straße in Berlin. Aus diesem Grund sah es die Vermieterin<br />
als notwendig an, einen Wachdienst zu beauftragen. Die Umlage<br />
der Kosten war im Mietvertrag vereinbart.<br />
Das Amtsgericht Berlin-Kreuzberg entschied, dass die Kosten<br />
für den Wachdienst als sonstige Betriebskosten auf die Mieter umgelegt<br />
werden können, soweit dies im Mietvertrag vereinbart ist.<br />
Es sei gerichtsbekannt, dass Personen aus der linksradikalen Szene<br />
vor Angriffen auf Personen und schwerwiegenden Anschlägen auf<br />
das Eigentum der von ihnen als Gegner empfundenen Kapitalisten<br />
und Gentrifizierer nicht zurückschrecken. Daher haben sowohl die<br />
Vermieterin als auch die Mieter ein Interesse daran, dass derartige<br />
Übergriffe der linksradikalen Szene verhindert bzw. eingegrenzt<br />
werden.<br />
Aus Sicht des Amtsgerichts sei es sachgerecht, die Kosten für den<br />
Wachdienst hälftig zwischen Vermieter und Mieter aufzuteilen.<br />
4. AG Hamburg: Teilweise formell unwirksame<br />
Betriebskostenabrechnung<br />
Das Amtsgericht Hamburg hat mit Urteil vom 3. März 2022 (Az.:<br />
48 C 320/20) entschieden, dass eine Betriebskostenabrechnung<br />
teilweise formell unwirksam ist, wenn sie die Position „Hausstrom“<br />
enthält und nicht die nach § 2 Nr. 11 BetrKV zulässige<br />
Formulierung der Kosten für die Beleuchtung angibt.<br />
Im Streitfall rügten die Mieter die Positionen „Hausstrom“ und<br />
„Schornsteinfeger und Rauchwarnmelderwartung“.<br />
Das Gericht kam auf die Klage der Vermieterin auf Zahlung der<br />
ausstehenden Positionen zu dem Ergebnis, dass die Betriebskostenabrechnung<br />
hinsichtlich der Position „Hausstrom“ formell unwirksam<br />
ist. Dies wird darauf gestützt, dass nach § 2 Nr. 11 BetrKV<br />
nur die (Strom-) Kosten für die Beleuchtung umlagefähig sind.<br />
Die Abrechnungsposition „Hausstrom“ kann indessen auch<br />
andere Kostenarten enthalten, wie etwa den Stromverbrauch<br />
einer Gemeinschaftsanlage oder sonstiger Verbrauchsstellen.<br />
Es stellt damit potenziell eine intransparente und damit unzulässige<br />
Mischposition dar. Die Abrechnungsposition ist für den<br />
Mieter nicht prüffähig, weil sie nicht erkennen lässt, auf welche<br />
Verbrauchsstelle(n) die umgelegten Stromkosten entfallen.<br />
Das Amtsgericht Hamburg hatte in ähnlicher Weise bereits im<br />
Jahr 2021 entschieden.<br />
Auch die Abrechnungspositionen „Schornsteinfeger und<br />
Rauchwarnmelderwartung“ sieht das Amtsgericht Hamburg als<br />
unzulässige Mischposition an. Die Position „Rauchwarnmelderwartung“,<br />
die hier als Abkürzung „Rauchmwart3.OGl“ angesetzt<br />
war, gehört inhaltlich sachlich nicht zu den Schornsteinreinigungskosten<br />
nach § 2 Nr. 12 BetrKV. Vielmehr handelt es sich um eine<br />
Position „sonstiger Betriebskosten“ nach § 2 Nr. 17 BetrKV. Eine<br />
Sammelposition in dieser Weise ist nicht zulässig. Darüber hinaus<br />
wies das Amtsgericht Hamburg darauf hin, dass auch Zweifel<br />
an der Transparenz und der Nachvollziehbarkeit der Abkürzung<br />
„Rauchmwart3.OGl“ bestehen.<br />
Des Weiteren beschäftigte sich die Entscheidung des Amtsgerichts<br />
Hamburg noch mit dem Ansatz der Leistungen eines Dritten (hier:<br />
Treppenreinigung durch Familienangehörige). Diese dürfen nicht<br />
pauschaliert als Betriebskosten angesetzt werden, wenn für diese<br />
kein Entgelt gezahlt wurde. Auch der Ansatz eines bereinigten hypothetischen<br />
Entgeltes, welches bei Vergabe an einen Dienstleister<br />
angefallen wäre, ist bei Leistungserbringung durch einen Dritten<br />
ohne nachweisbare Vergütung nicht möglich. Es ergibt sich aus<br />
dem Umkehrschluss aus § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrKV. Insofern auch<br />
Landgericht Berlin (Urteil vom 6. Dezember 2011, Az.: 63 S 13/11). h<br />
DR. PETER HITPASS<br />
betreut seit drei Jahren das Referat<br />
Wohnungswirtschaft in der <strong>VNW</strong>-<br />
Landesgeschäftsstelle Schwerin.<br />
Dazu gehören insbesondere das Betriebskosten-,<br />
Medien- und Öffentliche<br />
Recht. Der Autor betreut als<br />
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36<br />
<strong>VNW</strong><br />
Alles was<br />
RECHT ist!<br />
Urteil: Kündigung in der Elternzeit „betriebsbedingt“ möglich<br />
Wenn der Arbeitsplatz im Unternehmen<br />
während der Elternzeit wegfällt,<br />
darf der Arbeitgeber eine sogenannte<br />
Änderungskündigung aussprechen.<br />
Aber es gibt weitere Voraussetzungen<br />
dafür.<br />
Berlin/Frankfurt am Main (dpa/tmn).<br />
In der Elternzeit genießen Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer besonderen<br />
Kündigungsschutz. Sie können aber<br />
trotzdem ihren Job verlieren, wenn sie<br />
eine sogenannte Änderungskündigung<br />
ablehnen. Denn diese kann zulässig sein,<br />
wenn der bisherige Arbeitsplatz im Unternehmen<br />
wegfällt. Auf eine entsprechende<br />
Entscheidung des Arbeitsgerichts Potsdam,<br />
die das Landesarbeitsgericht Berlin-<br />
Brandenburg bestätigt hat (Az. 16 Sa<br />
1750/21), weist der Bund-Verlag hin, ein<br />
Fachverlag für Arbeits- und Sozialrecht.<br />
In dem verhandelten Fall hatte sich<br />
eine Arbeitnehmerin in Elternzeit mit einer<br />
Kündigungsschutzklage gegen eine Änderungskündigung<br />
gewandt. Mit dieser hatte<br />
die Arbeitgeberin zwar eine Kündigung<br />
ausgesprochen, zugleich aber angeboten,<br />
das Arbeitsverhältnis zu geänderten<br />
Arbeitsbedingungen fortzusetzen. Das<br />
zuständige Integrationsamt hatte der<br />
Kündigung, die die Arbeitnehmerin mit<br />
demWegfall des bisherigen Arbeitsplatzes<br />
betriebsbedingt begründete, zugestimmt.<br />
Die Kündigungsschutzklage wurde zu<br />
Recht abgewiesen, wie das Landesarbeitsgericht<br />
Berlin-Brandenburg bestätigte.<br />
Der ursprüngliche Arbeitsplatz sei durch<br />
eine zulässige unternehmerische Entscheidung<br />
weggefallen, sodass eine Beschäftigung<br />
zu den bisherigen Bedingungen<br />
nicht mehr möglich gewesen sei, teilte das<br />
Landesarbeitsgericht mit.<br />
Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses<br />
zu geänderten Bedingungen anzubieten,<br />
sei zulässig gewesen. Da die Klägerin<br />
das Änderungsangebot nicht angenommen<br />
hat, wurde das Arbeitsverhältnis<br />
durch die Kündigung beendet. h<br />
Betriebsrat-Wahlvorstand kann nicht einfach gekündigt werden<br />
Der Wahlvorstand führt die Betriebsratswahlen<br />
durch. Die Arbeitnehmer<br />
des Gremiums genießen dabei einen<br />
besonderen Kündigungsschutz, wie<br />
ein Urteil zeigt.<br />
Berlin (dpa/tmn). Sollen im Unternehmen<br />
Wahlen für einen Betriebsrat stattfinden,<br />
ist der Wahlvorstand für die Organisation<br />
und Durchführung zuständig. Die<br />
Mitglieder des Gremiums sind besonders<br />
vor einer Kündigung geschützt.<br />
Das macht ein Urteil des Landesarbeitsgerichts<br />
Berlin-Brandenburg vom<br />
12. Januar 2022 (Az: 23 SaGa 1521/21)<br />
deutlich, auf das die Arbeitsgemeinschaft<br />
Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins<br />
(DAV) verweist. Für eine Kündigung des<br />
Wahlvorstands müsse eine Zustimmung<br />
des Betriebsrats oder eines Gerichts vorliegen,<br />
anderenfalls muss der Arbeitnehmer<br />
weiter beschäftigt werden, so der DAV.<br />
Gericht: Anspruch auf Weiterbeschäftigung<br />
besteht<br />
In dem Fall kündigte ein Kurierdienst einem<br />
Fahrer außerordentlich. Der Arbeitnehmer<br />
habe sich an einem illegalen Streik<br />
beteiligt. Der Mann machte im Eilverfahren<br />
geltend, er müsse weiterbeschäftigt<br />
werden. Die Kündigung sei unwirksam,<br />
weil er Mitglied des Wahlvorstands für die<br />
anstehende Betriebsratswahl gewesen sei.<br />
Das Landesarbeitsgericht entschied,<br />
dass der Mann weiter beschäftigt werden<br />
muss. Es liege eine offensichtliche Unwirksamkeit<br />
der außerordentlichen Kündigung<br />
vor. Der Arbeitnehmer sei zum Zeitpunkt<br />
des Zugangs der Kündigung Mitglied des<br />
Wahlvorstands gewesen. Daher bestehe<br />
besonderer Kündigungsschutz.<br />
Die für eine Kündigung erforderliche<br />
vorherige gerichtliche Zustimmung liege<br />
nicht vor. Daher bestehe auch ein Anspruch<br />
auf Beschäftigung. h
37<br />
Arbeitsunwillige können Anspruch auf Wohngeld verlieren<br />
Eine annehmbare Beschäftigung ablehnen<br />
und stattdessen Wohngeld<br />
fordern, um den Lebensunterhalt bestreiten<br />
zu können? Das geht nicht,<br />
findet ein Gericht<br />
Berlin (dpa/tmn). Wer Wohngeld bezieht,<br />
muss eine zumutbare Arbeit aufnehmen,<br />
um sein Einkommen zu erhöhen.<br />
Wer das nicht tut, verliert seinen Anspruch<br />
auf Wohngeld. Auf eine entsprechende<br />
Entscheidung des Verwaltungsgerichts<br />
Berlin (Az. VG 21 K 170/20) verweist das<br />
Rechtsportal "anwaltauskunft.de".<br />
In dem konkreten Fall beantragte ein<br />
1959 geborener Kläger Wohngeld. Nach<br />
einem erfolgreich absolvierten Informatikstudium<br />
arbeitete der Mann zunächst<br />
als Programmierer und Dozent, später als<br />
Nachhilfelehrer. Er wohnte alleine zur Miete<br />
in einem Einfamilienhaus mit mindestens<br />
90 Quadratmetern Wohnfläche und vier<br />
Zimmern.<br />
Antragsteller könnte selbst für<br />
seine Mietkosten aufkommen<br />
Seinen Antrag auf Wohngeld lehnte das<br />
Bezirksamt mit der Begründung ab, er<br />
habe eine zumutbare Arbeitsstelle nicht<br />
angetreten. Daher sei die Inanspruchnahme<br />
des Mietzuschusses missbräuchlich.<br />
Die Klage des Mannes scheiterte.<br />
Wohngeld, so das Gericht, werde nur<br />
gewährt, wenn der Antragsteller seinen<br />
angemessenen Wohnbedarf weder selbst<br />
noch mit Hilfe seiner Angehörigen finanzieren<br />
könne. Staatliche Leistungen sollten<br />
nur gewährt werden, wenn der Antragsteller<br />
dazu aus objektiver Sicht nicht<br />
in der Lage ist.<br />
Nachweise zur ernsthaften Bemühung<br />
um einen Job fehlten<br />
Der Mann sei aber in einem Alter, in dem<br />
eine Berufstätigkeit mindestens im Umfang<br />
einer geringfügigen Beschäftigung<br />
möglich und zumutbar sei. Ernsthafte Bemühungen<br />
zur Aufnahme einer Beschäftigung<br />
konnte er nach Ansicht des Gerichts<br />
nicht vorweisen. Er habe zwar erfolglos<br />
gebliebene Bewerbungen vorgelegt, diese<br />
seien aber nichtssagend gewesen.<br />
Ein seinem Profil sehr gut entsprechendes<br />
Angebot für die Stelle eines Junior<br />
Software Testers einer Firma in Niedersachsen<br />
habe er von vornherein unter<br />
Berufung auf den auswärtigen Standort<br />
abgelehnt, ohne die Möglichkeit einer<br />
Verwendung in Berlin zu erfragen. h<br />
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38 <strong>VNW</strong><br />
Alles was<br />
RECHT ist!<br />
Alle Eigentümer müssen Selbstbeteiligung zahlen<br />
Feuer, Wasser, Sturm: Die Gebäudeversicherung<br />
sorgt in Eigentümergemeinschaften<br />
oft für Streit. Denn<br />
Schäden treten vielleicht nur in einzelnen<br />
Wohnungen auf – müssen sich<br />
trotzdem alle beteiligen? Vom BGH<br />
kommt jetzt ein klares Ja. Es gebe<br />
auch Vorteile.<br />
VON ANJA SEMMELROCH<br />
Karlsruhe (dpa). Von einer Gebäudeversicherung<br />
mit niedrigen Beiträgen profitiert<br />
in einer Eigentümergemeinschaft jeder –<br />
deshalb müssen sich alle den Selbstbehalt<br />
teilen, wenn ein Schaden auftritt. Davon<br />
gibt es auch keine Ausnahme, wenn nur<br />
eine einzige fremde Wohnung betroffen<br />
sein sollte. Das entschied der Bundesgerichtshof<br />
am Freitag 16. September 2022 in<br />
einem Musterfall aus Köln (Az: V ZR 69/21).<br />
Eine Wohngebäudeversicherung tritt<br />
ein, wenn ein Haus beschädigt oder zerstört<br />
wird. Abgesichert sind üblicherweise<br />
Schäden durch Leitungswasser, Feuer<br />
und durch Naturgefahren wie Sturm und<br />
Hagel. Für Elementarschäden zum Beispiel<br />
durch Überschwemmungen, Starkregen<br />
oder Erdrutsche muss oft eine Zusatzpolice<br />
abgeschlossen werden.<br />
Bei einem Schaden in den gemeinsam<br />
genutzten Bereichen, zum Beispiel<br />
im Treppenhaus, war schon vorher klar:<br />
Deckt die Versicherung die Kosten nicht<br />
komplett ab, müssen sämtliche Eigentümer<br />
in den sauren Apfel beißen und sich<br />
die restliche Summe teilen. Was aber,<br />
wenn nur in einer Wohnung die Einbauküche<br />
betroffen ist? "Über dieses Problem<br />
wird seit Jahren heftigst gestritten", hatte<br />
die Vorsitzende Richterin Bettina Brückner<br />
in der Verhandlung am 1. Juli gesagt.<br />
Mit dem höchstrichterlichen Urteil<br />
steht nun fest: Das Umlegen der Selbstbeteiligung<br />
auf alle Eigentümer ist auch<br />
in einem solchen Fall rechtens. Brückner<br />
sagte, ein höherer Selbstbehalt bedeute<br />
üblicherweise eine niedrigere Versicherungsprämie.<br />
Damit verringere sich das zu<br />
zahlende Hausgeld – und das sei für alle<br />
wirtschaftlich sinnvoll. Im Umkehrschluss<br />
bedeute das: Das gemeinsam eingegangene<br />
Risiko müsse auch von allen gemeinsam<br />
getragen werden.<br />
Der Kölner Fall ist allerdings speziell.<br />
Denn in den Wohnungen treten wegen<br />
mangelhafter Rohre eigentlich ständig<br />
irgendwo Wasserschäden auf. Die Versicherung<br />
hat deshalb die Selbstbeteiligung<br />
zwangsweise so weit heraufgesetzt, dass<br />
die Eigentümer fast alles aus der eigenen<br />
Tasche zahlen müssen – bei jedem Schadensfall<br />
15 000 Euro, hatte es in der Verhandlung<br />
geheißen. Für den BGH macht<br />
das keinen Unterschied: Der hohe Selbstbehalt<br />
sei dennoch im Interesse aller, sagte<br />
Brückner. Denn ohne diese Regelung würde<br />
sich vermutlich überhaupt kein Versicherer<br />
für den Gebäudekomplex mehr finden.<br />
Trotzdem ist der Fall noch nicht entschieden.<br />
Denn in der Anlage gibt es neben<br />
sehr vielen kleineren Wohnungen auch<br />
eine fast 1000 Quadratmeter große Gewerbeeinheit<br />
– bis vor einiger Zeit war<br />
dort ein Supermarkt. Deren Eigentümer<br />
hatten geklagt, weil sie wegen der riesigen<br />
Fläche bei jedem Schaden besonders<br />
viel Geld beisteuern müssen. Dabei sei bei<br />
ihnen selbst noch nie etwas passiert.<br />
Das Kölner Landgericht muss nun<br />
noch einmal prüfen, ob zumindest der<br />
Verteilungsschlüssel geändert werden<br />
muss. Die Hürden dafür seien aber recht<br />
hoch, sagte Brückner: Das Gesetz sieht<br />
eine Anpassung nur vor, wenn das Festhalten<br />
an der eigentlichen Regelung "aus<br />
schwerwiegenden Gründen (...) unbillig<br />
erscheint".<br />
Was das im konkreten Fall heißt, macht<br />
der BGH auch direkt klar: Sollte es bauliche<br />
Unterschiede zwischen der Gewerbeeinheit<br />
und den Wohnungen geben, die<br />
für die vielen Wasserschäden verantwortlich<br />
sind, könnte eine Anpassung geboten<br />
sein. Anders sieht es aus, wenn es nur am<br />
"unterschiedlichen Nutzungsverhalten"<br />
liegt – also daran, dass Bad und Küche in<br />
einer Wohnung einfach viel häufiger genutzt<br />
werden als in einem Supermarkt. In<br />
diesem Fall müssten die Eigentümer der<br />
Gewerbeeinheit auch in Zukunft jeden<br />
Schaden mit zahlen. h<br />
f
39<br />
Corona-Sonderregelung endet: WEG sollten handeln<br />
Während der Corona-Pandemie konnten<br />
Wohnungseigentümergemeinschaften<br />
ihre Verwaltung durch eine Sonderregelung<br />
formlos im Amt halten. Doch<br />
die Regelung endete nun. Das sollten<br />
Eigentümer wissen.<br />
Berlin (dpa/tmn). Weil Eigentümerversammlungen<br />
wegen der Corona-Pandemie<br />
nur schwer abgehalten werden<br />
konnten, durften Verwaltungen von Wohnungseigentümergemeinschaften<br />
(WEGs)<br />
zuletzt auch dann im Amt bleiben, wenn<br />
Vertragslaufzeit und Bestellungsfrist abgelaufen<br />
waren. Diese Corona-Sonderregelung<br />
lief zum 31. August aus. Darauf weist<br />
der Verbraucherschutzverband Wohnen<br />
im Eigentum (WiE) hin.<br />
WEGs, die von der Sonderregelung<br />
Gebrauch gemacht haben, sollten darum<br />
zügig klären, ob die Bestellung der Verwaltung<br />
oder der Verwaltervertrag auslaufen.<br />
Ist das der Fall, empfiehlt der Verbraucherschutzverband<br />
die vorsorgliche Wiederoder<br />
Neubestellung der Verwaltung.<br />
Auch eine Abberufung der Verwaltung<br />
ist möglich<br />
Eigentümergemeinschaften, die mit ihrer<br />
Verwaltung unzufrieden sind, können<br />
die Gelegenheit nutzen, sich von ihr zu<br />
trennen. Dafür sei in der Eigentümerversammlung<br />
ein Abberufungsbeschluss zu<br />
fassen, heißt es von WiE. Gleichzeitig sollte<br />
die Kündigung des Verwaltervertrags<br />
beschlossen werden, sofern dieser noch<br />
läuft. Sind sich WEGs nicht sicher, ob ihr<br />
Verwaltervertrag noch in Kraft ist, haben<br />
sie die Möglichkeit, die Kündigung des<br />
Vertrags "vorsorglich und hilfsweise" zu<br />
erklären.<br />
Bei Wechselwunsch mindestens drei<br />
Verwaltungsangebote einholen<br />
Parallel dazu müssen WEGs die Neubestellung<br />
einer anderen Verwaltung einleiten.<br />
Weil die Zeit drängt, sollten Beirat<br />
und Eigentümer dafür mindestens drei<br />
Angebote von Verwaltungen einholen<br />
und die Neubestellung auf die Tagesordnung<br />
der nächsten, gegebenenfalls auch<br />
außerordentlichen Eigentümerversammlung<br />
setzen, rät WiE. Damit die Abstimmung<br />
zügig über die Bühne gehen kann,<br />
sollten die Verwaltervertragsentwürfe<br />
gleich mit der Einladung zur Eigentümerversammlung<br />
an die WEG-Mitglieder verschickt<br />
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Immobilienwirtschaft (EBZ) und dem Verband<br />
der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />
Rheinland Westfalen e.V. eine Kampagne an, die<br />
möglichst viele Mieterinnen und Mieter erreichen<br />
und für das Energiesparen sensibilisieren soll.<br />
Die Kampagne heißt „Stopp den Heizkosten-<br />
Hammer“ und wird über Social Media-Kanäle,<br />
Flyer und Plakat-Aushänge in den Hausfluren<br />
der am Gemeinwohl orientierten Wohnungswirtschaft<br />
in die Öffentlichkeit getragen. Fünf Motive<br />
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42 <strong>VNW</strong><br />
Namen und<br />
Nachrichten<br />
75 Jahre für die Menschen im Land<br />
Kiel. 75 Jahre ist es bereits her, dass die heutige Wankendorfer<br />
Baugenossenschaft als „Gemeinnützige Siedlungs- und Baugenossenschaft<br />
eGmbH“ am 4. September 1947 in das Genossenschaftsregister<br />
eingetragen wurde. In der Gemeinschaft von Einheimischen<br />
und Kriegsflüchtlingen war es das Ziel, nicht länger<br />
in Notunterkünften und Baracken zu leben, sondern neuen, zeitgemäßen<br />
Wohnraum zu schaffen. Heute zählt die wankendorfer<br />
rund 10 000 Mitglieder, bewirtschaftet rund 8 300 eigene und<br />
verwaltet weitere knapp 11000 Wohnungen und Gewerbeobjekte<br />
für ihre Kunden. Darüber hinaus werden Dienstleistungen von<br />
Gärtnern, Hausmeistern und Handwerkern erbracht, und in Tochter-<br />
und Beteiligungsgesellschaften reicht das Leistungsspektrum<br />
von der Maklergesellschaft über den eigenen ambulanten Pflegedienst<br />
bis hin zur Wärmeerzeugung für Mitglieder und Dritte. In<br />
Festen und Veranstaltungen für Mieter, Mitarbeiter und Vertreter<br />
wird dieses langjährige Engagement 2022 gefeiert.<br />
Mieterticket für 365 Euro<br />
Rostock. In Rostock können Mieterinnen<br />
und Mieter von <strong>VNW</strong>-Unternehmen<br />
seit 1. August für nur einen Euro am Tag<br />
mit Bus und Bahn durch die Stadt fahren.<br />
Der Verkehrsverbund Warnow (VVW) hat<br />
ein sogenanntes Mieterticket eingeführt,<br />
für das die Kunden 365 Euro im Jahr bezahlen<br />
müssen. Der Einzelpreis ist in etwa<br />
doppelt so teuer. Von dem Mieterticket<br />
profitieren die Mieterinnen und Mieter<br />
der Wohnungsgenossenschaft Schiffahrt-<br />
Hafen Rostock eG, der WG Rostock-Süd<br />
eG, der Wohnungsgenossenschaft Marienehe<br />
eG und der Baugenossenschaft<br />
Neptun eG. Die Unternehmen steuern einen<br />
Anteil zum Preis der Monatskarte bei.<br />
Mit dabei sind auch die Wohnungsgesellschaft<br />
Güstrow GmbH und die Bützower<br />
Wohnungsgesellschaft mbH.<br />
Hoher Besuch am Spannskamp<br />
Hamburg. Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher hat das Quartier der<br />
Schiffszimmerer-Genossenschaft eG am Spannskamp in Stellingen besucht. Gemeinsam<br />
mit dem Diakonischen Werk Hamburg und der Martha Stiftung hat die Wohnungsbaugenossenschaft<br />
dort ihr Konzept „MehrQuartier“ umgesetzt. „MehrQuartier“ ist die<br />
ganzheitliche Quartiersentwicklung aus den vier Bausteinen Barrierearmut, ambulanten<br />
Versorgungsdiensten, Infrastruktur im öffentlichen Raum und freiwilligem Engagement.<br />
„Quartiere wie am Spannskamp leisten einen wichtigen Beitrag dazu, dass man in jedem<br />
Alter gut in Hamburg leben kann“, sagte Tschentscher.
Die Tür, die alles<br />
und jeden schützt.<br />
Eine Daloc Wohnungseingangstür hält nicht nur den Alltagslärm fern, sie<br />
schützt auch gegen Feuer, giftige Rauchgase und unangenehme Gerüche.<br />
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Projekte - und für jeden, der hinter der Tür leben wird.<br />
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Wohnungseingangstür auf daloc.de
44 Namen und Nachrichten<br />
„Gut behütet“ im Straßenverkehr<br />
Flensburg. Der SBV, die Verkehrswacht Flensburg und die Jugendzahnpflege<br />
des Gesundheitshauses haben sich auch in diesem<br />
Jahr zusammengetan, um den Erstklässlern in Flensburg den<br />
Schulstart zu erleichtern. Dazu haben sie allen ABC- Schützen der<br />
Stadt Starterpakete übergeben. Im Paket enthalten sind unter anderem<br />
gelbe Kappen. „Wenn Kinder die leuchtenden Basecaps auf<br />
dem Kopf haben, sind sie früher und besser zu sehen. Das macht<br />
den Schulweg deutlich sicherer“, sagte der SBV-Vorstandsvorsitzende<br />
Jürgen Möller.<br />
Jetzt wird´s bunt<br />
Elmshorn. Das „Miteinander“ wird bei<br />
der NEUEN LÜBECKER groß geschrieben!<br />
Die Wohnungsbaugenossenschaft hat zusammen<br />
mit der Raboisenschule in Elmshorn<br />
ein Projekt auf den Weg gebracht.<br />
Der Garagenkomplex im Fasanenweg bot<br />
lange einen tristen Anblick, das wollte<br />
die NEUE LÜBECKER ändern und holte<br />
sich zusammen mit dem Graffitikünstler<br />
Christoph Kröger Unterstützung von Schülerinnen<br />
und Schülern der Förderschule<br />
aus Elmshorn. Ziel war es, ein Kunstwerk<br />
zu schaffen – ein Stück Identität mit dem<br />
Quartier im Fasanenweg. Bevor die Spraydosen<br />
angesetzt wurden, wurden bei zwei<br />
Workshops mit Christoph Kröger Ideen gesammelt<br />
und Entwürfe gestaltet.
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46 <strong>VNW</strong><br />
Deutscher Bauherrenpreis für die SAGA-<br />
Unternehmensgruppe<br />
Berlin / Hamburg. Die SAGA Unternehmensgruppe ist für ihre<br />
Bauten im Hamburger Pergolenviertel in diesem Jahr mit dem<br />
Deutschen Bauherrenpreis ausgezeichnet worden. Der Deutsche<br />
Bauherrenpreis stehe traditionell unter dem Motto „Hohe Qualität<br />
– tragbare Kosten“, heißt es in einer Mitteilung. Prämiert würden<br />
zukunftsweisende und innovative Beispiele, die den vielfältigen<br />
Herausforderungen unserer Zeit gerecht werden und übertragbare<br />
Lösungen anböten. In diesem Jahr hatten sich 187 Projekte<br />
deutschlandweit für den Preis beworben. 29 Projekte wurden<br />
ausgezeichnet. „Die stringente Blockrandbebauung des Pergolenviertels<br />
ergänzt die großmaßstäbliche Typologie des Standorts in<br />
Hamburg-Nord und knüpft mit der Formensprache und der durchgängigen<br />
Verwendung von Backstein an die große Hamburger<br />
Wohnungsbautradition an“, heißt es in der Begründung für die<br />
Auszeichnung.<br />
BVE und HANSA feiern mit Senatorin<br />
Hamburg. Die beiden Genossenschaften, Bauverein der Elbgemeinden<br />
eG (BVE) und HANSA Baugenossenschaft eG errichten im<br />
Hamburger Pergolenviertel gemeinsam 68 Wohneinheiten, darunter<br />
fünf Clusterwohngemeinschaften. Alle Wohneinheiten werden<br />
im ersten und zweiten Förderweg errichtet. Die Genossenschaften<br />
zeigten bei dem Projekt erneut, dass Wohnen im Pergolenviertel<br />
für Menschen mit geringerem oder mittlerem Einkommen möglich<br />
sei, sagte Jana Kilian, Vorständin der HANSA Baugenossenschaft<br />
eG, beim Richtfest im Beisein von Hamburgs Bausenatorin<br />
Dr. Dorothee Stapelfeldt. BVE-Vorstand Axel Horn verwies auf die<br />
Kooperation mit dem Sozialdienst katholischer Frauen Hamburg<br />
(SkF) e.V. Damit werde Menschen in Notlagen ein sicheres und<br />
modernes Zuhause geboten.<br />
Erstes EBZ-KlimaCamp<br />
Bochum. 80 junge Menschen aus Deutschland<br />
haben im Juli am ersten „KlimaCamp<br />
der Wohnungswirtschaft“ teilgenommen.<br />
Die Themen reichten von Klimapfaden, Dekarbonisierung<br />
und erneuerbarer Energie<br />
über klimagerechtes Bauen und Sanieren<br />
bis hin zu Mietrecht und Mieterverhalten.<br />
Bei einem Planspiel nahmen die Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer bei einer klimaschonenden,<br />
aber entsprechende Kosten<br />
und höhere Mieten verursachenden<br />
Wohngebäudesanierung unterschiedliche<br />
Perspektiven ein: von Mieter, Wohnungsgesellschaften,<br />
Nachhaltigkeitsreferenten,<br />
politischen Vertreter und Klimaschutz-<br />
Aktivisten.
Kooperation für mehr Klimaschutz<br />
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Transparenz für Verwalter und Bewohner.<br />
Rostock. Die Wohnungsgenossenschaft Schiffahrt-Hafen Rostock<br />
eG (WGSH) und die Rostocker Straßenbahn AG haben eine Kooperation<br />
vereinbart, die für Mitglieder der Wohnungsgenossenschaft<br />
besondere Anreize zur Nutzung klimafreundlicher Mobilität schaffen<br />
soll. Das Projekt beinhaltet im ersten Schritt die Ausgabe von<br />
100 ÖPNV-Gutscheinen für Monatskarten des Verkehrsverbundes<br />
Warnow mit Geltungsbereich in der Tarifzone Rostock. Diese Gutscheine<br />
werden exklusiv an Mieter oder Genossenschaftsmitglieder<br />
der WGSH verlost.<br />
Auf der Zielgeraden<br />
Neustadt. Die NEUE LÜBECKER Norddeutsche Baugenossenschaft<br />
eG hat Ende August in ihrem Quartier in Neustadt, Westpreußenring<br />
Richtfest für 64 Wohnungen gefeiert. Im April 2021 hatten<br />
die ersten Arbeiten für den vierten Bauabschnitt begonnen. Die<br />
Genossenschaft investiert rund 14 Millionen Euro. „Seit 2018<br />
investieren wir in dieses Quartier und modernisieren unsere Bestandsgebäude“,<br />
sagte Dr. Uwe Heimbürge, technischer Vorstand<br />
der NEUEN LÜBECKER. In dieser Zeit sei viel passiert – drei Modernisierungen<br />
der kompletten Wohngebäude und ein fast fertiggestellter<br />
Neubau. Das Ergebnis bringt viel für den Klimaschutz<br />
und eine neue Wohnqualität.<br />
Die neue Heizkostenverordnung ist da.<br />
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48<br />
<strong>VNW</strong><br />
Startschuss<br />
am Monumentenberg<br />
Schwerin. Der Startschuss für das Bauprojekt<br />
„Quartier am Monumentenberg“<br />
in Schwerin ist gefallen. In den nächsten<br />
drei Jahren wird die Wohnungsgesellschaft<br />
Schwerin (WGS) die Wohngebäude in der<br />
Anne-Frank-Straße 17-23, Friedrich-Engels-Straße<br />
21-28 und Von-der-Schulenburg-Straße<br />
17-20 modernisieren. Nach<br />
Abschluss der Umbauarbeiten entstehen<br />
159 barrierereduzierte Wohnungen, die<br />
die Bedürfnisse von jungen Familien und<br />
älteren Menschen gleichermaßen befriedigen.<br />
„Es handelt sich um ein echtes<br />
Großbauprojekt, das einen nachhaltigen<br />
Beitrag zur Stadtteilentwicklung leisten<br />
wird“, sagt WGS-Geschäftsführer Thomas<br />
Köchig. Das Bauvorhaben wird mehr als<br />
35 Millionen Euro kosten.<br />
Fördermittel für die WG Schiffahrt-Hafen<br />
Rostock eG<br />
Rostock. Schwerins Bauminister Christian Pegel hat der WG<br />
Schiffahrt-Hafen Rostock eG einen Fördermittelbescheid für den<br />
2. Bauabschnitt im Brecht-Park in Evershagen übergeben. Hier<br />
ist ein Hochhaus mit zwölf Etagen geplant, mit Seniorenapartments,<br />
frei finanzierten- und öffentlich geförderten Wohnungen.<br />
Ergänzt werden diese durch eine Sozialstation und einen Bäcker<br />
im Erdgeschoss. „An dem bereits fertiggestellten Gebäude können<br />
wir sehen, dass das Geld des Landes gut angelegt ist“, sagte<br />
das Vorstandsmitglied der WGSH, Roland Blank. „Wir sind bei der<br />
Errichtung des Gebäudes keine Kompromisse eingegangen und<br />
stellen unseren Mitgliedern moderne und gleichzeitig barrierefreie<br />
Wohnungen zur Verfügung und das zu einem bezahlbaren Preis.<br />
Dies soll auch bei dem geplanten Gebäude unsere Prämisse sein.“<br />
Richtfest für neues Geschäftsgebäude<br />
Hamburg. Mit rund 200 Gästen aus der Hamburger Politik, Verwaltung<br />
und Wohnungsbauwirtschaft hat die Schiffszimmerer-<br />
Genossenschaft das Richtfest ihres neuen Geschäftsgebäudes am<br />
Ohlsdorfer Rübenkamp gefeiert. Das Unternehmen investiert rund<br />
17,6 Millionen Euro, um auch zukünftig ein attraktiver Hamburger<br />
Arbeitgeber zu sein. Nach mehr als sechzig Jahren wird die im Jahr<br />
1875 gegründete Genossenschaft ihren derzeitigen Bürostandort<br />
in der Fuhlsbüttler Straße im kommenden Jahr verlassen. Schiffszimmerer-Vorstand<br />
Matthias Saß erklärte, dass der Büroneubau<br />
alle Anforderungen der heutigen Arbeitswelt erfülle: helle, modern<br />
eingerichtete Büros, große und kleinere Besprechungsräume,<br />
gemütliche Kommunikationsinseln, eine abteilungsverbindende<br />
Wendeltreppe und eine Dachterrasse.
DIESER PLAN IST NUR MIT AUSDRÜCKLICHER GENEHMIGUNG DES URHEBERS VERVIELFÄLTIGBAR. SCHUTZVERMERK IM SINNE DES URHEBERRECHTES.<br />
49<br />
27-09-2021 Hörnum-Nord, Sylt -VP_Visualisierung-01<br />
Sylter Einwohner verhindern Bau von bezahlbaren Wohnungen<br />
Hörnum. Auf Sylt haben Einwohner den<br />
Bau von bezahlbaren Wohnungen verhindert.<br />
„Irgendwann geht es nicht mehr“,<br />
sagt Uwe Wirries, Vorstandsvorsitzender<br />
der ADLERSHORST Baugenossenschaft<br />
eG. „Die Widerstände in der Hörnumer<br />
Bevölkerung haben das Projekt Hörnum-<br />
Nord endgültig verhindert.“ Die von<br />
ADLERSHORST geplanten 121 Dauerwohnungen<br />
für Insulaner, davon 55 Wohnungen<br />
öffentlich geförderte (ab 6,25 Euro pro<br />
Quadratmeter Mietfläche), sowie zwölf<br />
Gästewohnungen für Genossenschafts-<br />
mitglieder werden nicht mehr gebaut.<br />
ADLERSHORST habe in den vergangenen<br />
Monaten vergeblich versucht, eine Einigung<br />
mit den Bürgerinnen und Bürgern<br />
herbeizuführen. „Die Hürden und Anforderungen<br />
wurden jedoch so hochgelegt,<br />
dass sowohl eine wirtschaftliche Realisierung<br />
als auch die Einhaltung der genossenschaftlichen<br />
Grundsätze nicht mehr möglich<br />
sind“, sagt Vorstandskollege Hendrik<br />
Pieper. „Leidtragende sind vor allem die<br />
Sylter, die dringend eine bezahlbare Dauerwohnung<br />
suchen.“<br />
Genossenschaftliches Wohnen in der HafenCity<br />
Hamburg. Mitte September hat die Altonaer Spar- und Bauverein<br />
eG Richtfest für 57 öffentlich geförderte Wohnungen an der<br />
Baakenallee in der HafenCity gefeiert. Es handelt sich um das fünfte<br />
Projekt der Wohnungsbaugenossenschaft in dem Hamburger Stadtteil.<br />
Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt<br />
bezeichnet die altoba als bewährte Partnerin und mit einer langfristigen<br />
Entwicklungsperspektive. <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner<br />
verwies darauf, dass die HafenCity inzwischen ein guter Standort<br />
für genossenschaftliches Wohnen sei. Burkhard Pawils, Vorstandsvorsitzender<br />
der Altonaer Spar- und Bauverein eG, sagte: „Als die<br />
altoba im September 2006 am Kaiserkai ihr erstes Richtfest in der<br />
HafenCity feierte, waren wir unsicher, wie sich die Nachfrage bei unseren<br />
Mitgliedern in dem damals noch als steril geltenden Stadtteil<br />
entwickeln würde. Inzwischen ist die HafenCity und insbesondere<br />
das Baakenhafen-Quartier zum Lebensmittelpunkt für Menschen<br />
aller Einkommensgruppen und Generationen geworden.“<br />
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Fachforum<br />
Wohnungswirtschaft 2022<br />
Klimaschutz und Wärmewende im Gebäudesektor.<br />
Am 11. Oktober 2022 ist es wieder soweit: Im DRIVE in Berlin tauschen wir uns<br />
mit Ihnen und hochkarätigen Gästen zu Herausforderungen und Chancen für<br />
die Zukunft des Blauen Planeten aus – live und digital. Registrieren Sie sich hier:<br />
meet.buderus.de oder über den QR-Code. Weitere Infos zum Event finden Sie<br />
unter qr.buderus.de/fachforum_wowi_7<br />
Digital<br />
Live Event<br />
11.10.2022
52<br />
Co 2<br />
-Emissionen<br />
Digitalisieren wir endlich die Gebäude!<br />
Informationstechnik als Werkzeug<br />
zur Senkung der CO -Emissionen<br />
2 in Mehrfamilienhäusern<br />
Die Energieeffizienz ihrer Liegenschaften ist für Wohnungsbaugesellschaften<br />
zu einem Top-Thema geworden. So hatte die vor<br />
einem Jahr eingeführte CO 2<br />
Abgabe das Potenzial, die Heizkosten<br />
bis 2025 um ca. 20 Prozent zu erhöhen. Mittlerweile hat sich die<br />
Situation durch den Krieg in der Ukraine grundlegend geändert.<br />
So stieg der Preis für Erdgas an der Terminbörse in den Niederlanden<br />
innerhalb eines Jahres von 1,8 ct/kWh auf 9,7 ct/kWh,<br />
d.h. um mehr als 500 Prozent an.<br />
Diese Entwicklung versetzt zu Recht<br />
die Betreiber von Wohnimmobilien<br />
in Alarmstimmung. Es ist davon auszugehen,<br />
dass sich mittelfristig die<br />
Heizkosten für Mieter mehr als verdoppeln.<br />
Dies wird für viele Haushalte<br />
kaum zu stemmen sein und zu Zahlungsausfällen<br />
bei den Nebenkosten<br />
führen. Um die Heizkosten erträglich<br />
zu gestalten, müssen kurzfristig vor<br />
allem die Energieverbräuche gesenkt<br />
werden. Es stellt sich die Frage, mit<br />
welchen Maßnahmen sich dies erreichen<br />
lässt.<br />
Eine weitere Baustelle für Wohnungsbau-Unternehmen<br />
ist die Umsetzung<br />
der Zielvorgabe, den Gebäudebestand<br />
bis zum Jahre 2045<br />
klimaneutral zu gestalten. Die bisherige Klimapolitik zeichnete<br />
sich dadurch aus, dass sie teuer, aber offensichtlich auch ineffektiv<br />
war. So kritisiert der Bundesrechnungshof in seinem Sonderbericht,<br />
der in diesem Jahr veröffentlicht wurde, dass die Wirkung<br />
von über 100 Klimaschutz-Förderprogrammen mindestens<br />
unklar ist. Auch ist nicht zu erwarten, dass mit dem bisherigen<br />
Weg die CO 2<br />
-Minderungsziele für 2030 und 2040 erreicht werden<br />
können. Nach Berechnung des GdW wurden seit 2010 380<br />
Milliarden Euro in die energetische Modernisierung der Gebäude<br />
investiert. Im Ergebnis hätten fast 15 Prozent Energieeinsparung<br />
sichtbar sein müssen. Der witterungsbereinigte Energieverbrauch<br />
für Raumwärme ist laut Statistiken des BMWi in diesem Zeitraum<br />
allerdings kaum gesunken.<br />
Last but not least benötigen<br />
wir endlich Assistenzfunktionen<br />
in den Wohnungen, die<br />
Mieter beim energiesparenden<br />
Verhalten unterstützen,<br />
sie in Einsparstrategien einbinden<br />
und bei auftretender<br />
Verschwendung sehr zeitnah<br />
informieren und Handlungsempfehlungen<br />
geben.<br />
Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es?<br />
Bisher lag der Fokus zur Steigerung der Ener-<br />
gieeffizienz im Wesentlichen auf Maßnahmen<br />
zur besseren Wärmedämmung der Gebäude.<br />
Wenn Klimaschutz kurzfristig und preiswert<br />
umgesetzt werden soll, müssen wir vor allem<br />
das Energiemanagement im Gebäudebestand<br />
deutlich verbessern. Dazu ist es zwingend<br />
erforderlich, die Möglichkeiten der Digitalisierung,<br />
der Elektronik und der Informationstechnik<br />
vollumfänglich zu nutzen. Niedrige<br />
Verbräuche lassen sich erreichen, wenn keine<br />
Energie erzeugt und zur Verfügung gestellt wird, die nicht gebraucht<br />
wird. Wir brauchen dazu einen Dreiklang aus Transparenz,<br />
Suffizienz und Assistenz in den Bestandsgebäuden. Transparenz<br />
bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Status quo<br />
des Gebäudes, der Heizungstechnik, der Betriebsparameter und<br />
der Verbräuche kontinuierlich erfasst und analysiert wird. Suffizienz<br />
erfordert, dass wir Gebäude nicht überversorgen, nur so viel<br />
Wärme bereitstellen, wie in der jeweiligen Situation notwendig<br />
ist. Last but not least benötigen wir endlich Assistenzfunktionen<br />
in den Wohnungen, die Mieter beim energiesparenden Verhalten<br />
unterstützen, sie in Einsparstrategien einbinden und bei auftretender<br />
Verschwendung sehr zeitnah informieren und Handlungsempfehlungen<br />
geben.
53<br />
Ergebnisse des Forschungsprojektes BaltBest<br />
Das soeben beendete und vom BMWi geförderte Forschungsprojekt<br />
„Einfluss der Betriebsführung auf die Effizienz von Heizungsaltanlagen<br />
im Bestand” (BaltBest) hat hierzu umfangreiche Untersuchungen<br />
in Bestands-Mehrfamilienhäusern durchgeführt. Das<br />
Konsortium mit den Wohnungsbau-Unternehmen GWH Frankfurt<br />
und Kassel, LEG, Vonovia, Nassauische Heimstätten, WBM<br />
Berlin, DOGEWO 21 und Spar- und Bauverein Dortmund, koordiniert<br />
vom GDW, hat in 21 Städten 100 Mehrfamilienhäuser in das<br />
Projekt eingebracht. Den Forschungseinrichtungen EBZ Business<br />
School und TU Dresden wurde uneingeschränkten Zugang zu den<br />
Heizungskellern und der technischen Infrastruktur gewährt. Das<br />
Projekt konzentrierte sich auf die heute am weitesten verbreiteten<br />
Bestandsgebäudetypen der Wohnungswirtschaft. So reichte das<br />
Baujahr der Gebäude von 1927 bis 2000, die Gebäude hatten ca.<br />
10 Wohneinheiten, der U-Wert der Gebäudehülle lag im Mittel<br />
bei 1,1 W/(m²*K). Beteiligt waren die Energiedienstleister Techem<br />
und ista sowie die Hersteller Danfoss, Bosch und Viessmann. Zu<br />
Beginn des Projektes wurde eine umfangreiche Digitalisierung<br />
der Heizungskeller und Wohnungen durchgeführt. Hierzu wurden<br />
fernauslesbare Datensammler, zusätzliche Temperaturfühler,<br />
Auslesemodule für Gaszähler, auslesbare Wärmemengenzähler<br />
und digital steuerbare Hocheffizienzpumpen nachinstalliert. In<br />
134 Wohnungen wurden darüber hinaus insgesamt 646 Smart<br />
Home Thermostate verbaut. Zentraler Bestandteil dieses Monitoringsystems<br />
war die Infrastruktur der Techem, über die vier Millionen<br />
Messwerte pro Tag über einen Zeitraum von mehr als drei<br />
Jahren auf den Server der EBZ Business School gespielt wurden.<br />
Diese Datenbasis ermöglichte Untersuchungen über die Betriebsführung<br />
und über das Nutzerverhalten in Mehrfamilienhäusern in<br />
einem bisher nicht dagewesenen Umfang. Um das Heizverhalten<br />
während der Projektlaufzeit kontinuierlich zu analysieren, führte<br />
das Sozialforschungsinstitut InWIS des EBZ während der Projektlaufzeit<br />
insgesamt 4 Mieterbefragungen durch. Dadurch konnten<br />
weitere interessante Erkenntnisse zum Nutzerverhalten gewonnen<br />
werden.<br />
f<br />
SIMON JURKSCHAT<br />
EBZ Business School,<br />
Bochum<br />
PROF. DR.-ING.<br />
VIKTOR GRINEWITSCHUS<br />
EBZ Business School,<br />
Bochum<br />
f
54<br />
Co 2<br />
-Emissionen<br />
Fehlende Transparenz führt zu Ineffizienz<br />
Keine der betrachteten Heizungsanlagen verfügte zu Beginn des<br />
Projektes über ein Monitoring-System, mit dem sich die Betriebsführung<br />
kontinuierlich überwachen ließ. Auch war die Datenlage<br />
bzgl. der in den Gebäuden eingesetzten Technik eher schlecht.<br />
Dies betraf nicht nur Alter und Leistung der Wärmeerzeugung,<br />
den Aufbau der Hydraulik, sondern auch die Übersicht über die<br />
Entwicklung der Verbräuche in den Liegenschaften und Wohnungen<br />
in den vergangenen Jahren. Wurden Änderungen an den Einstellungen<br />
der Heizungsanlage vorgenommen, wurde das in den<br />
meisten Fällen nicht systematisch protokolliert. Den am Projekt<br />
beteiligten Unternehmen lagen meist keine Informationen über<br />
die Güte der Betriebsführung der Anlagen vor. Ein Grund hierfür<br />
war die mangelnde Digitalisierung der Heizungskeller.<br />
Die EBZ Business School entwickelte in dem Forschungsprojekt<br />
ein Monitoring-System, mit dem jede Heizungsanlage in 24<br />
Kategorien bewertet und insgesamt 110 Detail-Diagramme für<br />
den Verlauf der Betriebsparameter jeder Anlage erstellt wurden.<br />
Dies betraf Temperaturen, Nutzungsgrade, Rekonstruktion von<br />
Heizkennlinien, aber auch Taktverhalten der Wärmeerzeuger. Da<br />
die Messdaten mit einer zeitlichen Auflösung von 110 Sekunden<br />
erfasst wurden, ließ sich das Betriebsverhalten der Heizungsanlagen<br />
so in vielen Details nachvollziehen.<br />
Eine erste wesentliche Erkenntnis des Heizungsanlagen-Monitorings<br />
war, dass bei den meisten Anlagen von einer Witterungsführung<br />
der Vorlauftemperatur wenig Gebrauch gemacht wurde.<br />
In den meisten Fällen waren die Vorlauftemperaturen wesentlich<br />
höher, als es zu den ausgewerteten Zeitpunkten für eine angemessene<br />
Versorgung des Gebäudes notwendig gewesen wäre.<br />
Es zeigte sich, dass diese Überversorgung der Wohnungen erhebliche<br />
Folgen für die Energieeffizienz hatte. So ist die Leistung<br />
der Heizkörper dadurch so hoch, dass auch bei dauergekippten<br />
Fenstern die Raumtemperatur gehalten werden kann. Auch geben<br />
Heizungsrohre durch die hohen Temperaturen Wärme in das<br />
Gebäude ab, die nicht von Heizkostenverteilern erfasst wird. Letzteres<br />
beeinflusst die Qualität der Heizkostenabrechnung. Hohe<br />
Vorlauftemperaturen haben in der Praxis hohe Rücklauftemperaturen<br />
zur Folge, was dazu führt, dass der im Abgas enthaltene<br />
Wasserdampf nicht kondensiert und der Brennwerteffekt nicht<br />
genutzt werden kann. Dadurch werden Brennwertkessel defacto<br />
als Niedertemperaturkessel betrieben. Auch wurde von Sommerabschaltungen<br />
der Anlagen wenig Gebrauch gemacht. So waren<br />
79 Prozent aller Heizkessel im Sommer 2020 an Tagen aktiv, in<br />
denen die Außentemperatur höher als 20 °C war. Während dadurch<br />
im Mittel der Jahresgasverbrauch um ca. drei Prozent anstieg,<br />
schafften es zwei Anlagen, an den entsprechenden Tagen<br />
zwischen 8 bis 10 Prozent des Jahresgasverbrauchs umzusetzen.<br />
Für die Optimierung der Betriebsführung entwickelten die EBZ<br />
Business School und der TU Dresden insgesamt 374 Vorschläge<br />
für für Einstellungsänderungen, die in 79 Service-Einsätzen von<br />
Mitarbeitern der Techem umgesetzt wurden. Im Wesentlichen<br />
ging es darum, die Betriebstemperaturen nachhaltig abzusenken,<br />
eine Nachtabsenkung einzustellen, Sommerabschaltungen zu aktivieren,<br />
Förderhöhen der Pumpe zu reduzieren und dadurch eine<br />
Verbesserung der Brennwertnutzung bei den Wärmeerzeugern zu<br />
erreichen. Die Wirkung dieser Maßnahmen wurde anschließend<br />
von den Forschungseinrichtungen detailliert analysiert. Es zeigte<br />
sich, dass durch niedriginvestive Maßnahmen eine Abnahme des<br />
Gasverbrauches von 15 Prozent erreichbar ist. Interessanterweise
55<br />
konnte die Abnahme des witterungsbereinigten Gasverbrauches<br />
nicht durch Verbesserungen des Nutzungsgrades des Wärmeerzeugers<br />
erklärt werden. Vielmehr beeinflussten die Maßnahmen<br />
im Heizungskeller das Heizverhalten der Mieter, insbesondere<br />
dass der Vielverbraucher in den Gebäuden. Bei einer Überversorgung<br />
der Wohnungen durch zu hohe Vorlauftemperaturen steigt<br />
aufgrund der hohen Leistung der Heizkörper die Gefahr, dass<br />
durch falsches Lüftungsverhalten, z.B. dauergekippte Fenster, die<br />
Verbräuche stark ansteigen. Gleichzeitig wird über das Rohrnetz<br />
unkontrolliert Wärme in das Gebäude eingekoppelt, was durchaus<br />
Mietern für eine Grundtemperierung der Wohnung an vielen<br />
Tagen ausreicht. Wenig beachtet wurde bisher auch, dass es aufgrund<br />
der ungedämmten Innenwände zu einem nennenswerten<br />
Wärmeaustausch zwischen den Wohnungen kommt. Als Resultat<br />
ist zu beobachten, dass bei hohen Temperaturen der Anteil<br />
der Vielverbraucher und der Anteil der Verbrauchseinheiten, die<br />
auf die Vielverbraucher entfallen, deutlich ansteigt. Gleichzeitig<br />
nimmt der Anteil der Wenigverbraucher in einer Liegenschaft zu.<br />
Die Streuung der Heizkosten zwischen den Wohnungen in einer<br />
Liegenschaft nimmt deutlich zu.<br />
Suffizienz: Nur so viel Wärme zur Verfügung stellen,<br />
wie benötigt wird<br />
Die Ergebnisse des Heizungsmonitorings haben gezeigt, dass<br />
Mietern in der Regel eine viel höhere Heizleistung zur Verfügung<br />
gestellt wird als für die aktuelle Witterung zwingend notwendig<br />
ist. Wird diese Überversorgung von den Mietern bemerkt? Die<br />
vom InWIS durchgeführten Umfragen zeigten, dass dies in der Re-<br />
gel nicht der Fall ist. Von 129 interviewten Mietern hielten 87 die<br />
Einstellungen der Anlage für genau richtig, nur sechs Mieter fanden<br />
die Heizkörpertemperaturen zu warm. Überraschender Weise<br />
beurteilten 29 Befragte die Heizkörper-Temperaturen trotz der<br />
hohen Vorlauftemperaturen als zu niedrig. Um das Heizverhalten<br />
der Mieter besser einschätzen zu können, wurde untersucht,<br />
wie viele Stunden pro Tag die Heizkörper bei welcher Gruppe von<br />
Mietern in Betrieb sind und welcher normierte flächenbezogene<br />
Verbrauchswert dadurch erreicht wurde. Es zeigte sich, zunächst<br />
wenig überraschend, dass die Verbräuche in den Wohnungen mit<br />
den Betriebsstunden der Heizkörper zunehmen. Grundsätzlich<br />
unterscheiden sich die Verteilung der Heizkörper-Betriebsstunden<br />
und die damit korrespondierenden Verbräuche in keiner Gruppe<br />
der Befragten. Die Anzahl der durchschnittlichen Betriebsstunden<br />
der Heizkörper sowie die damit korrespondierenden Verbräuche<br />
schwanken allerdings zwischen den Wohnungen erheblich.<br />
So sammeln Befragte, denen die Heizung eher als zu warm eingestellt<br />
erschienen, weniger Tages-Heizkörper-Betriebsstunden.<br />
Überraschende Resultate ergab die Auswertung der Heizkörper<br />
Betriebsstunden bei der Gruppe der Befragten, die die Temperaturen<br />
der Heizkörper als zu niedrig eingeschätzt hatten. Hier<br />
fanden sich viele Befragte, die einerseits die Temperaturen der<br />
Heizung als zu niedrig empfanden, die Heizkörper aber nur wenige<br />
Stunden am Tag in Betrieb hatten. Damit stellt sich die Frage,<br />
wie Wohnungsgesellschaften mit Beschwerden der Mieter umgehen<br />
sollen, wenn diese wärmere Heizkörper einfordern. Unsere<br />
Untersuchungen haben gezeigt, dass diesem Wunsch wohl in den<br />
meisten Fällen unreflektiert durch Verstellungen der Heizkennlinie<br />
entsprochen wird, sehr zum Nachteil der Gesamt-Energieeffizienz<br />
des Gebäudes und der (übrigen?) Mieter.<br />
f
56<br />
Assistenz: Mieter beim energiesparenden Verhalten<br />
unterstützen<br />
Mieter benötigen zeitnah Informationen über ihren eigenen Energieverbrauch,<br />
um ihr Verhalten zu optimieren. Darauf zielt auch<br />
die Novellierung der Heizkostenverordnung ab, nach der Wohnungsunternehmen<br />
verpflichtet sind, ihren Mietern zeitnah entsprechende<br />
Informationen zur Verfügung zu stellen. Der Einfluss<br />
der Mieter auf den Energieverbrauch ihrer Wohnung ist erheblich.<br />
Die Auswertungen der Energieverbräuche von 504 Wohnungen<br />
im Forschungsprojekt BaltBest haben gezeigt, wie unterschiedlich<br />
diese zwischen den Wohnungen im selben Gebäude sind. Dabei<br />
wurden für diese Auswertungen die Informationen der Heizkostenverteiler<br />
als Basis genommen und keine Aufteilung der Verbräuche<br />
nach Quadratmetern durchgeführt.<br />
So berechnet, hatten 110 Wohnungen mehr als das 1,5-fache<br />
des Durchschnittsverbrauches ihrer Immobilie und verbrauchten<br />
im Schnitt das 1,92-fache. Der Spitzenreiter brachte es sogar auf<br />
das Dreifache des Durchschnittsverbrauches. Es zeigte sich ebenfalls<br />
eine starke Wechselwirkung der Wohnungen untereinander.<br />
So hatten Wohnungen, die neben Vielverbrauchern wohnten, im<br />
Schnitt nur 69 Prozent des Durchschnittsverbrauches. Würde es<br />
gelingen, den Verbrauch der Vielverbraucher auf das maximal<br />
1,5-fache des Durchschnittsverbrauches zu beschränken, würde<br />
sich der Gesamtverbrauch der Liegenschaften um ca. zehn Prozent<br />
reduzieren. Für eine zielgerichtete Assistenz ist es sinnvoll zu<br />
betrachten, wie sich das Heizverhalten von Wenigverbrauchern<br />
zu dem von Vielverbrauchern unterscheidet. Direkt erkennbar<br />
war, dass Wenigverbraucher ihre Thermostate mehrmals täglich<br />
verstellen und so die Heizleistung in der Wohnung dem individuellen<br />
Bedarf anpassen. Die Untersuchungen haben bestätigt,<br />
dass Smart Home-Ventile einen Beitrag zur Senkung der Energieverbräuche<br />
leisten können. Während der Energieverbrauch der<br />
im Forschungsprojekt untersuchten Wohnungen im Jahre 2020<br />
im Mittel um fünf Prozent angestiegen ist, konnte nachgewiesen<br />
werden, dass in den fünf Liegenschaften, deren Wohnungen<br />
komplett mit smarten Thermostatventilen ausgestattet wurden,<br />
der Energieverbrauch im Vergleich zum Vorjahr im Mittel um zwei<br />
Prozent sank. Die Höhe der Absenkung war dabei sehr individuell<br />
und hing vor allem damit zusammen, wie intensiv die Mieter von<br />
den Programmiermöglichkeiten der Thermostatventile Gebrauch<br />
gemacht haben.<br />
Die aktuelle Umsetzung der unterjährigen Verbrauchsinformation<br />
(UVI) in Form einer monatlichen E-Mail oder eines Briefes<br />
wird von den Autoren als wenig hilfreich eingeschätzt. Es fehlen<br />
ihr wichtige Elemente, die für die Beeinflussung des Nutzerverhaltens<br />
notwendig sind:<br />
• Die zeitnahe Information, um zu verstehen, wie das Verhalten<br />
den Verbrauch beeinflusst. Hier ist der Zeitraum von einem Monat<br />
viel zu lang.<br />
• Zum anderen fehlen Handlungsempfehlungen an den Mieter<br />
in der Form, „was kann besser gemacht werden?”. Die reine Darstellung<br />
der Verbräuche erfordert viel zu viel Transferwissen bei<br />
den Mietern, um aus den Informationen die richtigen Schlussfolgerungen<br />
ziehen zu können.<br />
Im BaltBest-Projekt<br />
wurde eine App<br />
entwickelt, die<br />
über Gamification<br />
einen spielerischen<br />
Ansatz der Mieteraufklärung<br />
und<br />
Assistenz beim<br />
energiesparenden<br />
Verhalten beinhaltete.<br />
Hierzu wurde<br />
Hoba, ein junger<br />
auf der Erde gestrandeter<br />
Alien<br />
eingeführt. Der<br />
Anwender begleitet Hoba durch die Kindheit, Pubertät und<br />
schließlich bis zum erwachsenen Wesen. Hoba ernährt sich von<br />
Energie, hierzu verfügt die Anwendung über eine Schnittstelle zu<br />
den realen Energieverbräuchen des Anwenders, spart ein Anwender<br />
Energie, kann er Hoba mit dieser „überschüssigen“ Energie<br />
füttern. Dabei wächst Hoba umso schneller, je mehr Energie und<br />
Pflege ihm angedeiht wird. Um den Anwender beim Energiesparen<br />
zu unterstützen, zeigt Hoba ihm für jedes aufgeschaltete Gerät<br />
in der Wohnung das Nutzungsverhalten und weitere Einsparpotenziale.<br />
Der Anwender kann hilfreiche Energiespartipps und<br />
Energiesparrätsel nutzen und das Wachstum des eigenen Energiesparaliens<br />
mit der Nachbarschaft vergleichen.<br />
Im Projekt kam die Hoba-App leider nur bei wenigen Mietern<br />
zum Einsatz, zu groß waren die Hürden bei der Mieteransprache,<br />
zu gering das Interesse der Mieter an Hinweisen zu Einsparungen.<br />
Unsere Umfragen haben gezeigt, dass sich überwiegend Mieter<br />
mit geringen Energieverbräuchen für Hinweise zu Einsparmöglichkeiten<br />
interessierten. Mit der aktuellen Situation bei den Energiepreisen<br />
dürfte sich das grundsätzlich ändern.<br />
Fazit:<br />
In der Optimierung der Betriebsführung der Anlagentechnik und<br />
der Assistenz der Mieter beim energiesparenden Verhalten liegen<br />
Einsparpotenziale zwischen zehn und 20 Prozent des Verbrauches.<br />
Auch wenn damit Bestandsgebäude nicht klimaneutral werden,<br />
ist es trotzdem hochattraktiv, diese Bereiche sofort umzusetzen.<br />
Die notwendigen Technologien sind weitgehend vorhanden,<br />
für die Umrüstung des Bestandes auf Wärmepumpen schafft ein<br />
Monitoring der Anlagentechnik eine wichtige Infrastruktur, die<br />
auch zukünftig genutzt werden wird. Im Übrigen sei darauf hingewiesen:<br />
Mehr CO 2<br />
-Reduzierung bei gleichzeitiger Senkung der<br />
Nebenkosten für den eingesetzten Euro gibt es bei keiner anderen<br />
Maßnahme. h
57<br />
Interview<br />
mit EBZ-Professor Viktor Grinewitschus<br />
„Ärmel<br />
hoch und<br />
an die<br />
Arbeit“<br />
magazin: Professor Grinewitschus, in Ihrem Fachbeitrag in<br />
dieser Ausgabe machen Sie sich stark für mehr Digitalisierung<br />
in Gebäuden, um die Energieeffizienz zu verbessern.<br />
Nun gilt die Wohnungswirtschaft nicht gerade als digitalaffin.<br />
Werden Ihre Ratschläge buchstäblich verpuffen?<br />
Viktor Grinewitschus: Die Wohnungswirtschaft ist kein homogenes<br />
Gebilde, die Unternehmen sind ja recht unterschiedlich aufgestellt.<br />
Wir beraten bereits Wohnungsbauunternehmen, wie sich<br />
die Digitalisierung zur Steigerung der Energieeffizienz nutzen lässt.<br />
Die Bandbreite reicht von den ganz Großen der Branche bis hin zu<br />
kleineren kommunalen Unternehmen. Letztendlich ist die Digitalisierung<br />
Chefsache, nur wenn der Vorstand für dieses Werkzeug<br />
offen ist, machen Gespräche über Maßnahmen Sinn.<br />
magazin: Wie reagieren Mieter auf die Maßnahmen, die Sie<br />
so vorschlagen?<br />
Grinewitschus: Heute haben Mieter aufgrund der aktuellen Entwicklungen<br />
Sorge, die Heizkostenabrechnung im nächsten Jahr<br />
nicht bezahlen zu können; das ist ein sehr reales Problem. Insofern<br />
sehen wir ein großes Interesse an schnell umsetzbaren Tipps. Ob<br />
uns Hinweise zum energiesparenden Duschen wirklich weiterbringen,<br />
daran habe ich meine Zweifel. Zu klein ist das Potenzial, zu<br />
individuell das Verhalten. Um Heizkosten zu senken, bauen viele<br />
Mieter auf eigene Kosten smarte Thermostate ein. Allerdings<br />
sind das in der Regel die Haushalte mit den geringen Verbräuchen,<br />
die sich mit dem energieeffizienten Heizen sowieso schon<br />
gut auskennen. Sorgen machen uns die Haushalte mit einem bis<br />
zu 2,5-fachen des Durchschnittsverbrauches. Meist ist ihnen der<br />
Zusammenhang zwischen dem eigenen Verhalten und der Höhe<br />
des Wärmeverbrauchs unklar. Für diese Haushalte brauchen wir<br />
geeignete Maßnahmen.<br />
Deutschland<br />
701,96 Mt<br />
Großbritannien<br />
369,88 Mt<br />
Europa<br />
5 450 Mt<br />
Italien<br />
337,09 Mt<br />
Russland<br />
1 680 Mt<br />
Saudi Arabien<br />
582,15 Mt<br />
Türkei<br />
405,13 Mt<br />
magazin: Krieg in der Ukraine, zu wenig Gas aus Russland,<br />
und die kalte Jahreszeit steht vor der Tür. Wie sehen Ihre Erwartungen<br />
für die nächsten Monate aus?<br />
Grinewitschus: Deutschland belegt in Europa bei den CO 2<br />
-Emissionen<br />
pro Kopf den Platz 2 (7,75 t CO 2<br />
pro Person in 2019). Es<br />
fällt mir schwer zu glauben, dass da keine 15 Prozent Einsparungen<br />
drin sind, ohne dass Menschen in ihren Wohnungen frieren.<br />
Wir sollten uns diesbezüglich nicht selbst verzwergen, viele Technologien<br />
stehen uns zur Verfügung und warten im Grunde genommen<br />
auf ihren Einsatz. Bei unseren Projekten fällt uns immer<br />
wieder auf, wie weit wir bei den Gebäuden von einem wirklich<br />
energieeffizienten Betrieb entfernt sind. Mein Appell: Ärmel hoch<br />
und an die Arbeit!<br />
magazin: Energiesparen ist quasi ein Muss. Die Wohnungswirtschaft<br />
versucht es seit Wochen mit Appellen und dreht<br />
schon mal ein wenig am Temperaturregler. Haben Sie noch<br />
Tipps für Mieter und Vermieter auf Lager?<br />
Grinewitschus: Vermieter sollten nicht mehr Heizleistung zur<br />
Verfügung stellen als es dem aktuellen Bedarf entspricht. Also:<br />
Deutlich runter mit den Temperaturniveaus! Wichtig: Heizungskeller<br />
abschließen und nicht bei Beschwerden sofort alle Knöpfe am<br />
Wärmeerzeuger auf Anschlag drehen lassen. Änderungen der Einstellungen<br />
dokumentieren und begründen lassen. Hier ist Feintuning<br />
angesagt! Mut zur Nachtabsenkung! Und ganz wichtig: Eine<br />
unterjährige Verbrauchsinformation erstellen, mit der Mieter etwas<br />
anfangen können. Mietern mit hohen Verbräuchen empfehle<br />
ich, das eigene Heizverhalten kritisch zu hinterfragen. Oft sind es<br />
nicht (nur) die Raumtemperaturen, sondern das Lüftungsverhalten.<br />
Kurzes Stoßlüften ist absolut notwendig, Dauerkipplüften die<br />
pure Energieverschwendung.<br />
magazin: Danke, Herr Grinewitschus, für das Gespräch, Ihr<br />
gelungenes Projekt und den interessanten Fachbeitrag. h<br />
Iran<br />
779,53 Mt
58<br />
Nachhaltig Wohnen<br />
BayernHeim Studie 2022: Nachhaltig Wohnen<br />
Erster Studienschwerpunkt:<br />
Nachhaltiges Facility<br />
Management<br />
Die BayernHeim untersucht in einer repräsentativen, wissenschaftlichen<br />
Studie unter dem Titel „Nachhaltig Wohnen“, wie der enorme<br />
Bedarf an neuem Wohnraum in Einklang mit der Zielsetzung<br />
der Nachhaltigkeit gebracht werden kann. Gemeinsam mit hochkarätigen<br />
Experten aus Bauindustrie, Architektur, Forschung und<br />
Politik beleuchtet die BayernHeim Studie die Möglichkeiten, wirtschaftlich,<br />
bezahlbar und gleichzeitig ökologisch Wohnraum zu<br />
schaffen. Die Erkenntnisse werden dokumentiert, analysiert und<br />
als Studienergebnis zusammengefasst.<br />
Ralph Büchele, Geschäftsführer der BayernHeim GmbH und<br />
Dirk Otto, Geschäftsführer der RGM Facility Management GmbH<br />
und Präsident des RealFM e.V., behandeln das Thema „Nachhaltige<br />
Betreibermodelle“ als ersten Studienschwerpunkt der repräsentativen<br />
BayernHeim Studie 2022 „Nachhaltig Wohnen“.<br />
„Das Ziel der BayernHeim ist es, in dem Dreiklang von Ökologie,<br />
Bezahlbarkeit und Wirtschaftlichkeit Wohnraum zu schaffen<br />
und zu betreiben. Unsere Studie ,Nachhaltig Wohnen' bietet<br />
wichtige Erkenntnisse, um dieses Ziel zu erreichen. Während des<br />
gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes entfallen rund 80 Prozent<br />
des Energie- und Ressourcenverbrauchs auf dessen Betrieb“, so<br />
Ralph Büchele „Dies ist eine große Chance für Facility Manager,<br />
zu einer nachhaltigen Zukunft beizutragen. Unser erster Studienschwerpunkt<br />
zeigt bereits, dass der nachhaltige Betrieb von Wohnungsimmobilien<br />
mit der richtigen Organisationsstruktur, digitalen
59<br />
Prozessen und datenbasierten Optimierungswegen möglich ist.<br />
Hierzu sollten fortlaufend die gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
geprüft und gleichzeitig auch die wirkliche Messbarkeit, beispielsweise<br />
durch eine Ökologie-Kennzahl für Immobilien, sichergestellt<br />
werden. Wir haben als Staatsunternehmen einen Vorbildcharakter<br />
und freuen uns deshalb, die wichtigen Erkenntnisse unserer Studie<br />
für jeden zugänglich zu machen.“<br />
Im Rahmen des ersten Studienschwerpunkts wurden folgende<br />
fünf wichtige Erkenntnisse für nachhaltige Betreibermodelle für<br />
die Wohnungswirtschaft gesammelt:<br />
1. Facility Management muss digital werden.<br />
Um Facility Management künftig ökologisch zu gestalten, muss<br />
es IT-basiert sein. Die Zeit der Karteikästen ist vorbei. Intelligente<br />
Haustechnik ist erforderlich. Die Digitalisierung ist eine Voraussetzung<br />
des innovativen und nachhaltigen Betriebs einer Immobilie.<br />
Optimierungen erfolgen auch im Verwaltungsbereich durch die Digitalisierung<br />
der Betriebskostenabrechnung und der Buchhaltung.<br />
2. Digitalisierung und Smart Buildings fordern andere Qualifikation<br />
von Facility Managern.<br />
Die Organisationsstruktur ist ein entscheidender Bestandteil für<br />
nachhaltiges Facility Management. Basierend hierfür müssen Prozesse<br />
definiert und Optimierungswege untersucht werden. Durch<br />
die zunehmende Komplexität eines Wohnungsgebäudes durch<br />
Digitalisierung und hausinterne Technologie ist Personal mit besonderen<br />
Qualifikationen erforderlich.<br />
3. Gebäude benötigen eine Ökologie-Kennzahl für den<br />
optimalen Betrieb.<br />
Insbesondere Bestandsgebäude können sehr unterschiedlich sein.<br />
Die Gebäudestruktur selbst sollte eine Rolle spielen, aber natürlich<br />
auch das Betreibermodell. Um den nachhaltigen Betrieb der Immobilie<br />
zu gewährleisten, müssen Immobilien individuell anhand<br />
einer Ökologie-Kennzahl, die den optimalen Betrieb darstellt, bewertet<br />
werden.<br />
4. Zur Förderung ökologischer Innovation muss das System<br />
der Betriebskostenabrechnung überarbeitet werden.<br />
Ein nachhaltiger Betrieb einer Immobilie bei gleichbleibendem<br />
Komfort resultiert grundsätzlich in steigenden Betriebskosten.<br />
Das System der Betriebskostenabrechnung im Wohnungsbereich<br />
muss überarbeitet werden, um für Eigentümer und Betreiber<br />
einen Anreiz an der Minimierung der Betriebskosten zu schaffen.<br />
Verbunden mit Nachhaltigkeitsvorgaben fördert dies ökologische<br />
Innovation.<br />
5. Erst mit Standardisierung werden nachhaltige Betreibermodelle<br />
skalierbar.<br />
Weniger als 20 Prozent aller Immobilien in Deutschland werden innovativ<br />
und nachhaltig betrieben. Um einen wirklichen Mehrwert<br />
für die Umwelt zu erreichen, müssen große Immobilien-Bestandshalter<br />
und Entwickler einen Standard für nachhaltige Betreibermodelle<br />
setzen. Hierzu müssen Systeme und Prozesse entwickelt<br />
werden, die sowohl bei existierenden Gebäuden als auch bei Neuentwicklungen<br />
eingesetzt werden können.<br />
Dirk Otto, Geschäftsführer der RGM Facility Management<br />
GmbH und Präsident des RealFM e.V., führt aus: „Das Thema<br />
Nachhaltigkeit ist als leitender Begriff in der Immobilienwirtschaft<br />
nicht neu. Wir haben jetzt nicht nur die Chance, sondern auch<br />
die Verpflichtung, von Greenwashing und plakativen Maßnahmen<br />
wegzukommen und die Weichen für ein wirklich nachhaltiges Leben,<br />
Wohnen und Arbeiten zu stellen. Jedoch, die Hemmschwelle<br />
ist groß. Wir müssen entweder investieren oder wir müssen verzichten.<br />
Die Digitalisierung hilft, aber Nachhaltigkeit im Immobilienbereich<br />
kostet entweder Komfort oder Geld. Beides miteinander<br />
in optimalen Einklang zu bringen, wird die Herausforderung der<br />
nächsten Jahre sein. Die Umsetzungsfähigkeit im Bereich Klimaund<br />
Umweltschutz, die Wahrnehmung sozialer Verantwortung<br />
und die Höhe der Leistungskonformität zeigen den Reifegrad von<br />
nachhaltigem Handeln.“ h<br />
DIRK OTTO<br />
Geschäftsführer<br />
der RGM Facility<br />
Management GmbH<br />
und Präsident des<br />
RealFM e.V.<br />
RALPH BÜCHELE<br />
Geschäftsführer<br />
der BayernHeim GmbH
60 Property Management<br />
Property Management – Integration<br />
von ERP- und Start-Up-Lösungen<br />
VON PROF. DR.-ING. HEIKO GSELL EBZ BUSINESS SCHOOL, BOCHUM<br />
Das Property Management bildet als Teilgebiet des Immobilienmanagements<br />
wesentliche Aufgabenfelder im Lebenszyklus von<br />
Immobilien ab. Die entsprechenden Aufgabenfelder fokussieren<br />
auf die Nutzung bzw. Bewirtschaftung einer Immobilie entlang<br />
eines Mieterlebenszyklus. Dieser bildet die relevanten Aufgaben<br />
und Funktionen von der Vermarktung einer Immobilie bzw. von der<br />
Akquisition von Mietern über die Mieterverwaltung bis zur Rückgabe<br />
der Immobilie und dem Auszug der Mieter umfassend ab. Die<br />
Phasen dieses Mieterlebenszyklus sind in Abbildung 1 dargestellt.<br />
Aufgrund der Menge an Wohneinheiten, die ein Wohnungsunternehmen<br />
der Regel verwaltet, sowie des hohen Anteils an<br />
Routineaufgaben in den einzelnen Phasen des Mieterlebenszyklus<br />
macht eine umfassende Automatisierung der Prozesse in diesen<br />
Phasen durchaus Sinn. Sie kann erheblich zur Steigerung der Effizienz<br />
der Prozesse und zu einer effektiven Erfüllung der Aufgaben<br />
in diesen Prozessen beitragen. Eine Automatisierung der Prozesse<br />
des Mieterlebenszyklus wird vielfach mit Softwaresystemen realisiert,<br />
die spezifische Aufgaben im Mieterlebenszyklus abbilden und<br />
unterstützen. Diese Systeme arbeiten heute weitgehend isoliert<br />
und bedürfen standardisierter Schnittstellen, Protokolle und Dienste,<br />
die eine Kommunikation und einen Datenaustausch untereinander<br />
realisieren.<br />
Abbildung 1: Property Management Process Model<br />
(Quelle: Scale123.com, 2017)<br />
Die in Abbildung 1 dargestellten ersten drei Phasen des Mieterlebenszyklus<br />
repräsentieren den Vermietungsprozess, der das<br />
Leadmanagement, das Bewerbermanagement sowie das Vertragsmanagement<br />
umfasst. Im Leadmanagement werden zunächst die<br />
Kontaktinformationen von potenziellen Mieter:innen erfasst. Diese<br />
Informationen schließen die Art und den Zeitpunkt der Anbahnung<br />
des Kontakts ein. Basierend auf diesen Informationen werden die<br />
einzelnen Kontakte mit weiteren öffentlich zugänglichen Informationen<br />
angereichert, entsprechend ihrer Bedarfe bewertet, den je-<br />
1 Lüttringhaus (2016), Propertymanagement als Professional Service, S. 34.<br />
2 Talend (0.J.), REST-API: Definition, Funktion und Bedingungen.<br />
weils richtigen Ansprechpartnern in der Organisation zugewiesen<br />
und von diesen mit geeigneten Maßnahmen entwickelt und möglichst<br />
zur Anmietung einer Wohneinheit motiviert. Das Leadmanagement<br />
ist mit den beschriebenen Aufgaben Teil eines Customer<br />
Relationship Management Prozesses. Das Customer Relationship<br />
Management verantwortet – unabhängig von der jeweiligen Branche<br />
– neben der Gewinnung neuer Kunden die weiteren Phasen<br />
des Kundenbeziehungsprozesses, um über die Pflege der Kunden<br />
eine möglichst langfristige Kundenbindung zu erzielen. Das Leadmanagement<br />
geht unmittelbar in seine nachfolgenden Phasen<br />
Bewerber- und Vertragsmanagement über. In diesen Phasen werden<br />
die notwendigen Unterlagen der Mitinteressenten für die Erstellung<br />
des Mietvertrags angefordert, das Zahlungsverhalten der<br />
potenziellen Mieter:innen geprüft und es erfolgt ein regelmäßiger<br />
Austausch mit den Mietinteressenten im Sinne der Kundenpflege.<br />
Im nachfolgenden Vertragsmanagement werden die Mietvertragsdokumente<br />
vorbereitet, die Vermieterseite nimmt die monetäre<br />
Sicherheitsleistung entgegen und der Mietvertrag wird unterzeichnet.<br />
Damit findet der Übergang von der Rolle von Mietinteressenten<br />
in die Rolle von Mieter:innen statt.<br />
Spezielle Lösungen für die Immobilienwirtschaft, wie beispielsweise<br />
die cloudbasierten Wohnungsvermittlungssysteme der<br />
PropTech-Unternehmen Immomio GmbH oder wohnungshelden<br />
GmbH, die Wohnungsunternehmen über die drei vorangehend<br />
beschriebenen Phasen begleiten, automatisieren zahlreiche Aufgaben<br />
in diesen Phasen. So werden Funktionen für das Initiieren<br />
der Vermarktung einer Immobilie bzw. einer Wohnung auf unterschiedlichen<br />
Plattformen bzw. Kanälen, die Auswahl der Mietinteressenten,<br />
die Vereinbarung von Terminen sowie der Abschluss der<br />
Vermietung abgebildet. Über standardisierte Machine-to-Machine-<br />
Kommunikationsschnittstellen zu externen Internet-Angebotsplattformen,<br />
auf denen potenzielle Mieter ihre Daten und Dokumente<br />
für Selbstauskünfte einpflegen, sowie mittels plattformunabhängiger<br />
Webservices werden diese Daten und Dokumente automatisiert<br />
direkt in das Wohnungsvermittlungssystem übertragen.<br />
Weitere standardisierte Schnittstellen, die Nutzung standardisierter<br />
Kommunikationsprotokolle und der Einsatz von Mikro- oder<br />
Webservices realisieren zudem eine Übertragung von Mieterdaten<br />
in das beim jeweiligen Wohnungsunternehmen eingesetzte ERP-<br />
System. Da im Vermietungsprozess personenbezogene Daten erfasst<br />
und verarbeitet werden, muss das Wohnungsvermittlungssystem<br />
Funktionen implementieren, welche die Einhaltung der gesetzlichen<br />
Regularien der Datenschutzgrundverordnung sicherstellen.<br />
Das wichtigste Kernsystem des Mieterlebenszyklus, das die<br />
Phasen Mieterverwaltung, Zahlungsmanagement und Vermietungsende<br />
adressiert, bildet das ERP-System, das die Aufgaben in<br />
diesen Phasen des Property Managements unterstützt. So liegen<br />
die Aufgaben der Mieterverwaltung neben der Kommunikation mit<br />
den Mietern in der Bewirtschaftung und allgemeinen Verwaltung<br />
der Wohneinheiten, die auf Basis der im jeweiligen ERP-System<br />
angelegten Stammdaten erfolgen. Weiterhin unterstützt das ERP-
61<br />
PROF. DR.-ING.<br />
HEIKO GSELL<br />
EBZ Business School,<br />
Bochum<br />
System die Anforderung von Wartungen und Reparaturen durch<br />
die Mieter:innen. Die unterstützen Prozesse des Zahlungsmanagements<br />
liegen in der Buchhaltung (Mieten, laufende Kosten, etc.),<br />
in der Erfassung von Verbrauchsdaten und in der Erstellung von<br />
Betriebskostenabrechnungen. Auch ein durchgängiges Dokumentenmanagement<br />
sowie die rechtskonforme Archivierung von Dokumenten<br />
werden durch das System realisiert. In der Phase des Vermietungsendes<br />
werden die Verarbeitung der Kündigung sowie die<br />
Steuerung des Übergabeprozesses der Mieteinheit zurück an das<br />
Wohnungsunternehmen unterstützt. Auch werden in dieser Phase<br />
die finalen gegenseitigen Zahlungen kalkuliert. Funktional ist diese<br />
Aufgabe im ERP-System dem Zahlungsmanagement zuzurechnen.<br />
Die Kommunikation spielt eine wesentliche Rolle im Verhältnis<br />
von Wohnungsunternehmen und Mietern. Servicefaktoren wie<br />
die Erreichbarkeit, Schadensabwicklung und Information sind hier<br />
wesentliche Elemente. Um bezüglich dieser Punkte ein hohes Servicelevel<br />
zu erzielen, stellen einzelne PropTechs, wie beispielsweise<br />
die Spiri.Bo GmbH, spezielle App-basierte Plattformen bereit,<br />
die eine umfassende Kommunikation zwischen Mieter:innen und<br />
Wohnungsunternehmen realisieren. Diese Kommunikation ist in<br />
ein digitales Ökosystem eingebettet, das diesen beiden Gruppen<br />
zusätzliche Nutzenpotenziale bringt. Die Plattformen erfordern<br />
einen Daten- und Informationsaustausch mit dem ERP-System des<br />
jeweiligen Wohnungsunternehmens, um Mieterinformationen direkt<br />
verarbeiten zu können. Über ein App-basiertes Mieterportal<br />
lassen sich auf den Plattformen Stamm- und Vertragsdaten verwalten,<br />
Formulare und Dokumente ablegen, Schäden melden, Neuigkeiten<br />
anzeigen, etc. Ergänzt werden können diese Funktionen<br />
um wohnungsbezogene Zusatzangebote. Die Verknüpfung einer<br />
solchen Mieterplattform mit dem ERP-System des jeweiligen Wohnungsunternehmens<br />
ist zwingend erforderlich, um mieterbezogene<br />
Daten für die transparente Bereitstellung der Leistungen und<br />
Dienste abrufen sowie diese Daten in das ERP-seitige Ticketsystem<br />
einspielen zu können. Somit lassen sich beispielsweise eingehende<br />
Mieteranfragen oder digital über die Plattform übermittelte Schadensmeldungen<br />
zum Auslösen von Tickets nutzen.<br />
Weiterhin unterstützen ERP-Systeme im Datenaustausch mit<br />
Computer Aided Facility Management (CAFM) bzw. Building Relationship<br />
Management Systemen (BRM) die Steuerung von Wartungs-<br />
und Reparaturaufgaben an und in den Gebäuden sowie<br />
in gebäudeeigenen Anlagen und Systemen. Somit muss das ERP-<br />
System Informationen an ein solches CAFM- bzw. BRM-System<br />
übertragen, um Wartungen und Reparaturen zu steuern und den<br />
jeweiligen Zustand der bewirtschafteten Gebäude sowie der darin<br />
befindlichen Anlagen und Geräten auf dem jeweils aktuellen<br />
Stand zu halten. Ergänzt werden die aus dem ERP-System in ein<br />
CAFM-/BRM-System übertragenen Daten vielfach um Sensordaten<br />
der im jeweiligen Gebäude vorgehaltenen Anlagen und Geräte.<br />
Im Sinne des Internet of Things können aus der Zusammenführung<br />
vielfältiger Daten aus unterschiedlichen Quellen treffsichere<br />
Einschätzungen über den Wartungszustand des Gebäudes sowie<br />
der Anlagen und Geräte vorgenommen werden. Für die Kommunikation<br />
zwischen den genannten Systemen sind standardisierte<br />
Schnittstellen vorzuhalten, die eine schnelle und einfache Kommunikation<br />
sowie Datenaustausch erlauben. Typische Kernfunktionen<br />
von CAFM- bzw. BRM-Systemen, die unterschiedliche Aufgaben<br />
im Gebäudelebenszyklus automatisieren, sind die Flächen- und Inventarverwaltung,<br />
die Steuerung von Instandhaltung, Reparaturen,<br />
Reinigungsdiensten und Reservierungsservices sowie das Energiecontrolling.<br />
Die letzte Phase des Mieterlebenszyklus, nämlich die Rückgabe<br />
der Wohnung an das Wohnungsunternehmen, umfasst die Planung<br />
und Terminierung der Übergabe, die eigentliche Durchführung der<br />
Übergabe einschließlich der Inspektion der Wohnung sowie den<br />
abschließenden Ausgleich von gegenseitigen Forderungen, die in<br />
der Phase des Vermietungsendes kalkuliert werden. Auch diese Aktivitäten<br />
können durch das ERP-System gesteuert und unterstützt<br />
sowie durch eine App-basierte Mieter-Kommunikationsplattform<br />
begleitet werden.<br />
Die Kommunikations- und Datenübertragungsfunktionen zu<br />
angrenzenden Softwarelösungen bilden zentrale Elemente der<br />
ERP-Systeme (vgl. Abbildung 2). Um eine Kommunikation mit den<br />
Mieter:innen umzusetzen und Daten aus anderen Systemen in das<br />
jeweilige ERP-System zu übertragen, bedarf es geeigneter standardisierter<br />
Kommunikationsschnittstellen zwischen der jeweiligen externen<br />
Softwarelösung und dem ERP-System. Vielfach werden diese<br />
Schnittstellen heute als Micro- oder Webservices umgesetzt, die<br />
auf dem REST-Standard basieren. Die REST API (REpresesentational<br />
State Transfer) ist eine Programmierschnittstelle (Application Programming-Interface<br />
API) zur Unterstützung der Kommunikation<br />
verteilter Systeme. Diese API ist mit jedem Protokoll und Datenformat<br />
kompatibel, sie verwendet in den meisten Fällen jedoch das<br />
http-Protokoll und die Daten werden mittels JSON (Java Script Object<br />
Notation) übertragen. h<br />
Abbildung 2: Systemlandschaft im Mieterlebenszyklus<br />
(Quelle: eigene Darstellung)<br />
Literatur<br />
Lüttringhaus (2016), Property Management als Professional Service – Implikationen für<br />
die Outsourcing-Praxis, Z Immobilienökonomie 2, S. 29 – 51.<br />
Shahm S. (2017), Property Management Business Model Diagrams, Scale123, https://<br />
www.scale123.com/download-diagrams-for-the-property-management-business-model/,<br />
29.07.2022.<br />
Talend (o.J.), REST-API: Definition, Funktionen und Bedingungen, https://www.talend.<br />
com/de/resources/was-ist-rest-api/, 01.08.2022.
Verbändeübergreifendes Arbeitskreistreffen in Braunschweig<br />
Kommunikationsfachleute<br />
haben Redebedarf<br />
Braunschweig. Einmal jährlich treffen sich die Arbeitskreise bzw.<br />
Fachausschüsse für Unternehmenskommunikation des <strong>VNW</strong> Verband<br />
norddeutscher Wohnungsunternehmen, des VdW Rheinland<br />
Westfalen und des vdw Niedersachsen Bremen zum Erfahrungsaustausch.<br />
Im vorigen Jahr hatte das Treffen in Duisburg stattgefunden,<br />
dieses Mal waren rund 40 Kommunikationsfachleute<br />
bei der Braunschweiger Wohnungswirtschaft zu Gast. Und es gab<br />
wieder einmal viel zu bereden. Zentrale Themen waren die Berichterstattung<br />
zur Nachhaltigkeit in den Unternehmen sowie aktuelle<br />
Fragen im Umgang mit Social Media. Gerhard Viemann, Prüfungsdirektor<br />
von vdw und <strong>VNW</strong>, skizzierte in seinem Vortrag den Rahmen,<br />
in dem sich die Nachhaltigkeitsberichterstattung mittlerweile<br />
bewegen muss. Außerdem zeigte er auf, wie Wohnungsunternehmen<br />
diese Art der Berichte auch strategisch einsetzen können.<br />
Zwischen vielen Fachvorträgen nutzen die Teilnehmer wie immer<br />
die Gelegenheit für Gespräche untereinander.<br />
Der zweite Veranstaltungstag stand ganz im Zeichen der Aktivitäten<br />
der großen Braunschweiger Wohnungsunternehmen.<br />
Beim Abstecher in das Neubauquartier im Nördlichen Ringgebiet<br />
ging es unter anderem um das dortige Mobilitätskonzept der<br />
Nibelungen Wohnbau. In der Weststadt wurden die Sanierungsmaßnahme<br />
„An der Gärtnerhöfen“ der Wiederaufbau, die Umgestaltung<br />
des zentralen Alsterplatzes und der Schulneubau der<br />
IGS, den die Nibelungen übernommen hatte, besichtigt. Karin<br />
Stemmer, Vorstand der Braunschweiger Baugenossenschaft, betonte<br />
dabei, dass die Wohnungswirtschaft in der Weststadt seit<br />
vielen Jahren intensiv mit der Stadt Braunschweig kooperiere. h
63<br />
Anzeigen<br />
Zukunftssichere Energie<br />
für Immobilien.<br />
Effiziente Systemlösungen.<br />
Auch in der Wohnungswirtschaft wird im Bereich der<br />
Heiztechnik großer Wert auf eine effiziente Energienutzung<br />
gelegt. Buderus wird diesem Anspruch gerecht:<br />
mit Produkten und Systemen, die wenig verlangen, aber<br />
viel leisten. Erfahren Sie mehr unter www.buderus.de
64<br />
Fachkräftemangel<br />
Eine gute Unternehmenskultur und der Zusammenhalt untereinander spielen eine wesentliche Rolle bei der Jobauswahl<br />
Fachkräftemangel: Immobilien-<br />
Arbeitgeber vermarkten sich nicht<br />
DR. CARSTEN THIES GESCHÄFTSFÜHRER IN DER HAUFE GROUP<br />
Jeder redet von Fachkräftemangel. Da müsste man doch meinen,<br />
dass Arbeitgeber alles tun, um sich aufzuhübschen. Doch die Arbeitgeberattraktivität<br />
der Immobilienbranche scheint ausbaufähig. Dieser<br />
Schluss drängt sich auf bei einem Blick auf das Bewertungsportal<br />
Kununu. Die Immobilienbranche ist hier deutlich unterrepräsentiert. Ein<br />
Plädoyer für mehr Arbeitgeber-Marketing.<br />
Zu Beginn und während der Corona-Pandemie haben viele Unternehmen<br />
weitestgehend auf Neueinstellungen verzichtet. Aktuell<br />
ist der Personalbedarf stark gestiegen. Deshalb sollten Arbeitgeber<br />
der Wohnungswirtschaft für den Wettbewerb um die Talente<br />
gerüstet sein. Doch um deren Arbeitgeberattraktivität ist es im<br />
Moment nicht sehr gut bestellt.<br />
Ein Blick in das Bewertungsportal Kununu zeigt, dass die Arbeitgeberattraktivität<br />
der Immobilienbranche unter dem Durchschnitt<br />
liegt: Nach Auskunft von Kununu werden die Arbeitgeber<br />
in Deutschland auf einer Skala von null (ganz schlecht) bis<br />
fünf Sterne (super) mit rund 3,55 bewertet, und zwar branchenübergreifend.<br />
Die Arbeitgeber der Wohnungswirtschaft erhalten<br />
– Datenbasis 3 350 deutsche Arbeitgeber der Immobilienbranche<br />
– eine durchschnittliche Bewertung von 3,50. An sich ist das noch<br />
nicht besorgniserregend.
65<br />
DR. CARSTEN THIES<br />
Thies ist als Geschäftsführer in der Haufe Group SE für die Business Group EES,<br />
ERP- und Eco-Systems verantwortlich. Er hat die digitale Transformation der Haufe<br />
Group vom Fachverlag zum digitalen Lösungsanbieter maßgeblich mitgestaltet.<br />
Carsten Thies schreibt über moderne Arbeitswelten und die nötige Transformation<br />
von Unternehmen. Damit verbunden glaubt er an neue Chancen in der Führung,<br />
setzt auf Enabling und Empowerment.<br />
Kaum einer hat bezahltes Arbeitgeberprofil<br />
Ein deutlicheres Warnsignal kommt aus einer anderen Richtung:<br />
Wie sehr das Arbeitgebermarketing in unserer Branche vernachlässigt<br />
wird, zeigt ein tieferer Blick in die Statistik des Bewertungsportals.<br />
Bei Kununu sind insgesamt rund 3 350 deutsche Arbeitgeber<br />
der Branche „Immobilien“ vertreten. Hiervon haben 125 ein<br />
bezahltes Arbeitgeberprofil – das sind lediglich knapp vier Prozent.<br />
Das heißt: 96 Prozent verzichten auf die Chance, sich bei potenziellen<br />
Bewerber positiv hervorzuheben.<br />
Ganz ähnlich sieht es beim Arbeitgeberwettbewerb „Deutschlands<br />
Beste Arbeitgeber 2022“ des Great Place to Work Instituts<br />
aus, für den sich zahlreiche Unternehmen beworben und an einer<br />
anonymen Mitarbeiterbefragung sowie einem Kultur-Audit teilgenommen<br />
haben. 100 Unternehmen dürfen sich seitdem mit dem<br />
Titel „Deutschlands Beste Arbeitgeber 2022“ schmücken, aber<br />
nur zwei davon sind aus dem Grundstücks- und Wohnungswesen.<br />
Wie viele Unternehmen der Branche sich insgesamt an dem Wettbewerb<br />
beteiligt haben, ist nicht bekannt. Die geringe Anzahl der<br />
Branchenvertreter unter den Top-100 macht jedenfalls deutlich,<br />
wie wenig die Branche für attraktive Arbeitsbedingungen tut und<br />
dafür, diese zu kommunizieren.<br />
Online-Bewertungen sind die wichtigste Währung,<br />
auch auf dem Stellenmarkt<br />
Es stimmt schon: Nicht jedes Unternehmen glaubt an die positive<br />
Wirkung eines Arbeitgebersiegels für das Mitarbeiterrecruiting.<br />
Diese Haltung ist durchaus gerechtfertigt, denn viele der Arbeitgeberwettbewerbe<br />
sind den Stellensuchenden gar nicht bekannt.<br />
Was jedoch fast immer zurate gezogen wird, bevor eine Bewerbung<br />
abgeschickt wird, sind Arbeitgeberbewertungen auf Plattformen<br />
wie Kununu, Glassdoor oder Jobvoting.<br />
Ähnlich wie bei der Anschaffung eines neuen technischen Geräts,<br />
studieren Interessenten zunächst die Bewertungen im Web,<br />
bevor sie sich für oder gegen einen Kauf beziehungsweise eine<br />
Bewerbung entscheiden. Und diese Bewertungen haben weitreichende<br />
Auswirkungen: Laut einer Bitkom-Befragung hat sich<br />
knapp die Hälfte der Stellensuchenden schon einmal gegen eine<br />
Bewerbung bei einem potenziellen Arbeitgeber entschieden, weil<br />
dieser auf einem Bewertungsportal zu schlecht abschnitt.<br />
Die Unternehmenskultur ist entscheidend<br />
Dass Arbeitgeber steuern können, wie gut oder schlecht die Bewertungen<br />
ausfallen, ist kein Geheimnis. Wichtig hierfür ist eine<br />
fördernde, motivierende, stimmige und offene Kultur. Schon lange<br />
ist bekannt, dass der Wettbewerb um die Talente zu großen Teilen<br />
über die Unternehmenskultur entschieden wird und nicht etwa<br />
über ein hohes Gehalt. So stellte das Jobportal Stepstone in einer<br />
Umfrage fest, dass sich nur wenige Beschäftigte mit jeder Unternehmenskultur<br />
zufriedengeben würden, solange die Bezahlung<br />
stimmt.<br />
Wie der Kununu Kulturkompass zeigt, spielen für eine gute<br />
Unternehmenskultur solidarische Kolleginnen und Kollegen sowie<br />
der Zusammenhalt untereinander eine wesentliche Rolle. Besonders<br />
negativ auf die Kultur wirken sich abhängige Tätigkeiten ohne<br />
Entscheidungsfreiräume aus. Auch eine intransparente Unternehmensführung,<br />
die die Beschäftigten unklar über die künftige<br />
Entwicklung lässt, trägt erheblich zu einer negativ empfundenen<br />
Kultur bei.<br />
Das müssen Arbeitgeber der Wohnungswirtschaft<br />
jetzt tun<br />
Grundlegend für eine Verbesserung der Arbeitgeberattraktivität<br />
ist die Arbeit an der Unternehmenskultur, weg von hierarchischen<br />
Strukturen, hin zu mehr Solidarität, Kollegialität, Partizipation und<br />
einer offenen Kommunikation. Dieses Vorhaben erfordert Zeit und<br />
sollte so schnell wie möglich angegangen werden. Abgesehen<br />
davon empfehlen sich folgende Schritte, um das eigene Unternehmen<br />
bei potenziellen Bewerbern bekannt zu machen und auf<br />
Arbeitgeberbewertungsplattformen besser dazustehen:<br />
• Informieren Sie in Ihren Stellenanzeigen, auf Ihrer Karrierewebseite<br />
oder in einem Firmenprofil auf einer Arbeitgeberbewertungsplattform<br />
über wesentliche Aspekte Ihrer Firmenkultur, denn die<br />
Mehrheit der Bewerber sucht nach Informationen zum Betriebsklima<br />
und zum Umgang miteinander. Bleiben Sie dabei unbedingt<br />
bei der Wahrheit. Unstimmige Angaben offenbaren sich spätestens<br />
in den ersten Tagen im Job.<br />
• Ermuntern Sie Ihre Beschäftigten und Bewerber zu einer<br />
Bewertung auf Kununu & Co. Je mehr Bewertungen dort vorliegen,<br />
desto eher relativieren sich eventuelle negativen Kommentare.<br />
Dass sich jemand ungerecht behandelt fühlt und sich darüber<br />
beschwert, wird immer wieder auftreten. Aber mit einer authentischen<br />
Firmenkultur und einer offenen Kommunikation können<br />
solche Fälle stark reduziert werden.<br />
• Antworten Sie auf negative Arbeitgeberbewertungen und argumentieren<br />
Sie dabei mit Fakten. Fragen Sie nach konkreten Anlässen<br />
für Verärgerungen und holen Sie Verbesserungsvorschläge<br />
ein. Räumen Sie Fehler ein und signalisieren Sie Veränderungsbereitschaft.<br />
Ein Arbeitgeber, der sich gesprächsbereit zeigt, kommt<br />
bei den meisten Stellensuchenden positiv an. h
66 Advertorial<br />
E-NERGY CARBON Heizfolien eröffnen neue Möglichkeiten<br />
bei Sanierungen<br />
Technische Perfektion im Detail:<br />
Die prämierte E-NERGY CARBON Heizfolie<br />
Flächenheizung in<br />
wenigen Tagen im bewohnten<br />
Bestand einbauen<br />
e nergy<br />
www.energy-carbon.com<br />
Wie man in Bestandsgebäude eine komfortable Flächenheizung<br />
integriert, kann Architekten, Sanierer, Investoren und Vertreter der<br />
Wohnungswirtschaft vor Herausforderungen stellen. Allzu oft scheint<br />
dies mit umfangreichen Bauarbeiten und dem Auszug der Bewohner<br />
verbunden zu sein. Mit der innovativen Heizfolie E-NERGY CARBON<br />
FLEECE zeigt die mfh systems GmbH, wie eine Eigentumswohnung im<br />
bewohnten Zustand in wenigen Tagen mit einer Flächenheizung ausgestattet<br />
werden kann.
67<br />
Nachtspeicheröfen raus,<br />
Heizfolien rein<br />
In dem Zweifamilienhaus (Bj. 1962) wurde<br />
die Obergeschosswohnung saniert. Das<br />
ursprünglich mit Nachtspeicheröfen ausgestattete<br />
Haus sollte auch weiterhin mit<br />
Strom beheizt werden, sodass das System<br />
E-NERGY CARBON FLEECE als Deckenheizung<br />
zum Einsatz kam. Der Clou: Die<br />
Bewohner konnten während der kurzen<br />
Bauzeit die Wohnung weiterhin bewohnen.<br />
Die Möbel wurden abgedeckt und<br />
die Installation der Flächenheizung konnte<br />
direkt beginnen.<br />
Geringe Investitions-, Installations-<br />
& Verbrauchskosten<br />
Raumweise Nachrüstung auch im bewohnten Zustand,<br />
E-NERGY CARBON FLEECE an der Decke.<br />
Die nur 0,4 mm starke Carbon-Heizfolie<br />
wurde dabei mit Spachtelmasse direkt an<br />
die Decke geklebt. Die flächige Perforation<br />
sowie die haftungsoptimierte Vlieskaschierung<br />
gewährleisteten eine sichere Verbindung<br />
zum Untergrund, da die Spachtelmasse<br />
bei der Verlegung einfach durch<br />
die Perforation drücken konnte. Direkt am<br />
Folgetag konnte der finale Feinspachtel<br />
aufgetragen werden. Die Installation und<br />
Verkabelung der Netzteile und Raumthermostate<br />
erfolgte zeitgleich, so dass die<br />
gesamte Baumaßnahme nur wenige Tage<br />
in Anspruch nahm.<br />
Speziell als Deckenheizung können Kosten<br />
reduziert werden, denn mit E-NERGY<br />
CARBON ist ein Belegungsgrad von 30<br />
bis 60 Prozent ausreichend, um eine behagliche<br />
Wärme zu erzeugen. Die oberflächennahe<br />
Verlegung sorgt für<br />
schnelles Aufheizen und so für effizienten<br />
Betrieb.<br />
E-NERGY CARBON ermöglicht eine innovative<br />
und kostengünstige Heizungslösung.<br />
Geringe Betriebskosten, niedrige<br />
Investitionskosten und keine Folgekosten<br />
durch die wartungsfreie Systemtechnik.<br />
Auch alte Gebäude profitieren von moderner<br />
Technologie.<br />
Wohlfühlwärme auf Knopfdruck. Sicher, energieeffizient und komfortabel.<br />
mfh systems im Profil<br />
Die mfh systems GmbH aus Osnabrück ist auf beheizte Trockenbaukonstruktionen<br />
und moderne Heizsysteme in Boden, Wand<br />
und Decke spezialisiert. Ebenso gehören Lösungen für die dezentrale<br />
Wohnraumbelüftung zum Portfolio. Alle Lösungen sind dabei<br />
in Neubau und Sanierung einsetzbar. h
68 Nachrichten<br />
Mehr Platz zum Wohnen<br />
Ende 2021 gab es in Deutschland über<br />
43 Millionen Wohnungen. Damit ist der<br />
Wohnungsbestand gegenüber dem Vorjahr<br />
etwas gestiegen: um rund 280 000<br />
Wohnungen bzw. 0,7 Prozent. Dabei bestanden<br />
gut 40 Prozent aller Wohnungen<br />
aus fünf und mehr Räumen. Die Größe<br />
der Räume und der Wohnungen spielte<br />
bei dieser Erhebung keine Rolle. Ein Viertel<br />
machten Vier-Raum-Wohnungen aus.<br />
Lediglich 3,5 Prozent aller Wohnungen<br />
waren Ein-Raum-Wohnungen. Die durchschnittliche<br />
Wohnfläche je Wohnung<br />
betrug im Jahr 2021 gut 92 Quadratmeter.<br />
Seit 2011 hat sich die Wohnfläche je<br />
Wohnung somit um einen Quadratmeter<br />
vergrößert. Die durchschnittliche Anzahl<br />
der in einer Wohnung lebenden Personen<br />
verringerte sich im gleichen Zeitraum leicht<br />
von 2,0 auf 1,9 Personen.<br />
So wohnt Deutschland<br />
Ende 2021 gab es<br />
43,1 Millionen Wohnungen<br />
in Deutschland.<br />
Die durchschnittliche<br />
Wohnfläche je Wohnung betrug<br />
92,1 Quadratmeter.<br />
In einer Wohnung<br />
wohnten durchschnittlich<br />
1,9 Personen.<br />
So viel Prozent der Wohnungen hatten so viele Räume:<br />
3,5 %<br />
1 Raum<br />
40,2 %<br />
5 und mehr<br />
Räume<br />
9,5 % 21,8 %<br />
2 Räume 3 Räume<br />
25,1 %<br />
4 Räume<br />
Globus 015551<br />
Stand Juli 2022<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt (http://dpaq.de/RD96x) | Datenerhebung: jährlich, voraussichtlich nächste Daten:<br />
Sommer 2023 | Siehe auch Grafik: 015426 Die neuen Wohnungen, 015344 Baugenehmigungen, 015229 Sozialer<br />
Wohnraum in Deutschland, 015125 In den eigenen vier Wänden | Grafik: Paul Massow; Redaktion: Luisa Heyer<br />
Einen Kuchen backen oder 70 Tassen Kaffee kochen<br />
Was kann eine Kilowattstunde?<br />
Unser Stromverbrauch wird in Kilowattstunden (kWh) erfasst.<br />
Der durchschnittliche Stromverbrauch in Kilowattstunden pro Jahr beträgt für:<br />
einen Single-Haushalt<br />
Globus 015555<br />
1900 kWh<br />
einen Zwei-Personen-Haushalt<br />
*mit einem 1000 Watt-Föhn<br />
2890 kWh<br />
Was kann man mit einer einzigen Kilowattstunde machen?<br />
ca. 70 Tassen<br />
Kaffee kochen<br />
Essen für 4 Personen<br />
auf dem Elektroherd<br />
zubereiten<br />
ca. 130 Scheiben<br />
Brot toasten<br />
einen Drei-Personen-Haushalt<br />
sich 1 Stunde die<br />
Haare föhnen*<br />
3720 kWh<br />
ca. 5 Stunden<br />
Playstation spielen<br />
Quelle: HEA-Fachgemeinschaft für effiziente Energieanwendung<br />
Quelle: HEA – Fachgemeinschaft für effiziente Energieanwendung e.V. (http://dpaq.de/Y7JMa)<br />
Datenerhebung: unregelmäßig, Stand Juni 2022 | Siehe auch Grafik: 015481 Sonne tanken, 015182 Strom aus<br />
erneuerbaren Energien, 015214 Der deutsche Strommix, 015154 Wer wie viel Strom verbraucht<br />
Grafik: Ben Bolte; Redaktion: Luisa Heyer<br />
Unser Stromverbrauch wird in Kilowattstunden<br />
erfasst und abgerechnet. Doch<br />
was genau versteht man darunter? Und<br />
was kann man alles mit einer Kilowattstunde<br />
im Haushalt machen?<br />
Eine Kilowattstunde (kWh) beschreibt<br />
die elektrische Arbeit eines Gerätes. Um<br />
die elektrische Arbeit zu errechnen, multipliziert<br />
man die elektrische Leistung eines<br />
Geräts (in Watt) mit der Zeit, die es benutzt<br />
wird. Ein Beispiel: Hat ein Föhn eine<br />
Leistung von einem Kilowatt (1000 Watt),<br />
dann könnte man sich damit eine Stunde<br />
lang die Haare frisieren, um auf einen<br />
Stromverbrauch von einer Kilowattstunde<br />
zu kommen. Mit einer Kilowattstunde<br />
kann man aber noch viel mehr machen:<br />
einen Kuchen backen, etwa 70 Tassen<br />
Kaffee kochen, 130 Scheiben Brot toasten,<br />
ein Essen für vier Personen auf dem Elektroherd<br />
zubereiten oder fünf Stunden auf<br />
der Playstation spielen.
69<br />
Neuerscheinung: Grundlagen der<br />
Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />
Alcay Kamis, Wohnungsunternehmer aus<br />
Bad Oeynhausen und Lehrbeauftragter<br />
am EBZ in Bochum, hat ein neues Standardwerk<br />
für die Wohnungswirtschaft<br />
erarbeitet. Auf knapp 600 Seiten werden<br />
die aktuellen Themen und Herausforderungen<br />
aufgearbeitet. Das Lehrbuch stellt die Grundlagen der<br />
Wohnungs- und Immobilienwirtschaft im Lebenszyklus kurz und<br />
überschaubar aus strategischer, rechtlicher, wirtschaftlicher, technischer<br />
und operativer Sicht dar – eine Branche, die gegenüber<br />
anderen Wirtschaftsbranchen ihre Besonderheiten betont: Ein Produkt,<br />
das zugleich Wirtschafts- und Sozialgut ist und zahlreiche<br />
weitere Besonderheiten aufweist.<br />
GdW-Präsident Axel Gedaschko schreibt im Vorwort: „Im vorliegenden<br />
Werk werden die Themen der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />
entlang des Lebenszyklus und der Wertschöpfungskette<br />
behandelt und auf die Aktivitätenebene heruntergebrochen.<br />
Dies stellt eine wesentliche Erweiterung der bisherigen Literatur<br />
in diesem Bereich dar. Was dieses Werk besonders auszeichnet,<br />
ist der direkte Bezug vom theoretischen Wissen zur praktischen<br />
Umsetzung. Viele der Co-Autoren sind Experten aus der Praxis<br />
und schreiben ,von der Branche für die Branche'. Ich hoffe, dass<br />
dieses Buch, welches die Komplexität der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />
erläutert, einen Beitrag zur Versachlichung der in<br />
Gesellschaft und Politik geführten Diskussion über die Wohnungswirtschaft<br />
sowie den Möglichkeiten und Chancen staatlichen Eingreifens<br />
leistet.<br />
ALCAY KAMIS<br />
Wohnungsunternehmer<br />
aus Bad Oeynhausen<br />
und Lehrbeauftragter<br />
am EBZ in Bochum<br />
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70 Zinsanstieg<br />
Zinsanstieg erschüttert<br />
Immobilienmärkte<br />
Die Zinswende ist da und die Boomjahre auf den Immobilienmärkten<br />
sind vorbei! Welche Probleme und Herausforderungen sind für die Immobilienwirtschaft<br />
zu befürchten? Auf was haben sich die Teilnehmer<br />
der Immobilienwirtschaft einzustellen?<br />
Zinsentwicklung<br />
In den vergangenen Monaten sind die Bauzinsen in Deutschland<br />
explosionsartig angestiegen. Lagen die Zinsen von zehnjährigen<br />
Hypothekendarlehen im Jahr 2020 noch in ihrem Tiefpunkt bei<br />
etwas über einem Prozent, so betrugen sie im Juni 2022 fast drei<br />
Prozent. Nach der Interhyp AG-Statistik, die tagesaktuelle Werte<br />
liefert, gab es zwischenzeitlich einen Hochpunkt bei 3,5 Prozent,<br />
aber in der Zwischenzeit sind die zehnjährigen Darlehenszinsätze<br />
wieder um 70 Basispunkte gesunken.<br />
Die stark gestiegenen und hohen Inflationsraten waren die Ursache<br />
für die Zinswende. Die hohen Inflationsraten erhöhten den<br />
Handlungsdruck auf die EZB, der Teuerung mit ihrer Geldpolitik<br />
entgegenzuwirken. Zum einen hatte die Europäische Zentralbank<br />
(EZB) bis zur Jahresmitte 2022 noch keine Maßnahmen unternommen,<br />
um ihre ultra-expansive Geldpolitik zu beenden. Es erfolgten<br />
bislang nur Ankündigungen. So wurde von der EZB entschieden,<br />
das Anleihekaufprogramm zu reduzieren und die Leitzinsen an-
71<br />
PROF. DR. GÜNTER VORNHOLZ<br />
Professor für Immobilienökonomie an der EBZ Business School in Bochum<br />
zuheben. Die Anleger gingen seit Jahresbeginn davon aus, dass<br />
die EZB zur Bekämpfung der Inflation die Leitzinsen erhöhen wird.<br />
Am Anleihemarkt sind fallende Kurse mit steigenden Renditen<br />
verbunden. Höhere Zentralbankzinsen bedeuten für Staaten,<br />
dass sie sich nicht mehr zu günstigsten Konditionen refinanzieren<br />
könnten. So fallen die Zinskupons der Staatspapiere höher aus. Die<br />
alten, niedriger verzinsten Papiere sind damit nicht mehr attraktiv<br />
für Anleger. In Erwartung der rentableren Anleihen dürften viele<br />
Investoren ihre alten Anleihen verkaufen. Dies gilt nicht nur für<br />
Staatspapiere, sondern auch für Wertpapiere anderer Emittenten.<br />
Wenn Anleger ihre Wertpapiere verkaufen, werden die Kurse sinken<br />
und somit die Renditen ansteigen.<br />
Zum anderen haben u. a. die Notenbanken der USA und von<br />
Großbritannien die Leitzinsen schon deutlich angehoben. Aufgrund<br />
der gestiegenen Renditedifferenz haben die Anleger deutsche<br />
Wertpapiere verkauft, um die höheren Renditen im Ausland<br />
zu realisieren. Durch den Verkauf der Wertpapiere sind deren Kurse<br />
gesunken und die Renditen gestiegen.<br />
Quelle: Deutsche Bundesbank, Wohnungsbaukredite an private<br />
Haushalte mit einer anfänglichen Zinsbindung über zehn Jahre.<br />
Die Anleiherenditen bilden eine wichtige Orientierungsgröße<br />
für Banken, die die von ihnen ausgegebenen Immobilienkredite<br />
mithilfe von Pfandbriefen refinanzieren. Deren Zinshöhe orientiert<br />
sich an den Anleihen anderer Emittenten, da diese in Konkurrenz<br />
zueinander stehen. Die Entwicklung der Pfandbriefzinsen wirkt<br />
sich auf die Zinsen für Immobilienkredite aus. Die immobilienfinanzierenden<br />
Banken werden daher die Bauzinsen erhöhen und<br />
haben sie schon seit Jahresanfang stark erhöht.<br />
Eine weitere Ursache für den Zinsanstieg sind die restriktiven<br />
Maßnahmen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht<br />
(BaFin), da sie negative Folgen der in den vergangenen Jahren<br />
stark gestiegenen Wohnimmobilienpreise (Platzen einer Preisblase)<br />
befürchtet. Von daher haben Banken mehr Eigenkapital zu hinterlegen<br />
und konservative Bewertungsmaßnahmen und eine restriktive<br />
Kreditvergabe durchzuführen. Das wird insgesamt auch zu<br />
höheren Bauzinsen führen.<br />
Bau: Auswirkungen auf<br />
Projektentwicklungen<br />
Projektentwicklungen werden als das risikoreichste<br />
Geschäft im Immobilienzyklus angesehen,<br />
da diese hohe Anforderung für die<br />
Projektentwickler bzw. Bauträger darstellen.<br />
Der Projektentwickler trägt sowohl das Entwicklungs-<br />
als auch das Baukosten- und Vertriebsrisiko.<br />
Der Zinsanstieg hat die Rahmenbedingungen<br />
für die Projektentwickler massiv<br />
verändert. Ebenso haben die Unsicherheiten<br />
über die zukünftige Entwicklung (z.B. Konjunktur)<br />
stark zugenommen. Es kann zwischen<br />
der Planungs-, der Baufinanzierungs- und der<br />
Verkaufsphase des Projektes unterschieden<br />
werden, in denen auch unterschiedliche Risiken<br />
bestehen.<br />
In der Planungsphase sind insbesondere<br />
bei knapp kalkulierten Projekten mit geringen<br />
Margen Probleme zu erwarten. Bei Projekten,<br />
die sehr spekulativ mit geringer Vorvermietung oder dem späteren<br />
Verkauf geplant sind oder mit teuer eingekauften Grundstücken<br />
gebaut oder mit einer aggressiven Fremdfinanzierung geplant<br />
f
72<br />
Wohnungspolitik Zinsanstieg<br />
waren, können steigende Zinsen schnell zu Schwierigkeiten führen.<br />
Dies gilt auch für diejenigen Projekte, die für den Kauf mit<br />
zwischenzeitlich hohen Preissteigerungen kalkuliert haben. Bei<br />
großzügig kalkulierten Projekten werden sich hingegen keine großen<br />
Veränderungen ergeben.<br />
In der Bauphase stellen für die Projektentwickler die aktuellen<br />
Baukostensteigerungen und die Unterbrechungen der Lieferketten<br />
sehr große Herausforderungen dar. Üblicherweise machen die<br />
Finanzierungskosten nur einen geringen Anteil der Gesamtkosten<br />
eines Projektes aus, sodass geringe Zinssteigerungen trotz der höheren<br />
Fremdfinanzierungskosten ausgeglichen werden können.<br />
Der aktuelle Zinsanstieg hat aber zu stärkeren Kostenbelastungen<br />
für die Projektentwickler geführt und kann somit auch Projekte<br />
gefährden.<br />
Bei dem Verkauf des Projektes ergeben sich durch die steigenden<br />
Zinsen weitere Gefahren für die Projektentwickler. Die für<br />
den Käufer gestiegenen Finanzierungskosten können dazu führen,<br />
dass die Käufer nicht mehr bereit sind, den Preis zu zahlen. Die<br />
gestiegenen Zinsen führen angesichts der höheren Finanzierungskosten<br />
zu einem reduzierten Überschuss und gefährden damit die<br />
Gesamtrendite des Investors. Somit könnte es für den Projektentwickler<br />
schwieriger werden, einen Abnehmer für sein Projekt zu<br />
finden. Falls die fertiggestellten Immobilien nicht verkauft werden<br />
können, ist der Projektentwickler gezwungen, die Immobilien im<br />
eigenen Bestand zu halten.<br />
Finanzierung: Kauf oder Hausbau<br />
Steigende Zinsen haben ebenso negative Folgen beim Kauf oder<br />
dem Bau von Immobilien. Je höher der Zinssatz ist, desto höher<br />
sind die laufenden Zinskosten der Finanzierung, was am folgenden<br />
Finanzierungsbeispiel eines Hauskaufs gezeigt werden soll.<br />
Ausgegangen wird von einem Reihenhaus, das nach Angaben<br />
der bulwiengesa AG im Jahr 2021 in Deutschland durchschnittlich<br />
rund 500000 Euro kostete. Finanziert werden soll die Immobilien<br />
konservativ mit 20 Prozent Eigenkapital, sodass 400000 Euro<br />
fremdfinanziert werden. Im September 2021 betrug der Effektivzinssatz<br />
für Wohnungsbaukredite an private Haushalte mit einer<br />
anfänglichen Zinsbindung über zehn Jahre knapp ein Prozent. Das<br />
bedeutete 4000 Euro Zinsen pro Jahr. In der Zwischenzeit waren<br />
nach Angaben der Interhyp AG die Bauzinsen auf knapp 3,5 Prozent<br />
gestiegen. Die höheren Zinskosten kann sich aber ein Teil der<br />
Haushalte nicht mehr leisten. Die Nachfrage sinkt angesichts der<br />
steigenden Zinszahlungen.<br />
Häuser werden üblicherweise mit Annuitätendarlehen, also<br />
Krediten mit konstanten, regelmäßigen Raten, finanziert. Die Annuität<br />
beträgt bei einem Zinssatz von einem Prozent und einer<br />
Tilgungsrate von vier Prozent gleich 20 000 Euro (oder monatlich<br />
1 660 Euro). Die deutlichen Auswirkungen zeigen sich aber bei der<br />
Laufzeit und den insgesamt gezahlten Zinsen. Im Fall von einem<br />
Prozent Zinsen (September 2021) wäre das Haus nach 25 Jahren<br />
schuldenfrei und es wären Zinsen in Höhe von insgesamt gut<br />
45 000 Euro zu zahlen gewesen. Bei konstanter Annuität (heute 3<br />
Prozent Zinsen und 2 Prozent Tilgung) betragen die Gesamtzinszahlungen<br />
aber rund 211 000 Euro und das Haus wäre erst nach<br />
31 Jahren abgezahlt.<br />
Die gestiegenen Zinsen werden insgesamt zu einer niedrigeren<br />
Nachfrage nach Eigenheimen führen. Die geringere Nachfrage<br />
wird sich in einem Rückgang der Kaufpreise zeigen. Erste Anzeichen<br />
einer Trendwende sind schon sichtbar: In den Daten des<br />
Statistischen Bundesamtes zeigte sich das im 1. Quartal 2022 in<br />
stagnierenden Preisen gegenüber dem Vorquartal (auch wenn die<br />
Preise im Vorjahresvergleich noch stark anstiegen). Die Hauspreise<br />
werden zukünftig sinken!<br />
Wohnimmobilien-Investments:<br />
Renditevergleich belastet Immobilien<br />
Der Boom der Immobilien-Investmentmärkte ist auf die extrem expansive<br />
Geldpolitik der EZB zurückzuführen. So stiegen die Kaufpreise<br />
sowohl von Gewerbeimmobilien als auch insbesondere von<br />
Wohnimmobilien seit der Finanzkrise stark an.<br />
Bei ihren Anlageentscheidungen vergleichen institutionelle<br />
und private Kapitalanleger die Renditen verschiedener Assets miteinander.<br />
Ein Anstieg der Wertpapierrenditen macht Investments<br />
in Immobilien unattraktiver. Es ist somit auch kurzfristig mit einem<br />
deutlichen Rückgang der Transaktionen zu rechnen, was sich<br />
schon in den ersten zwei Quartalen 2022 zeigte. Darüber hinaus<br />
wurden viele Verkaufsprozesse abgebrochen, da die Preisvorstellungen<br />
zu weit auseinander lagen.<br />
Eine so resultierende geringere Nachfrage nach Immobilien<br />
wird sich negativ auf die Immobilienpreise auswirken. Insbesondere<br />
die Preisübertreibungen bei Wohnimmobilien finden dann<br />
ein Ende. Aufgrund der stark gesunkenen Umsätze können aber<br />
derzeit vielfach noch keine konkreten Kaufpreisentwicklungen angegeben<br />
werden. Zwar sind die Verkäufer noch nicht auf die spürbar<br />
gesunkene Zahlungsbereitschaft der Käufer eingegangen, es<br />
ist aber mit signifikanten Preiskorrekturen zu rechnen.<br />
Von der vielfach erhofften Seitwärtsbewegung der Investmentmärkte<br />
kann aufgrund der Entwicklung der vergangenen<br />
Monate nicht mehr ausgegangen werden. Vielmehr sind (weitere)<br />
Preisrückgänge zu erwarten, deren Ausmaß noch nicht abzuschätzen<br />
ist. Der bisherigen Preisentwicklung wurde bislang zu wenig<br />
Beachtung geschenkt. Nach den Daten des Verbandes deutscher<br />
Pfandbriefbanken (vdp) waren Wohnimmobilien die einzige Objektart<br />
mit steigenden Kaufpreisen, gleichzeitig aber gab es bei<br />
den Gewerbeimmobilien schon eine Kehrtwendung. So stagnierten<br />
die Kaufpreise von Büroimmobilien, da die Investoren angesichts<br />
der Tendenz zu flexiblen Arbeitsformen (Homeoffice) über<br />
die weitere Entwicklung bzw. Notwendigkeit von Büroflächen unsicher<br />
sind. Bei Einzelhandelsimmobilien, vor allen Dingen in den<br />
1A-Lagen und bei Shoppingcentern überwog bei den Investoren<br />
die Skepsis über die zukünftige Entwicklung angesichts des zunehmenden<br />
E-Commerce. Bei Einzelhandelsimmobilien gab es schon<br />
einen anhaltenden Preisrückgang seit 2017 von knapp zehn Prozent.<br />
In diesen Zeiten von hoher Unsicherheit sind konkrete Prognosen<br />
nur schwerlich möglich. Es ist zudem zu erwarten, dass<br />
aufgrund der vielen negativen Faktoren eine kontinuierliche Verschlechterung<br />
der Prognosen zu erwarten ist. Infolge des steigenden<br />
Zinsumfelds ist zwar mit steigenden Anfangsrenditen zu rechnen,<br />
aber der Spread zwischen den (sicheren) Staatswertpapieren<br />
und den Immobilienrenditen wird sinken. Erst mittelfristig ist wieder<br />
mit einer Preisstabilisierung zu rechnen, dann aber auf einem<br />
niedrigeren Niveau.<br />
Meiner Meinung nach ist die Party an den Immobilienmärkten<br />
erst einmal für geraume Zeit vorbei. Die Marktteilnehmer<br />
haben sich auf neue Rahmenbedingungen einzustellen und das<br />
dauert seine Zeit. h
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74 Klimawende<br />
Läuft nicht:<br />
Klimawende ohne Fachleute<br />
Der neue HR-Monitor des EBZ in Bochum ist ein dezenter Druck auf<br />
den Alarmknopf. Der Fachkräftemangel könnte sich als ernsthaftes<br />
Problem für die Klimaziele erweisen.<br />
VON KLAUS LEUCHTMANN<br />
Bochum. Die aktuelle Ausgabe des seit 2007 im Zwei-Jahres-Abstand<br />
durchgeführten „Human Resources Monitor Wohnungs-<br />
und Immobilienwirtschaft 2022“ (kurz HR-Monitor) des<br />
EBZ enthält beunruhigende Befunde. 80 Prozent der befragten<br />
Unternehmen sehen im Klimaschutz ein zentrales Thema für die<br />
Immobilienwirtschaft. Gleichzeitig sehen schon heute 55 Prozent<br />
im Fachkräftemangel ein Investitionshemmnis auf dem Weg zur<br />
Klima neutralität. Dabei haben 84 Prozent der befragten Immobilienunternehmen<br />
bei der Rekrutierung von technischen Fachkräften,<br />
sogar 88 Prozent bei der Rekrutierung von technischen<br />
Führungskräften Schwierigkeiten.<br />
Diese Daten aus der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />
sind nicht branchenspezifisch, sondern fügen sich ins Bild der<br />
Großlage. Während in Deutschland in den letzten Jahren rund 1,3<br />
bis 1,4 Millionen Menschen pro Jahr in Rente gegangen sind, haben<br />
nur je 900 000 bis eine Million Menschen eine Berufsausbildung<br />
oder ein Studium abgeschlossen. Das sind 400 000 Erwerbstätige<br />
weniger pro Jahr. Diese Zahl wird sich in den 2020er Jahren<br />
steigern, wenn die Babyboomer das Rentenalter erreichen. Seriösen<br />
Schätzungen zufolge wird Deutschland bis 2030 rund sieben<br />
Prozent seiner Erwerbsbevölkerung verlieren: fast vier Millionen<br />
Menschen. Deutschland steht vor einer akuten „Arbeiterlosigkeit“<br />
– diesen Begriff prägte die Online-Jobplattform StepStone in einer<br />
groß angelegten, internationalen Studie zur Auswirkung der demografischen<br />
Krise in den westlichen Industrieländern.<br />
Hinzu kommt, dass die Rahmenbedingungen unternehmerischen<br />
Wirkens derzeit massive Belastungen erfahren. Eben<br />
„herrschte“ noch die Corona-Pandemie, nun hinterfragt der<br />
Ukraine-Krieg unsere gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebensgewissheiten.<br />
Der deutsche Energiemix ist Richtung Sicherheit<br />
und Unabhängigkeit neu auszurichten; Erneuerbare Energien<br />
sollen viel schneller ausgebaut werden. Doch die Branche ächzt<br />
derzeit unter anderem unter Energie- und Baukostenexplosion,<br />
Zinswende, Lieferkettenproblemen und Materialengpässen. All<br />
dies birgt für die Zukunftsaufgabe, den Gebäudesektor klimagerecht<br />
umzubauen, großes Konfliktpotenzial. Denn diese Zukunftsaufgabe<br />
hat technisch und ökonomisch riesige Ausmaße. Zu all<br />
dem stellt sich die Frage: Wer soll es richten?<br />
Die Branche im Personaldilemma<br />
Während die Zahl der Fachleute in den Unternehmen kontinuierlich<br />
bis 2040 altersbedingt sinkt, benötigt die Branche immer<br />
besser und umfänglicher qualifizierte Fach- und Führungskräfte.<br />
Der leergefegte Arbeitsmarkt wird dieses Dilemma nicht auflösen.<br />
Auch dem auf Zuwanderung gerichteten Optimismus kann nicht<br />
gefolgt werden. Die Anforderungen an Beschäftigte sind in rechtlicher,<br />
technischer, kaufmännischer und kommunikativer Hinsicht<br />
sehr hoch. Es ist unrealistisch zu erwarten, hier in relativ kurzer Zeit<br />
Menschen einsetzen zu können, die vor der eigentlichen Qualifizierung<br />
erst die Sprachbarriere überwinden müssen. Realistisch<br />
betrachtet kommen nur zwei Gruppen für eine Qualifizierungsoffensive<br />
in Frage: die eigenen Belegschaften mit ihren Potenzialträgern<br />
und die Generation im Schulalter.<br />
Kompetenzen müssen hochskaliert werden<br />
Die in den Unternehmen bereits vorhandenen Fachkräfte benötigen<br />
ein deutliches Upscaling ihrer Kompetenzen – und zwar in den<br />
Feldern regenerative Energien, Digitalisierung, Energiemonitoring,<br />
Regulatorik und vieles andere mehr. Für eine entsprechende Weiterqualifizierung<br />
muss Geld in die Hand genommen werden. Die<br />
Tatsache ist unübersehbar, dass die Branche in einem tiefgreifenden<br />
Transformationsprozess mit hoher Veränderungsgeschwindigkeit<br />
und stetiger Zunahme von Komplexität steckt. In dieser<br />
Situation kann man sich nicht wegducken. Es ist vielmehr unumgänglich,<br />
nahezu alle Rollen im Unternehmen mit einem Hochskalieren<br />
der Kompetenzprofile zu versehen.<br />
Qualifizierung ist die Lösung. Erfreulicherweise spiegelt sich im<br />
HR-Monitor hierfür ein deutlich gestiegenes Problembewusstsein.<br />
So geben 94 Prozent der Unternehmen an, dass sie spezielle Weiterbildungs-<br />
und Qualifizierungsmaßnahmen für ihre Fach- und<br />
Führungskräfte zu den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit<br />
benötigen. Andererseits zeigt sich, dass die bereitgestellten Budgets<br />
zwar gewachsen, aber niedriger als in vergleichbaren Branchen<br />
sind. 43 Prozent der Immobilienunternehmen haben ein Weiterbildungsbudget<br />
von unter 500 Euro pro Jahr und Mitarbeiter.
75<br />
KLAUS LEUCHTMANN<br />
hat Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung studiert und war<br />
in verschiedenen Wirtschaftsverbänden tätig. 1992 hat er die BBA Berlin Brandenburgische<br />
Akademie der Immobilienwirtschaft aufgebaut, 2003 erhielt er den Ruf nach<br />
Bochum an das EBZ – Europäisches Bildungszentrum der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft.<br />
Dort ist er seitdem Vorstandsvorsitzender. In dieser Funktion hat er 2008<br />
die EBZ Business School – University of Applied Sciences gegründet. Seit 2004 ist er<br />
in der IWO – Initiative Wohnungswirtschaft Osteuropa als Mitglied des Vorstandes für<br />
den Bereich Bildung zuständig, seit 2015 ist er dort Vorstandsvorsitzender.<br />
Auch die knapp 850 Euro bei Wohnungsbaugesellschaften und<br />
Genossenschaften sind recht überschaubar – Makler geben fast<br />
das Doppelte aus. Das ist zu wenig in einer Situation, in der sich<br />
Wissen und Kompetenzen ausgesprochen dynamisch entwickeln.<br />
Wenn die Mittel für Ausbildung und Personalentwicklung zu<br />
knapp bemessen sind, geraten die Klimaschutzziele in Gefahr.<br />
Das ist die einfache Wahrheit. Dieser Problematik muss sich jedes<br />
Unternehmen in der kleinteiligen Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />
klarwerden. Damit sind in erster Linie die vielen kleinen und<br />
mittelgroßen Unternehmen gemeint. Sie müssen sich den gleichen<br />
Herausforderungen stellen wie die großen Unternehmen, haben<br />
aber dafür naturgemäß weniger personelle Ressourcen zur Verfügung.<br />
Dieser Umstand sollte dazu anleiten, über die Grenzen der<br />
einzelnen Unternehmen hinauszudenken: Ein unternehmensübergreifendes<br />
Handlungskonzept der Branche könnte ein Lösungsansatz<br />
sein.<br />
In diesem Konzept sollten jedoch auch neue langfristige Ansätze<br />
der Personalgewinnung berücksichtigt werden. Andere<br />
Branchen machen es vor. Man muss nur in Richtung Handwerk<br />
oder Maschinenbau schauen. Dort werden die zukünftigen Leistungsträger<br />
mit gezielten Programmen bereits in den Schulen<br />
angesprochen. Auch die Immobilienwirtschaft muss diesen Weg<br />
beschreiten. Die Branche ist ein zentraler Akteur der Klimawende<br />
und ein attraktiver, krisensicherer Arbeitgeber. Mit diesen Pfunden<br />
sollte sie auch wuchern.<br />
Neue Bildungsangebote für Schüler und Schülerinnen<br />
Das EBZ hat eigens neue Bildungsangebote ins Leben gerufen. So<br />
hat die EBZ Business School ein spannendes SchülerStudium entwickelt.<br />
Schüler der 11. bis 13. Klasse können an Lehrveranstaltungen<br />
unserer Immobilienhochschule teilnehmen, Erfahrungen<br />
und „Scheine“ sammeln und in die Branche, ihre Themen und Berufsfelder<br />
hineinschnuppern. Darüber hinaus führten wir Ende Juli<br />
2022 das erste „KlimaCamp der Wohnungswirtschaft“ auf dem<br />
Gelände des EBZ in Bochum durch. 80 junge Menschen aus ganz<br />
Deutschland, ausgestattet mit Stipendien aus der Wohnungs-<br />
wirtschaft, kamen ins EBZ, um sich in das Spannungsfeld von<br />
Klimaschutz und bezahlbarem Wohnen zu begeben. Den jungen<br />
Gästen wurde vermittelt, was die Klimawende ganz allgemein für<br />
den Gebäudesektor bedeutet und wie sie speziell von der Wohnungswirtschaft<br />
angegangen wird. Sie konnten dabei die Branche<br />
als aktiven und wichtigen Akteur der Klimawende wahrnehmen<br />
– und als Arbeitgeber mit Innovationskraft und hoher gesellschaftlicher<br />
Relevanz. Auch in unserem „Kerngeschäft“ haben wir neue<br />
Impulse gesetzt. Die EBZ Akademie hat für die Mitarbeiter in den<br />
Unternehmen das Zertifikatsprogramm Klima-/Energie- und Nachhaltigkeitsmanagement<br />
geschaffen. Der erste Durchgang dieses<br />
Angebots war rasch ausgebucht. Die EBZ Business School (FH) bildet<br />
neuerdings gezielt immobilienbezogene Wirtschaftsingenieure<br />
aus: Hierfür wurde der Studiengang B.Sc. Nachhaltiges Energieund<br />
Immobilienmanagement in Zusammenarbeit mit Experten aus<br />
den Unternehmen entwickelt.<br />
Der Klimawandel wartet nicht. Die Immobilienbranche muss<br />
Personalressourcen auf dem beschriebenen Weg erschließen, da<br />
wir mit weniger Menschen mehr erreichen müssen. Am Ende darf<br />
die Klimawende nicht am Fachkräftemangel scheitern.<br />
Über das EBZ<br />
Das EBZ – Europäisches Bildungszentrum der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />
– ist der europaweit größte Anbieter von Aus-,<br />
Fort- und Weiterbildungen für die Branche. Das EBZ ist eine gemeinnützige<br />
Stiftung unter Trägerschaft des GdW – Bundesverband<br />
deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V.,<br />
des VdW RW Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />
Rheinland Westfalen e.V. sowie des BFW Bundesverband Freier<br />
Wohnungsunternehmen. Zur EBZ-Familie gehört das Berufskolleg<br />
mit 1400 Schülern und Schülerinnen, die staatlich anerkannte<br />
Fachhochschule EBZ Business School – die größte deutsche immobilienwirtschaftliche<br />
Fakultät – mit 1200 Studierenden, die<br />
Akademie für Personalentwicklung mit rund 3 550 Seminar-,<br />
2500 Inhouse- und 1600 Lehrgangsteilnehmenden sowie das<br />
Forschungsinstitut InWIS. h
76<br />
Betriebskosten<br />
Betriebskosten<br />
aktuell<br />
Zahl genehmigter<br />
Wohnungen gesunken<br />
Wiesbaden. Im 1. Halbjahr 2022 wurden insgesamt 185772 Baugenehmigungen für<br />
Wohnungen erteilt – das waren 2,1 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum (1. Halbjahr<br />
2021: 189781 Baugenehmigungen). In den Ergebnissen sind sowohl die Baugenehmigungen<br />
für Wohnungen in neuen Gebäuden als auch für neue Wohnungen in<br />
bestehenden Gebäuden enthalten.<br />
In neu zu errichtenden Wohngebäuden wurden von Januar bis Juni 2022 insgesamt<br />
161177 Wohnungen genehmigt. Das waren 2,1 Prozent oder 3 425 Wohnungen<br />
weniger als im Vorjahreszeitraum. Dabei ging die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser<br />
um 17,0 Prozent (-8583) auf 41 765 zurück. Bei den Zweifamilienhäusern<br />
stieg die Zahl genehmigter Wohnungen um 1,6 Prozent (+ 254) auf 16 622 und bei den<br />
Mehrfamilienhäusern um 7,8 Prozent (+ 7 179) auf 99 755.
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78 Betriebskosten<br />
Wohnkosten: 10,7 Prozent der Bevölkerung<br />
galten 2021 als überbelastet<br />
Wiesbaden. Für viele Millionen Menschen in Deutschland machen<br />
die monatlichen Ausgaben für Wohnen einen großen Teil<br />
der Lebenshaltungskosten aus. In aller Regel sind Ausgaben für<br />
Wohnen und vor allem Mieten monatliche Fixkosten, bei denen<br />
kaum oder nur wenig Einsparpotenzial besteht.<br />
Durchschnittlich 23,3 Prozent ihres verfügbaren Einkommens<br />
mussten Haushalte im Jahr 2021 für die Wohnkosten aufbringen,<br />
wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt. Liegt die<br />
Wohnkostenbelastung, also der Anteil des für die Wohnkosten<br />
aufgewendeten verfügbaren Haushaltseinkommens, bei mehr als<br />
40 Prozent gelten Haushalte als überbelastet. Im vergangenen<br />
Jahr traf dies auf 10,7 Prozent der Bevölkerung zu.<br />
Betrachtet man nur die Bevölkerung in Haushalten, die zur<br />
Miete wohnen, ist die Belastung durch Wohnkosten noch größer.<br />
Im Jahr 2021 galten 12,8 Prozent der Bevölkerung in Mieterhaushalten<br />
als überbelastet. Der durchschnittliche Anteil des verfügbaren<br />
Haushaltseinkommens, der in dieser Gruppe für Wohnkosten<br />
aufgewendet werden musste, lag bei 27,6 Prozent.<br />
Ein-Personen-Haushalte hatten höchste<br />
Wohnkostenbelastung<br />
Wer im Jahr 2021 in einem Einpersonenhaushalt zur Miete wohnte,<br />
hatte durchschnittlich die höchste Wohnkostenbelastung.<br />
Mehr als ein Drittel ihres verfügbaren Einkommens (35,4 Prozent)<br />
gaben diese Einpersonenhaushalte im Schnitt für Wohnkosten<br />
aus. Fast jede beziehungsweise jeder vierte der alleinlebenden<br />
Mieterinnen und Mieter (24,7 Prozent) musste für die Wohnkosten<br />
sogar mehr als 40 Prozent des verfügbaren Einkommens aufwenden<br />
und galt somit als überbelastet.<br />
Eine überdurchschnittlich hohe Wohnkostenbelastung hatten<br />
mit 30,7 Prozent im Jahr 2021 auch alleinerziehende Mieterinnen<br />
und Mieter mit mindestens einem Kind. Dagegen gaben zwei Erwachsene<br />
ohne Kinder (23,7 Prozent) und zwei Erwachsene mit<br />
Kindern (24,1 Prozent), die zur Miete wohnten, durchschnittlich<br />
den geringsten Anteil am verfügbaren Einkommen für Wohnkosten<br />
aus.
79<br />
Noch deutlicher unterscheidet sich die Wohnkostenbelastung der<br />
Menschen in Mieterhaushalten, wenn man fünf gleich große Einkommensgruppen<br />
bildet (sogenannte Einkommensquintile). Das<br />
nach Einkommen unterste Fünftel aller Mieterhaushalte gab im<br />
Jahr 2021 demnach durchschnittlich 42,6 Prozent des verfügbaren<br />
Einkommens für Wohnkosten aus. Mehr als ein Drittel der<br />
Mieterinnen und Mieter (36,2 Prozent) in der untersten von fünf<br />
Einkommensgruppen lebte in einem als überbelastet geltenden<br />
Haushalt.<br />
Wohnort entscheidet über die Wohnkostenbelastung<br />
Wie stark die Wohnkosten für die betroffenen Mieterhaushalte<br />
ins Gewicht fallen, variiert auch je nachdem, wie dicht besiedelt<br />
der entsprechende Wohnort ist. So war die Wohnkostenbelastung<br />
im Jahr 2021 mit durchschnittlich 28,6 Prozent in Städten<br />
am größten. In ländlichen Gebieten mussten demgegenüber im<br />
Schnitt lediglich 24,9 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens<br />
für Wohnkosten aufgebracht werden.<br />
Die Entwicklung der Mietpreise hat Auswirkungen auf die<br />
Wohnkostenbelastung. Aktuell ist die Teuerung der Nettokaltmieten<br />
im Vergleich zu den hohen Preissteigerungen in vielen<br />
Bereichen und im Vergleich zur Gesamtteuerung moderat. Binnen<br />
Jahresfrist erhöhten sich im Juli 2022 die Nettokaltmieten im<br />
Durchschnitt um 1,7 Prozent, die Verbraucherpreise insgesamt<br />
stiegen um 7,5 Prozent. Dennoch haben sich die Nettokaltmieten<br />
über die vergangenen Jahre tendenziell stetig erhöht, im Zeitraum<br />
von 2015 bis 2021 um 8,5 Prozent.<br />
Die Nettokaltmiete ist eine bedeutende Verbrauchsausgabe,<br />
da sie einen sehr großen Teil des Haushaltsbudgets ausmacht, und<br />
ist damit in der Kasse der privaten Haushalte deutlich spürbar.<br />
Bei einer angenommenen Nettokaltmiete von 1000 Euro liegt der<br />
monatliche Mehrbetrag durch die aktuelle Teuerungsrate durchschnittlich<br />
bei 17 Euro und summiert sich über das Jahr hinweg<br />
auf über 200 Euro.<br />
Entwicklung der Warmmiete erhöht<br />
Wohnkostenbelastung<br />
Die Preisentwicklung im Bereich Wohnen umfasst allerdings mehr<br />
als nur die Nettokaltmiete, zur sogenannten „Warmmiete“ gehören<br />
auch verschiedene Wohnungsnebenkosten. Die Teuerungen<br />
hierfür fallen deutlich stärker aus und betreffen nicht nur die<br />
Personen, die zur Miete wohnen. So verteuerten sich die Wohnungsnebenkosten<br />
im Juli 2022 um 2,2 Prozent gegenüber dem<br />
Vorjahresmonat.<br />
Der Preisanstieg für die Haushaltsenergie lag bei +42,9 Prozent<br />
im Juli 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat, darunter verteuerten<br />
sich Heizöl mit +102,6 Prozent und Erdgas mit +75,1<br />
Prozent. Der Preisanstieg bei Strom lag im Juli 2022 bei +18,1 Prozent.<br />
Auch für Reparaturen und Instandhaltung stiegen die Preise<br />
mit +14,4 Prozent binnen Jahresfrist deutlich.<br />
Insbesondere in Deutschland sind vergleichsweise viele Menschen<br />
von der Entwicklung der Mietpreise betroffen. Im Jahr 2021<br />
wohnte hierzulande mehr als jeder zweite Mensch (50,5 Prozent)<br />
zur Miete. In den vergangenen Jahren hatte Deutschland im EU-<br />
Vergleich stets einen sehr hohen Anteil von Mieterinnen und Mietern<br />
an der Gesamtbevölkerung.<br />
In einigen Ländern wie Österreich (45,8 Prozent) und Dänemark<br />
(40,8 Prozent) gibt es vergleichbare Anteile in der Bevölkerung,<br />
die zur Miete wohnen. Daher kommt auch hier der Preisentwicklung<br />
der Nettokaltmieten bei der Inflationsmessung eine<br />
besondere Rolle zu. h<br />
Gasmangellage: Änderung der AVB Fernwärme<br />
am 14. Juli 2022 in Kraft getreten<br />
Berlin. Die Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit<br />
Fernwärme (AVB Fernwärme) wurden mit Hinblick auf die eventuelle<br />
Gasmangellage erweitert. Sobald die Bundesnetzagentur<br />
die Feststellung trifft, dass eine erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen<br />
nach Deutschland vorliegt (§ 24 Abs. 1<br />
S. 1 Energiesicherungsgesetzes), können die Preissteigerungen<br />
entlang der Lieferkette weitergegeben werden, um die Versorgungssicherheit<br />
aufrechtzuerhalten. Hierfür werden der AVB<br />
Fernwärme in §24 die Abs. 5 bis 7 hinzugefügt.<br />
Wenn ein Energieversorgungsunternehmen (EVU) gegenüber<br />
einem Fernwärmeversorgungsunternehmen (FVU) den Preis für<br />
die Lieferung von Gas zur Erzeugung von Fernwärme erhöht, so<br />
sind dieses FVU sowie Weitere entlang der Lieferkette berechtigt,<br />
ein in einem Wärmeliefervertrag vereinbartes und insoweit einschlägiges<br />
Preisanpassungsrecht frühestens zwei Wochen nach<br />
der Gaspreiserhöhung auszuüben – auch wenn im Wärmeliefervertrag<br />
ein längerer Zeitraum für die Anpassung des Preises vereinbart<br />
wurde.<br />
Die Ausübung des Preisanpassungsrechts ist in Textform mitzuteilen<br />
und mit einer Begründung zu versehen. Die Preisanpassung<br />
wird frühestens zwei Wochen nach dem Tag, der auf den Tag des<br />
Zugangs der Mitteilung folgt, wirksam.<br />
Der Kunde hat in diesem Fall das Recht, den Wärmeliefervertrag<br />
außerordentlich mit Wirkung spätestens zum Ende des ersten<br />
Jahres nach Wirksamwerden der Preisänderung zu kündigen.<br />
Weiterhin hat der Kunde des FVU das Recht, alle zwei Monate ab<br />
Wirksamwerden einer solchen Preisanpassung die Überprüfung<br />
und gegebenenfalls unverzügliche Preissenkung auf ein angemessenes<br />
Niveau zu verlangen.<br />
Das FVU hat dem Kunden innerhalb einer Frist von zwei Wochen<br />
das Ergebnis der Überprüfung und eine etwaige Preisänderung<br />
mitzuteilen und zu begründen. Sechs Wochen nach der<br />
Aufhebung der Notfallstufe ist das FVU verpflichtet, den Kunden<br />
über die Aufhebung zu unterrichten und den Preis auf ein angemessenes<br />
Niveau abzusenken. h
80 Betriebskosten<br />
Die Wohnungsstation<br />
im Mehrfamilienhaus<br />
SANDRA HECKER UND KAY FIDOR<br />
BOSCH JUNKERS DEUTSCHLAND<br />
Die erfolgreiche Bewirtschaftung eines Mehrfamilienhauses verlangt<br />
einen sorgfältigen Blick auf alle im Bewirtschaftungszeitraum<br />
notwendigen Maßnahmen. Umso mehr, wenn diese einem<br />
mittel- bis langfristigen Investitionszyklus unterliegen. Dabei hat<br />
jede Investition den wirtschaftlichen Anspruch der Wertsteigerung<br />
oder zumindest des langfristigen Werterhalts des entsprechenden<br />
Projektes. Darunter fällt auch die einer effizienten, nachhaltigen<br />
und komfortablen Wärmeversorgung. Die dezentrale<br />
Beheizung durch eine Wohnungsstation erfüllt hier alle Kriterien.<br />
Der Vorteil: Durch die bedarfsgerechte Wärmeversorgung erhöht<br />
sich für Mieter die Attraktivität ihres Zuhauses, gleichzeitig profitieren<br />
Vermieter von einem verringerten Verwaltungsaufwand.<br />
Doch welche Heizung erfüllt die Ansprüche an Wirtschaftlichkeit,<br />
Nachhaltigkeit und Komfort bestmöglich?<br />
Der Weg zu einem effizienten Heizsystem<br />
Ist eine Heizungsanlage 20 Jahre oder länger in Betrieb, wird in<br />
der Regel ein Austausch notwendig, um eine effiziente Wärmeversorgung<br />
aufrechtzuerhalten.<br />
Die Investition in einen neuen Wärmeträger will jedoch wohl<br />
bedacht sein und setzt folgende organisatorische Schritte voraus:<br />
In einer ersten Planungsphase erfolgt eine möglichst genaue Bestandsaufnahme.<br />
Bauherren ermitteln Verbrauchsdaten aus der<br />
Vergangenheit. Weiterhin lassen sie Heizlast und Warmwasserbedarf<br />
unter Berücksichtigung aller durchgeführten und geplanten<br />
Maßnahmen an der Gebäudehülle berechnen und überprüfen<br />
die staatliche Förderfähigkeit des zukünftigen Systems. Für<br />
die Auswahl des optimalen Heizsystems sind heute neben wirtschaftlichen<br />
Erwägungen ebenso ökologische Einflussfaktoren zu<br />
berücksichtigen. Die Heizungsmodernisierung in Mehrfamilienhäusern<br />
mit Gasetagenheizung eröffnet somit folgende Optionen:<br />
Erstens, den Austausch einer Gasetagenheizungen gegen<br />
ein neues typgleiches Gerät, der jedoch nur dann als positiver<br />
Beitrag zum Klimaschutz zählt, wenn das verwendete Heizgas<br />
CO 2<br />
-frei zur Verfügung gestellt wird. Diese Entwicklung ist zwar<br />
angestoßen worden, eine zuverlässige Umstellung ist jedoch erst<br />
in einigen Jahren sicher zu bewerten. Eine zweite Möglichkeit für<br />
die Sanierung der Liegenschaft wäre, das Heizsystem an einen<br />
Vertragspartner zu vergeben, der eine klimafreundliche Strategie<br />
verfolgt, um so die Verantwortung für die CO 2<br />
-Reduzierung abzugeben.<br />
Vorteile der dezentralen Wärmeversorgung<br />
Eine sinnvolle Alternative zu den zuvor genannten Optionen ist<br />
die Umstellung auf ein Zentralsystem mit dezentraler Wärmeverteilung,<br />
in das regenerative Energien eingebunden werden. Die<br />
Einbindung einer Heizzentrale mit hohem regenerativem Anteil<br />
trägt dazu bei, den CO 2<br />
-Austoß spürbar zu senken. Wohnungsstationen<br />
können dabei mit nahezu jeder nachhaltigen Energietechnik<br />
kombiniert werden. So wird Solarenergie oder jene aus<br />
Erdwärme- oder Luft-Wasser-Wärmepumpen über Pufferspeicher<br />
ins Heizsystem eingespeist. Die herkömmlichen Gasetagenheizungen<br />
weichen dann Wohnungsstationen im Sinne einer dezentralen<br />
Wärmeversorgung. Diese verteilen Wärme an Fußboden-<br />
oder Radiatoren-Heizungen der jeweiligen Wohnungen.<br />
Die Warmwasseraufbereitung funktioniert bedarfsgerecht und<br />
erfolgt erst auf Abruf über den Wärmetauscher der Wohnungsstation<br />
im hygienischen Durchlaufprinzip. Damit wird der Weg<br />
von der Erzeugung bis zur Zapfstelle und damit das Risiko einer<br />
Verkeimung und einer Legionellenansammlung auf ein Minimum<br />
reduziert. Die wohnungsabhängige Wärmeerzeugung birgt überdies<br />
organisatorische Vorteile für die Wohnungsvermietung. So<br />
ist jede Wohnungsstation im Regelfall mit einem Wärmemengenund<br />
einem Kaltwasserzähler ausgestattet. Die tatsächlich genutzte<br />
Energie der jeweiligen Mietpartei ist somit exakt dokumentiert<br />
und kann in die Verbrauchsabrechnung aufgenommen werden.<br />
Diese fällt vergleichsweise gering aus, denn Wärmeverluste bei<br />
der Verteilung werden angesichts der kurzen Übertragungswege<br />
und der isolierten hydraulischen Komponenten minimiert.<br />
Einbau und Wartung der neuen Heizungsanlage<br />
Bauherren arbeiten von der Planungsphase über die Realisierung<br />
bis hin zur Nutzung eng mit dem jeweiligen Heizungsanbieter zusammen.<br />
Diese unterstützen bei der Wahl geeigneter Handwerksbetriebe,<br />
halten Planungsunterstützung in Form nützlicher Tools<br />
bereit und verstehen die Inbetriebnahme der neuen Heizungsanlage<br />
oftmals als Serviceleistung. Digitale Lösungen vereinfachen<br />
schließlich die Nutzung und Überwachung der Anlage. So bieten<br />
viele Hersteller Software-Lösungen an, die Ferndiagnosen und<br />
Echtzeit-Monitoring ermöglichen und so alle wesentlichen Anlagenparameter<br />
des vernetzten Heizsystems ortsunabhängig verfügbar<br />
machen. Damit wird zu jeder Zeit ein optimaler Betrieb<br />
der Anlage sichergestellt und bei einer Störung frühzeitig eine<br />
Benachrichtigung versendet. h<br />
Die Wohnungsstation Flow 7000 RS von Bosch<br />
Im Januar 2022 hat die Heizungsmarke Bosch mit der Flow 7000<br />
RS eine Wohnungsstation auf den Markt gebracht, die speziell<br />
für den Austausch von Gas-Etagenheizungen entwickelt wurde.<br />
Ihre Abmessungen gleichen denen älterer Etagenheizungen und<br />
ermöglichen die Anbindung an bestehende Anschlüsse und damit<br />
einen passgenauen Einbau.<br />
Wie gemacht für die Modernisierung – die Wohnungsstation<br />
Die dezentrale Wärmeversorgung mit Wohnungsstationen erfüllt<br />
alle Anforderungen an die energetische Heizungssanierung von<br />
Mehrfamilienhäusern: Die Vernetzung mit regenerativen Energietechniken<br />
wie Photovoltaikanlagen, Solarthermie, Luft-Wasseroder<br />
Erdwärmepumpen neutralisiert die CO 2<br />
-Bilanz des modernisierten<br />
Gebäudes maßgeblich. Die Fernüberwachung durch eine<br />
vernetzbare Softwarelösung wie der HomeCom Pro von Bosch<br />
gibt darüber hinaus zu jedem Zeitpunkt Aufschluss über den Systemstatus<br />
der Anlage und hält den Wartungs- und Reparaturaufwand<br />
gering. Mieter profitieren überdies von einer hygienischen<br />
Trinkwasseraufbereitung, einer bedarfsgerechten Wärmeversorgung<br />
und einer transparenten Nebenkostenabrechnung, die<br />
durch die baubedingte Vermeidung von Wärmeverteilverlusten<br />
geringer ausfällt als unter Einsatz bislang gängiger Heizlösungen<br />
im Mehrfamilienhaus. Die Wohnungsstation ist demnach eine<br />
lohnenswerte Investition, um die Wärmeversorgung im Mehrfamilienhaus<br />
nachhaltig, mieterfreundlich und wirtschaftlich<br />
effizient zu gestalten.
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Impressum 4_2022<br />
HERAUSGEBER<br />
Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V.<br />
Hamburg – Mecklenburg-Vorpommern – Schleswig-Holstein<br />
Andreas Breitner<br />
Verbandsdirektor<br />
040 52011-215 | E-Mail: breitner@vnw.de<br />
WP/StB Gerhard Viemann<br />
Direktor für den Prüfungsdienst<br />
040 52011-240 | E-Mail: viemann@vnw.de<br />
WP/StB/RA Jürgen Wendlandt<br />
Stellv. Direktor für den Prüfungsdienst<br />
040 52011-275 | E-Mail: wendlandt@vnw.de<br />
Andreas Daferner<br />
Bildung<br />
040 52011-218 | E-Mail: daferner@vnw.de<br />
Dr. Peter Hitpaß<br />
Wohnungswirtschaft, Betriebskosten- und<br />
Medienrecht<br />
0385 48937-503 | E-Mail: hitpass@vnw.de<br />
Christoph Kostka<br />
Geschäftsführung<br />
<strong>VNW</strong> Landesverband Schleswig-Holstein<br />
040 52011-225 | E-Mail: kostka@vnw.de<br />
Steffen Laser<br />
Geschäftsführung<br />
<strong>VNW</strong> Landesverband Mecklenburg-Vorpommern<br />
0385 48937-501 | E-Mail: laser@vnw.de<br />
Petra Memmler<br />
Geschäftsführung <strong>VNW</strong> Landesverband Hamburg<br />
Technik und Energie<br />
040 52011-230 | E-Mail: memmler@vnw.de<br />
Nicola Olivier<br />
Datenschutz<br />
040 520 11 221 | Mail: olivier@vnw.de<br />
Andreas Thal<br />
Stellvertreter des Verbandsdirektors und Verwaltung<br />
040 52011-204 | E-Mail: thal@vnw.de<br />
REDAKTION<br />
Oliver Schirg<br />
Verantwortlich im Sinne des Presserechts<br />
040 52011-226 | E-Mail: schirg@vnw.de<br />
ANZEIGEN<br />
Ilka Schünemann<br />
0511 1265-123 | E-Mail: i.schuenemann@vdw-online.de<br />
GESTALTUNG<br />
hungerundkoch.com<br />
0511 51 99 46-00<br />
DRUCK<br />
QUBUS media GmbH<br />
Beckstraße 10 | 30457 Hannover<br />
RA Dr. Kai Mediger<br />
Recht, Genossenschaften und Quartiersentwicklung<br />
040 52011-238 | E-Mail: Mediger@vnw.de<br />
Mehr Informationen über den <strong>VNW</strong><br />
finden Sie im Internet unter www.vnw.de<br />
Bildnachweise<br />
Titelmotiv, S. 1: ©Oliver Schirg; S. 4-9: ©Bertold Fabricius/<strong>VNW</strong>; S. 10: ©Michael Rudolph (3), ©Marco Sommmerfeld (rechts oben),<br />
©Beate Eisenhardt (mitte); S. 11: ©Michael Rudolph (2), ©Marco Sonmerfeld (rechts oben); S. 12: ©Bertold Fabricius/<strong>VNW</strong> (unten);<br />
S. 17: ©Ronald Sawatzki _ Senatskanzlei Hamburg; S. 17: ©GdW Urban Ruths (rechts); S. 18: ©Hanna Carstens (links), ©Bertold Fabricius/<br />
<strong>VNW</strong>; S. 18: ©Thomas Duffe (unten links); S. 20, 21, 22, 26: ©Oliver Schirg; S. 24: ©Lerninsel Juist; S. 26: ©Bertold Fabricius/<strong>VNW</strong> (unten<br />
links); S. 28, 29: ©Reimo Schaaf Fotografie/<strong>VNW</strong>; S. 34: © Bertold Fabricius/<strong>VNW</strong>; S. 42: © Timo Wilke, ©Markus Tollhopf; S. 43: @Marcus<br />
Dewanger_SBV, Neue Lübecker; S. 44: @ Stefan Müller, @ Robert Schlossnickel, @ Marco Pitzer; S. 45: @ Joachim Kloock, @ Neue Lübecker;<br />
S.46: Visualisierung BBB, @ WG Schiffahrt Hafen Rostock, @Kristina Wedekind S. 54 (unten): Daniel Herrmann; S. 56: Walter Vorjohann;<br />
S. 53 (rechts), S. 61: ©Andreas Molatta; Seite 58: ©Axel Born; S. 59: Bayernheim (2); S. 62: ©Uwe Jungherr; S. 64: ©gettyimages;<br />
S. 65: ©Haufe; S. 69: © Christian Schwier; S. 70: ©AdobeStock_wifesun; S. 71, 75: © Sascha Kreklau; 78: © Axel Born
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