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Das Fräulein von Lichtenegg

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Maximilian Schmidt <strong>Das</strong> <strong>Fräulein</strong> <strong>von</strong> <strong>Lichtenegg</strong><br />

herrenloses Gesindel schwärmte bandenweise im Lande herum und machte die Straßen<br />

unsicher. Noch heute wird man durch vieles an jene grauenvollen Tage erinnert. Später, im<br />

österreichischen Erbfolgekriege, hausten die Panduren hier nicht minder barbarisch, aber sie<br />

konnten die Erinnerung an die Schwedengreuel nicht verwischen.<br />

Die Ruinen unseres Eschlkamer Schlosses stammen aus dem Jahre 1633. Die<br />

Marktbewohner und die Landsassen der Umgegend hatten vor den andringenden Schweden<br />

ihre beste Habe auf das Schloß geflüchtet, der allbewährten Stärke seiner Mauern vertrauend.<br />

Die Schweden bekamen Wind <strong>von</strong> dem reichen Schatze, griffen das Schloß an und<br />

bemächtigten sich desselben ungeachtet der tapferen Gegenwehr der Bürger. Der schwedischweimarische<br />

Feldoberst Tupadell, 6 vom Volke „Raupatl“ genannt, freute sich dieses Sieges<br />

mit den Worten: „Ich habe schon eine gute Zahl solcher Berghäuser weggenommen, aber<br />

nirgends einen besseren Fund gemacht als in diesem Rattenneste.“ Zum Danke ließ er bei<br />

seinem Abzuge das Schloß in Brand stecken und die Flammen äscherten auch den Kirchturm,<br />

den Pfarrhof, das Rathaus und noch mehrere Häuser ein.<br />

Nach sieben Jahren kam Banner und ließ da plündern und verwüsten, während er <strong>von</strong> dem<br />

bayerischen General Gellen verfolgt wurde. Dieses Mal fiel bei der Verteidigung des<br />

Schlosses der Ratsherr Georg Altmann, <strong>von</strong> einer Kugel getroffen; andere Bürger trugen bei<br />

dem Anlaufe schwere Wunden da<strong>von</strong> und alle mußten zusehen, wie ihre Häuser <strong>von</strong> den<br />

Schweden geplündert und verwüstet wurden.<br />

Später, 1648, wurde Eschlkam vom General Königsmark ausgesogen und während des<br />

spanischen Erbfolgekrieges wurde der Ort wiederum ausgeplündert und die Kirche zerstört.<br />

<strong>Das</strong> große Gebäude neben der Kirche ist noch ein Teil des alten Pflegerschlosses, außerdem<br />

besteht noch ein kleiner Rest der ehemaligen Ringmauer und der Stumpf eines Turmes, der<br />

noch heute mit den Gebeinen hier Gefallener angefüllt ist. – Auch 1705 standen die Wäldler,<br />

gleich den Oberländlern, gegen die Fremdherrschaft auf, und setzten Blut und Leben ein für<br />

ihr angestammtes Regentenhaus.<br />

Die Eschlkammer haben sich gleich allen Wäldlern bei allen Gelegenheiten tapfer gezeigt;<br />

aber Gut und Blut haben sie dabei verloren. Wer die Geschichte des bayerischen Waldes<br />

kennt, wird mit Achtung und Bewunderung <strong>von</strong> demselben sprechen. Er wird erkennen,<br />

welch braves und arbeitsames Volk dazu gehörte, das Land wieder in solche Blüte zu bringen,<br />

in welcher es gegenwärtig ist. Und diejenigen, welche die Wäldler für ein dummes,<br />

unkultiviertes Volk halten, mögen nur selbst kommen, um sich zu überzeugen, daß ein<br />

gesunder Geist und Biederkeit auch hier zu Hause sind, und <strong>von</strong> Jahr zu Jahr ein geistiger<br />

Fortschritt stattfindet. Religion und Vaterlandsliebe sind dem Wäldler das Heiligste, und<br />

unser König kann fest und unter allen Verhältnissen auf uns bauen!“ Der Pfarrer schwieg, sein<br />

Auge flammte in Begeisterung, als er so sprach.<br />

„Man erkennt in Ihnen den geborenen Wäldler, Herr Pfarrer?“ sagte Adalbert. – „Ich<br />

beneide Sie darum; denn ich liebe den bayerischen Wald bereits, als wäre es meine eigene<br />

Heimat, und doch bin ich erst wenige Tage mit ihm bekannt geworden. Die vielen Ruinen und<br />

alten Schlösser, welche ich auf dem Herwege erblickte, schienen mir alle wundervolle<br />

Märchen, grauenhafte Sagen erzählen zu wollen. Ich muß damit bekannt werden. Doch was<br />

ist dies?“<br />

Adalbert wurde durch ein gellendes Geschrei in der Nähe des Gartens unterbrochen. Es war<br />

das Gejammer einer kreischenden Weiberstimme, welches widerlich durch die stille Nacht zu<br />

unserer Gesellschaft drang.<br />

„Ah, das Rittermargerl!“ rief der Meßner. „Sucht wahrscheinlich eine da<strong>von</strong>gelaufene<br />

Katze, die alte Katzenmutter!“<br />

„Wer ist das Rittermargerl?“ fragte Adalbert.<br />

6 Tupadell wurde kurze Zeit darauf bei der Belagerung <strong>von</strong> Furth durch eine aus dem Schlosse abgeschossene<br />

Falkonetkugel der Arm zerschmettert und er verblutete an dieser Wunde in Cham, wohin er sich hatte verbringen<br />

lassen.<br />

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