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Das Fräulein von Lichtenegg

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Maximilian Schmidt <strong>Das</strong> <strong>Fräulein</strong> <strong>von</strong> <strong>Lichtenegg</strong><br />

dieses Ereignis die freudigste Teilnahme gefunden und <strong>von</strong> nah und fern kamen die Leute, um<br />

die Alte zu beglückwünschen, und ihren Enkel zu sehen. In der Kirche wurde ein Dankamt<br />

gehalten. Die Armen erhielten <strong>von</strong> Margareth eine namhafte Summe, und aus vielen<br />

dankbaren Herzen stiegen für sie Gebete zum Himmel. Der Pfarrer, an alles denkend,<br />

überredete die Alte, ihr früher abgefaßtes Testament umzustoßen und ein neues zu gunsten<br />

Adalberts anzufertigen. Dies geschah auch: aber gleichwohl bedachte sie die Kirche <strong>von</strong><br />

Eschlkam und das Julchen mit nicht unbedeutenden Summen.<br />

Ortolf machte fleißig Partien in der Umgegend, und zum Beschlusse seines Aufenthaltes im<br />

bayerischen Walde besuchte er die Kirchweih auf dem Arber, wobei ihn Adalbert und der<br />

Doktor <strong>von</strong> Furth begleiteten.<br />

Auf dem Wege nach Lam, wohin sie des Pfarrers Fuhrwerk brachte, hielten sie sich einige<br />

Stunden in Neukirchen beim heiligen Blut auf, einem der schönsten und historisch<br />

merkwürdigsten Marktflecken des Waldes 16 und bestiegen dann <strong>von</strong> dem prächtigen<br />

Gebirgsdorfe Lam aus den Arber. Die Aussicht <strong>von</strong> dort oben war infolge der klaren Luft<br />

unermeßlich und unbeschreiblich schön. Vom fernsten Osten erblickten sie die Alpenkette mit<br />

dem Schneeberge bei Wien beginnend, bis hin in den tiefsten Westen, wo sich die Lechthaler-<br />

und Appenzeller Gebirge am Horizonte verlieren. <strong>Das</strong> Auge des Beschauers umfaßte den<br />

ganzen Nordgau, das Fichtelgebirge und in der Nähe den ganzen Bayerwald. Sie sahen mit<br />

ihrem guten Fernrohr den Domturm, auf den Hradschin und den Wissehrad <strong>von</strong> Prag, ja sogar<br />

die Gipfel des Riesengebirges. Adalberts Blicke jedoch waren meist nach der Richtung wie<br />

gebannt, in welcher der Kirchturm mit dem Schlosse <strong>von</strong> Eschlkam mit freiem Auge<br />

erkennbar war. Für die Lieben dortselbst sammelte er „veilchenduftende Steine,“ welche sich<br />

hier vorfinden, und einen frischen Gebirgsstrauß. Ortolf aber blickte begeistert nach den<br />

unermeßlichen Wäldern, den schöngeformten Berggipfeln, den saftiggrünen Thälern, nach<br />

den Schlössern und Ruinen hüben und drüben der böhmischen Grenze, und es erwachte in<br />

ihm der Gedanke, dieses schöne Gebirgsland größeren Kreisen bekannt zu machen, sei es<br />

durch landschaftliche Schilderungen oder durch unterhaltende Erzählungen über das<br />

Kulturleben der Wäldler. Er fühlte in sich den Beruf hiezu, und die innige Liebe zur Heimat,<br />

so hoffte er, würde ihm die Feder führen zur Verherrlichung des bis jetzt so vernachlässigten<br />

schönen Bayer- und Böhmerwaldes.<br />

Wiederum nach Eschlkam zurückgekehrt, war es Zeit, daß Ortolf Abschied nahm, da dessen<br />

Urlaub zu Ende.<br />

Ungerne trennte er sich zwar <strong>von</strong> seinen Freunden und seiner Heimat; aber ihm lächelte die<br />

Erfüllung seines höchstens Wunsches entgegen, die Hand seiner Auguste, und er versprach<br />

mit seinem lieben Weibchen bald wiederzukehren, um sie seinen Freunden vorzustellen. – –<br />

Julchens Besserung schritt rasch vorwärts. Adalbert besuchte sie fast täglich in<br />

Schwarzenberg und je öfter dies geschah, desto mehr ward sein Herz an das schöne Mädchen<br />

gefesselt. Sie durfte bereits das Bett verlassen und sich im Garten, und in der Nähe des<br />

Hauses ergehen. Sie freute sich <strong>von</strong> einem Tage zum anderen auf den Besuch des Doktors,<br />

und wenn die bestimmte Zeit heranrückte, sah sie erwartungsvoll nach dem Wege, auf<br />

welchem er herankommen mußte. Sie mußte so gar oft an ihn denken – den ganzen Tag fast<br />

nur an ihn, und selbst in ihre Träume folgte das schöne Bild des jungen Arztes. Noch wußte<br />

Julchen nicht, welches Gefühl in ihrem Herzen aufkeimte, sie hielt es für das Gefühl der<br />

innigen Dankbarkeit, welche sie Adalbert schuldig war.<br />

Doch warum schlug ihr Herz so freudig, wenn sie ihn herankommen sah? Warum überflog<br />

ihre blassen Wangen ein so liebliches leichtes Rot, wenn sie ihm entgegeneilte und die Hand<br />

16 Neukirchen bei hl. Blut ist gleich Furth und Eschlkam nunmehr eine ganz vortreffliche „Sommerfrische“<br />

geworden. Die prächtige Lage am Fuße des tannenbestockten Hohenbogen, die gerühmte gute Verpflegung und<br />

die biederen Bewohner tragen dazu bei, daß sich die Fremden hier bald heimisch fühlen und – häufig, schon im<br />

nächsten Jahre wieder kommen.<br />

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