Das Fräulein von Lichtenegg
Das Fräulein von Lichtenegg
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Maximilian Schmidt <strong>Das</strong> <strong>Fräulein</strong> <strong>von</strong> <strong>Lichtenegg</strong><br />
Pflegerschloß zum Schutze des Passes <strong>von</strong> Neumark nebst der Veste auf dem Aigen<br />
(Kleinaigen), um das Eindringen feindlichen Scharen aus Böhmen zu verhindern. Den<br />
altberühmten Paß <strong>von</strong> Neumark oder Taus bildet die breite Oeffnung zwischen den<br />
Ausläufern des Czerkows und des Osser oder die Strecke <strong>von</strong> Furth über Neukirchen gegen<br />
Rittsteig hin.<br />
Dieser Paß war der blutgetränkte Schauplatz einstiger heißer Kämpfe und grimmiger<br />
Befehdung zweier feindlicher Nationen. Außen den genannten Vesten schützte sich Bayern<br />
noch durch stundenlange Verschanzungen auf der sogenannten Kampfheide (<strong>von</strong> Schachten<br />
bis Rittsteig) und die lebendige Wehr, die Grenzwache <strong>von</strong> Furth. Von seiten Böhmens waren<br />
es die Festungen Taus, Riesenberg und Herrnstein, welche nebst den wehrhaften Choden und<br />
Freibauern ihr Land beschützten. Zur Grenzfahne <strong>von</strong> Furth, die täglich zum Kampfe<br />
geschickt werden konnte, gehörten nebst den Bürgern <strong>von</strong> Furth auch die der Märkte<br />
Eschlkam und Neukirchen, dann die am Fuße des Hohenbogen wohnenden Seligenthaler<br />
Bauern, so genannt, weil sie <strong>von</strong> Ludmilla <strong>von</strong> Bogen durch Erbschaft an das Kloster<br />
Seligenthal in Landshut kamen. Die Grenzfahne zählte im 16. Jahrhundert 550 Mann zu Fuß<br />
und 50 Reiter, welche der Pfleger <strong>von</strong> Furth als „Grenzhauptmann“ befehligte. 4<br />
Der Paß <strong>von</strong> Neumark ist der älteste Verkehrsweg nach Böhmen. Hier wanderten schon die<br />
Bojer und Markomannen. König Samo, der Gründer des Slavenreiches, erfocht hier gegen die<br />
vom Rhein her nach dem Böhmerwalde feindlich vorgedrungenen Franken unter dem<br />
Merovinger Dagobert einen glänzenden Sieg. In den Jahren 805 und 806 rückte durch diesen<br />
Paß der fränkische, sächsische und bayerische Heerbann in Böhmen ein, und machte die<br />
slavischen Herzoge tributpflichtig. Im Jahre 872 war es ein aus Franken bestehendes Heer<br />
unter der Führung des Erzbischofs Liutbart aus Mainz, <strong>von</strong> welchem die böhmischen Herzoge<br />
an der Moldau in die Flucht geschlagen wurden. 976 kam Kaiser Otto II. mit seinem Heere<br />
durch diesen Paß über Eschlkam nach Böhmen gezogen, um erst auf der Pilsener-Ebene durch<br />
Boleslaw den Frommen eine blutige Niederlage zu erleiden. 1040 fand hierum, gleich in der<br />
Nähe <strong>von</strong> Neumark, die Schlacht zwischen König Heinrich III. und Herzog Bretislaw I. <strong>von</strong><br />
Böhmen statt, welche mit der Niederlage des deutschen Heeres endete. Die Böhmen erbauten<br />
zum Andenken an diesen Sieg eine Kapelle bei Vierthel. 5 Von 1074-1105 schlug in diesem<br />
Passe Graf Aswin <strong>von</strong> Bogen die Böhmen in drei Feldschlachten und erwarb sich dadurch den<br />
Namen: „Der Schrecken der Böhmen.“ Auch 1347 fand in der Nähe <strong>von</strong> Furth ein Treffen<br />
zwischen Bayern und Böhmen statt, in welchem Peter <strong>von</strong> Egg der Jüngere feldflüchtig<br />
geworden und dafür mit dem Leben gebüßt haben soll. Dann vollführten die Hussitenheere<br />
hier ihre Greuel. Diesen folgten die inneren Unruhen, welche durch den Bund der Böckler<br />
(1468) und durch den Löwlerbund (1489-91) in Bayern erregt wurden und die den<br />
bayerischen Wald und damit auch Eschlkam um so schwerer trafen, als die Häupter des<br />
Aufstandes zunächst der Ritterschaft dieser Gegend angehörten. Einige Jahre später (1504<br />
und 1505) ließ der bayerische oder Landshuter Erbfolgekrieg den Waldbewohnern seine<br />
bluttriefende Geißel fühlen, aber am empfindlichsten war der dreimalige Durchzug der<br />
Schweden durch den Wald, welche durch ihr Rauben, Morden und brennen ein furchtbares<br />
Elend brachten. Alle die schönen, stolzen Burgen hüben und drüben wurden <strong>von</strong> der<br />
zügellosen Soldateska, welche alle Pflichten gegen Gott und Menschen <strong>von</strong> sich geworfen<br />
hatte, zerstört. Nimmer satt wurde ihr Durst nach Raub und Ausschweifungen aller Art. Um<br />
das Landvolk zum Geständnisse verborgener Habseligkeiten zu zwingen, erfanden sie die<br />
unerhörtesten Qualen, wie z. B. den Schwedentrunk. Schrecklich waren die Spuren, die der<br />
Schwede im Walde zurückgelassen hatte. <strong>Das</strong> Land schien verödet. Was <strong>von</strong> der Bevölkerung<br />
das Schwert des Feindes nicht hingewürgt, war den Seuchen erlegen, welche die<br />
Kriegsscharen im Lande verbreitet hatten. Die Wälder wimmelten <strong>von</strong> wilden Tieren;<br />
4 Die aus jener Zeit des Grenzdienstes herrührende Fahne ist im Armeemuseum zu München aufbewahrt.<br />
5 P. Hippolyt Randas Denkwürdigkeiten aus dem westl. Böhmerwalde (Taus Selbstverlag) enthalten eingehende<br />
Schilderungen hierüber, sowie über die ganze Umgebung.<br />
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