Das Fräulein von Lichtenegg
Das Fräulein von Lichtenegg
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Maximilian Schmidt <strong>Das</strong> <strong>Fräulein</strong> <strong>von</strong> <strong>Lichtenegg</strong><br />
Der Pfarrer, der Doktor <strong>von</strong> Furth, der Kantor und auch der Jägerveitl in einem nagelneuen<br />
Rocke hatten den zwei jungen Ehepaaren die herzlichsten Toaste ausgebracht, und letzterer<br />
fühlte heute ganz besonders, daß er ein Haupthandelnder bei den Adalberts und Julchens<br />
entscheidenden Erlebnissen gewesen sei.<br />
Da könnten wir noch viel erzählen <strong>von</strong> dem Jubel und der Lust des Tages, <strong>von</strong> den<br />
Trompeten und Pauken, und wie der Baß-Wastl seine neue Geige einweihte, daß die Fenster<br />
klirrten und wie der Kleßin mit seiner Klarinette trillerte, daß einem vor Freude die Augen<br />
übergingen.<br />
<strong>Das</strong> war ein Reigen! Und schönere Mädels als wie sie Eschlkam aufweisen konnte,<br />
schwangen sich wohl nimmer so im „Deutschen“ herum! Die Schmaus’n-Lisl und die Pfeffer-<br />
Nandl, die für ausgemachte Tänzerinnen galten, drehten sich gleich fünf Minuten auf einem<br />
Flecke, und der Schmirl-Franz und der Späthen-Wenzl hörten nicht auf mit Juchzen und<br />
Klatschen, bis jedes Mal der letzte Geigenstrich verklungen war. Aber alle hielten aus und<br />
sahen bewundernd zu, wenn Adalbert mit Julchen tanzte.<br />
Auch die liebe Eschlkamer Jugend, die in Scharen das Späthsche Haus umlagerte, wurde<br />
nicht vergessen; Kücheln und Pavesen flogen in großer Menge unter sie, und manche da<strong>von</strong><br />
wurden wohl schwer verdient. Kurz, ein solches Fest hatte Eschlkam noch nie gesehen, und<br />
noch heute erzählt man dort <strong>von</strong> Adalberts Hochzeit. – –<br />
Mehrere Jahre sind darüber verflossen. <strong>Das</strong> Rittermargerl erlebte noch das selige Glück,<br />
einen Urenkel in ihrem Schoße zu wiegen, ehe ein sanfter Tod ihr vielgeprüftes Leben schloß.<br />
Nach ihrem Tode kaufte Adalbert ein an der Donau gelegenes Gut und wurde <strong>von</strong> Ortolf und<br />
Auguste, denen auch der Storch schöne Gaben bescherte, häufig besucht. Aber alle Jahre, am<br />
Tage der Vermählung Adalberts und Julchens, trafen sich bis zum Tode des Pfarrers, unsere<br />
Freunde in dem gemütlichen, gastlichen Eschlkam, wobei sie niemals unterließen, <strong>Lichtenegg</strong><br />
und den Burgstall zu besuchen, <strong>von</strong> welch herrlicher Hochwarte dann manch froher Ruf <strong>von</strong><br />
ihnen hinaushallte über die saftig grünen Thäler und die tannendunklen Berge des schönen<br />
Bayerwaldes.<br />
Ingolstadt, 1856.<br />
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