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Das Fräulein von Lichtenegg

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Maximilian Schmidt <strong>Das</strong> <strong>Fräulein</strong> <strong>von</strong> <strong>Lichtenegg</strong><br />

„Herr Weixler war durch diesen Anblick nicht entmutigt und antwortete den Räubern mit<br />

seinem Degen. Einen derselben verwundete er sogleich schwer; als nun die anderen auf ihn<br />

eindrangen, machte er sich rückenfrei und verteidigte sich in einer Ecke auf das mutigste.<br />

„Inzwischen untersuchten einige der Räuber das Haus, drangen in das Schlafzimmer der<br />

Frau, welches sich in der ersten Etage befand, und nachdem auch diese nicht gestanden, wo<br />

der Kassaschlüssel war, wurde sie nebst Schwester und Kind mit einer Menge Betten<br />

überworfen und <strong>von</strong> einem Räuber bewacht.<br />

„Der Gerichtshalter kämpfte inzwischen wie ein Löwe. Einer der Burschen war so<br />

verwundet, daß er die Flucht ergriff, fiel aber dabei über die Leiter und brach sich den Fuß.<br />

Eine Stunde währte dieser ungleiche Kampf, bis Herrn Weixlers Kräfte endlich nachlassen<br />

mußten und er erschöpft zu Boden sank. Nun aber mißhandelten ihn die Schurken auf das<br />

gräßlichste. Der Gerichtshalter trotzte allem, und vergebens war die Frage nach dem<br />

Kassaschlüssel. Man zog ihm den schneidigen Degen durch beide Hände und verübte an ihm<br />

die fürchterlichsten Quälereien mit der unglaublichsten Bosheit. Endlich stellte sich Herr<br />

Weixler tot, und dieses war das einzige Mittel, dem Tode zu entgehen. Die Räuber erbrachen<br />

nun mit vieler Mühe die Kasse, nahmen die darin befindliche, sowie sämtliche Barschaft des<br />

Gerichtshalters und ergriffen sodann die Flucht. Einer da<strong>von</strong> wollte dem Gerichtshalter noch<br />

ein Messer in das Herz stoßen, was aber der Zeus mit aller Gewalt verhinderte. Den<br />

verwundeten Genossen, sowie den über die Leiter hinabgefallenen nahmen sie mit.<br />

„Der Gerichtshalter wurde <strong>von</strong> den leider zu spät herbeikommenden Arnschwangern<br />

ohnmächtig aufgefunden und erst nach langer Krankheit erholte er sich einigermaßen <strong>von</strong><br />

seinen vielen Wunden. Der Zeus begab sich nach jener That wieder in das Wirtshaus am<br />

Berge und man fand ihn am andern Morgen noch schlafend auf der Ofenbank, welche er die<br />

Nacht über nicht verlassen zu haben schien, und dadurch einen ersten Verdacht in Betreff des<br />

Arnschwanger Raubes <strong>von</strong> sich ferne zu halten wußte.<br />

„Den durch den Fall über die Leiter Verunglückten glaubte Herr Weixler als einen Bauer<br />

<strong>von</strong> Grawitz, einem nahen Dorfe, erkannt zu haben. Eines Nachts wurde die Gendarmerie zu<br />

seiner Wohnung geschickt. Man klopfte an der Thüre, und vom Boden herab fragte der Bauer,<br />

was es gäbe. Auf den Befehl zu öffnen, antwortete der Bauer, daß er dieses sogleich thun<br />

wolle. Gleich darauf hörten die Gendarmen einen Fall über die Bodenstiege und ein<br />

schmerzliches Stöhnen und Schreien. Die Thüre nun mit Gewalt öffnend, fanden sie den<br />

Bauern unter der Stiege liegen, sich stellend, als habe er gerade jetzt das Unglück gehabt, sich<br />

das Bein zu brechen. So entledigte sich auch dieser Gauner eines dringenden Verdachtes und<br />

Jahre vergingen, ehe man die Thäter wirklich ermitteln konnte. Eines Tages kam zum<br />

Gerichtshalter ein Mann und bat um einen Heiratsschein. Als ihm ein solcher aus guten<br />

Gründen verweigert wurde, versprach er, für die Erfüllung seiner Bitte die Person namhaft zu<br />

machen, welche den bei dem Einbruche geraubten Säbel des Gerichtshalters besitze, und<br />

dieser Säbel leitete auf die rechte Spur. Die Räuber kamen in die Hände des Gerichtes und<br />

auch der Zeus endete im Zuchthause. Herr Weixler wurde später Landrichter, mußte aber<br />

infolge seiner durch jene That völlig zerrütteten Gesundheit bald in Pension gehen und starb<br />

im schönsten Mannesalter.“<br />

„<strong>Das</strong> ist sehr traurig,“ sagte Adalbert, „und wie geht es der Familie jenes wackeren<br />

Mannes?“<br />

„Diese lebt in München,“ antwortete Ortolf. „Meine Familie ist mit derselben innig<br />

befreundet, und ich besuchte sie erst vor kurzem, ein Besuch, der mir stets eine angenehme<br />

Erinnerung bleibt.“<br />

„Jetzt aber,“ rief der Doktor, „will ich Ihnen auch eine lustige Geschichte mitteilen; denn<br />

unser lieber Wald hat nicht allein <strong>von</strong> Gespenstern und Räubern, sondern auch <strong>von</strong><br />

humoristischen Begebenheiten zu erzählen, welche der gesunde Witz unserer Bewohner,<br />

namentlich der unseres hübschen weiblichen Geschlechtes, in großer Anzahl zu Tage<br />

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