Leichtathletik INFORMationen 03/2022
Inhalt: Die FREUNDE in Berlin 2022 + Jugend-DM in Ulm + Rückblick: U16-DM + Rückblick: U23-DM + Förderprojekt: FREUNDE-Camp Hochsprung + Rückblick: U18-Europameisterschaften in Jerusalem + WM in Eugene: Ernüchternde Pleite
Inhalt: Die FREUNDE in Berlin 2022 + Jugend-DM in Ulm + Rückblick: U16-DM + Rückblick: U23-DM + Förderprojekt: FREUNDE-Camp Hochsprung + Rückblick: U18-Europameisterschaften in Jerusalem + WM in Eugene: Ernüchternde Pleite
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ler, der eine relevante Behinderung hat (mindestens 20 GdB 1 ),<br />
bewegt sich in einem eigenen Wettkampfsystem, das ihm internationale<br />
Erfolge ermöglicht und entsprechende Anerkennung<br />
zuteilwerden lässt. Durch die Material- und Technikentwicklung<br />
wurde die Lücke zwischen den Leistungen von Sportlern ohne<br />
bzw. mit Behinderung immer kleiner. So unterbieten Rennrollstuhlfahrer<br />
trotz Querschnittslähmung auf den Mittel- und<br />
Langstrecken die Bestzeiten der Läufer ohne Behinderung deutlich.<br />
Neben professionellem Training und physiotherapeutischer<br />
Unterstützung tragen u.a. verbesserte Aerodynamik des Rollstuhl-Athlet-Systems,<br />
widerstandsfähige Handschuhe und<br />
darauf abgestimmte Schubtechnik von Armen und Schultern<br />
zu diesen hohen Leistungen bei. So wurde Ende 2021 der<br />
Marathon-Weltrekord durch Marcel Hug auf 1:17:47 h verbessert.<br />
Dadurch sind Rennrollstuhlrennen selber zu einem Ereignis für<br />
die Sport-Öffentlichkeit, Medien und Sponsoren geworden.<br />
Spektakuläre Leistungen sind für den gesamten Para Sport<br />
Türöffner zu den Medien und damit zur sportinteressierten<br />
Öffentlichkeit. Dies hat eine Reihe von Para Sportlern für eine<br />
Profikarriere und anschließende attraktive Berufstätigkeiten<br />
im Bereich Leistungssport, Medien und einschlägige Industrie<br />
genutzt. Eine stärkere öffentliche Förderung ermöglicht es auch<br />
immer mehr Trainer*innen, hauptamtlich im Para Sport tätig zu<br />
werden.<br />
Über diese Einblicke in schwierige, von Rückschlägen begleitete<br />
Werdegänge bis zum Erfolg sind die Para Sportler im öffentlichen<br />
Bewusstsein nicht mehr als „Behinderte“, vom öffentlichen<br />
Leben weitgehend Ausgeschlossene, sondern als Experten,<br />
ja Meister der Krisenbewältigung verankert. Para Athleten<br />
sind zugleich Vorbild nach innen wie nach außen. Nach innen,<br />
indem sie sich der Behinderung stellen und das Beste daraus<br />
machen. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die<br />
Wahrnehmung der Sportler selber, ihr (amputiertes) Bein<br />
sei nicht verletzt oder krank, sondern gesund, nur eben kürzer!<br />
Para Athleten eignen sich auch als Vorbilder nach außen<br />
bzw. für die, die zwar keinen gesundheitlichen, „motorischen“<br />
Einschränkungen unterliegen, aber Hindernisse anderer Art<br />
überwinden bzw. sie sich erst einmal eingestehen müssen.<br />
Denn durch ihr erfolgreiches Agieren wird die Behinderung<br />
nicht mehr als alles dominierendes Defizit, sondern als Herausforderung<br />
verstanden, das Beste für sich anzustreben und zu<br />
erreichen. Beides, sportlicher Erfolg und erfolgreiches Krisenmanagement,<br />
trägt zur Entstigmatisierung bei, was wiederum<br />
das Selbstbewusstsein von allen Menschen mit Behinderung<br />
stärkt.<br />
Daher ist die Integration von Sportlern mit Behinderung in<br />
Trainingsgruppen mit Athleten ohne Behinderung keine Pflichtübung,<br />
sondern ein folgerichtiger Schritt zu einem besseren<br />
Miteinander. Jeder kann von jedem lernen, so dass ein Mehrwert<br />
für jeden Einzelnen, die Gruppe und die Gesellschaft entsteht.<br />
Dafür steht der Begriff „Inklusion“ als Chance für alle!<br />
Insbesondere durch die täglich mehrstündige Berichterstattung<br />
über die Paralympischen Spiele hat sich das öffentliche Bewusstsein<br />
für den Para Sport geweitet. Denn mehr oder weniger<br />
alle Wettkämpfe und Teilnehmer erfahren dabei eine mediale<br />
Würdigung. Nicht mehr nur die absoluten, sondern auch die<br />
relativen Leistungen werden erläutert und wertgeschätzt.<br />
Moderatoren und insbesondere Experten setzen die Leistungen<br />
ins Verhältnis zur Art und zum Grad der Behinderung. Durch die<br />
Einteilung in die Startklassen wird eine gewisse Homogenität<br />
und fairer Wettkampf hergestellt, so dass sich die Teilnehmer<br />
miteinander messen können. Die Zuschauer erkennen und<br />
wertschätzen das, ohne dass sie die Feinabstufungen der Startklassen<br />
zu kennen brauchen.<br />
<br />
<br />
Text und Fotos: Wolfgang Killing<br />
Mehr Informationen: www.parasport.de<br />
Als eine weitere Säule medialen Interesses werden die Werdegänge,<br />
die „Geschichten“ der Menschen mit Behinderung<br />
aufgebaut. Die Sportlerbiographien werden in der Regel durch<br />
einzelne oder sogar eine Folge kritischer Situationen, die erfolgreich<br />
gemeistert wurden, dargestellt:<br />
wie die Sportlerin, die durch einen Unfall querschnittsgelähmt<br />
ist, über das Reha-Training den Weg zum<br />
Leistungssport gefunden hat<br />
dass ein Sportler mit einer angeborenen Dysmelie<br />
(Fehlbildung) von Füßen und Beinen sich zu einer Amputation<br />
durchgerungen hat, was erst seine Sportkarriere als<br />
Prothesensprinter ermöglicht hat<br />
wie eingeschränkt das Sehfeld von sehbehinderten Läufer*innen<br />
ist und wie man den optimalen Partner (Guide) für<br />
den eigenen Laufstil findet<br />
1<br />
GdB steht für „Grad der Behinderung“ und zeigt an, wie stark ein Mensch durch eine Behinderung beeinträchtigt ist. Ab 50 GdB gelten Personen als schwerbehindert.<br />
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