21.09.2022 Aufrufe

Ausgabe 04/2022

| Erfolgreiche Transformation: Coverinterview mit Sascha Haimovici & Michael Mack | Zu Tisch mit … Peter Ulm | Kommentare von unter anderem Otmar Lahordynsky, Frank Brün, Georg Flödl, Baringer, Nino Lutz, Birgit Trofer, Andreas Köttl, Philipp Kaufmann, Michael Pisecky, Hans Jörg Ulreich, Stefan Wernhart, Louis Obrowsky, Werner Gruber, Wolfgang Kromp, Martin Prunbauer, Wolfgang Fessl | Exklusiv im Interview: Alfred Waschl, Eva Aschauer, Michael Klement, Helga Noack, Daniel Jelitzka, Elke Auer und Alexander Budasch | Der 27. Real Circle: Alles und um das Thema Büroimmobilien | Über den Terrand: werkstatt.zone

| Erfolgreiche Transformation: Coverinterview mit Sascha Haimovici & Michael Mack | Zu Tisch mit … Peter Ulm | Kommentare von unter anderem Otmar Lahordynsky, Frank Brün, Georg Flödl, Baringer, Nino Lutz, Birgit Trofer, Andreas Köttl, Philipp Kaufmann, Michael Pisecky, Hans Jörg Ulreich, Stefan Wernhart, Louis Obrowsky, Werner Gruber, Wolfgang Kromp, Martin Prunbauer, Wolfgang Fessl | Exklusiv im Interview: Alfred Waschl, Eva Aschauer, Michael Klement, Helga Noack, Daniel Jelitzka, Elke Auer und Alexander Budasch | Der 27. Real Circle: Alles und um das Thema Büroimmobilien | Über den Terrand: werkstatt.zone

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Mit<br />

20 Seiten<br />

extra!<br />

Erfolgreiche<br />

Transformation<br />

Sascha Haimovici<br />

Michael Mack<br />

Wir leben Immobilien.<br />

Vermittlung | Verwaltung | Bewertung | Baumanagement<br />

ehl.at


ImmoFokus.Rubrik<br />

VIENNA, XIX<br />

Unique Living in Döbling<br />

17 exklusive Villen mit ca. 130 m2 Nutzfläche<br />

Rund 300 m2 Eigengrund mit Sauna und Outdoor-Pool<br />

Traumhafter Blick über die Weinberge, Wien oder<br />

die einzigartige Umgebung<br />

PKW-Stellplätze in der Anlage, teilweise mit Carport<br />

Einzigartige Ausstattung mit moderner Technik<br />

Hackenbergweg 43, 1190 Wien<br />

+43 800 700 184 | kontakt@the-unique.at<br />

www.the-unique.at<br />

02 ImmoFokus


<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

03<br />

© JAMJAM | HWB 42,2 – 45,1 kWh/m 2 a


ImmoFokus.Rubrik<br />

<strong>04</strong> ImmoFokus


Finde uns<br />

bei Stand<br />

Nr. B2.110<br />

Nachhaltig mit<br />

Gütesiegel<br />

Ein Bürogebäude wie Sie es sich wünschen –<br />

vorbildliche Energienutzung, faire<br />

Betriebskosten. Gut für die Umwelt,<br />

gut für Ihr Business.<br />

Ihr Business am Flughafen Wien<br />

flexibel – erreichbar – nachhaltig – vernetzt<br />

airportcity.at<br />

SCAN ME<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

05


Millennium City / Tower, Vienna<br />

ImmoFokus.Rubrik<br />

06 ImmoFokus


Global Players.<br />

Local Heroes.<br />

A privately-owned, real estate asset<br />

and investment management company,<br />

offering a vertically integrated range<br />

of portfolio, asset and property<br />

management services.<br />

2.7<br />

billion euro assets<br />

under management<br />

180<br />

employees<br />

5operations<br />

in<br />

5 countries<br />

> 1<br />

billion euro<br />

successful exits<br />

550<br />

thousand sqm<br />

total rental space<br />

www.cc-real.com<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

07


ImmoFokus.Rubrik<br />

16<br />

Schöne neue Arbeitswelt<br />

Bürowelten der Profis<br />

Neuausrichtung<br />

60<br />

COVERINTERVIEW MIT<br />

SASCHA HAIMOVICI UND<br />

MICHAEL MACK<br />

AUSGABE<br />

Rubriken<br />

INHALT<br />

10 VOM HERAUSGEBER<br />

12 EDITORIAL<br />

191 VORSCHAU/IMPRESSUM<br />

Unternehmen & Projekte<br />

16 BILDERSTRECKE BÜROWELTEN<br />

30 START-UP<br />

31 TOP DEAL<br />

32 AUFSTEIGER<br />

33 PROBLEMLÖSER<br />

35 IMMOBILIE IM FOKUS<br />

36 WAS LANGE WÄHRT, WIRD ENDLICH GUT<br />

Interview mit Elke Auer und<br />

Alexander Budasch<br />

42 REBRANDING, REFURBISHMENT UND<br />

REDESIGN<br />

Interview mit Daniel Jelitzka<br />

46 TEAMWORK MARINA TOWER<br />

50 BAUWERKE MIT GESCHICHTE<br />

Interview mit Helga Noack<br />

54 DER ETWAS ANDERE PARK<br />

Kunst am Bau<br />

Positionen & Meinungen<br />

60 COVERINTERVIEW MIT ...<br />

Sascha Haimovici und Michael Mack<br />

72 ZU TISCH MIT ...<br />

Peter Ulm<br />

78 „WIR HATTEN EINEN SEHR INTENSIVEN<br />

SOMMER.“<br />

Interview mit Michael Klement<br />

82 ES IST ETWAS KOMPLIZIERT...<br />

Interview mit Eva Aschauer<br />

86 WEIN UND IMMOBILIEN<br />

88 REPUBLIKANISCHE HOFBURG<br />

Kommentar von Otmar Lahodynsky<br />

90 WAS WIRKLICH WICHTIG IST<br />

Kommentar von Frank Brün<br />

91 DIE KLIMAWENDE SCHAFFEN WIR<br />

NUR GEMEINSAM<br />

Kommentar von Georg Flödl<br />

92 HYBRIDES WOHNEN UND ARBEITEN<br />

Kommentar von Baringer<br />

93 2030: ARBEITEN IM HYBRIDEN BÜRO<br />

Kommentar von Nino Lutz<br />

94 VOX FEMINA<br />

Kommentar von Birgit Trofer<br />

95 MUTILOKAL, FLEXIBEL UND VERNETZT<br />

Kommentar von Andreas Köttl<br />

96 BEWEGTE IMMOBILIENWIRTSCHAFT<br />

Kommentar von Philipp Kaufmann<br />

97 NACHHALTIG IST ANDERS!<br />

Kommentar von Michael Pisecky<br />

98 ALTERNATIVLOS<br />

Kommentar von Hans Jörg Ulreich<br />

100 DIE NACHHALTIGE FLEXIBLITÄT DES<br />

HYBRIDEN ARBEITENS<br />

Kommentar von Stefan Wernhart<br />

102 EXPO<br />

106 GESCHÄFTSRAUMMIETEN IM<br />

MIETRECHTSGESETZ<br />

Kommentar von Louis Obrowsky<br />

108 PRO UND CONTRA<br />

Kommentare von Werner Gruber und<br />

Wolfgang Kromp<br />

110 KEIN DOPPELTES SPIEL MIT DEM EIGENTUM!<br />

Kommentar von Martin Prunbauer<br />

112 CONTENANCE BITTE!<br />

Kommentar von Wolfgang Fessl<br />

Fotos: Adobe Stock<br />

08 ImmoFokus


116<br />

Der 27. Real Circle<br />

Büroimmobilien<br />

170<br />

Über den Tellerrand<br />

Werkstatt.zone<br />

72<br />

Zu Tisch mit ...<br />

Peter Ulm<br />

<strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

ImFokus:<br />

Büroimmobilien<br />

116 REAL CIRCLE<br />

Büroimmobilien<br />

130 DIE 15-MINUTEN-STADT<br />

Kommentar von Jasmin Soravia<br />

132 DER WELLNESS-TREND<br />

Kommentar von Jenni Wenkel<br />

134 FRECH GESAGT<br />

Kolumne von Anita Körbler 156 ZINSWENDE<br />

160 ROUND TABLE<br />

Blueprint<br />

138 VORWORT<br />

Thomas Malloth<br />

140 MIT HEIMISCHEN „SUPERFOODS“<br />

DAS IMMUNSYSTEM STÄRKEN<br />

Franz Gschiegl<br />

142 UMWELTVERSCHMUTZUNG - KEIN THEMA<br />

FÜR DIE IMMO-BRANCHE?<br />

Renate Hammer<br />

148 NACHLESE DER ILLMITZER<br />

GESPRÄCHE <strong>2022</strong><br />

Offene Immobilienfonds<br />

166 ROUND TABLE<br />

Kreislauffähige Arbeitswelten<br />

170 ÜBER DEN TELLERRAND<br />

174 PROPTECH: MEHRWERT ODER HYPE?<br />

181 DER MARKETER<br />

Kommentar von Philipp Kaufmann<br />

182 BIM: „WIR HINKEN HINTERHER“<br />

Interview mit Alfred Waschl<br />

186 ENERGIEEFFIZIENZ VON AUFZÜGEN<br />

192 OBSERVER<br />

194 BUCHTIPPS<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

09


Dunkle Wolken<br />

„Höhere Zinsen, Rohstoffknappheit,<br />

der<br />

Krieg in der Ukraine –<br />

dunkle Wolken wohin<br />

man sieht.“<br />

D<br />

ie Gewerkschaften haben die<br />

Herbstlohnrunde mit einer Forderung<br />

nach einem Lohn- und<br />

Gehaltsplus von 10,6 Prozent für<br />

die Metalltechnische Industrie eingeleitet. „Es<br />

geht jetzt auch darum, die Kaufkraft der Menschen<br />

zu stärken. Die Gewerkschaften werden keinen<br />

Reallohnverlust zulassen“, heißt es dazu aus den<br />

Reihen der Gewerkschaft. Dass die Arbeitgeberseite<br />

diese Forderung ablehnt, muss nicht extra<br />

erwähnt werden.<br />

Noch vor dem Sommer hatte die Regierung mit<br />

Verweis auf eine möglicherweise drohende<br />

Lohn-Preis-Spirale angeregt, bei der bevorstehenden<br />

Herbstlohnrunde über einmalige<br />

Prämien, statt über prozentuelle Lohnerhöhungen<br />

nachzudenken.<br />

Die stark gestiegenen Verbraucherpreise nagen<br />

an der Kaufkraft Die Reallöhne dürften<br />

heuer um fast vier Prozent sinken. Das wäre<br />

der größte Kaufkraftverlust der unselbstständig<br />

Beschäftigten seit den 1960er-Jahren,<br />

schreibt das gewerkschaftsnahe Momentum<br />

Institut unter Berufung auf eine Berechnung<br />

der EU-Kommission.<br />

Jüngst haben mehrere Vertreter der Europäischen<br />

Zentralbank (EZB) ihre Sorge vor einer<br />

Lohn-Preis-Spirale geäußert. Auch hier spielen<br />

die Erwartungen zur künftigen Inflation eine<br />

Rolle: Diese im Zaun zu halten wird von vielen<br />

Wirtschaftsexpertinnen und -experten als<br />

wichtige Aufgabe der Geldpolitik angesehen<br />

- so auch der wirtschaftsliberale Think-Tank<br />

Agenda Austria in einer aktuellen Analyse.<br />

Hier wird auch vor einer Lohn-Preis-Spirale<br />

gewarnt, allerdings sei es nicht an der Arbeitnehmerseite<br />

die Inflationskosten zu tragen,<br />

indem sie auf höhere Lohnforderungen verzichtet.<br />

„Da die Lohn-Preis-Spirale letztlich ein<br />

monetäres Phänomen ist, kann sie nur durch<br />

die Notenbank eingebremst werden“.<br />

nis hat für alle anderen folgenden Branchen<br />

Signalwirkung.<br />

Die Immobilien- und Baubranche darf die<br />

Entwicklung mit einem lachenden und einem<br />

weinenden Auge betrachten. Steigende Löhne<br />

lässt den Traum vom Eigenheim leben, gleichzeitig<br />

aber die Kosten für Wohnraum weiter in<br />

die Höhe schnellen.<br />

Die Jahresteuerung in der Eurozone lag im<br />

August auf dem Rekordhoch von 9,1 Prozent<br />

und dürfte für weitere Zinserhöhungen der<br />

Europäischen Zentralbank (EZB) sorgen. Nach<br />

dem jüngsten kräftigen Zinsschritt lässt die<br />

EZB weiterer Anhebungen offen. Der Leitzins<br />

liegt nach der jüngsten Anhebung um 0,75<br />

Prozentpunkte inzwischen bei 1,25 Prozent.<br />

EZB-Chefvolkswirt Philip Lane hat signalisiert,<br />

dass die Zentralbank ihren Zinserhöhungskurs<br />

im Kampf gegen die ausufernde Inflation noch<br />

länger bis ins nächste Jahr hinein fortsetzen<br />

wird. An den Börsen wird damit gerechnet,<br />

dass die Hüter des Euro die Zinsen bis zum<br />

nächsten Frühling auf über 2,5 Prozent anheben<br />

werden.<br />

Höhere Zinsen, Rohstoffknappheit, der Krieg<br />

in der Ukraine – dunkle Wolken wohin man<br />

sieht. Nach Einschätzung der Bundesbank<br />

steuert der Wirtschaftsmotor Deutschland auf<br />

einen längeren Konjunktureinbruch zu - bis ins<br />

kommende Jahr hinein. „Es mehren sich die<br />

Anzeichen für eine Rezession der deutschen<br />

Wirtschaft im Sinne eines deutlichen, breit angelegten<br />

und länger anhaltenden Rückgangs<br />

der Wirtschaftsleistung“.<br />

Wie gesagt. Dunkle Wolken.<br />

Fotos: Adobe Stock<br />

Egal mit welchen Plus die Metaller aus den KV-<br />

Verhandlungen kommen werden, das Ergeb-<br />

Michael Neubauer<br />

Herausgeber<br />

10 ImmoFokus


Wir leben<br />

Immobilien.<br />

Wir leben<br />

Know-how.<br />

Den Durchblick behalten.<br />

Mit den EHL Marktberichten.<br />

Büro | Einzelhandel | Wohnen | Vorsorge | Zinshaus<br />

Die ständige Beobachtung und Analyse des Marktes durch unser Market Research Team sowie<br />

der laufende Dialog mit unseren KundInnen sind die Grundlage für die EHL Marktberichte.<br />

Unsere Marktberichte bieten einen umfassenden Einblick in die aktuelle Marktsituation im<br />

Gewerbe-, Wohn- und Investmentbereich und stellen eine solide Basis für gezielte Investitionsund<br />

Standortentscheidungen dar. Denn wir leben Know-how.<br />

Office<br />

Wir leben<br />

Büromarktbericht<br />

Wien |Frühjahr <strong>2022</strong><br />

Vorsorge<br />

Wir leben<br />

Substanz<br />

Wir leben<br />

Vorsorgewohnungen in Wien<br />

Marktbericht | Herbst 2021<br />

Zinshausmarktbericht<br />

Wien | <strong>2022</strong><br />

Wir leben<br />

Immobilien.<br />

Wir leben<br />

Immobilien.<br />

Alle EHL Marktberichte<br />

jetzt online abrufen oder<br />

kostenlos bestellen:<br />

ehl.at/research


Die Wende<br />

„Über dem Branchenhimmel<br />

derzeit viele<br />

Fragezeichen.“<br />

A<br />

ls ob explodierende Baukosten,<br />

Ukraine-Krieg und neue Kreditvergabekriterien<br />

nicht schon<br />

Belastung genug wären: Im Juli<br />

setzte die EZB den ersten Zinsschnitt seit langem.<br />

Bereits im Vorfeld machte sich am Immobilienmarkt<br />

Unsicherheit breit, die durch die zweite,<br />

noch kräftigere Zinserhöhung im September<br />

nicht gelindert wurde. „Es ist die Summe an<br />

Verschärfungen, die der Immobilienwirtschaft<br />

so extrem zusetzt“, bringt der Hauptgeschäftsführer<br />

des deutsches Branchenverbands ZIA,<br />

Oliver Wittke, die Situation ganz gut auf den<br />

Punkt.<br />

Tatsächlich hängen über dem Branchenhimmel<br />

derzeit viele Fragezeichen. Wie geht es mit<br />

den Baukosten weiter? Wird die Bauleistung<br />

zurückgehen? In welche Richtung gehen die<br />

Bewertungen? Können sich die Mieter die anstehenden<br />

Indexierungen leisten? Über diese<br />

und viele andere Fragen sprechen wir in der<br />

aktuellen <strong>Ausgabe</strong> an mehreren Stellen mit<br />

Top-Experten, auf die gewohnte Manier: sachlich,<br />

fundiert, nüchtern und ohne in Panik zu<br />

verfallen.<br />

wurde über eine Assetklasse diskutiert, über<br />

deren Zukunft sich manche Branchenplayer zu<br />

Beginn der Corona-Pandemie noch Sorgen gemacht<br />

haben: Büroimmobilien. Um das Office,<br />

konkret um die Wiener Büros verschiedener<br />

Unternehmen, geht es auch in einer von Amelie<br />

Miller aufwendig gestalteten Bildstrecke.<br />

Echte Kapazunder bat der ImmoFokus wiederum<br />

zum einen Round Table in den Millennium<br />

Tower: die Manager der drei größten<br />

heimischen Publikums-Immobilienfonds.<br />

Bei einem weiteren, diesmal von Lisa Grüner<br />

geleiteten, Round Table stand auf Einladung<br />

von Drees & Sommer Österreich das Thema<br />

kreislauffähige Arbeitswelten zur Diskussion.<br />

Um Nachhaltigkeit beziehungsweise was<br />

genau in diesem Zusammenhang auf die Immobilien-<br />

und Bauwirtschaft zukommt ging<br />

es auch im Gespräch mit TPA-ESG-Expertin<br />

Eva Aschauer. Und das mit gutem Grund:<br />

Auch wenn das zum jetzigen Zeitpunkt kurios<br />

klingen mag, aber für viele Experten birgt das<br />

Thema ESG eine viel stärkere Veränderungsdynamik<br />

als die Zinswende. Der ImmoFokus<br />

wird dranbleiben.<br />

Gewohnte Strukturen aufbrechen<br />

Im Coverinterview spricht Herausgeber Michael<br />

Neubauer mit den IMMOcontract-Geschäftsführern<br />

Sascha Haimovici und Michael<br />

Mack unter anderem über Change-Prozesse<br />

beziehungsweise darüber, wie schwierig es<br />

ist, gewohnte Strukturen und Prozesse aufzubrechen.<br />

Beim mittlerweile 27. Real Circle<br />

Patrick Baldia<br />

Chefredakteur<br />

Foto: Adobe Stock<br />

12 ImmoFokus


Digital<br />

Spezialisiert auf Digitalisierung in der Immobilienbranche<br />

Bernadette Fellner | Senior Manager<br />

Assurance<br />

Spezialisiert auf die Prüfung von Immobilienunternehmen<br />

Marius Richter | Partner<br />

Legal<br />

Spezialisiert auf Immobilienrecht<br />

Karl Koller | Partner - PwC Legal<br />

Advisory<br />

Spezialisiert auf Immobilienberatung<br />

Peter Fischer | Director<br />

Tax<br />

Spezialisiert auf Immobiliensteuerrecht<br />

Franz Rittsteuer | Director<br />

Karl Koller<br />

Peter Fischer<br />

Bernadette Fellner Marius Richter Franz Rittsteuer<br />

Dedicated to Real Estate,<br />

focused on solutions.<br />

www.pwc.at/real-estate<br />

„PwC“ bezeichnet das PwC-Netzwerk und/oder eine oder mehrere seiner Mitgliedsfirmen. Jedes Mitglied dieses Netzwerks ist ein selbstständiges Rechtssubjekt.<br />

Weitere Informationen finden Sie unter pwc.com/structure.


Unternehmen & Projekte<br />

16<br />

BILDSTRECKE<br />

Die Pandemie beschleunigt<br />

den Wandel im<br />

Büroalltag. Viele<br />

Unternehmen haben<br />

während oder knapp<br />

vor der Pandemie neue<br />

Standorte bezogen und<br />

neue Bürokonzepte<br />

umgesetzt. Anlass<br />

genug, um den Büros<br />

der Immobilienprofis<br />

und Planer einen<br />

Besuch abzustattten.<br />

33<br />

PROBLEMLÖSER: ENSCAPE<br />

Die Software Enscape visualisiert CAD-<br />

Planungen in Echtzeit und erleichtert damit<br />

die Abstimmung zwischen Architekten und<br />

Bauherren. So lassen sich etwa Entwürfe<br />

auf Bildschirmen sofort in dreidimensionale<br />

Räume verwandeln.<br />

35<br />

IMMOBILIE IM FOKUS: OMBÚ<br />

Mit dem nach einer Straße in Madrid<br />

benannten Projekt hat das Architekturbüro<br />

Foster + Partner einem ehemaligen<br />

Industriegebäude neues Leben eingehaucht.<br />

Im Inneren der historischen Gebäudehülle<br />

des früheren Gaswerks wurde eine<br />

Leichtbaukonstruktion aus Holz aus<br />

nachhaltiger Forstwirtschaft realisiert.<br />

Foto: Adobe Stock<br />

14 ImmoFokus


Book your<br />

appointment at<br />

Expo Real Munich,<br />

4–6 October <strong>2022</strong>,<br />

Booth B2.110:<br />

erstegroup.com/cre<br />

www.erstegroup.com<br />

Let’s build Central Europe together.<br />

Real estate financing and project development requires more than<br />

just knowledge: It requires a partner who believes in your projects<br />

just like you do. That’s why Erste Group Commercial Real Estate<br />

focuses its services on a wide variety of offerings beyond just<br />

financial solutions for new perspectives in real estate.<br />

Commercial Real Estate Finance – Your Banking Partner for<br />

Central Europe.<br />

Winner REAL ESTATE Awards <strong>2022</strong>:<br />

CEEQA: Lender of the Year, CEE<br />

EuropaProperty: Bank of the Year, Southeast Europe<br />

CIJ: Best Bank, Hungary; Best of the Best land transaction, Hungary<br />

EUREB: Strongest Brand, Banks Austria<br />

Time to believe. Time to invest.


Unternehmen & Projekte<br />

SCHÖNE NEUE<br />

ARBEITSWELT<br />

16 ImmoFokus


Alles bleibt anders. Die Pandemie beschleunigt den Wandel im Büroalltag. Die vergangenen Monate<br />

haben nicht nur unser Privatleben, sondern die ganze Arbeitswelt heftig aufgewirbelt. Viele Unternehmen<br />

haben während oder knapp vor der Pandemie neue Standorte bezogen und neue Bürokonzepte umgesetzt.<br />

Der ImmoFokus hat die Büros der Immobilienprofis und Planer vor den Vorhang geholt.<br />

Autor: Amelie Miller<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

17


Unternehmen & Projekte<br />

3SI IMMOGROUP<br />

1010 Wien<br />

www.3si.at<br />

Interior Design: Thomas Kroupa<br />

www.kroupa.at<br />

Baujahr: 1911/12 | Sanierung des Büros durch die<br />

3SI Immogroup Anfang 2021<br />

Anzahl der Mitarbeiter am Standort: Über 50<br />

Mitarbeiter<br />

Anzahl der Arbeitsplätze: 20 Büroräume sowie<br />

fünf Konferenzräume und Besprechungszimmer<br />

Besonderheiten: Rundbau, großer, offener Gemeinschaftsraum<br />

mit Küche und ein lichtdurchflutetes<br />

Erkerzimmer mit einem Traumblick auf die gegenüberliegende<br />

Albertina.<br />

18 ImmoFokus


BDO<br />

1100 Wien<br />

www.bdo.at<br />

Interior Design: Atelier Heiss Architekten<br />

www.atelier-heiss.at<br />

Übersiedlung: Februar 2018<br />

Anzahl der Mitarbeiter am Standort: 700 Mitarbeiter<br />

Anzahl der Arbeitsplätze: Jeweils 130 in den Stockwerken 5-8,<br />

Stockwerk 4 zum Teil; im zweiten Stock befinden sich der Empfangsund<br />

Besprechungsbereich sowie zusätzliche Büros<br />

Besonderheiten: Zwei großzügige Begegnungszonen, Besprechungszimmer<br />

und Küchenbereiche pro Stockwerk, Räume sehr hell, transparent<br />

und offen, Silent Rooms. Das QBC verfügt über den Umweltstatus<br />

„Platin“ und ist komplett mit smarten Heizungs-, Beleuchtungs- und<br />

Kühlsystemen ausgestattet.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

19


Unternehmen & Projekte<br />

CBRE<br />

1100 Wien<br />

www.cbre.at<br />

Interior Design: Eigenentwurf<br />

Baujahr: 2021<br />

Anzahl der Mitarbeiter am Standort: circa 190<br />

Anzahl der Arbeitsplätze: 130 fixe und 26 temporäre<br />

Arbeitsplätze<br />

Besonderheiten: Aufgelockerte Arbeitsbereiche mit<br />

Fokus- und Rückzugsbereichen, Gebetsraum, Grundriss<br />

mit divergierenden Raumkonfigurationen, RISE-Bar nur<br />

für Mitarbeiter und eine eigene Küche sowie Bar<br />

im Kundenbereich.<br />

20 ImmoFokus


COLLIERS<br />

1010 Wien<br />

www.colliers.com<br />

Interior Design: Archiguards<br />

www.archiguards.at<br />

Baujahr: <strong>2022</strong><br />

Anzahl der Mitarbeiter am Standort: 30<br />

Anzahl der Arbeitsplätze: 30<br />

Besonderheiten: Hauseigene Bar in<br />

modernem Design, Blick auf den<br />

Stephansdom, DeskSharing-fitter<br />

Workspace, Zen Room<br />

Fotos: Andreas Wallner/LeoFilms<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

21


Unternehmen & Projekte<br />

COLOURFISH REAL ESTATE<br />

1010 Wien<br />

www.colourfish.at<br />

Interior Design: Martin Mostböck<br />

www.martin-mostboeck.com<br />

Baujahr: <strong>2022</strong><br />

Anzahl der Mitarbeiter am Standort: 9<br />

Anzahl der Arbeitsplätze: 12-15<br />

Besonderheiten: Keine Angabe<br />

22 ImmoFokus


EXPLOREAL<br />

1010 Wien<br />

www.exploreal.at<br />

Interior Design: Widerhofer Group<br />

www.widerhofer.at<br />

Baujahr: 1886, Umbau 2019<br />

Anzahl der Mitarbeiter am Standort: 28<br />

Anzahl der Arbeitsplätze: 22<br />

Besonderheiten: Aufbereitung der<br />

Räumlichkeiten im Industrial Chic in<br />

einem typischen Gründerzeithaus.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

23


Unternehmen & Projekte<br />

IMMOFINANZ<br />

1100 Wien<br />

www.immofinanz.com<br />

Interior Design: Eigenentwurf<br />

Baujahr bzw. Refurbishment:<br />

Twin Towers: Baujahr – 1999. Refurbishment - 2017<br />

WBS 3-5: Baujahr – 1995. Refurbishment - 2019<br />

WBS 9: Baujahr – 2001. Refurbishment - 2020<br />

CHS 6: Baujahr – 1995. Refurbishment - 2017<br />

Mitarbeiter am Standort: Es arbeiten circa 3.500<br />

Mitarbeiter am Standort myhive am Wienerberg<br />

Anzahl der Arbeitsplätze: keine Angabe<br />

Besonderheiten: Vielfältigkeit und Flexibilität,<br />

breite Infrastruktur und Services vor Ort wie<br />

Restaurants, Konferenzzentrum, Fitness-Center,<br />

Pop-up-Store, Kino, drei Hotels, Nahversorger<br />

et cetera.<br />

24 ImmoFokus


PWC ÖSTERREICH<br />

1220 Wien<br />

www.pwc.at<br />

Interior Design: teamgnesda<br />

Übersiedlung: April 2018<br />

Anzahl der Mitarbeiter am Standort: rund 1.200<br />

Anzahl der Arbeitsplätze: 960<br />

Besonderheiten: Offenes Raumkonzept,<br />

Activity-Based-Working, Clean-Desk-Policy,<br />

höhenverstellbare Tische, modernste Infrastruktur,<br />

kreative/moderne Meetingräume und<br />

Kaffeeküchen – individuell gestaltet.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

25


Unternehmen & Projekte<br />

GNESDA REAL ESTATE & CONSULTING<br />

1060 Wien<br />

www.teamgnesda.com<br />

Interior Design: Eigenentwurf<br />

Übersiedlung: 2010<br />

Anzahl der Mitarbeiter am Standort: 18<br />

Anzahl der Arbeitsplätze: 16 fixe Arbeitsplätze, 24 Arbeitsmöglichkeiten<br />

Besonderheiten: Keine fixen Arbeitsplätze, flexibles Arbeiten, Themenräume.<br />

26 ImmoFokus


T.O.C. TECNO OFFICE CONSULT<br />

1090Wien<br />

www.tecno.at<br />

Interior Design: Eigenentwurf<br />

Baujahr: 1926 Erstkonzept, 2019 letzter aktueller Entwurf<br />

Anzahl der Mitarbeiter am Standort: 18<br />

Anzahl der Arbeitsplätze: 14<br />

Besonderheiten: Große Flächen, Open Space, Bibliotheksraum,<br />

urbane Atmosphäre als Gassenbüro und Innenhoflage.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

27


Unternehmen & Projekte<br />

TPA<br />

1100 Wien<br />

www.tpa-group.at<br />

Interior Design: teamgnesda<br />

Baujahr: 2015-2019, Eröffnung 2019 und Einzug von TPA<br />

Anzahl der Mitarbeiter am Standort: 420<br />

Anzahl der Arbeitsplätze: 420<br />

Besonderheiten: Gestaltung der Büros nach den individuellen<br />

Wünschen der einzelnen Abteilungen, zentrale<br />

und verkehrsgünstige Lage ermöglicht eine umweltschonende<br />

Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmittel.<br />

28 ImmoFokus


VALUE ONE<br />

1020 Wien<br />

www.value-one.com<br />

Interior Design: Marcel Wanders<br />

www.marcelwanders.com<br />

Baujahr: 1912-1914, Neubau & Sanierung 2021<br />

Anzahl der Mitarbeiter am Standort: circa 200<br />

Anzahl der Arbeitsplätze: circa 255<br />

Besonderheiten: Denkmalgeschützte Objekte wie<br />

Drehtüren, Malereien und Fenster wurden aufwändig<br />

restauriert, wie zum Beispiel die alten Kassenhäuschen,<br />

die eine völlig neue Rolle inmitten eines völlig neuen<br />

Bürokonzepts erhielten. Activity Based Working: Jeder<br />

Mitarbeiter kann nach Art der Tätigkeit aus einer Vielzahl<br />

an Arbeitsumgebungen auswählen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

29


Start-up<br />

ImFokus<br />

Gründung<br />

Das Start-up wurde Ende 2021 gegründet<br />

und bietet durch 1:1-Planprojektionen<br />

Planungs- und Entscheidungssicherheit<br />

für künftige Haus- und Wohnungseigentümer<br />

Gründer<br />

Daniel Gruber mit Sitz des Standorts in<br />

St. Pölten<br />

Hilft bei fehlender<br />

Vorstellungskraft<br />

Planprojektionen in Lebensgröße. Ein Start-up aus St. Pölten macht<br />

zukünftigen Wohnraum erlebbar.<br />

Marktvolumen<br />

1:1 planbar bietet das Service nicht nur<br />

für Privatkunden, sondern auch für<br />

Fertigteil- und Massivhausanbieter und<br />

Projektentwickler an. Auch einzelne<br />

Räume wie Küche, Bad oder Wohnbereiche<br />

können in Lebensgröße<br />

projiziert werden. Derzeit wird gerade an<br />

einem regionalen Testballon mit einen<br />

Möbelhausanbieter für die Möglichkeit<br />

der Küchenplanung in Lebensgröße<br />

gearbeitet.<br />

Mitarbeiter<br />

(derzeit noch) 1 Person<br />

D<br />

ie 1:1 planbar bietet lebensgroße<br />

Planprojektionen am Standort<br />

St. Pölten an. Dort werden Pläne<br />

lebendig gemacht und damit die<br />

Planung erleichtert. Das Start-up kann sich<br />

bereits über eine gute Nachfrage und viele<br />

Terminanfragen freuen. „Bei Immobilien möchte<br />

niemand einen Kompromiss eingehen, die<br />

Planungsphase ist essenziell, und da möchten<br />

sich die Kunden absichern“, so Daniel Gruber,<br />

geschäftsführender Gesellschafter der 1:1 planbar.<br />

Im sogenannten Planungsloft des Unternehmens<br />

werden Immobilien noch vor der eigentlichen<br />

Bauphase mittels Projektion umgesetzt. Mobile<br />

Wände und Möbel sorgen für ein reales<br />

Raumgefühl. Die Kunden können ihr zukünftiges<br />

Zuhause erleben und etwaige Planungsfehler<br />

ausbessern. Anpassungen können sofort umgesetzt<br />

und ausprobiert werden. Das spart Zeit und vor<br />

allem Kosten. 1:1 planbar arbeitet mit modernen<br />

4K-Beamern, um die Projektionen so echt wie<br />

möglich zu gestalten. Nicht nur private Bauherren<br />

zählen zu den Kunden der 1:1 planbar, sondern<br />

auch Professionisten der Baubranche, wie<br />

Architekten, Projektentwickler, Baufirmen sowie<br />

Fertigteil- und Massivhausanbieter.<br />

Den Raum fühlen<br />

Kundentermine finden direkt im Planungsloft<br />

statt, etwaige Änderungen können direkt in der<br />

projizierten Immobilie im Maßstab 1:1 getestet<br />

werden. Auch für Kaufentscheidungen von<br />

Wohnungen kann der Rundgang im Objekt<br />

entscheidend sein. „Das fehlende Raumgefühl,<br />

das man bei Plänen hat, wird bei uns durch<br />

mobile Möbel und Wände ausgeglichen. Wir<br />

schaffen Entscheidungssicherheit, da man<br />

alles einmal ausprobieren kann, bevor man<br />

unterschreibt oder baut“, so Gruber. In Zukunft<br />

setzt das Unternehmen auch auf digitale<br />

Bemusterung von Immobilien. Oberflächen<br />

wie Fliesen und Parkettböden sind vor der<br />

Montage nicht im Ganzen sichtbar. Hier<br />

werden oftmals Visualisierungen genutzt, die<br />

aber auch nicht das fehlende Gefühl für Größe<br />

oder Optik im Ganzen ersetzen können. 1:1<br />

planbar bietet die Möglichkeit, Verlegmuster<br />

oder Oberflächen schon vor dem Einbau in<br />

Lebensgröße im jeweiligen Grundriss zu<br />

sehen. Das Planungsloft kann somit auch als<br />

Schauraum und Bemusterungszentrum für<br />

Kunden von z. B. Projektentwicklern genutzt<br />

werden.<br />

Die Meinung des Profis<br />

Es soll das Gefühl von Proportionen<br />

noch nicht gebauter Lebensräume<br />

vermittelt werden.<br />

Eine interessante Weiterentwicklung<br />

dieser Präsentationstechnologie mit<br />

dem Potential durch Raumhöhen,<br />

Haptik und Licht das Raumgefühl<br />

kostengünstig erlebbar zu machen.<br />

IDEE<br />

GESCHÄFTSMODELL<br />

TIMING<br />

Evgeni Gerginski,<br />

Hawlik Gerginski<br />

Architekten<br />

Foto: 1:1 planbar<br />

30 ImmoFokus


Top Deal<br />

ImFokus<br />

Prologis kauft<br />

Logistik-Portfolio<br />

Urbane Logistik. Die Aufstockung seines Urban-Infill-Portfolios ist dem weltweiten Marktführer<br />

für Logistikimmobilien, Prologis, rund 1,6 Milliarden Euro wert.<br />

E<br />

s geht also doch. Auch wenn seit<br />

Wochen eine gewisse Schockstarre<br />

am Investmentmarkt schwer zu<br />

leugnen ist, werden doch auch immer<br />

wieder spannende Deals abgewickelt, wenngleich<br />

diese wohl schon seit längerem vorbereitet wurden.<br />

Noch seltener sind derzeit großvolumige<br />

Portfolio-Transaktionen. Genau darum handelt<br />

es sich bei einem Mitte September bekannt gegebenen<br />

Deal. Konkret hat sich Prologis ein<br />

vielfältiges Portfolio mit 128 Logistikimmobilien<br />

und sechs neuen Entwicklungen in insgesamt<br />

sieben europäischen Ländern um rund 1,6 Milliarden<br />

Euro gesichert.<br />

Mit dem Kauf erweitert der weltweite Marktführer<br />

bei Logistikimmobilien sein europäisches<br />

Portfolio mit einem Schlag um 1,14<br />

Millionen Euro urbaner Fläche. Der Anteil<br />

an Infill-Immobilien des Prologis European<br />

Logistics Fund (PELF), in dessen Auftrag der<br />

Deal erfolgte, wächst wiederum auf 54 Prozent.<br />

„Mit dieser Akquisition zeigen wir, dass<br />

wir unseren Kunden qualitativ hochwertige<br />

urbane Logistikstandorte und Möglichkeiten<br />

bieten können, die über Immobilien in der<br />

Nähe von Ballungszentren hinausgehen und<br />

ihren Wachstumsbedürfnissen entsprechen“,<br />

gibt sich Ben Bannatyne, President Prologis<br />

Europe, zufrieden.<br />

Günstiger, schneller, grüner<br />

Für Nicht-Logistik-Experten: Unter Infill-<br />

Immobilien versteht man Logistik-Objekte,<br />

die sich zentral an einem Standort innerhalb<br />

eines Ballungsraums mit optimaler Verkehrsanbindung<br />

finden. Gerade aufgrund des rasanten<br />

Wachstums des E-Commerce werden<br />

diese immer wichtiger. Durch die Nähe zu den<br />

End-Abnehmern werden Transportkosten und<br />

-zeit sowie die Auswirkungen auf die Umwelt<br />

minimiert, weshalb es auch Sinn macht, dass<br />

der PELF die Strategie verfolgt, sein Portfolio<br />

an diesen Objekten auszubauen.<br />

Die erworbenen Infill-Standorte befinden sich<br />

im Übrigen in Italien (Rom und Mailand), den<br />

Niederlanden (Amsterdam und Rotterdam),<br />

Spanien (Madrid und Barcelona), Deutschland<br />

(Nürnberg und Berlin), Frankreich (Paris),<br />

Belgien (Brüssel) und Polen (Lodz). Stark: die<br />

Flächen sind zu 95 Prozent vermietet. Damit<br />

nicht genug: Durch die Nähe zu den großen<br />

Stadtzentren können rund 85 Prozent dieser<br />

neuen Objekte Regionen mit mehr als einer<br />

Million Einwohnern innerhalb von etwa 30<br />

Minuten versorgen.<br />

Auch der Verkäufer, Crossbay, eine Plattform<br />

für urbane Logistik, die sich ausschließlich<br />

auf Distributionszentren für Einzelnutzer<br />

spezialisiert hat, ist offensichtlich zufrieden<br />

mit der Transaktion. „Dass wir den Verkauf<br />

trotz der zunehmend schwierigen makroökonomischen<br />

Bedingungen zu den vereinbarten<br />

Konditionen abschließen konnten,<br />

spiegelt die Qualität des Portfolios wider und<br />

ermöglicht es uns, hohe Renditen für unsere<br />

Investoren zu erwirtschaften“, sagt Marcus<br />

Meijer, CEO von MARK, dem Private-Equity-<br />

Investment-Manager, der Crossbay 2020<br />

gründete.<br />

Foto: Crossbay<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

31


Aufsteiger<br />

Absteiger<br />

Der Kapitalmarkt-Profi<br />

Verstärkung. Mit Stefan Karl Zapotocky zieht ein renommierter Finanzexperte in den Aufsichtsrat<br />

des Immobilienentwicklers 6B47 Real Investors ein.<br />

1 2000<br />

Zapotocky leitet als CEO sechs Jahre lang die<br />

Ressorts Strategie und Märkte der Wiener<br />

Börse. Davor war er seit 1991 in verschiedenen<br />

Führungsfunktionen in der Bank Austria tätig.<br />

Bei der Österreichischen Länderbank war Zapotocky<br />

zwischen 1988 und 1991 Bereichsleiter<br />

der Neuemission und des internationalen Kapitalmarktes.<br />

2 2006<br />

Der gebürtige Wiener gründet die BAST Unternehmensbeteiligung<br />

und tritt als eines von drei<br />

Vorstandsmitgliedern auf. Das Unternehmen<br />

verstand sich als privater und unabhängiger<br />

Eigenkapital-Investor der Industrie – nach der<br />

„Buy and Develop“-Strategie – sowie Experte für<br />

unternehmerische Finanzierungsfragen. 2006<br />

zog er auch in den Aufsichtsrat der ÖBAG-<br />

Vorgängerin (für Österreichische Beteiligungs<br />

AG) ÖIAG. Mitglied des Aufsichtsorgan der<br />

staatlichen Beteiligungsgesellschaft war er bis<br />

2010.<br />

1<br />

2<br />

3 2016<br />

Zapotocky tritt als stellvertretender Vorstandsvorsitzender<br />

in die Sberbank Europe ein.<br />

Offiziell lautet seine Funktion „Deputy CEO<br />

Corporate Finance und Investmentbanking“.<br />

Gleichzeitig wird er Aufsichtsratsvorsitzender<br />

der Sberbank Slowenien und Mitglied des Aufsichtsrats<br />

der tschechischen Niederlassung der<br />

russischen Großbank.<br />

4 2019<br />

Stichwort Vorstandsfunktionen. Seit 2019 war<br />

Zapotocky in erster Linie Vorstandsvorsitzender<br />

der RPR Privatstiftung des Investors Ronny<br />

Pecik, der bis zu seinem Rücktritt Ende Juni<br />

2021 CEO der Immofinanz war.<br />

3<br />

5 <strong>2022</strong><br />

In der außerordentlichen Hauptversammlung<br />

der 6B47 Real Estate Investors am 13.<br />

September wird Stefan Karl Zapotocky in den<br />

Aufsichtsrat gewählt. „Der Absolvent eines<br />

Studiums der technischen Mathematik folgt<br />

Wolfgang Kristinus, der im Juni <strong>2022</strong> völlig<br />

unerwartet verstorben ist. Aufsichtsratschef<br />

Arwed Fischer begrüßt die Ernennung: Mit seinem<br />

Wissen und seiner Erfahrung aus seinen<br />

früheren Vorstandsfunktionen bringt Zapotocky<br />

einen wertvollen Beitrag für die gesamte<br />

6B47-Unternehmensgruppe ein.<br />

4<br />

5<br />

Foto: Zapotocky<br />

32 ImmoFokus


Problemlöser<br />

ImFokus<br />

Christian<br />

Lang<br />

CEO<br />

Enscape<br />

1. DAS PROBLEM<br />

Bauherren können sich oft nicht recht vorstellen, wie ein Wohnhaus oder<br />

ein Bürogebäude am Ende einmal aussehen wird. Nicht selten kommt es<br />

zu mehreren Abstimmungsschleifen mit Architekt und Planer – auch, weil<br />

Änderungswünsche nicht gleich sichtbar sind. Das ist müßig für beide<br />

Seiten, wenig effizient und ein Kostentreiber für das Bauvorhaben. Zudem<br />

schiebt eine längere Planungsphase auch den Baubeginn nach hinten und<br />

wirkt sich auf die Bauzeit insgesamt aus. Ein bislang üblicher Workflow,<br />

der für Architekt, Planer und Bauherr unbefriedigend ist.<br />

2. DIE LÖSUNG<br />

Die Software Enscape erleichtert Abstimmung zwischen Architekten<br />

und Bauherren, denn das Tool visualisiert CAD-Planungen in Echtzeit:<br />

Architektonische Entwürfe lassen sich einfach im Idealfall auf zwei<br />

Bildschirmen – links das CAD-Programm und rechts Enscape – sofort<br />

in dreidimensionale Räume verwandeln. Durch die vollwertige<br />

3D-Visualisierung in Realtime können Architekten, Planer, Studierende<br />

und Lehrende an Hochschulen ihre gestalterischen Ideen direkt<br />

sichtbar machen und gemeinsam mit ihren Bauherren virtuell durch<br />

das Gebäude gehen. Der Kunde lernt lange vor dem Baustart seinen<br />

gesamten Neubau auch visuell kennen, kann ihn erkunden und<br />

zusammen mit dem Architekten bis ins Detail hinein so überarbeiten,<br />

dass die Planung überzeugt. Gestalterische Differenzen, konstruktiv<br />

bedingte Einschränkungen oder noch nicht berücksichtigte<br />

Anforderungen sind in der 3D-Visualisierung für alle Beteiligten besser<br />

erkennbar. Das schnelle Feedback vom Bauherrn zum Architekten und<br />

umgekehrt revolutioniert die Kundenkommunikation und ermöglicht<br />

in kürzerer Zeit überzeugende Ergebnisse. Der Design-Workflow wird<br />

schneller, einfacher und zielgerichteter und damit erfolgreicher.<br />

98<br />

DIE ZAHL<br />

98 Prozent der<br />

Enscape-Nutzer sagen,<br />

dass die Visualisierung<br />

in Echtzeit ihnen hilft,<br />

ihre Ideen zu vermitteln.<br />

Für fast ebenso viele,<br />

nämlich 92 Prozent, wird<br />

der Design-Workflow<br />

mit Enscape effizienter<br />

und der gesamte<br />

Planungsprozess<br />

schneller.<br />

www.enscape3d.com<br />

Fotos: Enscape<br />

33 ImmoFokus


Fotos: Nigel Young / Foster + Partners<br />

10.000<br />

Mit dem Projekt Ombú, benannt<br />

nach der gleichnamigen Straße<br />

in Madrid, hat das Architekturbüro<br />

Foster + Partners einem<br />

ehemaligen Industriegebäude<br />

neues Leben eingehaucht. Im<br />

Inneren der historischen Gebäudehülle<br />

des früheren Gaswerks<br />

wurde eine Leichtbaukonstruktion<br />

aus Holz aus nachhaltiger<br />

Forstwirtschaft realisiert. Neben<br />

10.000 Quadratmetern neuer<br />

Bürofläche wurde auch ein für<br />

die Öffentlichkeit zugänglicher<br />

Park (12.400 Quadratmeter) mit<br />

350 Bäumen geschaffen.<br />

ImmoFokus.Rubrik<br />

Immobilie<br />

ImFokus<br />

2017<br />

Vor fünf Jahren sicherte<br />

sich der spanische<br />

Infrastruktur- und Energiekonzern<br />

Acciona die<br />

Industriebrache, um sie<br />

als Headquarter zu nutzen,<br />

und rettete sie dadurch<br />

vor dem Abriss – einem<br />

Schicksal, das etliche<br />

andere Objekte in der<br />

Umgebung in den<br />

letzten Jahren ereilte.<br />

1905<br />

Das heutige Ombú wurde 1905 von Luis de Landecho als Gaswerk<br />

für die Sociedad de Gasificación Industrial erbaut. Der spanische<br />

Architekt zeichnet unter anderem auch für die Kirche San Francisco<br />

de Asís in Bilbao oder das Ritz Hotel in Madrid verantwortlich.<br />

1.0<br />

Der ökologische Fußabdruck<br />

von Ombú liegt bei<br />

1.0. Das bedeutet, dass die<br />

Kohlenstoffemissionen des<br />

Gebäudes von der Erde<br />

absorbiert werden können<br />

und darüber hinaus mit<br />

den Pariser Klimazielen<br />

vereinbar sind.<br />

10.000<br />

Durch die Nutzung der historischen<br />

Gebäudehülle wurden<br />

10.000 Tonnen Originalziegel<br />

erhalten.<br />

1.600<br />

Die recycel- und demontierbare<br />

Holz-Leichtbaukonstruktion wird<br />

1.600 Tonnen CO 2<br />

einsparen. Weiters<br />

sorgt ein zentrales Oberlicht<br />

für natürliches Licht im<br />

Innenbereich, was den Bedarf<br />

an künstlicher Beleuchtung<br />

verringert. Gleichzeitig<br />

erzeugen in die Verglasung<br />

integrierte Photovoltaik-<br />

Technologien Strom.<br />

25<br />

Der verkörperte Kohlenstoff- beziehungsweise<br />

verkörperte CO 2<br />

-Fußabruck<br />

– darunter versteht man alle<br />

Emissionen, die bei der Herstellung,<br />

dem Transport, der Verwendung, der<br />

Wartung und der Entsorgung von Baumaterialien<br />

entstehen – von Ombú liegt um<br />

25 Prozent unter jenem eines Neubaus über<br />

den gesamten Projektlebenszyklus hinweg.<br />

34 ImmoFokus


Unternehmen & Projekte<br />

Elke Auer<br />

Elke Auer ist geschäftsführende Gesellschafterin der ELA Real Estate Consulting. 2017 wagte<br />

sie nach 21 Berufsjahren im Immobilienbereich des Bank Austria Konzerns unter anderem als<br />

Managerin und Geschäftsführerin des Vorarlberger Wirtschaftsparks (1995 bis 20<strong>04</strong>) sowie Geschäftsführerin<br />

der Bank Austria Real Invest Asset Management GmbH und in diversen Projektentwicklungsgesellschaften,<br />

sowie Prokuristin des offenen Immobilienfonds Real Invest Austria<br />

(20<strong>04</strong> bis 2016) , den Sprung in die Selbstständigkeit. Auer ist Geprüfter Immobilientreuhänder<br />

(Bauträger, Verwalter und Makler) und Mediatorin in Bau- und Wirtschaftsangelegenheiten.<br />

36 ImmoFokus


Was lange währt,<br />

wird endlich gut<br />

Dachgleiche. Lange Jahre hinweg hat sich kein Bauträger getraut mitten an Feldkirchs bedeutendster<br />

Kreuzung ein Büroobjekt zu realisieren. Doch dann kamen die Vorarlbergerin Elke Auer und der Wiener<br />

Alexander Budasch und nahmen sich des Projektes an.<br />

Das Gespräch führte: Michael Neubauer<br />

Herzliche Gratulation zur Dachgleiche<br />

des S‘Bärahus!<br />

Elke Auer: Herzlichen Dank. Wir freuen uns<br />

auch alle sehr. Der Rohbau steht. In Zeit und<br />

im Budgetrahmen.<br />

S‘Bärahus steht an einem besonderen<br />

Standort. Was ist das Besondere?<br />

Auer: Es ist die Kreuzung, die Bärenkreuzung,<br />

die dem Gebäude auch den Namen gab. Die<br />

Bärenkreuzung in Feldkirch ist einer der wichtigsten,<br />

wenn nicht der wichtigste Verkehrsknotenpunkt<br />

Vorarlbergs. Prominent gelegen<br />

gegenüber der Bezirkshauptmannschaft<br />

und zwischen der Schattenburg, dem Hotel<br />

Bären und dem Katzenturm im Zentrum des<br />

mittelalterlichen Stadtkerns von Feldkirch.<br />

Wie wurde das Areal vorher genutzt?<br />

Auer: Bis 2015 stand hier eine alte kleine Villa.<br />

Mieter war der ÖGB. Die Villa war aber so<br />

baufällig, dass man sie nicht mehr sanieren<br />

konnte und abreißen musste. Die Arbeiterkammer<br />

plante einen Neubau. Als Mieter<br />

sollte der ÖGB – er hatte ja einen aufrechten<br />

Mietvertrag – nach Fertigstellung wieder<br />

einziehen. Die Arbeiterkammer brachte die<br />

Planung bis zur Baugenehmigung. Dann kam<br />

das Projekt für Jahre zum Stillstand.<br />

Trotz Baugenehmigung?<br />

Auer: Trotz Baugenehmigung. Die Arbeiterkammer<br />

wollte nicht selbst bauen: „Wir<br />

sind kein Bauträger.“ Außerdem wollte die<br />

Arbeiterkammer nicht ins Risiko gehen – und<br />

„Die Lage ist fantastisch – aber<br />

auch sehr schwierig. Ein kleines<br />

Grundstück – also war klar, man<br />

muss in die Höhe bauen.“<br />

hätte nur bei einem hohen Vermietungsgrad<br />

zu bauen beginnen können. Selbst hatte die<br />

Arbeiterkammer aber keinen Platzbedarf. Die<br />

Baugenehmigungen drohten zu verfallen.<br />

Zu diesem Zeitpunkt ist man dann auf uns<br />

zugekommen, ob wir das Projekt nicht<br />

übernehmen wollen. Was wir nach einigen<br />

Überlegungen auch getan haben.<br />

Was uns besonders freut: Der Beschluss der<br />

Arbeiterkammer, das Projekt uns zu übergeben,<br />

fiel über alle Parteigrenzen hinweg<br />

einstimmig aus.<br />

Inklusive der Baugenehmigungen?<br />

Auer: Wir haben das Projekt genau analysiert.<br />

Die Lage ist fantastisch – aber auch sehr<br />

schwierig. Ein kleines Grundstück – also war<br />

Elke Auer,<br />

CityOffice Feldkirch Development<br />

klar, man muss in die Höhe bauen. Dies stellt<br />

an die Baustellenlogistik große Herausforderungen<br />

und treibt die Baukosten in die Höhe.<br />

Alexander Budasch: Die Architektur passte,<br />

was uns aber nicht gefiel, war die Betonbauweise.<br />

Wir wollen mit diesem Projekt aufzeigen,<br />

dass es auch in der Drittverwendung<br />

möglich ist, nachhaltig zu bauen und somit<br />

Verantwortung im ökologischen und sozialen<br />

Bereich zu übernehmen. Nachträglich<br />

bestätigt das große Interesse von Investoren<br />

und Mietern unser Konzept.<br />

Aber der Reihe nach. Das Grundstück konnten<br />

wir nicht kaufen, da die Arbeiterkammer, der<br />

das Grundstück gehört, nur Baurechte vergibt.<br />

Ein Thema, das beherrschbar ist.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

37


Unternehmen & Projekte<br />

Aber – und das war spannend und herausfordernd<br />

– wie können wir das Gebäude vom<br />

Beton- auf Holzbau umplanen, ohne um eine<br />

neue Baugenehmigung ansuchen zu müssen?<br />

Erste Vorgespräche mit der Stadt Feldkirch<br />

haben bald gezeigt, dass der Wille der Stadt,<br />

dies zu unterstützen, gegeben war. Dann ging<br />

alles schnell. Wir gründeten eine Gesellschaft<br />

und haben unser Projekt gestartet.<br />

Die Energiepreise explodieren gerade?<br />

Auer: In Anbetracht der Klimakrise hat es<br />

sich als goldrichtig erwiesen, so ein Niedrigenergie-Bürohaus<br />

in Holzsystembauweise zu<br />

planen und zu bauen. Das Objekt erfüllt sehr<br />

hohe Nachhaltigkeitsanforderungen und steht<br />

für Energieeffizienz und ökologische Qualität.<br />

Unsere transparente Baudokumentation bürgt<br />

für den hohen Standard der Immobilie.<br />

Das Bürohaus wird mit Erdwärme versorgt<br />

und hat eine Photovoltaik-Anlage. Alle Mieter<br />

werden von den geringen Lebenszykluskosten<br />

durch einfache Wartung profitieren.<br />

„Ein solches<br />

Projekt muss<br />

man sich auch<br />

zutrauen.<br />

Wir haben uns<br />

getraut.“<br />

Alexander Budasch,<br />

CityOffice Feldkirch Development<br />

Budasch: Aufgrund meiner langjährigen<br />

Erfahrung als Fondsmanager nachhaltiger<br />

Immobilienfonds bin ich von der Unumkehrbarkeit<br />

des „grünen Wandels“ in der Immobilienwirtschaft<br />

überzeugt.<br />

Wie viele andere Bauträger hatten sich<br />

für das Projekt interessiert?<br />

Auer: Interessiert waren einige – doch<br />

niemand ist das Wagnis eingegangen. Noch<br />

einmal kurz zum Standort: Die Bärenkreuzung<br />

im Dreieck Schweiz, Österreich und<br />

Liechtenstein ist mit 50.000 Fahrzeugen pro<br />

Tag die am stärksten befahrene Kreuzung in<br />

Vorarlberg.<br />

Eine hohe Frequenz und eine verkehrsgünstige<br />

Lage sind das eine – aber<br />

Verkehrstaus, Parkplatzsorgen,<br />

Lärmbelastung…?<br />

Budasch: Werden sich reduzieren, da eine<br />

Umfahrung mit einer deutlichen Entlastung in<br />

Planung ist. Was bleiben wird, ist die Top-Lage<br />

und die Top-Erreichbarkeit.<br />

Wie sehr hat die Covid-Pandemie das Projekt<br />

verzögert beziehungsweise verteuert?<br />

Budasch: Die Baukosten konnten gehalten<br />

werden, obwohl gerade bevor wir alle Bauverträge<br />

abschließen konnten alle Lieferketten<br />

zusammenbrachen. Da und dort gab es dann<br />

38 ImmoFokus


auch bei uns Lieferverzögerungen – das war<br />

aber überschaubar. Aber auch wir hatten<br />

mit Kostensteigerungen zu kämpfen. Rasche<br />

Entscheidungen waren gefragt. Wir konnten<br />

diese aber auffangen, da wir zu zweit rasch<br />

entscheiden konnten.<br />

Wie wird das Projekt angenommen?<br />

Auer: Ausgezeichnet. Die Nachfrage ist<br />

enorm. Wir hatten fast mehr Kauf- als Mietanfragen.<br />

Wir hätten die Flächen mehrfach<br />

vermieten können. Aber: Hätten wir gesagt<br />

„Wir starten erst bei achtzig, neunzig Prozent<br />

Vorvermietung mit der Umsetzung“, hätte es<br />

das Projekt nie gegeben.<br />

Warum nicht ein, zwei Stockwerke<br />

höher bauen?<br />

Auer: Weil wir dann eine neue Baugenehmigung<br />

gebraucht hätten. Wir haben aber<br />

nie daran gezweifelt, dass das Projekt ein<br />

Erfolg wird. Qualität setzt sich durch. Hochwertige<br />

Büroflächen sind nachgefragt.<br />

An Nachhaltigkeitsthemen führt kein Weg<br />

mehr vorbei.<br />

Budasch: Aus Wien kommend braucht<br />

man – gerade in Vorarlberg – einen perfekt<br />

vernetzten Partner, wie es eben Elke Auer als<br />

gebürtige Vorarlbergerin ist. Aber noch eine<br />

Anmerkung zum Projekt. Das schaut jetzt so<br />

einfach aus. Alles hat am Schnürchen funktioniert.<br />

Aber: Ein solches Projekt muss man sich<br />

auch zutrauen. Wir haben uns getraut.<br />

Wir haben das Momentum für uns genutzt.<br />

Ein Projekt, das lange auf Umsetzung gewartet<br />

hat, weil es sich eben niemand zugetraut hat.<br />

Unsere Konstellation: – lokale Kompetenz und<br />

Projektentwicklungs- und Investmentexpertise.<br />

Wir sind in die Umsetzung ohne Mietverträge<br />

eingestiegen. Der einzige fixe Mieter war<br />

der ÖGB. Wir haben aber Elke Auer vertraut.<br />

Auer: Noch ein paar Details zum S’Bärahus:<br />

Nutzfläche von rund 2.250 Quadratmetern,<br />

hauseigene Tiefgarage mit 36 Stellplätzen,<br />

teilweise mit E-Ladestationen, sowie circa<br />

30 Fahrradabstellplätzen. Die Ausstattung<br />

sieht eine durchgängige Sichtbarkeit der<br />

Holzarchitektur vor und schafft damit eine<br />

hohe Aufenthaltsqualität. Der Gebäuderaster<br />

ermöglicht optimale, anpassungsfähige und<br />

lichtdurchflutete Büroflächen.<br />

Verlief alles nach Plan?<br />

Im Großen und Ganzen, ja. Allein die Fassade<br />

bereitete uns dann doch noch Kopfzerbrechen<br />

und höhere Kosten. Einen Monat vor Baubeginn<br />

gab es vom Gestaltungsbeirat Einwände<br />

gegen die geplante Fassade.<br />

Worum ging es im Detail? Was war die<br />

Lösung?<br />

Auer: Geplant waren Fassadenplatten. Der<br />

Beirat gab zu bedenken, dass Fassadenplatten<br />

der starken Verwitterung nicht standhalten<br />

und über die Jahre Farbe verlieren würden.<br />

Dem Beirat war der Standort zu wichtig – „Hier<br />

handelt es sich um einen markanten Solitär,<br />

der errichtet wird“ – um dieses Risiko eingehen<br />

zu wollen. Jetzt werden hochwertigere<br />

Keramik-Fliesen verbaut.<br />

Eine weitere Umplanung betraf die Sockelzone.<br />

Ursprünglich in Betonausführung<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

39


Unternehmen & Projekte<br />

Alexander Budasch<br />

Seit Juni 2020 ist DI Arch. Alexander Budasch geschäftsführender Gesellschafter der<br />

Austro Immo GmbH (eine Gesellschaft der Austro Holding Gruppe). In dieser Funktion<br />

verantwortet er den Aufbau eines Gewerbeimmobilienportfolios in Österreich (Assets<br />

under Management aktuell rund 45 Millionen Euro und die Entwicklung von nachhaltigen<br />

Immobilienprodukten im Bereich Logistik und Büro (Investitionsvolumen aktuell<br />

rund 20 Millionen Euro.<br />

angedacht, kommt hier jetzt auch der Baustoff<br />

Holz zum Einsatz. Dafür hat sich Rhomberg<br />

neue Lösungen überlegen müssen.<br />

Wer zieht in die Sockelzone ein? Retail?<br />

Auer: Auch in der Sockelzone sind Büros.<br />

Der ÖGB wird die Erdgeschosszone für den<br />

Publikumsverkehr nutzen. Was ich noch<br />

betonten möchte: Der Druck auf die Produkte<br />

steigt – von Seiten der Mieter, aber auch der<br />

Investoren. ESG und EU-Taxonomie befeuern<br />

das Thema Nachhaltigkeit zunehmend.<br />

Wie ich gehört habe, sind kaum noch<br />

freie Flächen zu bekommen.<br />

Auer: Im Zuge der Vermarktung hat sich<br />

herausgestellt, dass das Interesse von<br />

öffentlichen Mietern mit einem sozialen<br />

Hintergrund besonders stark ist. Uns ist rasch<br />

klar geworden, dass dies auch ein USP für das<br />

Gebäude sein kann. Das Gebäude folgt dem<br />

ESG-Ansatz. E – Environmental – haben wir<br />

ausführlich besprochen. G – Governance –,<br />

da haben wir mit Rhomberg eine sehr gute<br />

Dokumentationsebene. S – Social – fristet<br />

häufig ein stiefmütterliches Dasein.<br />

Wir wollten aber auch dem S im ESG gerecht<br />

werden. Aus diesem Grund haben wir uns<br />

entschieden, eine authentisch homogene Mieterstruktur<br />

mit diesem sozialen Hintergrund<br />

zu schaffen. Auch beim Bau selbst haben wir<br />

auf lokales, nachhaltiges Bauen geachtet. Nur<br />

Holz aus der Nähe ist nachhaltig. Unser Holz<br />

kommt aus einem Umkreis von 50 Kilometern.<br />

Das war uns besonders wichtig.<br />

Budasch: Natürlich gab es am Anfang<br />

Überlegungen, auf bonitätsstarke Mieter<br />

unterschiedlichster Branchen zu setzen.<br />

Vielleicht könnte man ein, zwei Euro pro<br />

Quadratmeter mehr bekommen. Dies wird<br />

zumeist mit kurzfristigen Mietverträgen<br />

erkauft. Diese kurzen Mietverträge werden<br />

auch nicht immer als Sicherheit angerechnet.<br />

Wir schließen Mietverträge mit Kündigungsverzichten<br />

zwischen 10 und 15 Jahren.<br />

Für uns ist ESG kein Marketing-Tool. Nachhaltigkeit<br />

beginnt bei der Planung und endet<br />

nicht mit der Fertigstellung. Auch die Nutzer<br />

beziehungsweise Mieter sind ein Teil des<br />

Kreislaufs. Daher war es uns wichtig, soziale<br />

Unternehmen als Mieter zu gewinnen.<br />

Gibt es vergleichbare Bauvorhaben in<br />

Vorarlberg?<br />

Auer: In Vorarlberg wird in der Regel nicht opportunistisch<br />

gebaut. Es gibt kaum spekulative<br />

Projekte. Firmen bauen selbst oder lassen für<br />

sich maßgeschneidert bauen. In Summe ein<br />

schwieriger Markt. Darum gibt es in Vorarlberg<br />

keine Büromakler. Aus diesem Grund haben<br />

wir die Vermarktung auch selbst gemacht.<br />

40 ImmoFokus


sreal.at<br />

Klick. Klick. Meins.<br />

Jetzt einfach und sicher<br />

Immobilien online verkaufen.


Unternehmen & Projekte<br />

Rebranding,<br />

Refurbishment und<br />

Redesign<br />

Einkaufstour. JP Chef Daniel Jelitzka kauft zu. „Wir haben aktuell in Kitzbühel, Triest, Rotterdam,<br />

Madonna di Campiglio und Sant Jordi in Mallorca zugeschlagen.“ Weitere Deals werden folgen.<br />

Das Gespräch führte: Michael Neubauer<br />

42 ImmoFokus


Eine Erfolgsmeldung nach der anderen.<br />

JP kauft kräftig ein?<br />

Daniel Jelitzka: Wir haben in den letzten zwölf<br />

Monaten knapp 1.100 Hotels geprüft. Davon<br />

haben wir de facto bereits fünf gekauft. Für<br />

zwei weitere haben wir Exklusivität vereinbart<br />

und sind in der Abwicklung.<br />

Tausend Hotels geprüft?<br />

Jelitzka: Ja, davon war die Mehrheit in<br />

Südeuropa.<br />

Warum gerade in dieser Region?<br />

Jelitzka: Erstens: Die coronabedingten<br />

Zuschüsse hat es in Südeuropa praktisch nicht<br />

gegeben. Zweitens ist die Bankenlandschaft<br />

dort ein wenig in Schieflage. Und drittens: die<br />

meisten Hotels haben etwas veraltete Betreiberkonzepte,<br />

die nicht immer marktkonform<br />

sind. Dadurch sind viele Hotels in Südeuropa<br />

massiv unter Druck gekommen und nun zum<br />

Erwerben. Um unser Entwicklerrisiko möglichst<br />

gering zu halten, kaufen wir ausschließlich<br />

bestehende Hotels, die lizensiert sind,<br />

und bei denen wir kein Bewilligungsrisiko<br />

im engeren Sinn eingehen. Zudem sind alle<br />

Häuser betreiberfrei.<br />

Wie sieht das Big Picture aus?<br />

Jelitzka: Rebranding, Refurbishment und<br />

Redesign. Wir suchen einen Operator und<br />

haben ein neues Projekt. Dabei agieren wir<br />

europaweit ausschließlich in der Euro-Zone<br />

und die Umsetzung erfolgt zügig. Im Zuge<br />

der Akquisition und des Pre-Scoutings oder<br />

Scoutings der Liegenschaften führen wir<br />

mit Betreibern vertrauensvolle Gespräche<br />

und schauen, wer wo reinpassen könnte. Bei<br />

Vertragsunterzeichnung haben wir meist den<br />

Betreiber schon an der Hand.<br />

Daniel Jelitzka<br />

Aber kurz noch einmal einen Schritt<br />

zurück. Wie kommt man zu tausend<br />

Hotels? Das ist eine wahnsinnige<br />

Menge zum Abarbeiten.<br />

Jelitzka: Ja, aber es ist ein Unterschied, ob man<br />

sagt „Ich suche ein Hotel“ oder „Ich möchte in<br />

den nächsten zwei Jahren eine Viertelmilliarde<br />

in Hotels in Europa investieren“. Die Zahl öffnet<br />

dann einfach die Türen. Wenn man dann<br />

in der Anfangsphase das eine oder andere<br />

Asset schnell erwirbt und Abwicklungskompetenz<br />

zeigt, das heißt von der Due Dilligence<br />

bis zu rechtlichen, steuerlichen Strukturen<br />

alles schnell abwickelt, wird man faktisch<br />

ernst genommen.<br />

Wie sieht es angebotsseitig aus?<br />

Jelitzka: Mit Zunahme unseres Deal-Flows ist<br />

die Anzahl der Projekte, die uns angeboten<br />

wurden, massiv gestiegen, weil die Leute<br />

gesehen haben: JP kauft. Wir haben ein sehr<br />

Daniel Jelitzka, geboren 1969 in Graz, studierte Jus an der Universität<br />

Graz sowie Immobilienökonomie in Frankfurt. 1994 begann er bei der<br />

Constantia Privatbank (Immofinanz) zu arbeiten, wo er Assistent der<br />

Geschäftsführung war. 1995 erwarb er seine ersten eigenen Liegenschaften,<br />

1996 gründete er gemeinsam mit seinem Partner Reza Akhavan das<br />

Unternehmen JP Immobilien.<br />

striktes Prüfsystem bei uns im Büro. Jedes<br />

Projekt wird von uns digitalisiert und in Folge<br />

analysiert.<br />

Warum seid ihr in den Hotelmarkt<br />

eingestiegen?<br />

Jelitzka: Vor zweieinhalb Jahren, als die<br />

Covid-Pandemie, so richtig eingeschlagen<br />

ist, haben die meisten Hoteliers trotz nicht<br />

kostendeckender Auslastungen den Betrieb<br />

aufrecht erhalten, weil sie geglaubt haben, die<br />

Pandemie ist morgen vorbei und sie müssten<br />

für ihre Kunden da sein. Fehlannahme. Das<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

43


Unternehmen & Projekte<br />

Mittelgroß? Was bedeutet das konkret?<br />

Jelitzka: Klein und für die Kleinen zu groß. In<br />

diesem Segment bewegen wir uns. Wir sind<br />

die Veredler und nehmen das Hotel konzeptionell<br />

in die Hand, holen einen Betreiber und<br />

verkaufen es dann am Schluss. Das heißt, wir<br />

versuchen, beim kompletten Value-Creation-<br />

Prozess dabei zu sein.<br />

Zu klein für die Großen und zu groß für<br />

die Kleinen. Wie lässt sich das als<br />

Größenordnung definieren?<br />

Jelitzka: Bezüglich Bettenanzahl würde ich<br />

sagen: 50 bis 150. In Volumensgröße mehr<br />

oder weniger zehn bis 40 Millionen Euro.<br />

Alexander Zemina<br />

Alexander Zemina, geboren 1991 in Wien, hat den Universitätslehrgang „Immobilienmanagement<br />

& Bewertung“ an der Technischen Universität Wien<br />

absolviert. Er verstärkt JP Hospitality als Associate Investment Manager und<br />

unterstützt die Managing Partner Lukas Euler-Rolle und Gebhard Schachermayer<br />

bei der Ankaufsprüfung und Abwicklung der Projekte.<br />

Zemina: Allerdings merken wir, je mehr wir<br />

uns den großen Tickets nähern, umso geringer<br />

werden wie überall im Leben die potenziellen<br />

Käufer – weil es sich nicht mehr so viele leisten<br />

können. Die nächsten 18, 20, 24 Monate wird es<br />

weitere Opportunitäten geben. Wir wollen aber<br />

die Projektgröße ein wenig vergrößern, weil es<br />

hier nicht so viele Mitbieter gibt und die Effizienz<br />

besser ist. Wir haben aktuell in Kitzbühel,<br />

Triest, Rotterdam, Madonna di Campiglio, Tres<br />

Playas und Sant Jordi in Mallorca eingekauft.<br />

In Paros sind wir in Abwicklung.<br />

heißt, viele Betreiber haben größtenteils<br />

ihr erspartes Geld als Equity in die Projekte<br />

hineingesteckt, nur um sie offen zu halten.<br />

Weil die Pandemie-Maßnahmen so lange<br />

gedauert haben, war ihr Equity dann weg. In<br />

Folge hat meistens die Bank dem Eigentümer<br />

ein Ultimatum nach dem Motto „Löse dein<br />

Problem, damit es kein Problem wird“ gestellt.<br />

Notverkauf, mehr oder weniger.<br />

Jelitzka: Ja, oder der Eigentümer spielt so<br />

lange, bis die Bank sagt: genug gespielt, jetzt<br />

sind wir dran.<br />

Wer sind eure direkten Verhandlungspartner,<br />

die Eigentümer oder die Banken?<br />

Alexander Zemina: Ich würde sagen: halbe,<br />

halbe. Entweder wir bekommen Angebote<br />

über die Bank, oder wir begegnen auch sehr<br />

vielen alten Eigentümern, die ein Nachfolgeproblem<br />

haben. Als Draufgabe wollen sie<br />

aus Neid oder Missgunst nicht an Kollegen<br />

im eigenen Tourismusort verkaufen. Das<br />

sind Idealfälle, bei denen wir dann zum Zug<br />

kommen.<br />

Wer ist euer stärkster Mitbewerber?<br />

Ich meine, es werden ja auch andere den<br />

Markt sondieren?<br />

Zemina: Es kommen jetzt mehr. Aber man<br />

muss Unterschiede machen. Es gibt die ganz<br />

Großen, die Black Rocks dieser Welt. Sie<br />

erwerben Hotelportfolios von den Banken,<br />

sogenannte Non-Performing-Loans in<br />

Milliardenhöhe. Dann gibt es die Großen und<br />

schließlich solche wie wir, die mittelgroße<br />

Assets Stück für Stück erwerben.<br />

Warum die Konzentration auf<br />

den Euro-Raum?<br />

Jelitzka: Hauptgrund ist der Wechselkurs. Wir<br />

sind keine Banker. Wir leben vom Development.<br />

Das wird in der Währung abgewickelt,<br />

wo verdient wird. Bei allem anderen gibt es<br />

immer das Wechselkursrisiko.<br />

Bleibt die Investment-Größenordnung<br />

von 250 Millionen Euro?<br />

Jelitzka: 250 Millionen klingt viel, aber das<br />

sind de facto rund 800 Zimmer. Momentan<br />

haben wir 18 Brands und ungefähr 2.500<br />

Zimmer.<br />

Wie lange ist der Zyklus vom Einkauf<br />

bis zum Verkauf ?<br />

Jelitzka: Das kann ganz schnell gehen. Zum<br />

Beispiel in Rotterdam haben wir im April<br />

dieses Jahres den Pachtvertrag unterschrieben,<br />

und sind jetzt schon wieder im Verkauf.<br />

Mehrheitlich ist die Drehung innerhalb von<br />

drei bis fünf Jahren.<br />

44 ImmoFokus


Ist ein Bestandsportfolio angedacht?<br />

Jelitzka: Schon. Wir haben elf Häuser im<br />

Bestand.<br />

Was sind die Kriterien dafür, ein Hotel<br />

in den eigenen Bestand zu übernehmen –<br />

oder zu verkaufen?<br />

Jelitzka: Ob man verkauft oder nicht, ist<br />

auch immer eine Frage der Opportunität.<br />

Der Zeitpunkt des Verkaufs muss passen. Ich<br />

benötige schon wieder eine Idee, was ich mit<br />

dem Ergebnis mache. Natürlich ist auch die<br />

Rendite ausschlaggebend.<br />

Worin unterscheidet sich der Hotelmarkt<br />

vom Wohnungsmarkt?<br />

Jelitzka: Das Spannende ist, dass wir nicht<br />

allfälligen Mietzins-Deckelungen oder den<br />

politischen Wünschen ausgesetzt sind. Wir<br />

hängen nicht in der Endlosschleife allfälliger<br />

behördlicher Bewilligungen. Wir brauchen<br />

keinen städtebaulichen Vertrag und so weiter.<br />

Das Hotel steht schon.<br />

Was macht ein gutes Hotel aus?<br />

Jelitzka: Erstens die Lage, zweitens ein gutes<br />

Storytelling mit entsprechender DNA des Landes<br />

und drittens ein faires Pricing. Nun ist das<br />

ESG-Thema als viertes neu hinzu gekommen<br />

– im Sinne von Nachhaltigkeit in der Operation,<br />

beim Bau, hinsichtlich regionalem Essen und<br />

im Sinne des Sozialen, also wie mit Mitarbeitern<br />

umgegangen wird. Das wird ein Riesenthema.<br />

Ich glaube, dass deshalb die Zertifizierung von<br />

Hotels ein selbstredendes Thema ist.<br />

Zemina: Ein weiteres Kriterium<br />

ist die Saisonzeit.<br />

Jelitzka: Alle Projekte, die wir machen, haben<br />

mindestens zehn Monate Saison. Ein reines<br />

Saisonhotel, das nur sechs Monate im Jahr<br />

funktioniert, kann nicht wirtschaftlich betrieben<br />

werden. Egal, welche Destination.<br />

Zemina: Wir achten sehr darauf, dass die<br />

Betreiber die Saison mit ihrem Produkt auch<br />

verlängern können und unterstützen sie<br />

„Europa, regional eher klein,<br />

ist immer noch Tourismus-Hotspot<br />

Nummer eins und wird<br />

es auch bleiben.“<br />

dabei. Ich glaube, mit dieser persönlichen<br />

Komponente liegen wir gegenüber den großen<br />

Fonds im Vorteil.<br />

Wie ist das mit der Personalfrage? Fakt<br />

ist: in der Gastronomie-Hotellerie werden<br />

Leute gesucht wie noch nie.<br />

Jelitzka: Das ist der Grund, warum wir unsere<br />

Kollegen ordentlich bezahlen. Einfach aus<br />

Wertschätzung und weil für alle sichtbar sein<br />

muss, dass Arbeiten sich auszahlt.<br />

Der Tourismus kommt jetzt wieder in<br />

Fahrt. Die Menschen sind regelrecht ausgehungert<br />

und wollen wieder wegfahren.<br />

Jelitzka: Punkto Marktsituation ist vielleicht<br />

Folgendes zu sagen: Vor der Pandemie gab<br />

es auf der ganzen Welt pro Jahr ungefähr 1,4<br />

Milliarden Menschen, die ein Hotel angefahren<br />

sind. Mehr als die Hälfte davon ist alleine<br />

in Europa ein- und ausgegangen. Das heißt,<br />

Europa, regional eher klein, ist immer noch<br />

Tourismus-Hotspot Nummer eins und wird es<br />

auch bleiben. Und es scheint so, dass Urlaub<br />

machen mittlerweile ein Grundrecht ist. Ich<br />

glaube, gerade das Segment Lifestyle-Leisure,<br />

Daniel Jelitzka<br />

in dem wir unterwegs sind, wird immer seine<br />

Berechtigung haben.<br />

Welche Lehren hat man aus der Pandemie<br />

gezogen? Gibt es Verschiebungen im<br />

Risiko?<br />

Jelitzka: Ich glaube, dass die Pandemie<br />

für Hotels zwei wesentliche Erkenntnisse<br />

gebracht hat. Erstens, dass man in den<br />

Pacht- oder Managementverträgen in Zukunft<br />

Klauseln haben sollte, die höhere Gewalt, wie<br />

Pandemie, vorsehen. Eine weitere Erkenntnis<br />

war, dass es sich relativiert, ob der Investor<br />

einen vermeintlich sicheren Pacht- anstatt<br />

einen Management-Vertrag hat. Wenn man<br />

in Zukunft gute Brands bekommen will – die<br />

verfolgen alle momentan die Asset-Light-<br />

Strategie und wollen die Bilanzen nicht mit<br />

Rückstellungen für irgendwelche Pachten<br />

aufblasen – wird man zum Management-<br />

Vertrag greifen müssen. Das ist derzeit für den<br />

Verkauf der Immobilie sehr attraktiv.<br />

Ihr macht beides?<br />

Jelitzka: Wir machen ab jetzt beides. Das hat<br />

uns die Pandemie gelehrt.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

45


Unternehmen & Projekte<br />

Eine starke Leistung<br />

des Teams<br />

Höchster Wohnturm. Der Marina Tower ist ein Joint Venture von Buwog und IES Immobilien. Für die<br />

Installations-und Haustechnik sorgte Geberit. Der ImmoFokus traf die Geschäftsführer Andreas Holler (Buwog),<br />

Markus Teufel (IES Immobilien) und Guido Salentinig (Geberit) auf ein Gespräch in knapp 140 Metern Höhe.<br />

Das Gespräch führte: Patrick Baldia<br />

Der Marina Tower wurde von der ÖGNI<br />

mit „Gold“ zertifiziert, verfügt nach dem<br />

klimaaktiv Gebäudestandard über die<br />

Bewertung „Gold“ und ist zudem Gewinner<br />

des European Property Award. Was<br />

bedeuten Auszeichnungen und Zertifizierungen<br />

für Sie?<br />

Andreas Holler: Auszeichnungen wie der<br />

European Property Award sind natürlich eine<br />

Anerkennung für uns. Sie bestätigen, dass<br />

wir gut gearbeitet haben. Zertifizierungen<br />

wie durch die ÖGNI sind heute sehr wichtig<br />

geworden und sowohl bei der Buwog als auch<br />

bei IES Immobilien verfolgen wir von Haus<br />

aus das Ziel, so nachhaltig wie möglich zu<br />

bauen. Zertifizierungen geben einem eben<br />

die Möglichkeit, zu überprüfen, ob wir alles<br />

richtig gemacht haben. Sie sind aber natürlich<br />

auch ein Stempel nach außen, der immer<br />

wichtiger für die Endkunden wird. Anders als<br />

früher schauen sich Käufer und Mieter heute<br />

sehr wohl an, wie nachhaltig ein Haus ist. Das<br />

gilt auch für Banken und Investoren.<br />

Markus Teufel: Das Wesentliche an Auszeichnungen<br />

ist, dass ein Projekt für Dritte<br />

nachvollziehbar wird. Wir befinden uns ja in<br />

einer Zeit des Umbruchs. Alles verändert sich.<br />

Die Mobilität, wie man wohnt und welche<br />

Bedeutung Wohnen hat. Schauen wir uns das<br />

Beispiel Marina Tower an: Wir haben hier bei<br />

511 Wohnungen 95 Stellplätze. Von allen Seiten<br />

wurde uns erklärt, dass es unmöglich sei,<br />

so auch nur eine einzige Wohnung verkaufen.<br />

Aber zurück zu Ihrer Frage: Über Zertifikate<br />

46 ImmoFokus


„Grundsätzlich sind wir<br />

einfach stolz, ein Landmark<br />

für Wien geschaffen zu<br />

haben.“<br />

Andreas Holler,<br />

Buwog<br />

kann man gewisse Leistungen nach außen<br />

kommunizieren.<br />

Guido Salentinig: Das Wichtige an Zertifizierungen<br />

ist, dass sie Transparenz schaffen. Gerade<br />

beim Thema Nachhaltigkeit spielen sie für<br />

Geberit eine große Rolle. Daher kooperieren<br />

wir auch eng mit ÖGNI und DGNB. Darüber<br />

hinaus wurden unsere Produkte beispielsweise<br />

bei Ecovadis mit „Platin“ ausgezeichnet.<br />

Natürlich sind solche Nachhaltigkeits-Labels<br />

heutzutage auch unseren Kunden sehr wichtig.<br />

Der Marina Tower zählt rund 511 Wohneinheiten<br />

auf 41 Stockwerken und 140 Metern Höhe.<br />

Welche besonderen Anforderungen wurden<br />

an die Installations- und Haustechnik gestellt?<br />

Salentinig: Die größte Herausforderung war<br />

natürlich die Planung. Da geht es um ganz<br />

unterschiedliche Themen, die unsere Produkte<br />

betreffen, wie zum Beispiel Brand- oder<br />

Schallschutz. Darüber hinaus geht es um sehr<br />

technische Dinge wie Abwasserhydraulik,<br />

Trinkwasserauslegungen oder Druckstufen.<br />

All das muss der Planer möglichst platzsparend<br />

unter einen Hut kriegen, damit<br />

die verkaufbare Fläche möglichst groß ist.<br />

Denn mindestens genauso wichtig wie der<br />

technische Part ist für ein Turmprojekt auch<br />

der wirtschaftliche. Dazu kommt, dass der<br />

Ausführende eine praktikable Montage<br />

braucht, damit die Haustechnik zeitgerecht<br />

installiert werden kann.<br />

Für die Monteure ist so ein Turm<br />

„Business as usual“?<br />

Salentinig: Nun komm ich zum letzten Punkt,<br />

wenn es um einen Bau dieser Größenordnung<br />

geht: die emotionale Komponente.<br />

Jemand, der in einem der höchsten Gebäude<br />

Österreichs die Haustechnik installiert, hat<br />

auch den Anspruch, dass er mit dem besten<br />

Material arbeitet, um eine reibungslose und<br />

schnelle Abwicklung der Arbeitsschritte zu ermöglichen.<br />

Schließlich ist der Arbeitsaufwand<br />

bei mehr als 500 Wohnungen entsprechend<br />

hoch.<br />

Herr Holler, war es von Anfang an klar,<br />

dass alles, angefangen mit der Sanitär- und<br />

Badausstattung über Heizungsleitungen<br />

bis hin zur Dachentwässerung, aus einer<br />

Hand kommt?<br />

Holler: Nein, das war nicht von Anfang<br />

an klar und hat sich erst im Laufe des<br />

Ausschreibungsprozesses herausgestellt.<br />

Ausschlaggebend war, dass Geberit das beste<br />

Gesamtkonzept angeboten hat. Grundsätzlich<br />

arbeiten wir immer so, dass wir für einzelne<br />

Teile bei verschiedenen Zulieferern Konzepte<br />

einholen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

47


Unternehmen & Projekte<br />

„Von allen Seiten wurde uns<br />

erklärt, dass es unmöglich<br />

sein wird, auch nur eine<br />

einzige Wohnung zu<br />

verkaufen.“<br />

Markus Teufel,<br />

IES Immobilien<br />

Was war für Sie die größte<br />

Herausforderung, Herr Teufel?<br />

Teufel: Für die sind wir selbst verantwortlich.<br />

Wir hätten ja auch das Grundstück so nehmen<br />

können, wie es ist, und einfach einen normalen<br />

Turm aufziehen. Das haben wir bewusst<br />

nicht gemacht. Wir haben die Adressschilder<br />

um 180 Grad gedreht, weil für uns nicht die<br />

Wehlistraße (oder der Handelskai) wichtig<br />

ist, sondern der direkte Zugang zur Donau.<br />

Daher war es uns auch so ein großes Anliegen,<br />

das Marina Deck vor der Haustüre zu haben,<br />

direkt an einem der größten Ströme Europas.<br />

Es ist der Brückenschlag zwischen Stadt und<br />

Donau.<br />

Ist das Marina Deck Ihr Highlight,<br />

Herr Holler?<br />

Holler: Es ist sicher ein wichtiger Teil des<br />

Projekts. Ich würde aber eher meinen: ein<br />

Highlight von vielen. Grundsätzlich sind<br />

wir einfach stolz, ein „Landmark“ für Wien<br />

geschaffen zu haben. Der Marina Tower ist<br />

optisch ansprechend. Und tatsächlich der<br />

größte Wohnturm Österreichs. Auch wenn<br />

wir wissen, dass das nur ein vorübergehender<br />

Status ist, da sich andere Wohntürme ja noch<br />

in Bau befinden.<br />

Teufel: Was mich besonders glücklich macht,<br />

was man beim Spazieren und Einkaufen<br />

erleben kann und was auch aus Gesprächen<br />

mit den Bewohnern hervorgeht, ist, dass es<br />

den Leute hier einfach gefällt und sie gerne<br />

hier leben. Das merkt man letztlich auch<br />

beim Vertrieb. Die Buwog hat das Projekt<br />

im Februar <strong>2022</strong> an die Käufer übergeben.<br />

Und jetzt sind praktisch alle Wohnungen<br />

vergeben.<br />

Kommen bei einem Hochbau „hinter der<br />

Wand“ andere Techniken zum Einsatz?<br />

Salentinig: Durchaus. Die Schnittstellenthematik<br />

ist einfach eine viel größere. Komplex<br />

machen das auch die unterschiedlichen<br />

Druckstufen in so einem Hochhaus oder, dass<br />

es gewisse Systeme nur in gewissen Dimensionen<br />

gibt. Die im Wohnbau standardmäßigen<br />

Alu-Verbund-Rohre können nur bis zu einer<br />

Höhe von 75 Metern eingesetzt werden.<br />

Für die Stahlrohre, die ich dann benötige,<br />

muss ein Systemübergang stattfinden. Hier<br />

sollte sich der ausführende Installateur nicht<br />

überlegen müssen, wie er diesen Systemübergang<br />

schafft. Das ist der Job des Herstellers des<br />

Gesamtsystems.<br />

Geberit ist ja auch beim Triiiple dabei. Sie<br />

sind schön langsam ein Turm-Spezialist…<br />

Salentinig: Falls man unsere Turm-Projekte<br />

auswerten würde, hätten wir tatsächlich einen<br />

deutlich größeren Marktanteil, als wir es am<br />

Gesamtmarkt haben. Aber grundsächlich<br />

sind nicht Türme unser Spezialgebiet. Lassen<br />

Sie mich es so formulieren: Wenn es um<br />

komplexe Haustechnik geht, dann sind wir<br />

überproportional vertreten. Das gilt für Türme<br />

genauso wie zum Beispiel für Krankenhäuser,<br />

wo ebenfalls hohe Anforderungen gelten.<br />

Die Baukosten befinden sich ja aktuell<br />

auf einem extremen Höhenflug. Wäre das<br />

Projekt auch unter diesen Rahmenbedingungen<br />

realisierbar?<br />

Holler: Ja, das Projekt wäre auch heute realisierbar.<br />

Schließlich bewegen wir uns ja im freifinanzierten<br />

Sektor. Wahrscheinlich wären am Ende<br />

die Wohnungen aber etwas teurer geworden.<br />

Teufel: Das Umfeld ist zwar jetzt ein bisschen<br />

schwieriger geworden. Man darf aber nicht<br />

vergessen, dass auch die Corona-Krise nicht<br />

einfach war. Dass wir trotzdem praktisch<br />

innerhalb des Zeitplans fertig geworden sind,<br />

war schon eine starke Leistung des Teams.<br />

48 ImmoFokus


Marina Tower<br />

Mit 140 Metern ist der Marina Tower in Wien-Leopoldstadt das höchste Wohngebäude Österreichs. Auf<br />

41 Stockwerken finden sich 511 Wohnungen, darunter sechs Penthäuser. Ein Highlight ist das Marina Deck,<br />

das die Wehlistraße mit dem rechten Donauufer verbindet. Der Wohnturm ist das Ergebnis eines Joint<br />

Ventures von Buwog und IES Immobilien. Für die Installations- und Haustechnik zeichnet Geberit verantwortlich.<br />

In Zeiten wie diesen besonders wichtig: Der Marina Tower ist von der ÖGNI mit „Gold“ zertifiziert<br />

und verfügt zudem über die Bewertung „Gold“ nach dem klimaaktiv Gebäudestandard. 2021 konnte zum<br />

zweiten Mal der European Property Award gewonnen werden.<br />

„Wenn es um komplexe<br />

Haustechnik geht, dann<br />

sind wir überproportional<br />

vertreten.“<br />

Guido Salentinig,<br />

Geberit<br />

Bauchgefühl ist gut.<br />

Unsere Marktberichte sind besser.<br />

„Dynamische Zeiten bedeuten Veränderung und Ungewissheit. Unsere Marktberichte -<br />

erstellt von unserem hauseigenen Researchteam - geben Ihnen seit mehr als<br />

20 Jahren verlässliche Orientierung, mit fundierten Analysen und einer großen<br />

Portion Marktkenntnis. Für uns eine Selbstverständlichkeit, für Sie eine zuverlässige<br />

Unterstützung für Ihr Bauchgefühl. Vor allem in dynamischen Zeiten.“<br />

Gratis bestellen:<br />

Unsere Marktberichte<br />

www.otto.at/marktberichte<br />

Dr. Eugen OTTO<br />

OTTO Immobilien GmbH • Riemergasse 8, 1010 Wien • +43 1 512 77 77 • office@otto.at<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong> 49


Unternehmen & Projekte<br />

Bauwerke mit<br />

Geschichte<br />

Alte Gebäude können mehr. Für DenkMalNeo Geschäftsführerin Helga Noack geht es nicht um die<br />

eierlegende Wollmichsau. „Es geht um umsetzbare thermisch-energetische Sanierungskonzepte.“<br />

Das Gespräch führte: Michael Neubauer<br />

Worum geht es bei DenkMalNeo?<br />

Helga Noack: Das Konzept, das DenkMalNeo<br />

verfolgt, wird schon recht erfolgreich in<br />

Deutschland umgesetzt. Es geht um die<br />

Sanierung historischer Bausubstanz und<br />

darum, gleichzeitig einen Mehrwert zu liefern,<br />

zum Beispiel die Wiederherstellung von<br />

funktionierenden Ortskernen oder ein intelligentes<br />

thermisch-energetisches Wärme- und<br />

Energieversorgungskonzept zu entwickeln,<br />

also ganze Quartiere autark zu erschließen.<br />

Wir versuchen, ausgehend vom Erhalt der<br />

Bausubstanz auch noch einen zusätzlichen<br />

Nutzen zu generieren. Bausubstanz erhalten<br />

deswegen, weil ja die Bauwirtschaft über vierzig<br />

Prozent aller weltweiten CO2- Emissionen<br />

verantwortet und viel von dieser Energie als<br />

graue Energie im Gebäudebestand gebunden<br />

ist. Diesen Bestand zu erhalten, ist uns ein<br />

Anliegen.<br />

Ein in Wien sicher nicht leichtes<br />

Unterfangen<br />

Allein in Wien gibt es rund 53.000 Zinshäuser,<br />

die vor 1945 errichtet wurden, und in<br />

denen sich heute rund 420.000 Wohnungen<br />

50 ImmoFokus


„DenkMalNeo<br />

steht für Bauen<br />

mit Hirn, Herz<br />

und Hand.“<br />

Helga Noack,<br />

DenkMalNeo<br />

befinden Diese Wohnungen müssen in den<br />

nächsten Jahren energetisch auf den neuesten<br />

Stand gebracht werden und entsprechend<br />

den ambitionierten Plänen der Stadt Wien bis<br />

2<strong>04</strong>0 mit einem anderen Energieträger als<br />

Erdgas versorgt werden. Da braucht es Ideen.<br />

Da an den meisten Fassaden keine thermischen<br />

Maßnahmen wie Dämmungen zum<br />

Einsatz kommen können, sollte der Fokus auf<br />

den Einsatz erneuerbarer Energieträger gelegt<br />

werden. In Wien bietet sich dafür beispielsweise<br />

der Anschluss ans Fernwärmenetz der<br />

Wien Energie an. Da nicht alle Zinshäuser<br />

damit versorgt werden können, braucht es<br />

weitere Lösungen wie Luft- und Abwärmepumpen,<br />

Bauteilaktivierung, Solarthermie.<br />

Diese Techniken können bei einer umsichtigen<br />

und intelligenten Planung oft in Kopplung<br />

mit Photovoltaikanlagen für den Betrieb der<br />

Pumpen zum Einsatz kommen.<br />

Es geht vieles verloren, wenn unachtsam<br />

saniert wird. Denken Sie an das Wiener Kastenfenster.<br />

Früher wurden diese Kastenfenster<br />

einfach durch „moderne“ Fenster ersetzt. Mit<br />

dem Know-how unserer Zeit kann man sie<br />

im Aussehen erhalten, aber gleichzeitig auf<br />

den neuesten Stand bringen, unter anderem<br />

Wärmedämmen sowie Lärm- und Sonnenschutz<br />

integrieren.<br />

Wir sind kein klassischer Baumeisterbetrieb,<br />

wir sind kein klassischer Architekturgestalter,<br />

wir sind kein klassischer Ziviltechniker, sondern<br />

wir vereinen das alles unter einem Dach.<br />

Eine unsere Kernkompetenzen sind Feasibility<br />

Studies, also das Erstellen von Machbarkeits-<br />

studien für leer stehende Objekte, wie man<br />

diese mit Leben füllt und damit die Existenzberechtigung<br />

der Gebäude sichert.<br />

Wer steht hinter DenkMalNeo?<br />

Das ist zu 50 Prozent Rhomberg aus Bregenz<br />

und 50 Prozent die JaKo Baudenkmalpflege<br />

aus Deutschland.<br />

Ein Deutscher und ein Vorarlberger<br />

in Wien, wie kam es dazu?<br />

Das hat mit der Unternehmensstrategie der<br />

Rhomberg Gruppe zu tun. Hubert Rhomberg<br />

will in Wien einen starken Standort aufbauen.<br />

Schwerpunkt der Tätigkeiten in der Bundeshauptstadt<br />

sind die Projektentwicklung und<br />

der Generalunternehmerbau. Mittlerweile<br />

arbeiten 50 hochspezialisierte Immobilienplaner,<br />

Projektentwickler und Bauexperten am<br />

Standort.<br />

Zurück zum Thema energetische Sanierung.<br />

Raus aus Öl und Gas klingt gut –<br />

Wärmepumpen in Bestandsobjekte zu<br />

integrieren ist keine einfache Sache. In<br />

den meisten Fällen wahrscheinlich gar<br />

nicht realisierbar. Welche Möglichkeiten<br />

sehen Sie?<br />

Wenn wir in 18 Jahren raus aus Gas und Öl sein<br />

wollen, müssen wir nun alle an einem Strang<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

51


Unternehmen & Projekte<br />

ziehen und gemeinsam Lösungen für einzelne<br />

Häuser, aber auch für ganze Baublöcke und<br />

Quartiere entwickeln.<br />

Zunächst muss ich schauen, wie hoch der<br />

Gesamtwärmebedarf ist und wie ich diesen<br />

reduzieren kann. Das größte Potenzial liegt in<br />

der Einsparung. Aber nicht immer ist Neues<br />

mit Einsparung gleichzusetzen.<br />

„Die Reduktion der<br />

Bodenversiegelung wird immer<br />

mehr zur Überlebensfrage.“<br />

Helga Noack,<br />

DenkMalNeo<br />

Das klingt zunächst seltsam.<br />

Bitte um eine Erklärung?<br />

Wenn ich ein Fenster tausche, dann reiße ich<br />

etwas Altes heraus, baue etwas Neues ein.<br />

Da gibt es Lücken am Rand. Diese werden<br />

mit Bauschaum gefüllt. Ich habe nachher<br />

vielleicht ein technisch besseres Fenster. Eine<br />

Gewährleistung auf dreißig Jahre. In diesen<br />

modernen Fenstern ist ein Vakuum, die<br />

Fenster sind aber natürlich nicht über endlose<br />

Zeiten dicht. Zudem habe ich die Bausubstanz<br />

verletzt. Da macht es mehr Sinn, diese<br />

doppelflügeligen Kastenfenster zu erhalten.<br />

Diese sind ewig wartungs- und reparierbar.<br />

Wir brauchen Lösungen, die einfach, wartungs-<br />

und reparaturfähig sind und langfristig<br />

funktionieren. Wir nennen das „Bauen für die<br />

Ewigkeit“.<br />

Es geht nicht um die eierlegende Wollmichsau.<br />

Es geht um umsetzbare thermischenergetische<br />

Sanierungskonzepte, die im<br />

Übrigen auch von der Stadt Wien gefördert<br />

werden. Da geht es um den Einsatz von<br />

Blockheizkraftwerken, über Luftwärme- und<br />

Abwärmepumpen, Anergienetze, Photovoltaik<br />

und Solarthermie – und Begrünungen.<br />

Was ist mit Geothermie. Kann Geothermie<br />

bei einem Altbau eingesetzt werden?<br />

Ehrlich gesagt: ein im Moment schwieriges<br />

Unterfangen. Es gibt aktuell noch Grenzen<br />

in der Technik. Wir berechnen, analysieren<br />

und geben den Eigentümern Entscheidungsgrundlagen<br />

in die Hand. Wir müssen vernetzt<br />

denken.<br />

Das heißt, man müsste im innerstädtischen<br />

Bereich in Blöcken denken? Weg<br />

vom Einzelhaus, hin zu Blöcken oder<br />

ganzen Straßenzügen?<br />

Wir brauchen andere Energienetze und<br />

Zurverfügungstellung öffentlicher Räume.<br />

Das sind dann natürlich für die Stadt prima<br />

Begrünungsthemen, aber auch: darf ich<br />

die Gehwege benutzen, kann ich Energie<br />

aus den Kanalnetzen rausholen, aus den<br />

U-Bahn-Schächten? Wie baue ich eigentlich<br />

heute eine U-Bahn? Also wenn man die<br />

ganzen Schlitzwände hat, die könnten<br />

die jetzt eben mit Geothermieleitungen<br />

versorgen, kostet fast nichts, es passiert halt<br />

nicht. Es muss sich politisch noch viel mehr<br />

bewegen. Allein das Ansinnen, öffentlichen<br />

Grund in Anspruch zu nehmen, ist oft<br />

schwierig.<br />

Gibt es schon Projekte in Wien?<br />

Erste Aufträge im Bereich der Thermisch-energetischen<br />

Sanierungskonzepte sind bereits in<br />

der Umsetzung. Ein großes Projekt betrifft das<br />

Palais Auersperg. Hier erarbeiten wir gerade<br />

für den neuen Eigentümer Jürgen Hesz, einen<br />

oberösterreichischen Investor, ein Nutzungskonzept.<br />

Eine spannende Geschichte. Da gibt<br />

es unterirdische Einbauten, die wir noch nicht<br />

genau datieren können. Darunter ein gewölbeartiges,<br />

fast kathedralenartiges Gebäude.<br />

Die bauhistorische Befundung und die<br />

Nutzungsfindung sind auf zwei bis drei Jahre<br />

angelegt. Vorher wird es auch nichts mit<br />

Baumaßnahmen. Es kommen allenfalls Sicherungsmaßnahmen,<br />

die unbedingt notwendig<br />

sind, aber mit ersten Baumaßnahmen ist erst<br />

in zwei bis drei Jahren zu rechnen.<br />

Weiß man etwas über die Nutzung?<br />

Wir sind gerade beim Sichten der Archive.<br />

Was sicher zu sein scheint ist, dass ein ehema-<br />

52 ImmoFokus


These 1: In Würde altern dürfen.<br />

Historische Bauwerke sind ein unverzichtbarer Teil unserer Städte, Orte und unserer Kulturlandschaft.<br />

Sie sind fest miteinander verbunden, ebenso wie mit den Werten, der Geschichte und<br />

den Erinnerungen, die wir teilen. Werden sie ausgelöscht, überschreiben wir damit auch die<br />

eigene Vergangenheit. Unsere Baudenkmäler sollen ihre Identität bewahren und kommenden<br />

Generationen ihre Geschichte unverfälscht erzählen können – ebenso wie die der Menschen,<br />

die sie erschufen und die in ihnen lebten.<br />

These 2: Gegen das Artensterben in den Städten und Orten.<br />

Die Reduktion der Bodenversiegelung wird immer mehr zur Überlebensfrage. Das effektivste<br />

Gegenmittel ist die Verringerung der Leerstände in den Ortskernen. Dies gelingt am besten,<br />

wenn man historische Bausubstanz erhält und revitalisiert. Der dadurch entstehende soziale<br />

und identitätsstiftende Mehrwert ist ein relevanter „Nebeneffekt“.<br />

These 3: Nichts ist zukunftsweisender als die Vergangenheit.<br />

liger Eigentümer. dem auch das Café Arabica<br />

gehört hatte, Kaffeebohnen eingelagert hatte.<br />

Es findet sich dort aber auch alte Munition.<br />

Das Palais Auersperg hat ja bei der österreichischen<br />

Widerstandsbewegung O5 eine zentrale<br />

Rolle gespielt. Wir haben aber auch bereits<br />

erste Aufträge im Bereich der thermischenergetischen<br />

Sanierungskonzepte.<br />

Wer sind die Auftraggeber?<br />

Wir sind aktiv auf Städte und Kommunen<br />

zugegangen. Unsere Aktion „Schmuckstück<br />

statt Schandfleck“ bei der Kommunalmesse in<br />

Wels war ein voller Erfolg. Aufgerufen wurden<br />

Bewohner, Eigentümer und Gemeinden<br />

dazu, leer stehende Gebäude zu melden,<br />

die durch eine Sanierung vom Schandfleck<br />

in ein Schmuckstück verwandelt werden<br />

sollen. Ziel der Aktion ist, für einen Ort, eine<br />

Gemeinde beziehungsweise für die Bewohner<br />

vielseitige Ideen zu entwickeln, um den<br />

Bereich wieder zu beleben. Die Reduktion<br />

der Bodenversiegelung wird immer mehr zur<br />

Überlebensfrage. Das effektivste Gegenmittel<br />

ist die Verringerung der Leerstände in den<br />

Ortskernen. Dies gelingt am besten, wenn man<br />

historische Bausubstanz erhält und revitalisiert.<br />

Der dadurch entstehende soziale und<br />

identitätsstiftende Mehrwert ist ein relevanter<br />

„Nebeneffekt“. Mit dieser Aktion wollten wir<br />

mehr Bewusstsein und Aufmerksamkeit für<br />

dieses Thema erreichen.<br />

Ziel erreicht?<br />

Ziel erreicht! Über 32 Projekte wurden eingemeldet,<br />

die wir uns jetzt genauer ansehen<br />

werden.<br />

Alte Gebäude sind faszinierende Wissensspeicher. Unsere Vorfahren haben durch ihren Erfindungsreichtum<br />

nicht nur unsere Gegenwart ermöglicht, sondern uns auch einen enormen<br />

Schatz an Know-how hinterlassen. Ihre durchdachten technischen Lösungen waren zugleich<br />

formschön und für nahezu jeden reparatur- und wartungsfähig, denn es wurde „für die Ewigkeit“<br />

gebaut. Es ist an der Zeit, die Verwendung aufwändiger Technologien und Eingriffe in<br />

die Bausubstanz zu minimieren und zu robusten, einfachen, wartungsarmen Lösungen zurückzukehren.<br />

These 4: Aus Grau soll Grün werden.<br />

In die Herstellung von bestehenden Gebäuden wurde irgendwann in der Vergangenheit bereits<br />

viel Energie investiert. Wenn wir diese noch immer vorhandene „graue Energie“ bewusst<br />

nutzen, statt 100 Prozent „neue“ Energie für einen Neubau aufzuwenden, leisten wir einen aktiven<br />

Beitrag zur CO2-Reduktion. Zugleich lassen sich bei der Revitalisierung von bestehender<br />

Bausubstanz zeitgemäße, effektive Energiekonzepte implementieren. So sieht für uns gelebte<br />

Nachhaltigkeit aus.<br />

These 5: Kein Baumeister saniert ein Gebäude alleine.<br />

Bei der Restaurierung von historischen Baukörpern sind vernetztes Arbeiten und der permanente<br />

Austausch zwischen Bauherren, Gewerken, Behörden und Planern unabdingbar. Deshalb<br />

fördern wir diesen Prozess und generieren umfangreiche Erkenntnisse, die allen zugutekommen<br />

– nicht zuletzt dem Auftraggeber. Schaffen wir gemeinsam eine neue Kultur der Zusammenarbeit!<br />

These 6: Effizienz und Schönheit schließen einander nicht aus.<br />

Wirtschaftlichkeit ist die unverzichtbare Basis unseres Handelns, aber nicht der Sinn unseres<br />

Tuns. Denn was wir schaffen, ist von Bestand. Wir übernehmen zugleich die Verantwortung<br />

für eine Zeitspanne, die weit über unsere eigene hinausgeht. Gerade deshalb ist kurzfristiges,<br />

kostengetriebenes Denken fehl am Platz. Wo ein Wille zur sorgsamen Revitalisierung ist, findet<br />

DenkMalNeo einen Weg.<br />

These 7: Zurück für die Zukunft.<br />

Entdecken wir gemeinsam das Potenzial des Kapitals, das wir geerbt haben. Denn im Grunde<br />

gehört einem ein Bauwerk nie allein – man „bewahrt“ es voll Stolz für die nächsten Generationen<br />

auf. Wenn wir erkennen, wie vorausschauend unsere Vorfahren gedacht haben, verstehen<br />

wir die unvergleichliche Qualität historischer Gebäude noch besser. Geben wir ihnen eine neue,<br />

sinnstiftende Zukunft!<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

53


Unternehmen & Projekte<br />

Der etwas andere Park<br />

Kunst am Bau. Peter Kogler gehört zu den erfolgreichsten heimischen Künstlern. Seit dem Vorjahr ist ein Mural<br />

von ihm neben den Werken anderer Kunstschaffender in einem öffentlich zugänglichen Park der Art-Invest Real<br />

Estate im dritten Bezirk zu sehen.<br />

Autor: Patrick Baldia<br />

W<br />

ien-Erdberg an einem friedlichen<br />

Vormittag Ende August.<br />

Eine Handvoll Menschen hält<br />

sich im Leonie-Rysanek-Park<br />

in der Drorygasse auf, zwischen Dietrichgasse<br />

und Erdberger Lände. Sie scheinen das computergenerierte<br />

Rastermuster Koglers, das 2021<br />

über mehrere Wochen auf die 520 Quadratmeter<br />

große Brandwand zweier Häuser am südlichen<br />

Ende aufgemalt wurde, kaum wahrzunehmen.<br />

Sind die Anrainer vom Anblick des illusionistischen<br />

Raumlabyrinths verwöhnt? Haben sie sich<br />

daran gewöhnt? Oder wird der Park aus Empörung<br />

gemieden? In Wien, wo bekanntlich Kunst im<br />

öffentlichen Raum noch etwas mehr polarisiert<br />

als anderswo, sind das nicht ganz unberechtigte<br />

Fragen.<br />

„Wie das so ist bei Kunst, war auch Koglers<br />

Werk anfangs nicht unumstritten, es hat nicht<br />

allen gefallen“, gibt Mark Leiter, Österreich-<br />

Geschäftsführer bei Art-Invest Real Estate, die<br />

den Park sowie fünf Bauteile mit 390 Mietwohnungen<br />

im angrenzenden Wohnquartier 2018<br />

erwarb, zu. Im Zuge einer Anrainerbefragung<br />

im Sommer sei die Resonanz allerdings fast<br />

durchwegs positiv ausgefallen. Mit dem „IUidyllisch_urban“<br />

feierte der deutsche Gewerbeimmobilienspezialist<br />

im Übrigen seinen Einstieg<br />

ins Wohnsegment. Wenige Monate zuvor<br />

erfolgte mit dem öffentlichkeitswirksamen<br />

Kauf des Millennium Towers der Markteintritt<br />

in Österreich.<br />

54 ImmoFokus


Unterstützung vom Kunstprofessor<br />

Dass der zweimalige documenta-Teilnehmer<br />

Kogler, dessen großflächige grafische Installationen<br />

etwa am Grazer Hauptbahnhof oder<br />

am Wiener Karlsplatz zu sehen sind, für das<br />

Projekt gewonnen werden konnte, ist auch<br />

dem Kunstwissenschaftler und Kurator Florian<br />

Matzner zu verdanken, der die Art-Invest bei<br />

der Erarbeitung des Kunstkonzepts für den Leonie-Rysanek-Park<br />

unterstützt hat. Auffallend<br />

ist jedenfalls, wie selbstverständlich sich das<br />

surrealistische Mural in den zentralen Park, in<br />

dem sich auf 10.000 Quadratmetern vielfältige<br />

Vegetation, kühlende Wasserflächen, Verweilzonen<br />

sowie Kinderspielplätze finden, einfügt<br />

und so eine Symbiose von Kunst und Wirklichkeit<br />

schafft.<br />

Noch bevor das Werk des gebürtigen Innsbruckers,<br />

der als Pionier der digitalen Kunst gilt,<br />

den Weg auf die zuvor „hässliche, graue Fassade“<br />

– so Leiter – fand, wurde eine 6,3 Meter<br />

hohe und 1,6 Tonnen schwere Holzskulptur<br />

von Stefan Balkenhol am an die Erdberger<br />

Lände angrenzenden „Eingangstor“ des Parks<br />

aufgestellt. Wie Leiter erklärt, stellt die Skulptur<br />

des deutschen Bildhauers mit Vater, Mutter<br />

und Kind eine Kleinfamilie dar und steht sinnbildlich<br />

für die Bewohner des Wohnquartiers.<br />

„Das gewachsene, lebendige Material spiegelt<br />

die Wandelbarkeit und Veränderung des<br />

menschlichen Lebens wider und stellt eine<br />

Verbindung zum alltäglichen Leben der Mieter<br />

dar“, sagt er.<br />

Die Statue steht im Übrigen schon länger im<br />

Besitz der Art-Invest. Zuvor zierte sie den Innenhof<br />

eines Projekts in Berlin, musste dann<br />

allerdings im Zuge von Umbauarbeiten weichen.<br />

„Wir kamen zum Ergebnis, dass Wien<br />

der perfekte Platz dafür wäre“, so Leiter. Der<br />

Transport in die Bundeshauptstadt sei relativ<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

55


Unternehmen & Projekte<br />

aufwendig gewesen. Und auf Anregung des<br />

Künstlers musste die Statue nochmals eingeharzt<br />

werden, da sie ja – anders als in Berlin<br />

– im Leonie-Rysanek-Park völlig im Freien<br />

stehen würde. Und auch die Genehmigung<br />

der Stadt Wien sei nicht leicht zu bekommen<br />

gewesen, so Leiter. So habe der Planungs- und<br />

Umsetzungsprozess insgesamt rund zwei Jahre<br />

gedauert.<br />

Viertes Kunstwerk<br />

Mit den beiden Kunstwerken war die künstlerische<br />

Gestaltung des Leonie-Rysanek-Parks<br />

allerdings noch nicht abgeschlossen. „Wir<br />

wollten darüber hinaus noch einen kleinen<br />

Wettbewerb an der Akademie der Bildenden<br />

Künste machen“, so Leiter. Die beiden Siegerprojekte<br />

sollten ebenfalls den Weg nach Wien-<br />

Erdberg finden. Dazu gehört „Nicht die Kurve<br />

kriegen“, eine Skulptur aus Stahl, Glasfasern,<br />

Acrylgips und Styropor von Noële Ody, die<br />

einige Meter von Koglers Mural entfernt aufgestellt<br />

wurde. Interessant ist, dass „die Bohne“,<br />

wie sie bei Art-Invest liebevoll genannt wird,<br />

von den drei im Park ausgestellten Kunstwerken<br />

am intensivsten diskutiert worden ist.<br />

„Viele Anrainer können nicht nachvollziehen,<br />

was ihr Nutzen ist“, so Leiter.<br />

Das zweite Siegerprojekt findet sich etwas<br />

außerhalb des Parks im Herzen des angrenzenden<br />

„IU-idyllisch_urban“ auf einer vorspringenden<br />

Fassade. „Wir haben immer gesagt:<br />

das ist die perfekte Stelle für Kunst am Bau“, so<br />

Leiter. „Parabel“ besteht aus 72 mit blauen Strichen<br />

versehenen Fliesen, die vom Künstler, Arthur<br />

Summereder, an die Fassade geschraubt<br />

wurden. Damit ist zumindest das Kunstprojekt<br />

in Wien-Erdberg abgeschlossen. Das bedeutet<br />

allerdings nicht, dass künftig nicht weitere<br />

Kunstwerke den Weg in Art-Invest-Projekte<br />

finden werden. „Wir werden das auf alle Fälle<br />

wieder machen“, bestätigt Leiter. Schließlich<br />

sei man einerseits kunstaffin. Und anderseits<br />

sehe man Kunst als Möglichkeit, Freiraum aufzuwerten<br />

und den Bewohnern und Anrainern<br />

etwas zurückzugeben. <br />

56 ImmoFokus


Book your<br />

appointment at<br />

Expo Real Munich,<br />

4–6 October <strong>2022</strong>,<br />

Booth B2.110:<br />

erstegroup.com/cre<br />

www.erstegroup.com<br />

Take new perspectives<br />

to find new possibilities<br />

in real estate.<br />

We see the big picture and manage the details that are<br />

necessary to develop commercial real estate projects<br />

all over Central and Eastern Europe. Erste Group offers<br />

financing solutions for your visions across the entire real<br />

estate value chain.<br />

Commercial Real Estate Finance – Your Banking Partner<br />

for Central Europe.<br />

Winner REAL ESTATE Awards <strong>2022</strong>:<br />

CEEQA: Lender of the Year, CEE<br />

EuropaProperty: Bank of the Year, Southeast Europe<br />

CIJ: Best Bank, Hungary; Best of the Best land transaction, Hungary<br />

EUREB: Strongest Brand, Banks Austria<br />

Time to believe. Time to invest.


Positionen & Meinungen<br />

60<br />

COVERINTERVIEW<br />

Die IMMOcontract Geschäftsführer Sascha<br />

Haimovici und Michael Mack sprechen im<br />

Coverinterview über die Zusammenführung<br />

von IVV und IMMOcontract und den<br />

geplanten Wandel vom klassischen<br />

Immobilienmakler hin zu einem umfassenden<br />

Immobiliendienstleistungsunternehmen.<br />

86<br />

WEIN UND IMMOBILIEN<br />

Für Immobilienanwalt Alfred Nemetschke<br />

passt die gesetzliche und förderrechtliche<br />

Seite mit den COFAG-Förderungen nicht<br />

mehr zusammen. Über die entstandene<br />

„absurde Situation“ und anderes spricht der<br />

Top-Jurist in entspannter Atmosphäre bei<br />

einigen guten Gläschen Wein der Winzer<br />

Fritz Wieninger und Hermann Haller.<br />

72<br />

ZU TISCH MIT<br />

Beim Businesslunch<br />

im Restaurant Hansen<br />

spricht Peter Ulm<br />

über seinen Wechsel<br />

zur Empira Group<br />

und blickt auf die<br />

„durchaus interessante<br />

Entwicklung“ zurück, die<br />

er in den letzten Jahren<br />

durchgemacht hat.<br />

Foto: Adobe Stock<br />

58 ImmoFokus


SIEMENSSTRASSE 89 1210 WIEN<br />

WWW.TWENTYONE.IMMO<br />

48° 16' 15.052"<br />

CENTRAL HUB<br />

„1010 IST COOL,<br />

ABER TWENTY ONE<br />

IST COOLER.“<br />

EIN PROJEKT VON BONDI CONSULT


Positionen & Meinungen<br />

Neuausrichtung<br />

Erfolgreiche Transformation. Ein Change-Prozess ist bis zu einem gewissen Maß auch immer<br />

schmerzvoll, sind sich die beiden IMMOcontract Geschäftsführer Sascha Haimovici und Michael Mack einig.<br />

„Das Aufbrechen und Überdenken gewohnter Strukturen und Prozesse ist oft nicht einfach und<br />

durchaus auch mit Emotionen verbunden.“<br />

Das Gespräch führte: Michael Neubauer<br />

IVV, jetzt IMMOcontract, ist seit einigen<br />

Jahren auf Expansionskurs – Ihre Pläne<br />

für die Zukunft?<br />

Sascha Haimovici: Wir denken, dass die<br />

Zukunft der neuen IMMOcontract in einem<br />

Wandel vom klassischen Immobilienmakler<br />

hin zu einem echten Immobiliendienstleistungsunternehmen<br />

liegt, das den Kunden<br />

umfassende Services rund um das Thema<br />

Immobilien bietet. Das entspricht auch der<br />

Erwartungshaltung der Konsumenten, die<br />

sich in einem immer komplexer werdenden<br />

Marktumfeld mehr Beratung wünschen.<br />

Damit rücken die Entwicklung neuer Produkte<br />

und Dienstleistungen, die die künftigen<br />

Bedürfnisse der Kunden abdecken, und die<br />

Erschließung neuer Märkte in den Fokus.<br />

Dazu vereinen wir die bereits bestehenden<br />

Qualitäten der beiden alten Unternehmen IVV<br />

und Immo-Contract und ergänzen diese um<br />

viele weitere Produkte der Zukunft. So spielen<br />

neben unseren gewohnten Services rund um<br />

Gewerbe-, Zinshaus-, Bauträger- und Privatimmobilien<br />

etwa Investment-Produkte eine<br />

immer größere Rolle in unserem Portfolio.<br />

Hier stehen aktuell insbesondere Bauherrenund<br />

Beteiligungsmodelle, Vorsorge- und<br />

Anlagewohnungen im Vordergrund. An<br />

weiteren Produkten arbeiten wir bereits.<br />

Durch unsere Partnerschaft mit der Volksbank<br />

bieten wir regionale Kundennähe in rund<br />

60 ImmoFokus


„Für welche<br />

Anlageform man<br />

sich auch immer<br />

entscheidet:<br />

Wichtig ist es, sich<br />

den Rat von Profis<br />

zu holen und nicht<br />

auf Versprechungen<br />

alleine zu hören.“<br />

Sascha Haimovici,<br />

IMMOcontract<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

61


Positionen & Meinungen<br />

Sascha Haimovici<br />

Sascha Haimovici blickt auf vielfältige Erfahrungen im Bereich der Immobilienvermarktung<br />

und der Entwicklung von Vertriebs- und Investmentstrategien<br />

zurück. Darüber hinaus war der Absolvent des Studiums<br />

„Technisches Vertriebsmanagement“ an der FH des Bfi Wien auch als<br />

Trainer, Coach und Projektmanager tätig. Als Profisportler und mehrfacher<br />

österreichischer Jugend-Staatsmeister in Jiu-Jitsu, Gewichtheben<br />

und Hammerwerfen hat er schon in jungen Jahren seinen Ehrgeiz und<br />

seine Zielstrebigkeit erfolgreich unter Beweis gestellt.<br />

Vor knapp einem Jahr wurde von Ihrer<br />

Dachgesellschaft Adomo die Immo-Contract<br />

übernommen. Übernahmen erfolgen<br />

in den wenigsten Fällen reibungslos. Wie<br />

war das bei Ihnen – was waren die größten<br />

Herausforderungen?<br />

Haimovici: Ein Change-Prozess ist bis zu<br />

einem gewissen Maß auch immer schmerzvoll,<br />

das ist – ohne es schönreden zu wollen<br />

– auch bei uns der Fall, besonders weil hier<br />

zwei sehr unterschiedliche Unternehmenskulturen<br />

aufeinandertreffen. Das Aufbrechen<br />

und Überdenken gewohnter Strukturen und<br />

Prozesse ist oft nicht einfach und durchaus<br />

auch mit Emotionen verbunden.<br />

Wir setzen dabei auf eine starke Einbeziehung<br />

der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen – denn<br />

nur durch dieses Involvement können wir<br />

gemeinsam als Team die neue Zukunft als<br />

IMMOcontract so optimal wie möglich<br />

gestalten.<br />

In Workshops haben wir gemeinsam die<br />

Stärken, Schwächen, Werte und Ziele der<br />

einzelnen Unternehmensmarken IVV und<br />

Immo-Contract erarbeitet, um die Vorteile aus<br />

beiden Unternehmen zu vereinen.<br />

Dabei ging es auch darum, Abschied zu nehmen<br />

von bestehenden Brands und Prozessen.<br />

Daraus entstand die neue IMMOcontract mit<br />

ihren Werten, Aufgaben sowie Dienstleistungen<br />

und Ausrichtungen.<br />

130 Filialen in Wien, Niederösterreich und<br />

Oberösterreich. Diese für uns sehr wertvolle<br />

Zusammenarbeit gilt es, weiter auf- und<br />

auszubauen, um den Kunden lokales Knowhow<br />

und Leistungen direkt vor Ort anbieten<br />

zu können.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt ist für uns das<br />

Thema Digitalisierung: Hier arbeiten wir an<br />

Lösungsansätzen, die den Kunden noch mehr<br />

Service bieten.<br />

Zusätzlich zu diesem Grundprozess haben<br />

wir eine renommierte internationale<br />

deutsche Branding-Agentur für den Markenfindungs-<br />

und Ausrichtungsprozess<br />

beauftragt. Mit unserem neuen Logo, den<br />

frischeren Farben und einem modernen<br />

Design haben wir den ersten Schritt in<br />

Richtung Außenwirkung gesetzt, der natürlich<br />

aber auch nach innen ein positives Signal<br />

aussendet.<br />

Intern haben wir außerdem mit Hilfe individuell<br />

abgestimmter und modular aufgebauter<br />

Schulungsprogramme die Mitarbeiter innerhalb<br />

von vier Monaten mit den einheitlich<br />

gemeinsamen Prozessabläufen, der starken<br />

62 ImmoFokus


Feedbacks ein, die uns als Unternehmen<br />

weiterbringen.<br />

Dienstleistungs- und Produktpalette der<br />

IMMOcontract und den zahlreichen digitalen<br />

Tools zur Kundenbindung und Projektsteuerung<br />

vertraut gemacht.<br />

Dieser Prozess oder vielmehr auch die<br />

Umsetzung der einzelnen Maßnahmen ist<br />

für uns allerdings noch nicht abgeschlossen,<br />

wir evaluieren hier laufend und holen uns<br />

Wo liegt der USP der IMMOcontract<br />

„neu“ – was darf man sich unter dem<br />

Slogan „Mehrwert für Ihre Immobilie“<br />

vorstellen?<br />

Haimovici: Unsere Stärke liegt sicher darin,<br />

dass wir die Regionalität der alten Immo-<br />

Contract, die ja seit jeher stark in den Bundesländern<br />

vertreten war, mit dem Fullservice-<br />

Know-how der IVV vereinen können. Das<br />

schafft genau die Mehrwerte, die wir mit<br />

unserem Slogan meinen, sowohl für Bauträger<br />

als auch für Privatkunden. Insgesamt konnten<br />

beide Unternehmen, also die IVV und die<br />

Immo-Contract, bereits über 500 Projekte<br />

erfolgreich abschließen – ich denke, das ist ein<br />

bereits ganz ansehnlicher Track-Record, auf<br />

dem wir uns allerdings nicht ausruhen wollen.<br />

myhive am Wienerberg | myhive Ungargasse<br />

Eine Marke der IMMOFINANZ<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong> 63


Positionen & Meinungen<br />

Mit dem neuen Gesamtportfolio an Dienstleistungen,<br />

das den Verkauf und die Vermietung<br />

von Immobilien in allen Assetklassen, aber<br />

auch den Vertrieb von Investmentprodukten<br />

und Bauträgerprojekten umfasst, entsprechen<br />

wir den individuellen Anforderungen unserer<br />

Kunden.<br />

Einen Mehrwert bietet – wie schon erwähnt –<br />

auch die Partnerschaft mit der Volksbank, die<br />

unsere regionale und lokale Präsenz steigert<br />

und somit auch direkt vor Ort neue Möglichkeiten<br />

schafft, zum Beispiel in der Beratung,<br />

aber auch der Bewerbung von Immobilien.<br />

Wie hat sich die COVID-19-Pandemie auf<br />

Ihr Business ausgewirkt?<br />

Michael Mack: Die Pandemie hat zunächst<br />

natürlich – wie in vielen anderen Branchen<br />

auch – die Frage aufgeworfen, wie es mit dem<br />

eigenen Unternehmen weitergeht und wie wir<br />

unser Geschäft weiterführen können. Wir sind<br />

dann sehr rasch beispielsweise auf Online-<br />

Besichtigungen umgestiegen. Da ist sicher<br />

von Vorteil gewesen, dass wir die Umsetzung<br />

dafür schon – unabhängig von der Krise – vorbereitet<br />

hatten und unsere Kunden dadurch<br />

eigentlich bereits wenige Tage nach Eintreten<br />

des ersten Lockdowns wieder vollumfassend<br />

betreuen konnten.<br />

Natürlich haben sich auch manche Projekte<br />

am Markt zeitlich etwas verzögert, allerdings<br />

haben die Interessenten – durch die allgemeine<br />

Lage bedingt – darauf sehr entspannt<br />

reagiert beziehungsweise haben wir keinen<br />

merklichen Rückgang bei den Anfragen<br />

verzeichnen können.<br />

Gibt es bereits Projekte, die aufgrund der<br />

Marktsituation nicht umgesetzt werden?<br />

Haimovici: Bei den Projekten, die wir betreuen<br />

und vermarkten, ist keines dabei, das nicht<br />

umgesetzt wird. Natürlich sind ganz generell<br />

am Markt die Rahmenbedingungen, nicht<br />

zuletzt auch durch die gestiegenen Baukosten,<br />

schwieriger geworden, sodass es punktuell<br />

dazu kommen kann, dass Projekte nicht – oder<br />

zumindest jetzt nicht – umgesetzt werden.<br />

Wie sehen Sie die Auswirkungen des<br />

Ukraine-Kriegs auf den Wiener Immobilienmarkt?<br />

Mack: Die Nachfrage von potenziellen Kaufinteressenten<br />

aus Russland beziehungsweise der<br />

Ukraine ist eingebrochen, diese Käufergruppe<br />

ist verschwunden beziehungsweise auf den<br />

Mietmarkt gewechselt. Die Art der Energie-<br />

64 ImmoFokus


Ihr schnellster Weg zur<br />

individuellen Bürolösung:<br />

myhive-offices.com<br />

myhive am Wienerberg | myhive Ungargasse<br />

Eine Marke der IMMOFINANZ<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

65


Positionen & Meinungen<br />

„Aufgrund des Zusammenschlusses<br />

ist das Leistungsportfolio der<br />

neuen Marke IMMOcontract noch<br />

schlagkräftiger.“<br />

Sascha Haimovici,<br />

IMMOcontract<br />

Unsere Kunden<br />

schätzen ...<br />

unsere Verlässlichkeit,<br />

unsere<br />

professionelle Vermittlung,<br />

unsere<br />

Expertise.<br />

versorgung war vor der Ukraine-Krise kein<br />

starkes Entscheidungskriterium und spielt<br />

aber aktuell und in Zukunft weiterhin sicher<br />

eine sehr große Rolle.<br />

Nachhaltigkeit und der bewusste Umgang<br />

mit Energie beziehungsweise auch generell<br />

den Ressourcen stehen mehr im Fokus und<br />

beeinflussen die Kaufentscheidung. Soravia<br />

legt auf Nachhaltigkeit und Innovationskraft<br />

schon seit jeher größten Wert, daher wurde<br />

auch bereits beim Projekt TrIIIple ein Wasserkraftwerk<br />

verbaut, das das thermische<br />

Potenzial des Donaukanalwassers zur Heizung<br />

und Kühlung der TrIIIple-Türme und des<br />

Austro Towers nutzt.<br />

Stichwort: Raus aus dem Gas – sind<br />

Wohnungen mit Gasheizungen schwerer<br />

zu vermieten oder zu verkaufen?<br />

Mack: Fakt ist: Etwa ein Drittel des weltweiten<br />

Energieverbrauchs ist auf Gebäude zurückzuführen.<br />

Mit der Entwicklung nachhaltiger<br />

Baukonzepte zeigen wir, welch immenses<br />

Potenzial für umweltfreundliche Ressourcenschonung<br />

und wirtschaftliche Nachhaltigkeit<br />

schon heute gegeben ist.<br />

Unsere Interessenten haben ein aktives Interesse<br />

an nachhaltigen Energieformen, die sich<br />

nicht nur positiv auf die CO2-Bilanz auswirken,<br />

sondern langfristig auch für berechenbar<br />

günstigere Betriebskosten sorgen. Für uns als<br />

IMMOcontract steht daher fest, dass Bauträger<br />

im Rahmen der ESG-Kriterien gefordert sind,<br />

nachhaltiger zu agieren und sich Konzepte<br />

zu überlegen, die auch die herkömmlichen<br />

Zertifizierungsrichtlinien übertreffen – nicht<br />

zuletzt auch durch den Umstand, dass Immobilien,<br />

welche die ESG-Kriterien erfüllen, zu<br />

einem „Must“ am Investmentmarkt werden.<br />

Damit sind bei der Planung und Errichtung<br />

von Immobilien schon heute die zukünftigen<br />

Bedürfnisse der Nutzer sowie die Berücksichtigung<br />

der Anforderungen potenzieller<br />

zukünftiger Investoren unabdingbar.<br />

Auch am Gebrauchtimmobilienmarkt<br />

herrscht natürlich verstärktes Interesse<br />

an Informationen rund um das Thema<br />

Heizung. Unsere Mitarbeiter werden daher<br />

speziell zu diesem Thema geschult, um stets<br />

adäquate Lösungen und Informationen<br />

parat zu haben. Letztendlich hilft uns auch<br />

unser 360°-Immobilien-Ansatz sehr viel,<br />

da wir auf Schwestergesellschaften in der<br />

Adomo, wie zum Beispiel die SEM Energieund<br />

Gebäudemanagement, zurückgreifen<br />

können, um uns Expertise zu diesen<br />

Themenstellungen holen zu können.<br />

Was sind Ihre Ziele für die nächsten<br />

fünf Jahre?<br />

Haimovici: Wir werden unsere Transformation<br />

vom klassischen Immobilienmakler zum<br />

allumfassenden Immo-Experten weiter fortsetzen.<br />

Dadurch entstehen neue Produkte und<br />

Dienstleistungen, die ganz auf die künftigen<br />

Bedürfnisse der Kunden und auf neue Märkte<br />

abzielen.<br />

Zusätzlich arbeiten wir an weiteren starken<br />

und langfristigen Kooperationen, die uns<br />

schon bald völlig neue, nie dagewesene<br />

Vertriebswege eröffnen, die andere Immobilienmakler<br />

in dieser Form nicht anbieten<br />

werden können.<br />

Mieten oder Kaufen?<br />

Es kommt auf die<br />

Lebens- und Einkommenssituation<br />

an.<br />

Kurzdefinition von<br />

Leistbarem Wohnen<br />

Leistbares Wohnen<br />

muss leistbar bleiben und<br />

es muss weiterhin<br />

Förderungen dafür geben,<br />

denn jeder verdient einen<br />

Wohnraum.<br />

66 ImmoFokus


WORDRAP MIT SASCHA HAIMOVICI<br />

Home-Office:<br />

Gekommen, um zu bleiben?<br />

Denke dies wird auf<br />

jedenfalls bleiben<br />

und ist eine sehr<br />

gute Ergänzung zum<br />

Arbeitsalltag.<br />

Kurzdefinition von Luxus<br />

Das, was viele gerne hätten,<br />

aber nur manche sich leisten<br />

können/möchten. Für<br />

mich persönlich bedeutet<br />

Zeit Luxus.<br />

Droht eine<br />

Immobilienblase?<br />

Derzeit nicht<br />

in Österreich.<br />

Investieren Sie selbst in<br />

Immobilien?<br />

Seit 20 Jahren,<br />

dies ist meine<br />

Leidenschaft, die<br />

ich auch zu meinem<br />

Beruf gemacht<br />

habe.<br />

Der aktuelle<br />

Top-Wohntrend …<br />

Smart Home, Hochhäuser,<br />

serviciertes Wohnen,<br />

Homeoffice Möglichkeit,<br />

Freiflächen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

67


Positionen & Meinungen<br />

WORDRAP MIT MICHAEL MACK<br />

Mieten oder Kaufen?<br />

Abhängig von der<br />

Einkommens- und<br />

Lebenssituation und<br />

der zukünftigen<br />

Lebensplanung.<br />

Persönlich:<br />

Kaufen!<br />

Unsere Kunden<br />

schätzen ...<br />

unsere Beratung,<br />

unsere Produktpalette,<br />

unser regionales<br />

Know-how<br />

und daraus folgend<br />

unseren Mehrwert<br />

für sie.<br />

Der aktuelle<br />

Top-Wohntrend …<br />

Nachhaltigkeit<br />

beim Bauen und<br />

Nutzen der<br />

Immobilie.<br />

Droht eine<br />

Immobilienblase?<br />

Nein! Die Preise<br />

orientieren sich an<br />

Angebot und Nachfrage<br />

und es sind<br />

keine regionalen<br />

Überhitzungen zu<br />

erkennen.<br />

Kurzdefinition<br />

von Luxus<br />

Genügend Zeit und<br />

Geld für die Dinge im<br />

Leben zu haben, die<br />

einem persönlich<br />

wichtig sind.<br />

Investieren Sie selbst in<br />

Immobilien?<br />

Ja, aus vollster<br />

Überzeugung und<br />

Leidenschaft zur<br />

Immobilie.<br />

Kurzdefinition von<br />

Leistbarem Wohnen<br />

Das Grundbedürfnis<br />

Wohnen für alle so gut<br />

es geht zugänglich zu<br />

machen.<br />

Home-Office:<br />

Gekommen, um zu bleiben?<br />

Als hybrides Modell<br />

mit Büroanwesenheit<br />

jedenfalls<br />

gekommen, um zu<br />

bleiben.<br />

68 ImmoFokus


„Wenn wir uns für die Zukunft aber etwas<br />

von unserer Politik wünschen dürften, dann<br />

wäre das eine Förderung zur Schaffung von<br />

Wohnungseigentum in Österreich!“<br />

Michael Mack,<br />

IMMOcontract<br />

Mack: Aber auch digital haben wir schon<br />

viele Schritte in Richtung hybrider Makler<br />

gemacht und werden diese Erfolgsstory weiter<br />

fortsetzen. Digitalisierung zur effizienten und<br />

transparenten Abwicklung unseres Geschäfts<br />

steht bei uns absolut im Vordergrund.<br />

Wie ist Ihre Meinung zum Bestellerprinzip?<br />

Noch lässt die Beschlussfassung<br />

auf sich warten – was wird sich für die<br />

IMMOcontract ändern?<br />

Mack: Ich denke, dass das zumindest einmal<br />

angekündigte Bestellerprinzip viele Unternehmen<br />

vor neue Herausforderungen stellt,<br />

mit denen sie sich intensiv auseinandersetzen<br />

müssen.<br />

Wir bereiten uns schon länger darauf vor und<br />

sind mit unserem neuen und umfassenden<br />

Dienstleistungsportfolio, das neben der Unterstützung<br />

der Bauträger bei der Projektplanung<br />

und der Immobilienvermarktung auch die<br />

Immobilienbewertung, die Finanzierung<br />

auch in Partnerschaft mit der Volksbank,<br />

die Vermittlung von Bauherrenmodellen,<br />

Beteiligungsmodellen, Immobilienanleihen,<br />

Vorsorge- und Anlagewohnungen sowie viele<br />

weitere Investmentprodukte beinhaltet, gut<br />

aufgestellt.<br />

Wenn wir uns für die Zukunft aber etwas von<br />

unserer Politik wünschen dürften, dann wäre<br />

das eine Förderung zur Schaffung von Wohnungseigentum<br />

in Österreich! Ich glaube fest<br />

daran, dass die Erhaltung des Wohlstandes in<br />

Österreich nicht durch die Streichung einer<br />

Provision erreicht wird, sondern eher durch<br />

die breitere Schaffung von Eigentum – da sind<br />

wir nämlich europaweit eher am unteren Ende<br />

angesiedelt.<br />

Investmentmarkt: Wer ist der Top-Game-<br />

Changer, die COVID-Pandemie, ESG oder<br />

doch die Zinswende?<br />

Haimovici: Ich glaube nicht, dass man auf<br />

einer wirtschaftlichen Ebene die Ereignisse,<br />

die uns tagtäglich beschäftigen, voneinander<br />

entkoppelt betrachten kann und soll. Fakt ist,<br />

dass wir uns derzeit in einer sehr komplexen<br />

Situation befinden, aus der wir auch für die<br />

Zukunft viel lernen können.<br />

Anders ausgedrückt: Wir müssen aus den<br />

Faktoren, die speziell auch den Immobilienmarkt<br />

beeinflussen, Produkte und Leistungen<br />

entwickeln, die nachhaltig auch für Investoren<br />

attraktiv sind, ohne – und ich denke, das ist<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

69


Positionen & Meinungen<br />

Michael Mack<br />

Seit 1. April <strong>2022</strong> hat Michael Mack – gemeinsam mit dem langjährigen<br />

Geschäftsführer Sascha Haimovici – die Geschäftsführung von<br />

IMMOcontract übernommen Über die letzten 10 Jahre war Michael<br />

Mack maßgeblich am Aufbau der RIV Raiffeisen Immobilien Vermittlung<br />

NÖ/Wien/Burgenland sowie der Dachmarke Raiffeisen<br />

Immobilien Österreich beteiligt. Mack studierte Betriebswirtschaft<br />

an der Wirtschaftsuniversität Wien sowie der FH Wien der WKW.<br />

Mack bringt nicht nur langjähriges Know-how im Maklergeschäft,<br />

sondern auch in den Bereichen Finanzen, Controlling, IT und<br />

Digitalisierung mit.<br />

ein wichtiger Punkt – spekulativ zu sein.<br />

Allgemein bemerken wir, dass die aktuelle<br />

Wirtschaftslage und die durch verschiedene<br />

Krisen hervorgerufene Unsicherheit an den<br />

klassischen Finanzmärkten weiter für einen<br />

klaren Trend Richtung Sach- und Immobilienwerte<br />

sorgen.<br />

Ad Zinswende: Die niedrigen Zinsen<br />

haben den Immobilienmarkt angetrieben.<br />

Die EZB hat für diese Woche<br />

weitere Erhöhungen angekündigt. Die<br />

Steuerberatungskanzlei Mazars hat vor<br />

kurzem gewarnt, dass die Steuervorteile<br />

der Vorsorgewohnung durch die jüngsten<br />

Zinserhöhungen verpuffen könnten.<br />

Die Gefahr der Liebhaberei drohe. Wie<br />

sehen Sie die Lage?<br />

Haimovici: Die aktuelle Niedrigzinspolitik, die<br />

bislang auch für Immobilieninvestitionen ein<br />

Motor war, wird sich – wenn man in den Markt<br />

hineinhört – definitiv weiterhin ändern. Ich<br />

gehe davon aus, dass es noch heuer zu einer<br />

weiteren Erhöhung über die derzeitigen 0,5<br />

Prozent hinaus kommen wird.<br />

„Digitalisierung zur effizienten<br />

und transparenten Abwicklung<br />

unseres Geschäfts steht bei uns<br />

absolut im Vordergrund.“<br />

Für den Wohnungseigentumsmarkt bedeutet<br />

das, dass sich der langfristige Vorteil, der sich<br />

durch die Schaffung von eigenem Wohnraum<br />

und der Selbstnutzung, aber auch der Vermietung<br />

ergeben hat, verringern wird.<br />

Sowohl private wie auch institutionelle Investoren<br />

möchten Spekulation vermeiden, das<br />

heißt, dass die Sicherheit der Anlage – auch in<br />

Hinblick auf die zu erwartenden Renditen – im<br />

Vordergrund steht.<br />

Michael Mack,<br />

IMMOcontract<br />

Mack: Dafür gibt es einige Modelle am Markt,<br />

wobei wir gerade bei den Privaten sehen, dass<br />

Bauherrenmodelle durch langfristig garantierte<br />

Mieterträge dank einer beständigen<br />

Nachfrage nach hochwertigem, leistbarem<br />

Wohnraum in geförderten Projekten verstärkt<br />

nachgefragt werden.<br />

Für welche Anlageform man sich auch immer<br />

entscheidet: Wichtig ist es, sich den Rat von<br />

Profis zu holen und nicht auf Versprechungen<br />

70 ImmoFokus


alleine zu hören. Bei der IMMOcontract<br />

analysieren wir für unsere Kunden die unterschiedlichsten<br />

Anlageformen und können so<br />

die entsprechenden Vorschläge unterbreiten.<br />

Dafür rechnen wir die Projekte entsprechend<br />

und anhand ihres Lebenszyklus komplett<br />

durch und achten auch auf Details wie beispielsweise<br />

die Zweit- oder Drittvermietung<br />

und die daraus für den Anleger entsprechend<br />

resultierenden Kosten. Entscheidend ist für<br />

uns in der Betrachtung außerdem auch immer<br />

das persönliche Profil bezüglich Einkommen<br />

und verfügbarem Grundkapital, das Motiv für<br />

das Investment und die Erwartungshaltung<br />

in punkto Rendite. Bei der IMMOcontract ist<br />

für uns nicht nur jede Immobilie einzigartig,<br />

sondern auch jeder Kunde, jede Kundin.<br />

In einem Interview haben Sie gesagt:<br />

„Im Bereich Digitalisierung möchten wir<br />

Vorreiter werden.“ Ihre mittelfristigen<br />

Pläne?<br />

Mack: Es stimmt: Gerade im Bereich Digitalisierung<br />

möchten wir Vorreiter werden. Daher<br />

arbeiten wir laufend daran, unser digitales<br />

Angebot zu erweitern, auch wenn sich in den<br />

letzten Jahren schon einiges getan hat.<br />

Schon jetzt setzen wir beispielsweise auf<br />

künstliche Intelligenz, um laufend Kontakt<br />

zu Interessenten zu haben. So bleibt mehr<br />

Zeit für die individuelle Beratung unserer<br />

Kunden. Unsere digitalen Lösungen ermöglichen<br />

unter anderem die Vereinbarung von<br />

Besichtigungsterminen, Reservierungen,<br />

Bearbeitung von Anfragen nach Kauf<br />

oder Miete bis hin zur Koordinierung von<br />

Unterfertigungsterminen.<br />

Screens in den Volksbanken-Filialen, digitale<br />

3D-Modelle unserer Immobilienprojekte<br />

sowie virtuelle Wohnungsbesichtigungen<br />

ergänzen unser digitales Portfolio. Aktuell<br />

sind wir kurz vor Launch eines Voicebots,<br />

der telefonische Anfragen zur Immobilienbewertung<br />

automatisch beantworten kann<br />

und unseren Kunden daher 24/7 Auskunft<br />

über den aktuellen Preis ihrer Immobilie<br />

geben kann.<br />

Spannend ist für uns in der IMMOcontract<br />

auch die neue Partnerschaft zwischen Soravia,<br />

Google Cloud und Nagarro, die den Bau<br />

intelligent vernetzter, energieneutraler Städte<br />

sowie smarte, innovative Services für Kunden<br />

und Investoren forcieren soll.<br />

Dieses und viele andere Projekte, so sind wir<br />

überzeugt, sollen unseren Kunden ein einzigartiges<br />

digitales wie auch analoges Erlebnis<br />

beim Kauf ihrer Immobilie bieten und ein<br />

barrierefreies Switchen zwischen der digitalen<br />

und der analogen Welt ermöglichen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

71


Positionen & Meinungen<br />

Zu<br />

Tisch<br />

mit …<br />

Peter Ulm<br />

Gedanken zu einem Menü verfasst<br />

72 ImmoFokus


Rückschritt im Fortschritt<br />

Fortschritt im Rückschritt<br />

Keine Blasengefahr. Empira Geschäftsführer Peter Ulm blickt weiterhin positiv in die Zukunft:<br />

„Wir stehen vor krisenhaften Herausforderungen, die uns beschäftigen werden, die aber alle bewältigbar sind.“<br />

Das Gespräch führte: Michael Neubauer<br />

D<br />

as letzte große Interview mit Peter<br />

Ulm liegt rund sechs Jahre zurück.<br />

Damals trafen wir ihn auf der<br />

Dachterrasse des Palais Kolin, für<br />

das Covershooting mit Rennrad und Golfschläger.<br />

Heute ist mein Gesprächspartner mit Messer<br />

und Gabel bewaffnet. Ein Business-Lunch im<br />

Hansen ist angesagt.<br />

„Ausgezeichnete Qualität – tolles Preis-/Leistungsverhältnis“,<br />

begründet Ulm seine Wahl.<br />

In den vergangenen Jahren hat der aus der<br />

Steiermark stammende Immobilien-Manager<br />

eine, wie er selbst betont, „durchaus interessante<br />

Entwicklung“ durchlaufen. Selbst steht<br />

Ulm selten am Herd. „Ich bin der klassische<br />

Männerkoch – aber der Grill gehört mir“, betont<br />

Ulm. „Meiner Meinung nach bin ich einer<br />

der besten Steak-Brater. Steak, schön große<br />

Fleischstücke – Spinat und den Salat dazu<br />

schaffe ich noch. Aber dann wird es schon<br />

knapp.“ Ulm ist Mitglied einer privaten Steakund<br />

Weinrunde. „Wir sind acht und treffen<br />

einander abwechselnd daheim. Eine strenge<br />

Regel steht fest: Es gibt nur Fleisch, Spinat,<br />

Wein und Käse. Dort in etwa bin ich kochtechnisch<br />

aufgehoben. Aber meine Frau ist eine<br />

hervorragende Köchin.“<br />

Peter Ulm wählt als Vorspeise klare Tomatenconsommé<br />

mit Bruschetta, als Hauptgang<br />

Blattsalat mit gegrillten Maishendlbruststreifen<br />

vom Steirerhuhn. Ich greife zu Karotten-<br />

Ingwersuppe mit Garnelentartar und Sesamöl<br />

gefolgt von einem Risotto mit Fisolen und Dill.<br />

Dazu gibt es Apfelsaft, gespritzt.<br />

Neuen Projektentwickler aufbauen<br />

„Ich habe die 6B47 nicht verlassen, weil ich<br />

mich nicht mehr wohlgefühlt habe, sondern<br />

weil ich den Wunsch nach einer neuen Herausforderung<br />

verspürt habe. Die 6B47 ist<br />

Teil meines Lebens. Das war eine tolle Zeit<br />

und wir haben auch wirklich tolle Projekte<br />

realisieren können“, erzählt Ulm. Hinter der<br />

Neugründung der allora Immobilien stand<br />

die Idee, noch einmal einen Projektentwickler<br />

aufbauen zu können. „Mit einem sehr kapitalstarken<br />

Partner, der es ermöglicht, selektiv<br />

gute Projekte mit einem kleinen Team machen<br />

zu können. Für mich war das auch ein wenig<br />

Rückschritt im Fortschritt oder Fortschritt im<br />

Rückschritt – wie man das sieht.“<br />

Gereizt habe ihn dabei die Möglichkeit, den<br />

Immobilien wieder nahe zu kommen, bei der<br />

Projektentwicklung wieder unmittelbar beteiligt<br />

zu sein. „In der 6B47 hatten wir, wie ich<br />

gegangen bin, rund 120 Mitarbeiter.“ Als CEO<br />

war er da schon sehr weit weg von der Immobilienentwicklung:<br />

„30 Prozent meiner Arbeit<br />

bestand darin, mit den Investoren zu kommunizieren.“<br />

Heute macht es ihm einfach Spaß, in<br />

vielen Dingen wieder selbst Hand anlegen zu<br />

können. „Auch wenn ich mittlerweile wieder<br />

Teil einer größeren Gruppierung, der Empira<br />

bin“, fügt er hinzu.<br />

Veränderungen und Verwerfungen<br />

Aber auch am Immobilienmarkt hat sich in<br />

den vergangenen Jahren viel verändert: „Wir<br />

haben fünf Jahre ungebrochenes Wachstum,<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

73


Positionen & Meinungen<br />

einen nicht enden wollenden Kapitalzufluss<br />

und Wertzuwächse gesehen. Der Markt war<br />

von Euphorie getragen.“ Jetzt aber stünden wir<br />

vor signifikanten Änderungen.<br />

Im Gegensatz zu anderen Marktteilnehmern<br />

nimmt Ulm das Wort Krise in den Mund. „Ja.<br />

Ich würde von einer Krise sprechen. Es ist einfach<br />

unehrlich, die Krise zu verleugnen. Ich<br />

würde aber nie davon sprechen, dass eine Blase<br />

geplatzt ist. Ich sehe keine Immobilienblase.“<br />

Keine Blasengefahr<br />

2008, da ist wirklich eine Blase geplatzt. „Ein<br />

massiv überschuldeter und fremdfinanzierter<br />

Markt, der durch eine Wertkorrektur in eine<br />

massive Kapitalknappheit geschlittert ist, die<br />

Finanzierungsblase zum Platzen gebracht und<br />

den gesamten Markt neu aufgemischt hat. Das<br />

war eine richtig große Blase.“ Heute sei die<br />

Lage komplett anders. „Der große Treiber in<br />

den letzten fünf Jahren war Equity, Eigenkapitalzufluss<br />

in der Immobilie. Was wir haben<br />

sind massiv gestiegene Preise. Eine Herausforderung,<br />

Finanzierungen zu strukturieren.<br />

Eine, nennen wir es einmal, Rohstoffknappheit.<br />

Eine Umbruchzeit, weil wir plötzlich jetzt<br />

im Home-Office sind, weil wir vielleicht andere<br />

Wohngewohnheiten haben. Eine Inflation, die<br />

sehr wohl auf das private Börserl drückt und<br />

die Leistbarkeit der Immobilie erschwert. Also<br />

wir haben einige Parameter, die ich als krisenhaft<br />

bezeichnen würde. Das ist aber jetzt keine<br />

Krise, vor der ich stehe und sage: ‚Ich habe so<br />

wahnsinnig Angst‘.“<br />

Krisenhafte Herausforderungen<br />

Aber es werde schwierig, räumt Ulm ein. „Wir<br />

stehen vor krisenhaften Herausforderungen,<br />

die uns beschäftigen werden, die aber alle bewältigbar<br />

sind.“ Eines steht für den Immobilienexperten<br />

fest: „Die Immobilie wird sich vom<br />

Finanzprodukt wieder zurück zur Immobilie<br />

entwickeln. Und das ist gut so.“ Die Branche<br />

habe sich entwickelt, um für institutionelle Investoren<br />

ein Finanzprodukt zu kreieren. Jetzt<br />

aber steht der Nutzer der Immobilie wieder im<br />

Vordergrund: „Wenn ich ein gutes Produkt für<br />

74 ImmoFokus


VÖPE<br />

Die Vereinigung österreichischer Projektentwickler (VÖPE) setzt sich dafür ein, im<br />

Austausch mit den Stakeholdern der Branche verlässliche und transparente Rahmenbedingungen<br />

für die Projektentwickler Österreichs herzustellen. Aktuell sind 57 Bauträger<br />

österreichweit Mitglieder der VÖPE, von der Kapitalgesellschaft bis zum lokalen Familienbetrieb.<br />

Deren Volumen umfasst rund 500 Projektentwicklungen pro Jahr bei einem<br />

jährlichen Investitionsvolumen von circa sechs Milliarden Euro.<br />

den Hotelbetreiber, für den Wohnungsnutzer,<br />

für den Käufer, für den Retail-Kunden entwickle,<br />

dann wird dieses Produkt auch wieder<br />

Abnehmer finden. Dann funktioniert es auch<br />

als Finanzprodukt. Das halte ich für keine ungesunde<br />

Entwicklung.“<br />

Dass am Markt vorbei gebaut wurde, so weit<br />

will Ulm aber nicht gehen. „Ich glaube nicht,<br />

dass am Markt vorbeigebaut wurde. Aber<br />

durch das starke Vorhandensein von Kapital<br />

wurde einfach ein Turbo-Boost gezündet. Und<br />

ich könnte mir schon vorstellen, dass da vielleicht<br />

an der einen oder anderen Ecke Überproduktion<br />

entstanden ist.“<br />

„Ich komme ursprünglich aus der Büroentwicklung.<br />

Dort war es früher üblich, erst mit<br />

Erreichen eines substanziellen Vermietungsstandes<br />

zu bauen zu beginnen. Als wir unseren<br />

ersten Wohnbau 2010 oder 2011 in München<br />

an einen großen Investor verkauft haben,<br />

war das Closing bei 75, 80 Prozent Vermietungsstand.<br />

Das Vermietungsrisiko hatte der<br />

Developer. Der Developer musste den Beweis<br />

antreten, dass sein Projekt funktioniert: ‚Proofof-Concept‘.“<br />

Heute liege das Vermietungsrisiko<br />

häufig bei den Investoren, die ihre Mieterstruktur<br />

selbst beeinflussen wollen.<br />

Marktbereinigung<br />

Ohne Schmerzen für die Branche werde es<br />

aber nicht gehen. „Es wird zu einer Marktbereinigung<br />

kommen“, ist Ulm überzeugt. „Aber<br />

nicht im Sinne von großartigen Insolvenzen.<br />

Das eine oder andere Projekt wird schwerer<br />

realisierbar sein.“ Das Development wird kapitalintensiver<br />

werden. Die Forward-Deals werden<br />

schwieriger, auch weil die Banken höhere<br />

Kapitalerfordernisse einfordern. Damit gehe<br />

eine Verlangsamung der Produktion einher.<br />

Sinkende Preise? Für Ulm kein Thema.<br />

Auf dem Büromarkt kann es nicht mehr günstiger<br />

werden. „Im Büromarkt stehen wir viel<br />

mehr einfach vor der Frage, wie viel Büro zukünftig<br />

noch benötigt wird. Wie viel spielt sich<br />

zu Hause ab?“ Der Büromarkt ist geprägt von<br />

Verschiebungen – von nicht mehr modernen<br />

zu moderneren Flächen – zu den Clustern. Dies<br />

sehe man auch an den Neuvermietungsraten in<br />

Wien. Die Zeiten der großen Konsolidierungen<br />

aber seien vorbei. Aber: Für ein modernes, gut<br />

entwickeltes Büroprodukt gibt es einen Markt.<br />

Jetzt Termin<br />

vereinbaren<br />

DIE TPA GRUPPE<br />

AUF DER<br />

EXPO REAL:<br />

4.– 6. Oktober<br />

neuer Standort!<br />

Halle C2 I Stand 230<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

75


Positionen & Meinungen<br />

EMPIRA<br />

Die Empira Group bietet institutionellen Investoren eine vertikal integrierte<br />

Plattform für Immobilieninvestments in Europa und den USA. Mit<br />

einem Anlagevolumen von rund 6,4 Milliarden Euro ist Empira führend<br />

im deutschsprachigen Raum bei der Entwicklung neuartiger und renditestarker<br />

Investmentansätze in den Bereichen Equity und Debt. Das<br />

Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Zug, Schweiz, eine Tochtergesellschaft<br />

in Luxemburg sowie weitere Niederlassungen in Deutschland,<br />

Österreich, Großbritannien, Dubai und den USA.<br />

Wobei das Thema Nachhaltigkeit immer mehr<br />

ins Spiel kommt. „Es geht wieder vermehrt um<br />

‚Multifunktionalität‘. Wie schaffe ich es, dass<br />

ein Gebäude mehrere Leben hat? Die Ringstraßenpalais<br />

haben sicher schon ihre sieben<br />

Leben gehabt.“ Familienpalais, Büro, Hotel,<br />

Kärntner Ringstraßen-Galerie in Retail und<br />

alles wieder zurück zu Wohnungen. Das ist<br />

gelebte Nachhaltigkeit.“<br />

Wohnungs-Hype folgt dem Büro-Hype<br />

Nicht mehr moderne Büroflächen gebe es genug:<br />

„In den 2000er Jahren waren wir halt gerade<br />

in einem Büro-Hype. Da ist ein Büro nach<br />

dem anderen rausgeschossen und dann rasch<br />

verkauft worden. Jetzt sind wir halt ein wenig<br />

in einem Wohnungs-Hype.“<br />

Dass Wien keinen Nettozuwachs an Büroflächen<br />

braucht, habe auch mit der Standortpolitik<br />

zu tun. „Ich habe gestern einen wunderbaren<br />

Artikel gelesen, in dem die Transformation<br />

der Verbrennungsmotoren zur E-Mobilität<br />

unabhängig davon, ob das jetzt ökologisch<br />

sinnvoll ist oder nicht, beleuchtet wurde. Die<br />

ganze Autozulieferindustrie für Verbrennungsmotoren<br />

in Europa, die in Österreich<br />

stark vertreten war, geht weg, weil die Hauptzulieferkomponenten<br />

für Elektromobilität aus<br />

Asien kommen. Ich glaube, dass wir da wirtschaftspolitisch<br />

in der EU laufend Entscheidungen<br />

getroffen haben, die nicht unbedingt<br />

unseren Wirtschaftsstandort gefördert haben.<br />

Wir haben ein Manko an Forschung, an New<br />

Economy, an Start-ups.“<br />

Im Urlaub hat Ulm die Zeit genutzt um zwei<br />

Bücher über den Wirecard-Skandal zu lesen.<br />

Das interessante war dabei, dass Wirecard<br />

über drei Jahre lang der Stolz der deutschen Finanzwirtschaft<br />

war, endlich einmal ein High-<br />

Tech-, sogar ein IT-High-Tech-Unternehmen<br />

in Europa zu haben, und nicht nur die Googles<br />

und Amazons. „Europa hat hier eindeutig<br />

etwas verpasst“, spekuliert er. Wien sei aber<br />

mit dem Fachkonzept „Produktive Stadt“ am<br />

richtigen Weg.<br />

Wohnbau auf dem Prüfstand<br />

Den Wohnungsmarkt sieht Ulm differenzierter.<br />

„In den einkommensstärkeren Bezirken<br />

sehe ich definitiv keine Preiskorrektur. In den<br />

einkommensschwächeren Bezirken, in denen<br />

sehr viel geförderter Wohnbau, aber auch freifinanzierter<br />

Wohnbau errichtet wird, glaube ich,<br />

dass jedenfalls ein Plateau erreicht ist. Eine ungebremste<br />

Preissteigerung sehe ich keinesfalls.“<br />

Ulm steht auch der Vereinigung österreichischer<br />

Projektentwickler (VÖPE) als deren Sprecher<br />

vor. Doch gibt es nicht schon genug Verbände?<br />

„Es gibt genug Verbände – aber keine<br />

einzige Interessenvertretung, die ausschließlich<br />

die Interessen der Projektentwicklung<br />

repräsentiert. In den einzelnen Verbänden gibt<br />

es großartige Vertreter – im ÖVI zum Beispiel<br />

Klaus Wolfinger, den ich als Experten sehr,<br />

sehr schätze.“<br />

Aber einen eigenen, ausgewiesenen Interessenverband,<br />

der nur die Interessen der Bau-<br />

76 ImmoFokus


Peter Ulm<br />

Peter Ulm startete seine Karriere 1993 bei der Immorent AG,<br />

einem Tochterunternehmen der Erste Bank Group. 2000<br />

wurde er Vorstand der Zwerenz & Krause AG und war von<br />

2003 bis 2007 Partner der Akron Gruppe. Von 2008 bis 2011<br />

war er als Berater für Immobilien Developments und Entwickler<br />

von Fachmarktzentren aktiv. Von 2011 bis 2019 leitete er als<br />

Vorsitzender des Vorstands die 6B47 Real Estate Investors AG.<br />

2019 erfolgte die Gründung der allora Immobilien. Seit 2020<br />

ist Ulm auch Geschäftsführer der Empira Management, einer<br />

Tochter der Schweizer Empira Group.<br />

träger und der Projektentwickler stützt, gab es<br />

dennoch nicht. Ein Wiener Politiker, so Ulm,<br />

hatte es einmal sehr gut formuliert: „Mit euch<br />

ist es echt schrecklich. Ich mache mit einem<br />

was aus und dann kommt der Nächste und es<br />

geht wieder alles von vorne los.“ Der zweite<br />

Grund sei das nicht zum Vorteil reichende<br />

Image, und auch die falsche Wahrnehmung,<br />

Projektentwickler sei automatisch der, der<br />

Schuld ist am teuren Wohnraum. Die Initiative<br />

sei bei den Behörden gut angekommen, aber<br />

„mit einem Ost-West-Gefälle“. Je weiter nach<br />

Westen, desto schwieriger werde es, als Ansprechpartner<br />

akzeptiert zu werden.<br />

Man ist um einen möglichst offenen Dialog<br />

bemüht. In Wien wurde zum Beispiel mit der<br />

Baudirektion Wien eine Arbeitsgruppe ins<br />

Leben gerufen, in der einen ganzen Tag über<br />

Ideen zur Neugestaltung der Raumordnung<br />

diskutiert wurde. Da geht es auch um den<br />

Aufbau von Vertrauen. Wien ist laut Ulm ein<br />

Beispiel für wirklich gute Zusammenarbeit.<br />

Schnell noch zwei Espresso – auf Süßes zum<br />

Nachtisch wird verzichtet.<br />

Eine bessere Zusammenarbeit wünscht er sich<br />

bei den städtebaulichen Verträgen. „Wenn ich<br />

ein großes Areal einkaufe, dann muss ich vorher<br />

wissen, was auf mich zukommt. Wenn wir<br />

mit leicht verdeckten Karten spielen, dann entstehen<br />

Probleme, wie wir sie aus der Vergangenheit<br />

kennen.“ Die Lösung: „Transparenz.<br />

„Wenn wir mit<br />

leicht verdeckten<br />

Karten spielen,<br />

dann entstehen<br />

Probleme.“<br />

Peter Ulm<br />

Empira<br />

Diese schafft auch Berechenbarkeit. Für jeden<br />

sollten die gleichen Spielregeln gelten.“<br />

Vorteile würde auch eine Kompetenzbündelung<br />

an einer Stelle bringen. „Wir sind in einer<br />

Querschnittsmaterie – da wäre es einfacher, an<br />

einer Stelle zu verhandeln. Dass bei den städtebaulichen<br />

Verträgen Reformbedarf besteht,<br />

daran besteht kein Zweifel, was sich auch in<br />

der Anzahl der Projekte mit städtebaulichen<br />

Verträgen zeigt, die überschaubar ist.“<br />

Auch bei der Widmung „Geförderter Wohnbau“<br />

sieht Ulm Handlungsbedarf: „Eine umsetzungsorientierte<br />

Kompetenzregelung, die dem<br />

Ausführenden mehr Spielraum gibt, würde die<br />

Sache einfacher machen.“ <br />

Lokal<br />

DAS SAGT DER FALSTAFF<br />

Seit Jahren eine verlässliche Adresse für<br />

moderne Regionalküche mit internationalen<br />

Akzenten. Anita und Leo Doppler sind<br />

perfekte Gastgeber, und das Ambiente in<br />

der ehemaligen Börse ist ohnehin ein Traum.<br />

(86 Punkte, 2 Gabeln)<br />

DAS SAGT DER IMMOFOKUS<br />

Es gibt eine kleine, feine Auswahl an Speisen,<br />

Spezialität des Hauses sind die verschiedenen<br />

Risotti. Das Ambiente ist außergewöhnlich,<br />

durch die hohe Decke hallt es ein bisschen,<br />

und es hat einen entsprechenden Geräuschpegel.<br />

Alles in allem eine angenehme Stimmung<br />

und gutes Essen.<br />

Restaurant Hansen<br />

Wipplingerstraße 34 – 1010 Wien<br />

Öffnungszeiten<br />

Montag bis Freitag: 9 bis 23 Uhr<br />

(Küche bis 21.30 Uhr)<br />

Samstag: 9 bis 16 Uhr<br />

(Küche bis 15 Uhr)<br />

Sonn- und Feiertag geschlossen.<br />

www.hansen.co.at<br />

ImmoFokus Restaurantguide<br />

17<br />

PUNKTE<br />

Essen:<br />

Service:<br />

Weinkarte:<br />

Ambiente:<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

77


Positionen & Meinungen<br />

„Wir hatten einen sehr<br />

intensiven Sommer“<br />

Große Pläne. Michael Klement, CEO der United Benefits Holding, spricht im Interview unter anderem über<br />

das „absolute Wachstumsfeld“ ESG, die Stimmung am Investmentmarkt und wie die Expansionspläne seines<br />

Unternehmens voranschreiten.<br />

Das Gespräch führte: Patrick Baldia<br />

Die Zinswende ist erfolgt, müssen wir uns<br />

jetzt wieder auf schmerzhaft hohe Niveaus<br />

ähnlich wie in den 90er Jahren einstellen?<br />

Michael Klement: Kurz- und mittelfristig müssen<br />

wir uns wohl auf weiter steigende Zinsen<br />

einstellen. Ich erwarte aber keine Horrorszenarien<br />

wie etwa in den Nuller-Jahren, als sie<br />

bei rund sechs Prozent lagen. Wahrscheinlich<br />

werden wir uns für die kommenden fünf<br />

Jahre auf rund drei Prozent einstellen müssen.<br />

Langfristig sehe ich wieder niedrigere Zinsen.<br />

Man darf nicht vergessen, dass die Zinserhöhung<br />

eine Maßnahme gegen die wuchernde<br />

Inflation ist.<br />

Wie würden Sie die Stimmungslage am<br />

Markt einschätzen? Folgt auf das Ende der<br />

langen Immobilien-Party der große Kater?<br />

Zweifellos ist am Markt aktuell viel Unsicherheit<br />

auszumachen. Schließlich sind ja die<br />

Finanzierungskosten deutlich gestiegen. Es ist<br />

aber auch nicht mehr so einfach, zu Krediten<br />

zu kommen, weshalb bei dem einen oder<br />

anderen Projekt bereits auf die Stopp-Taste<br />

gedrückt wurde. Wenngleich dabei natürlich<br />

auch die hohen Baupreise eine Rolle gespielt<br />

haben. Aber Unsicherheit sehe ich nicht nur<br />

bei Investoren, Entwicklern oder Bankern,<br />

sondern vor allem bei normalen Menschen.<br />

Die Betriebskosten haben ja ein extremes<br />

78 ImmoFokus


Niveau erreicht und werden zumindest kurzfristig<br />

weiter steigen. Die Gesamtbelastung für<br />

Mieter hat insgesamt extrem zugenommen.<br />

Werden die Immobilienpreise<br />

weiter steigen?<br />

In den kommenden zwölf Monaten sind<br />

weitere starke Anstiege durchaus möglich.<br />

Vor allem in den Ballungsräumen. Aber<br />

ausschließlich inflationsgetrieben. Danach<br />

erwarte ich eine Seitwärtsbewegung. Fallende<br />

Preise sehe ich nicht. Anstiege wie in den<br />

letzten Jahren aber auch nicht. Diese waren<br />

aus meiner Sicht auch ungesund.<br />

Wie schaut es mit den Mieten aus?<br />

Ich glaube, dass wir bei den Mieten nicht mehr<br />

viel Spielraum nach oben haben. Andererseits<br />

rechne ich auch nicht mit Rückgängen, sie<br />

sollten sich vielmehr auf einem normalen<br />

Niveau einpendeln.<br />

Wurden die Menschen, was die Höhe der<br />

Kreditzinsen betrifft, auf dem falschen<br />

Fuß erwischt?<br />

Ich glaube, dass mit einem Anstieg auf 1,5 bis<br />

zwei Prozent gerechnet wurde. Tatsächlich ist<br />

es doppelt so viel geworden. Was erschwerend<br />

dazukommt: Wer mit gesichertem Einkommen<br />

in den letzten fünf Jahren Eigentum<br />

kaufen wollte, hat praktisch kein Eigenkapital<br />

benötigt. Jetzt sind mindestens 20 Prozent<br />

vorgeschrieben. Bei einer durchschnittlichen<br />

Anlegerwohnung in Wien, die rund 350.000<br />

Euro kostet, wären das 70.000 Euro. Bei<br />

Michael Klement<br />

Eigennutzerobjekten reden wir von mehr<br />

als 100.000 Euro. Wer hat solche Summen<br />

heutzutage schon liquide verfügbar? Auch<br />

mag die Laufzeitbegrenzung aus Risikosicht<br />

vernünftig sein. Ich bin hier jedoch von<br />

England geprägt, wo aufgrund der hohen<br />

Immobilienpreise unbegrenzte Laufzeiten<br />

üblich sind. Dort verschuldet sich der Käufer,<br />

seine Kinder erben das Eigentum und die<br />

restlichen Schulden.<br />

„Wir wollen in die ESG-Beratung<br />

gehen und arbeiten aktuell an<br />

einem Joint-Venture mit einem<br />

sehr namhaften Partner aus der<br />

Baubranche.“<br />

Michael Klement,<br />

United Benefits Holding<br />

Der gebürtige Oberösterreicher war nach abgeschlossenen Studien der Rechtswissenschaften<br />

und Immobilienwirtschaft viele Jahre als Asset- und Investmentmanager<br />

in Führungsaufgaben tätig, etwa bei CA Immo und bei Signa. 2015<br />

heuerte er bei Invester United Benefits an. 2017 wechselte er als COO in den<br />

Vorstand. Ein Jahr später trat er den Posten als CEO an. Seit 2021 übt er diese<br />

Funktion auch in der United Benefits Holding aus.<br />

Wird die Zinswende eine Konsolidierungswelle<br />

auslösen?<br />

Ich hoffe nicht. Vor allem, wenn man<br />

bedenkt, wie wichtig die Immobilienbranche<br />

für die Gesamtwirtschaft ist. Grundsätzlich<br />

glaube ich aber, dass es zu einer gewissen<br />

Konsolidierung kommen muss. In den letzten<br />

Jahren ist ja fast jeder, der Geld und/oder<br />

ein Grundstück hatte, als Projektentwickler<br />

aufgetreten. Das wird es künftig nicht mehr<br />

geben. Dennoch glaube ich nicht, dass wir<br />

uns vor einer großen Konsolidierungswelle<br />

fürchten müssen.<br />

Wie nehmen Sie aktuell das Geschehen am<br />

Investmentmarkt wahr?<br />

Wir sehen derzeit weniger Deals. Und wenn,<br />

dann eher Tradings von Projektentwicklungen<br />

oder Liegenschaften, was es früher nicht gegeben<br />

hat. Wir selbst haben glücklicherweise<br />

einen sehr intensiven Sommer gehabt.<br />

Erwarten Sie auch einen intensiven<br />

Herbst?<br />

Das ist im aktuellen Umfeld natürlich schwer<br />

zu sagen. Normalerweise ist das vierte Quartal<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

79


Positionen & Meinungen<br />

bei uns immer das stärkste beziehungsweise<br />

heißeste des Jahres. Ich nehme aber mal an,<br />

dass bis Ende <strong>2022</strong> zumindest etwas Bewegung<br />

reinkommt und wir das eine oder andere<br />

verkünden können.<br />

Wie steht es um Ihre Expansionspläne?<br />

Im letzten Interview mit dem ImmoFokus<br />

haben Sie ja ambitionierte Ziele genannt…<br />

Wir haben Anfang 2021 zwei klare Wachstumsziele<br />

formuliert: Erstens wollten wir<br />

nach Deutschland expandieren. Das ist uns,<br />

glaube ich, sehr gut gelungen. Unser Münchener<br />

Team besteht heute aus 15 Personen.<br />

Und im Frühjahr haben wir als Entwickler in<br />

Nürnberg unser erstes Großprojekt – konkret<br />

im Bürobereich – akquiriert. Zweitens<br />

wollten wir im Fondsbereich das institutionelle<br />

Geschäft stark ausbauen. Auch das ist<br />

uns bislang gelungen. Obwohl das Umfeld<br />

mit Corona und Ukraine-Krieg nicht einfach<br />

ist, halten wir am Ziel fest, bis Ende 2025 die<br />

Assets under Management auf fünf Milliarden<br />

Euro zu steigern.<br />

Wird Ihr strategischer Fokus weiter auf<br />

Wien gerichtet sein? Man sieht ja etwa bei<br />

vielen gelisteten Immobilienfirmen, dass<br />

die Tendenz aus Österreich raus geht…<br />

Wien wird weiter unser absoluter Kernmarkt<br />

bleiben. Das heißt aber nicht, dass wir uns<br />

nicht andere Regionen anschauen. Zum<br />

Beispiel stehen wir vor der Akquisition<br />

unseres ersten Objekts in Polen. Und wie<br />

gesagt: Süddeutschland, also alles, was südlich<br />

von Frankfurt liegt, interessiert uns sehr. Aber<br />

auch die Benelux-Staaten sind für uns ein<br />

Thema. Was die Assetklassen betrifft, liegt der<br />

Fokus weiter bei Wohnen und Gewerbe. Man<br />

darf nicht vergessen, dass wir eigentlich aus<br />

der Gewerbeecke kommen. Erst in den letzten<br />

Jahren haben wir uns zyklusbedingt dem<br />

Wohnen zugewandt.<br />

Als Projektentwickler gilt es ja, gesellschaftliche<br />

Trends und Entwicklungen<br />

zu antizipieren und entsprechend umzusetzen.<br />

Wie werden beispielsweise die<br />

Wohnungen von übermorgen ausschauen?<br />

Vielleicht größer? Stichwort Home-<br />

Office…<br />

Ich glaube, dass jeder gerne ein Zimmer<br />

oder zehn Quadratmeter mehr Fläche hätte,<br />

„ESG ist im Wohnbau angekommen,<br />

die Leute sind spezifischer bei<br />

der Wohnungssuche und achten<br />

verstärkt auf Nachhaltigkeit.“<br />

wenn er es sich leisten könnte. Es wird – mit<br />

Hinblick auf die Leistbarkeit – aber weiter bei<br />

smarten und effizienten Grundrissen bleiben.<br />

Trotzdem sieht man etwa bei unseren<br />

neuen Wohnprojekten einen höheren Anteil<br />

an größeren Wohnungen. Beim Projekt<br />

Lavater 2 mit rund 260 Wohneinheiten im<br />

22. Bezirk, das bis zum Jahresende fertig<br />

wird, haben wir wiederum im Erdgeschoß<br />

mietbare Home-Office-Kojen eingeplant. Das<br />

ist aber ein Luxus, den man sich bei normalen<br />

Projekten mit 40 bis 60 Wohnungen<br />

Michael Klement,<br />

United Benefits Holding<br />

nicht leisten kann. Aus unserer Sicht gibt es<br />

jedoch etwas viel Wichtigeres als Wohnungsgröße<br />

oder Homeoffice-Flächen…<br />

Das wäre?<br />

ESG ist im Wohnbau angekommen. Wir<br />

merken bereits jetzt, dass die Leute viel<br />

spezifischer sind bei der Wohnungssuche<br />

und verstärkt auf Nachhaltigkeit achten.<br />

Daher gilt es, die Themen zu setzen. Wir<br />

glauben beispielsweise, dass Wien künftig<br />

stärker von Hitze betroffen sein wird als<br />

80 ImmoFokus


erfüllt. Zudem beschäftigen wir uns laufend<br />

mit neuen, innovativen Ideen, die den<br />

Alltag der Bewohner aufwerten können.<br />

Bei uns im Unternehmen haben wir im<br />

Sommer die Vier-Tage-Woche nach dem<br />

100-80-100-Programm eingeführt, was<br />

für „100 Prozent Bezahlung, 80 Prozent<br />

arbeiten und 100 Prozent Ergebnis beziehungsweise<br />

Erfolg“ steht. Das war sicher<br />

keine leichte Entscheidung. Wir haben Pros<br />

und Kontras genau abgewogen: Der Schritt<br />

ist ein Zugeständnis an die Mitarbeiter, die<br />

sehr hart und viel gearbeitet haben. Ich<br />

glaube, dass es für das Mindset sehr wichtig<br />

ist, dass man im Sommer durchlüften kann<br />

und mal zwei, drei ganze Tage weg von der<br />

Arbeit ist. Vor allem weil der Herbst sehr<br />

intensiv werden könnte.<br />

prognostiziert wird. Wir legen da ca. 1,5<br />

Grad Celsius drauf. Deswegen richten wir<br />

auch verstärkt ein Augenmerk auf Außenbeschattung,<br />

Dämmung und Kühlung. Wir<br />

arbeiten etwa mit Baukernaktivierung (und<br />

Tiefenbohrung), was im Wohnbau eine Seltenheit<br />

ist. Ohne solche Maßnahmen wird<br />

es unserer Meinung nach in Zukunft nicht<br />

mehr gehen. Es gibt leider viele Immobilien,<br />

die in fünf bis zehn Jahren im Sommer nur<br />

mehr schwer bewohnbar sein werden.<br />

Ist der Mitbewerb ähnlich sensibilisiert<br />

für das Thema ESG?<br />

In den vergangenen zwölf Monaten war zu<br />

beobachten, dass bei einigen Firmen zumindest<br />

das „E“ in ESG in der Projektentwicklung<br />

angekommen ist. Aber auch nicht bei jedem<br />

beziehungsweise bei jedem Projekt. Ich<br />

finde es ehrlich gesagt schockierend, was für<br />

Immobilien noch immer fertiggestellt werden.<br />

Da ist nichts von ESG zu sehen. Wir haben<br />

dagegen unsere gesamte Konzernstrategie<br />

bereits vor Jahren auf Nachhaltigkeit ausgerichtet.<br />

Sowohl im Development als auch im<br />

Investment und Asset Management setzen wir<br />

gezielt umfassende Maßnahmenkataloge um.<br />

Wie kann man sich das vorstellen?<br />

Um nur einige Punkte zu nennen: Wir bauen<br />

ausschließlich möglichst energieautark mit<br />

Geothermie, kombiniert mit Wärmepumpen<br />

und Photovoltaik sowie Bauteilaktivierung.<br />

Bei der Auswahl der Baustoffe versuchen wir,<br />

auf Ressourcenschonung und Recycelbarkeit<br />

zu achten. Wir geben auch viel Geld für die<br />

Begrünung unserer Projekte aus und achten<br />

zudem auf möglichst viele Freiflächen und<br />

großzügige Allgemeinflächen. Auch im Asset<br />

Management sind wir bestrebt, Emissionen so<br />

weit wie möglich zuminimieren.<br />

Wird auch das „S“ in ESG bei United<br />

Benefits ernst genommen?<br />

Auch die soziale Nachhaltigkeit steht bei<br />

uns im Fokus. Wir achten etwa darauf,<br />

leistbaren Wohnraum zu schaffen, der die<br />

Mieteransprüche langfristig bestmöglich<br />

Und passt das Ergebnis? Könnte die Vier-<br />

Tage-Woche zum Gesamtjahresmodell<br />

werden?<br />

Wir werden das in Kürze genau evaluieren,<br />

aber bis jetzt schauen die Zahlen wirklich<br />

gut aus. Wir stehen bei 100 Prozent.<br />

Vielleicht sogar leicht drüber. Trotzdem ist<br />

das eher nichts für uns. Ich habe mir aber<br />

das Zweiwochensystem, das UBM praktiziert<br />

(alle zwei Wochen hat ein Teil der<br />

Belegschaft frei, während das Unternehmen<br />

trotzdem voll besetzt bleibt, Anm.), angeschaut.<br />

Bei unserer Unternehmensgröße<br />

würde sich das leider nicht ausgehen.<br />

Weder in der Projektleitung noch im Vertrieb<br />

könnten wir sagen: „Am Freitag ist die<br />

Baustelle zu beziehungsweise finden keine<br />

Besichtigungen statt.“ Ganz zu schweigen<br />

vom Transaktionsgeschäft. Sehr wohl<br />

werden wir den Mitarbeitern aber weiterhin<br />

Urlaubstage schenken – etwa zwischen<br />

Weihnachten und Dreikönigstag oder den<br />

einen oder anderen Fenstertag.<br />

Insgesamt nehmen wir jedenfalls das<br />

Thema ESG in sämtlichen Facetten sehr<br />

ernst. Auch im geschäftlichen Sinne sehen<br />

wir es als absolutes Wachstumsfeld. Wir<br />

wollen nämlich auch in die ESG-Beratung<br />

gehen und arbeiten aktuell an einem<br />

Joint-Venture mit einem sehr namhaften<br />

Partner aus der Baubranche. Um wen es sich<br />

dabei handelt, werden wir bei der Expo Real<br />

verkünden.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

81


Positionen & Meinungen<br />

Es ist etwas kompliziert…<br />

ESG-Expertin. Für die Immobilien- und Bauwirtschaft gibt es in Sachen ESG einiges zu tun.<br />

Eva Aschauer, Advisory Partnerin bei TPA, gibt einen Überblick über die wichtigsten Punkte.<br />

Das Gespräch führte: Patrick Baldia<br />

Was kommt punkto ESG-Ratings auf die<br />

Immobilienwirtschaft zu?<br />

Eva Aschauer: Grundsätzlich kann man<br />

sagen, dass Unternehmen, die sich Geld<br />

vom Kapitalmarkt holen wollen, an einem<br />

ESG-Rating nicht mehr vorbeikommen.<br />

Mittlerweile haben sich etliche Agenturen,<br />

die ESG-Ratings an große, internationale<br />

Unternehmen vergeben, bereits einen<br />

Namen gemacht und ihre Labels stoßen auf<br />

breite Anerkennung. Was mittelständische<br />

Unternehmen betrifft, befinden wir uns<br />

gerade in einem Prozess, in dem sich herauskristallisiert,<br />

welche ESG-Ratings welcher<br />

Anbieter die richtigen sind.<br />

„Unternehmen und Projekte,<br />

die Taxonomie-fit sind,<br />

haben einen besseren Zugang<br />

zu Finanzierungen.“<br />

Eva Aschauer,<br />

TPA<br />

Bitte nennen Sie ein paar Beispiele…<br />

Schaut man sich die großen österreichischen<br />

Immobilien-AGs an, so haben die meisten<br />

ein Sustainalytics ESG Rating. Weitere gut<br />

etablierte Anbieter sind ISS oder Moody’s<br />

ESG sowie MSCI ESG Rating und S&P Global<br />

ESG Score. Klarerweise haben Unternehmen<br />

mitunter auch mehrere Ratings verschiedener<br />

Agenturen, je nachdem welche Anforderungen<br />

ihre Investoren haben.<br />

Haben die Banken Präferenzen, welche<br />

ESG-Ratings oder Gebäudezertifikate man<br />

ihnen präsentieren soll?<br />

Es stellt sich die Frage, ob eine Projektfinanzierung<br />

für den Ankauf oder die Errichtung<br />

einer Immobilie oder eine Unternehmensfinanzierung<br />

benötigt wird. Bei Projektfinanzierungen<br />

stehen Gebäudezertifikate<br />

82 ImmoFokus


Eva Aschauer<br />

Eva Aschauer ist seit Mitte Juli Advisory Partnerin bei TPA und Leiterin des ESG-<br />

Teams. Davor war sie zehn Jahre Leiterin des großvolumigen österreichischen<br />

Immobilienfinanzierungsgeschäftes bei der Raiffeisen Bank International (RBI). Sie<br />

studierte internationale Betriebswirtschaft in Wien und Paris und startete ihre<br />

berufliche Karriere in London bei der Umdasch-Gruppe. Anschließend heuerte die<br />

gebürtige Oberösterreicherin in Wien bei der Immorent AG an, um in weiterer Folge<br />

zur Raiffeisen Zentralbank Österreich (RZB) beziehungsweise zur RBI zu wechseln.<br />

und Energieausweise stark im Fokus der<br />

Banken. Bei Finanzierungen für Unternehmen<br />

sind wiederum ESG-Ratings für Kredite<br />

relevant. Was das Thema EU-Taxonomie<br />

betrifft, kann eine Organisation, die Gebäudezertifikate<br />

vergibt, wie beispielsweise die<br />

ÖGNI, feststellen, ob eine Immobilie der<br />

Taxonomie entspricht oder nicht. Allgemein<br />

gesprochen hat der Gesetzgeber definiert,<br />

welche Branchen grundsätzlich von der<br />

EU-Taxonomie erfasst sind. Momentan sind<br />

das 13 an der Zahl, Tendenz weiter steigend.<br />

Als großer CO2-Emittent gehört die Immobilien-<br />

und Bauwirtschaft zu diesen Branchen.<br />

Die Finanzindustrie wurde bereits vor<br />

anderen Branchen verpflichtet. Insgesamt<br />

gilt die Taxonomie aktuell aber nur für große<br />

Unternehmen.<br />

Was konkret muss ein von der EU-Taxonomie<br />

erfasstes Unternehmen tun?<br />

Je nach Branche gelten für ein Unternehmen<br />

unterschiedliche KPI beziehungsweise<br />

Kenngrößen. Beispielsweise ist für Banken<br />

die sogenannte Green-Asset-Ratio ein<br />

zentrales KPI. Darunter versteht man den<br />

Prozentteil des Kreditportfolios, der nachhaltigen<br />

Kriterien entspricht. Und natürlich<br />

muss die konkrete Vorgabe erfüllt sein, um<br />

der Taxonomie zu entsprechen. Gleichzeitig<br />

heißt das aber auch, dass Unternehmen<br />

und Projekte, die Taxonomie-fit sind, einen<br />

besseren Zugang zu Finanzierungen haben.<br />

Mit 2023 kommt ja in Bezug auf Berichterstattung<br />

noch einiges auf die Immobilienund<br />

Baubranche zu?<br />

Genau. Derzeit sind nur Unternehmen, die<br />

am Kapitalmarkt unterwegs sind, zur nichtfinanziellen<br />

Berichterstattung verpflichtet.<br />

Gemäß der sogenannten CSRD(Corporate<br />

Sustainability Reporting Directive, Anm.)-<br />

Richtlinie müssen Unternehmen ab<br />

2024 einen Nachhaltigkeitsbericht (nach<br />

CSRD-Regeln) erstellen, die mindestens<br />

zwei der folgenden Kriterien erfüllen: Sie<br />

beschäftigen 250 oder mehr Mitarbeiter,<br />

erzielen mehr als 40 Millionen Euro Umsatz<br />

sowie weisen mehr als 20 Millionen Euro<br />

Bilanzsumme aus. Im Detail kennen wir<br />

die Richtlinie noch nicht, die finale Version<br />

wird im Herbst erwartet. Der Kreis der<br />

Betroffenen wird dann in den Folgejahren<br />

stufenweise ausgeweitet.<br />

Aber auch bei der EU-Taxonomie ist das<br />

letzte Wort noch nicht gesprochen…<br />

Von den sechs in der Taxonomie-Verordnung<br />

festgeschriebenen Zielen wurden erst<br />

zwei im Detail ausgearbeitet und kommen<br />

daher auch zur Anwendung, nämlich<br />

„Klimaschutz“ sowie „Anpassung an den<br />

Klimawandel“. Im nächsten Schritt folgen<br />

dann die vier anderen Umweltziele – konkret<br />

„Nachhaltige Nutzung und Schutz der<br />

Wasser- und Meeresressourcen“, „Übergang<br />

zu einer Kreislaufwirtschaft, Abfallvermeidung<br />

und Recycling“, „Vermeidung und<br />

Verminderung von Umweltverschmutzung“<br />

sowie „Schutz und Wiederherstellung der<br />

biologischen Vielfalt der Ökosysteme“.<br />

Was ist punkto EU-Taxonomie noch<br />

wichtig aufs Parkett zu bringen?<br />

Wenn wir über die Taxonomie sprechen,<br />

sollten wir uns auch über Begriffe wie<br />

„Taxonomie-fähig“ (eligible) und „Taxono-<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

83


Positionen & Meinungen<br />

„Derzeit sind nur<br />

Unternehmen, die<br />

am Kapitalmarkt<br />

unterwegs<br />

sind, zur<br />

nichtfinanziellen<br />

Berichterstattung<br />

verpflichtet.“<br />

Eva Aschauer,<br />

TPA<br />

sein. Daher ist es wichtig, ESG-fit zu bleiben,<br />

um deren Nachforderungen entsprechend<br />

gerecht werden zu können.<br />

mie-konform“ (aligned) unterhalten. Aus<br />

meiner Sicht ist es sehr wichtig zu verstehen,<br />

worum es da geht. Nämlich in einem ersten<br />

Schritt ist auszuweisen, ob beziehungsweise<br />

inwieweit die wirtschaftlichen Aktivitäten<br />

eines Unternehmens in die Taxonomie fallen,<br />

also Taxonomie-fähig sind. In einem zweiten<br />

Schritt gilt es festzustellen, wie gut man ist<br />

beziehungsweise inwiefern einschlägige Ziele<br />

erreicht werden, das heißt: wie Taxonomiekonform<br />

ein Unternehmen ist. Sie sehen also:<br />

Angefangen mit ESG-Reporting über Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

und Taxonomie<br />

– da gibt es einige Facetten.<br />

Klingt kompliziert…<br />

Ich glaube, dass es momentan wichtig ist,<br />

dass Aufklärungsarbeit geleistet wird und<br />

diese Begrifflichkeiten wie etwa Nachhaltigkeitsberichterstattnug,<br />

ESG-Ratings und EU-<br />

Taxonomie, die auf den ersten Blick nicht so<br />

leicht zu durchschauen sind, auseinandergedröselt<br />

werden, um aufzuzeigen: Was ist für<br />

welche Branche, in welcher Größenordnung,<br />

wann relevant? Mein Eindruck ist, dass die<br />

Immobilienbranche für weitere Nachhaltigkeitsanforderungen<br />

grundsätzlich startklar<br />

ist und bei Projektfinanzierungen mit den<br />

Gebäudezertifikaten auch von Anfang an<br />

bereits über ein bewährtes Tool verfügt, das<br />

bereits relativ viele Nachhaltigkeitsaspekte<br />

abbildet. Das muss man klar sagen.<br />

Haben Sie einen Tipp parat für<br />

Unternehmen?<br />

Wichtig ist es, sich weiterhin besonders<br />

intensiv mit den angeführten Themen zu<br />

beschäftigen und ausgehend von der Unternehmensstrategie<br />

auch eine ESG-Strategie zu<br />

entwickeln, um sich anzuschauen: Was muss<br />

ich aus regulatorischen Gründen machen,<br />

und was sollte ich darüber hinaus machen,<br />

um weiterhin finanzierungsfit zu bleiben?<br />

Mir kommt vor, aber vielleicht täusche ich<br />

mich, dass derzeit in Sachen Nachhaltigkeit<br />

der Fokus der Immobilienwirtschaft<br />

in erster Linie auf den Gebäuden liegt und<br />

viele erst nach und nach draufkommen,<br />

dass sie auch auf Unternehmensebene<br />

gefordert sind…<br />

Ich würde meinen, dass die börsennotierten<br />

Immobilienkonzerne in dieser Hinsicht sehr<br />

fit sind und das Thema aktiv managen. Bei<br />

anderen, also nicht börsennotierten Unternehmen,<br />

liegt das Augenmerk derzeit sicher<br />

darauf, was sie indirekt betrifft. Denn selbst<br />

wenn man von den einschlägigen gesetzlichen<br />

Pflichten nicht direkt betroffen ist, kann<br />

das der Exit-Partner oder Käufer sehr wohl<br />

Wie ist Ihrer Einschätzung nach die<br />

Bauwirtschaft aufgestellt?<br />

Für die Bauwirtschaft ist die Taxonomie<br />

natürlich genauso relevant, da diese Branche<br />

auch von ihr erfasst ist. Meine Wahrnehmung<br />

ist jedenfalls, dass sie sich ebenfalls sehr<br />

intensiv mit dem Thema beschäftigt. Und das ist<br />

auch angebracht. Denn grundsätzlich kommt<br />

die Taxonomie bei Immobilien so zum Tragen,<br />

dass die Objekte in drei unterschiedliche<br />

Kategorien eingeteilt werden müssen: Erstens<br />

die Errichtung neuer Gebäude, zweitens der<br />

Erwerb von Gebäuden beziehungsweiseBestand<br />

und drittens die Renovierung von Bestandsgebäuden.<br />

Die Bauwirtschaft hat eine komplexere<br />

Aufgabenstellung, denn sie muss alle ihre<br />

wirtschaftlichen Aktivitäten klassifizieren. Und<br />

das wird natürlich gerade angegangen.<br />

Die Bauwirtschaft beziehungsweise<br />

zumindest einige Player könnten alleine<br />

schon hinsichtlich des „S“ in ESG leicht<br />

in Straucheln geraten, wie immer wieder<br />

aus den Medien zu entnehmen ist. Ganz zu<br />

schweigen vom „G“…<br />

Wenn wir aktuell von der Taxonomie reden,<br />

meinen wir faktisch die Umwelttaxonomie.<br />

Das „S“ ist in dieser Taxonomie noch nicht<br />

berücksichtigt. Klar ist aber, dass auch eine<br />

eigene Sozialtaxonomie kommen wird. Noch<br />

sind darüber keine Details bekannt, offen ist<br />

auch, wann sie eingeführt wird, auch da mit der<br />

akuten Energiepreisthematik auf EU-Ebene.<br />

84 ImmoFokus


Raum und<br />

Wirklichkeit<br />

Wir haben Gegenwart und Zukunft von<br />

Architektur, Bauen und Wohnen im Blick.<br />

Jeden Samstag in Ihrer „Presse“ oder<br />

jederzeit unter:<br />

DiePresse.com/immobilien


ImmoFokus.Rubrik<br />

Wein &<br />

Immobilien<br />

Frisch von der Leber weg<br />

Ein lockeres Gespräch bei einem Weinstreifzug im Gasthaus<br />

Stopfer mit Immobilienanwalt Alfred Nemetschke.<br />

Die Situation ist ein Witz<br />

Bestandzinsminderung, ja oder nein? Die gesetzliche und förderrechtliche Seite mit den<br />

COFAG-Förderungen passe nicht mehr mit dem ABGB und der Judikatur zusammen,<br />

meint Immobilienanwalt Alfred Nemetschke. Die Lage ist zunehmend fatal, Zeit für ein Glas Wein.<br />

Kolumne: Lisa Grüner<br />

W<br />

ein aus Wien oder Niederösterreich?<br />

Immobilienanwalt<br />

Alfred Nemetschke ist ein<br />

Fan des Weinguts Wieninger,<br />

ich des Weinguts Haller. Gut, dass wir Weine<br />

von beiden Winzern zum Verkosten haben. Als<br />

Erstes stoßen wir mit einem Glas Gemischter<br />

Satz DAC 2021 von Fritz Wieninger an. Dieser<br />

wird aus zwölf verschiedenen Traubensorten<br />

gekeltert. Die Hauptrebsorten sind Grüner Veltliner,<br />

Weißburgunder, Welschriesling, Riesling,<br />

Neuburger, gewachsen am Bisamberg und<br />

Nußberg. Der helle grüngelbe Wein zeigt in der<br />

Nase eine feine gelbe Frucht, zarten Blütenhonig<br />

und einen Hauch von Grapefruit, am Gaumen<br />

eine mittlere Komplexität, saftige Steinobstnuancen,<br />

eine finessenreiche Säurestruktur und<br />

wirkt lebendig und elegant. Damit kommen wir<br />

zur zweiten Leidenschaft von Nemetschke – die<br />

rechtliche Situation der Gastronomie während<br />

der Pandemie. Aufsehen erregt hat der Immobilienanwalt<br />

unter anderem als Vertreter des<br />

Top-Gastronomen Berndt Querfeld im Mietenstreit<br />

betreffend das Wiener Café Landtmann. Der<br />

Rechtstreit ist noch in der ersten Instanz, im<br />

Oktober wird weiterverhandelt.<br />

Der Irrsinn lässt grüßen<br />

Doch wie ist der Stand betreffend Mietzinsentfall<br />

und -minderung während der Pandemie?<br />

„Es ist eine absurde Situation entstanden“, erklärt<br />

Nemetschke, „weil die ganze förderrechtliche<br />

Seite mit ABBAG-Gesetz und COFAG-<br />

Förderungen nicht mit dem ABGB und der<br />

Judikatur zusammenpasst. Und da haben in<br />

ihrer Not das Finanzministerium und COFAG<br />

eine Gesetzesnovelle auf den Weg gebracht,<br />

wo sie sich ihre eigene Welt zurechtgezimmert<br />

haben.“ Für Nemetschke fällt das – ganz frei<br />

nach „Major Tom“ – unter „völlig losgelöst von<br />

der Erde“. Auch Pippi Langstrumpf fällt ihm<br />

dazu spontan ein. „Der Fördergeber unterstellt<br />

jetzt, dass jeder Mieter oder Pächter Anspruch<br />

auf Mietzins- oder Pachtminderung hätte,<br />

aber zivilrechtlich ist das nicht so. Der Verfassungsgerichtshof<br />

hat gerade entschieden, dass<br />

der Paragraf 1105 ABGB verfassungsrechtlich<br />

unbedenklich ist und ein Pächter, der länger<br />

als ein Jahr gepachtet hat, kein Anrecht auf<br />

Pachtzinsminderung hat.“ So, was nun?<br />

Im Zweifelsfall zu einem Glas Wiener Chardonnay<br />

2020 von Fritz Wieninger greifen, der erkorene<br />

Lieblingswein des Immobilienanwalts.<br />

Der Wein beginnt in der Nase mit verspielten<br />

Zitrusaromen, schwarzer Johannisbeere, etwas<br />

Steinobst und einer feinen Kräuternote. Am<br />

Gaumen zeigt er sich stoffig mit feiner Säurestruktur,<br />

rund und harmonisch, elegant und<br />

bereits sehr trinkanimierend.<br />

„Man kann nur argumentieren, dass das Pachtobjekt<br />

zur Gänze unbrauchbar, weil ertraglos<br />

war“, führt Nemetschke weiter aus, „dazu<br />

gibt es aber noch keine aktuelle Judikatur.<br />

Zivilrecht und Förderrecht fallen da auseinander:<br />

Zivilrechtlich hat der Pächter keinen<br />

Anspruch auf Pachtzinsminderung, und der<br />

Fördergeber, die COFAG, vergibt keine Förderungen<br />

mit dem Argument, die Pächter seien<br />

verpflichtet, die Pachtzinsminderung geltend<br />

zu machen. Das muss man sich jetzt einmal auf<br />

der Zunge zergehen lassen: Der Verwaltungsgerichtshof<br />

erklärt die Ungleichbehandlung<br />

von Miet- und Pachtverträgen im ABGB für<br />

verfassungskonform und damit für rechtens,<br />

während Gesetzgeber und COFAG Miet- und<br />

Pachtverträge (fast) gleichzeitig im ABBAG-<br />

Gesetz gleichsetzen bzw. gleichbehandeln. Da<br />

86 ImmoFokus


Die Weine<br />

Wiener Gemischter Satz DAC, 2021,<br />

Fritz Wieninger<br />

www.wieninger.at<br />

Vorverlegung Sperrstunde, Maskenregeln etc.<br />

zu bewerten sind. Da scheint mir aber jedenfalls<br />

ein direkter Zusammenhang zwischen<br />

Beeinträchtigung der Nutzbarkeit eines Mietobjekts<br />

und behördlichen Beschränkungen<br />

gegeben zu sein.“<br />

Wiener Chardonnay, 2020,<br />

Fritz Wieninger<br />

www.wieninger.at<br />

Zweigelt Ried Alterberg, 2019,<br />

Hermann Haller<br />

www.weinbau-haller.at<br />

Fürstenberg Cuvée, 2020,<br />

Hermann Haller<br />

www.weinbau-haller.at<br />

steht man vor einer völlig skurrilen Situation.<br />

Auch gibt es zunehmend Stimmen, die dies –<br />

und auch die Tatsache, dass rückwirkend in<br />

bestehende Förderverträge eingegriffen wurde<br />

– für verfassungswidrig halten. Jedenfalls wird<br />

den Gerichten die Arbeit zu diesen Themen<br />

in den nächsten Monaten und Jahren nicht<br />

ausgehen.“<br />

Gastronomie in Aufruhr<br />

Nun komme ich mit meiner Weinpräferenz<br />

zum Zug. Ein Achterl vom Zweigelt Ried Alterberg<br />

2019 von Hermann Haller wird kredenzt.<br />

Der reife, feinfruchtiger Rotwein überzeugt mit<br />

einer Kirschnote und einem milden, ausgeglichenen<br />

Geschmack. Nemetschke spricht das<br />

zweite große Thema an: „Das Thema Mietzinsminderung<br />

außerhalb der Lockdownzeiten ist<br />

noch strittig“, erklärt er. „Es gibt zwar bereits<br />

Entscheidungen vom Obersten Gerichtshof,<br />

die wirklich spannenden Fragen sind aber<br />

mangels entsprechenden Vorbringens der<br />

Mieter noch offen. Dazu kommt, dass noch<br />

nicht entschieden ist, wie die teilweise massiven<br />

behördlichen Einschränkungen außerhalb<br />

der Lockdowns, also 2G, 3G, Abstandsregeln,<br />

Idealfall Mediation<br />

„Wenn man glaubt, es kommt nichts mehr,<br />

dann geht es richtig los, zumindest zeigt sich<br />

das derzeit so in der Gastronomie. Es gibt Dutzende<br />

neuer Verfahren, quasi ein Querschnitt<br />

des Who-is-who in der Gastronomie“, so<br />

Nemetschke. „Wir haben einige Streitfälle im<br />

Rahmen von Mediationsverfahren wirtschaftlich<br />

vernünftig vergleichen können, das setzt<br />

aber voraus, dass die Parteien sich überhaupt<br />

darauf einlassen. Wenn einer, meist ist es der<br />

Vermieter, nicht will, dann gibt es keine Mediation.<br />

Wir empfehlen unseren Mandanten<br />

aber jedenfalls Mediation, den Versuch ist es<br />

immer wert.“<br />

Grund für die vielen Gerichtsverfahren sei,<br />

dass die staatlichen Förderungen das Liquiditätsproblem<br />

um ca. eineinhalb Jahre hinausgeschoben<br />

haben: “Jetzt wird es zunehmend<br />

richtig eng, und es verhärten sich die Fronten.<br />

Verschärft wird die Situation durch das Steigen<br />

die Energiepreise und die Personalknappheit,<br />

Steuer- und Abgabenstundungen sind ausgelaufen.<br />

Die Unternehmen haben keine Chance<br />

gehabt, den pandemiebedingten Umsatzentgang<br />

aufzuholen. Die Situation sollte auch die<br />

Vermieter nachdenklich machen, bald werden<br />

sie sonst keine Mieter mehr haben. Man liest<br />

jeden Tag von einem namhaften Betrieb, der<br />

zusperrt, weil es sich mit der Kostenschere und<br />

dem Personalthema nicht mehr ausgeht.“<br />

Brennpunkt Gasversorgung<br />

Das Achtel Fürstenberg Cuvée 2020 von<br />

Hermann Haller, eine ausgewogene komplexe<br />

Rotweincuvée aus den Sorten Merlot, Zweigelt<br />

und Cabernet Sauvignon überzeugt durch<br />

Harmonie und Reife. Samtig und brombeerfarben<br />

zeigt er sich im Glas. Ein herrlicher Wein<br />

für kühle Tage. Damit sind wir beim nächsten<br />

Thema: Wie verhält es sich, wenn es im Winter<br />

tatsächlich kein Gas zum Heizen gibt?<br />

„Die erste Frage stellt sich, genau wie bei der<br />

Pandemie, ob nicht ein Fall von Mietzinsentfall<br />

bzw. -minderung gegeben ist, wenn die Wohnung<br />

oder das Geschäftslokal nicht beheizbar<br />

ist. Wenn man eine Wohnung mietet und die<br />

Heizung funktioniert nicht wegen eines außerordentlichen<br />

Zufalls (Paragraf 11<strong>04</strong> ABGB),<br />

dann kann es durchaus in diese Richtung<br />

gehen“, so Nemetschke. „Wenn man am Beispiel<br />

Gastronomie ins Extreme denkt, also die<br />

Energiekosten und Einkaufspreise so steigen,<br />

dass es keine Marge mehr gibt, dann wird die<br />

These von Robert Habeck auf den Prüfstand<br />

kommen: ‚Unternehmen sind nicht insolvent,<br />

sie hören nur auf, Speisen und Getränke anzubieten.‘<br />

Ist keine Liquidität mehr vorhanden,<br />

ist der Betrieb zahlungsunfähig und damit<br />

insolvent.<br />

Zum Schluss malt Nemetschke noch ein düsteres<br />

Bild der Zukunft: „Schaut man sich die<br />

Wirtschaftsgeschichte 1923/24 an, so sieht<br />

man, wie schnell die (Hyper-)Inflation kommen<br />

kann. Es ist wie bei einer Ketchupflasche:<br />

Man schüttelt, nichts kommt raus, und auf<br />

einmal hat man alles auf der Hose.“<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

87


GEBÄUDE<br />

mit Geschichte -<br />

GESCHICHTEN<br />

über Gebäude<br />

(Folge 4)<br />

Zum Autor<br />

Otmar Lahodynsky war Journalist beim „profil“, EU-Korrespondent<br />

der „Presse“ und Außenpolitik-Chef beim<br />

„Kurier“. Er ist Ehrenpräsident der „Association of European<br />

Journalists“ (AEJ) und Dr-Karl-Renner-Preisträger.<br />

Republikanische Hofburg<br />

Der Amtssitz der österreichischen Bundespräsidenten<br />

liegt seit 1946 in den ehemaligen Kaiserappartements der Hofburg.<br />

Kommentar: Otmar Lahodynsky<br />

Wegen der Bundespräsidentenwahl am 9. Oktober <strong>2022</strong> rücken<br />

auch die Amtsräume des Staatsoberhauptes wieder ins öffentliche<br />

Interesse. Seit 1946 residieren Österreichs Bundespräsidenten im<br />

Leopoldinischen Trakt der Hofburg. In der Ersten Republik lagen die<br />

Amtsräume im gegenüberliegenden Bundeskanzleramt.<br />

Kaiser Leopold I ließ ab 1660 nach Plänen des oberitalienischen Architekten<br />

Philiberto Lucchese den neuen Bauteil für prunkvolle kaiserliche<br />

Appartements errichten. Danach nützten alle Habsburger<br />

Monarchen die geräumigen Säle samt Schlafgemach.<br />

Auch Kaiser Franz Joseph I nahm hier nach seiner Thronbesteigung<br />

1848 sein erstes Quartier als Kaiser, ab 1854 gemeinsam mit seiner<br />

Gemahlin Elisabeth, bevor das Kaiserpaar 1857 Appartements im<br />

Reichskanzleitrakt und in der Amalienburg bezog, die sogenannten<br />

Kaiserappartements.<br />

1946 verlegte der erste Bundespräsident der Zweiten Republik, Karl<br />

Renner, seinen Amtssitz in die Hofburg, weil die alten Amtsräume<br />

wegen Kriegsschäden nicht mehr benützbar waren.<br />

Den langen Gang durch mehrere Festsäle bis zum Empfangsaal mussten<br />

danach alle Bundeskanzler und Minister zur Angelobung durchschreiten.<br />

Durch die legendäre Tapetentür von seinem Arbeitszimmer<br />

schritt dann der jeweilige Bundespräsident zur Zeremonie.<br />

Der Autor dieser Zeilen war mehrfach für Interviews Gast in der<br />

Hofburg und erhielt dort von Thomas Klestil auch das Silberne Verdienstzeichen<br />

überreicht. Klestil war so umsichtig auf seinen Ruf<br />

bedacht, dass er lieber schriftliche Interviews gab und dann sogar die<br />

Fragen umformulieren ließ. Legendär wurde Klestils eisige Miene bei<br />

der Angelobung der schwarz-blauen Regierung unter Bundeskanzler<br />

Wolfgang Schüssel und FPÖ-Chef Jörg Haider im Februar 2000. Wegen<br />

der Proteste war die Bundesregierung durch einen unterirdischen<br />

Verbindungsgang in die Hofburg gekommen.<br />

Sein Nachfolger Heinz Fischer war viel umgänglicher. Und er hatte<br />

mit Bruno Aigner, der sich standhaft weigerte, eine Krawatte zu tragen,<br />

einen Medienprofi an seiner Seite.<br />

Alexander van der Bellen ist seit sechs Jahren weitgehend unbestritten<br />

agierendes Staatsoberhaupt in der Hofburg. 75 Mitarbeiter unterstützen<br />

ihn bei der Durchführung seiner Aufgaben. Durch die vielen Regierungswechsel<br />

in seiner Amtszeit sind für ihn Angelobungen – darunter<br />

erstmals ein Expertenkabinett – schon fast Routine geworden.<br />

Besucher sind in den Amtsräumen gerne gesehen: Vor der Pandemie<br />

wurde die Hofburg von durchschnittlich 3.500 Gästen pro Jahr besucht.<br />

Am Tag der offenen Tür zum Nationalfeiertag gibt es jährlich<br />

an die 2.500 Besucher.<br />

Die Präsidentschaftskanzlei verfügt über 49 Büroräume im Leopoldinischen<br />

Trakt – dazu kommen noch diverse Räume, die für Veranstaltungen<br />

des Bundespräsidenten herangezogen werden. „Bei der<br />

Nutzung der Hofburg wird stets auf den sorgfältigen Erhalt des historischen<br />

Gebäudes sowie gleichzeitige Gewährleistung eines modernen<br />

Bürobetriebes des 21. Jahrhunderts geachtet“, betont die Presseabteilung<br />

des Bundespräsidenten auf Anfrage von „ImmoFokus“.<br />

88 ImmoFokus


Advertorial<br />

Judikatur-Update aus<br />

dem Immobilien-Bereich<br />

Beratung. Die BDO Immobilienexpert:innen verschaffen nachstehend einen Überblick über wesentliche<br />

aktuelle Rechtsprechung im Immobilien-Bereich.<br />

Autor: Marlies Muck, Msc<br />

Foto: BDO<br />

Immobilienvermietung in Österreich<br />

durch Unternehmer mit Auslandsbezug<br />

(Rs. Titanium, EuGH 3.6.2021,<br />

C-931/19; Artikel 5, AbgÄG <strong>2022</strong>)<br />

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) setzte<br />

sich im Urteil vom 3. 6. 2021 in der Rechtssache<br />

Titanium mit der Begründung einer festen<br />

Niederlassung für umsatzsteuerliche Zwecke<br />

auseinander. Konkret behandelte der Fall<br />

einen ausländischen Vermieter, der eine Immobilie<br />

in Österreich an einen Unternehmer<br />

vermietet. Auswirkungen ergaben sich für die<br />

Appartementvermietung in Form von Investorenmodellen<br />

in Tourismusgebieten.<br />

In der bisherigen steuerlichen Behandlung<br />

wurden die Einkünfte von ausländischen Investoren,<br />

die in Österreich Immobilien erworben<br />

hatten und diese – zumeist in Form von<br />

Appartements – vermieteten, beim regionalen<br />

Finanzamt einkommen- und umsatzsteuerlich<br />

erfasst. Umsatzsteuerlich ist zu differenzieren,<br />

ob der ausländische Investor die touristische<br />

Vermietung an Endverbraucher selbst vornimmt<br />

oder ob Appartements in Form einer<br />

Geschäftsraumvermietung gewerblichen Betreibern<br />

zur Verfügung gestellt werden. Für<br />

die touristische Vermietung an die Endverbraucher<br />

ergeben sich aus dem EuGH-Urteil<br />

keine Auswirkungen. Die Umsatzsteuer ist<br />

Factbox<br />

MARLIES MUCK, MSC<br />

STEUERBERATERIN/SENIOR MANAGERIN<br />

Telefon +43 5 70 375 1000<br />

marlies.muck@bdo.at<br />

im Veranlagungsverfahren an das Finanzamt<br />

abzuführen.<br />

Nach Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt<br />

Titanium wurde vom EuGH festgelegt,<br />

dass für eine umsatzsteuerlich bedeutsame<br />

feste Niederlassung jedenfalls das ständige<br />

Zusammenwirken eines Mindestbestands an<br />

Personal- und Sachmitteln für die Erbringung<br />

der Dienstleistung erforderlich sei. Daraus<br />

folgte, dass für ausländische Investoren, die<br />

österreichische Liegenschaften ohne lokal<br />

eingesetztes Personal für die Erbringung der<br />

Vermietungsleistung vermieten, keine feste<br />

Niederlassung für umsatzsteuerliche Zwecke<br />

vorliegen würde. Die umsatzsteuerpflichtige<br />

Vermietung einer Immobilie durch einen Unternehmer<br />

begründet somit nicht automatisch<br />

eine umsatzsteuerliche Betriebsstätte.<br />

Als Konsequenz sollte laut EuGH ab dem 1. 1.<br />

<strong>2022</strong> im Zuge von umsatzsteuerpflichtiger<br />

Vermietung an Unternehmer das „Reverse<br />

Charge Verfahren“ mit Übergang der Umsatzsteuerschuld<br />

auf den gewerblichen Betreiber<br />

als Leistungsempfänger angewendet werden.<br />

Jedoch gäbe es so für ausländische Investoren<br />

in Österreich keine Möglichkeit mehr,<br />

etwaige Vorsteuern aus Vorleistungen im<br />

Veranlagungsverfahren geltend zu machen.<br />

Die Vorsteuern wären in diesem Fall im Erstattungsverfahren<br />

über das Finanzamt Österreich<br />

Dienststelle Graz-Stadt geltend zu machen.<br />

Gleichzeitig wäre eine Überrechnung von Vorsteuerguthaben<br />

ausgeschlossen.<br />

Speziell Investorenmodelle, bei denen österreichische<br />

Liegenschaften erworben und an einen<br />

gewerblichen Betreiber als Geschäftsraumiete<br />

vermietet werden, wären von den Folgen des<br />

Marlies Muck, Msc<br />

Steuerberaterin/Senior Managerin<br />

EuGH-Urteils betroffen gewesen. Nachteilig<br />

wäre das Urteil jedenfalls für all jene geworden,<br />

die in ihrem Wohnsitzstaat kein Unternehmen<br />

betreiben.<br />

Im Zuge des Abgabenänderungsgesetzes <strong>2022</strong><br />

wurde die EuGH-Entscheidung Titanium mit<br />

all ihren Auswirkungen auf Hausverwaltungen,<br />

Eigentümer und Mieter aufgehoben. Bei<br />

der Vermietung einer österreichischen Liegenschaft<br />

zu Geschäftszwecken durch einen<br />

Unternehmer, der das Unternehmen nicht im<br />

Inland betreibt, kommt es nicht mehr zum<br />

Übergang der Steuerschuld (Reverse Charge)<br />

und entsprechend auch nicht zum Vorsteuererstattungsverfahren.<br />

Damit wurde sichergestellt,<br />

dass für den vermietenden Unternehmer<br />

die bisher praktizierte umsatzsteuerliche Vorgehensweise<br />

weiterhin durch Veranlagung in<br />

Österreich durchgeführt werden kann. Außerdem<br />

wird dadurch auch eine Überrechnung<br />

von Vorsteuerguthaben wieder ermöglicht.<br />

Wie sich zeigt, bietet der Immobiliensektor<br />

auch weiterhin zahlreiche Fallstricke, bei denen<br />

Ihnen die BDO Expert:innen gerne beratend<br />

zur Seite stehen. Zudem sind die weiteren<br />

Entwicklungen im Zusammenhang mit der<br />

Steuergesetzgebung laufend zu beobachten<br />

und zu evaluieren.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

89


Zum Autor<br />

Dipl.-Kfm. Frank Brün FRICS ist Managing Partner bei Phorus<br />

Management und Gründungsvorsitzender der AREAMA -<br />

Austrian Real Estate Asset Management Association<br />

Was wirklich wichtig ist<br />

Kommentar: Frank Brün<br />

Immer deutlicher zeichnet<br />

sich ein Abschwung ab, insbesondere<br />

in der Immobilienbranche.<br />

Ein Immobilienzyklus<br />

dauere sieben Jahre, hieß es<br />

immer, aber das war einmal –<br />

denn nach fast zwanzig Jahren<br />

Aufschwung, von der kurzen<br />

Delle der Finanzkrise mal abgesehen,<br />

kann es an mancher<br />

Stelle eng werden. Renditen<br />

unter den Mindestbewirtschaftungskosten,<br />

absehbar stagnierende<br />

Verkehrswerte und das<br />

drohende Bestellerprinzip bei<br />

Wohnungsvermietungen: All das wird auf die erfolgsverwöhnte junge<br />

Generation der Immobilientätigen herabregnen und persönliche Lebensmodelle<br />

wie Work-Life-Balance und lässiges Home-Office massiv<br />

in Frage stellen. Zu Recht? Es wird wohl etwas länger dauern, bis einige<br />

wenige tatsächlich als Millionär aussteigen, um dann endlich mit etwas<br />

Wichtigem den Tag bestreiten können, wie zum Beispiel als Wellnesscoachs<br />

oder als NGO-Volontäre.<br />

Andere Zeiten, andere Lösungen<br />

Es gab mal eine Zeit, als wegen Treibstoffmangel allgemeine Tempolimits<br />

und Fahrverbote an der Tagesordnung waren. Auch schon länger<br />

her. Das Fahrverbot galt je nach Endziffer auf der Nummerntafel in<br />

Deutschland an geraden oder ungeraden Tagen und in Österreich gemäß<br />

einem Pickerl mit einem Wochentag, an dem man nicht fahren würde<br />

– eine regional typische Lösung, wie hiesige Kollegen schmunzelnd berichten.<br />

Die Immobilienschaffenden, die das miterleben durften, haben<br />

zwischenzeitlich auch mehrere Immobilienzyklen mit allem Drum und<br />

Dran erlebt: massive Leerstände, insolvente Nutzer, Mietermärkte, Mieter<br />

auf Schnäppchensuche<br />

und viele leere Kilometer<br />

im Vergleich zu den letzten<br />

Jahren. Vielleicht werden<br />

wir doch noch einen Club mit<br />

dem Namen »TripleSeven«<br />

gründen, in dem nur solche<br />

aufgenommen werden, die<br />

mindestens drei vollständige<br />

Zyklen in der Immobilienwirtschaft<br />

miterlebt haben.<br />

Dann können wir uns im<br />

geschützten Raum erste<br />

Reihe fußfrei ausgiebig über<br />

den Immobiliennachwuchs<br />

austauschen. So wie früher, als wir auf Kinderspielplätzen und bei Kindergeburtstagen<br />

gesessen sind, um das Gleiche über unseren eigenen<br />

Nachwuchs und dessen Wirken zu tun. Manches ändert sich doch nicht.<br />

Wir haben andere Probleme<br />

Mark Twain wird der Satz zugeschrieben: »Sommer ist die Zeit, in der<br />

es zu heiß ist, um das zu tun, wozu es im Winter zu kalt war.« Zu den<br />

Dingen, für die es jetzt eigentlich zu heiß und im kommenden Winter<br />

nicht zu kalt, sondern ganz sicher zu spät ist, gehört die Vorbereitung<br />

auf eine mögliche Heizmittelkrise in den nicht so warmen Monaten des<br />

Jahres. Für manche, die diesen Sommer unter der extremen Hitze gelitten<br />

haben, ist es derzeit unvorstellbar, im Winter in kalten Wohnungen<br />

zu sitzen und mit Frau und Kindern um die einzige Patchworkdecke zu<br />

streiten. Das erinnert mich an die Frage, ob nach Engpässen für Mehl<br />

und Pflanzenöl nun Schwedenöfen und Brennholz das neue Klopapier<br />

sind. Für mich eher nicht, ich verlasse mich gerne weiterhin auf das<br />

floral bedruckte Vierlagige, das ich seit dem letzten Lockdown noch<br />

aufbrauchen muss.<br />

Fotos: Stephan Huger, Adobe Stock<br />

90 ImmoFokus


Zum Autor<br />

ÖVI Präsident Georg Flödl ist geschäftsführender Partner<br />

von Funk Immobilien, seit langem in unterschiedlichen<br />

Funktionen in der Immobilienbranche tätig und<br />

Mitbegründer der ÖVI Young Professionals.<br />

Die Klimawende schaffen wir nur gemeinsam<br />

Kommentar: Georg Flödl<br />

Weltpolitisch und –wirtschaftlich hat die Gemengelage der vergangenen<br />

Monate den Wunsch nach Ausstieg aus fossilen Energieträgern<br />

massiv erhöht. Mieter, Vermieter und Wohnungseigentümer erwarten<br />

von ihren Immobilienverwaltern rasche Lösungen. Die gesetzlichen<br />

Grundlagen dazu sind noch in weiter Ferne. Erschwert wird eine rasche<br />

Umsetzung durch mehrere Faktoren: Es fehlt zum einen an ausreichend<br />

Fachleuten und Professionisten sowohl im Bereich der Planung als auch<br />

der technischen Umsetzung, zum anderen mangelt es an Alternativen<br />

vor allem im dichtbebauten innerstädtischen Bereich.<br />

Äußerst problematisch erscheint das Vorhaben wie es im Umstellungsgebot<br />

(§11EWG) angedacht ist, nämlich eine Zentralisierungsverpflichtung<br />

der Wärmeversorgung von Bestandsgebäuden mit bislang<br />

dezentralen Heizungen gesetzlich anzuordnen. In der aktuellen<br />

energiepolitischen Situation ist den Eigentümern der Umstieg zum<br />

Beispiel von Gasetagenheizung auf Fernwärme, die zu mindestens 60<br />

Prozent ebenfalls mit Gas betrieben wird, vielfach schwer plausibel zu<br />

machen.<br />

Fehlende wohnrechtliche Begleitmaßnahmen<br />

Leider wurde bislang verabsäumt, wohnrechtliche Begleitgesetze, die<br />

für eine Erreichung der ambitionierten Ziele notwendig erscheinen,<br />

bereits mitzudenken. Bedeutet das Umstellungsgebot des §11EWG automatisch,<br />

dass der Mieter diesen Eingriff in sein Mietrecht dulden muss?<br />

Erforderlich ist eine zweifelsfreie Klarstellung vor einer möglichen Investitionsentscheidung.<br />

Zu bedenken sind auch die unterschiedlichen Anwendungsbereiche<br />

des MRG(Mietrechtsgesetz)/ABGB (Allgemeines bürgerliches<br />

Gesetzbuch)-Mietrechts, die solche Duldungspflichten in verschiedener<br />

Weise geregelt vorsehen. Die aktuelle Rechtslage, nach der Mieter<br />

eine Umstellung des Heizsystems verweigern können, muss geändert<br />

werden. In Zeiten einer strukturierten Energieraumplanung der Kommunen<br />

dürfen Eigentümer nicht weiter dazu gezwungen werden, in<br />

ihrem Haus parallel mehrere Energie-Infrastrukturen zu erneuern<br />

und zu warten!<br />

Kostentragung im Mietrecht – keine Denkverbote<br />

Vizekanzler Werner Kogler ließ vor kurzem mit dem Vorschlag aufhorchen,<br />

dass Mietern, die keine Alternative zur Gasheizung haben, ein Abschlag<br />

auf den Richtwertmietzins von 25 Prozent zugestanden werden<br />

soll. Denn: Diese Mieter haben ja keine Alternative, sie selber können<br />

einen Ausstieg aus Gas ja nicht bewirken, das kann nur der Vermieter.<br />

Das Justizministerium prüft, der Koalitionspartner möchte keine Denkverbote.<br />

Letzteres fordert auch der ÖVI (Österreichischer Verband der<br />

Immobilienwirtschaft). Die aktuellen wohnrechtlichen Bestimmungen<br />

und die aktuelle Judikatur sind der größte Hemmschuh für den Vermieter,<br />

ein Dekarbonisierungsprojekt anzugehen. Nur ein Anreizsystem<br />

kann den Umstieg möglich machen. Mietrechtliche flankierende Maßnahmen<br />

wie etwa die in Deutschland übliche Modernisierungsumlage<br />

oder die Mietzinsbildung nach den Regelungen des angemessenen Mietzinses<br />

für energietechnisch optimierte Gebäude sind zu überlegen.<br />

Fotos: Stephan Huger, Adobe Stock<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

91


Zum Autor<br />

Klaus Baringer ist Obmann des Verbandes<br />

gemeinnütziger Bauvereinigungen.<br />

Hybrides Wohnen und Arbeiten<br />

Kommentar: Klaus Baringer<br />

Auf der anderen Seite wurden in vielen Homeoffice-Vereinbarungen<br />

nur ein bis zwei Tage Arbeiten von zu Hause fixiert. Für andere<br />

Firmen wurde wiederum das Prinzip von „shared offices“ attraktiver,<br />

in denen man tageweise Arbeitsplätze mieten kann, da die Wohnung<br />

zu klein ist. Eine etwaige Energiekrise im Winter wird wieder neue<br />

Notwendigkeiten schaffen. Eine langfristige Entwicklung, also wo wir<br />

in fünf Jahren stehen werden, ist aktuell nicht absehbar.<br />

Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, wie verwundbar unsere Welt<br />

ist. Die Abläufe in unserem Alltag haben sich geändert, das Privatleben<br />

ebenso wie die Wohn- und Arbeitswelten. Ein Punkt, in dem sich die<br />

letztgenannten zwei Änderungen am deutlichsten manifestiert haben,<br />

ist das Arbeiten im Homeoffice.<br />

Vor einigen Jahren war Homeoffice bei vielen Firmen, aber auch für<br />

viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, kaum vorstellbar. Im März<br />

2020 war es von einem Tag auf den anderen quasi Pflicht. Und es ist<br />

gekommen, um zu bleiben. Eine aktuelle europäische EUROFUND-<br />

Studie zeigt, dass die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

weiterhin gerne die Möglichkeit zu Homeoffice haben.<br />

Quo vadis Büro?<br />

Was bedeutet das für den Wohnungsmarkt und den Büromarkt?<br />

Einige Firmen haben einerseits bereits ihre Büroflächen reduziert.<br />

Herausforderung Platz in der Wohnung<br />

Die gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) haben in der Pandemie<br />

einige Vorteile ausspielen können – auch beim Thema Homeoffice.<br />

Während Anlegerwohnungen immer kleiner wurden, um den Profit zu<br />

maximieren, stehen und standen bei den GBV weiterhin die Menschen<br />

im Vordergrund. GBV bauen für die echten Wohnbedürfnisse. Denn<br />

eine vierköpfige Familie braucht keine Anlegerwohnung mit 50<br />

Quadratmetern. Von GBV neu errichtete Wohnungen (Zeitraum seit<br />

2011) sind mit durchschnittlich 81 Quadratmetern deutlich größer als<br />

jene von privaten Bauträgern (68 Quadratmeter). Während die GBV-<br />

Wohnungsgrößen seit 1991 nahezu gleich blieben, schrumpften die<br />

privaten Mietwohnungen von 81 Quadratmetern auf 68 Quadratmeter.<br />

Pluspunkt Ausstattung<br />

Und ein weiterer Punkt ist in der neuen Arbeitswelt nicht zu vergessen:<br />

Die Ausstattung der Wohnanlage. Denn verbringen die Menschen<br />

mehr Zeit zu Hause, benötigen sie auch einen Ausgleich. Ob Familie<br />

oder Single, Alt oder Jung: Außenräume sind für alle noch viel<br />

wichtiger geworden. Daher sind wir auch sehr stolz darauf, dass 75,3<br />

Prozent der von unseren 185 Unternehmen errichteten Wohnungen<br />

einen Balkon, eine Loggia oder eine Terrasse haben. Bei den seit<br />

2011 errichteten GBV-Wohnungen sind es sogar 96 Prozent (Quelle<br />

Mikrozensus 2018). Leistbares Wohnen, Platz und gute Ausstattung<br />

der Wohnungen sind für GBV kein Widerspruch: Nur so kann die neue<br />

Arbeitswelt besser stattfinden.<br />

Fotos: Weinwurm, Adobe Stock<br />

92 ImmoFokus


Zum Autor<br />

Nino Lutz ist seit 2006 für die s REAL Immobilienvermittlung<br />

GmbH tätig und leitet neben Wohnimmobilien auch den<br />

Bereich Büro- & Gewerbeimmobilien.<br />

2030: Arbeiten im hybriden Büro<br />

Kommentar: Nino Lutz<br />

Foto: Adobe Stock<br />

Alles, aber nicht alle an<br />

einem Ort: Das attraktive<br />

Office 2030 ist eine hybride<br />

Campuslösung. Hybrid bedeutet,<br />

dass Mitarbeiter für<br />

Besprechungen und gemeinsame<br />

Projekte in einem<br />

offenen Großraumbüro zusammenkommen<br />

– und dass<br />

Kollegen aus dem Home-<br />

Office per Video unkompliziert<br />

zugeschaltet werden.<br />

Büroarbeitsplätze sollte es<br />

für 70 Prozent der Mitarbeiter<br />

geben. Das zeitgemäße<br />

Office bietet 2030 aber weit<br />

mehr: Modern ausgestattete<br />

Besprechungsräume sowie schön gestaltete Begegnungszonen für die<br />

berühmten „Kaffeegespräche“. Im Idealfall sind Einrichtungen wie<br />

Fitnesscenter, Restaurants, ein Betriebskindergarten oder Gesundheitsdienstleistungen<br />

in die Anlage eingebettet – derartige Campuslösungen<br />

sind bereits heute gefragt.<br />

Offene, helle und freundliche Architektur<br />

Kaffeehausatmosphäre wird in den meisten Unternehmen wohl auch<br />

2030 nicht herrschen. Die Büros müssen aber ein Ort sein, an dem effizientes<br />

Arbeiten in Kombination mit einer angenehmen, kommunikationsfördernden<br />

Umgebung möglich ist. Moderne Ausstattung sowie<br />

offene, helle und freundliche Architektur helfen dabei.<br />

Wichtige Assets, um sehr gute Mitarbeiter anzuziehen, sind Umweltschutz<br />

und Nachhaltigkeit. Bepflanzte Grünflächen auf dem Campus<br />

veranschaulichen, dass ein Unternehmen nachhaltig agiert, und sind<br />

beliebte Aufenthaltsbereiche.<br />

Natürlich sollten diese<br />

Grünflächen kein „Feigenblatt“<br />

sein: Ökologische<br />

Baumaterialien und saubere<br />

Energie sind Themen, die für<br />

immer mehr Menschen immer<br />

wichtiger werden. 2030<br />

wird die „Generation Greta“<br />

auch in Büros sehr stark vertreten<br />

sein. Umweltfreundliche<br />

Kühllösungen, etwa mittels<br />

Betonkernaktivierung<br />

und Photovoltaikanlage,<br />

sind künftig unverzichtbar.<br />

Was 2030 eine Top-Lage<br />

auszeichnet? Das Office der Zukunft punktet innerstädtisch mit einem<br />

guten Anschluss an öffentliche Verkehrsmittel. Dazu zählen nicht nur<br />

U-Bahnen und Co, sondern auch das Eisenbahnnetz. Da man ja nicht<br />

täglich, sondern fallweise nur für Projekte ins Büro „muss“, steigt die<br />

Anzahl der Mitarbeiter, die weiter entfernt wohnen, als es das tägliche<br />

Pendeln erlauben würde. Die Anreise soll aber trotzdem komfortabel<br />

möglich sein und wird sich zunehmend auf die Schiene verlagern.<br />

Die Vorteile eines modernen Bürostandorts sind kein „Nice to have“. Sie<br />

sind zunehmend unverzichtbar für Unternehmen, die im Wettbewerb<br />

um „kluge Köpfe“ reüssieren und bei niedrigen Betriebskosten angenehmes,<br />

produktives Arbeiten ermöglichen wollen. Das erkennen immer<br />

mehr Unternehmen. Die Bautätigkeit hält mit der steigenden Nachfrage<br />

derzeit nicht mit. Wer Handlungsbedarf hat, sollte sich also schnell nach<br />

einem geeigneten Standort umschauen – oder prüfen, ob sich die aktuellen<br />

Büroflächen mit einer Sanierung zukunftsfit machen lassen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

93


ImmoFokus.Rubrik<br />

Zum Autor<br />

Birgit Trofer arbeitet als leidenschaftliche Unternehmerin<br />

und Netzwerkerin seit 2014 im Executive Search. Partnerin<br />

bei OCEANS 5 Management Consulting, Mitglied im Salon<br />

Real, Vorstand bei ImmoABS.<br />

Flexibilität -<br />

nicht nur bei Grundrissen der Erfolgsfaktor<br />

Kommentar: Birgit Trofer<br />

Das Verständnis von Arbeit befindet sich – vor allem durch Digitalisierung<br />

getrieben – im Wandel, mit einer recht komplexen Veränderungsdynamik.<br />

Aus Sicht der Kandidaten, die vornehmlich im Büro arbeiten und<br />

in ihrem Berufsleben ein neues Kapitel aufschlagen möchten, hat die aktuell<br />

spürbare Offenheit gegenüber neuen Arbeitsweisen zu einem Befreiungsschlag<br />

geführt. Sie fühlen nicht mehr wie früher vor, ob es fallweise<br />

möglich sei, etwas Flexibilität in den präsenzdominierten Arbeitsalltag zu<br />

bringen. Nein, vielmehr stellen sie jetzt in Bewerbungsprozessen selbstbewusst<br />

die Frage, wie der „New Way of Work“ aktuell im Unternehmen<br />

gelebt wird und wie das Top Management damit umgeht.<br />

Work-Leisure-Blending auf der Überholspur<br />

Die Frage streift das Thema Home-Office und hybrides Arbeiten, wenngleich<br />

„New Way of Work“ viel weitere Kreise zieht. Die damalige krisenbedingte<br />

Bereitschaft von Mitarbeitern, kurzfristig ihre Wohnzimmer<br />

und Küchen zu teilen und als Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, war<br />

erstaunlich. Unternehmen haben situationsangepasst reagiert, mit technischen<br />

Gadgets nachgerüstet und Flexibilität bewiesen. Viele Mitarbeiter<br />

haben es zumindest eine zeitlang geschätzt, (nur) von zuhause aus<br />

zu arbeiten und private Angelegenheiten flexibel in den neuen Alltag<br />

integrieren zu können. Selbstverständlich gibt es zahlreiche Vor- und<br />

Nachteile hybrider Arbeitsweisen, individuelle Bedürfnisse, Möglichkeiten<br />

und Grenzen. Aber ein Punkt ist meiner Meinung nach eine wichtige<br />

Erkennntnis aus dieser Zeit: die schwindenden Grenzen zwischen<br />

Arbeit und Freizeit zu nutzen, um sie klug, harmonisch und effizient<br />

ineinandergreifen zu lassen. Wenn diese Umstellung vertrauensvoll<br />

und abgestimmt zwischen allen Beteiligten gelingt, könnten wir viel gewinnen.<br />

Dann würde auch der lang andauernde, zuweilen verkrampfte<br />

Versuch, Grenzen zwischen zwei Welten zu ziehen, um sie dann wieder<br />

auszubalancieren, als Vorläufer des Work-Leisure-Blendings gelten.<br />

Die Rolle des Büros ändert sich<br />

Schwindender Teamspirit, soziale Isolation und fehlender kreativer Input<br />

sind einige der potenziell auftretenden negativen Auswirkungen eines zu<br />

hohen Home-Office-Anteils. Um das Zusammengehörigkeitsgefühl im<br />

Team zu fördern, braucht man echte zwischenmenschliche Begegnung,<br />

um persönliche Beziehungen zu pflegen und Vertrauen aufbauen zu können.<br />

Hier kommt das Büro ins Spiel, das diese Funktion sinnvollerweise<br />

übernehmen kann. Zudem kann es als Nährboden für kreative Zusammenarbeit<br />

dienen und sich von der ehemaligen Nutzfläche zur Bühne für<br />

die Unternehmenskultur entwickeln. Vielleicht werden damit auch eingefahrene,<br />

starre Strukturen aufgebrochen und es gelingt, mehr Agilität<br />

in wertschöpfende Prozesse zu bringen. Nicht nur Grundrisse und Räume<br />

brauchen Flexibilität und Anpassungsfähigkeit – auch Köpfe.<br />

Foto: Adobe Stock<br />

94 ImmoFokus


Zum Autor<br />

Andreas Köttl ist CEO der Value One, Präsident der<br />

Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft<br />

(ÖGNI) und Vize-Präsident der Vereinigung<br />

Österreichischer Projektentwickler (VÖPE).<br />

Multilokal, flexibel und vernetzt<br />

Kommentar: Andreas Köttl<br />

Die Arbeitswelt von morgen wird sich massiv<br />

von der heutigen unterscheiden. Das hat einerseits<br />

mit den Treibern Digitalisierung, Konnektivität<br />

und Automatisierung zu tun und andererseits mit<br />

der Sehnsucht nach dem Sinn-erfüllenden, selbstwirksamen<br />

Arbeiten.<br />

Das Ergebnis ist eine Flexibilisierung der Arbeitswelt,<br />

von Arbeitsort und Arbeitszeit. Schlagwörter<br />

wie multilokal, flexibel und vernetzt werden künftig<br />

die neue Arbeitswelt beschreiben. Denn Arbeit<br />

ist von überall aus möglich, das haben uns die<br />

Pandemie und der Digitalisierungsboost gelehrt.<br />

Das Büro der Zukunft muss diesen Ansprüchen<br />

gerecht werden.<br />

Echtes Miteinander im Büro<br />

Das Büro der Zukunft ist mehr denn je Ort der<br />

Unternehmenskultur, der Identifikation und des<br />

kreativen Miteinanders. Es ist der wichtige Ort der<br />

Begegnung und der Vernetzung. Real wie digital.<br />

Das physische Büro wird zur Körpersprache der<br />

Unternehmenskultur eines Unternehmens. Ein<br />

Ort, an dem Werte sichtbar werden, an dem ein<br />

Wir-Gefühl erlebbar wird. Im Büro findet das echte<br />

Miteinander statt – Co-Kreation. Non-territoriale<br />

Arbeitswelten werden zum Standard und die<br />

Raumkonzepte der Zukunft sehen immer mehr<br />

wie Coworking-Spaces aus.<br />

Zu guter Letzt: Voraussetzung, um die neue hybride<br />

Arbeitsweise reibungslos zu ermöglichen,<br />

sind beste Konnektivität und Digitalisierung als<br />

der Erfolgsfaktor für jeden Bürostandort.<br />

Foto: Adobe Stock<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

95


Die bewegte<br />

ImmoWirtschaft<br />

Regelmäßige Kolumne<br />

über Fakten und Inhalte, die<br />

verändern und prägen.<br />

#32<br />

Preiserhöhung um jeden Preis?<br />

Kommentar: Philipp Kaufmann<br />

Zeit auf historisch tiefen Niveaus. Aber auch bei variablen Zinsen sind<br />

diese noch nicht zweistellig und steigen langsamer als die derzeitige<br />

Inflationsrate. Alle Voraussetzungen sind somit dafür gegeben, dass<br />

unsere Branche mit der Durchsetzung der Preissteigerungen aufgrund<br />

der gestiegenen Inflationsrate nicht nur die Umsätze, sondern auch die<br />

Gewinne steigern kann. Gehören wir somit auch zu den Profiteuren der<br />

Krise? Erzielen wir auch Zufallsgewinne?<br />

Den Umsatz zu erhöhen ist das Ziel jedes Unternehmers. Die schönste<br />

Situation ist, wenn sich die Kosten nicht in gleicher Höhe erhöhen, denn<br />

dann bleibt dem Unternehmer mehr am Ende des Jahres – sein Gewinn<br />

fällt höher aus. In der Immobilienwirtschaft haben wir fast alle mit einer<br />

Wertsicherungsklausel Preiserhöhungen in den langfristigen (Wohnungs-)Verträgen<br />

vereinbart. Die derzeit stark steigende Inflationsrate<br />

weckt auf den ersten Blick die Hoffnung auf stark steigende Preise. Herz,<br />

was willst du mehr, wenn die Inflationsrate im Moment mehr als neun<br />

Prozent beträgt, vermutlich bald zweistellig wird. Können wir mit deutlichen<br />

Preissteigerungen bei unseren Mietverträgen rechnen?<br />

Noch besser wird die Situation, da die Kosten für den Immobilieneigentümer<br />

noch nicht in gleicher Höhe gestiegen sind. Bei der Inflationsrate<br />

sind derzeit einzelne Faktoren für die extreme Situation verantwortlich,<br />

welche zum Teil von externen Faktoren beeinflusst werden. So steigt der<br />

Gaspreis in Europa wegen des Krieges in der Ukraine und dem Verhalten<br />

von Russland. Die gestiegenen Energiekosten können, wenn sie denn<br />

überhaupt auf Immobilieneigentümer-Ebene anfallen, fast immer über<br />

die Betriebskosten (Nebenkosten) auf den Mieter umgelegt werden und<br />

sollten von diesem bezahlt werden. Aktuell werden mit den Exzessen<br />

bei Strom und Gas die Abrechnungen der Eigentümer wenig bis kaum<br />

beeinflusst. Gleiches gilt für die Refinanzierungskosten, denn die Kreditkosten<br />

sind insbesondere bei fix vereinbarten Zinsen noch für längere<br />

Besteuerung von Zufallsgewinnen<br />

Noch hat die Politik unsere Branche bei der Diskussion zur Besteuerung<br />

von Zufallsgewinnen nicht am Radar. Aktuell konzentriert sich<br />

alles auf die Energieunternehmen und hier vor allem auf die Stromkonzerne<br />

mit eigener Produktion. Dies wird sich ändern, wenn die<br />

ersten Mieter sich die Miete nach den Preiserhöhungen entsprechend<br />

der Mietverträge nicht mehr leisten können und das Thema in den<br />

Medien ankommt. Um hier als Branche nicht erneut öffentlich am<br />

Pranger stehen zu müssen, schlage ich vor, dass unsere Interessensvertreter<br />

proaktiv handeln. Wir müssen uns dieser Diskussion stellen<br />

und sollten Konzepte erarbeiten, damit wir nicht per Gesetz besteuert,<br />

abgeschöpft und/oder verunglimpft werden. Im Gegensatz zum<br />

Verbund würden bei einer aufgeladenen Diskussion nicht einzelne<br />

wenige „Profis“ mit guter Beratung Diskussionspartner der Medien<br />

und der Politik sein, sondern wir würden, wie schon bei der Maklerprovision,<br />

durch die Manege der öffentlichen Arena getrieben werden.<br />

Damals waren wir auf verlorenem Posten und haben uns nicht<br />

durchgesetzt; ähnliches befürchte ich bei dieser Diskussion, wenn wir<br />

nicht frühzeitig agieren. Ein Gedanke zum Schluss: Wir verzichten als<br />

Branche freiwillig teilweise auf vertragliche Rechte und stellen damit<br />

gleichzeitig sicher, tatsächliche Kostensteigerungen jetzt und zukünftig<br />

abfedern zu dürfen. Langfristig zementieren wir uns als faire Partner<br />

der Gesellschaft ein. Die Diskussion kann beginnen und ich bin<br />

gespannt, was Ihre Meinung hierzu ist.<br />

Diskutieren Sie mit mir unter:<br />

philipp.kaufmann@kabb.at oder 05.9987.<br />

Fotos: Gottfried Poessl, Adobe Stock<br />

96 ImmoFokus


Zum Autor<br />

Michael Pisecky ist Geschäftsführer der s Real und<br />

Obmann der Wiener Fachgruppe der Immobilien- und<br />

Vermögenstreuhänder.<br />

Nachhaltig ist anders!<br />

Kommentar: Michael Pisecky<br />

Wir haben je nach<br />

Zählweise zwei bis<br />

drei Jahrzehnte auf<br />

dieser Welt vergehen<br />

lassen, ohne wesentliche<br />

Schritte in Sachen<br />

Nachhaltigkeit und Klimawandel<br />

zu bewältigen.<br />

Für die Klimaerwärmung<br />

wird mittlerweile das Jahr<br />

2<strong>04</strong>0 als Schicksalsjahr<br />

genannt, ab dann der Prozess der Erwärmung ohne<br />

drastische Reduktion des Ausstoßes von CO ²<br />

und anderen<br />

Klimagasen nicht mehr umkehrbar wird. Die einen sagen,<br />

das geht sich nicht mehr aus, weil wir zu lange zugewartet<br />

haben, die anderen sind vollkommen damit beschäftigt, Folgen<br />

der Pandemie, der Lieferkettenprobleme, der Inflation, der Energieknappheit<br />

zu bewältigen. Dazu kommt, dass immer mehr Autokraten<br />

meinen, ihre persönliche Macht zu nutzen, ihre Bevölkerung in ihren<br />

Freiheiten zu beschneiden, jegliche Rechtsstaatlichkeit zu beseitigen<br />

und ihre Ansprüche gegen Opposition und andere Staaten ohne jede<br />

Rücksicht und auch mit kriegerischen Mitteln durchzusetzen. Wer verliert,<br />

ist das Volk, die Freiheit, die Umwelt, die Welt, einfach die gesamte<br />

Zukunft!<br />

Wenn wir in Europa noch in geregelten, demokratischen und rechtsstaatlichen<br />

Verhältnissen leben dürfen, müssen wir extrem aufpassen<br />

auf diese Werte und unsere Freiheit. Wir sehen auch in Europa und<br />

selbst in unserem Land viele Angriffe auf diese Werte.<br />

Was dann besonders schmerzt ist, wenn wir in Österreich breiteste<br />

Förderungen für den privaten Stromverbrauch für alle, teilweise auch<br />

mehrfach beschließen, die zum Stromverbrauch fast animieren, und das<br />

mit Geld, das wir für so viele wichtigere, weil nachhaltigere, Maßnahmen<br />

nicht haben. Was unverständlich ist, wenn wir von Universalmietrecht<br />

über Streichung der Befristung, Aussetzung der Mietanpassungen<br />

bis zur Bekämpfung von Mieten, die zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses<br />

der aktuellen Gesetzeslage entsprachen, eine investitionsfeindliche,<br />

Sanierung verhindernde, den Nachhaltigkeitsstatus des Gebäudes<br />

ignorierende „Mieten-runter-Politik“ in unserem Land erleiden<br />

müssen. Das ist dermaßen kurzsichtig, wieder die Gießkanne ohne jede<br />

Treffsicherheit, dass es einfach weh tut.<br />

Es ist wahrscheinlich zu spät, um es vor 2<strong>04</strong>0 beziehungsweise 2050 zu<br />

schaffen, die Investitionen in den Immobilienbestand von wahrscheinlich<br />

300 Milliarden aufzustellen ist kaum vorstellbar, die technischen<br />

Lösungen sind überwiegend vorhanden, aber derzeit mit langen Lieferfristen<br />

versehen, die gesetzlichen Rahmenbedingungen speziell für die<br />

Umsetzung noch nicht gegeben.<br />

Wohnung für Wohnung, Haus für Haus sanieren<br />

Auch wenn wir die großen Entwicklungen auf dieser Welt nicht beeinflussen<br />

können, so fangen wir doch mit den unmittelbar um uns stattfindenden<br />

an. Wir können Wohnung für Wohnung, Haus für Haus zuerst<br />

sanieren, dann zentral beheizbar machen, dann die Wärmeaufbereitung<br />

ohne fossile Brennstoffe lösen. Wir müssen öffentlich und in der Politik<br />

die Vision einer fossilfreien Beheizung und Kühlung unserer Gebäude<br />

verfolgen. Diesem Ziel muss unsere Sehnsucht gelten. Auf dem Weg<br />

werden wir noch viel lernen, wir werden denen, die es dringend brauchen,<br />

auch helfen, sie mit Beihilfen und Förderungen unterstützen, ohne<br />

Gießkanne, und wir werden Mieten und Kaufpreise in Zukunft an Lage<br />

und Nachhaltigkeit orientieren müssen, und das nicht in einer Planwirtschaft,<br />

sondern in einer Leistungsgesellschaft, die sich der sozialen<br />

Marktwirtschaft bedient.<br />

Fangen wir an!<br />

Foto: Adobe Stock<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

97


Zum Autor<br />

Hans Jörg Ulreich, Gründer und geschäftsführender<br />

Gesellschafter der Ulreich Bauträger GmbH, Bauträgersprecher<br />

Österreich, Lektor an der TU Wien und FH Wien.<br />

Alternativlos<br />

Kommentar: Hans Jörg Ulreich<br />

Zwei Tage und Nächte hat es gedauert, bis sich der Wiener Bürgermeister<br />

Michael Ludwig nach Aufpoppen der Turbulenzen um<br />

Wien Energie einem Pressegespräch stellte. Leider ließ er das ZIB2-<br />

Interview mit Armin Wolf aus und überließ dem Finanzminister den<br />

Schlagabtausch.<br />

Aber keine Sorge, auch Magnus Brunner gelang es ganz gut, uns das<br />

aktuelle Sittenbild der österreichischen Innenpolitik vorzuführen.<br />

Auf die Frage Armin Wolfs, ob es dasselbe Regierungsgetöse gäbe,<br />

wäre Johanna Mikl-Leitner mit ihrem Energieunternehmen in der<br />

Kreide, versuchte er uns tatsächlich weis zu machen, dass die Regierung<br />

genau gleich reagiert hätte – allerdings laut Brunner mit dem<br />

Unterschied, dass Mikl-Leitner natürlich persönlich in der ZIB2-<br />

Stellung bezogen hätte.<br />

Lenken der öffentlichen Meinung<br />

Das, liebe Leserinnen und Leser, glaube ich als einziges sogar. Mikl-<br />

Leitner hätte es sich nicht nehmen lassen, selbst aufzuklären. Die<br />

ÖVP hat lange genug und nicht zuletzt aufgrund der vergangenen<br />

Monate mit U-Ausschuss- und Chat-Affären die bittere Erfahrung<br />

gemacht, dass am Ende doch bei weitem nicht alles, aber durchaus<br />

vieles ans Licht kommt. Dann lieber gleich versuchen, selbst die öffentliche<br />

Meinung wenigstens ein bisschen zu den eigenen Gunsten<br />

umzulenken.<br />

Mit der Ibiza-Affäre als Startschuss sehen wir jedenfalls, wie alle<br />

Parteien – Randerscheinungen wie MFG und KPÖ ausgenommen<br />

– es über kurz oder lang mit der sonst nur von der FPÖ bekannten<br />

Taktik versuchen, einen Skandal auszusitzen: solange an Halbwahrheiten<br />

mit größter Beharrlichkeit festhalten, bis bei den anderen ein<br />

Skandal aufpoppt, eine Naturkatastrophe, Epidemie oder Krieg die<br />

Schlagzeilen übertünchen oder wir, das Volk, entweder nicht mehr<br />

durchblicken oder genervt w.o. geben.<br />

Fotos: Sebastian Philipp, Adobe Stock<br />

98 ImmoFokus


| BA12-17G |<br />

Das Gebäude der Zukunft<br />

kann auch so aussehen<br />

Ideal für Modernisierungen: Die offene,<br />

PC-basierte Gebäudeautomation<br />

von Beckhoff<br />

Endlose Liste der Skandale<br />

Was für ein Bild unsere Politik nur abgibt – es ist kaum noch zu fassen.<br />

Ein Bürgermeister, der eine enorme finanzielle Krise verheimlicht,<br />

eine Bundesregierung, die daraus Wählerkapital zu schlagen<br />

versucht, ein Bundespräsident mit allen Annehmlichkeiten, der<br />

seinem Volk in schwierigsten Zeiten ausrichten lässt, es müsse halt<br />

die Zähne fest zusammenbeißen. Eine Wahl zum obersten Amt<br />

dieser Republik, ein Amt mit Gewicht, der sich neben dem besagten<br />

Präsidenten nur noch ein Populist, drei Rechtspopulisten (darunter<br />

zwei Kolumnisten der zwei größten österreichischen Boulevardzeitungen)<br />

und ein Künstler stellen.<br />

Sie wissen, dass ich die Liste der Skandale endlos fortsetzen könnte,<br />

würde ich bis zur Ibiza-Affäre zurück gehen. Falls unser Bundespräsident<br />

mit dem „Zähne zusammenbeißen“ nicht die finanziellen<br />

Nöte der vielen Österreicher gemeint hat, sondern dieses traurige<br />

Schmierenspiel, ist es sogar verständlich. „Augen zu“ hat er sich<br />

vermutlich nicht auszusprechen getraut.<br />

Für mich ist all das, was uns da vorgeführt wird, und noch mehr, was<br />

ans Licht kommt, schlichtweg verstörend. Nur wer unser Land, uns<br />

Bürgerinnen und Bürger, nicht kennt, kann sich mit einer derartigen<br />

Schneid öffentlich so gebaren wie unsere gesamte politische<br />

Landschaft.<br />

So wird wertvolle Bausubstanz nicht nur erhalten, sondern zukunftsfit<br />

gemacht: Mit der integralen Gebäudeautomation von Beckhoff<br />

implementieren Sie alle Möglichkeiten der Kommunikations- und<br />

Steuerungstechnik – angepasst an die individuellen Bedürfnisse der<br />

Immobilie. Alle Gewerke werden von einer einheitlichen Hard- und<br />

Softwareplattform gesteuert: Ganz gleich, ob es um die nutzungsgerechte<br />

Beleuchtung, die komfortable Raumautomation oder<br />

die hocheffiziente HLK-Regelung geht. Für alle Gewerke stehen<br />

vordefinierte Softwarebausteine zur Verfügung, die das Engineering<br />

enorm vereinfachen. Funktionserweiterungen oder -änderungen sind<br />

jederzeit möglich. Das Ergebnis: Durch die optimale Abstimmung aller<br />

Gewerke werden die Energieeinsparpotenziale voll ausgeschöpft und<br />

die Effizienz der Bewirtschaftung deutlich erhöht.<br />

Die ganzheitliche Automatisierungslösung von Beckhoff:<br />

Gerne hätte ich gesagt: am Ende können wir die Rechnung in der<br />

Wahlurne begleichen – doch da keine Partei ausgenommen ist, fehlt<br />

es sogar an einer Denkzettelalternative.<br />

Scannen und alles<br />

über die Gebäudeautomation<br />

mit<br />

PC-based Control<br />

erfahren<br />

Es bleiben nur Eigeninitiative, Zivilcourage, Solidarität und Sparund<br />

Achtsamkeit, um die wahren Krisen Klima, Energie und Wirtschaft<br />

gemeinsam zu meistern – weit weit weg von der politischen<br />

Parallelgesellschaft.<br />

Flexible<br />

Visualisierung/<br />

Bedienung<br />

Skalierbare Steuerungstechnik,<br />

modulare<br />

I/O-Busklemmen<br />

Modulare<br />

Software-<br />

Bibliotheken<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

99


Zum Autor<br />

Stefan Wernhart startete 2006 bei EHL und ist seit 2018 Geschäftsführer der<br />

EHL Gewerbeimmobilien GmbH. Er ist für die Bereiche Office, Retail, Asset<br />

Management und Market Research verantwortlich. Seit über 15 Jahren befasst er<br />

sich intensiv mit Entwicklungen und Trends am Wiener Büroimmobilienmarkt.<br />

Die nachhaltige Flexibilität des hybriden Arbeitens<br />

Kommentar: Stefan Wernhart<br />

Foto: Adobe Stock<br />

Ein klassisches Bürolayout, wie man es viele Jahre lang in den meisten<br />

Unternehmen vorgefunden hat, weicht immer öfter neuen, qualitativ<br />

hochwertigen und modernen Raumkonzepten, oftmals mit Anlehnung<br />

an eine Hotelarchitektur mit Wohlfühlfaktor. Noch befinden wir uns<br />

aber mitten in diesem Transformationsprozess am Weg hin zu den neuen<br />

Bürowelten und flexiblen Arbeitsmodellen.<br />

Neue Anforderungen<br />

Die Büroräumlichkeiten werden zusehend individueller, wohnlicher,<br />

moderner und digitaler. Arbeitgebende gehen heute stärker als bisher<br />

auf die Wünsche ihrer Mitarbeitenden ein und auch die Büroflächen<br />

selbst werden wesentlich mehr auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden<br />

ausgerichtet. Die Arbeitswelt hat sich während der letzten zweieinhalb<br />

Jahre pandemiebedingt nachhaltig verändert. Der Trend des hybriden<br />

Arbeitens hat sich manifestiert und wird sich zukünftig noch weiter<br />

verstärken. Bei vielen Arbeitnehmenden hat die plötzliche Anpassung<br />

des Arbeitsalltages durch COVID-19 ein neues Verständnis von Arbeit<br />

hervorgebracht.<br />

Flexibilität zählt<br />

Die Vereinbarkeit des Berufs- und Privatlebens<br />

ist oftmals sehr stark in den Fokus gerückt und<br />

viele Unternehmen ermöglichen inzwischen<br />

flexiblere Arbeitszeitmodelle, um dieser Veränderung<br />

in ihrer Unternehmenskultur Platz<br />

zu geben. Die gewährte Flexibilität stärkt die<br />

Identifikation der Mitarbeitenden mit dem<br />

Unternehmen und bindet diese in Zeiten, in<br />

denen es sehr schwierig ist, qualifiziertes Fachpersonal<br />

zu halten und neue Talente zu finden.<br />

Durch diese nachhaltige Veränderung des Arbeitsalltags<br />

rückt die Qualität des physischen<br />

Büros immer öfter in den Vordergrund. Wenn<br />

der Arbeitsplatz zu Hause sehr gut funktioniert<br />

und komfortabel ist, muss das physische Büro speziell bei der Generation<br />

Y und Z noch stärker als früher einen Anreiz schaffen, um Mitarbeitende<br />

zur Anwesenheit im Büro zu motivieren. Die Realisierung dieser modernen<br />

Bürokonzepte sorgt dafür, dass das physische Büro überwiegend ein<br />

Ort der Innovation und Kreativität wird und natürlich Raum für den weiterhin<br />

notwendigen informellen Austausch bietet. Daher konzentrieren<br />

sich Projektentwickler noch stärker auf die Errichtung qualitativ hochwertiger,<br />

architektonisch moderner und vor allem nachhaltiger Immobilien,<br />

die allen Anforderungen der neuen Bürowelten gerecht werden. In<br />

den nächsten beiden Jahren werden hochwertige Projekte fertiggestellt,<br />

wie zum Beispiel das VIO Plaza direkt an der U4-Station Meidling, mit<br />

einem vielseitigen Shop-Angebot in der Sockelzone, oder die Projekte<br />

Francis im Althan Quartier und myhive Urban Garden am Wienerberg,<br />

in welchen sich unter anderem ein Fitnesscenter, ein großer Food Court<br />

und vielfältige Einkaufsmöglichkeiten befinden. Diese Projekte, die auch<br />

von EHL vermarktet werden, bieten zukünftigen Nutzenden flexible,<br />

innovative und nachhaltige Bürokonzepte an Standorte mit perfekter<br />

Infrastruktur vor Ort.<br />

100 ImmoFokus


KONE CARE DX –<br />

CO 2 -NEUTRALE AUFZUGSWARTUNG<br />

Nachhaltig und intelligent: Die erste CO 2 -neutrale Aufzugswartung der Branche<br />

kommt von KONE. KONE Care DX bietet eine bis zu 99,5%ige Verfügbarkeitsgarantie<br />

und reduziert Störungen um bis zu 40%.<br />

www.kone.at


Positionen & Meinungen<br />

ExpoReal <strong>2022</strong><br />

Information, Austausch und Netzwerkpflege. Die internationale Fachmesse für Immobilien und<br />

Investitionen Expo Real in München (4. bis 6. Oktober) ist für die Immobilienwirtschaft die wichtigste Plattform.<br />

Autor: Andreas Altstädter<br />

N<br />

ach der pandemiebedingten<br />

Zurückhaltung vieler Unternehmen<br />

in den vergangenen zwei<br />

Jahren ist der Wunsch nach Information<br />

und Austausch in der Immobilienbranche<br />

hoch, so dass wir uns auf mehr als 1.900<br />

Aussteller auf der Expo Real <strong>2022</strong> freuen können<br />

– über 50 Prozent mehr gegenüber 2021 mit 1.198<br />

Ausstellern“, berichtet Claudia Boymanns, Projektleiterin<br />

der Expo Real. „Diesen Wunsch<br />

spüren wir in allen Bereichen: in den Assetklassen<br />

Wohn- und Büroimmobilien, Hotels, Logistik<br />

und Handel, aber auch bei den internationalen<br />

Gemeinschaftsständen sowie den<br />

Gemeinschaftsständen der Regionen und Städte,<br />

die alle wieder mehr Partner an Bord haben.“<br />

Innovative Lösungen nötiger denn je<br />

„Ein zentrales Anliegen der Expo Real war<br />

und ist, der Immobilienwirtschaft innovative<br />

Lösungen und Möglichkeiten vorzustellen,<br />

Fotos: Messe München<br />

102 ImmoFokus


die bei der Bewältigung der zunehmenden<br />

Anforderungen an die Branche helfen können“,<br />

erläutert Claudia Boymanns. In der Halle<br />

A3 finden sich konzentriert Start-ups auf der<br />

TechAlley sowie ehemalige Start-ups, die inzwischen<br />

als etablierte Technologieunternehmen<br />

einen eigenen Platz einnehmen. Zudem<br />

bietet hier das Real Estate Innovation Forum<br />

eine entsprechende Diskussionsplattform.<br />

„Viele Unternehmen, Standorte und Verbände<br />

bringen zudem selbst Start-ups auf die Messe<br />

mit“, fährt Boymanns fort. In der Halle A3<br />

werden wieder Innovation Tours angeboten<br />

– und erstmals auch ESG Tours, die Lösungen<br />

für die Environmental, Social und Governance-<br />

Anforderungen nahebringen. Beide können ab<br />

September auf der Website gebucht werden.<br />

Richtungsweisende Themen der<br />

Branche: ESG, Wohnen, Zinspolitik<br />

Die allgemeinen Rahmenbedingungen der<br />

Immobilienwirtschaft werden im Expo Real<br />

„Ein zentrales<br />

Anliegen der<br />

Expo Real war und<br />

ist es innovative<br />

Lösungen und<br />

Möglichkeiten<br />

vorzustellen.“<br />

Claudia Boymanns,<br />

Projektleiterin der Expo Real<br />

Forum diskutiert. Der Fokus richtet sich auf<br />

ESG, den Klimaschutz, die Schaffung von<br />

bezahlbarem Wohnraum und die aktuelle<br />

Zinspolitik. Zu Wort kommen unter anderem<br />

Bundesbauministerin Klara Geywitz, die Präsidentin<br />

des Sozialverbandes VdK Deutschland<br />

Verena Bentele sowie Jörg Krämer, Chefvolkwirt<br />

der Commerzbank, und DGertrud Traud,<br />

Chefvolkswirtin der Helaba. Im Planning &<br />

Partnership Forum stehen die einzelnen Assetklassen<br />

im Mittelpunkt. Das Diskussion &<br />

Networking Forum steht den Ausstellern für<br />

Themen direkt aus der Immobilienbranche zur<br />

Verfügung.<br />

Doch worüber wollen die Messeteilnehmer<br />

sprechen, wenn die Expo Real ihre Tore öffnet?<br />

Eine Online-Umfrage im Vorfeld der Messe<br />

beleuchtet aktuelle Trends in der Immobilienwirtschaft:<br />

Teuerungen und Inflation, ESG, Bezahlbares<br />

Wohnen und die Zusammenarbeit<br />

mit der öffentlichen Hand.<br />

#Jetzt Ticket sichern<br />

www.citytagung.eu<br />

Mission<br />

Trends<br />

»Begegnung findet Stadt«<br />

19. Oktober <strong>2022</strong> | ThirtyFive, Wien<br />

Lösungen<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

103


Positionen & Meinungen<br />

„Die Immobilienbranche geht angesichts der<br />

aktuellen Rahmenbedingungen mit gedämpften<br />

Erwartungen an den Immobilienmarkt in<br />

den Herbst. Knapp die Hälfte der Befragten des<br />

Expo Real Trendberichts ist überzeugt, dass die<br />

Investitionen in deutsche Immobilien sinken<br />

werden, ein Viertel, dass sie maximal gleichbleiben“,<br />

analysiert Stefan Rummel, CEO der<br />

Messe München.<br />

An der Online-Umfrage nahmen 493 deutsche<br />

Teilnehmer der Messe teil, sowohl Besucher als<br />

auch Entscheider aus ausstellenden Unternehmen.<br />

Durchgeführt hat die Umfrage im Juli das<br />

unabhängige Marktforschungsinstitut IfaD im<br />

Auftrag der Expo Real.<br />

Zinspolitik der EZB vor allem<br />

positiv bewertet<br />

Aufgrund der Verwerfungen in Folge des Ukrainekrieges<br />

beschäftigen vor allem Teuerungen<br />

und Inflation sowie die Zinspolitik die Immobilienwirtschaft.<br />

Der Klimaschutz steht bei der<br />

Frage nach den wichtigsten Einflussfaktoren<br />

und Herausforderungen an dritter Stelle. Die<br />

Erwartungen an die Marktentwicklung sind<br />

dementsprechend gedämpft: Fast die Hälfte<br />

der Befragten (48 Prozent) geht davon aus,<br />

dass die in deutsche Immobilien investierten<br />

Geldsummen sinken werden, jeweils 26<br />

Prozent glauben, dass sie gleichbleiben beziehungsweise<br />

steigen. Die Zinserhöhungen<br />

durch die Europäische Zentralbank bewerten<br />

die Befragten überwiegend positiv: 61 Prozent<br />

sind der Meinung, dass die Notenbank so die<br />

Immobilienhausse beendet und 67 Prozent<br />

glauben, dass die Immobilienfinanzierung nun<br />

realistischer wird.<br />

Auch die Anforderungen durch ESG (Environmental,<br />

Social, Governance) sind für weite<br />

Teile der Immobilienwirtschafte eine große<br />

Aufgabe, nicht nur bei Fondsprodukten. Bei<br />

einem knappen Viertel der Befragten herrschen<br />

hierzu noch Unklarheiten vor – aber 43<br />

Prozent bewerten die ESG-Kriterien als den<br />

richtigen Weg.<br />

Ohne Kooperation mit der<br />

öffentlichen Hand geht es nicht<br />

Ob bezahlbarer Wohnraum oder klimaresiliente<br />

Städte: Die Umfrage zeigt auf, dass<br />

eine nachhaltige Stadtentwicklung nur im<br />

Schulterschluss von Politik und Wirtschaft<br />

zu meistern ist. Beim Klimaschutz in den<br />

Städten setzen die Befragten aus der Immobilienwirtschaft<br />

vor allem auf eine bessere<br />

öffentliche Infrastruktur und eine generell<br />

ökologische Stadtentwicklung. 65 Prozent<br />

fordern von der öffentlichen Hand ein stärkeres<br />

Entgegenkommen, um die Infrastruktur<br />

in den Städten auszubauen. Die Hälfte ist<br />

überzeugt, dass Private-Public Partnership-<br />

Modell wieder an Bedeutung gewinnen<br />

werden. Eine engere Kooperation wünschen<br />

sich 59 Prozent auch beim Wohnungsbau,<br />

1<strong>04</strong> ImmoFokus


(Zuspruch 69 bzw. 68 Prozent). Platz 3, 4 und<br />

5 nehmen die Segmente Gesundheitsimmobilien<br />

(54 Prozent), Logistik (ebenfalls 54 Prozent)<br />

und gemischt genutzte Immobilien (53 Prozent)<br />

ein. Beim Blick ins Bürosegment sagen<br />

zwei Drittel der Befragten dem Trendthema<br />

Co-Working auch für die Zukunft einen starken<br />

Zuwachs voraus.<br />

Im Handel erfreuen sich Fachmärkte einer<br />

hohen Beliebtheit (69 Prozent), deutlich vor<br />

Straßenläden (46 Prozent), Einkaufszentren<br />

(23 Prozent) oder Factory Outlets (15 Prozent).<br />

Im Segment Wohnimmobilien steht seniorengerechtes<br />

Wohnen (82 Prozent) sowie gefördertes<br />

Wohnen/sozialer Wohnungsbau (80<br />

Prozent) mit Abstand ganz oben im Ranking.<br />

72 Prozent wollen an der Vereinfachung von<br />

Regularien auf diesem Feld mitwirken. Die<br />

Einsicht ist groß, dass der Staat den Mangel<br />

an bezahlbarem Wohnraum nicht allein beheben<br />

kann.<br />

Große Bedeutung von Pflege- und<br />

Wohnimmobilien<br />

Pflege- sowie Wohnimmobilien werden in<br />

der Umfrage als die Immobilienarten mit<br />

dem größten Bedeutungszuwachs bewertet<br />

Wer in Wohn-, Büro- und/oder Gemischtimmobilien<br />

investiert, bleibt seiner jeweiligen<br />

Investitionsstrategie treu: 89 Prozent geben<br />

an, hier keine Verschiebung zwischen den<br />

Segmenten zu planen. Begehrteste Wunschstandorte<br />

für Wohn- und Büroimmobilien sind<br />

laut der Umfrage vor allem B- und C-Standorte<br />

im Einzugsgebiet von Großstädten.<br />

ELK HOTEL<br />

WEITERHIN AUF<br />

EXPANSIONSKURS<br />

ELK beweist, dass es möglich ist, auch Hotels<br />

in ökologischer Holzfertigbauweise kosten-<br />

günstig und in kurzer Bauzeit zu errichten.<br />

Der wichtigste Erfolgsfaktor des österreichischen<br />

Traditionsunternehmens ist das modulare Bausystem,<br />

welches ähnlich wie das Legoprinzip funktioniert.<br />

Durch Reihung und Stapelung der Module<br />

entstehen in kürzester Bauzeit attraktive Baukörper<br />

und Raumlösungen nach Maß.<br />

„Unser innovatives, vorkonfiguriertes Baukonzept<br />

ermöglicht eine präzise Planung und Wirtschaftlichkeitsrechnung,<br />

sowie eine rasche Umsetzung in<br />

der Bauphase“, so Stefan Anderl, Geschäftsführer<br />

von ELK BAU.<br />

NACHHALTIGE BAUWEISE<br />

60 Jahre Erfahrung im Bau, ein eigenes Hotel-Team<br />

und zahlreiche Tricks im Bauablauf wie zum Beispiel<br />

vorgefertigte Badmodule und Möbel garantieren Das Modulbau-Konzept eignet sich auch ideal für<br />

einen reibungslosen Bauablauf. Ein weiterer Aspekt Mitarbeiterheime und für Erweiterungen und Aufstockungen<br />

von bestehenden Gebäuden. Das Hotel<br />

ist das Thema Nachhaltigkeit: Das ELK Bausystem<br />

reduziert die CO2-Emissionen um das Zehnfache gegenüber<br />

Beton oder Ziegel. Alle Bauteile werden im wurde um einen Zubau mit 75 Betten erweitert.<br />

Essigmanngut in Anif bei Salzburg beispielsweise<br />

eigenen Werk im Waldviertel mit PEFC-zertifiziertem<br />

Holz aus nachhaltiger Bewirtschaftung hergestellt. www.elkhotel.at<br />

BESUCHEN SIE EIN REFERENZPROJEKT VON ELK HOTEL!<br />

Im Zeitraum der Messe „Alles für den Gast“ vom 5.–9.11.<strong>2022</strong> in Salzburg sind persönliche Führungen durch<br />

das Hotel Essigmanngut auf Anfrage möglich. Das Hotel ist nur 15 Minuten vom Messegelände entfernt.<br />

Terminvereinbarung unter: +43 (0) 664 610 9886 oder natalie.steglich@elkbau.at.<br />

ELK Bonus: Messeteilnehmer erhalten 15 % Rabatt auf die Zimmerbuchung unter +43 (0) 6246/755 82<br />

oder booking@boutiquehotel-anif.at.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

105


Zum Autor<br />

Louis Obrowsky ist Präsident des Verbandes der Institutionellen<br />

Immobilieninvestoren und Geschäftsführer der LLB<br />

Immo Kapitalanlagegesellschaft.<br />

Geschäftsraummieten im Mietrechtsgesetz –<br />

ein österreichisches Spezifikum<br />

Kommentar: Louis Obrowsky<br />

gebaut wurde. Mietveträge, die vor<br />

1982 abgeschlossen wurden und<br />

auf Basis der „Friedenskronen-<br />

Miete“ (auch erster Weltkrieg)<br />

festgelegt wurden, dürfen ebenfalls<br />

nicht einmal schrittweise bis zur<br />

marktüblichen Miete angehoben<br />

werden. Da fragt man sich<br />

schon, warum nur in Österreich<br />

ein Unternehmer, der einen<br />

Geschäftsraum gemietet hat, so<br />

schützenswert sein soll?<br />

Beklagt werden kann viel, was das Vermieten in Österreich<br />

betrifft. Gefordert werden permanent Mietpreisdeckel, Inflationsmilderungsgesetz<br />

et cetera. Denn Vermieten gilt als „kapitalistisch“.<br />

Wer vermietet, gilt als „reich“. In Österreich halten sich Mythen<br />

besonders lang. Wer einmal eine Wohnung geerbt hat und dachte,<br />

mit der Vermietung viel Geld verdienen zu können, wird schnell eines<br />

Besseren belehrt, denn die Überbrückung von Leerstand, Mietersuche,<br />

Sanieren beziehungsweise Reparieren kostet viel Geld, das schwer<br />

über einen Mietvertrag zu verdienen ist.<br />

Schützenswert, warum?<br />

Aber auch bei Geschäftsraummieten, dazu zählen Büros, Ordinationen,<br />

Lager und Verkaufslokale, sieht es nicht so rosig aus wie uns immer<br />

gerne vorgegaukelt wird. Das Thema wird nur gerne gar nicht<br />

angesprochen. Denn Österreich hat ein Spezifikum: Keiner versteht,<br />

warum in Österreich, als einziges Land der EU, eine Geschäftsraummiete<br />

– also ein Rechtsgeschäft zwischen zwei Unternehmern – in einem<br />

Mietrechtsgesetz (MRG, Basis aus dem Jahr 1922) festgeschrieben<br />

ist. Geschäftslokale, Büroflächen und so weiter dürfen nicht zu<br />

marktüblichen Preisen vermietet werden, sofern das Haus vor 1953<br />

Keine Leistbarkeit gegeben<br />

Aber auch jene, die in Österreich einen Geschäftsraum, also auch ein<br />

Büro, neu mieten, werden von der Politik ganz schön ausgenommen.<br />

Vor Jahren wurde nämlich – vor einer Nationalratswahl zwecks Stimmenfangs<br />

– noch rasch die Mietvertragsgebühr für Wohnungen abgeschafft.<br />

Soweit so gut. Aber die Gebühr für Geschäftsräumlichkeiten<br />

blieb unangetastet. Dort trifft es nun aber die Unternehmer besonders<br />

hart. Denn war die Gebühr für unbefristete Verträge stets mit drei Jahresmieten<br />

gedeckelt, ist dies bei der Vergebührung für Geschäftsräume<br />

seit damals nicht mehr der Fall. Nicht nur, dass es diese Gebühr nach<br />

wie vor gibt – das Bundesfinanzgericht hat auch noch entschieden, dass<br />

alles anders werden muss. Richtete sich die Gebühr bisher danach, ob ein<br />

unbefristeter oder befristeter Vertrag vorliegt, werden nun unbefristete<br />

Verträge wie befristete behandelt und daher ein Prozent des entsprechend<br />

der Vertragsdauer vervielfachten Jahreswerts bis maximal zum<br />

18-fachen fällig. Wer kann sich solche Beträge leisten? Jungunternehmer<br />

gleich gar nicht. Alle reden vor Wahlen immer davon, wie wichtig<br />

die Wirtschaft ist, danach aber quetscht man sie aus, wo es nur geht. Hier<br />

scheint es so, dass man sich den Entfall der Gebühren bei Wohnungsmieten<br />

eben über die Geschäftsraummiete wieder einholen will. Das grenzt<br />

an Unverschämtheit.<br />

Foto: Adobe Stock<br />

106 ImmoFokus


Advertorial<br />

Einräumung<br />

von Servituten<br />

GEBÜHRENPFLICHT bei vermeintlich unentgeltlicher Einräumung.<br />

A<br />

llgemein versteht man unter einer<br />

Dienstbarkeit, dass ein Eigentümer<br />

eines Grundstücks zum Vorteil<br />

eines anderen, nämlich eines<br />

Berechtigten, etwas zu dulden oder unterlassen<br />

hat. Gebührenrechtlich ist dies relevant, da<br />

Dienstbarkeitsverträge gebührenpflichtig sind.<br />

Die Gebühr beträgt zwei Prozent vom Wert des<br />

bedungenen Entgelts.<br />

Ein klassischer Mietvertrag fällt nicht<br />

darunter (dieser unterliegt dafür einer<br />

Bestandsvertragsgebühr von einem Prozent,<br />

gebührenfrei sind aber Wohnungsmietverträge),<br />

sehr wohl aber Fruchtgenussverträge.<br />

Dies deshalb, da dem Fruchtnießer das<br />

Recht auf volle Nutzung der Sache zusteht,<br />

insbesondere das Recht, Bestandrechte an<br />

Personen zu vergeben, die dadurch Hauptmieter<br />

werden.<br />

Gegenseitige unentgeltliche<br />

Einräumung<br />

In einem kürzlich vom Bundesfinanzgericht<br />

(BFG, GV/7100126/2017 vom 21. 2. <strong>2022</strong>)<br />

entschiedenen Fall wurden zur Realisierung<br />

eines Wohnprojektes zwischen zwei<br />

Grundstücken mehrere Dienstbarkeiten eingeräumt.<br />

Diese umfassten zum Beispiel das<br />

unentgeltliche und unkündbare Geh- und<br />

Fahrrecht zur Mitbenutzung Zufahrt/Abgang,<br />

Recht zur Errichtung eines Müllplatzes,<br />

Parkrecht für Besucherparkplätze, Geh- und<br />

Fahrrecht zur Mitbenutzung einer Tiefgaragenzufahrt<br />

oder Gehrecht zum Kinderspielplatz.<br />

Die Parteien haben den Dienstbarkeitsvertrag<br />

beim Finanzamt angezeigt,<br />

sind aber davon ausgegangen, dass keine<br />

Gebühr anfällt, da die Rechte unentgeltlich<br />

eingeräumt wurden.<br />

Gebührenpflicht doch gegeben?<br />

Die Finanzbehörde und auch das BFG haben<br />

diese Ansicht nicht geteilt. Der Wille der<br />

Parteien war darauf gerichtet, sich gegenseitig<br />

Dienstbarkeiten einzuräumen, damit das<br />

Wohnprojekt realisiert werden kann. Es liegt<br />

daher keine unentgeltliche Einräumung vor,<br />

sondern ein Tausch. Ein gebührenpflichtiges<br />

Rechtsgeschäft ist gegeben.<br />

Strittig war ebenfalls der Zeitpunkt der<br />

Gebührenentstehung. Da für die Gebührenentstehung<br />

bereits das Verpflichtungsgeschäft<br />

relevant ist, wurde die Gebühr mit<br />

Abschluss des Dienstbarkeitsvertrages (und<br />

nicht erst mit der späteren Verbücherung)<br />

ausgelöst. Der Wert der Dienstbarkeiten<br />

wurde auf Basis des Immobilienpreisspiegels<br />

(Mietwerte für solche Rechte) ermittelt, zum<br />

Beispiel Geh- und Fahrtrecht mit 0,50 Euro<br />

pro Quadratmeter oder Recht zur Errichtung<br />

und Benutzung eines Kinderspielplatzes<br />

mit einem Euro pro Quadratmeter. Da die<br />

Rechte unkündbar waren, kommen die<br />

Regeln für immerwährende Nutzungen zur<br />

Anwendung. Dies bedeutet, dass die Gebühr<br />

vom achtzehnfachen Jahreswert bemessen<br />

wird. In Summe kam daher eine recht hohe<br />

Bemessungsgrundlage zusammen.<br />

Fotos: Adobe Stock, Michael Königshofer<br />

www.leitnerleitner.com<br />

+43 1 718 98 90<br />

harald.galla@leitnerleitner.com<br />

A 1030 Wien, Am Heumarkt 7<br />

Harald Galla,<br />

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei<br />

LeitnerLeitner Wien. Er ist spezialisiert auf<br />

Immobilientransaktionen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

107


PRO<br />

&<br />

CONTRA<br />

Zum Autor<br />

Werner Gruber, Physiker, Lehrbeauftragter an mehreren<br />

Universitäten, Forschungskoordinator des Landes Burgenland,<br />

Autor, Kolumnist, Scientific Consultant.<br />

Atomstrom ja oder nein?<br />

Kommentar: Werner Gruber<br />

Oft wird die Frage gestellt, ob Atomstrom in der aktuellen Lage vernünftig<br />

ist. Diese Frage ist falsch. Die Frage sollte besser lauten: Welche<br />

Möglichkeiten haben wir, CO2-neutralen Strom herzustellen? Diese Frage<br />

ist besser, denn sie inkludiert, dass das für den Klimawandel verantwortliche<br />

Kohlenstoffdioxid nicht erzeugt wird. Aber auch dies ist nicht ausreichend.<br />

Strom ist nicht Strom – im physikalischen Sinne zwar schon,<br />

aber leider nicht im praktischen. Es geht um die Regelbarkeit. Solarstrom<br />

oder Strom aus Windkraftwerken kann zwar mächtig sein, aber er ist<br />

leider nicht regelbar, sprich, er kann nicht an den aktuellen Strombedarf<br />

angepasst werden. Natürlich wird über Speicherkonzepte nachgedacht,<br />

aber da muss noch einiges entwickelt werden – das dauert noch.<br />

Die bessere Frage lautet: Wie produzieren wir regelbaren CO2-neutralen<br />

Strom? Mit Wasser- oder Kernkraftwerken ist das möglich. Wir können<br />

in Österreich viel Wasserkraft nützen – in Tschechien oder Frankreich<br />

gibt es kaum Flüsse, die für Wasserkraftwerke geeignet sind. Deshalb<br />

setzen diese Länder auf Kernenergie.<br />

Natürlich kann ein Kernkraftwerk Probleme verursachen und natürlich<br />

will man es weghaben, aber was sind die Alternativen? Mit Kohle- und<br />

Gaskraftwerke weiter den Klimawandel befeuern? Durch den Klimawandel<br />

sterben jetzt schon mehr Menschen als durch Tschernobyl. Mit<br />

dem Klimawandel ist es wie mit Bluthochdruck: Man kann lange unbeschwert<br />

damit leben, aber dann kommt die ganz große bittere Endabrechnung.<br />

Kernkraftwerke stellen eine vernünftige Übergangslösung<br />

dar, bis genügend Solar- und Windkraftwerke gebaut<br />

und die damit verbundenen Speichertechnologien<br />

entwickelt sind oder in weiterer<br />

Zukunft auch Fusionskraftwerke zur<br />

Verfügung stehen. Diese Lösung<br />

ist auf alle Fälle besser als Kohleund<br />

Gaskraftwerke. Im Übrigen<br />

importiert Österreich gar<br />

nicht so wenig Atomstrom.<br />

Foto: Adobe Stock<br />

Radioaktivität ist so eine Sache<br />

Leider gibt es viele Vorurteile gegen Kernenergie, jeder ist Fachmann,<br />

und die Medien sind auch nicht gerade sehr gut im Recherchieren von<br />

Fakten, was die Kernenergie betrifft. So wurde vor einigen Wochen berichtet,<br />

dass radioaktives Wasser von Fukushima in das Meer gekippt<br />

wurde. Das mit dem Wasser stimmt, das mit der Radioaktivität ist so eine<br />

Sache: In manchen Gemeinden in Tirol ist das Grundwasser stärker belastet<br />

als dieses Wasser, und in Australien wäre es sogar als Trinkwasser<br />

zugelassen gewesen.<br />

Und der böse Atommüll?<br />

Ebenso verhält es sich mit der Lagerung von Kernelementen. Seit 1992<br />

gibt es großartige Konzepte, hochradioaktives Material in minderaktives<br />

Material umzuwandeln. Nur in Deutschland diskutiert man das Endlager<br />

– anderswo verwendet man schon diese neuen Techniken.<br />

108 ImmoFokus


Zum Autor<br />

Wolfgang Kromp ist am Institut für Sicherheits- und Risikowissenschaften<br />

und am Zentrum für Globalen Wandel<br />

und Nachhaltigkeit der Universität für Bodenkultur (BOKU)<br />

Wien tätig.<br />

Atomkraftwerke – nein danke!<br />

Kommentar: Wolfgang Kromp<br />

Die Kernenergie kommt für Klimaschutz zu spät. Es gibt derzeit<br />

eine zu geringe Ausbaumöglichkeit innerhalb der für Klimaschutz<br />

verfügbaren Zeit. Zudem haben Kernkraftwerke ein extrem hohes<br />

Schadenspotenzial, also eine enorme Radioaktivitätsmenge plus hohe<br />

Verteilungsenergie am selben Ort. Und das vor allem im Volllastbetrieb,<br />

jedoch auch noch Jahre nach der Abschaltung.<br />

Kernkraftwerkanlagen sind kompliziert und komplex. Ein Triggern<br />

der Radioaktivitätsfreisetzung durch innere und äußere Ereignisse<br />

ist möglich. Diese Ereignisse können natur- und menschenverursacht<br />

sein, also durch Blitz, Erdbeben, Flut,<br />

Sturm, aber auch Brand, Fehlverhalten, Krieg, Terror<br />

…<br />

Verwundbar ist nicht nur die Anlage selbst, auch<br />

die landesweite Infrastruktur wie Kühlwasserund<br />

Stromzufuhr sowie die Verkehrswege für<br />

Betriebspersonal, -material u. v. a. Wie man<br />

aktuell an der Situation in der Ukraine sehen<br />

kann, besteht ein mangelnder Schutz<br />

gegen kriegerische und terroristische<br />

Einwirkungen. Die bedrohlichen Rahmenbedingungen<br />

wie die zunehmende<br />

Weltbevölkerung, Ressourcenverknappung<br />

und Verteilungsungerechtigkeit<br />

haben eine unausweichliche Folge: Die<br />

Zunahme militanter Aktivitäten bis<br />

zu Terror und Krieg.<br />

Problemfeld<br />

Entsorgung<br />

Der Atommüll<br />

birgt ein Langzeitstrahlenrisiko.<br />

Wie alle wissen, betragen die Halbwertszeiten<br />

Jahrtausende bis Jahrmillionen. Der Sicherheitsbegriff „Endlagerung“<br />

führt dabei in die Irre. In Deutschland wird ein tiefengeologisches<br />

Endlager mit „AkEnd“-Experten gesucht, das als „globales gesellschaftspolitisches<br />

Großexperiment“ bezeichnet wird. Derzeit gibt es<br />

einen führenden Umsetzungsversuch in Finnland nach schwedischem<br />

Konzept, wobei man festhalten muss, dass Letzteres in Schweden unter<br />

Beteiligung von Fachleuten massiv beeinsprucht wurde.<br />

Ein weiteres Risiko ist der Strom-Blackout, insbesondere wenn er<br />

weitreichend und langandauernd ist. Ein weiteres extremstes Schadenspotenzial<br />

bei sehr geringer Eintrittswahrscheinlichkeit ist das<br />

sogenannte „Black Swan“-Event. Es stellt gemäß Risikoexperten eines<br />

der größten und potenziell folgenreichsten Katastrophenszenarien<br />

dar, denen Europa in den nächsten Jahrzehnten ausgesetzt ist.<br />

Wohin fließen die Finanzmittel?<br />

Das nächste Problem sind zwei Kernkraftwerkhoffnungen, da sie regenerative<br />

Energieformen durch Bindung von Finanzmitteln verdrängen.<br />

Sie seien hier kurz genannt: Das erste wäre das Kernkraftwerk der<br />

Zukunft mit Generation-4-Reaktoren (Plutonium- und Thorium-Brutreaktoren,<br />

durch Salzschmelze gekühlte Reaktoren). Dieses hat ähnliche<br />

Realisationszeiten von vielen Jahrzehnten wie Fusionsreaktoren<br />

und kommen, wie vorher bereits angemerkt, für den Klimawandel<br />

zu spät. Der zweite „Hoffnungsträger“ nennt sich „SMR“ oder „KMR“.<br />

Diese Small Modular Reactors sind kleine modulare Reaktoren, man<br />

nennt sie auch „grüne“ Reaktoren. Sie sind meist Abkömmlinge der<br />

weltweit häufigsten (inflexiblen) Druckwasserreaktoren. Das hohe Risiko<br />

weltweiter Verbreitung liegt ebenfalls im Terror- bzw. Kriegsfall,<br />

da diese Analogien Personenminen bilden können. Anstatt in diese<br />

zwei KKW-Formen zu investieren, wäre die Menschheit besser beraten,<br />

die Forschung nach alternativen Energien voranzutreiben und<br />

diese nach allen Möglichkeiten zu finanzieren.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

109


Zum Autor<br />

Martin Prunbauer ist seit 2012 Präsident des Österreichischen<br />

Haus- und Grundbesitzerbundes (ÖHGB), seit 2020<br />

Präsident des Zentralverband Haus und Eigentum und im<br />

Zivilberuf als Rechtsanwalt in Wien tätig.<br />

Kein doppeltes Spiel mit dem Eigentum!<br />

Kommentar: Martin Prunbauer<br />

Mit dem Entwurf für ein Erneuerbare-Wärme-Gesetz ist beabsichtigt,<br />

die Wärmeversorgung von Gebäuden vollständig auf erneuerbare Energieträger<br />

umzustellen. Zur Erreichung dieses Ziels soll ein stringenter<br />

Stufenplan zum Einsatz kommen. Der Entwurf enthält nicht nur die<br />

Verpflichtung, in die Jahre gekommene, aber völlig funktionsfähige<br />

Ölheizungen zu tauschen, sondern auch eine Zentralisierungsverpflichtung<br />

der Wärmeversorgung von Bestandsgebäuden mit bislang<br />

dezentralen Heizungen. Die darin festgelegten Fristen sind jedenfalls<br />

zu knapp bemessen und daher in dem vorgegebenen Zeitrahmen nicht<br />

zu bewerkstelligen. Zusätzlich ist die Umstellung auch aus technischer<br />

Sicht mangels Alternativen – vor allem im städtischen Raum – vielfach<br />

unmöglich. Ungeklärt ist bis dato ebenfalls, wie die Geldmittel für<br />

diese kostenintensiven Maßnahmen aufgebracht werden können. Auf<br />

EU-Ebene wird aktuell die Gebäuderichtlinie mit nicht minder schwerwiegenden<br />

Inhalten überarbeitet: Der<br />

EU-Kommissionsvorschlag zielt auf<br />

eine energietechnische Optimierung<br />

von Gebäuden zwecks Erreichung energetischer<br />

Mindestanforderungen durch<br />

umfassende Sanierungen ab.<br />

Abschlag oder Zuschlag?<br />

Vor wenigen Wochen lieferte Vizekanzler<br />

Kogler einen Denkanstoß für<br />

einen „Gas-Abschlag“ auf den Richtwertmietzins.<br />

Die Mietervereinigung<br />

hatte eine derartige Idee bereits im Vorjahr<br />

aufgegriffen und einen Abschlag<br />

in Höhe von 25 Prozent gefordert. Mit<br />

einem Abschlag von der Miete wird jedoch<br />

kein Anreiz gesetzt, sondern eine<br />

Bestrafung vorgenommen. Vor allem<br />

berücksichtigen diese Überlegungen<br />

nicht, dass sich auch der Vermieter die Heizquelle nicht aussuchen<br />

kann. Um also tatsächlich einen Anreiz vorzunehmen, muss anstelle eines<br />

Abschlages ein Zuschlag geschaffen werden, sobald ein Mietobjekt<br />

mit einer erneuerbaren Heizquelle ausgestattet ist.<br />

Indexanpassung oder Erhöhung?<br />

Aufgrund der gesetzlich normierten Indexanpassung bei Überschreiten<br />

der Fünf-Prozent-Grenze könnte dieses Jahr eine dritte Anpassung der<br />

Kategoriemieten erfolgen. Wohlgemerkt: Wir sprechen von Wertanpassung<br />

und nicht von Erhöhung. Aber auch hier laufen die Mietervertreter<br />

Sturm und fordern eine Aussetzung. Zeitgleich beharrt der Bürgermeister<br />

der SPÖ-geführten Stadt Wien hingegen auf einer neuerlichen Anhebung<br />

der Gebühren für Müll, Wasser, Kanal und Parkscheine. Auch<br />

er rechtfertigt sein Ansinnen damit, dass es sich um keine Erhöhung,<br />

sondern um eine Indexanpassung<br />

handelt, die nötig ist, um Investitionen<br />

durchführen zu können.<br />

Es geht nicht an, Eigentümern auf der<br />

einen Seite immer mehr Einschränkungen<br />

zu oktroyieren und auf der anderen<br />

Seite die Vornahme von Investitionen<br />

aufzuzwingen. Damit Haus- und Wohnungseigentümer<br />

die auf sie zukommenden<br />

Herausforderungen meistern<br />

können, müssen faire Rahmenbedingungen<br />

für die zeitliche, technische<br />

und finanzielle Machbarkeit sichergestellt<br />

werden. Der ÖHGB (Österreichischer<br />

Haus- und Grundbesitzerbund)<br />

kämpft in dieser Angelegenheit für<br />

seine Mitglieder und ist zuversichtlich,<br />

eine erfolgreiche Lösung zu erzielen.<br />

Fotos: Michael Büchling, Adobe Stock<br />

110 ImmoFokus


Advertorial<br />

Gastronomie und<br />

Hotellerie sind<br />

Vertrauenssache.<br />

Nummer 1: Vertrauen Sie bei der Vermittlung Ihres Betriebes auf RE/MAX Commercial.<br />

Foto: REMAX Austria, C. Postl<br />

O<br />

b die Zeiten gerade heraus -<br />

fordernd sind, oder es durch<br />

„ruhigere Gewässer“ geht – es<br />

gibt eine Vielzahl an guten Gründen,<br />

um auf den Service von RE/MAX<br />

Commercial für Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe<br />

zurückzugreifen.<br />

Als österreichweit aufgestelltes Maklerunternehmen<br />

kennen wir auch Ihre Region wie<br />

unsere eigene Westentasche, nutzen aber<br />

genauso das überregionale Know-how der bekanntesten<br />

Immobilienmarke Österreichs.<br />

Wir wissen: Gastronomie und Hotellerie ist<br />

Vertrauenssache – eine Partnerschaft auf Augenhöhe<br />

daher grundlegend für eine erfolgreiche<br />

Zusammenarbeit.<br />

Mag. Stefan Krejci,<br />

Geschäftsführer von RE/MAX<br />

Commercial Group<br />

Sie planen, Ihren Beherbergungsbetrieb zu<br />

veräußern, und wollen dabei mit größtmöglicher<br />

Diskretion vorgehen? Dabei die richtigen<br />

Aktivitäten, zur richtigen Zeit und über die<br />

richtigen Kanäle an die richtige Zielgruppe zu<br />

bringen: Klingt so einfach – ist es aber nicht.<br />

RE/MAX Commercial begleitet<br />

Sie gerne auf diesem Weg:<br />

Von der Sichtung und Aufbereitung der Unterlagen,<br />

Bewertung der Liegenschaft und der<br />

Suche nach potenziellen Käufern/Investoren,<br />

sowohl auf nationaler wie auch auf internationaler<br />

Ebene, bis hin zum erfolgreichen Abschluss<br />

ist Ihr RE/MAX Commercial Partner<br />

immer an Ihrer Seite.<br />

Doch was, wenn Sie Ihren Beherbergungsbetrieb<br />

nicht veräußern wollen? Auch hier ist Ihr<br />

RE/MAX Partner zur Stelle:<br />

Wir definieren mit Ihnen gemeinsam nachhaltig<br />

mögliche Mietzinse für einen Betreiber<br />

und setzen konsequent unser Vermarktungs-<br />

Know-how bei der Suche nach potenziellen<br />

Pächtern ein. Mit Hilfe professioneller Videotechnik<br />

erstellen wir schnell und unkompliziert<br />

Werbevideos und steigern so nachweislich<br />

den Verwertungserfolg. Dank innovativer<br />

Technologien bieten wir die Vermarktung mittels<br />

digitaler Rundgänge oder virtueller Touren<br />

an, greifen aber natürlich auch auf bewährte<br />

klassische Tools wie Verkaufsschilder, Banner<br />

oder Inserate zurück.<br />

Für uns gilt – RE/MAX lebt Netzwerk: Ausgehend<br />

von Ihren persönlichen Bedürfnissen<br />

und Wünschen arbeiten wir intensiv mit unseren<br />

Partnerbüros in der Umgebung oder auch<br />

überregional für Ihren Erfolg zusammen.<br />

So können wir sicherstellen, dass wir die gesamte<br />

Schlagkraft der Nummer 1 für Sie auf<br />

den Boden bringen.<br />

Firmensitz<br />

RE/MAX Commercial Group<br />

RCG Immobiliendienstleistungs GmbH<br />

Schwarzenbergplatz 6, 1030 Wien<br />

Kontakt<br />

Mag. Stefan Krejci<br />

Geschäftsführer<br />

+43 190 890 50-0<br />

office@remax-commercial.at<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

111


ImmoFokus.Rubrik<br />

Bewertung<br />

ImFokus<br />

Contenance,<br />

bitte!<br />

Erkenntnis. „Only bad news are good news“ – Wer die<br />

österreichische Medienlandschaft in den letzten Monaten<br />

beobachtet hat, wird zum Schluss kommen, dass an diesem<br />

Spruch etwas dran sein muss – oder wann haben Sie zuletzt<br />

positive Tagesnachrichten konsumiert?<br />

Kolumne: Wolfgang Fessl<br />

N<br />

ach wie vor werden wir täglich<br />

über die Anzahl an Coronainfektionen<br />

informiert. Veröffentlichungen<br />

über die Anzahl<br />

an Betroffenen mit Fußpilz, Lungenentzündung<br />

oder Grippe gibt es hingegen nicht. Die<br />

wären genauso interessant, klingen aber harmloser<br />

als das Inflationsgespenst, welches derzeit<br />

medial breitgetreten wird. Es vergeht kein Tag,<br />

an dem nicht neue Horrormeldungen als Information<br />

getarnt und verbreitet werden.<br />

Es stimmt schon, dass wir in den letzten Jahren<br />

keine nennenswerte Inflation hatten, aber in<br />

den Jahren davor gab es durchaus respektable<br />

Werte: 1965: 8,9 Prozent, 1974: 9,5 Prozent, 1981:<br />

6,8 Prozent. Nicht überliefert ist allerdings,<br />

ob damals auch Weltuntergangsstimmung<br />

angesagt war, oder doch mehr an Lösungen<br />

gearbeitet wurde. Denn damals war es jeweils<br />

eine Krise, die zu bewältigen war (zum Beispiel<br />

die Ölkrise oder die Krise der verstaatlichten<br />

Industrie). Und jetzt haben wir mehrere: steigende<br />

Zinsen, Auswirkungen der Pandemie,<br />

Krieg in Europa, steigende Rohstoffkosten,<br />

ESG, die Selbstbedienungsmentalität der Poli-<br />

112 ImmoFokus


Wolfgang M. Fessl<br />

Wolfgang M. Fessl ist Geschäftsführer bei Reinberg & Partner. Insgesamt verfügt er über<br />

mehr als 20 Jahre Erfahrung im nationalen und internationalen Immobiliengeschäft. Fessl<br />

ist allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, Immobilientreuhänder<br />

(Makler), Member der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS), zertifiziert<br />

nach CIS Immozert und Recognised European Valuer (REV).<br />

Ein Blick über die Schweizer Grenze könnte<br />

Lösungen bringen, wenn auch nur sehr eingeschränkt.<br />

Denn auch wenn die Eidgenossen<br />

derzeit nur 3 Prozent Inflation haben, so sind<br />

die Gründe dafür vielfältig: kaum Gas für die<br />

Stromproduktion, 25 Prozent der Konsumpreise<br />

reguliert, Importzölle, Wirtschafts- vor<br />

Sozialpolitik, ein anderer Warenkorb, Krankenversicherung<br />

nicht einkommensabhängig,<br />

Währungsstabilität…<br />

tik und eine hinkende Konjunktur. So gesehen<br />

ist die Inflation ja „nur“ bei 8,7 Prozent.<br />

Dass nach der Zwangsbevormundung der<br />

Wirtschaft während der Pandemie einige<br />

Preissteigerungen auf uns zukommen werden,<br />

war eigentlich jedem klar. Faszinierend<br />

ist aber, dass manche der Preissteigerungen<br />

automatisiert wurden: Just jene Personen,<br />

welche im April noch sehr laut darüber nachgedacht<br />

haben, die aktuelle Valorisierung für<br />

Mieten auszusetzen, sind jetzt der Meinung,<br />

dass eine Erhöhung der städtischen Gebühren<br />

unvermeidbar ist. Wir lernen also: Kanalgebühren<br />

dürfen steigen, Mieten nicht.<br />

Die Wortspende unseres Witzekanzlers über<br />

eine Mietzinsminderung für Wohnungen mit<br />

Gasthermen kann in dem Zusammenhang nur<br />

als populistischer Rülpser gedeutet werden.<br />

Es hegt sich eher der Verdacht, dass die Inflation<br />

jetzt als Ausrede für generell üppige<br />

Preissteigerungen herhalten muss: Die Preise<br />

für Kurzparkscheine erhöhen sich gleich um<br />

14 Prozent. Den genauen Zusammenhang<br />

zwischen den aktuellen Energiepreissteigerungen<br />

und der Erhöhung der Kurzparktarife<br />

konnte mir noch niemand so recht erklären…<br />

Vielleicht sollte auch das Merit–Order-Prinzip<br />

noch einmal überdacht werden? Immerhin<br />

werden in Österreich 78 Prozent des Strombedarfes<br />

aus Wasserkraft und Erneuerbarem<br />

gewonnen. Und wenn deren Anteil in bis 2030<br />

dann auf 98 Prozent steigt, zahlen wir dann<br />

tatsächlich für 100 Prozent des Stromes den<br />

astronomischen Preis für Gas, weil die letzten 2<br />

Prozent noch aus Gas gewonnen werden? Was<br />

helfen uns die Gewinne der Stromversorger,<br />

wenn die Bevölkerung den Preis dafür zahlt?<br />

Nur weniges davon wäre im Inland umsetzbar.<br />

Und vor allem: Die Schweizer bezahlen<br />

für ihre niedrige Inflation bis jetzt schon<br />

einen hohen Preis. Der Warenkorb für Lebensmittel<br />

kostet fast das doppelte von jenem<br />

in Österreich. Dort gibt es keine billigen<br />

Paradeiser aus spanischen Glashäusern, die<br />

Importzölle sorgen dafür, dass die Produkte<br />

gleichpreisig auf den Markt kommen wie<br />

jene, die im Inland produziert werden. Das<br />

zum Beispiel wäre in der EU nicht umsetzbar.<br />

Wie wäre es, wenn wir aus der Vergangenheit<br />

lernen? Die Erfahrung lehrt uns, dass auch<br />

die Inflation wieder sinkt, soweit die gute<br />

Nachricht – und jetzt die Schlechte: Man<br />

muss auch etwas dafür tun.<br />

Ein paar zielgerichtete Aktionen könnten nicht<br />

schaden, aber vor allem: Weg mit der Panik<br />

und gelassener an die Sache herangehen.<br />

www.cerhahempel.com<br />

CERHA HEMPEL ist eine der führenden Rechtsanwaltskanzleien Österreichs mit<br />

integrierter Praxis in Mittel- und Osteuropa. Seit fast 100 Jahren steht der Anspruch<br />

höchster Qualität im Mittelpunkt unserer Beratung.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

113


ImFokus<br />

116<br />

REAL CIRCLE<br />

Beim 27. Real Circle auf Einladung von<br />

ERSTE BANK, ERSTE Immobilien KAG,<br />

IMMOunited, PwC und ImmoFokus<br />

stand eine Assetklasse im Fokus, der<br />

noch zu Beginn der Corona-Krise eine<br />

düstere Zukunft vorausgesagt wurde:<br />

Büroimmobilien.<br />

170<br />

ÜBER DEN TELLERRAND<br />

In der Werkstatt.zone in Wien-Landstraße<br />

können Kunst- und Handwerkbegeisterte<br />

einen eigenen Arbeitstisch für 320 Euro im<br />

Monat anmieten. Das Angebot stößt auf<br />

reges Interesse. Gründer Thomas Hrastnik,<br />

der die Werkstatt.zone als Non-Profit-<br />

Initiative umschreibt, denkt bereits über<br />

weitere Standorte nach.<br />

160<br />

ROUND TABLE<br />

Publikums-<br />

Immobilienfonds erfreuen<br />

sich unter heimischen<br />

Anlegern seit Jahren<br />

großer und stetig<br />

zunehmender Beliebtheit.<br />

Die Manager der drei<br />

größten erklären, was<br />

dahintersteht.<br />

Foto: Adobe Stock<br />

114 ImmoFokus


www.kollitsch.eu<br />

GRUNDLAGE.<br />

Wir suchen Liegenschaften im Raum Wien,<br />

Wien Umgebung und in den Ballungszentren<br />

Niederösterreichs, die für die Entwicklung von<br />

hochwertigem Wohnraum geeignet sind.<br />

Haben Sie ein geeignetes Grundstück für uns?<br />

Dann rufen Sie uns doch gleich an oder schreiben<br />

uns unter: immobilien.wien@kollitsch.eu<br />

Die KOLLITSCH & SORAVIA Immobilien<br />

GmbH ist eine neue, strategische<br />

Partnerschaft zweier bekannter Namen:<br />

dem Traditionsunternehmen Kollitsch und<br />

der Immobilienentwicklerin Jasmin Soravia.<br />

Gemeinsam sind wir noch effektiver, um in<br />

Wien, Niederösterreich und dem Burgenland<br />

neue Märkte zu erschließen.<br />

Mehr zur KOLLITSCH Unternehmensgruppe<br />

erfahren Sie auf www.kollitsch.eu<br />

KOLLITSCH & SORAVIA Immobilien GmbH, Schwindgasse 6/3A, 1<strong>04</strong>0 Wien, T +43 1 226 2600, www.kollitsch.eu


ImFokus<br />

Real Circle<br />

#27<br />

Das Comeback<br />

Gefragtes Büro. Beim 27. Real Circle auf Einladung von ERSTE BANK, ERSTE Immobilien KAG,<br />

IMMOunited, PwC und ImmoFokus stand eine Assetklasse im Fokus, der noch zu Beginn der<br />

Corona-Krise eine düstere Zukunft vorausgesagt wurde: Büroimmobilien.<br />

Autoren: Patrick Baldia, Lisa Grüner, Amelie Miller, Michael Neubauer, Rudolf Oezelt, Gerhard Fritz<br />

F<br />

ür ausreichend Diskussionsstoff war<br />

beim 27. Real Circle angesichts der<br />

jüngsten Zinserhöhungen, hoher<br />

Inflation und Baukosten, Ukraine-Krieg<br />

sowie anhaltend unsicherem wirtschaftlichen<br />

Ausblick sicher gesorgt. In einer Hinsicht waren<br />

sich die rund 30 ausgewählten Entscheidungsträger,<br />

die sich an einem lauen Septemberabend<br />

im Wintergarten des Erste Bank Campus einfanden,<br />

trotz mitunter leicht unterschiedlicher<br />

Ansichten in der einen oder anderen Detailfrage,<br />

aber einig: Um die Zukunft des Büros muss man<br />

sich grundsätzlich keine Sorgen machen.<br />

Klar sei allerdings auch, dass neue Arbeitskonzepte<br />

und die Digitalisierung die Anforderungen<br />

an Büroflächen und -gebäude<br />

geändert haben, so der Grundtenor unter den<br />

Teilnehmern. Die Corona-Pandemie – Stichwort<br />

Home-Office – habe diese Entwicklung<br />

nur zusätzlich beschleunigt. Mehr denn je sei<br />

deshalb hohe Qualität gefragt, vor allem, um<br />

möglichst attraktive Mieter anzulocken. Und<br />

wie begehrt gute Büroflächen wirklich sind,<br />

veranschaulicht die geringe Leerstandrate am<br />

Wiener Büromarkt, die sich auch im internationalen<br />

Vergleich sehen lassen kann.<br />

116 ImmoFokus


Von einem Überangebot an modernen Bürogebäuden<br />

kann man deshalb in der Bundeshauptstadt<br />

nicht gerade sprechen. Aber können<br />

oder wollen Developer angesichts steigender<br />

Finanzierungskosten, explodierender Baukosten<br />

und Rezessionsängsten überhaupt für<br />

das entsprechende Angebot sorgen? Sind Investoren,<br />

die derzeit in einer Art Schockstarre<br />

zu verweilen scheinen, wieder gewillt, auf Büroimmobilien<br />

zu setzen? Welche Anforderungen<br />

stellen Nutzer und Anleger in Sachen ESG?<br />

Und – Stichwort Nachhaltigkeit – was passiert<br />

mit der Vielzahl an nicht mehr zeitgemäßen<br />

Büroflächen in schlechten Lagen? Diese und<br />

andere Fragen wurden in insgesamt fünf Gruppen<br />

besprochen.<br />

Übergewichtete Immobilienportfolios<br />

Wohin geht die Reise am Investmentmarkt?<br />

Zweifellos war die Bereitschaft, Bürotransaktionen<br />

umzusetzen, schon einmal größer<br />

und die Unsicherheit in der Real-Estate-Community<br />

deutlich geringer. Aber völlig überraschend<br />

kommt das angesichts der Vielzahl an<br />

Herausforderungen, die derzeit vorherrschen,<br />

auch nicht. Für Peter Karl, Erste Immobilien<br />

KAG und Erste Asset Management (EAM),<br />

kommt noch ein weiterer Aspekt zum Tragen:<br />

„Die großen institutionellen Anleger haben<br />

im Moment stark übergewichtete Real-Estate-<br />

Portfolios, weil die anderen Assetklassen<br />

deutlich abgewertet haben“, erklärt er. Dementsprechend<br />

gering sei aktuell der Druck zu<br />

investieren.<br />

Was Investoren konkret suchen, steht für Karl<br />

jedenfalls fest: Qualität. Und zwar nicht nur<br />

Qualität im Sinne von modernen, flexiblen<br />

Arbeitsplätzen in attraktiven und gut erreichbaren<br />

Lagen, die die neuen Arbeitskonzepte<br />

unterstützen und selbstverständlich auch<br />

„Genau so wichtig wie die Qualität<br />

der Büroflächen und -gebäude ist die<br />

Qualität der Mieter.“<br />

Peter Karl,<br />

ERSTE Immobilien KAG<br />

hohe ESG-Anforderungen erfüllen – und damit<br />

vor allem auch von Unternehmen stark nachgefragte<br />

junge Talente ansprechen. Genau so<br />

wichtig sei jedoch die Qualität der Mieter. „Ein<br />

bonitätsstarker Mieter wird in den nächsten<br />

Jahren in der Regel um zehn Prozent mehr<br />

Miete zahlen, weil er die Inflationsklauseln<br />

einhalten kann“, so Karl.<br />

„Entwickler, die in Core-Lagen Projekte mit guten<br />

und nachhaltigen Bürokonzepten realisieren,<br />

die auf die Anforderungen der Mitarbeiter<br />

eingehen, gehören aktuell zu den Siegern“,<br />

bringt es Manfred Ton von Cerha Hempel auf<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

117


ImFokus<br />

„Weil es derzeit nach<br />

weiteren Zinsanstiegen<br />

ausschaut, überlegen sich<br />

viele Investoren, ob sich<br />

Zukäufe lohnen.“<br />

Johann Breit,<br />

Erste Group<br />

den Punkt. Weniger begünstigt wären hingegen<br />

Developer in weniger guten Lagen mit<br />

Standard-Konzepten sowie Investoren, die sich<br />

überwiegend mit Fremdkapital finanzieren.<br />

Ihr Handlungsspielraum hänge stark von der<br />

weiteren Entwicklung der Zinslandschaft ab.<br />

Dementsprechend sei auch die abwartende<br />

Haltung vieler Marktteilnehmer verständlich.<br />

Zinsanstiege wahrscheinlich<br />

„Derzeit schaut es nach weiteren Zinsanstiegen<br />

aus“, sagt Johann Breit von der Erste Group. Investoren<br />

würden sich daher überlegen, ob sich<br />

der Kauf eines Projekts lohne. Dies sei aktuell<br />

vor allem bei Fonds zu beobachten. Die große<br />

Frage dabei: Werden die Preise fallen oder<br />

weiterhin auf einem hohen Niveau bleiben?<br />

Eine persönliche Überraschung war für Breit<br />

nach eigenen Angaben, dass sich zu Beginn der<br />

Pandemie nicht wenige Experten Sorgen um<br />

die Assetklasse Büro gemacht haben. „Mittlerweile<br />

ist das Produkt Büro wieder gefragt“, sagt<br />

der Finanzierungsexperte und verweist auf die<br />

Leerstandrate von nur vier Prozent am Wiener<br />

Büromarkt.<br />

Ob sich, wie viele befürchten, das ohnehin<br />

überschaubare Angebot an Core-Büroflächen<br />

künftig weiter verknappen wird, hängt für Ton<br />

vor allem von der Entwicklung der Baupreise<br />

ab. „Falls sie weiter steigen, würden wohl auch<br />

die Immobilienpreise steigen“, sagt er. Bei<br />

starker Fremdfinanzierung würde sich zudem<br />

die Belastung durch die aktuell steigenden<br />

Kreditzinsen erhöhen. Alles zusammen hätte<br />

einen dämpfenden Effekt auf das Angebot.<br />

„Eine Frage ist aber auch, ob die abwartende<br />

Haltung der Projektentwickler sich früher oder<br />

„Büros werden in Zukunft<br />

noch mehr Flexibilität und<br />

Möglichkeiten für hybrides<br />

Arbeiten bieten müssen.“<br />

Andreas Millonig,<br />

IMMOunited<br />

später auf die Baupreise auswirken wird“, stellt<br />

Ton in den Raum.<br />

Was passiert mit dem alten, alles andere als<br />

ESG-tauglichen Bürobestand am Wiener<br />

Büromarkt? „Für risikofreudigere Investoren<br />

macht es durchaus Sinn, in niedrigere Qualität<br />

zu investieren, um diese Immobilien zu entwickeln“,<br />

sagt Erste-Immobilien-Experte Karl.<br />

„Sie werden die niedrigsten Preise seit Jahren<br />

vorfinden, wenn das passiert, was ich erwarte:<br />

nämlich, dass die Spreads auseinandergehen<br />

werden“, fügt er hinzu.<br />

Jungen ist Büro wichtig<br />

Wie wichtig der Arbeitsplatz für junge Talente<br />

ist beziehungsweise wie hohe Anforderungen<br />

sie an diesen stellen, erlebt Andreas Millonig<br />

von IMMOunited regelmäßig bei Bewerbungsgesprächen.<br />

„Jeder will sich bereits beim ersten<br />

Gespräch unser Büro anschauen“, erzählt er.<br />

Dementsprechend gefordert sei man als Arbeitgeber.<br />

Er glaubt, dass dies letztlich auf alle<br />

Branchen zutrifft, die auf hochqualifiziertes<br />

Personal angewiesen sind. „IT-Unternehmen<br />

vielleicht sogar noch ein bisschen mehr als<br />

andere“, so Millonig.<br />

Der Datamining-Experte ist jedenfalls überzeugt,<br />

dass Büros in Zukunft noch mehr<br />

118 ImmoFokus


„Entwickler, die in<br />

Core-Lagen Projekte mit<br />

guten und nachhaltigen<br />

Bürokonzepten realisieren,<br />

gehören aktuell zu den<br />

Siegern.“<br />

Manfred Ton,<br />

Cerha Hempel<br />

Flexibilität und Möglichkeiten für hybrides<br />

Arbeiten bieten müssen. „Vor allem, wenn die<br />

Home-Office-Quote weiter zunimmt“, sagt er.<br />

Auch Breit glaubt, dass Büroflächen künftig<br />

mehr auf Zusammenarbeit und Kooperation<br />

ausgerichtet sein werden. Die Zukunft bleibe<br />

jedenfalls spannend. Insgesamt habe er aber<br />

ein „gutes Gefühl“ für die Assetklasse. „Büros<br />

werden immer als Ort der Zusammenarbeit<br />

gebraucht werden“, hält Breit fest.<br />

Trendbeschleuniger Digitalisierung<br />

Will man heute neue Arbeitskonzepte und die<br />

damit einhergehenden Anforderungen an Büroflächen<br />

diskutieren, kommt man an einem<br />

Thema nicht vorbei: Corona. Genauer gesagt,<br />

an all jenen Entwicklungen, die die Pandemie<br />

seit Febraur 2020 forciert hat. Doch der Schein<br />

trügt, die Anforderungen an Büroflächen haben<br />

sich bereits zuvor geändert.<br />

„Früher waren die Mieter bereit, einen Vertrag<br />

mit einer langen Laufzeit zu unterzeichnen,<br />

heute haben sich die Laufzeiten verkürzt. Somit<br />

muss man neue, sich ändernde Anforderungen<br />

an Büros bereits vorab in den Flächen<br />

berücksichtigen“, berichtet Katrin Gögele-Celeda<br />

von der Immofinanz aus der Praxis. Eine<br />

neuere Entwicklung ist hingegen, dass viele<br />

Mieter im Zuge der Pandemie erstmals erkannt<br />

haben, dass man Büroflächen auch anders nutzen<br />

kann und sich mit einem Berater auseinandergesetzt<br />

haben. Die Erkenntnis ist aber für<br />

viele Unternehmen, dass sich die Anforderungen<br />

an Büroflächen im gleichen Tempo ändern<br />

wie ein Unternehmen selbst, das bedeutet, dass<br />

nicht viel Zeit zum Planen bleibt.<br />

Geändert haben sich aber nicht nur die Anforderungen<br />

an Büroflächen, sondern auch die<br />

Gebäude müssen heute mehr leisten, ist Anna<br />

van der Veeken, value one holding AG, überzeugt:<br />

„Das Thema der Zukunft ist Konnektivität<br />

und dass das Gebäude als solches das auch<br />

bietet und leistet.“ Die Pandemie habe dieses<br />

Anspruchsdenken an die bestehende Architektur<br />

und das Gebäudemanagement lediglich<br />

verstärkt.<br />

Das Büro als Ausdruck der<br />

Unternehmenskultur<br />

„Die Digitalisierung wird“, so Ewald Stückler<br />

von der Tecno Office Consult, „der Treiber für<br />

Veränderungen am Arbeitsplatz bleiben. Die<br />

Problematik besteht im Grunde darin, den<br />

Wohlfühlcharakter im Büro zu implementieren,<br />

trotz der ganzen Technik.“ Während bei<br />

der Digitalisierung im Bereich der Gebäudetechnik<br />

der Kosten-Nutzen-Faktor abgewogen<br />

werden muss, ist es im Bereich des Home Office<br />

die „soziale Isolation“.<br />

„Das Büro der Zukunft ist ein Raum der Begegnung.<br />

Begegnen, Treffen, Austauschen, all das<br />

sind Dinge, die das Büro zuhause nicht bieten<br />

kann, und genau damit holt man die Leute<br />

zurück ins Büro“, beschreibt Stückler einen<br />

Ansatz, der aber auch die Architekten bei der<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

119


ImFokus<br />

„Die Technik war schon<br />

immer der Treiber, um den<br />

Arbeitsplatz zu optimieren<br />

und neu zu gestalten.“<br />

Ewald Stückler,<br />

T.O.C. Tecno Office Consult<br />

„Die Konzeption einer<br />

Bürofläche ist nur so<br />

gut, wie sie gelebte<br />

Unternehmenskultur ist.“<br />

Martin Luptacik,<br />

Drees & Sommer<br />

„Unternehmenswerte<br />

und -kulturen können<br />

sich ändern. Gebäude<br />

sollten so flexibel sein,<br />

diese Veränderungen<br />

mitzutragen.“<br />

Anna van der Veeken,<br />

value one holding<br />

Umsetzung von Aufenthaltsqualität in der Praxis<br />

fordert. „Selbst wenn du den Mitarbeitern<br />

all diese Möglichkeiten im Büro bietest, muss<br />

es die Chefetage vorleben“, wirft Martin Luptacik<br />

von Drees & Sommer in die Diskussion ein.<br />

Hier braucht es für Luptacik ein sogenanntes<br />

„Regelwerk der Kultur“, weil der Austausch<br />

vor Ort nicht „nur für die Kommunikation,<br />

sondern auch für die Entwicklung des Unternehmens<br />

und des Mitarbeiters essenziell“ ist.<br />

Gelebte Unternehmenskultur steht aber wohl<br />

in puncto Aufenthaltsqualität im Büro nicht<br />

an erster Stelle, sondern die Ausstattung und<br />

Planung der Fläche selbst. „Das Büro braucht<br />

ein gutes Grundkonzept und muss trotzdem<br />

in irgendeiner Form flexibel sein“, ist Stückler<br />

überzeugt, denn: „Das Großraumbüro für alle<br />

mit der Gießkanne, das hat nie richtig funkti-<br />

„Die Anforderungen an<br />

Büroflächen unterliegen<br />

einem ständigen,<br />

schwer kalkulierbaren<br />

Wandel.“<br />

Katrin Gögele-Celeda,<br />

Immofinanz<br />

120 ImmoFokus


„Türme und Bürohäuser schließen sich<br />

zusammen, um ihren Nutzern mehr<br />

Serviceleistungen zur Verfügung stellen<br />

zu können.“<br />

Elisa Stadlinger,<br />

ÖRAG Immobilien<br />

oniert.“ Die Planung einer Fläche hängt stark<br />

von der Tätigkeit eines Unternehmens ab. „Es<br />

ist zu einer Flächenverschiebung gekommen.<br />

Heute rechnet man nicht mehr die Quadratmeteranzahl<br />

pro Mitarbeiter, sondern auf eine<br />

neue Arbeitsweltfunktion“, verdeutlicht Luptacik<br />

die wesentliche Veränderung im Zuge<br />

der Planung von Büroflächen. So entstehen<br />

neue Nutzungsräume, die intelligent und flexibel<br />

geplant werden sollten, denn die Arbeitswelt<br />

unterliegt einem ständigen Wandel. „Die<br />

Mitarbeiter brauchen keine Führungskraft<br />

mehr, die nur drauf schaut, ob ich da bin oder<br />

nicht. Sondern man muss über andere Qualitäten<br />

führen“, so van der Veeken. Über den<br />

Tellerrand zu blicken bedeutet in diesem Kontext<br />

eben auch, das Bürokonzept der eigenen<br />

Unternehmenskultur anzupassen und diese<br />

aktiv vorzuleben.<br />

Das klimaneutrale bzw. nachhaltige<br />

Büro und Bürogebäude<br />

„Das nachhaltige Büro ist schon länger Thema<br />

in der Immobilienwelt und derzeit aktueller<br />

denn je“, so Elisa Stadlinger von ÖRAG Immobilien.<br />

„Bis jetzt hat man den Nutzer zu wenig<br />

abgeholt und ihm die Bedeutsamkeit Lichtnutzung,<br />

richtiges Lüften, Schonung von Energie<br />

und Ressourcen nahegebracht, die sich aber<br />

mal 365 Tage im Jahr summieren.“ Damit<br />

spielt sie darauf an, dass das ESG-Thema mehr<br />

bedeutet als nur gesund und nachhaltig zu<br />

bauen. „Auch wenn ESG mehr kostet, so muss<br />

man anfangen, diese Extrameilen zu gehen.“<br />

Wolfgang Fessl von Reinberg & Partner sieht<br />

die größte Problematik von ESG-Kriterien in<br />

der unterschiedlichen Verteilung von Kompetenzen.<br />

„Einer hat die Idee, einer plant, einer<br />

gibt das Geld her, einer setzt es um, und wieder<br />

ein anderer zieht ein, und nach ein paar Jahren<br />

kauft es wieder jemand anderes. Und jeder hat<br />

andere Vorstellungen“, so Fessl. „Dem Entwickler<br />

waren bis dato die Betriebskosten egal,<br />

das ist jetzt nicht mehr der Fall. Bis aber alle an<br />

einem Strang ziehen und die Wertschöpfungskette<br />

geschlossen wird, das dauert noch.“<br />

Michael Rausch von der Erste Immobilien KAG<br />

stimmt dem nur teilweise zu. „Da wir aufgrund<br />

der Kosten nun direkt betroffen sind, muss das<br />

Thema Wirtschaftlichkeit neu betrachtet werden“,<br />

so Rausch. „Früher waren grüne, bereits<br />

vorhandene Systeme nicht wirtschaftlich, die<br />

Wirtschaftlichkeitsrechnung verändert sich<br />

jetzt, und plötzlich werden sie es.“ Fessl sieht<br />

die große Chance der derzeitigen Krise, dass<br />

die Energien den Wert bekommen, den sie im-<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

121


ImFokus<br />

„Die große Chance der<br />

derzeitigen Krise ist, dass<br />

die Energien den Wert<br />

bekommen, den sie immer<br />

schon hatten.“<br />

Wolfgang Fessl,<br />

Reinberg & Partner<br />

„Früher waren grüne<br />

Systeme nicht wirtschaftlich,<br />

durch die veränderte<br />

Wirtschaftlichkeitsrechnung<br />

werden sie es.“<br />

Michael Rausch,<br />

ERSTE Immobilien KAG<br />

mer schon hatten. „Die Preise waren am Markt<br />

verzerrt, das Gas zu billig, und jetzt wird man<br />

den echten Wert sehen, und der schockiert<br />

jetzt erst mal“, erklärt er.<br />

Trend zum Wohlfühlbüro?<br />

Martina Fichtenbauer (Winegg) sieht sich als<br />

Lebensraumentwicklerin. „Wir müssen weg<br />

von Büro- und Wohnwelten hin zu Lebenswelten.<br />

Errichter, Arbeitgeber bzw. Entscheidungsträger<br />

müssen die Mieter, die Nutzer bei<br />

ihren Lebens- und Bürogewohnheiten abholen.<br />

Das Büro sollte die Kultur des Unternehmens<br />

widerspiegeln und nicht irgendwelchen<br />

Trends folgen, die nicht zur Kultur passen.<br />

„Das Büro sollte die<br />

Kultur des Unternehmens<br />

widerspiegeln und den<br />

Nutzer bei seinen Lebensund<br />

Bürogewohnheiten<br />

abholen.“<br />

Martina Fichtenbauer,<br />

Winegg<br />

Wenn neue Mitarbeiter zum Vorstellungsgespräch<br />

kommen, dann sollten sie einen guten<br />

Eindruck bekommen, wie das Arbeiten in<br />

diesem Unternehmen funktioniert.“ Fessl, der<br />

gerade auf der Suche nach einem neuen Büro<br />

ist, ergänzt: „Alles reduziert sich auf eine zentrale<br />

Position, jeder muss so sein können, wie er<br />

will, dann bringt er die Leistung, die er bringen<br />

kann.“ Gegen den Begriff Wohlfühlbüro wehrt<br />

er sich. „Man darf nicht vergessen: Man geht<br />

ins Büro, um zu arbeiten und nicht um im Liegestuhl<br />

liegend ein Buch zu lesen.“ Stadlinger<br />

fasst es so zusammen: „Das Wohlfühlen ist<br />

eher auf die Arbeitsweise adaptiert: Wenn ich<br />

beispielsweise mehrere Telefonkonferenzen<br />

am Tag habe und in einem Großraumbüro<br />

sitze ohne Rückzugsmöglichkeit, dann werde<br />

ich mich dort nicht wohlfühlen, weil ich meine<br />

Arbeit nicht gut erledigen kann. Das Büro<br />

muss sich an das Nutzerverhalten anpassen,<br />

man muss sich also die Frage stellen: Was<br />

machst du im Büro und wie tust du es und was<br />

brauchst du dafür?“<br />

S in ESG<br />

Für Marius Richter von PwC ist die Immobilienbranche<br />

weiterhin stark wirtschaftlich<br />

geprägt. „Man macht ein Investment, wenn es<br />

sich rechnet, und ESG ist ein weiterer Baustein,<br />

122 ImmoFokus


„Man macht ein Investment, wenn es<br />

sich rechnet, und ESG ist ein weiterer<br />

Baustein, der in die Kalkulation<br />

miteinbezogen werden muss.“<br />

Marius Richter,<br />

PwC<br />

Richter werden die Prüfschritte zur Einhaltung<br />

der Green Leases interessant. „Derzeit sind<br />

diese für manche Unternehmen und Konzerne<br />

bereits Pflicht, die Einhaltung und Kontrolle<br />

sind noch zu wenig reguliert. Setzt man die<br />

Vorgaben richtig um, kann es in den nächsten<br />

Jahren ein Mehrwert sein.“ Fessl sieht die<br />

Green Leases als Übergangsthema und Mittel<br />

zum Zweck, Stadlinger ergänzt, dass man<br />

Green Lease leben muss und noch etwas Wegstrecke<br />

zu gehen ist.<br />

den ich jetzt in die Kalkulation miteinbeziehen<br />

muss. „Das ‚S‘ ist auf Unternehmensebene<br />

wichtig, nicht für den Vermieter“, so Richter.<br />

„Das gibt den Microlagen mehr Bedeutung,<br />

also das Miteinbeziehen der Umgebung und<br />

das gemeinsame Entwickeln einer Gegend.<br />

Allein einen Turm hochzuziehen und zu hoffen,<br />

dass er angenommen wird, funktioniert<br />

nicht mehr.“ An dieser Stelle hakt Stadlinger<br />

ein: „Man sieht, dass sich am Hauptbahnhof,<br />

Austria Campus, Plaza Wienerberg, Donaucity<br />

etc. Bürohäuser zusammenschließen, um<br />

ihren Nutzern mehr Serviceleistungen zur<br />

Verfügung stellen zu können. Da gibt es verschiedene<br />

Gastronomen im Erdgeschoss, eine<br />

Kleiderreinigung, ein Fitnesscenter etc., um<br />

das Viertel attraktiv zu machen.“<br />

Zertifikate und Green Leases<br />

Für Richter ist ESG zwar in den Köpfen angekommen,<br />

aber noch eher „Tick the Box“. „Es<br />

ist schön, wenn ein Gebäude ein Zertifikat hat.<br />

Da geht es um die Geschwindigkeit, mit der ich<br />

die Finanzierung bekomme. Bei den Investoren<br />

ist nach wie vor die Yield vordergründig,<br />

und in aktuellen Bewertungen zeichnet sich<br />

ESG noch nicht ab.“ Stadlinger gefällt das mit<br />

der Aussage „Tick the Box“ gut: „Es ist ein bisschen<br />

so wie die Fitnesscentermitgliedschaft,<br />

die man abschließt, aber nicht hingeht. So<br />

mietet man Flächen, die green sind, aber niemand<br />

schaut, ob die Nachhaltigkeitskriterien<br />

zu einem passen. Neu ist der Druck von der<br />

Betriebskostenseite. Da das Nutzerverhalten<br />

ein Teil der Kosten ist, wird es spannend.“ Für<br />

Mieten im Fokus<br />

Wie werden sich die Office-Mieten entwickeln?<br />

Welchen Einfluss werden die Themen<br />

ESG & EU-Taxonomie auf die Mietlandschaft<br />

haben? Die Runde ist sich hier schnell einig.<br />

Am Thema Nachhaltigkeit kommt niemand<br />

mehr vorbei – im Gegenteil: Wer im internationalen<br />

Konzert mitspielen will, muss in Zukunft<br />

seine Aktivitäten auf diesem Gebiet verstärken<br />

und dokumentieren.<br />

Der Flughafen Wien habe, so Wolfgang Scheibenpflug<br />

(Flughafen Wien), viel Zeit und Geld<br />

investiert, um den ganzen Standort CO2-neutral<br />

zu machen. „Wir haben da nicht nur darüber<br />

gesprochen, sondern viel Geld investiert.<br />

Unter anderem in die größte Photovoltaik-An-<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

123


ImFokus<br />

„Nicht nur die<br />

Betriebskosten, auch die<br />

Indexierungen bei den<br />

Mieten werden zunehmend<br />

zum Problem.“<br />

Wolfgang Scheibenpflug,<br />

Flughafen Wien<br />

„Dass vermehrt<br />

auf Nachhaltigkeit<br />

geachtet wird, spürt<br />

man, wenn es um<br />

Mietvertragsverlängerung<br />

geht.“<br />

Mario Stöckel,<br />

Colliers<br />

lage Österreichs mit 24 Hektar. Die erweitern<br />

wir gerade noch einmal um sieben Hektar.<br />

Damit können wir übers Jahr durchgerechnet<br />

35, 40 Prozent des Strombedarfs des Flughafens<br />

abdecken. Um die Dimension greifbar zu<br />

machen: Der Flughafen Wien verbraucht ungefähr<br />

so viel Strom wie die Stadt Klagenfurt.<br />

Angesichts der aktuell hohen Strompreise<br />

eine, nachträglich gesehen, goldrichtige Entscheidung.<br />

An normalen Sommertagen erzeugen<br />

wir mehr Strom als wir benötigen, da können<br />

wir sogar Strom ins Netz einspeisen. Beim<br />

Office Park 4 gehen wir sogar einen Schritt<br />

weiter – hier gewinnen wir die meiste Energie<br />

aus Geothermie. Beheizt wird das gesamte<br />

Flughafen-Areal mit Abwärme der OMV. Da<br />

ist es auch kein Wunder, dass die Airport City<br />

Vienna von der ÖGNI als erstes Quartier mit<br />

einem Quartierszertifikat für nachhaltige Immobilienentwicklung<br />

ausgezeichnet wurde.“<br />

Keine Zertifikate, keine Chance<br />

„Gerade im internationalen Geschäft sehen<br />

wir, dass Standorte ohne Zertifikate chancenlos<br />

sind“; pflichtet Mario Stöckel, Colliers, bei.<br />

Ein lokales, eigentümergeführtes Unternehmen<br />

hat es da sicher einfacher – diese haben<br />

auch keine Auflagen zu erfüllen. Aber selbst<br />

diese achten vermehrt auf Nachhaltigkeit. Das<br />

spürt man, wenn es um Mietvertragsverlängerung<br />

geht. „Wobei allgemein ein Trend zu<br />

immer kürzeren Laufzeiten zu beobachten ist“,<br />

betont Stöckel.<br />

Scheibenpflug verweist auch auf den zunehmenden<br />

gesellschaftlichen Druck. Mit den steigenden<br />

Betriebskosten, sprich Energiepreisen,<br />

spitze sich das Ganze gerade noch einmal zu.<br />

Da werde sich die Spreu vom Weizen trennen.<br />

Wobei auch die Qualität der Zertifikate zu<br />

hinterfragen sei. Scheibenpflug: „Wir stehen<br />

hier am Anfang einer neuen Diskussion – das<br />

Thema ist viel vielschichtiger. Wir schreiben<br />

auf der einen Seite in die Bauordnung hinein,<br />

„im Neubau sind Gasheizungen nicht mehr<br />

zulässig“, in der EU-Taxonomieverordnung<br />

ist Gas aber eine grüne Energie. Da haben wir<br />

genug Diskussionsstoff.“<br />

Ganz ähnlich sei, wirft Stöckl ein, die Situation<br />

beim Atomstrom. „In Österreich produzieren<br />

wir keinen und wir sind komplett atomfrei,<br />

aber wir kaufen ihn ein. Viele zertifizierte<br />

Gebäude haben aber die Zertifizierung bekommen,<br />

weil sie mit Fernwärme heizen. Da beißt<br />

sich die Katze in den Schwanz. Wie auch bei<br />

der Elektromobilität.“ Peter Vcelouch, Cerha<br />

Hempel: „Ein Elektroauto ist genauso sauber<br />

oder genauso schmutzig wie der Strom, den<br />

ich einfülle. Ob der Strom aus einem Kohlekraftwerk<br />

oder aus einer Photovoltaik-Anlage<br />

kommt, schaut die Bilanz gleich ganz anders<br />

aus. Nur wie wir jetzt ebenfalls in der aktuellen<br />

Situation lernen, ist die Umrüstung von<br />

124 ImmoFokus


Gaskraftwerken wieder auf Kohlekraftwerke<br />

gar kein Problem. Wo bleibt da der Nachhaltigkeitsgedanke?“,<br />

formuliert er es scharf.<br />

Nachhaltigkeit wichtig für Mitarbeiter<br />

„Das Thema Nachhaltigkeit nimmt aber auch<br />

beim Employer-Branding Fahrt auf“, berichtet<br />

„Je nachdem, wie<br />

sich die Energiepreise<br />

entwickeln, könnte die<br />

Höhere-Gewalt-Klausel im<br />

Betriebskostenbereich ein<br />

Thema werden.“<br />

Peter Vcelouch,<br />

Cerha Hempel<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

125


ImFokus<br />

„Das Thema<br />

Nachhaltigkeit nimmt<br />

auch beim<br />

Employer-Branding<br />

Fahrt auf.“<br />

Natascha Storing-Wisek,<br />

LeitnerLeitner<br />

Natascha Stornig-Wisek, LeitnerLeitner, aus<br />

der Praxis. Vor kurzem sei es gelungen, in<br />

Freistadt einen CO 2<br />

-neutralen Standort anzumieten.<br />

„Das ist natürlich toll. In Wien sind wir<br />

im Altbau ganz klassisch.“ Wobei man, so die<br />

Steuerberaterin, immer sagen muss, ein Altbau<br />

ist, was den Footprint anbelangt, per se nicht so<br />

„Ein Riesenthema ist aktuell,<br />

ob die Indexierung mit<br />

Mietvertragsunterzeichnung<br />

oder Mietbeginn zu laufen<br />

beginnt.“<br />

Alexandra Bauer,<br />

EHL Gewerbeimmobilien<br />

schlecht, wenn man bedenkt, dass ein Neubau<br />

Emissionen verursacht. „Der Altbau wird hier<br />

ganz gerne schlecht geredet.“<br />

Für Diskussionsstoff würden derzeit auch die<br />

steigenden Betriebskosten sorgen, wirft Alexandra<br />

Bauer ein neues Thema in die Runde.<br />

„Wir bemerken, dass das Thema Betriebskosten<br />

immer proaktiv von Mietinteressenten<br />

angesprochen wird. Früher hat man immer<br />

gefragt: Was ist die Miete pro Quadratmeter?<br />

Jetzt erfragt man zwar ebenfalls noch immer<br />

die Miete pro Quadratmeter, aber im gleichen<br />

Atemzug auch sofort nach den Betriebskosten.<br />

Früher sind wir mit Betriebskosten-Schätzungen<br />

in die Vermarktung gegangen. Wenn das<br />

Projekt drei Jahre in der Vermarktung war,<br />

dann waren die Betriebskosten drei Jahre konstant.<br />

Da hat sich nichts geändert. Jetzt muss<br />

man monatsweise anfragen.“ Stöckl berichtet,<br />

dass immer lauter nach Betriebskostendeckeln<br />

gerufen wird. „Die Situation für Vermieter wird<br />

immer schwieriger.“<br />

„Nicht nur die Betriebskosten, auch die Indexierungen<br />

bei den Mieten werden zunehmend<br />

zu einem Problem“, fügt Scheibenpflug hinzu.<br />

„In den letzten zehn Jahren war das kein<br />

Thema. Da haben sich die Mieten immer nur<br />

um ein bis zwei Prozent erhöht. Bestätigen<br />

sich die Prognosen, dann sprechen wir heute<br />

von Steigerungen um acht bis zehn Prozent.<br />

Da schaut dann die Welt gleich anders aus.<br />

Indexerhöhung bei den Mieten und höhere<br />

Betriebskosten – das wird spannend. Da wird<br />

126 ImmoFokus


es noch zu großen Diskussionen kommen.“<br />

Dass der Indexdeckel großflächig ausgerollt<br />

wird, daran glaubt Scheibenpflug nicht: „Das<br />

wir niemand machen. Da geben wir lieber dem<br />

Mieter einen Monat mehr mietfreie Zeit. Das<br />

erspart eine Unmenge an Diskussionen.“<br />

Party kurzfristig vorbei<br />

Für Stornig-Wisek ist die Party kurzfristig<br />

einmal vorbei. „Aber ich bin trotzdem optimistisch.<br />

Ich glaube, es wird ein bisschen länger<br />

dauern. Aber es wird sich wiederholen. Ich<br />

glaube an unsere Resilienz. Und wir werden<br />

jetzt ein bisschen durchtauchen müssen.“<br />

Wobei das Vertragswerk mit der Entwicklung<br />

nicht mithalten kann. Vcelouch: „Nach Ausbruch<br />

des Krieges in der Ukraine hatte ich<br />

mehrere Fälle im Werkvertragsbereich, bei<br />

denen auf einmal die Argumentation der Unerschwinglichkeit<br />

ins Treffen geführt wurde.<br />

Da gibt es eine uralte Rechtsprechung zur<br />

Unerschwinglichkeit, die dann hin und wieder<br />

aufgekocht wurde. Diese stammt aus<br />

den zwanziger Jahren. Und da hat lange Zeit<br />

niemand daran gedacht, dass man das wieder<br />

aus dem Hut ziehen könnte. Genau dasselbe<br />

mit der höheren Gewalt. Die Lieferketten, auch<br />

im Stahlbereich, sind zusammengebrochen.<br />

Plötzlich haben alle geschaut: ‚Habe ich eine<br />

Höhere-Gewalt-Klausel im Vertrag?‘<br />

„Das kann im Betriebskostenbereich ebenfalls<br />

ein Thema werden, je nachdem, wie sich die<br />

Energiepreise weiterentwickeln. Deutschland<br />

beginnt bereits mit Energiesparverordnungen<br />

oder -gesetzen. Sollte so etwas hier bei<br />

uns ebenfalls kommen, haben Mieter möglicherweise<br />

Gewährleistungsansprüche, wenn<br />

Büroräume nur noch 19 Grad warm sind. Wer<br />

welche Klausel in seinen Vertrag hineinreklamieren<br />

kann, hängt in erster Linie von der<br />

eigenen Marktmacht ab. So realistisch müsse<br />

man sein.<br />

„Ein Riesenthema ist aktuell“, so Bauer, „ob<br />

Indexierung mit Mietvertragsunterzeichnung<br />

oder mit Mietbeginn zu laufen beginne. Früher<br />

war das nicht so ein großes Thema, weil es da<br />

um die ein, zwei Prozent gegangen ist. Jetzt<br />

geht es um acht, neun Prozent. Jetzt ist das ein<br />

Riesenthema.“ Bauer steuert auch gleich aktuelle<br />

Zahlen bei: Ein paar öffentliche Mieter haben<br />

letztes Jahr Verträge mit Mietbeginn 2024,<br />

aber mit Beginn der Indexierung mit letztem<br />

Jahr abgeschlossen. Das bedeutet, dass sie jetzt<br />

bereits um zwei Euro pro Quadratmeter mehr<br />

zahlen müssen.<br />

Zunehmende Unterviermietung<br />

Ein weiteres Thema mit Brisanz ist die zunehmende<br />

Unterviermietung, so Bauer. „Das<br />

war jahrelang oder jahrzehntelang eigentlich<br />

gar kein Thema und ist jetzt ein Riesenthema<br />

geworden, weil Banken und IT-Unternehmen,<br />

Versicherungen wirklich großflächig redimensioniert<br />

haben. Da hat die Pandemie einen<br />

richtigen Turbo gezündet.<br />

Aktuell haben wir viele große Untermietflächen<br />

in der Vermarktung. Hier im Erste<br />

Campus aber auch am Austria Campus – oder<br />

bei der Allianz. Untermietverträge mit bis zu<br />

15 Jahren Laufzeit für wirklich langfristige<br />

und großflächig zusammenhängende Untermietflächen.<br />

Diese Flächen scheinen in keiner<br />

Statistik auf, da eine Untervermietung nicht als<br />

Anmietung zählt.“<br />

„Viele Unternehmen haben gar keine Untermietrechte,<br />

die über eine Konzernklausel<br />

hinausgehen“, ergänzt Stöckl. „Untervermietungen<br />

werden von den Eigentümern eben-<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

127


ImFokus<br />

falls nicht gerne gesehen.“ Stöckl bestätigt<br />

aber auch, dass es zunehmend Anfragen gibt,<br />

ob sie noch Flächen für eine Untervermietung<br />

vermarkten würden.<br />

Wobei eine Untervermietung auch zu einem<br />

Geschäft werden kann, wenn am Standort<br />

keine Flächen mehr zur Verfügung stünden:<br />

„Da kann dann die Untermiete die Basismiete<br />

schon einmal übersteigen.“<br />

Home-Office-Debatte hat verunsichert<br />

„Die Pandemie-bedingte Diskussion über<br />

Home-Office hat die Immobilienbranche in<br />

den letzten beiden Jahren sichtlich verunsichert“,<br />

so Andreas Kreutzer von Kreutzer,<br />

Fischer und Partner, über einen Grund für die<br />

derzeit abwartende Stimmung unter Immobilieninvestoren<br />

und -entwicklern. Er verstehe<br />

durchaus, dass das mittlere Management<br />

gerne ein, zwei Tage von zuhause arbeiten<br />

möchte. „Aber ich kenne keinen Geschäftsführer<br />

und keinen Vorstand, der seine Leute nicht<br />

wieder im Büro sehen will“, hält Kreutzer fest.<br />

„Österreich lebt auch<br />

von der Bauwirtschaft,<br />

und wenn nichts mehr<br />

gebaut wird, haben wir ein<br />

Problem.“<br />

Wolfgang Hofmann,<br />

Kone<br />

„Die Pandemie-bedingte Diskussion<br />

über Home-Office hat die<br />

Immobilienbranche in den letzten<br />

beiden Jahren sichtlich verunsichert.“<br />

Andreas Kreutzer,<br />

Kreutzer, Fischer und Partner<br />

„Ich denke auch, dass die meisten Inverstoren<br />

derzeit zurückhaltend sind, schon aus dem<br />

Grund, weil es zurzeit ganz schwierig ist, die<br />

Kosten zu kalkulieren, und daher kann kein<br />

Entwickler sagen, mit welchen Exit-Erlösen<br />

er am Ende kalkulieren wird“, meint Daniel<br />

Thum von der Erste Immobilien. Nichtdestotrotz<br />

beobachtet er, dass die Zahl der Angebote<br />

am Transaktionsmarkt zunimmt. „Allerdings<br />

noch nicht die Zahl der tatsächlich getätigten<br />

Transaktionen”, fügt Thum hinzu.<br />

Laut Wolfgang Hofmann von KONE ist die Zahl<br />

der genehmigten Neubauprojekte im letzten<br />

halben Jahr zurückgegangen. Und wenn doch<br />

ein Bürogebäude neu errichtet werde,<br />

128 ImmoFokus


„Ein mutiger<br />

Büro-Developer ist<br />

jetzt gut beraten, ein<br />

modernes, gutes Büro<br />

zu entwickeln.“<br />

Daniel Thum,<br />

ERSTE Immobilien KAG<br />

dann weniger in den Landeshauptstädten, sondern<br />

am Land, dort, wo die Produktion stehe,<br />

baue die Eigentümerfamilie ihr Büro.<br />

Österreich lebt von der Bauwirtschaft<br />

„Aber daran sind wahrscheinlich die stark<br />

gestiegenen Baukosten schuld“, so Hofmann<br />

weiter. Diese wären deshalb das größte Problem,<br />

weil der Investor nicht kalkulieren könne,<br />

mit welchen Zinserlösen er am Ende rechnen<br />

solle. Dennoch glaubt er, dass sich die Situation<br />

wieder entspannen wird. „Denn Österreich lebt<br />

auch von der Bauwirtschaft, und wenn nichts<br />

mehr gebaut wird, haben wir ein Problem“,<br />

bekräftigt Hofmann.<br />

Thum sieht das Thema Baukosten hingegen<br />

nicht als ein so gravierendes Problem an.<br />

„Ich glaube, ein mutiger Büro-Developer ist<br />

jetzt gut beraten, ein modernes, gutes Büro<br />

zu entwickeln“, sagt er. Denn davon gebe<br />

es ohnehin zu wenige. Vor allem in Wien<br />

macht er mit so einem Angebot sowohl am<br />

Vermietungs- als auch am Investmentmarkt<br />

gute Chancen aus. Ein Problem in diesem Zusammenhang<br />

ist für Kreutzer, dass in Wien<br />

langsam die Flächen mit einer attraktiven<br />

Verkehrsanbindung fehlen würden. „Nehmen<br />

Sie nur die Seestadt als Beispiel, dort will<br />

doch heute niemand hin.“<br />

Hinsichtlich der Frage, was man mit alten,<br />

nicht mehr zeitgemäßen und vor allem nicht<br />

nachhaltigen Bürogebäuden machen soll, sind<br />

sich die Experten einig: Entweder Totalumbau<br />

oder Abriss. „Vor allem im Sinne der Nachhaltigkeit<br />

ist es die größere Herausforderung,<br />

Bestandsobjekte nach den neuesten Standards<br />

und Anforderungen umzubauen, statt auf der<br />

grünen Wiese neu zu errichten“, sagt Thum<br />

und verweist auf die aktuelle Versiegelungsthematik.<br />

Auch wenn das eine Marktlücke für<br />

so manchen Entwickler sein könnte, räumt er<br />

ein, dass die Challenge dabei sei, die Kosten im<br />

Rahmen zu halten.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

129


ImFokus<br />

Zum Autor<br />

Jasmin Soravia ist seit 2019 Vorsitzende des Urban Land<br />

Institut Austria. Sie ist Geschäftsführerin bei der Kollitsch &<br />

Soravia Immobilien, Beirat im Advisory Board GRÜNSTATT-<br />

GRAU und Vorstand beim Travel Industry Club Austria.<br />

Die 15-Minuten-Stadt<br />

Auch in Österreich<br />

Kommentar: Jasmin Soravia<br />

Das Konzept der 15-Minuten-Stadt, das mittlerweile in Paris,<br />

Barcelona, Portland, Ottawa und Melbourne umgesetzt wird, beruht<br />

auf einer flexiblen Städteplanung, bei der vor allem die Bedürfnisse<br />

der Menschen in den Städten berücksichtigt werden. Urheber der Idee<br />

ist Carlos Moreno, Universitätsprofessor an der Pariser Sorbonne,<br />

Experte für Städte und Territorien von morgen. Das Konzept basiert<br />

auf der Idee, in einer Stadt oder einem Stadtteil sämtliche Bedürfnisse<br />

mit einem kurzen Spaziergang oder in wenigen Minuten per Fahrrad<br />

oder dem öffentlichen Nahverkehr erfüllen zu können.<br />

Weltweit ist Moreno als Wissenschaftler für vorausschauende Ideen<br />

zu städtischen Fragen bekannt. Vor allem kennt man ihn als Pionier<br />

der „Smart City“ und als wissenschaftlichen Berater großer nationaler<br />

oder internationaler Akteure auf höchster Ebene, wie der Bürgermeisterin<br />

von Paris, Anne Hidalgo. Bei der 15-Minuten-Stadt werden<br />

Nahversoger, medizinische, Sport- und Kultureinrichtungen, Schulen<br />

und Kindergärten wie auch Grün- und Erholungsräume von Moreno<br />

so eingeplant, dass die Menschen alle täglich benötigten Dinge in<br />

unmittelbarer Nähe haben. Damit werden die kurzen Wege idealerweise<br />

Teil der täglichen Erholung. Moreno nennt drei Merkmale<br />

einer 15-Minuten-Stadt: Der Rhythmus der Stadt ist auf Menschen<br />

zugeschnitten – nicht auf Autos. Jeder Quadratmeter verfügbarer Fläche<br />

wird vielfältig genutzt, und die Quartiere sind so konzipiert, dass<br />

die Menschen leben, arbeiten und ihre täglichen Annehmlichkeiten<br />

erhalten können – ohne ständig unterwegs zu sein.<br />

Autoverkehr als zunehmender Stressfaktor<br />

und urbane Belastung<br />

Der individuelle Verkehr ist in vielen Städten längst an seine Grenzen<br />

gestoßen – beziehungsweise hat diese mittlerweile weit überschritten.<br />

Die Plage betrifft nicht nur die Bewohner, die von stehenden Blechkolonnen<br />

eingekesselt sind. Auch die Lenker leiden zunehmend unter<br />

Stress, wenn sie im täglichen Stau wertvolle Lebenszeit vernichten,<br />

ihre Gesundheit mit Abgasen schädigen und verzweifelt Parkplätze<br />

suchen. Dazu kommen die Kinder, die entweder laufend gefährdet<br />

werden – oder den Spaß eines kurzen Schulwegs mit Freunden<br />

nicht mehr kennen. Fast ausnahmslos hat diese Auto-Stadt aus dem<br />

20. Jahrhundert ausgedient, die auf getrennten Wohn- und Arbeitsbereichen<br />

beruht, mit Autobahnschneisen mitten durch historische<br />

Innenstädte und mit Fachmarktzentren am Stadtrand.<br />

Laut Berechnungen der Vereinten Nationen im Rahmen der „World<br />

Urbanization Prospects“ leben aktuell bereits gut vier Milliarden<br />

Menschen in Städten, bis 2050 wird ein Zuwachs auf sieben Milliarden<br />

Menschen erwartet, während in ländlichen Regionen nur mehr drei Milliarden<br />

leben werden. Es geht also darum, in Städten echte Lebensräume<br />

unter Einhaltung von Nachhaltigkeitszielen zu gestalten.<br />

In Barcelona werden mit dem Konzept der „Superblocks“ teilweise bis zu<br />

neun Häuserblöcke zusammengefasst, innerhalb derer Fußgänger und<br />

Radfahrer Vorrang haben; Straßen werden teilweise in Begegnungszonen<br />

umgenutzt und somit zum erweiterten Wohnzimmer. Dieses<br />

Konzept beflügelt auch wieder den Einzelhandel, die Anzahl der lokalen<br />

Läden stieg um 30 Prozent.<br />

Akteure in diesem weltweit zu beobachtenden Prozess sind nicht nur die<br />

Städteplaner. Eine zukunftssichere und attraktive Stadtentwicklung ist<br />

nur möglich, wenn alle Beteiligten (öffentlich und privat) gemeinsame<br />

Lösungen für die Herausforderungen der Zukunft finden.<br />

In Paris werden mittlerweile von mehreren Geschäften gemeinsam automatische<br />

Zustellzentren betrieben, die zum Beispiel die Lebensmittel in<br />

fahrbaren Körben in wenigen Minuten vor die Haustüre liefern können.<br />

Was früher die beliebte Tankstelle mit Shop und Café war, sind heute<br />

130 ImmoFokus


„Superblocks“ in Barcelona<br />

Quelle: Cities of the Future <strong>2022</strong><br />

Hotellobbys, in denen mit Cafés und Shops Treffpunkte geschaffen werden<br />

– oder Schulen, die am Wochenende für Sprachkurse & Co genutzt<br />

werden. Gebäude sollen eine „multi-use“-Funktion erhalten.<br />

Prinzipien der 15-Minuten-City:<br />

Dichte, Diversität, Nähe und Allgegenwart<br />

Lebenswertigkeit, Nachhaltigkeit, Innovation und Resilienz eines<br />

städtischen Umfeldes sind wichtige Faktoren für die 15-Minuten-City.<br />

Der heutige Lebensstil ist jedoch multilokal – nicht jeder Arbeitsplatz<br />

kann in einer Viertelstunde erreicht, nicht jede Industrie in die Stadt<br />

verlagert werden. In bereits durchmischten Städten ist das Konzept<br />

zudem leichter umsetzbar als in Einfamilienhaus-Anlagen am Stadtrand<br />

oder in kleinen Umlandgemeinden.<br />

Wien hat hier jedoch mit dem Konzept der „produktiven Stadt“ bereits<br />

bewiesen, dass zumindest kleinere Betriebe in die Innenstädte<br />

integriert werden können. Dies ist ein erster großer Beitrag zur<br />

15-Minuten-Stadt. Auch bestehen Erleichterungen durch den neuen<br />

digitalen Trend. Es kommt immer stärker zu einer Dezentralisierung<br />

der Arbeit, Homeoffice sowie der Onlinehandel haben vor allem<br />

pandemiebedingt eine Vormachtstellung eingenommen; berufliche<br />

Meetings, Konferenzen sowie Bildungsveranstaltungen können in<br />

hybrider Form stattfinden; aufgrund der langen Homeoffice-Phasen<br />

hinterfragen generell mehr Menschen die räumliche Trennung von<br />

Arbeiten und Wohnen.<br />

Die Idee der 15-Minuten-Stadt ist jedenfalls ein großer Schritt Richtung<br />

Nachhaltigkeit und Klimaschutz, Kinder-, Senioren-, Familienund<br />

behindertengerechtem Wohnen sowie eine neue Chance für eine<br />

effiziente Raumnutzung wie auch für neue Business- sowie Mobilitätskonzepte.<br />

Diversität ist gefordert, es gibt die Notwendigkeit gemischt<br />

genutzter Stadtteile, die in erster Linie eine gesunde Mischung aus<br />

Wohn-, Geschäfts- und Unterhaltungskomponenten bieten und kulturelle<br />

und menschliche Vielfalt ermöglichen.<br />

Jedoch kann das Konzept nicht von heute auf morgen umgesetzt werden.<br />

Vielmehr wird es eine Aufgabe der nächsten Jahre, wenn nicht<br />

Jahrzehnte sein, die es konsequent umzusetzen gilt.<br />

Quellen:<br />

Autonomy Paris (<strong>2022</strong>): The 15-Minute Paris. https://www.autonomy.paris/en/15-minute-delivery-in-the-15-minute-city/<br />

Cities of the Future (<strong>2022</strong>): Superblocks, Barcelona Answer to Car-Center City https://citiesofthefuture.eu/superblocks-barcelona-answer-to-car-centric-city/<br />

Intertraffic (2021): 15 Minute city: urban mobility solution to the environment? https://www.intertraffic.com/news/15-minute-city-urban-mobility-solution-to-environment/<br />

PWC – PricewaterhouseCoopers (<strong>2022</strong>): Living Locally – welche Implikationen das Konzept der 15-Minuten-Stadt haben kann. Wien: PwC Österreich GmbH<br />

United Nations Organization (2019): Word Urbanization Prospects https://ourworldindata.org/urbanization?source=content_type%3Areact%7Cfirst_level_url%3Aarticle%7Csection%3Amain_<br />

content%7Cbutton%3Abody_link<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

131


Zum Autor<br />

Jenni Wenkel ist Mitglied des Vorstandes der Union Investment<br />

Real Estate Austria AG und hier für das Investment<br />

Management verantwortlich. Zuvor war sie 13 Jahre für den<br />

Erste Bank Konzern tätig. Frau Wenkel ist darüber hinaus<br />

Vorstandsvorsitzende der RICS in Österreich.<br />

Der Wellness-Trend<br />

Kommentar: Jenni Wenkel<br />

Büroimmobilien müssen sich an die Bedürfnisse ihrer Nutzer anpassen<br />

– und die verändern sich. Flexibilität und das Wohlbefinden<br />

der Mitarbeitenden rücken zunehmend in den Fokus. Menschenleere<br />

Büros, verschlossene Konferenzräume und ungenutzte Kaffeeküchen:<br />

Während der Corona-Pandemie schickten Unternehmen<br />

Tausende Mitarbeiter ins Homeoffice.<br />

Das hat deutlich besser geklappt, als<br />

von vielen erwartet wurde. Darum<br />

stellt sich nach dem Ende<br />

der Beschränkungen nun die<br />

Frage, ob die Mitarbeitenden<br />

besser im Büro oder zu Hause<br />

arbeiten sollten. Neu ist diese<br />

Frage allerdings nicht: Sie steht<br />

für einen Trend, den es schon<br />

lange gibt. Laut Eurostat,<br />

dem Statistischen Amt<br />

der Europäischen Union,<br />

blieb der Anteil der Menschen,<br />

die in der EU ausschließlich<br />

von zu Hause<br />

aus arbeiten, zwischen 2009<br />

und 2019 stabil bei fünf Prozent,<br />

während der Anteil derjenigen, die gelegentlich<br />

im Homeoffice arbeiten, von sechs auf neun Prozent gestiegen ist.<br />

Trend zum Home-Office<br />

Doch auch, wenn der Trend zum Homeoffice nicht neu ist, so hat die<br />

Pandemie die Ansprüche der Nutzer an die Bürolandschaft verändert:<br />

Kommunikationsflächen werden wichtiger, die Abstände in den Waschräumen<br />

größer und die Lüftungssysteme leistungsfähiger. Insgesamt<br />

rücken Fragen der Ausstattung und der Flächenaufteilung stärker in den<br />

Vordergrund. Das Büro der Zukunft stellt die Bedürfnisse der Nutzer in<br />

den Mittelpunkt. Angesicht des herausfordernden Umfelds wird aber<br />

auch das effiziente Immobilienmanagement immer wichtiger.<br />

Passende Bürobereiche<br />

Aktivitätsbezogene Flächenkonzepte sind zunehmend gefragt: Wer<br />

telefoniert, sich mit Kollegen und Kolleginnen trifft<br />

oder einfach nur in Ruhe arbeiten will, findet den<br />

jeweils dafür passenden Bereich im Büro. Workshop-<br />

und Teambereiche mit Video-Walls und<br />

großen Bildschirmen unterstützen die<br />

kreative Zusammenarbeit. Intelligente<br />

Technologien können nicht nur die<br />

Mitarbeitenden, sondern auch das<br />

Facility Management bei der<br />

bedarfsgerechten Nutzung<br />

der Büroflächen und Steuerung<br />

der Dienstleister unterstützen.<br />

Eine intelligent<br />

vernetzte Gebäudeinfrastruktur<br />

über Sensorik und<br />

Smart Meter ermöglicht ein<br />

kosteneffizientes und nachhaltiges<br />

Management des Gebäudes,<br />

was insbesondere in Zeiten steigender Energiekosten deutlich an Attraktivität<br />

gewinnt.<br />

Viele Unternehmen, die ihre Anmietungsentscheidungen während<br />

der Corona-Pandemie zurückgestellt haben, kehren nun an den Markt<br />

zurück und suchen im Zuge der Back-to-Office-Regelungen darum nun<br />

verstärkt nach hochwertigen und flexiblen Büroflächen, in denen sich<br />

die modernen Arbeitswelten realisieren lassen. Denn das Büro der Zukunft<br />

wird vor allem ein Ort des kreativen und innovativen Austauschs<br />

sein, der nicht mehr nur zum Abarbeiten von Aufgaben dient.<br />

Fotos: Adobe Stock, Stanislav Jenis<br />

132 ImmoFokus


Event<br />

REAL ESTATE MEDIA GROUP<br />

Mit den Newslettern<br />

der Real Estate Media Group<br />

immer aktuell informiert<br />

Wählen Sie die Newsletter die Sie empfangen wollen. Selbstverständlich können<br />

Sie das jederzeit ändern. Wenn Sie Newsletter abbestellen wollen, finden Sie einen<br />

entsprechenden Link in jeder von uns verschickten E-Mail.<br />

EARLY-BIRD IMMO-NEWS<br />

Die wichtigsten Immobilienthemen auf einen<br />

Blick – Der Start in den Tag - von Montag bis<br />

Donnerstag um 7 nach 7.<br />

IMMO FAKTEN<br />

Zahlen, Daten und Fakten zur Immobilienwirtschaft.<br />

Jetzt auch mit dem Immo-Fakten-Check.<br />

JedenDienstag um 14 Uhr in Ihrem Postfach.<br />

PEOPLE IN MOTION<br />

Personalmeldungen aus der Immobilien- und<br />

Baubranche. Aufsteiger und Absteiger.<br />

News & Hintergründe. Jeden Mittwoch um 14 Uhr<br />

in ihrer Mailbox.<br />

POSITIONEN & MEINUNGEN<br />

Kommentare und Analysen zum aktuellen<br />

Marktgeschehen. Kurz-Interviews und<br />

Immo-Fokus-Umfragen.<br />

DIE REGISTRIERUNG<br />

Gehen Sie auf:<br />

https://www.immo-timeline.at/subscribe.<br />

Geben Sie Ihre Daten und die Auswahl der<br />

Newsletter an - anschließend erhalten Sie<br />

ein Mail, um Ihre Newsletter-Bestellung<br />

DSGV-konform zu bestätigen und damit<br />

Ihr Newsletter- Abonnement zu aktivieren.<br />

CLOSING THE WEEK<br />

Ein kritischer Blick auf die Woche. Zum<br />

Wochenausklang jeden Freitag um 7 nach 7.<br />

133 ImmoFokus<br />

Sie haben noch Fragen –<br />

Melden Sie sich bitte bei uns:<br />

office@media-group.immo


ImmoFokus.Rubrik<br />

Frech<br />

gesagt<br />

„Noch einen<br />

Cappuccino, bitte!“<br />

Das Ergebnis zählt. Kreatives Arbeiten innerhalb der Büroräumlichkeiten? Bitte nicht (mehr). Von<br />

der großartigen Freiheit, dass nunmehr Leistung und Ergebnisse im Vordergrund stehen anstatt dass<br />

Führungskräfte nachts Lichter von Bürofenstern zählen.<br />

Kolumne: Anita Körbler<br />

E<br />

rstmals Ende des Jahres 2015 durfte<br />

ich die interessante Erfahrung machen,<br />

dass sich manche Tätigkeiten<br />

einfach besser unter Menschen als<br />

allein – im damals noch bevorzugten Einzelbüro<br />

– erledigen lassen. In einem charmanten Altwiener<br />

Café habe ich meinen allerersten Business<br />

Plan auf dem Weg in Richtung Selbstständigkeit<br />

geschrieben. Und mich inmitten der Geräuschkulisse<br />

selten so frei und unabhängig gefühlt.<br />

Leistungsversiert anstatt zeitorientiert<br />

Was für Selbstständige selbstverständlich<br />

ist, erfordert manchmal ein Umdenken. Was<br />

nützen Stunden um Stunden, die im Büro verbracht<br />

werden, ohne ein sinnvolles Ergebnis zu<br />

generieren? Was bringt es, sich etwa an einem<br />

unkreativen Tag Wort für Wort eines erforderlichen<br />

Texts heraus zu quälen, während dieser<br />

an einem anderen Tag und Ort förmlich aus<br />

den Fingern fließt?<br />

Früher war es mir enorm wichtig, meine Mitarbeiter<br />

und Kollegen stets um mich zu haben.<br />

Und dabei genau erahnen zu können, wer gerade<br />

in seinem Büro arbeitet und wer sich vielleicht<br />

gerade etwas ablenken lässt. Am Ende<br />

des Tages hat das Ergebnis gezählt. Und wenn<br />

es dann abends hieß, ob noch jemand Lust auf<br />

ein After-Work hat oder wir uns noch eine<br />

Pizza bestellen, hätte ich nicht begeisterter sein<br />

können – denn dies ist die wirklich qualitative,<br />

wertvolle Zeit, die man gemeinsam verbringt.<br />

Ich gehe sogar einen Schritt weiter zu sagen,<br />

dass solche Abende viel mehr an Motivation<br />

bewirken können als ein jährliches, mitunter<br />

recht förmliches Mitarbeitergespräch in den<br />

alltäglichen Büroräumlichkeiten es vermag.<br />

New Work versus Old Fashioned<br />

Vergleichen wir doch mal die Herausforderungen<br />

des Management im Berufsleben mit<br />

einem Barbesuch. Da gibt es eine Menükarte<br />

mit großartigen Getränke-Varianten, die dazu<br />

animiert, mal etwas Neues auszuprobieren,<br />

sein derzeitiges Repertoire zu erweitern. Doch<br />

können die Fragen quälend sein, wie man die<br />

neue Kreation vertragen wird, mit welchen<br />

Folgen man am Tag danach zu rechnen hat und<br />

ob es das Geld auch wirklich wert ist. Instinktiv<br />

greift man schließlich doch zum altbewährten<br />

Cocktail, der zwar keine neuen Geschmackserlebnisse<br />

bringt, jedoch eine gewisse Sicherheit<br />

und Zufriedenheit bietet.<br />

Was jedoch, wenn unserer Begleitung das<br />

Alteingesessene zu langweilig wird, sie gerne<br />

etwas Frisches, noch nie Dagewesenes ausprobieren<br />

möchte? Lässt man sich darauf ein<br />

und stellt am Ende des Abends fest, dass es<br />

durchaus erfolgreich sein kann, das Neue mit<br />

dem Alten zu kombinieren? Nichts Anderes<br />

probieren wissbegierige Führungskräfte jeden<br />

Tag aufs Neue. Ein Unternehmen, das sich über<br />

eine generationsübergreifende Teamstruktur<br />

freut, wird umso erfolgreicher werden können,<br />

je mehr es sich der Bedürfnisse seiner Mitarbeiter<br />

annimmt und flexible Rahmenbedingungen<br />

schafft, die für den einzelnen längerfristig<br />

funktionieren können.<br />

Work around the clock<br />

Egal, ob Beratung, Krisengespräch, Feuerwehr-<br />

Aktionen oder einfach Brainstorming mit<br />

Kollegen: die vergangenen Monate haben uns<br />

erfolgreich gezeigt, dass wir von überall aus so<br />

ziemlich jedes Thema besprechen und virtuell<br />

Probleme lösen können.<br />

In den vergangenen Monaten neu aufgetretene<br />

Arbeitstrends wie „Great Resignation“ werden<br />

nun um den „Quiet Quitter“ ergänzt, welcher<br />

klare Grenzen zwischen Beruf und Privatleben<br />

zieht, Stress reduzieren will und sich vermehrt<br />

der Gesundheit und Freizeit widmen möchte.<br />

Das zieht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit<br />

viele Bewegungen in der Ar-<br />

Fotos: REMG/trovato GmbH<br />

134 ImmoFokus


„Probieren statt Stagnieren: Geben wir jedem Job<br />

die Chance, der schönste unseres Lebens zu werden.<br />

Und wem digitales Nomadentum in der entsprechenden<br />

Lebensphase als optimalere Lösung erscheint,<br />

der darf die gelernte Routine ruhig um neue<br />

Erfahrungen für sich erweitern.“<br />

Anita Körbler,<br />

trovato.immo<br />

beitswelt, die wir gewohnt sind, mit sich, was für beide Seiten – Mitarbeiter wie<br />

Unternehmung – zu vernünftigen neuen Kombinationen führen kann.<br />

Anita Körbler<br />

Managing Partner trovato.immo<br />

Anita Körbler, MA, ist ideenreiche Branchenkennerin<br />

und Managerin mit Herz und Hirn. Körbler kann auf<br />

langjährige Erfahrung in Immobilienunternehmen<br />

sowie exklusive Projekte im öffentlichen Bereich<br />

(PPP) zurückblicken. Berufsbegleitend absolvierte<br />

sie erfolgreich zwei Studien im Bereich Wirtschaft<br />

und Public Communications, zeichnete jahrelang<br />

für verschiedene PropTech-Unternehmen als<br />

Geschäftsführerin verantwortlich und widmet sich<br />

der Beratung und Immobilienvermarktung sowie der<br />

Realisierung von Digitalisierungsprozessen in der<br />

Immobilienbranche.<br />

Viele dynamisch agierende, innovative Unternehmen betrachten Mitarbeiter<br />

als wichtigste Stakeholder – weil der individuelle Mensch zählt. Vertrauen,<br />

Leidenschaft und Wertschätzung sind hier nur ein paar Passwörter zum Einstieg<br />

in eine zufriedenere Arbeitsbeziehung. Zum einen, um Neues entstehen<br />

zu lassen, zum Anderen, um bereits Bestehendes zu verbessern – mit mitdenkenden<br />

Menschen, die ihrer Passion nachgehen können, unabhängig von Zeit<br />

und Ort.<br />

Ein nächster Schritt zum Weiterdenken ist für mich persönlich, sehr gerne permanent<br />

für meine Kunden da zu sein. Nur halt nicht permanent am gleichen<br />

Ort. Natürlich ist die persönliche Kommunikation wichtig. Das lässt sich auch<br />

alles entsprechend timen. Und ja, viele meiner Mentées aus jüngeren Generationen<br />

sehen dem Ausblick auf ein ortsungebundenes Office begeistert entgegen.<br />

Weil uns allen die zündende Idee für den nächsten wirtschaftlichen Erfolg<br />

vielleicht gerade an einem entspannten Samstagnachmittag am See kommt<br />

und wir sie sogleich niederschreiben – nicht, weil es in unserer „Arbeitszeit“<br />

passiert und nicht, weil wir dafür bezahlt werden, sondern vielleicht einfach,<br />

weil wir es genießen, für unseren Arbeitgeber mitzudenken, unser Bestes zu<br />

geben und wir gemeinsam etwas Wunderbares schaffen – eben genau durch<br />

ein frisches Framing. <br />

IMMOBILIENBEWERTUNG.<br />

Warum wir?<br />

Weil wir´s können.<br />

www.reinberg-partner.com<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

135


ImmoFokus.Rubrik<br />

136 ImmoFokus


Illmitzer<br />

Gespräche<br />

31. August - 02. September <strong>2022</strong><br />

Review<br />

„Eat, drink, sleep, repeat…<br />

Heimische Superfoods<br />

Illmitzer Gespräche<br />

Review<br />

Umweltverschmutzung –<br />

kein Thema für die Immo-Branche?<br />

Frühling 2021<br />

137


ImmoFokus.Rubrik<br />

Jetzt schon vormerken:<br />

ILLMITZER<br />

GESPRÄCHE 2023:<br />

30. 8. bis 1. 9. 2023<br />

Autor: Thomas Malloth<br />

U<br />

nsere drei wichtigsten Tage sind vorbei und es hätten<br />

– gefühlt – auch doppelt so viele sein können.<br />

Auch die vierten Illmitzer Gespräche waren wieder<br />

eine Energietankstelle für den vierten „ewigen“<br />

Tag, an dem es wieder ein Jahr lang gilt, alles daran<br />

zu setzen, die großen Fragen Klimawandel, Artenverlust, Bevölkerungsexplosion<br />

und Demokratiemüdigkeit zu diskutieren, thematisieren und<br />

möglichen Lösungen näher zu bringen.<br />

Der Mittwochabend ließ die Tagungsteilnehmer in sehr sanft reflektierender<br />

Art und Weise in die Gespräche hineingleiten. Vielleicht war<br />

gerade dies schon ganz früh ein Garant für die unglaublich gute Atmosphäre<br />

über alle drei Tage hinweg.<br />

Am stärksten Tag der Gespräche – dem Donnerstag – beschäftigten sich<br />

etwa 150 Teilnehmer vor allem mit Fragen rund um die Immobilie. Im<br />

Mittelpunkt standen Fragen nach der Gründung von Energiegemeinschaften<br />

gleichwie – von Peter Holzer referiert – Fragen zum Thema<br />

„Raus aus Gas und Öl“. Das Panel der Bürgermeister fokussierte sich<br />

stark auf die Frage der Flächenbewirtschaftung, das „Pop up“-Modell<br />

der Gemeinde Wolfsberg zum Umgang mit Absiedlung und Leerstand<br />

ließ aufhorchen. Ein Wermutstropfen war, dass trotz mehrfacher Zusage<br />

sowohl der Landeshauptmann – allerdings schon einige Wochen vor den<br />

Gesprächen – als auch seine Stellvertreterin Eisenkopf, diese erst wenige<br />

Stunden vor Beginn der Veranstaltung, ihre Teilnahme absagten. Auch<br />

das Politikerpanel blieb trotz intensiver Bitten seitens des Organisationsteams<br />

ohne sozialdemokratische Beteiligung.<br />

Fotos: REMG, Adobe Stock<br />

138


Immerhin waren aber zwei Abgeordnete zum Nationalrat (Abg.z.NR) und<br />

zwei Landtagsabgeordnete, weiters Frau Staatssekretärin Mag. Kraus-<br />

Winkler, da und stellten sich durchaus kritischen Fragen.<br />

Besonders bemerkenswert war, dass der Abg.z.NR und Präsident der burgenländischen<br />

Landwirtschaftskammer Nikolaus Berlakovich binnen<br />

24 Stunden zusagte und eine bemerkenswerte Keynote an das Forum<br />

richtete.<br />

Sicher waren die beiden Vorträge am Freitag ein abschließendes Highlight:<br />

Christoph Bezemek, Rektor der rechtswissenschaftlichen Fakultät<br />

Graz, beschäftigte sich in einem sprachlichen Feuerwerk mit verfassungsrechtlichen<br />

Fragestellungen, ihm folgend stellte Martin Grassberger eine<br />

Verbindung zwischen dem Boden und unserem Mikrobiom her. Ein<br />

großer Teil des Forums ließ sich dann noch in der biologischen Station<br />

Illmitz – bei herrlich warmem Sonnenschein – Fauna und Flora und deren<br />

Gefährdung rund um den und im Neusiedlersee näherbringen.<br />

Tatsächlich war das Programm der Gespräche samt der abendlichen<br />

Netzwerkveranstaltungen höchst interessant, aber wieder einmal unglaublich<br />

dicht. Als Organisationsteam werden wir in den kommenden<br />

Wochen überlegen, wie wir das Gespräch und den Ideenaustausch besser<br />

in das Forum integrieren können.<br />

Unser Dank gilt an dieser Stelle dem ImmoFokus und seinem Herausgeber<br />

für seine Unterstützung, unser Dank geht aber auch an alle anderen<br />

Sponsoren, ohne die wir unseren Weg zum „Alpbach der Nachhaltigkeit“<br />

nicht gehen könnten. Interessierte können sich schon für kommendes<br />

Jahr anmelden, schreiben Sie einfach eine E-Mail und schauen Sie gelegentlich<br />

auf unsere Homepage, www.illmitzer-gespraeche.at, denn:<br />

Wir haben keine Zeit mehr.<br />

Ihr Thomas Malloth<br />

Prof. Mag. Thomas N. Malloth, FRICS<br />

... ist Jurist und hat sich auf die Bereiche Immobilienbewertung,<br />

Immobilienconsulting, Immobilienverwaltung, und -vermarktung und<br />

auf die Projektentwicklung, v.a. im dichten städtischen Raum, spezialisiert.<br />

Er ist ständiges Mitglied des Bundesdenkmalbeirates und<br />

Lehrbeauftragter an 7 Universitäten. Im November 2016 wurde Prof.<br />

Malloth in den Vorstand des österreichischen Chapters der Royal<br />

Institution of Chartered Surveyors berufen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

139


„Eat, drink,<br />

sleep, repeat…<br />

aber bitte nachhaltig<br />

im Dienste der<br />

eigenen Gesundheit“<br />

Mit heimischen „Superfoods“ das Immunsystem stärken.<br />

Autor: Mag. Dr. Franz Gschiegl<br />

F<br />

ür die Stabilität unseres Immunsystem sind in den anhaltenden<br />

Coronazeiten vier Säulen hauptverantwortlich:<br />

richtige und gesunde Ernährung, regelmäßige<br />

Bewegung im Freien und nach Möglichkeit in der „frischen“<br />

Luft, gesunder und ausreichender Schlaf und<br />

„Seelenheil“ in allen Varianten (Stressvermeidung) …wobei der letzte<br />

Punkt oft am Schwersten umzusetzen ist, weil man meist nicht alleine<br />

dafür verantwortlich ist und daher eine rasche Änderung und Verbesserung<br />

oft nicht so leicht möglich ist.<br />

Zum Thema Ernährung haben nun auch bei uns die „Superfoods“ in<br />

den Regalen einen festen Platz eingenommen. “Superfood“ ist seit<br />

geraumer Zeit ein Marketingbegriff für Lebensmittel, die angeblich<br />

(oder hoffentlich tatsächlich) Gesundheitsvorteile nach sich ziehen.<br />

Durch ihre Aufnahme wird uns mehr Vitalität, Gesundheit, Energie et<br />

cetera versprochen. Exotische Produkte, die oft noch mit einer netten<br />

Story verbunden sind (hin bis zu den Azteken und Inkas), sollen unsere<br />

Lebensgeister wecken und unsere Gesundheit verbessern. Beliebt sind<br />

Ginseng, Kurkuma, Amaranth, Quinoa, Chiasamen, Aroniabeeren aber<br />

auch Avocados, Granatäpfel und anderes. Die jeweiligen Inhaltsstoffe<br />

mögen hier nachweislich einen positiven Beitrag liefern, zumeist gibt es<br />

aber auch ein heimisches Pendant, ein Produkt mit gleichen Wirkstoffen,<br />

aber eben aus Österreich. Wir unterstützen dadurch nicht nur unsere<br />

heimischen Bauern, sondern verbessern auch unsere Ökobilanz, da<br />

die meisten exotischen Lebensmittel mehrere tausend Kilometer gereist<br />

sind und leider sehr oft auch unter miesen Arbeitsbedingungen und bei<br />

massiver Beeinträchtigung der Natur geerntet werden. Der Wasserverbrauch<br />

beim Anbau ist zum Teil enorm und etwa bei Avocados sogar<br />

beängstigend (für ein Kilo 1000 bis 1500 Liter!).<br />

Also Walnüsse statt Cashewnüsse, Leinsamen statt Chiasamen, Karotten<br />

statt Papaya, Heidelbeeren statt Goji-Beeren, Hirse und Hafer statt Quinoa,<br />

Grünkohl statt Granatäpfel und Raps- und Walnussöl statt Kokosöl.<br />

„Richtig“ und nachhaltig trinken…Die heiße Sommerzeit bringt es mit<br />

sich, dass wir sinnvollerweise mehr Getränke zu uns nehmen. Wie viel<br />

Fotos: Adobe Stock<br />

140


wir trinken sollten, was und wann, ist natürlich sehr individuell. Wer<br />

in der prallen Sonne einen Marathon läuft oder eine mehrstündige andere<br />

sportliche Tätigkeit ausübt, im Straßenbau tätig ist oder ähnliches<br />

hat logischerweise eine anderen Flüssigkeitsbedarf als jene, die sich in<br />

einem korrekt klimatisierten Büro kaum bewegen. Einige Grundregeln<br />

gilt es jedoch in jedem Fall zu beachten. Das beginnt damit, dass unser<br />

Körperwasseranteil recht hoch ist und daher auch entsprechend hoch<br />

gehalten werden sollte. Der Idealwert liegt bei erwachsenen Frauen zwischen<br />

45 Prozent und 60 Prozent und bei Männern zwischen 50 Prozent<br />

und 65 Prozent. Ein Flüssigkeitsverlust ab drei Prozent kann bereits zu<br />

Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und in der Folge zu Kreislaufbelastungen<br />

führen. Generell trinken wir zu wenig. Idealerweise sollten wir,<br />

unabhängig von der Jahreszeit, gleich nach dem Aufstehen etwa 0,3-0,5<br />

Liter (Leitungs-)Wasser oder ungezuckerten Tee trinken, allein um den<br />

„automatischen“ Verlust in der Nacht zu kompensieren. Das kann aber<br />

nur ein grober Richtwert sein, es kommt natürlich auf die individuelle<br />

Nacht an. Tagsüber mindestens 1,5 bis zwei Liter zu trinken ist oft nicht<br />

einfach, am besten man stellt sich eine Literkaraffe irgendwo hin, um<br />

den Konsum zu kontrollieren. Was sollten wir nun aus gesundheitlichem<br />

Standpunkt heraus trinken? Wir sind in Österreich in der glücklichen<br />

Lage, überall problemlos mit Leitungswasser versorgt zu sein,<br />

auch wenn hier die Preise zuletzt um 15 Prozent bis 20 Prozent (eher<br />

unbemerkt) gestiegen sind. Kennen Sie eigentlich Ihre Wasserpreise?<br />

Manche Wasserleitungsverbände verrechnen zum Beispiel 1,65 Euro pro<br />

Kubikmeter, also für 1000 Liter, plus Bereitstellungsgebühr. Das könnte<br />

beim Befüllen eines Pools oder Schwimmteiches ein Thema sein, nicht<br />

aber beim Trinken. Wer Soda- oder Mineralwasser bevorzugt, der sollte<br />

aus Umweltgründen auf Sodastream umstellen. Bei Mineralwasser wäre<br />

es wünschenswert, einen Produzenten aus der Region zu bevorzugen.<br />

Gleiches gilt auch etwa für Bier. Viele Getränke sind richtige „Zuckerfallen“,<br />

also nicht nur Kalorienbomben sondern auch bei übermäßigem<br />

Konsum gesundheitsschädlich. Eistee führt hier mit einem Zuckergehalt<br />

von 14 Stück Würfelzucker pro 200 Milliliter die Liste vor den Cola- und<br />

Energiegetränken an, aber auch klassische andere Softdrinks kommen<br />

gleich danach. Am besten man verdünnt „echte“ und hochwertige<br />

Fruchtsäfte mit Leitungswasser oder sucht sich „seine“ Teesorte aus und<br />

kühlt diesen Tee dann ab.<br />

entfernt sein. Das Schlafzimmer sollte so dunkel wie möglich sein, Lichteinflüsse<br />

stören auch während des Schlafes enorm. Elektronische Geräte<br />

haben im Schlafzimmer nichts verloren, auch ausgeschaltete Fernseher<br />

senden belastende Strahlen aus, ganz zu schweigen vom Smartphone<br />

oder Tablet am Nachtkästchen. Das liebgewonnene Smartphone sollte,<br />

wenn man unbedingt auch nächtens erreichbar sein will, mindestens 1,5<br />

Meter von uns entfernt liegen.<br />

Viel zu wenig wird leider auf die Qualität des Bettes geachtet. Es muss ja<br />

nicht gleich das handgefertigte Luxusbett der schwedischen Firma Hästens<br />

um bis zu 40.000 Euro sein, aber ein Naturholzbett (am besten aus<br />

Zirbe), ein optimaler und passender Lattenrost sowie die entsprechende<br />

Matratze, Decke und der Polster sollten keinem Sparprogramm unterliegen<br />

– wir brauchen dies alles ja jede Nacht. Die Schlafdauer, die erwähnten<br />

acht Stunden, dehnen sich individuell auf fünf bis zehn Stunden<br />

aus, und die Schlafzimmertemperatur (18 bis 19 Grad), muss man selbst<br />

wählen. Frischluft ist fein, etwa durch gekippte oder geöffnete Fenster,<br />

dabei ist jedoch auf die Zugluft zu achten um nicht verspannt aufzuwachen.<br />

Als beste Schlafposition gilt die Rückenlage, dabei werden Rücken<br />

und Nacken am meisten entlastet – die Gefahr des Schnarchens ist dann<br />

allerdings höher. Zumeist wird die Seitenlage gewählt, dabei gilt es, ein<br />

kleineres Polster zu verwenden um nicht „abgeknickt“ zu schlafen.<br />

Negative Einflussfaktoren sollte man zwei bis drei Stunden vorm Schlafengehen<br />

meiden, wer sich am späten Abend Horrorfilme während<br />

des Verzehrs einer Pizza Diabolo ansieht, muss vielleicht mit Nachwirkungen<br />

rechnen. Dies gilt auch mit belastenden Problemen aus dem<br />

Berufs- und Privatleben, die nicht auf Knopfdruck aus unserem Gehirn<br />

verschwinden.<br />

„Schlaf mal wieder richtig!“<br />

Ein Drittel unseres Lebens verbringen wir mit Schlafen, gehen wir einmal<br />

von dem medizinisch empfohlenen Durchschnittswert von acht<br />

Stunden pro Tag aus. Gerade in den aktuellen Coronazeiten sollten wir<br />

unser Immunsystem noch mehr als sonst schützen und aufbauen. Neben<br />

den bereits genannten Faktoren zählt auch der Schlaf zu den wichtigsten<br />

Säulen eines stabilen Immunsystems.<br />

Es beginnt mit der optimalen Auswahl des Schlafzimmers (leider oft<br />

vorgegeben), idealerweise ohne Störeinflüsse wie Lärm, Licht oder<br />

schlechter Luft. Die Positionierung der Betten kann man zumindest in<br />

kleinem Rahmen selbst wählen, dabei sollte man etwa darauf achten, ob<br />

Wasseranschlüsse (wie in Bad und Toilette) im Nebenraum vorhanden<br />

sind. Diesfalls sollte der Kopfteil der Betten so weit wie möglich davon<br />

Mag. Dr. Franz Gschiegl<br />

Seit über 40 Jahren Börsen-, Finanz- und Wirtschaftsexperte mit Vorstandspositionen<br />

in der ERSTE-Group. Ständiger Autor im Wirtschaftsmagazin<br />

„GEWINN“. Co-Autor zahlreicher Fachbücher. Jüngst in Alterspension<br />

als konzessionierter Unternehmensberater aktiv. Von Beginn<br />

an im Vorstand des „Nachhaltigkeitsforums Illmitz“ für die Bereiche<br />

Finanzen und Wirtschaft zuständig. Sein Ziel: In unserem „Thinktank“<br />

mitwirken um „etwas zu bewegen“ und einen nachhaltigen „positiven<br />

Footprint“ zu hinterlassen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

141


ImmoFokus.Rubrik<br />

Umweltverschmutzung -<br />

kein Thema für die<br />

Immo-Branche?<br />

Was ist mit dem Umweltschutz? Aktuell stehen Klimawandel und Biodiversitätsverluste als<br />

zentrale Herausforderungen auf der Agenda, auch im Immobilienbereich. Umweltverschmutzung,<br />

spätestens mit dem großflächigen Waldsterben in Folge von saurem Regen als drängendes Problem<br />

wahrgenommen und öffentlich diskutiert, scheint aus dem Fokus geraten zu sein.<br />

Autor: Renate Hammer<br />

V<br />

or allem fossil betriebene Kraftwerke wurden in den<br />

1980er Jahren in die Pflicht genommen. Der Erfolg<br />

schien durchschlagend. Dennoch nennt die EU-<br />

Taxonomieverordnung als Ziel 5 „Vermeidung und<br />

Verminderung von Umweltverschmutzung“ und<br />

formuliert für die Wirtschaftstätigkeit Baugewerbe und Immobilien Kriterien<br />

betreffend die Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen. Wie<br />

steht es um die Umweltverschmutzung generell, wo steht der Gebäudesektor<br />

aktuell in Österreich und welche wesentlichen Beiträge könnten<br />

von der Branche geleistet werden?<br />

Ganz allgemein wird unter Umweltverschmutzung die Verunreinigung<br />

der Umwelt durch den Menschen und seine Aktivitäten verstanden.<br />

Sie zieht Umweltbelastungen durch Abgase, Abwässer, Abfälle,<br />

insbesondere durch giftige Schadstoffe, gegebenenfalls auch Mikroorganismen<br />

sowie durch Strahlung oder Lärm nach sich. Umweltverschmutzung<br />

wirkt oft mittelbar, teils aber auch direkt zuordenbar auf<br />

den Menschen mit oftmals erheblichen Konsequenzen für die Gesundheit.<br />

So führt die Europäische Umweltagentur für 2018 rund 400.000<br />

vorzeitige Todesfällen unter der gesamteuropäischen Bevölkerung an,<br />

die auf Feinstaubbelastungen zurückgehen. 1<br />

Die Hauptemittenten sind die Industrie, der motorisierte Verkehr, aber<br />

auch Heizanlagen. Aus diesem Grund legte die Europäische Union Regelungen<br />

betreffend die Luftreinhaltung, etwa durch Fahrzeuge oder<br />

Feuerungsanlagen, vor – und das durchaus mit Erfolg, wie der Rückblick<br />

auf die vergangenen beiden Dekaden zeigt. 2,3,4 So sind sämtliche betrachteten<br />

Luftschadstoffemissionen seit dem Jahr 2000 rückläufig. 5<br />

Fotos: Adobe Stock<br />

142


Abbildung 1:<br />

Entwicklung der<br />

Schadstoffemissionen<br />

in der EU ab 2000<br />

Per se nachhaltige Aktivitäten zur Vermeidung und<br />

Verminderung von Umweltverschmutzung<br />

Die EU-Taxonomie reiht sich als Finanzinstrument unterstützend<br />

in diese Entwicklung ein. Momentan sind allgemeine Aktivitäten<br />

zur Erreichung des Umweltziels 5 „Vermeidung und Verminderung<br />

von Umweltverschmutzung“ klassifiziert. Zur Klasse 1 der per se<br />

nachhaltigen Aktivitäten 6 zählen Beiträge zur…<br />

• Vermeidung oder, wenn nicht praktikabel, Reduzierung von<br />

Schadstoffemissionen, bei denen es sich nicht um Treibhausgase<br />

handelt, in Luft, Wasser und Boden.<br />

• Verhinderung oder Minimierung der nachteiligen Auswirkungen<br />

von Produktion, Verwendung und Entsorgung von Chemikalien<br />

auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt.<br />

• Beseitigung von Müll und anderer Verschmutzung.<br />

Auch wenn die wesentlichen Luftschadstoffemissionen, abgesehen<br />

von Treibhausgasen, rückläufig sind, besteht speziell auch im Gebäudesektor<br />

weiterhin Handlungsbedarf, da die besonders relevanten<br />

Belastungen durch Feinstaub mehrheitlich auf den Betrieb von<br />

Heizungsanlagen zurückgehen. 7,8<br />

Was genau ist Feinstaub,<br />

und was macht ihn so gefährlich?<br />

Sämtliche luftgetragenen Partikel werden als Schwebestaub bezeichnet.<br />

Oft findet sich die Abkürzung TSP für das englische „Total<br />

Suspended Particulates“. Teilmengen davon mit jeweils kleineren<br />

Teilchen werden ausgewiesen mit PM10 und PM2,5. 9 Die Abkür-<br />

Abbildung 2: Schadstoffemissionen nach Emittenten<br />

1<br />

Vgl.: EU-Umweltbüro im Umweltdachverband; https://www.eu-umweltbuero.at/inhalt/jaehrlich-<br />

400-000-todesfaelle-in-eu-durch-luftverschmutzung [letzte Einsichtnahme 12.08.<strong>2022</strong>]<br />

2<br />

Vgl.: Europäische Union, 1995-<strong>2022</strong>, https://ec.europa.eu/environment/air/index_en.htm [letzte Einsichtnahme<br />

30.03.<strong>2022</strong>]<br />

3<br />

Directive (EU) 2016/2284 of the European Parliament and of the Council of 14 December 2016 on the<br />

reduction of national emissions of certain atmospheric pollutants, amending Directive 2003/35/EC and<br />

repealing Directive 2001/81/EC Document 32016L2284<br />

4<br />

Richtlinie (EU) 2015/2193 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 zur<br />

Begrenzung der Emissionen bestimmter Schadstoffe aus mittelgroßen Feuerungsanlagen in die Luft;<br />

Document 32015L2193<br />

5<br />

European Environment Agency, 2017, Air quality in Europe — 2017 report, https://www.eca.europa.eu/<br />

Lists/ECADocuments/SR18_23/SR_AIR_QUALITY_DE.pdf [letzte Einsichtnahme 30.03.<strong>2022</strong>]<br />

6<br />

Ratsdokument 14970/19 ADD 1 vom 17. Dezember 2019; dort Art. 10 Abs. 1<br />

7<br />

Europäische Union, 2018, Sonderbericht - Luftverschmutzung: Unsere Gesundheit ist nach wie vor nicht<br />

hinreichend geschützt, https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR18_23/SR_AIR_QUALI-<br />

TY_DE.pdf [letzte Einsichtnahme 30.03.<strong>2022</strong>]<br />

8<br />

World Health Organization, 2021, WHO global air quality guidelines, https://apps.who.int/iris/bitstream/<br />

handle/10665/345329/9789240034228-eng.pdf?sequence=1&isAllowed=y, Seite xiii, [letzte Einsichtnahme<br />

30.03.<strong>2022</strong>]<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

143


ImmoFokus.Rubrik<br />

zung PM steht in diesem Zusammenhang für<br />

die englische Bezeichnung von Feinstaub,<br />

„particulate matter“. Der zugeordnete Index<br />

gibt den maximalen Durchmesser der Partikel<br />

mit zehn Mikrometern beziehungsweise 2,5<br />

Mikrometern an. Als Feinstaub werden Partikel<br />

mit einem aerodynamischen Durchmesser<br />

von weniger als zehn Mikrometern bezeichnet.<br />

Diese sind so klein, dass sie beim Einatmen weit<br />

in die Lunge eindringen und sich im Gewebe<br />

ablagern können, was ursächlich für das bereits<br />

angesprochene Gesundheitsrisiko ist. Im<br />

Rahmen der österreichischen Luftschadstoff-<br />

Inventur werden die Feinstaub-Emissionen<br />

daher jährlich als Teil der Berichterstattung<br />

gemäß dem UNECE(Wirtschaftskommission<br />

der Vereinten Nationen für Europa)-Übereinkommen<br />

über weiträumige grenzüberschreitende<br />

Luftverunreinigung 10 sowie der<br />

NEC(Nationale Emissionshöchstmengen für<br />

bestimmte Luftschadstoffe)-Richtlinie erhoben.<br />

11 Nationale Emissionsreduktionsziele<br />

und Immissionsgrenzwert wurden festgelegt<br />

für PM10 mit bis maximal 50 Mikrogramm<br />

pro Kubikmeter als Tagesmittelwert, wobei<br />

maximal 35 Überschreitungen zulässig sind. 12<br />

2019 kam es zu keiner Überschreitung. Für<br />

PM2,5 wurde ein Emissionsreduktionsziel in<br />

Prozent gegenüber dem Basisjahr 2005 von 20<br />

Prozent für 2020 und von 46 Prozent für 2030<br />

festgelegt. 13<br />

Abbildung 3: PM10-Verursacher 2019 in Prozentanteilen<br />

Aktuell zeigt sich in Österreich die folgende Situation:<br />

Der Sektor Kleinverbraucher, welcher<br />

die Raumwärme- und Warmwasserbereitstellung<br />

im Wohnbereich abbildet, emittiert<br />

25,1 Prozent der PM10-Fraktion, was einen<br />

mittleren Anteil bedeutet, sowie 44,65 Prozent<br />

der PM2,5-Fraktion, was den höchsten Anteil<br />

darstellt. 14,15 Der Trend für beide Feinstaubfraktionen<br />

zwischen dem Jahr 2010 und dem Jahr<br />

2014 ist klar rückläufig. Es zeigt sich jedoch,<br />

dass dem deutlichen Rückgang der gesamten<br />

Emissionsfraktionen ein vergleichsweise jeweils<br />

moderater Rückgang des Verursachers<br />

Kleinverbrauch gegenübersteht. 16,17<br />

Abbildung 4: PM2,5-Verursacher 2019 in Prozentanteilen<br />

9<br />

Vgl.: Umweltbundesamt GmbH (Hrsg.); Perl D. et al.; Emissionstrends 1990–2019; Ein Überblick über die Verursacher von Luftschadstoffen in Österreich;<br />

(Datenstand 2021); Rep-0770; 2021; Seite 46.<br />

10<br />

LRTAP-Konvention Convention on Long Range Transboundary Air Pollution; “Genfer Luftreinhaltekonvent”<br />

11<br />

Richtlinie (EU) 2016/2284 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Reduktion der nationalen Emissionen<br />

bestimmter Luftschadstoffe, zur Änderung der Richtlinie 2003/35/EG und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/81/EG<br />

12<br />

Vgl.: Umweltbundesamt GmbH (Hrsg.); Perl D. et al.; Emissionstrends 1990–2019; Ein Überblick über die Verursacher von Luftschadstoffen in Österreich;<br />

(Datenstand 2021); Rep-0770; 2021; Seite 46ff.<br />

13<br />

Vgl.: Emissionsgesetz-Luft 2018 (BGBl. I Nr. 75/2018)<br />

14<br />

Umweltbundesamt GmbH (Hrsg.); Perl D. et al.; Emissionstrends 1990–2019; Ein Überblick über die Verursacher von Luftschadstoffen in Österreich;<br />

(Datenstand 2021); Rep-0770; 2021; Seite 50.<br />

15<br />

Ebenda; Seite 50.<br />

16<br />

Umweltbundesamt GmbH (Hrsg.); Anderl M. et al.; Bundesländer Luftschadstoffinventur 1990 2019; Regionalisierung der nationalen Emissionsdaten<br />

auf Grundlage von EU-Berichtspflichten (Datenstand 2021); Rep-0787; 2021; Seite 255.<br />

17<br />

Ebenda; Seite 253.<br />

Fotos: Adobe Stock<br />

144


Abbildung 5: PM2,5-Entwicklung von 2000 bis 2019 in Österreich gesamt und nach Verursachern in 1.000 Tonnen<br />

Abbildung 6: PM10-Entwicklung von 2000 bis 2019 in Österreich gesamt und nach Verursachern in 1.000 Tonnen<br />

Die Emissionsreduktion von Feinstaub beider Fraktionen im Sektor der<br />

Kleinverbraucher geht auf Veränderungen im Energieträgermix für die<br />

Versorgung der Haushalte zurück. So wirken sich beispielsweise die verstärkte<br />

Anbindung an das öffentliche Erdgas- und Fernwärmenetz, der<br />

Ersatz alter Heizungsanlagen durch hochwertigere neue Technologien<br />

und der Wechsel zu emissionsärmeren Energieträgern, etwa durch den<br />

weitgehenden Ausstieg aus der Energiegewinnung aus Kohle, emissionsdämpfend<br />

aus. 18<br />

Aktivitäten zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen<br />

Der Systematik der EU-Taxonomie entsprechend erfolgt die Einstufung<br />

von Wirtschaftstätigkeiten aber nicht nur in Hinsicht auf Beiträge zur<br />

Erreichung eines Umweltziels, sondern auch auf die Unterlassung erheblicher<br />

Beeinträchtigungen. Mit der Ausformulierung von wesentlichen<br />

Beiträgen explizit für das Baugewerbe und die Immobilienbranche ist<br />

frühestens ab 01. 01. 2023 bei Vorlage weiterer Delegierten Verordnung<br />

zur Taxonomie zu rechnen, jedoch liegen bereits Anforderungen für die<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

145


ImmoFokus.Rubrik<br />

Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen durch den Neubau und bei<br />

Renovierungen vor, die im Folgenden genannt werden sollen. 19 So ist<br />

der Einsatz diverser problematischer Stoffe grundsätzlich zu vermeiden.<br />

Verwiesen wird hier auf bauspezifische EU-rechtliche und -normative<br />

Vorgaben. Festgelegt ist:<br />

• Verwendete Baubestandteile und Baustoffe, mit denen Bewohner<br />

in Berührung kommen können, emittieren weniger als 0,06 Milligramm<br />

Formaldehyd pro Kubikmeter Baustoff oder Bestandteil<br />

und weniger als 0,001 Milligramm andere krebserregende flüchtige<br />

organische Verbindungen der Kategorien 1A und 1B pro Kubikmeter<br />

Baustoff oder Bestandteil. 20<br />

• Die REACH-Verordnung ist umzusetzen. REACH steht dabei für „Registration,<br />

Evaluation, Restriction and Authorisation of Chemicals“.<br />

• Der Einsatz persistenter organischer Schadstoffe, von Quecksilber und<br />

Quecksilbergemischen, von HFKWs und HFCKWs ist zu vermeiden.<br />

Dem kommt besondere Bedeutung zu, da sich die weltweite Produktion<br />

von Chemikalien im Zeitraum von 1950 bis 2000 rund verzwanzigfacht<br />

hat, was zu einer höheren chemischen Belastung der Umwelt und zu<br />

wachsenden Risiken für die menschliche Gesundheit führt. In Reaktion<br />

darauf verpflichtet die REACH-Verordnung der Europäischen Union<br />

Unternehmen, auch jene der Baubranche, zur Kontrolle und zu einem<br />

sicheren Umgang mit sämtlichen zum Einsatz gebrachten Chemikalien.<br />

Die explizit problematischen Stoffe im Sinne der EU-Taxonomieverordnung<br />

werden hier in aller Kürze charakterisiert:<br />

Formaldehyd ist eine organisch-chemische Verbindung mit der Summenformel<br />

CH₂O und der einfachste Vertreter aus der Stoffgruppe der<br />

Aldehyde. Ursprünglich wurde Formaldehyd als Konservierungsmittel<br />

eingesetzt. Aktuell steht die Verwendung als Klebstoffbestandteil etwa<br />

für Holzwerkstoffe im Vordergrund. 2014 wurde Formaldehyd als<br />

krebserregend deklariert. Die maximal zulässigen Emissionen liegen bei<br />

Formaldehyd bei 0,06 Milligramm Formaldehyd pro Kubikmeter Baustoff<br />

oder Bestandteil und bei weniger als 0,001 Milligramm für jegliche<br />

andere krebserregende flüchtige organische Verbindung.<br />

Bei persistenten organischen Schadstoffen, kurz als POPs bezeichnet,<br />

handelt es sich um schwer abbaubare Substanzen, welche sich in Ökosystemen<br />

bis hin zum Menschen selbst anreichern können. Als primäre<br />

Fotos: Adobe Stock<br />

146


Ursache für das Anfallen von POPs gelten unvollständige Verbrennungsprozesse.<br />

Schädigungen des Immun- und Fortpflanzungssystems<br />

können bereits in Folge von geringer Aussetzung auftreten. Dabei gilt<br />

die Langlebigkeit der POPs als besonders problematisch.<br />

Bei Quecksilber, im Periodensystem geführt mit dem Symbol Hg, handelt<br />

es sich um ein giftiges Schwermetall, das durch natürliche, aber<br />

auch industrielle Vorgänge in die Umwelt gelangt. Abhängig von der<br />

Art der Exposition können unterschiedliche gesundheitliche Folgen<br />

eintreten. In der Europäischen Union ist der Abbau von Quecksilber seit<br />

2000 eingestellt.<br />

Bei Kohlenwasserstoffen handelt es sich um chemische Verbindungen<br />

aus den Elementen Kohlenstoff und Wasserstoff. Bei Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffen,<br />

den sogenannten FCKWs, sind alle Wasserstoffatome<br />

eines Kohlenwasserstoffs durch Fluor und Chlor ersetzt, man spricht<br />

von Vollhalogenierung. Bei teilhalogenierten Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffen,<br />

kurz HFCKWs, ist nur ein Teil der Wasserstoffatome ersetzt.<br />

Im Wohnbau können HFCKWs und HFKWs hauptsächlich in Schaumstoffen,<br />

als Kälte- beziehungsweise Wärmeträgermedien in Wärmepumpen,<br />

Klimageräten, Kühlgeräten und –anlagen sowie in Feuerlöschern<br />

vorhanden sein. Aufgrund ihres sehr hohen Treibhauseffekts wurden<br />

diese Stoffe verboten beziehungsweise in ihrem Einsatz weitestgehend<br />

eingeschränkt.<br />

Selbst wenn das Ziel der Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung<br />

komplexe Anforderungen stellt, steht jedenfalls fest:<br />

Aktives Handeln in diesem Sinn dient der Stabilisierung unserer Ökosysteme<br />

und bedeutet letzen Endes Selbstschutz. Man darf also gespannt<br />

sein, welche wesentlichen Beiträge im Zuge der weiteren Ausdifferenzierung<br />

der EU-Taxonomie für das Baugewerbe und die Immobilienbranche<br />

diesbezüglich formuliert werden.<br />

18<br />

Vgl.: Bundesländer Luftschadstoffinventur 1990-2018; Umweltbundesamt GmbH, 2020, Seite 71. https://<br />

www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/rep0746.pdf<br />

19<br />

Anhang der Delegierten Verordnung (EU) .../... der Kommission zur Ergänzung der Verordnung (EU)<br />

2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Festlegung der technischen Bewertungskriterien,<br />

anhand deren bestimmt wird, unter welchen Bedingungen davon auszugehen ist, dass eine Wirtschaftstätigkeit<br />

einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz oder zur Anpassung an den Klimawandel leistet, und<br />

anhand deren bestimmt wird, ob diese Wirtschaftstätigkeit erhebliche Beeinträchtigungen eines der übrigen<br />

Umweltziele vermeidet; Annex 1 Kapitel 7<br />

20<br />

Anmerkung: Kategorie 1A: Stoffe, die bekanntermaßen vererbbare Mutationen in Keimzellen von Menschen<br />

verursachen. Die Einstufung beruht auf positiven Befunden aus epidemiologischen Studien an Menschen.<br />

Kategorie 1B: Stoffe, die bekanntermaßen vererbbare Mutationen in Keimzellen von Menschen verursachen.<br />

Arch. DIin Dr.in Renate Hammer, MAS<br />

...leitet das Institute of Building Research & Innovation. Sie studierte<br />

Architektur und Philosophie in Wien, sowie Urban Engineering in Tokio<br />

und Solararchitektur in Krems. Sie ist als selbstständige Architektin in<br />

der Planung und Forschung tätig und hält einen Lehrauftrag an der<br />

Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz sowie an<br />

der Fachhochschule Campus Wien und unterrichtet einschlägig an der<br />

Arch+Ing Akademie. Sie ist Sprecherin der Plattform Baukulturpolitik,<br />

Mitglied des Beirats für Baukultur im Bundeskanzleramt, des Oxford<br />

Round Table sowie der Deutschen und der Österreichischen lichttechnischen<br />

Gesellschaft. Ihr Arbeits- und Interessenschwerpunkt liegt in der<br />

Umsetzung umfassender Nachhaltigkeit im Bauwesen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

147


ImmoFokus.Rubrik<br />

Ethik der Nachhaltigkeit<br />

Prominent besetztes Podium. Die Diskutanten Kenan Güngör, Markus Scholz, Edith Riether,<br />

Gerhard Weißgrab regten gleich zu Beginn der „Illmitzer Gespräche“ zum Nachdenken an.<br />

A<br />

ls erster inhaltlicher Programmpunkt fand sich ein prominent<br />

besetztes Podium zusammen, um die jeweiligen<br />

Standpunkte zur „Ethik der Nachhaltigkeit“ zu diskutieren:<br />

Kenan Güngör als Experte für Integrations- und Diversitätsfragen,<br />

die Theologin und Präsidentin des Vereins „Initiative Weltethos<br />

Österreich“ Edith Riether, der Gründer und Leiter des „Institute<br />

for Business Ethics and Sustainable Strategy“ Markus Scholz und<br />

der Präsident der „Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft“<br />

Gerhard Weißgrab.<br />

Scholz ging eingangs auf Unternehmen als politische Akteure ein<br />

und stellte fest, dass einerseits die Aufteilung der Verantwortungsbereiche<br />

zwischen Staaten und Unternehmen nicht mehr funktioniere,<br />

andererseits nicht die Verantwortung auf die Konsumenten überwälzt<br />

werden könne. Unternehmen müssten sich daher selbst um ihre politische<br />

Verantwortung kümmern. Für ihn stellte sich vor allem die<br />

Frage, mit wem wir in Zukunft Geschäfte machen wollen.<br />

Riether erläuterte die erst kürzlich ergangene fünfte Weisung des<br />

Weltethos „Ökologische Verantwortung“. Sie kritisierte den verloren<br />

gegangenen Sinn für Gemeinwohl und merkte an, dass Klimawandel<br />

und Umweltverschmutzung auf „Gier“ zurückzuführen seien. Riethers<br />

Ansicht nach müsse ein ethisches Bewusstsein geschaffen werden,<br />

denn Gesetze und Sanktionen alleine würden nicht reichen, da<br />

immer wieder nach Schlupflöchern gesucht werde.<br />

Weissgrab merkte an, dass Ethik mit Kenntnis und Einsicht zu tun<br />

habe und die Komplexität des Themas nicht unterschätzt werden<br />

dürfe. Es herrsche eine gegenseitige Bedingtheit, denn alles stehe in<br />

einer Verbindung und Wirkung zueinander. Es liege somit in unser aller<br />

Verantwortung, genau hinzusehen, welche Folgen unser Handeln<br />

auslöst.<br />

Güngör stellte eine „Remoralisierung“ und „Verethisierung“ der Gesellschaft<br />

in den Raum. Seiner Ansicht nach ging die wirtschaftliche<br />

Entwicklung in den letzten Jahren mit der Ausbeutung von Menschen<br />

und Natur einher. Kritisch meinte er, dass moralisch nicht verkürzt<br />

werden sollte, da zwar schnell ein Konsens bei den Ursachen, wie beispielsweise<br />

Gier, gefunden würde, jedoch bei konkreten Lösungsvorschlägen<br />

die Meinungen stark divergieren.<br />

148


N A C H L E S E<br />

Von A nach B, aber wie?<br />

Vor dem „Wie“ kommt „Warum“. Für Dipl.-Ing. Dr.techn. Harald Frey, Technische Universität<br />

Wien, Forschungsbereich Verkehrsplanung und Verkehrstechnik steht fest: „Um die Frage nach dem<br />

„Wie“ sinnvoll beantworten zu können, ist es entscheidend, über die Ursachen physischer Mobilität zu<br />

diskutieren.“<br />

M<br />

obilität ist immer Ausdruck eines Mangels am Ort und<br />

im Fall der Ortsveränderung mit Mobilitätsaufwand verbunden.<br />

Bevor man sich demnach über die Verkehrsmittelwahl,<br />

also das „Wie“, Gedanken macht, ist es notwendig, über das<br />

„Warum“ zu sprechen. Hinter jedem Weg steht ein Wegezweck: Wege<br />

zur Arbeit, zum Einkaufen, zur Ausbildung, in der Freizeit und so weiter.<br />

Jahrtausende lang waren der öffentliche Raum und das Wachstum<br />

der Stadt- und Siedlungsstrukturen durch den Fußgeher und seine<br />

Geschwindigkeiten geprägt. Die gesamte Entwicklung der Kultur, der<br />

Politik, des Gemeinschafts- und Sozialwesens ist eine des Fußgehers.<br />

Für diese Form der Mobilität liegen zumindest sechs Millionen Jahre<br />

an Erfahrungshorizont vor. 1 Die erprobten Geschwindigkeiten des Fußgängerverkehrs<br />

ermöglichten reale soziale Bindungen und die Identifikation<br />

mit dem Ort als Vorbedingung der Siedlungseinheit, Kultur und<br />

Politik. Die Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raumes war entscheidend<br />

für die Entstehung von demokratischen Grundstrukturen (der politischen<br />

Lebensverfassung) basierend auf diesem Diskurs, dem Schritt<br />

vom Privaten ins Öffentliche. Denn erst in der Öffentlichkeit können<br />

sich die Menschen verwirklichen und entfalten. Die urbane Grundausstattung<br />

der Städte, der ehemalige Dorfplatz mit Brunnen, weist mit<br />

dem Element Wasser als „gemeinschaftsgründende Unentgeltlichkeit“<br />

auf die ursprünglichen Anforderungen und Bedürfnisse der Menschen<br />

hin. 2 Die Straße im verbauten Gebiet dient seit jeher dem Aufenthalt<br />

von Menschen. Neben dem unmittelbaren Verkehrszweck ist der öffentliche<br />

(Lebens-)Raum vorrangig ein Raum des sozialen Austausches.<br />

Er sollte Aufenthalts- und Kommunikationsraum, Erholungs- und<br />

Erlebnisraum sein, Nachbarschaft erfahren lassen und soziale Nähe bieten<br />

sowie ein komplexes Geflecht an unterschiedlichen Nutzungen ermöglichen.<br />

Die ursprüngliche Nutzungsvielfalt des öffentlichen Raums<br />

änderte sich massiv mit der Motorisierung. Während der öffentliche<br />

Verkehr als Massentransportmittel sich aufgrund seiner Effizienz und<br />

Konzentration auf Linien noch einigermaßen in das Stadtgefüge integrieren<br />

konnte, führte der motorisierte Individualverkehr mit seinem<br />

Lärm, Abgasen, Unfällen und Flächenverbrauch bis zum Ende des 20.<br />

Jahrhunderts zu einer Flucht der Menschen aus den Städten und später<br />

auch aus den ursprünglich kompakten Dorfstrukturen. Dörfer und<br />

Siedlungen sind, so wie natürliche Systeme, umso stabiler, je größer<br />

die Vielfalt ihrer Funktionen ist. 3 Diese Vitalität des Organismus Dorf<br />

beziehungsweise Stadt kann nur dann aufrecht erhalten werden, wenn<br />

strukturverträgliche Infrastrukturen dafür sorgen. Die Geschwindigkeiten<br />

des motorisierten Individualverkehrs führen nachweislich zum<br />

Funktionsverlust vieler Ortschaften. 3-5<br />

1<br />

Knoflacher, H.: Fußgeher und Fahrradverkehr, Wien, Böhlau Verlag, 1995<br />

2<br />

Morisch, C.: Technikphilosophie bei Paul Virilio - Dromologie, Ergon Verlag, Würzburg, 2002<br />

3<br />

Amt der NÖ Landesregierung. Gruppe GB/2: Handbuch Gestaltung von Straße und Ortsraum, 1988<br />

4<br />

Knoflacher, H.: Zur Harmonie von Stadt und Verkehr, 2.Auflage, Wien, Böhlau Verlag, 1996<br />

5<br />

Knoflacher, H.: Landschaft ohne Autobahnen, Wien, Böhlau Verlag, 1997<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

149


ImmoFokus.Rubrik<br />

„Atomkraft, ja bitte<br />

oder nein danke?“<br />

Duell auf höchster wissenschaftlicher Ebene. Eine spannende Diskussion mit Univ. Prof., Dr.<br />

phil. Wolfgang Kromp, Physiker und Berater der Regierung auch in Fragen der Atomenergie, und<br />

Mag. Werner Gruber, emeritierter Science Buster und Forschungskoordinator des Burgenland.<br />

U<br />

nter dem Motto „Atomkraft, ja bitte oder nein danke?“ kam es<br />

bei den Illmitzer Gesprächen <strong>2022</strong> zu einem bemerkenswerten<br />

Duell auf höchster wissenschaftlicher Ebene. Das Setting:<br />

Den beiden hochkarätigen Referenten wurde durch den Moderator Gerald<br />

Votava vorgegeben, dass sie jeweils fünf Minuten Zeit haben, ihre<br />

Argumente auszubreiten. Während einer sprach, sollte der andere nur<br />

zuhören und konnte dann in „seinen“ fünf Minuten replizieren. Diese<br />

Form gewährleistet, dass verbale Gewalt unterdrückt werden kann und<br />

das Thema der Debatte in den Vordergrund tritt. In weiten Teilen funktionierte<br />

dieses Vorhaben auch.<br />

Wolfgang Kromp, Physiker und Berater der Regierung auch in Fragen<br />

der Atomenergie, blieb bei seinem Credo: Atomkraft, nein danke! Laut<br />

ihm müsse im Mittelpunkt der Faktor Mensch stehen. Gerade durch<br />

diese Erkenntnis müsse man sich auch<br />

im Klaren darüber sein, dass nur wenige<br />

Menschen auf diesem Planeten<br />

für die gesamte Menschheit über die<br />

wesentlichsten Fragen entscheiden,<br />

und dies sei durchaus eine nicht zu unterschätzende<br />

Fehlerquelle.<br />

Werner Gruber, nunmehr auch Forschungskoordinator<br />

des Burgenlands<br />

und emeritierter Science Buster, argumentierte,<br />

dass man bestehende Kernkraftwerke<br />

weiter betrieben solle, bis<br />

die Fusions- und Speichertechnologie<br />

so ausgereift sei, dass diese letztlich annähernd<br />

unendlich Energie liefern werde.<br />

Freilich bedürfe es aber so rasch als möglich<br />

einheitlicher Sicherheitsmaßstäbe<br />

für das Betreiben von Kernreaktoren.<br />

Kromp konterte mit dem „Vater der<br />

Atombombe“ Edward Teller. Dieser<br />

sagte auf die Frage, wann man mit der<br />

Kernfusion in Betrieb gehen werde: „In<br />

einer Million Jahre“. Das Geld wie auch<br />

die seltenen Erden und Ressourcen seien<br />

nicht vorhanden für diese Technologie,<br />

vielmehr müsse man laut Kromp dieses Geld in Klimaschutzmaßnahmen<br />

investieren. Kromp wörtlich: „Wir hängen an einer Energienadel,<br />

die das Denken ersetzt.“<br />

Gruber ließ sich mit seiner Replik nicht lange bitten: Die Materialfrage<br />

sei gelöst, man könne in der Zwischenzeit aus hochradioaktivem Material<br />

niederschwelliges erzeugen. Natürlich sind Unfälle wie jener in<br />

Tschernobyl fürchterliche Ereignisse, gegen die katastrophalen Folgen<br />

des Klimawandels an sich aber auch abgrenzbare Ereignisse.<br />

Das Setting der beiden Forscher blieb ausgewogen und vor allem wertschätzend.<br />

Für die Zuhörer gab es zwar keine konkrete Antwort und<br />

Handlungsanweisung, das war auch nicht das Ziel. Es wurden Fragen<br />

gestellt, mögliche Antworten aufgezeigt und vor allem das eigene Urteilsvermögen<br />

angekurbelt. Unser Dank gilt den beiden dafür.<br />

150


N A C H L E S E<br />

War‘s das mit dem See?<br />

Naturjuwel Neusiedler See. In welcher Form auch immer gilt es, „das Naturjuwel Neusiedler See<br />

jedenfalls zu erhalten“, meint Landesrat Mag. Heinrich Dorner.<br />

L<br />

andesrat Dorner wurde mit dem provokanten Vortragsthema<br />

„War‘s das mit dem See?“ konfrontiert. Bekanntlich ist der<br />

Neusiedler See in seiner Geschichte bereits mehrmals ausgetrocknet.<br />

Landesrat Dorner verwies auf ernste Diskussionen bereits im<br />

Jahre 2003 – aufkommende starke Niederschläge haben dann leider jedoch<br />

die Dringlichkeit vergessen lassen. Seit über einem Jahr laufen aber<br />

nun zahlreiche Studien und Arbeitskreise dazu, wie man den See und<br />

den gesamten Seewinkel retten könnte. Die Schwierigkeit liegt nach<br />

Dorner darin, dass unterschiedliche und teilweise konträre Interessen<br />

vorgebracht werden.<br />

Tourismus, Natur- und Landschaftsschutz und die Landwirtschaft sind<br />

vordergründig zu nennen. Dadurch, dass Aktionen auch Großteils<br />

mit dem Nachbarland Ungarn abzustimmen sind, vereinfacht sich die<br />

Problematik nicht gerade, wobei hierzu bereits konstruktive Gespräche<br />

laufen. Hauptthema ist die Wasserzuleitung<br />

aus dem Bereich der Donau, die in<br />

Ungarn liegt. Es gilt nun generell, „breit<br />

für konstruktive Vorschläge zu denken“,<br />

meint der Experte.<br />

Es wurde seitens des Landes Burgenland<br />

eine Seemanagement GesmbH<br />

gegründet, wobei dem Schilf- und<br />

Schlamm(Sediments-)-Management<br />

große Bedeutung beikommt. Für den gesamten<br />

Seewinkel gilt es zu hinterfragen,<br />

ob die Kulturen in der Land- und Weinwirtschaft im Lichte der aktuellen<br />

Klimasituation noch passen.In welcher Form auch immer gilt es, „das<br />

Naturjuwel Neusiedler See jedenfalls zu erhalten“.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

151


ImmoFokus.Rubrik<br />

Ausstieg ist machbar<br />

Raus aus Öl und Gas. Um bis 2<strong>04</strong>0 klimaneutral zu werden gilt es, die Energiebereitstellung aus<br />

Wind, Sonne, Wasser und Biomasse zu forcieren und den Verbrauch zu senken, fordert<br />

Dipl.-Ing. Dr. Peter Holzer.<br />

Z<br />

unächst gab Peter Holzer einen Überblick über die größten<br />

Verbrauchern fossiler Energieträger in Österreich. So konsumieren<br />

die produzierenden Betriebe hierzulande aktuell über<br />

ein Drittel des Gases. Der Verkehr braucht deutlich mehr als die Hälfte<br />

an Öl beziehungsweise dessen Derivaten Benzin und Diesel. 32 Prozent<br />

des österreichischen Gesamtenergieverbrauchs können aus nicht-fossilen<br />

Quellen gedeckt werden. Um bis 2<strong>04</strong>0 klimaneutral zu werden gilt<br />

es, die Energiebereitstellung aus Wind, Sonne, Wasser und Biomasse zu<br />

forcieren und den Verbrauch zu senken.<br />

Wie kann im Gebäudesektor zur Erreichung<br />

dieser Ziele beigetragen werden?<br />

• Umstellung von 71.000 Haushalten pro Jahr bis 2<strong>04</strong>0 (195 pro Tag)<br />

• Ersatz fossiler Kessel in 80.000 Haushalten pro Jahr (220 pro Tag)<br />

Aktuell erneuern rund 26.000 Haushalte<br />

pro Jahr (71 pro Tag) ihre Heizanlagen.<br />

Schließlich zeigte Peter Holzer anhand<br />

von praktischen Beispielen, wie die<br />

Umstellung konkret funktionieren<br />

kann – etwa durch Umstellung auf Fernwärme,<br />

Luft- und Erdwärmepumpen oder<br />

Biomasseheizungen – wo Probleme auftreten<br />

können und welche finanziellen<br />

Aufwendungen für die Umstellung einer<br />

Wohnung zu erwarten sind. Sein Fazit: Raus aus Öl und Gas ist schaffbar!<br />

Bürgermeisterforum<br />

Wie wir Umweltziele tatsächlich erreichen. Das Format des Bürgermeisterforums lud<br />

zum Mitdiskutieren und Fragenstellen ein.<br />

A<br />

ls Einstieg wurden Erfolgsgeschichten aus vier österreichischen<br />

Gemeinden von den Verantwortungsträgern vor Ort<br />

vorgestellt. So sprachen: Josef Mathis, Altbürgermeister<br />

der Vorarlberger Gemeinde Zwischenwasser, über Boden als Ressource<br />

und zur gelebten Baukultur - Laura Scherer aus der Verwaltung über<br />

die Bilanzierung des Gemeinwohls in der Vorarlberger Marktgemeinde<br />

Nenzing - Alfred Mayer, Bürgermeister, über St. Stefan-Afiesl in Oberösterreich<br />

als Zukunftsort an der Grenze - Patricia Radl-Rebernig und<br />

Eva Schatz über den Umgang mit Leerstand in Wolfsberg in Kärnten<br />

Viele konkrete Ideen und Handlungsweisen wurden in der von Renate<br />

Hammer moderierten Diskussion ausgetauscht, etwa: „Sei für, nicht<br />

gegen etwas“, „feiere Feste“, „aus der Not kann man Tugenden machen“,<br />

„hol dir Profis von außen“ und „arbeite mit dem, was da ist“.<br />

152


N A C H L E S E<br />

Mehr als nur Kulisse<br />

Grüne Destination. Nach Meinung der Staatssekretärin Mag. Susanne Kraus-Winkler sollte<br />

das Bewusstsein für den Tourismus wieder gestärk werden.<br />

D<br />

ie langjährige Expertin im Österreichischen Tourismus<br />

brachte eine interessante Statusanalyse der Tourismusbranche<br />

in extrem turbulenten Zeiten vor. Etwa in Summe<br />

13 Monate Lockdown verbunden mit den aktuellen Inflationsraten und<br />

vor allem den stark gestiegenen Energiepreisen stellen die Branche vor<br />

große Herausforderungen. Mit 152 Millionen Nächtigungen und etwa<br />

230.000 Mitarbeitern (Zahlen aus 2019) trägt der Tourismus ansehnliche<br />

sieben Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Nachhaltigkeit ist<br />

auch hier ein bedeutendes Thema, aber wegen der Pandemie teilweise<br />

in den Hintergrund gerückt. Nach Meinung der Staatssekretärin sollte<br />

das Bewusstsein für den Tourismus wieder gestärkt und der Gast und die<br />

regionale Bevölkerung als „Gesamtbild“ betrachtet werden. Für die einzelnen<br />

Regionen muss der Mehrwert hierbei klar erkennbar sein. Österreich<br />

sollte sich als „grüne Destination“ verkaufen, „die Natur ist mehr<br />

als nur Kulisse“, meint die Expertin. Alpine Vereine unterstützen bereits<br />

etliche Aktivitäten und sehen sich auch als Naturschutzvereine. Vor Ort<br />

muss die Mobilität verbessert werden, um Anreize für ein öffentliches<br />

An- und Abreisen attraktiv zu gestalten. Neue gewerbliche Tourismusförderungen<br />

und verbesserte Ausbildungsformen sind ebenso gefragt<br />

wie qualitätsvollere Mitarbeiterquartiere und Betriebskindergärten.<br />

Wünschenswert wäre auch eine Integration des Nachhaltigkeitsthemas<br />

in die Österreichwerbung. Für den wichtigen Wintertourismus sind die<br />

Herausforderungen heuer aufgrund der Energiekosten und generell der<br />

höheren Inflationsraten besonders hoch.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

153


ImmoFokus.Rubrik<br />

Anarchie versus<br />

Demokratie<br />

Schaffen wir rechtliche Ressourcen zum Schutz natürlicher.“ Der Dekan der<br />

rechtswissenschaftlichen Fakultät Graz Christoph Bezemek stellte in seinem<br />

Vortrag „Anarchie vs. Demokratie“ die Frage, ob sich die gegebenen realpolitischen<br />

Strukturen überhaupt eignen, um die akute Klimafrage zu bewältigen.<br />

E<br />

ingangs ging Christoph Bezemek auf den normativen Maßstab<br />

unserer Verfassung ein, die sowohl Voraussetzung als auch<br />

Grenze politischen Handelns ist. Auch Erkenntnisse aus der<br />

Staatstheorie wurden behandelt. Er nahm Bezug auf die von Hobbes<br />

formulierten Kernaufgaben des Staates, „Frieden im Inneren“ und „Sicherheit<br />

vor äußeren Bedrohungen“. Bezemek nannte einige konkrete<br />

nationale Normen, wie das Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit.<br />

Im Anschluss führte er über zum von vor allem durch Jefferson<br />

geprägten staatspolitischen Grundsatz des Selbstbestimmungsrechts der<br />

Generationen.<br />

Auch die Thematik der Klimaklagen, die in einigen Ländern bereits erfolgreich<br />

waren, wurde angesprochen. Zusammenfassend müsse im Fall<br />

der Nachhaltigkeit und Umwelt das Recht der Politik vorangehen, und<br />

zwar mit allen zur Verfügung stehenden Instrumenten. Intergenerationelle<br />

Gerechtigkeit im Umgang mit natürlichen Ressourcen eigne sich<br />

nicht für das tagespolitische Geschäft mit seiner Schnelllebigkeit. Bezemeks<br />

Bitte: „Bauen wir auf dem auf, was mutige Vorreiter derzeit in ganz<br />

Europa vor Gerichten einklagen, und schaffen wir rechtliche Ressourcen<br />

zum Schutz natürlicher.“<br />

154


N A C H L E S E<br />

Das leise Sterben<br />

Ernährung, Lebensweise und Landwirtschaft. Im Vortrag von Univ. Prof. Mag. Dr. Dr. Martin<br />

Grassberger wurden viele Themen angesprochen. So zum Beispiel Ernährung, Lebensweise und<br />

Landwirtschaft, und erklärt, wie die unterschiedlichen Themen zusammenhängen.<br />

B<br />

io ist böse, wird in letzter Zeit immer öfter von entsprechenden<br />

Interessenvertretungen propagiert. Was steckt dahinter?<br />

Ein Beispiel, das dabei genannt wird, ist Sri Lanka. Dort wurde<br />

per Verordnung die Landwirtschaft auf „Bio“ umgestellt. Jedoch soll laut<br />

Verordnung nur der synthetische Input weggelassen werden – was noch<br />

keiner regenerativen Landwirtschaft entspricht. Bio-Landwirtschaft hat<br />

mehr Aspekte als das, und die Bauern müssen entsprechend darauf vorbereitet<br />

beziehungsweise geschult werden.<br />

Was tatsächlich stimmt ist, dass in Österreich die Bevölkerung relativ<br />

wenige gesunde Lebensjahre hat, bevor Krankheiten beziehungsweise<br />

körperliche Beschwerden auftreten. Im EU-Durchschnitt sind es 65 gesunde<br />

Lebensjahre, in Österreich unter 60. Wieso ist das so? Genetisch<br />

unterscheiden sich die Bewohner der einzelnen Länder nicht – dementsprechend<br />

müssen also Umwelteinflüsse eine Rolle spielen. Diesen setzen<br />

wir uns mit allem, was wir als Nahrung zu uns nehmen beziehungsweise<br />

mit dem wir in Kontakt treten, aus.<br />

Wichtig ist der Erhalt der Böden<br />

und der Ackerflächen, damit diese<br />

gesund bleiben und effektiv und<br />

effizient genutzt werden können.<br />

Weltweit sind 33 Prozent der Böden<br />

bereits mäßig oder stark degeneriert.<br />

Diese zu verbessern und die<br />

guten Böden zu bewahren, darauf sollte künftig ein Fokus liegen. Das<br />

ist wichtig, damit nicht nur viel Ertrag erarbeitet werden kann, sondern<br />

auch nährstoffreiche Lebensmittel geerntet werden können.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

155


ImFokus<br />

Das vorläufige<br />

Ende der Party<br />

Gamechanger. Nach Jahren des Booms kommen spätestens mit den jüngsten<br />

Zinsanstiegen herausforderndere Zeiten auf die Immobilienbranche zu.<br />

Autor: Patrick Baldia<br />

E<br />

s kam, wie es kommen musste. Im<br />

Juli hat die EZB erstmals seit einem<br />

Jahrzehnt die Zinsen wieder erhöht<br />

– konkret um 50 Basispunkte. Bereits<br />

im September folgte der nächste Zinsschritt, im<br />

Übrigen der größte in der Geschichte der EZB:<br />

Der Leitzins wurde um 0,75 Prozentpunkte auf<br />

1,25 Prozent angehoben. Bereits im Vorfeld der<br />

ersten Zinserhöhung war die Stimmung am<br />

Immobilienmarkt getrübt, was von zurückgehenden<br />

Transaktionsvolumina unterstrichen<br />

wurde. Spätestens ab dem Juli machte sich dann<br />

eine Schockstarre unter Investoren breit. Weder<br />

Käufer noch Verkäufer scheinen sich bewegen<br />

zu wollen.<br />

„Verantwortungsvolle<br />

Investoren und<br />

Risikomanager mussten<br />

spätestens seit 2011<br />

mit einer Zinserhöhung<br />

rechnen.“<br />

Thomas Beyerle,<br />

Catella Real Estate<br />

Ist die Zinsanhebung überraschend gekommen?<br />

Oder zu hoch innerhalb von kurzer Zeit?<br />

Für Thomas Beyerle, Head of Group Research<br />

bei Catella Real Estate, war sie absehbar, erfolgte<br />

im Übrigen aber zu spät. „Verantwortungsvolle<br />

Investoren und Risikomanager<br />

mussten spätestens seit 2011 mit einer Zinserhöhung<br />

rechnen beziehungsweise sie in ihre<br />

Überlegungen miteinbeziehen“, stellt er klar.<br />

„Die, die jetzt jammern, haben ihren Job nicht<br />

gemacht.“ Aber klar ist, dass die Immobilienbranche<br />

damit insgesamt derzeit einiges zu<br />

verdauen hat. „Es ist die Summe an Verschärfungen,<br />

die uns so extrem zusetzt“, bringt<br />

es Oliver Wittke, Hauptgeschäftsführer des<br />

deutschen Zentralen Immobilien Ausschusses<br />

(ZIA), auf den Punkt.<br />

Aber was steht hinter den Zinsschritten? Blicken<br />

wir kurz zurück: Auf den wirtschaftlichen<br />

Einbruch zu Beginn der Corona-Pandemie<br />

folgte eine Erholung, die stärker ausfiel als<br />

erwartet. Zur Erinnerung: 2021 belief sich das<br />

BIP-Wachstum auf 4,6 Prozent nach einem<br />

Minus von fast sieben Prozent im Jahr davor.<br />

Begleitet wurde die Erholung jedoch von pandemiebedingten<br />

Lieferschwierigkeiten und<br />

einem geringeren Arbeitskräfteangebot. Als<br />

dann, wie nach Rezessionen üblich, die Rohstoffpreise<br />

deutlich anzogen, schoss auch die<br />

156 ImmoFokus


Leitzinsen und und Inflation Inflation in Österreich in Österreich ab 1960ab 1960<br />

Inflation EZB-Leitzinsen (in %)<br />

10,0<br />

8,0<br />

6,0<br />

4,0<br />

2,0<br />

0,0<br />

1962 1966 1970 1974 1978 1982 1986 1990 1994 1998 2002 2006 2010 2014 2018 <strong>2022</strong><br />

Quelle: EZB, OeNB<br />

Inflation in die Höhe. Mit dem Ausbruch des<br />

Krieges in der Ukraine explodierten die Energiepreise<br />

regelrecht und die Inflationsraten<br />

stiegen auf zehn Prozent oder mehr.<br />

Rezession über den Winter?<br />

Wie geht es weiter? Stefan Bruckbauer, Chefökonom<br />

der Bank Austria, erwartet in einer<br />

aktuellen Analyse wegen des Rückgangs der<br />

Auslandsnachfrage und des Realeinkommensschocks<br />

über den Winter eine rückläufige<br />

Wirtschaft. „Selbst unter der Annahme, dass<br />

es keine energiebedingten Einschränkungen<br />

gibt“, meint er. Mit besseren Wirtschaftsdaten<br />

und erkennbar sinkender Inflation sei erst<br />

Ende 2023 beziehungsweise Anfang 2024 zu<br />

rechnen. „Die Inflationsraten werden wohl<br />

die zehn Prozent erreichen und auch 2023<br />

kaum die Zwei-Prozent-Marke streifen“, so<br />

Bruckbauer nüchtern. Er glaubt, dass die EZB<br />

ihre Zinserhöhung beschleunigen wird. „Es<br />

besteht die Gefahr, dass sie eher zu viel als zu<br />

wenig tut.“<br />

Zurück zum Immobilienmarkt. Investoren<br />

sprechen von einem kollektiven Abwarten unter<br />

ihresgleichen. Das ist auch nicht verwunderlich,<br />

da die Risiken, die mit der Zinswende<br />

einhergehen, noch nicht so deutlich geworden<br />

sind. Und wenn doch etwas gedreht wird, dann<br />

wurde das schon seit längerem vorbereitet.<br />

Jedenfalls scheint keiner den ersten Schritt<br />

machen zu wollen, um auch ja keinen Fehler<br />

zu machen. Schließlich erwarten die meisten,<br />

dass sich die Preise ändern werden. Da aber<br />

„Die Inflationsraten<br />

werden wohl die zehn<br />

Prozent erreichen und<br />

auch 2023 kaum die Zwei-<br />

Prozent-Marke streifen.“<br />

Stefan Bruckbauer,<br />

Bank Austria<br />

kaum Deals abgeschlossen werden, gibt es<br />

auch keine Evidenz, wohin in dieser Hinsicht<br />

die Reise geht. Einig sind sich Experten darin,<br />

dass sich der Markt künftig rationaler einpreisen<br />

sollte.<br />

Catella-Experte Beyerle beobachtet, dass in<br />

Deutschland beispielsweise die Preise von Einzelhandelsimmobilien<br />

wieder leicht steigen,<br />

während die extremen Anstiege im Logistikbereich<br />

wieder abflachen. Dass es geruhsamer<br />

zur Sache gehe, sei sicher zu begrüßen. Bei<br />

Catella sei man jedenfalls der Auffassung, dass<br />

ein steigendes Zinsniveau eher zu einer Seitwärtsbewegung<br />

der Immobilienpreise führen<br />

werde. Klar sei zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls<br />

nur so viel: Eine Neusortierung der Preise<br />

dauere in der Regel einige Monate. „Was wir<br />

derzeit auch sehen ist, dass Investoren nicht<br />

aus dem Markt raus wollen“, so Beyerle. Kapital<br />

zum Investieren sollte jedenfalls nach wie<br />

vor da sein. Nachsatz: „Bis zum Ausbruch des<br />

Krieges in der Ukraine hat jeder alles gekauft.“<br />

Kursverluste für Immobilienaktien<br />

An der Börse, wo ja bekanntlich die Zukunft gehandelt<br />

wird, befanden sich Immobilienaktien<br />

schon seit längerem im Sinkflug. „Immobilienunternehmen<br />

sind etwas sensitiver, was die<br />

Entwicklung der Zinsen und Anleiherenditen<br />

angeht“, erklärt Erste-Group-Analyst Christoph<br />

Schultes den Hintergrund. Am internationalen<br />

Börsenparkett fielen die Kursverluste<br />

stärker aus. Der IATX, der die an der Wiener<br />

Börse gelisteten Immobilien-AGs zusammenfasst,<br />

hat über die letzten zwölf Monate rund<br />

elf Prozent verloren. Dass das Minus nicht<br />

höher ausfällt, ist wohl auch auf Übernahmephantasien<br />

– Stichwort CPI Property Group<br />

– zurückzuführen.<br />

„Unternehmen werden vorsichtiger und reagieren<br />

auf die steigenden Finanzierungskosten<br />

mit einer Reduzierung der Verschuldungsquote<br />

durch Verkäufe von Assets beziehungsweise<br />

der Verkleinerung der Portfolios. Als<br />

Beispiel führt er die Immofinanz an, die anlässlich<br />

eines Strategie-Updates mitteilte, dass sie<br />

Immobilien im Wert von rund einer Milliarde<br />

Euro verkaufen will. Und wenn viele Unter-<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

157


ImFokus<br />

Zinssatz für für Wohnbaukredite in Österreich<br />

in % p.a.<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

01.09.2016 01.07.2017 01.05.2018 01.03.2019 01.01.2020 01.11.2020 01.09.2021 01.07.<strong>2022</strong><br />

Quelle: OeNB<br />

nehmen Assets auf den Markt werfen, könne<br />

sich das natürlich auf die Preise von Immobilien<br />

auswirken. „Bis jetzt ist davon allerdings<br />

noch nicht viel zu erkennen“, sagt Schultes.<br />

Der Erste-Group-Experte erwartet im Übrigen<br />

keine großen Preisbewegungen. „Gegen starke<br />

Preisrückgänge bei Immobilien sprechen die<br />

gestiegenen Baukosten – sprich Material, Personal,<br />

Energie –, die dazu führen, dass neue<br />

Projekte eingestellt oder verschoben werden“,<br />

sagt er. Das führe wiederum dazu, dass sich<br />

das Angebot an neuen Flächen in den nächsten<br />

Jahren voraussichtlich deutlich reduzieren<br />

werde, und dies sollte die Preise stützen. Etwa<br />

im Bürobereich. „Die Spitzenmiete in Wien<br />

beträgt seit Jahren 26 Euro pro Quadratmeter,<br />

für Entwickler wird es immer schwieriger,<br />

Projekte profitabel zu realisieren“, so Schultes.<br />

Die Konsequenz: Ein niedrigeres Angebot an<br />

neuen Flächen und ein geringerer Leerstand.<br />

Finanzierungen schwieriger<br />

Viele Branchenplayer beklagen, dass es in<br />

den letzten Wochen und Monaten merklich<br />

schwieriger geworden sei, zu Finanzierungen<br />

zu kommen. Das bestätigt auch die vierteljährliche<br />

Umfrage der Österreichischen Nationalbank<br />

(OeNB) unter den führenden heimischen<br />

Banken. Demnach würden der Krieg<br />

in der Ukraine und seine Folgen die Institute<br />

zu verschärften, an die Situation angepassten<br />

„Gegen starke Preisrückgänge bei Immobilien<br />

sprechen die gestiegenen Baukosten.“<br />

Risikoanalysen und zu strengeren Kreditvergabeentscheidungen<br />

veranlassen. Teilweise<br />

hätten sie ihre Kreditangebotspolitik im Unternehmenskundengeschäft<br />

bereits restriktiver<br />

ausgestaltet. Verschärft wurden auch die<br />

Richtlinien für private Wohnbaukredite. Laut<br />

OenB rechnen die Banken im dritten Quartal<br />

mit weiteren Verschärfungen sowie mit einem<br />

Rückgang der in den letzten Jahren sehr kräftigen<br />

Nachfrage nach Wohnbaukrediten.<br />

Wie schaut‘s am heimischen Immobilienmarkt<br />

aus? Auch im ersten Halbjahr <strong>2022</strong> waren<br />

die Preise von Eigentumswohnungen und<br />

-häusern gestiegen, wie aus dem Marktbericht<br />

Christoph Schultes,<br />

Erste Group<br />

<strong>2022</strong> von Engel & Völkers hervorgeht. Für das<br />

Gesamtjahr wird in Summe mit Preiszuwächsen<br />

im höheren einstelligen Prozentbereich<br />

gerechnet. 2023 sei aufgrund der erschwerten<br />

Finanzierungsbedingungen und gestiegenen<br />

Zinsen generell eine Abflachung der Preiszuwächse<br />

zu erwarten, so Sylvia Verdorfer,<br />

Engel & Völkers-Gebietsleiterin für Österreich.<br />

„Was letztlich eine Rückkehr zu einem ausgeglichenen<br />

Immobilienmarkt mit gesunden<br />

Verhältnissen führen wird“, sagt sie. In den<br />

beliebtesten Lagen des Landes sei allerdings<br />

weiterhin mit Preissteigerungen und einem<br />

Nachfrageüberhang zu rechnen. Die nächste<br />

Party kommt bestimmt.<br />

158 ImmoFokus


ImmoFokus.Rubrik<br />

Glücklich wohnen<br />

heißt, jungen Ideen<br />

Raum zu geben!<br />

Gerade jetzt ist ein Zuhause zum Wohlfühlen<br />

für uns alle von großer Bedeutung!<br />

Umfassende Projektentwicklung und die<br />

Einbindung neuer, außergewöhnlicher<br />

Wohnkonzepte schaffen Lebensräume,<br />

in denen sich jeder entfalten kann.<br />

Besuchen Sie uns auf der<br />

EXPO REAL München, 4. bis 6. 10. <strong>2022</strong><br />

Stand Nr. B2.110 am Österreich Stand<br />

159 ImmoFokus<br />

buwog.at


ImFokus<br />

„Die Preise müssen<br />

sich entspannen“<br />

Felsen in der Brandung. Die drei größten heimischen Publikums-Immobilienfonds haben bereits so manche<br />

Krise gemeistert. Auf Einladung des ImmoFokus erklärten die Verantwortlichen Peter Czapek (Bank Austria<br />

Real Invest Immobilien KAG), Peter Karl (ERSTE Immobilien KAG) und Louis Obrowsky (LLB Immo KAG), was<br />

dahintersteht und wie sie das aktuelle Umfeld wahrnehmen.<br />

Das Gespräch führte: Patrick Baldia<br />

160 ImmoFokus


„Eigentlich ist unser<br />

Business unsexy, über die<br />

Laufzeit unauffällig, aber<br />

dafür nachhaltig gut für<br />

die Anleger.“<br />

Peter Czapek,<br />

Bank Austria Real Invest<br />

Beide wurden gut überstanden – selbst<br />

während der Coronakrise hat sich die Vermietungssituation<br />

nicht wesentlich geändert.<br />

Man hat also gesehen: Mittel- und langfristig<br />

haben sich Immobilienfonds als Beimischung<br />

bewährt. Ich kann jetzt nur für unser Portfolio<br />

sprechen; das ist so alt, so breit aufgestellt. Da<br />

ist eine enorme Stabilität drinnen. Das haben<br />

die Anleger gesehen, weshalb sie uns weiterhin<br />

ihr Vertrauen schenken.<br />

Trotz Zinserhöhung haben heimische<br />

offene Immobilienfonds zuletzt weitere<br />

Zuwächse verzeichnet. Woran liegt das?<br />

Ist der Glaube an Sachwerte hierzulande<br />

unerschütterlich? Oder war der Zinsanstieg<br />

nicht hoch genug?<br />

Louis Obrowsky: Das ist eine berechtigte Frage.<br />

Tatsächlich haben wir heute eine gänzlich<br />

andere Situation als vor neun Monaten.<br />

Langfristig betrachtet sind Immobilienfonds<br />

sicherlich eines jener Instrumente, das<br />

sich für fast alle wirtschaftlichen Szenarien<br />

eignet. Insbesondere Inflationsszenarien, weil<br />

Immobilienfonds aufgrund der großen Nähe<br />

zum Real-Asset-Markt einen Inflationsschutz<br />

eingebaut haben. Dieser ist zwar nicht auf<br />

einen Zeitraum von sechs oder zwölf Monaten<br />

gegeben, aber langfristig, also über fünf<br />

oder mehr Jahre, sehr wohl. Das könnte die<br />

jüngsten Zuwächse erklären.<br />

Peter Czapek: In den vergangenen 20 Jahren<br />

habe wir zwei Krisen erlebt: die Finanzkrise<br />

2008/09 und die Covid-Pandemie ab 2020.<br />

Herr Karl, würden Sie das auch<br />

unterschreiben?<br />

Peter Karl: Ich bin völlig bei den Kollegen.<br />

Unsere Fonds sind durch die Bank konservativ<br />

aufgestellt. Zu den Fonds der Erste Immobilien<br />

KAG kann ich sagen: Wir wurden immer sehr<br />

konservativ bewertet und haben alle Krisen<br />

relativ unbeschadet überstanden. Deswegen<br />

bin ich zuversichtlich, dass wir auch künftige<br />

Krisen hinter uns bringen werden. Qualität<br />

setzt sich am Ende durch, und das wird auch<br />

diesmal der Fall sein.<br />

Peter Czapek: Ich glaube, was die österreichischen<br />

Publikums-Immobilienfonds auch<br />

auszeichnet, und wir drei sind ja für 80 bis 85<br />

Prozent des Marktvolumens verantwortlich,<br />

ist, dass wir nicht laut jubeln, wenn es uns gut<br />

geht, oder klagen, wenn das Gegenteil der Fall<br />

ist. Wir sind einfach weiter aktiv und beherrschen<br />

unser Geschäft. Eigentlich ist unser<br />

Business unsexy, über die Laufzeit unauffällig,<br />

aber dafür nachhaltig gut für die Anleger.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

161


ImFokus<br />

„Für Retail-Anleger<br />

gibt es in Österreich<br />

im Low-Vola-Bereich<br />

kein vergleichbares<br />

Alternativprodukt.“<br />

Peter Karl,<br />

ERSTE Immobilien KAG<br />

Obrowsky: Lassen Sie mich zwei Zahlen zu<br />

unserem Retail-Portfolio nennen, damit Sie<br />

sehen, wie langweilig unsere Ausrichtung ist:<br />

Wir haben einen Vermietungsgrad von 96 Prozent<br />

und eine durchschnittliche Restlaufzeit<br />

der Mietverträge von 10,2 Jahren. Deshalb ist<br />

es uns auch nicht wichtig, zehn oder zwanzig<br />

Cent bei der Miete auszureizen, sondern mit<br />

den Mietern ein partnerschaftliches Verhältnis<br />

zu pflegen im Sinne langfristig stabiler und<br />

planbarer Cashflows.<br />

Peter Karl<br />

ist CEO der ERSTE Immobilien KAG. Sein ERSTE IMMOBILIENFONDS (Volumen: 2,5 Milliarden<br />

Euro) ist in Wohn- (71 Prozent), Büro- (22 Prozent) und Geschäftsimmobilien (7<br />

Prozent) in Österreich (76 Prozent) und Deutschland (24 Prozent) investiert. Seit dem<br />

Fondsstart 2008 lukrierten Anleger eine jährliche Performance von 2,65 Prozent. 2016<br />

legte die Erste Immobilien KAG mit dem ERSTE RESPONSIBLE IMMOBILIENFONDS den<br />

ersten nachhaltig-orientierten Publikums-Immobilienfonds des Landes auf.<br />

Wie schätzen Sie die Gefahr ein, dass<br />

doch mehr Kapital abgezogen wird als<br />

Sie erwarten?<br />

Karl: Klar ist, dass wir Abflüsse sehen werden.<br />

Wir beobachten die Kapitalflüsse in unseren<br />

Fonds auch sehr genau. Bislang war aber<br />

nichts Außergewöhnliches auszumachen.<br />

Wie Herr Czapek richtig gesagt hat, sind<br />

offene Immobilienfonds ein Beimischprodukt.<br />

Und selbst bei steigenden Zinsen sollte<br />

ein gewisser Real-Estate-Anteil in keinem<br />

vernünftigen Portfolio fehlen. Dazu kommt,<br />

dass es für Retail-Anleger in Österreich<br />

im Low-Vola-Bereich kein vergleichbares<br />

Alternativprodukt gibt, das man selbst Kapitalmarktneulingen<br />

guten Gewissens empfehlen<br />

kann. Ich sehe daher keine Gefahr, dass wir<br />

netto verlieren werden. Es muss uns allen aber<br />

bewusst sein, dass die Zeiten des sehr starken<br />

Wachstums vorbei sind. Wir werden uns in<br />

Zukunft etwas mehr bemühen müssen, wenn<br />

wir neue Anleger gewinnen wollen. Auch weil<br />

es im Fixed-Income-Bereich wieder positive<br />

Zinsen gibt.<br />

Obrowsky: Natürlich gibt es auch bei uns<br />

Abflüsse. Es gibt uns ja auch seit mehr als 17<br />

Jahren und vielleicht möchte der eine oder<br />

andere, der seit längerem dabei ist, in etwas<br />

anderes investieren oder sich ein Konsumgut<br />

leisten. Sicher werden auch neue Investoren<br />

überlegen, ob sie nicht stattdessen lieber ein<br />

klassisches Substitutionsprodukt wie etwa die<br />

zehnjährige österreichische Bundesanleihe<br />

kaufen sollen. Drei Prozent Kupon sind ein<br />

gutes Argument für die Anleihe.<br />

Müssen Anleger heuer für das Gesamtjahr<br />

mit etwas weniger Performance rechnen?<br />

Karl: Fairerweise lässt sich das nicht genau<br />

sagen. Es gibt ja am Markt derzeit kaum<br />

Transaktionen als Evidenz. Klar ist, dass wir<br />

162 ImmoFokus


ei steigenden Zinsen in manchen Segmenten,<br />

insbesondere in den schwächeren Lagen auch<br />

steigende Yields sehen könnten. Die Erträge<br />

aus den Portfolien sind zwar zum Teil oder<br />

auch komplett vor Inflation geschützt. Aber<br />

natürlich müssen sich sowohl die privaten<br />

Wohnungsmieter als auch die gewerblichen<br />

Mieter die indexierten Mieten auch einmal<br />

leisten können. Vielleicht wird es daher zu<br />

punktuell zu keinen nominellen Mieterhöhungen<br />

kommen. Hilfreich ist sicher, dass<br />

wir Liquidität nicht mehr zu negativen Zinsen<br />

veranlagen müssen. Insgesamt erwarte ich<br />

aber keine Renditerückgänge.<br />

Czapek: Als mündelsicherer Fonds haben<br />

wir natürlich genaue Vorgaben, wie wir zu<br />

veranlagen haben, und haben daher auch<br />

Anleihen im Portfolio. Deren Kurse haben<br />

heuer nachgegeben, was sich natürlich auch<br />

in unserer Performance niederschlägt, aber<br />

nicht gravierend. So geht es aber allen, die in<br />

Fixanleihen investiert haben. Wichtig ist nur,<br />

dass man das den Kunden auch entsprechend<br />

kommuniziert.<br />

„Wichtig ist ein partnerschaftliches Verhältnis<br />

mit den Mietern im Sinne langfristig stabiler<br />

und planbarer Cashflows.“<br />

Louis Obrowsky,<br />

LLB Immo KAG<br />

Obrowsky: Auch wir halten in sehr geringem<br />

Umfang Anleihen, was die Performance<br />

heuer belastet. Aber insgesamt hat sich der<br />

LLB Semper Real Estate <strong>2022</strong> bislang sehr gut<br />

entwickelt, besser als in den vergangenen<br />

beiden Jahren. Das liegt daran, dass wir keine<br />

Belastungen mehr verdauen müssen, die<br />

auf die behördlichen Betretungsverbote<br />

während der Corona-Lockdowns zurückgehen.<br />

Bei uns kommt die Performance ja aus der<br />

Vermietung. Und da wir auch die Covid-Zeit<br />

dazu genutzt haben, im Gegenzug für die<br />

mietfreie Zeit, die wir den Mietern gegeben<br />

haben, die Verträge zu verlängern, bin ich sehr<br />

zuversichtlich, dass wir keinesfalls Rückgänge<br />

sehen werden. Aber natürlich hat Herr Karl<br />

recht, wenn er in den Raum stellt, ob sich<br />

alle Mieter die Indexierung der Mietverträge<br />

leisten werden können. Ob wir wieder Arrangements<br />

treffen werden müssen, werden wir<br />

erst 2023 sehen.<br />

Ihre Fonds sind schon sehr lange am<br />

Markt. Daher besitzen Sie sicher auch<br />

Gebäude, die in die Jahre gekommen sind.<br />

Wie gehen Sie damit um? Nicht zuletzt,<br />

weil ja aus ESG-Gründen Abwertungen zu<br />

erwarten sind…<br />

Karl: Aus diesem Grund verkaufen wir auch<br />

regelmäßig Gebäude, von denen wir der<br />

Meinung sind, dass sie mit vernünftigen<br />

Investitionen nicht auf einen entsprechenden<br />

Standard zu bringen sind. Erst vor wenigen<br />

Wochen haben wir so ein Objekt, eine Büroimmobilie<br />

in Hamburg, verkauft. Vielleicht wird<br />

auch die aktuelle Energiekostenkrise dazu<br />

beitragen, dass dieser Trend beschleunigt wird.<br />

Czapek: Klar ist, dass wir beim Thema ESG<br />

erst am Beginn der Reise sind. Wir können<br />

nicht über Nacht ein zu hundert Prozent<br />

grüner Fonds werden. Das ist bei unserem<br />

über Jahrzehnte gewachsenen Portfolio auch<br />

nicht möglich. Beim Neugeschäft sind wir<br />

hingegen seit drei Jahren vollkommen auf<br />

Nachhaltigkeit ausgerichtet. Aktuell sind<br />

wir gerade dabei, den Bestand zu analysieren.<br />

Gleichzeitig haben wir in den letzten Jahren,<br />

als es praktisch keine Zinsen gab, sehr viel<br />

in den Bestand investiert. Unmittelbaren<br />

Verkaufsdruck haben wir insgesamt also nicht.<br />

Was Zukäufe betrifft glauben wir, dass sich<br />

in dem Bereich, in dem wir uns bewegen, in<br />

dem es um Summen um die 150 Millionen<br />

Euro geht, in den kommenden 24 Monaten am<br />

Markt sehr viel tun wird. Wir gehen davon aus,<br />

dass der Markt zu uns kommen wird.<br />

Obrowsky: Im Publikumsfonds-Bereich können<br />

wir nicht von einer Minute auf die andere<br />

nachhaltig sein. Auch weil es den Fonds seit<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

163


ImFokus<br />

Peter Czapek<br />

Der CEO der Bank Austria Real Invest verantwortet den 4,44 Milliarden Euro<br />

schweren Real Invest Austria, den größten heimischen Publikums-Immobilienfonds.<br />

Investiert wird ausschließlich in Österreich. Aktuell setzt sich das Portfolio zu<br />

80 Prozent aus Wohnen und Infrastruktur und zu 20 Prozent aus Gewerbeimmobilien<br />

zusammen. Seit dem Fondsbeginn 2003 erzielte der Real Invest Austria eine<br />

jährliche Performance von 3,23 Prozent.<br />

17 Jahren gibt. Wir haben aber einige Prozesse<br />

entsprechend umgestellt und alle Neuinvestitionen<br />

sind selbstverständlich nachhaltig, wie<br />

etwa die bisher größte Investition für den LLB<br />

Semper Real Estate: die Neuentwicklung des<br />

Tlapa-Kaufhauses in Wien-Favoriten, die wir<br />

ÖGNI Platin zertifizieren lassen werden, um<br />

EU-Taxonomie und ESG-Richtlinien Rechnung<br />

zu tragen.<br />

Ansonsten haben auch wir das Portfolio<br />

gescreent und es in drei Töpfe unterteilt: Objekte,<br />

die strengen Nachhaltigkeitskriterien entsprechen,<br />

solche, die wir sanieren und zu einer<br />

nachhaltigen beziehungsweise nachhaltigeren<br />

Immobilie machen können, und Gebäude, bei<br />

denen das aus unserer Sicht nicht möglich ist.<br />

Von solchen Objekten haben wir uns schon<br />

getrennt oder werden wir uns trennen.<br />

Sind Sie aktuell auf der Käuferseite?<br />

Karl: Also ich muss sagen: Wir haben gerade<br />

sehr viel am Tisch, eine große Pipeline<br />

abzuarbeiten. Ich könnte nicht sagen, dass uns<br />

irgendwie Produkte fehlen. Natürlich muss<br />

man fairerweise sagen, dass es sich dabei in<br />

vielen Fällen um Transaktionen handelt, die<br />

sich schon länger angebahnt haben oder<br />

die bereits in Verhandlung sind. Auf der<br />

Käuferseite versuchen wir selbstverständlich<br />

dort, etwas nachzuverhandeln, wo wir es<br />

als erfolgversprechend einschätzen. Man<br />

darf nicht vergessen: Je weiter weg von der<br />

Top-Lage, desto wahrscheinlicher sind künftig<br />

Renditeaufschläge.<br />

Czapek: Nachdem wir im Vorjahr um 200<br />

Millionen Euro zugekauft haben, werden es<br />

heuer um die 240 Millionen Euro sein. Da<br />

sind teilweise Projekte dabei, die schon lange<br />

vorbereitet wurden.<br />

Obrowsky: Wir sind in der glücklichen Lage,<br />

dass wir heuer bereits große Objekte in Wien<br />

und Berlin erworben haben, und sind daher<br />

relativ entspannt. Aber tatsächlich gibt es<br />

derzeit im Gewerbeimmobilien-Bereich<br />

spannende Sachen, die wir prüfen. Auch wir<br />

glauben im Übrigen, dass nach der Jahreswende,<br />

ab dem ersten Quartal 23,<br />

viele interessante Möglichkeiten kommen<br />

werden.<br />

Rechnen Sie mit etwas Entspannung bei<br />

den Preisen?<br />

Czapek: Auf jeden Fall. Es wird auch so sein<br />

müssen. Ich glaube, wir merken es alle, dass<br />

man derzeit länger für die Vollvermietung<br />

eines Gebäudes braucht als früher, weil<br />

sehr viel gebaut wird. Man muss realistisch<br />

sein: Wer kann sich eine Miete von 13 Euro<br />

leisten? Dazu kommen ja noch Betriebskosten<br />

und Heizung. Das geht sich vielfach nicht<br />

aus, da gibt es eine Grenze. Vor allem wenn<br />

man sich anschaut, wieviel der Durchschnitt<br />

verdient. Da ist es unverhältnismäßig,<br />

welche Mieten mancherorts verlangt werden.<br />

Da ist es ganz gut, dass weitergebaut wird.<br />

Und ich muss sagen: Bei gewissen Preisen<br />

164 ImmoFokus


Louis Obrowsky<br />

ist Geschäftsführer der LLB Immo KAG. Mit seinem LLB Semper Real Estate (Volumen:<br />

1,16 Milliarden Euro) deckt er die Assetklassen Büro (35,59 Prozent), Einzelhandel<br />

(23,84 Prozent), Hotel (22,59 Prozent), Logistik (10,20 Prozent) und Wohnen<br />

(3,86 Prozent) ab. Investiert wird ausschließlich in Deutschland (63,10 Prozent) und<br />

Österreich (36,90 Prozent). Anlegern bescherte der Fonds seit dem Start 20<strong>04</strong> ein<br />

jährliches Plus von 2,19 Prozent.<br />

können wir die Projekte gar nicht erwerben.<br />

Schließlich muss man ja aufgrund des<br />

Immobilienfondsgesetzes eine Bewertung<br />

vorlegen, die bestätigt, dass ein bestimmter<br />

Preis unter den aktuellen Rahmenbedingungen<br />

am Markt gerechtfertigt ist.<br />

Karl: Ich kann mich da beiden Herren nur<br />

anschließen. Ich würde dazu noch gerne eine<br />

Besonderheit am Wiener Markt ansprechen.<br />

Wir haben schon immer darauf hingewiesen,<br />

dass zwar sehr viel Wohnraum produziert<br />

wird, allerdings wird am Bedarf vorbei gebaut.<br />

Also der Zuschnitt der Wohnungen und das<br />

ganze Set-Up sind ganz eindeutig auf den<br />

Geschmack des typischen Wohnungsinvestors<br />

zugeschnitten. Was am Mietermarkt nachgefragt<br />

wird, wird leider außer Acht gelassen.<br />

Da muss es zu einer Preisanpassung kommen,<br />

weil am Ende des Tages diese Wohnungen<br />

auch vermietet werden. Aber halt nicht um<br />

die 13, 14, 15 Euro, von denen manche träumen.<br />

Nehmen Sie derzeit unbeschränkt<br />

Investorengelder an?<br />

Obrowsky: Ja, der Publikumsfonds ist jederzeit<br />

offen. Bei den institutionellen<br />

Produkten haben wir ein Capital-Call-System,<br />

das heißt, dort verpflichtet sich der<br />

institutionelle Anleger für einen Zeitraum<br />

von 24 oder 36 Monaten, Betrag X zu<br />

investieren, und das Geld wird abgerufen,<br />

wenn eine Neuinvestition unmittelbar<br />

bevorsteht.<br />

Karl: Beim ERSTE IMMOBILIENFONDS war<br />

eine Tranche bis zum 9. September offen.<br />

Die ist sehr gut gelaufen. Seit dem zwölften<br />

September ist eine Tranche des ERSTE<br />

RESPONSIBLE IMMOBILIENFODNS offen.<br />

Ob wir angesichts der veränderten Rahmenbedingungen<br />

beim Tranchenmodell bleiben,<br />

lasse ich mal dahingestellt. Der Grund,<br />

wieso wir es überhaupt eingeführt haben, ist<br />

aber klar: der enorme Run auf das Produkt<br />

innerhalb kürzester Zeit hat es für uns<br />

unmöglich gemacht, mit der entsprechenden<br />

Geschwindigkeit zu investieren. Aber da der<br />

Andrang nach unseren Erwartungen zurückgehen<br />

sollte, kann ich mir durchaus vorstellen,<br />

dass wir beide Publikumsfonds auch durchgehend<br />

geöffnet lassen können.<br />

Herr Czapek, Ihre Fonds waren<br />

immer offen?<br />

Czapek: Unsere Fonds waren nie geschlossen,<br />

sondern auch in Krisenzeiten<br />

stets in beide Richtungen offen. Als ich zur<br />

Real Invest gekommen bin, ist der Vertrieb<br />

ja über alle Banken gelaufen. Und wir hatten<br />

auch zu viele Zuflüsse, etwa phasenweise<br />

350 bis 400 Millionen Euro. Das mussten wir<br />

einbremsen. Als Hauptvertriebspartner ist<br />

schließlich die Bank Austria geblieben.<br />

Da besteht natürlich eine laufende<br />

Kommunikation und enge Abstimmung, wie<br />

unsere Pläne aussehen. Und und das funktioniert<br />

gut. Darum haben wir bis heute kein<br />

Kaufschlusssystem eingeführt.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

165


ImFokus<br />

Kreislauffähige<br />

Arbeitswelten<br />

Round Table. Ausstatter, Planer und Entwickler diskutierten auf Einladung von Drees & Sommer<br />

Österreich und ImmoFokus über die Kreislaufwirtschaft in den Arbeitswelten.<br />

Autor: Lisa Grüner<br />

D<br />

a die Bauwirtschaft ein großer<br />

Ressourcenverbraucher ist, steht<br />

sie derzeit vor großen Herausforderungen.<br />

Aus diesem Grund hat<br />

Drees & Sommer Österreich sechs Diskutanten<br />

zu einem Round Table geladen, um einen Status<br />

quo, aber auch einen Weg in die Zukunft zu erarbeiten.<br />

Der erste zu Wort kommende Diskutant<br />

des Round Tables zu kreislauffähigen Arbeitswelten<br />

war Andreas Bauer von Knauf. Für den<br />

Gipskartonhersteller Knauf ist das Thema Nachhaltigkeit<br />

vor allem hinsichtlich der kommenden<br />

Deponieverordnung 2026 spannend. „Seit den<br />

1990er-Jahren betreiben wir eine Recyclinganlage“,<br />

so Bauer. „Der Baustoff Gips kann gut in den<br />

Kreislauf rückgeführt und neu aufbereitet werden,<br />

was ein großer Vorteil für Cradle-to-Cradle<br />

„Wir brauchen dringend<br />

Material. Urban Mining<br />

wird zunehmend zum<br />

Thema.“<br />

Andreas Bauer,<br />

Knauf<br />

ist.“ Bauer sieht hier Österreich als Pionier.<br />

Herausfordernd ist jedoch die sortenreine Rückbauung.<br />

„Es braucht eine exakte Trennung, eine<br />

Norm, ein Sammelsystem, einen Trennleitfaden,<br />

eine Aufbereitungsanlage“, betont Bauer, denn<br />

derzeit werde viel zu wenig Gips gesammelt. Die<br />

Realität ist, dass es beim Abbruch große Container<br />

gibt, in die alles hineingeworfen wird. „Hier<br />

muss sich noch viel ändern“, so Bauer. „Je mehr<br />

nur mehr verschraubt und je weniger verklebt<br />

wird, desto mehr können wir recyceln.“<br />

Knauf versucht, bereits in der Produktion Ressourcen<br />

zu schonen. „Wir produzieren in Weißenbach<br />

mit Naturgips, den wir mit synthetischen<br />

Gipsen mischen“, erklärt Bauer. „Bei<br />

Kohlekraftwerken oder bei der Herstellung<br />

166 ImmoFokus


„Wir haben einen hohen<br />

Bedarf an Kommunikation<br />

und am gemeinsamen<br />

Erarbeiten von Lösungen.“<br />

Markus Hammer,<br />

Girsberger<br />

„Wir müssen uns alle gemeinsam etwas überlegen, wie<br />

Komponenten ausgetauscht oder recycelt werden können.“<br />

von Zitronensäure entsteht Gips. Diese lassen<br />

wir größtenteils mit der Bahn anliefern. In der<br />

Produktion mischen wir dann mehrere Gipse“,<br />

so Bauer. „Würden wir diese Gipse nicht verwenden,<br />

kämen sie auf die Deponie. Wir reden<br />

da von etwa 50 Prozent der Menge.“<br />

Wie begegnet ein international tätiger Büromöbelhersteller<br />

wie Bene dieser Thematik?<br />

„Manche unserer Möbel werden zu neuen<br />

Produkten“, erklärt Patricia Möckesch von<br />

Bene. Als Beispiel nennt sie eine aus ehemaligen<br />

Büromöbeln hergestellte Blumenvase.<br />

Patricia Möckesch,<br />

Bene<br />

Das Unternehmen versucht seit Längerem,<br />

den Lebenszyklus von Büromöbeln zu verlängern.<br />

„Unsere Produkte erhalten einen<br />

digitalen Produktpass“, so Möckesch. „Ist<br />

etwas defekt, können Komponenten bestellt<br />

und ausgetauscht werden.“<br />

Funktionierende Erneuerungsprozesse<br />

Für den Hersteller von Fußbodenbelägen<br />

Interface sind häufige Erneuerungsprozesse,<br />

wie z. B. das Austauschen von Teppichfliesen,<br />

nichts Neues. „Wichtig für uns ist es, kreislauffähige<br />

Materialien einzusetzen, die leicht zu<br />

trennen sind“, so Ruth Prinzmeier von Interface.<br />

„Wir trachten auch danach, einen hohen<br />

Anteil von Recyclingmaterial einzusetzen. Auf<br />

das Material gewährt das Unternehmen eine<br />

Garantie von 15 Jahren. Auch hier spielt es eine<br />

große Rolle, dass beim Verlegen nicht geklebt<br />

wird. „Gebrauchte Böden können aufbereitet<br />

und an einem anderen Ort wieder eingesetzt<br />

werden“, erklärt Prinzmeier den Nachhaltigkeitsansatz<br />

von Interface. „Ebenso wird bei der<br />

Produktion der Verschnitt recycelt.“ Als Erfolg<br />

führt Interface an, dass in der Erzeugung eines<br />

Quadratmeters Fußboden 20 Kilogramm CO2<br />

freigesetzt wurden, jetzt sind es nur mehr 4,8<br />

Kilogramm. In Zukunft sollen die Produkte<br />

CO2-neutral hergestellt werden.<br />

Markus Hammer von Girsberger spricht darüber,<br />

wie bestehende Möbel aufbereitet werden<br />

können bzw. wie man ihnen ein zweites Leben<br />

geben kann. „Wir haben ein Projekt, bei dem<br />

Komponenten aus Büromöbeln mit Designern<br />

neu zusammengesetzt werden“, so Hammer.<br />

„Kostentechnisch erspart man sich 40 bis 50<br />

Prozent des Neupreises.“<br />

Bei Buzzispace gehört Nachhaltigkeit zur Philosophie<br />

der Eigentümer. Der Hersteller von<br />

Akustik- und Glastrennwänden verwertet bei<br />

der Produktion jeden Verschnitt und Abfall<br />

und stellt etwas anderes daraus her, wie Kissen,<br />

Akustikfilz usw. „Das Unternehmen recycelt<br />

an die 70 Millionen PET-Flaschen im Jahr,<br />

wobei ein Großteil aus Deutschland kommt“,<br />

so Franz Steiner von Buzzispace. „Bei den<br />

Tischplatten setzen wir allerdings auf Massivholz<br />

ohne Kunststoffoberflächen.“<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

167


ImFokus<br />

„Die Prozesse der<br />

Kreislaufwirtschaft,<br />

die ganze Abwicklung<br />

muss transparenter<br />

werden, inklusive einer<br />

Kostenwahrheit.“<br />

Martin Luptacik,<br />

Drees & Sommer Österreich<br />

Die Sache mit den PET-Flaschen<br />

Möckesch hakt bei den PET-Flaschen ein. „Ein<br />

schwieriges Thema“, meint sie, „denn bei erdölbasierten<br />

Produkten muss man aufpassen,<br />

nicht zu viele z. B. Coca-Cola-Flaschen aus dem<br />

Kreislauf rauszunehmen, denn dann müssen<br />

neue produziert werden.“ Sie gibt zu bedenken,<br />

dass funktionierende Kreisläufe durch<br />

eine andere Verwertung nicht zerstört werden<br />

dürfen.<br />

„Das ist ein Problem, das wir kennen“, wirft<br />

Martin Luptacik von Drees & Sommer Österreich<br />

ein. „Wir befinden uns oft in einem<br />

Teufelskreis zwischen Nutzer, Unternehmer,<br />

Gesetzgeber, Entwickler und Konsument. Es<br />

braucht eine Grundlage für eine sinnvolle<br />

Rohstofftrennung und eine moderne Gesetzgebung,<br />

aber auch jeder Einzelne muss sein<br />

Verhalten ändern.“<br />

Prinzmeier spricht das Problem der Verunreinigung<br />

an. „Das macht das Wiederverwerten<br />

so schwierig.“ Weiters kritisiert sie, dass im<br />

Moment das Thema Nachhaltigkeit personengetrieben<br />

sei und nachhaltiges Wirtschaften<br />

nicht belohnt werde. „Es braucht mehr verbindliche<br />

Vorschriften“, so Prinzmeier. „Man<br />

spricht zwar viel vom Umdenken, aber die<br />

Akteure arbeiten zu wenig zusammen, um<br />

gemeinsame Lösungen zu schaffen.“ Hammer<br />

bestätigt, dass es Bedarf an mehr Kommunikation<br />

gibt. Steiner stellt die Bedürfnisse des<br />

Kunden in den Vordergrund: „Ein Recycelprodukt<br />

muss funktionieren und muss den Standard<br />

haben wie ein neues Produkt.“<br />

Möckesch erzählt, dass in einigen Ausschreibungen<br />

bereits ein gewisser Anteil an recycelten<br />

Produkten enthalten sein muss. „Das<br />

„Beim Einsammeln von<br />

Spanplatten würden wir<br />

gerne auf 100 Prozent<br />

gehen, Sinn macht das<br />

aber nur im<br />

100-Kilometer-Radius.“<br />

Ruth Prinzmeier,<br />

Interface<br />

ist schon teilweise ESG-getrieben, wo die Ausschreiber,<br />

also die großen Firmen in Deutschland,<br />

Großbritannien und den Arabischen<br />

Emiraten, bereits Abteilungen haben, die sich<br />

mit dem Thema gut auskennen.“<br />

Prinzmeier bestätigt das: „Die Agenda 2030<br />

hat Fahrt aufgenommen, als Hersteller wird<br />

man oft nicht mehr gelistet, wenn man gewisse<br />

Themen nicht berücksichtigt hat.“ Natürlich<br />

schauen viele auf den Preis, dass das Thema<br />

Nachhaltigkeit Fahrt aufgenommen hat, merkt<br />

man aber an den ESG-Berichten.<br />

Rohstoffknappheit als Befeuerer?<br />

„Die Rohstoffknappheit ist sicher ein Thema,<br />

dass sowohl das Recycling als auch die Nachhaltigkeitsbestrebungen<br />

befeuern“, so Steiner.<br />

„Das Problem ist das Bekommen von sortenreinem<br />

Rohmaterial. Wenn wenig vorhanden ist,<br />

wird es teuer.“<br />

„Recyclingmaterial ist teurer als Rohmaterial“,<br />

wirft Möckesch ein.<br />

Bauer sieht es so: „Zumindest gibt es dann ein<br />

Material. Urban Mining wird zunehmend ein<br />

Thema.“<br />

Für Luptacik ist es ein Thema des Mindsets:<br />

„Wie geht man mit Materialverfügbarkeiten<br />

um, wie ist die Ökobilanz beim Recycling? Da<br />

168 ImmoFokus


Foto: ImmoFokus/Gabriel Alarcón<br />

muss man sich auch die Prozesse anschauen,<br />

ob es vielleicht anderes Sinnvolleres gibt.“<br />

Recyclingmaterial: woher bekommen?<br />

„Beim Einsammeln von Spanplatten würden<br />

wir gerne auf 100 Prozent gehen“, so Prinzmeier,<br />

Sinn mache das aber nur im 100-Kilometer-Radius.<br />

„Man muss genau messen und<br />

evaluieren, wo die CO2-Emissionen verursacht<br />

werden.“<br />

Für Steiner ist das Thema Transport sehr<br />

wichtig: „Wie weit macht es Sinn, Produkte zu<br />

transportieren? Man muss das Umfeld definieren<br />

und vielleicht einmal nicht Produkte nach<br />

Indien oder die USA exportieren.“<br />

Möckesch ergänzt, dass man auch den Rückweg<br />

des Recyclingstoffes einrechnen muss. „Wir<br />

müssen uns alle gemeinsam überlegen, wie Komponenten<br />

ausgetauscht oder recycelt werden<br />

können. Ideal wäre ein digitaler Pass, der auch<br />

vorschreibt, wie die Stoffe zu trennen sind.“<br />

Auch Luptacik würde auf die Digitalisierung<br />

setzen: „Da kann man nachverfolgen, wo es<br />

herkommt und wohin es geht. Die CO2-Steuer<br />

bringt uns nicht weiter, Regionalität schon.“<br />

„Wir liefern Platten nach Wien und versuchen,<br />

einen Teil des Transports auf die Bahn zu verlagern<br />

und so CO2 einzusparen“, so Bauer. „Wir<br />

verschiffen nicht weltweit, setzen auf regionale<br />

Werke und – muss der Kunde nicht auch<br />

umdenken?“<br />

Letzteres bestätigt auch Steiner: „Wir müssen<br />

umdenken und unser Verhalten ändern. Wir<br />

müssen wieder lernen zu planen. Der Versand<br />

binnen 24 Stunden ist zwar logistisch<br />

toll, aber umwelttechnisch? Das fällt uns auf<br />

den Kopf.“<br />

Was fehlt für den Durchbruch?<br />

Für Prinzmeier sind Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft<br />

eine Businesskompetenz: „Doch<br />

derzeit wird es nicht so wahrgenommen. Es<br />

braucht eine strukturierte, klaren Zielen<br />

folgende Umsetzung und ein Mindset, um<br />

Kreislaufwirtschaft als Kompetenz zu verstehen.“<br />

Bei Girsberger steht die Kreislaufwirtschaft<br />

schon länger in den Unternehmenszielen<br />

drinnen. Möckesch findet, dass<br />

die Menschen erst einmal verstehen müssen,<br />

worum es geht. „Keiner hat richtig Ahnung,<br />

man muss die Dinge erklären, und dabei ist<br />

Transparenz wichtig.“ Steiner findet, dass es<br />

ohne gewisse Vorgaben nicht funktionieren<br />

könne, und man diese brauche, um schneller<br />

voranzukommen.<br />

Bauer sieht die Verordnung positiv: „Wir machen<br />

da aktiv mit. Man muss auch Geschichten<br />

erzählen, was dahintersteht. Wo abgebaut<br />

„Ein Recycelprodukt muss<br />

funktionieren und den<br />

Standard wie ein neues<br />

Produkt bieten.“<br />

Franz Steiner,<br />

Buzzispace<br />

wird, ist es nicht schön, aber man kann das<br />

Gebiet renaturieren, und man sieht nicht,<br />

dass da jemals ein Gipsabbau stattgefunden<br />

hat. Aber man muss mehr kommunizieren,<br />

was Nachhaltigkeit für uns bedeutet, wofür<br />

man z. B. mehr Recyclingmaterial benötigt<br />

etc.“ Luptacik fordert die Politik auf, Anreize<br />

zu schaffen: „Die Prozesse, die ganze Abwicklung<br />

müssen transparenter werden, und es<br />

muss auch eine Kostenwahrheit auf dem Tisch<br />

liegen.“ Luptacik freut sich, dass beim Round<br />

Table Unternehmen mitdiskutierten haben,<br />

die den Weg der Kreislaufwirtschaft bereits<br />

gehen. <br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

169


Über den Tellerrand<br />

Werktstatt.zone<br />

Die Werktstatt.zone in der Ungargasse im 3. Wiener Gemeindebezirk wird als „Raum<br />

für Hobby, Kunst, Handwerk, Dich“ umworben. Ein eigener Arbeitstisch kostet 320<br />

Euro pro Monat. Dafür erhält man 24 Stunden Zugang und kann diverse Gerätschaften<br />

mitbenutzen. Strom und Gas sind ebenfalls inkludiert. Gründer Thomas Hrastnik, ein<br />

Absolvent der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften mit Fachrichtung Organisationssoziologie,<br />

ist in der Immobilienbranche tätig. Er denkt daran, weitere Standorte zu<br />

öffnen. Die entsprechende Nachfrage dafür gebe es, sagt er.<br />

170 ImmoFokus


Nach 22 Uhr<br />

kein Hämmern<br />

Gemeinschaftswerkstatt. In der Werkstatt.zone in Wien-Landstraße können<br />

Kunst- und Handwerkbegeisterte einen eigenen Arbeitstisch anmieten.<br />

Autor: Patrick Baldia<br />

W<br />

er nicht Großgrundbesitzer,<br />

Landwirt oder Eigentümer<br />

einer geräumigen Immobilie<br />

mit Freiflächen oder Garten<br />

ist, wird vermutlich nicht allzu gerne an die<br />

Lockdowns der letzten zweieinhalb Jahre zurückdenken.<br />

Genau zu dieser leidigen Zeit ist Thomas<br />

Hrastnik eine Idee gekommen. Man muss dazu<br />

sagen: der Immobilienberater zählt zu jenen<br />

Menschen, die man wohl als „Tausendsassa“,<br />

„Tüftler“, oder „handwerklich begabt“ bezeichnen<br />

würde. So dachte er daran, wie es wohl jenen<br />

Menschen ergehen würde, zu deren Leidenschaft<br />

ebenfalls das Werken oder künstlerische Gestalten<br />

zählt, die aber in den eigenen vier Wänden<br />

nicht über den dafür notwendigen beziehungsweise<br />

geeigneten Platz oder auch verständnisvolle<br />

Mitbewohner verfügen. Menschen, die – anders<br />

als in den zahlreichen Erdgeschoßlokalen der<br />

Stadt, in denen gemeinsam gewerkt wird – einen<br />

eigenen Platz für ihr Schaffen und ihre Materialien<br />

wollen. „Einen Platz für sich selbst“, fügt<br />

Hrastnik hinzu.<br />

Gar nicht so einfach war es, eine geeignete<br />

Immobilie für sein Projekt zu finden. Drei<br />

Hofgebäude habe er sich angeschaut, die allesamt<br />

aus dem einen oder anderen Grund nicht<br />

gepasst hätten. Dann kam ein Anruf einer<br />

Maklerin: Sie habe etwas. Ein Erdgeschoßlokal<br />

in einem Vorstadt-Biedermeierhaus, das<br />

jedoch „vielleicht nicht ganz ideal“ sei, weil auf<br />

fünf Jahre befristet und vor allem weil „stark<br />

renovierungsbedürftig“. Wer das Vergnügen<br />

hatte, Hrastnik kennenzulernen, der vermutet<br />

richtig: von einem Wort wie „renovierungsbedürftig“<br />

lässt er sich nicht abschrecken.<br />

Safe als Büroschrank<br />

Und während Österreich im Lockdown harrte,<br />

machte sich Hrastnik daran, die Räumlichkeiten<br />

in Schuss zu bringen. Eigenhändig selbst-<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

171


Über den Tellerrand<br />

Im Haus mit der Adresse Ungargasse 25 befand<br />

sich einst auch die k. und k.-Polizeibezirksdirektion<br />

für die Vorstädte Landstraße, Weißgerber<br />

und Erdberg. Die Räumlichkeiten der<br />

Werkstatt.zone scheinen ideal, dienten früher<br />

mehreren Kleingewerbetreibenden, zuletzt<br />

einem Teppich- und Polstermöbelreinigungsbetrieb.<br />

Die angrenzenden Erdgeschoßlokale<br />

hinten im Hof sind ebenfalls Zeugen einer<br />

gewerblichen Vergangenheit. Die gleiche<br />

Struktur findet man in vielen der umliegenden<br />

Häuser. Sie erinnert daran, dass sich in der<br />

Ungargasse einst Herbergen, Stellmachereien<br />

und Stallungen für aus Ungarn eintreffende<br />

Kaufleute befanden – daher auch der Name<br />

Ungargasse.<br />

Non-Profit-Organisation<br />

Eine Geschäftsidee sei die Werkstatt.zone<br />

nicht, bekräftigt Hrastnik, auch wenn er zugibt,<br />

über weitere Standorte nachzudenken. Sondern<br />

eher eine „Privatinitiative“. Oder besser:<br />

eine Non-Profit-Organisation. Denn Gewinne<br />

schreibt er keine. Das wäre beim monatlichen<br />

Beitrag von 320 Euro inklusive Strom und Gas<br />

auch schwer möglich. Am Ende des Monats<br />

steigt er „mit plus/minus null“ aus. Und falls<br />

doch mal was übrig bleiben sollte, so würde das<br />

umgehend wieder in die Werkstatt.zone investiert<br />

werden. Denn wer sich ebenfalls „Bastler“<br />

oder „Heimwerker“ schimpft, der weiß: So<br />

wirklich fertig kann auch eine Werkstatt niemals<br />

sein. Zu tun gibt es immer was.<br />

verständlich. Das Mobiliar ist großteils Second<br />

Hand. So wirklich neu sind fast nur die Werktische,<br />

die jeder Mieter, inklusive Drehsessel,<br />

zugewiesen bekommt. Die Lampen über den<br />

Werktischen hingen einst in einer Gerberei<br />

in Pinkafeld. Ein Spültisch wurde aus Oberösterreich<br />

bezogen. Im Aufenthaltsraum gleich<br />

beim Eingang steht ein Tresor aus dem 19. Jahrhundert,<br />

der nun als Büroschrank dient. Dort<br />

finden sich auch ein großer Designertisch, Sessel<br />

aus dem mittlerweile geschlossenen Hause<br />

Svoboda und eine Lampe von Molto Luce. Alles<br />

über eBay bezogen. Die Vintage-Ledercouch<br />

soll wiederum vormals einem Mitglied des<br />

Hauses Habsburg-Lothringen gehört haben.<br />

So wirklich sicher, ob das ganze funktionieren<br />

könnte, war sich Hrastnik spätestens, als auf<br />

seine Annonce 30 Antworten kamen. Heute<br />

gehören knapp zehn Leute zur Werkstatt.zone-<br />

Community. Darunter ein Industriedesigner,<br />

eine Betongießerin, zwei Töpfer, eine „Universalkünstlerin“,<br />

eine Schmuckdesignerin sowie<br />

eine Mutter, deren Leidenschaft die Acrylmalerei<br />

ist. „Die Grenzen zwischen Hobby und<br />

Kunst sind fließend“, umschreibt der studierte<br />

Organisationssoziologe Hrastnik das Schaffen<br />

seiner Mieter.<br />

Hrastnik, der nach eigenen Angaben „mehrmals<br />

pro Woche vorbeischaut, um das Ganze<br />

am Laufen zu halten“, will die Werkstatt.zone<br />

eher als „sinnvolle Institution“ verstanden wissen.<br />

Als Ort, an dem sich die Mieter, ähnlich<br />

wie in den Coworking-Spaces, untereinander<br />

austauschen, netzwerken, Ideen anbahnen<br />

oder einfach nur in einer angenehmen Atmosphäre<br />

ihren Hobbys nachgehen können. Dabei<br />

müssen sie sich nur an drei Regeln halten.<br />

Erstens, Ordnung: die allgemeinen Flächen<br />

müssen so hinterlassen werden, wie sie vorgefunden<br />

wurden. Zweitens, Respekt: die Werke<br />

der anderen dürfen nicht angegriffen werden:<br />

Drittens: die Hausordnung ist einzuhalten. Das<br />

heißt auch: Nach 22 Uhr kein Hämmern.<br />

172 ImmoFokus


ImmoFokus.Rubrik<br />

GEBERIT BADAUSSTATTUNG UND SANITÄRTECHNIK<br />

UNSER ANLIEGEN: IHR<br />

NÄCHSTES PROJEKT<br />

SANITÄRRAUM-<br />

PLANUNG<br />

BADEZIMMER-<br />

DESIGN<br />

ROHINSTALLATION<br />

TRINKWASSER-<br />

HYGIENE<br />

SCHALLSCHUTZ<br />

BRANDSCHUTZ<br />

173 ImmoFokus<br />

Warum Buwog, Soravia, IES und viele andere Bauträger auf Geberit setzen?<br />

Weil sie sich um die Bäder und die Sanitärtechnik keine Sorgen machen<br />

müssen. Bäder, die von Anfang an passen. Mit Sanitärtechnik, die für<br />

Jahrzehnte verlässlich arbeitet. www.geberit.at/wohnbau


ImFokus<br />

PropTech:<br />

Mehrwert oder Hype?<br />

Wachstum ohne Ende. Die Proptech-Szene wächst schier unaufhaltsam und hat mit Corona und der<br />

voranschreitenden Digitalisierung noch einen zusätzlichen Boost bekommen. Doch liefern diese Innovationen<br />

tatsächlich einen Mehrwert oder sind sie nur künstlich gehyped? Und wie sind die PropTech-Start-ups durch<br />

die Krise gekommen, was sind aktuelle Herausforderungen und wo wird uns der Erfindergeist der Branche in<br />

Zukunft hinführen?<br />

Autoren: Sebastian Luger, Philipp Kaufmann<br />

174 ImmoFokus


Über Nuki<br />

Von „No Key“ bzw. „New Key“ abgeleitet bietet das Grazer Startup Nuki digitale Türschlösser<br />

(Smartlocks) an, die sich mittels App auch aus der Ferne öffnen lassen. Die Idee war es, den<br />

physischen Schlüssel durch einen digitalen zu ersetzen, den man auch teilen kann, um so beispielsweise<br />

temporäre Zutrittsberechtigungen für Handwerker oder Haushaltshilfen zu schaffen,<br />

die nach Verlassen der Immobilie die Türe automatisch zusperren können.<br />

B<br />

lackprint Pioneering Real Estate<br />

brachte den PropTech Start-up<br />

Report 2021/22 heraus, laut dem<br />

es 2021 bereits 881 PropTechs im<br />

DACH-Raum gab, 2020 waren es noch 800 (in<br />

Österreich 76). Alleine im Jahr 2021 gab es insgesamt<br />

89 neugegründete PropTechs im DACH-<br />

Raum, und Investitionen in europäische PropTechs<br />

sind zwischen 2014 und 2019 um durchschnittlich<br />

45 Prozent pro Jahr gewachsen. Laut Startup-Report<br />

war diesbezüglich 2021 ein Rekordjahr,<br />

da mit über 660 Millionen Euro so viel wie noch<br />

nie in die PropTech-Szene im DACH-Raum investiert<br />

wurde (150 Millionen Euro mehr als<br />

noch 2020). Geld, das man angesichts der aktuellen<br />

Herausforderungen für den weiteren Weg<br />

auch gut gebrauchen kann. Angefeuert durch<br />

Rohstoffmangel (vorrangig Computerchips),<br />

steigende Inflation und Ukraine-Krieg ist die<br />

gesamte PropTech-Branche einem stetigen<br />

Wandel ausgesetzt.<br />

Doch was ist überhaupt das Ziel der PropTechs<br />

und was wollen sie entwickeln und vorantreiben?<br />

Mittels Big Data, Künstlicher Intelligenz,<br />

Blockchain oder Augmented und Virtual<br />

Reality sollen effiziente Anwendungen für die<br />

Zukunft der Immobilienwirtschaft entwickelt<br />

werden. Dies kann von BMI (Building Information<br />

Modeling) über Online-Immobilienbesichtigungen<br />

bis zu smarten Türschlössern<br />

und Online-Immobilienveranlagungen reichen.<br />

Die PropTech-Szene fügt sich dabei in ein<br />

Netzwerk existierender Tech-Lösungen ein,<br />

insbesondere den FinTechs der Finanzbranche,<br />

LegalTechs zur Vertragserstellung und -verwaltung<br />

sowie den ConTechs der Bau- (oder<br />

Constructions-)-Industrie. Der Begriff Prop-<br />

Tech setzt sich zusammen aus den Wörtern<br />

„Property“ und „Technology“. Demnach sind<br />

PropTech-Unternehmen Start-ups, die mit<br />

disruptiven Technologien die Digitalisierung<br />

in der Branche vorantreiben.<br />

Von digitalen Türen und<br />

Online-Immobilienveranlagungen<br />

Eines dieser innovativen PropTech-Unternehmen<br />

ist beispielsweise das Grazer Startup<br />

Nuki. Von „New Key“ abgeleitet, ist das<br />

USP(Alleinstellungsmerkmal) von Nuki ein<br />

nachrüstbares Türschloss, welches an der<br />

Innenseite einer bestehenden Tür und an den<br />

bestehenden Zylinder installiert wird. Damit<br />

muss nichts ausgetauscht werden und es kann<br />

von außen nach wie vor der physische Schlüssel<br />

benutzt werden, das Schloss bekommt<br />

aber sämtliche Möglichkeiten, die die digitale<br />

Welt bietet. „Ich kann digital Schlüssel teilen,<br />

kann aus der Ferne darauf zugreifen und sie<br />

in andere Smart-Home-Systeme integrieren“,<br />

sagt Nuki-CEO Martin Pansy, der das Start-up<br />

2013/14 gemeinsam mit seinem Bruder Jürgen<br />

Pansy gegründet hat.<br />

Die ehemaligen Gründer von sms.at Ende der<br />

90er Jahre waren komplette „Branchenoutsider“<br />

als sie die Idee fassten, den digitalen<br />

Schlüssel ins Leben zu rufen: „Wir sind richtige<br />

Digitalunternehmer und hatten uns schon<br />

lange mit dem Thema ‚Mobile‘ befasst, jedoch<br />

nicht mit der Sicherheitsbranche oder mit<br />

PropTech – diese Welt war uns komplett fern.<br />

Dann hatten wir 2013 die Idee, dass wir den<br />

physischen Schlüssel gerne ersetzen und quasi<br />

aufs Smartphone bringen wollten. Das war der<br />

Kern der Idee: Weg von einem Stück Eisen,<br />

das verloren gehen oder nur mühsam ersetzt<br />

werden kann, hin zum digitalen Schlüssel.<br />

Damit haben wir gestartet, deshalb hieß das<br />

Unternehmen anfangs auch ‚Noki‘ (No Key).“<br />

Nach der damals erfolgreichsten Kickstarter-<br />

Kampagne im deutschsprachigen Raum im<br />

Jahr 2015 wurde dann Nokia auf das Start-up<br />

aufmerksam und beanstandete Markenrechtsverletzungen<br />

„Dann haben wir aus dem ‚O‘ ein<br />

‚U‘ gemacht und heißen seitdem ‚Nuki‘, also<br />

‚New Key‘ für ‚neuen Schlüssel‘.“<br />

Das war der Start der Reise, die auch trotz<br />

Corona und einem laut Firmenbuch 2020 negativen<br />

Eigenkapital und Verbindlichkeiten<br />

in Höhe von 7 Millionen Euro gut weitergeht,<br />

nämlich mit jährlichen Wachstumsraten von<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

175


ImFokus<br />

„Bilanzkennzahlen sind für ein Start-up beziehungsweise<br />

ein Scale-up in dieser Phase, in der wir jetzt sind, eher<br />

sekundär, da es eine reine Momentaufnahme ist.“<br />

Martin Pansy<br />

Martin Pansy,<br />

Nuki<br />

Schon als Schüler hat Martin Pansy Logos für sms.at gestaltet, mit Mitte 20 war er Managing<br />

Director des Unternehmens. Der gebürtige Steirer (Matura am BORG Hartberg) absolvierte<br />

ein Studium der Betriebswirtschaft an der Universität Graz und erlangte einen<br />

postgradualen MBA an der IE Business School Founder und Managing Director der Up<br />

to Eleven Digital Solutions GmbH Co-Founder und CEO der Nuki Home Solutions GmbH.<br />

Ebenso durch die Pandemie einen großen<br />

Schub bekommen haben die Online-Immobilienanleger<br />

von Rendity. Das Start-up wurde<br />

2015 gegründet und will die Geldanlage für<br />

Immobilien sowie die Investitionskultur in<br />

Europa verändern und demokratisieren, wie<br />

Lukas Müller, Co-Founder und CEO, sagt. „Dies<br />

tun wir, indem wir bestehende Hürden für Retail-Investoren<br />

durch moderne Technologien<br />

überwinden. Über unsere digitale Plattform<br />

beziehungsweise die App bieten wir einer breiten<br />

Masse an Anlegern die Möglichkeit, sich an<br />

der Assetklasse Immobilien zu beteiligen. Das<br />

war zuvor mit einigen Hürden und großem<br />

finanziellen Aufwand verbunden. Mit Rendity<br />

kann jeder bereits ab 100 Euro online in Immobilien<br />

investieren.“ Rendity zählt sich selbst<br />

zu den Profiteuren der Corona-Krise, denn die<br />

schwankenden Krypto- und Aktienmärkte und<br />

die damit einhergehenden Verunsicherungen<br />

haben dem Start-up und generell den Wohnimmobilien<br />

in die Hände gespielt, wie Müller<br />

ausführt: „Gewohnt wird schließlich auch in<br />

der Krise. Wir konnten unsere Umsätze in dieser<br />

Zeit mehr als verdoppeln.“<br />

rund 70 Prozent. Dazu Pansy: „2021 hatten<br />

wir eine Finanzierungsrunde von über 20 Millionen<br />

Euro. Das Bild, welches der Jahresabschluss<br />

2020 im Firmenbuch abgibt, und diese<br />

Bilanzkennzahlen sind für ein Start-up beziehungsweise<br />

ein Scale-up in dieser Phase, in der<br />

wir jetzt sind, eher sekundär, da es eine reine<br />

Momentaufnahme ist und nichts über den<br />

tatsächlichen Unternehmenswert aussagt. Wir<br />

sind weiterhin auf einem Wachstumspfad von<br />

etwa 70 Prozent – trotz oder gerade wegen Corona.<br />

Das Wachstum war natürlich kein lineares,<br />

weil die Pandemie zu gewissen Abweichungen<br />

geführt hat. Durch die Rückstau-Effekte<br />

haben wir aber wieder aufgeholt. Wir sind jetzt<br />

wieder auf einer laufenden Wachstumskurve,<br />

die nicht Corona-getrieben ist, sondern generell<br />

auf der Digitalisierung von mechanischen<br />

Schlüsseln hin zu digitalen Schlüsseln basiert.<br />

Diese Entwicklung wird es noch bis mindestens<br />

2050 geben. Wir sind erst bei etwa 1,5-2 Prozent<br />

digitalen Schlüsseln in Europa, da ist noch sehr<br />

viel Potential vorhanden.“<br />

Ein Potential, welches auch die Branche erkannte.<br />

Nuki hatte bereits 2016 sehr früh Investoren<br />

ins Boot geholt. Anfang 2018 investierte<br />

sich zudem das US-Unternehmen Allegion,<br />

der weltweit zweitgrößte Sicherheitskonzern,<br />

der an der New Yorker Börse gelistet ist. Dies<br />

wurde nach der neuesten Finanzierungsrunde<br />

2021 aber wieder rausgekauft. Dafür gewann<br />

man mit Cipio Partners, einem deutschluxemburgischen<br />

Private Equity Fonds, einen<br />

neuen Partner. Zudem steht hinter Nuki das<br />

Unternehmen „Up to Eleven“, die Gesellschaft<br />

der Gebrüder Pansy, bei der unter anderem<br />

Mercedes-Sportchef Toto Wolff und Mercedes<br />

Board of Director Member Rene Berger als<br />

Partner mit an Bord sind. „In Summe haben<br />

wir bei der neuesten Finanzierungsrunde 20<br />

Millionen Euro eingenommen, die wir zum<br />

überwiegenden Teil für Wachstum zur Verfügung<br />

haben“, so Pansy.<br />

Digitalisierungsschub durch Corona<br />

Die Pandemie hat einen großen Digitalisierungsschub<br />

ausgelöst, aber, so Pansy: „Es wird<br />

nicht alles an digitalen Innovationen, die dadurch<br />

auf den Markt gekommen sind, bleiben,<br />

das ist ganz klar. Aber ein gewisser Teil schon,<br />

weil bestimmte Geschäftsprozesse nicht mehr<br />

so vordergründig sind, sondern es mehr darum<br />

geht, sich Wege zu sparen, die man auch<br />

aus der Ferne monitoren kann – gerade solche<br />

Anwendungsfelder, und da gehören wir auch<br />

dazu, haben entsprechenden Zuspruch.“ Beispielsweise<br />

managed Nuki die Sozialbau, den<br />

zweitgrößten Wohnbauträger in Wien. Das<br />

sind 2.500 Häuser und 60.000 Wohnungen,<br />

großteils ausgestattet mit Nuki. Wenn zum<br />

Beispiel Handwerker kommen, braucht man<br />

nicht mehr vor Ort sein, sondern kann sie aus<br />

der Ferne reinlassen. „Was auf die PropTech-<br />

Welt aber massiven Einfluss haben wird, ist<br />

das wirtschaftliche Umfeld der Start-ups und<br />

wie es den wesentlichen Immobilienplayern<br />

in Zukunft gehen wird. Denn das meiste Geld,<br />

176 ImmoFokus


das in PropTechs fließt, kommt von dort. Und<br />

wenn die Quelle versiegt, wird es am Ende des<br />

Tages auch für PropTechs schwieriger. Das<br />

kann im Umkehrschluss aber auch wieder eine<br />

Chance sein, denn dann trennt sich die Spreu<br />

vom Weizen und die guten Anwendungsfälle<br />

bleiben übrig und die ‚Spielereien‘ fallen durch<br />

den Rost“, sagt Pansy.<br />

Auch bei Rendity spürt man die Auswirkungen<br />

der aktuellen Lage, positiv wie negativ. „Die<br />

Nachfrage nach Finanzierungen ist in diesen<br />

schwierigen Zeiten erwartungsgemäß gestiegen.<br />

Andererseits führen die Lockdowns, der<br />

aktuelle Rohstoffmangel und die allgemein<br />

angespannte Situation teilweise zu Verzögerungen<br />

im Zeitplan mancher Immobilienprojekte.<br />

Vor allem die Inflation, die Erhöhung<br />

der Zinsen und die strengeren Vorgaben der<br />

Banken sind Themen, die nicht spurlos an der<br />

Immobilienbranche vorübergehen“, meint<br />

Müller.<br />

Mit Innovationskraft erschlagen<br />

Differenziert man zwischen technologischen<br />

„Notwendigkeiten“ und digitalen „Spielereien“<br />

ist es interessant zu beleuchten, ob die<br />

Welt der PropTech in der Immobilienbranche<br />

durch viele Köche behindert wird und eher Mikrolösungen<br />

angeboten werden, oder ob doch<br />

das große Ganze im Blick behalten und holistisch<br />

agiert wird. Sprich: Braucht man wirklich<br />

alles, was „erfunden“ wird und somit tatsächlichen<br />

Mehrwert hat, oder entstehen hier gerade<br />

ein Hype und eine gewisse Bubble, die platzen<br />

wird? Pansy ordnet das folgendermaßen ein:<br />

„In jedem Bereich, in dem es Innovationen gibt,<br />

gibt es anfängliche Probleme, wo sich erst nach<br />

einer gewissen Zeit der Nebel lichtet und man<br />

erst später erkennt, ob ein Mehrwert vorhanden<br />

ist und wo dieser liegt, beziehungsweise<br />

ob es tatsächlich nur eine ‚Spielerei‘ ist.“ Meist<br />

passiere diese Differenzierung in rezessiveren<br />

Phasen, weil dann der Druck in der Branche<br />

steige und sich die Spreu vom Weizen trenne.<br />

„Das kann aus unserer Sicht nur gut sein, weil<br />

wir sehr Hardware-lastig sind und daher eine<br />

große Eintrittsbarriere in unserem Bereich<br />

vorherrscht. Daher sind bei uns der Mitbewerb<br />

und die Spielereien enden wollend.“ Auch bei<br />

Rendity glaubt man, dass es in der Branche insgesamt<br />

zu Konsolidierungen kommen wird:<br />

„Geschäftsfelder, die aufgrund von Buzzwords<br />

in Power-Point-Präsentationen entstanden<br />

sind, werden vom Markt auch nicht langfristig<br />

angenommen und wieder verschwinden.“<br />

Ein Punkt, der sich in diesem Kontext aufdrängt,<br />

ist sicherlich die Frage nach der<br />

Langlebigkeit und der Dauerhaftigkeit der<br />

PropTech-Lösungen insgesamt. Also: Wie<br />

überzeugt man einen Immobilienentwickler<br />

oder Mieter, sich für ein Produkt zu entscheiden,<br />

wenn man Lösungen verwendet, die es<br />

vielleicht in ein paar Jahren nicht mehr gibt,<br />

weil man noch kein etabliertes Unternehmen<br />

ist? „Das ist sicherlich ein Punkt, auf den man<br />

besonders Acht geben muss“, reüssiert Pansy<br />

und ergänzt: „Wir können diesen Argumenten<br />

eigentlich nur damit begegnen, dass wir<br />

„Erst die Höhe der<br />

Wertschöpfung, die Anzahl<br />

der Arbeitsplätze und die<br />

Umsätze werden uns das<br />

langfristige Potential von<br />

PropTechs zeigen.“<br />

Lukas Müller<br />

Lukas Müller,<br />

Rendity<br />

Lukas Müller ist Gründer und geschäftsführender<br />

Gesellschafter der Rendity GmbH<br />

und hat eine umfangreiche Expertise im<br />

Bereich Immobilienfinanzierung und der<br />

Strukturierung von Immobilieninvestments.<br />

Neben Rendity hält er weitere Beteiligungen<br />

unter der Holding LMVB und betreibt<br />

zwei Co-Working Spaces in Wien. Schon<br />

während seines rechtswissenschaftlichen<br />

Studiums am Juridicum in Wien war er unternehmerisch<br />

als Berater bei Internet- und<br />

IT-Projekten tätig.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

177


ImFokus<br />

Über Rendity<br />

Das von Lukas Müller, Tobias Leodolter und Paul<br />

Brezina gegründete Unternehmen ermöglicht<br />

Online Immobilien-Investments ab 100 Euro. Rendity<br />

bietet privaten und institutionellen Anlegern<br />

Immobilienprojekte in urbanen Lagen von renommierten<br />

Projektpartnern an. Die Plattform ermöglicht<br />

einfache und direkte Projektfinanzierungen<br />

mit kurzen Laufzeiten und ohne Gebühren.<br />

sie, salopp formuliert, mit Innovationskraft<br />

‚erschlagen‘. Das zweite Argument ist das Design<br />

des Produkts selbst. Beispielsweise ist das<br />

Nuki Smart Lock so gestaltet, dass es trotzdem<br />

noch funktionieren würde, wenn es Nuki als<br />

Firma schon lange nicht mehr geben würde.<br />

Das Produkt ist also möglichst ausfallsicher<br />

gestaltet. Aber, so ehrlich muss man auch sein,<br />

im Endeffekt hat der Entscheider nur die Wahl:<br />

Entweder er geht das Risiko ein oder er macht<br />

es gar nicht.“<br />

Die Zukunft ist optimistisch<br />

Laut der European PropTech Association hat<br />

die Pandemie PropTech stark beschleunigt.<br />

Nach der PropTech Germany Studie 2021<br />

herrscht unter deutschen PropTechs große<br />

Zuversicht – trotz oder gerade wegen der<br />

Corona-Pandemie. Zwei Drittel erwarten aus<br />

diesem Grund eine Zunahme ihres Geschäfts.<br />

Auch die im Rahmen einer Studie der Austrian<br />

PropTech Initiative (apti) befragten Unternehmen<br />

sind mehrheitlich der Ansicht, dass die<br />

Covid-Krise die Digitalisierung schneller vorantreiben<br />

wird. Das sieht auch Pansy so: „Ich<br />

bin überzeugt, dass es zur Digitalisierung keine<br />

Alternative gibt, weil die Mehrwerte einfach zu<br />

stark sind. Wenn man sich die Entwicklung<br />

des iPhone ansieht und merkt, was sich hier<br />

alles getan hat – genauso wird es in der Welt<br />

der PropTech sein. Das ist in meinen Augen<br />

unaufhaltbar und ich sehe keine Gründe, die<br />

gegen diesen Optimismus sprechen würden.“<br />

Vor allem Lösungen, die versuchen, die ganzen<br />

unterschiedlichen Produkte auf einer<br />

Plattform zusammenzufassen und zu steuern<br />

beziehungsweise zu verwalten, also quasi ein<br />

Betriebssystem für die Gesamtimmobilie, sieht<br />

Pansy als die nächste große Innovation an.<br />

Was „the next big thing“ bei Nuki ist, lässt er<br />

sich jedoch noch nicht entlocken: „Wir geben<br />

über zukünftige Produktentwicklungen keine<br />

Auskünfte. Wir haben jedes Jahr ein Hardware-Event<br />

und dort erfährt man, was ‚the next<br />

big thing‘ sein wird.“ Für die ganze Branche<br />

sieht Pansy den „Geldregen“ von mehr als 660<br />

Millionen Euro für PropTechs im DACH-Raum<br />

als Entfaltungsmöglichkeit, weil man diese<br />

Beträge nur einsammeln könne, wenn man<br />

aus der Start-up- beziehungsweise „Spielerei“-<br />

Phase heraustrete, denn dann werde man auch<br />

für die Investorenseite interessant.<br />

Dass sich die Branche durch die Digitalisierung<br />

stark verändern wird, sieht Lukas Müller von<br />

Rendity: „Die Immobilienbranche ist eine der<br />

ältesten der Welt, da ist es verständlich, dass<br />

der Wandel dauert. Fakt ist aber auch, dass<br />

sich die Branche durch die Digitalisierung<br />

verändern wird. Die Wende reicht von der<br />

anfänglichen Finanzierung bis hin zur finalen<br />

Schlüsselübergabe – hier gibt es überall Verbesserungspotential.<br />

Wer hier nicht mitmacht,<br />

wird früher oder später den Anschluss verlieren.<br />

Gelder einsammeln alleine ist jedoch kein<br />

Selbstzweck und keine geeignete Metrik, um<br />

beurteilen zu können, ob der digitale Wandel<br />

durch innovative Unternehmen die Zukunft<br />

ist. Erst die Höhe der Wertschöpfung, die Anzahl<br />

der Arbeitsplätze und die Umsätze, die<br />

generiert werden, werden uns das langfristige<br />

Potential zeigen.“<br />

178 ImmoFokus


„Wenn es keiner kauft,<br />

ist es sinnlos“<br />

Mehrwert oder Hype?. Daniel Horak, Gründer der Crowdfunding-Plattform Conda (die seit einem<br />

Management-Buyout nun wieder vollständig dem Conda-Team gehört), gab dem ImmoFokus einen Überblick<br />

über die PropTech-Szene in Österreich, schätzte für uns ein, ob PropTechs tatsächlich einen Mehrwert liefern<br />

oder nur ein Hype sind und was in diesem Feld die nächsten großen Innovationen sein werden.<br />

Fotos: Nuki, Rendity, Niklas Schnaubelt<br />

Wie sieht die PropTech-Szene<br />

in Österreich derzeit aus?<br />

Daniel Horak: In den letzten zehn Jahren hat<br />

sich in Summe in der Start-up-Szene in Österreich<br />

sehr viel getan und es herrscht nach<br />

wie vor eine hohe Dynamik. Vergleicht man<br />

es mit anderen internationalen Hotspots, sind<br />

wir aber sicherlich noch immer hintennach,<br />

aber es ist sehr viel Potential vorhanden. In<br />

Summe tut sich aber schon sehr viel und wir<br />

haben eine nicht zu unterschätzende Zahl an<br />

erfolgreichen Unternehmen in diesem Bereich,<br />

wie etwa Planradar, Storebox oder Nuki. Das<br />

sind sicherlich Unternehmen, die gekommen<br />

sind, um zu bleiben, und Schritt für Schritt<br />

versuchen werden, der Branche ihren Stempel<br />

aufzudrücken.<br />

Wie viel Mehrwert liefern PropTechs<br />

tatsächlich und wie viel davon ist nur<br />

ein Hype?<br />

Das ist jetzt schon fast eine philosophische<br />

Frage (schmunzelt). Lassen Sie mich es so<br />

sagen: Ich habe vor 15 Jahren mein erstes<br />

Start-up gegründet und die wahrscheinlich<br />

wichtigste Lektion gelernt – du kannst das<br />

tollste Produkt der Welt haben, wenn es aber<br />

keiner kauft, ist es sinnlos. Das haben wir<br />

damals hart lernen müssen. Darum glaube ich,<br />

der wesentliche Faktor in der Frage Mehrwert<br />

oder Hype ist, ob man es schafft, einen Mehr-<br />

„Ich glaube nicht, dass wir<br />

künftig alle im Metaverse mit<br />

Virtual-Reality-Brillen unsere<br />

Immobilienbesichtigungen machen.“<br />

wert für den Kunden zu schaffen und diesen<br />

auch so am Markt zu platzieren beziehungsweise<br />

zu kommunizieren. Die Frage ist daher<br />

meines Erachtens nicht, wie erfolgreich man<br />

irgendwo Geld einsammeln kann, sondern<br />

wesentlich zentraler ist die Frage, wie man<br />

Kunden findet, die dann für das Produkt auch<br />

zahlen und es dir abkaufen.<br />

Es heißt immer, PropTech beziehungsweise<br />

allgemein Digitalisierung in der<br />

Immobilienwelt hätte lange gebraucht,<br />

um sich durchzusetzen. Woran liegt das?<br />

Das hat mehrere Gründe. Auf der einen<br />

Seite sind es oft große Unternehmen und<br />

Daniel Horak,<br />

Conda<br />

Konzerne und die Entscheidungswege damit<br />

länger. Zudem sind die Systeme, mit denen<br />

sie arbeiten, oft vor Jahren um sehr viel Geld<br />

zugekauft worden. Und wenn dann, überspitzt<br />

formuliert, ein ‚lustiges‘ Start-up daherkommt<br />

und sagt, man kann das viel besser, einfacher,<br />

schneller und günstiger machen, liegt es in<br />

der Natur der Sache, dass viele skeptisch sind<br />

und meinen, das könne nicht sein. Ich kenne<br />

das aus unserer Finanzbranche auch gut. Als<br />

wir vor zehn Jahren gestartet sind, hat jeder<br />

gemeint, das brauchen wir nicht, denn kein<br />

Mensch, schon gar nicht die konservativen Österreicher,<br />

würden über eine digitale Plattform<br />

investieren. Ein Jahrzehnt später nutzen die<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

179


ImFokus<br />

nächsten zehn oder 15 Jahren leben möchte,<br />

nur durch eine VR-Brille ansehe und auf dieser<br />

Grundlage eine Kaufentscheidung treffe.<br />

Vielleicht bin aber auch schon zu alt dafür<br />

(lacht). Aber ganz im Ernst: Ich lasse mich<br />

gerne überraschen, glaube aber nicht, dass wir<br />

künftig alle im Metaverse mit Virtual-Reality-<br />

Brillen unsere Immobilienbesichtigungen<br />

machen.<br />

Daniel Horak<br />

Daniel Horak absolvierte sein Bachelor- und Masterstudium für Wirtschaftsinformatik an<br />

der Fachhochschule Technikum Wien sowie ein Masterstudium für Unternehmensführung<br />

an der FHWien. Bereits vor Conda sammelte er mit seinem 2007 gegründeten<br />

Start-up Spoken Language System Erfahrungen im Bereich Unternehmensgründung.<br />

Ebenfalls war er mehrere Jahre als IT-Consultant und Unternehmensberater tätig. Als Co-<br />

Gründer und Geschäftsführer von Conda ist Daniel Horak die treibende Kraft im Bereich<br />

Marketing & Vertrieb.<br />

namhaftesten Unternehmen unsere Plattform,<br />

um Kapital zu lukrieren. Das heißt, die Dinge<br />

brauchen einfach ihre Zeit, und das ist auch<br />

legitim. Aber wir sehen insgesamt schon, dass<br />

Großunternehmen per se offener werden und<br />

schrittweise Verständnis dafür entwickeln,<br />

dass sie pragmatischer werden müssen, wenn<br />

sie innovativ bleiben und nicht den Anschluss<br />

verlieren wollen.<br />

Werden PropTechs in Zukunft<br />

die Makler ersetzen?<br />

Ich glaube, das ist in etwa die gleiche Situation<br />

wie vor zehn Jahren die Frage, ob es irgendwann<br />

noch Bücher geben wird. Also ich lese<br />

noch immer gerne Bücher (lacht). Technologie<br />

kann vieles lösen und einfacher machen, aber<br />

ich kann mir beispielsweise nicht vorstellen,<br />

dass ich mir eine Wohnung, in der ich die<br />

Was werden in der PropTech-Welt die<br />

nächsten Innovationen sein?<br />

Vor allem die Themen Life-Cycle-Management<br />

und digitale Hausverwaltung werden stark<br />

kommen. Auch im Bereich der Immobilienentwicklung<br />

wird viel durch die Digitalisierung<br />

passieren. Aber auch die Art und Weise<br />

wie gebaut wird wird sich ändern, also neue<br />

Baustoffe und neue Arten zu bauen, also alles,<br />

was mit CO2-Footprint beim Bauen zu tun hat,<br />

welche Materialien eingesetzt werden, wie<br />

nachhaltig diese sind und welches Wohngefühl<br />

sie vermitteln. Dann habe ich das Thema<br />

Ökologisierung stark auf der Agenda. Wenn<br />

man sich das Feld Oberflächenversiegelung<br />

ansieht und viele Umweltökonomen jetzt<br />

schon sagen, dass man eigentlich einen sofortigen<br />

Neubaustopp verhängen und den Altbestand<br />

besser nützen müsste, dann wird das<br />

die Branche mittelfristig stark ins Umdenken<br />

führen. Das wird abseits der Digitalisierung<br />

ein Riesenthema. Nicht zuletzt auch noch das<br />

Energiemanagement. Die Gaskrise zeigt uns<br />

das bereits, denn der Run auf Wärmepumpen<br />

und alternative Lösungen war selten so groß<br />

wie jetzt.<br />

180 ImmoFokus


Schiffbruch mit PropTechs?<br />

Kommentar: Philipp Kaufmann<br />

Keine Konferenz und keine Trendstudie (insbesondere vor der Pandemie),<br />

bei der die Zukunft von PropTechs nicht in höchsten Tönen gelobt<br />

wurde. Ich hatte damals oftmals den Eindruck, dass traditionelle Unternehmen<br />

und Lösungen geradezu Dinosaurier und damit zum Aussterben<br />

verdammt sind. Wen interessierte noch ein herkömmlicher Schlüssel<br />

aus Metall oder ein komplexes, durchaus erprobtes Schließsystem?<br />

Wer wollte sich mit einer Haustechnik beschäftigen, wenn diese nicht<br />

smart und vom Handy von jedem Punkt auf diesem Planeten steuerbar<br />

und optimierbar ist? Ich lernte Start-up-Unternehmer kennen, die mehr<br />

über Finanzierungsrunden und einen baldigen Exit sprachen als über<br />

ihre Produkte. Für mich gab es damals keine Idee, die zu verrückt klang,<br />

und keinen Bereich, der nicht bald durch disruptive Veränderungen von<br />

neuen, jungen Unternehmen umgekrempelt wird.<br />

Aufgewacht<br />

Ich bin ein glühender Fan von digitalen Lösungen, ich glaube an die Kraft<br />

der Revolution und ich bin überzeugt, dass wir disruptive Veränderungen<br />

brauchen. So wie Nokia mit dem Aufstieg von<br />

Apple als Marktführer und Pionier von Handys<br />

untergegangen ist, so wie Tesla das Elektroauto<br />

salonfähig gemacht hat und aufzeigte, was es hier<br />

für neue und zukunftsfähige Lösungen geben<br />

kann, so wird auch unsere Branche verändert.<br />

NUKI und sehe darin einen großen Fortschritt, aber warum begnügen<br />

sich die Gründer geradezu nur mit zwei Prozent derer, die auf einen<br />

herkömmlichen Schlüssel verzichten wollen oder können? Elon Musk<br />

würde vermutlich „seinem“ elektronischen Schlüssel die weltweite<br />

Marktführerschaft als Vision mit auf den Weg geben. Drittens fließt<br />

auf den ersten Blick viel Geld in die Szene und es finden immer größere<br />

Finanzierungsrunden statt, aber beim zweiten Hinschauen wird im Verhältnis<br />

zu anderen Branchen immer noch wenig Geld in diesen Bereich<br />

investiert. Viertens verzahnen sich wenige herkömmliche Betriebe mit<br />

den aufkommenden Start-ups und schaffen es, tatsächlich neue Ökosysteme,<br />

wie die von Apple oder eben Tesla, zu entwickeln beziehungsweise<br />

in der Realität umzusetzen.<br />

Warum ist dies so? Warum ist unsere Branche träger, langsamer und/<br />

oder weniger innovationsfreudig? Ich suche Antworten und werde<br />

mich auf die Reise begeben – ich freue mich auf Hinweise und Diskussionsbeiträge.<br />

Ich blicke <strong>2022</strong> auf eine Landkarte an PropTechs<br />

und mir gehen vier Gedanken durch den Kopf:<br />

Erstens werden aktuell immer noch die gleichen<br />

Player genannt, die es schon seit langem gab.<br />

Bei den Unternehmen spielen auch immer noch<br />

die gleichen bisherigen Themen, beispielsweise<br />

Visualisierung oder die Ablage beziehungsweise<br />

die Verarbeitung von Daten, die zentralen Rollen.<br />

Zweitens kämpfen diese wenigen Player mit<br />

der Durchsetzung ihrer Ideen und Konzepte.<br />

So verwende ich gerne den smarten Schlüssel<br />

Foto: Adobe Stock<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

181


ImFokus<br />

BIM: „Wir hinken<br />

hinterher“<br />

System der Bremser. „Das System wird mehrheitlich gebremst durch das Silo-Denken der<br />

Interessensvertreter, Politiker und Ministerien“, meint buildingSMART Gründer Alfred Waschl.<br />

Das Gespräch führte: Michael Neubauer<br />

Vor knapp vier Jahren haben Sie die Initiative<br />

buildingSMART ins Leben gerufen.<br />

Was hat sich seit der Gründung getan?<br />

Alfred Waschl: Die Immobilien- und Baubranche<br />

hat mit Sicherheit einen Digitalisierungsschub<br />

erlebt. Ein Schub, der weitgehend von<br />

der Branche realisiert wurde. Leider hat die<br />

Politik – wieder einmal – nicht mitgezogen.<br />

Ein hartes Urteil.<br />

Aber ein gerechtes. Ein Blick über die<br />

Grenze nach Deutschland zeigt, wie es geht.<br />

In Österreich reden wir nur – bringen aber<br />

nichts weiter.<br />

Wer sind die Bremser?<br />

Es gibt System-Bremser und Personen-<br />

Bremser. Das System wird gebremst durch<br />

das Silo-Denken aller Interessensvertreter,<br />

aller Politiker und aller Ministerien. Die<br />

Ministerien sind in Silos geteilt, das eine ist<br />

für Digitalisierung, das andere für Klimaschutz<br />

zuständig. Das Thema aber ist, dass<br />

Klimaschutz ohne Digitalisierung nicht geht.<br />

Oder denken Sie an Building Information<br />

Modeling - kurz: BIM. In Deutschland<br />

müssen bei öffentlichen Aufträgen über drei<br />

Millionen Euro in BIM abgewickelt werden.<br />

Österreich hinkt hier hinterher.<br />

Die Bundesregierung hat mit BIM Deutschland<br />

ein nationales Zentrum für die Digitalisierung<br />

des Bauwesens ins Leben gerufen. Es<br />

ist die zentrale öffentliche Anlaufstelle des<br />

182 ImmoFokus


Bundes für Informationen und Aktivitäten<br />

rund um Building Information Modeling<br />

(BIM).<br />

Um der BIM-Methode in Deutschland zum<br />

Durchbruch zu verhelfen, hat das Bundesministerium<br />

für Digitales und Verkehr einen<br />

Stufenplan für die Einführung von BIM<br />

vorgelegt. Der Fokus liegt auf dem Infrastrukturbau<br />

und dem infrastrukturbezogenen<br />

Hochbau, kann aber auch in anderen<br />

Bereichen als Modell genutzt werden. So<br />

gibt es einen Masterplan für die Digitalisierung<br />

im Bundesfernstraßenbau und einen<br />

Masterplan BIM für Bundesbauten.<br />

Alfred Waschl<br />

absolvierte die HTL Maschinenbau und studierte einige Semester an der<br />

Universität Graz Betriebswirtschaft. Er sanierte als Alleingeschäftsführer<br />

die Wiener Messen u. Congress GmbH, war Vorstandsvorsitzender (Administrator<br />

Unico) von Daewoo Motor Iberia, S.A. und Alleingeschäftsführer<br />

von Daewoo Motor Austria GmbH, Generaldirektor von Porsche Spanien.<br />

Aktuell ist Alfred Waschl ist unter anderem Geschäftsführer von buildingSMART<br />

Austria, geschäftsführender Gesellschafter der Primco business solutions und<br />

der Römerberg Real Estate.<br />

Was genau ist da die Aufgabe<br />

von buildingSMART?<br />

Wir sind eine offene, unabhängige NGO-<br />

Plattform mit dem Ziel, digitale Lösungen zu<br />

entwickeln. Da zählen Gebäude ebenso dazu<br />

wie Brücken, Straßen oder Bahninfrastruktur.<br />

Es gibt eine weltweite Dachorganisation<br />

und nationale beziehungsweise regionale<br />

Verbände. Wir vernetzen so weltweit alle Akteure,<br />

die für die Digitalisierung relevant sind<br />

– Firmen, Ministerien, Vereine, Initiativen.<br />

Was fehlt?<br />

Was fehlt? Eine BIM-Bibliothek, in der alle<br />

notwendigen Informationen zu 3D-Modellen<br />

einheitlich definiert werden. Seit Jahren ein<br />

intensiv diskutiertes Thema in der heimischen<br />

Baubranche. Dass eine solche benötigt<br />

wird, um die Verbreitung von Building<br />

Information Modeling auch in der Praxis<br />

voranzutreiben, darin sind sich alle einig.<br />

Aber das war‘s dann schon. Die Idee hatten<br />

wir in Österreich schon vor zehn Jahren. Nur<br />

passiert ist nichts.<br />

Auf den Punkt gebracht: die öffentliche<br />

Hand bei den Ausschreibungen BIM<br />

einfordern?<br />

Da müsste man das System der Ausschreibungen<br />

grundsätzlich überdenken. Auch ein<br />

ewig diskutiertes Thema. Reformen wären<br />

mehr als angebracht. Was bringt mir der<br />

Billigst-Bieter bei in erster Linie mangelnder<br />

Qualität? Ein Billigst-Bieter, auch wenn er<br />

zehn Mal der billigste ist, hat für Schulungen<br />

kein Budget mehr frei. Wie soll das auch<br />

gehen? Mit 1,5 bis zwei Prozent EBIT kann<br />

ich mir beim besten Willen keine Schulungen<br />

mehr leisten.<br />

Ich bin 25 Jahre lang Unternehmer gewesen.<br />

Bei zwei Prozent EBIT habe ich nicht einmal<br />

zu denken angefangen. Da fehlt hinten<br />

eine 0. Dann erst hat man das Potenzial,<br />

moderne Hard- und Software zu kaufen,<br />

um in Schulungen zu investieren. BIM ohne<br />

Schulung – das geht gar nicht.<br />

Sehen Sie nicht zu schwarz? Gibt es nicht<br />

auch positive Beispiele?<br />

Dass es aber auch anders geht, zeigt das<br />

Land Salzburg: Gleich drei Projekte – das<br />

neue Landesdienstleistungszentrum, das<br />

Belvedere Salzburg und der Umbau des<br />

Großen Festspielhauses – wurden komplett<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

183


ImFokus<br />

nach BIM ausgeschrieben. Die haben im<br />

Niemandsland angefangen, bauen sich aber<br />

nun langsam die Kompetenz dafür auf. Ein<br />

erster Schritt war der Aufbau einer eigenen<br />

Magistratsabteilung für BIM.<br />

Das hätte schon vor zehn Jahren passieren<br />

sollen. Wir haben aber lieber über open oder<br />

closed BIM diskutiert – obwohl allen bewusst<br />

war, dass es ohne open BIM nicht geht. BIM<br />

ist nichts für Solisten. BIM setzt Teamfähigkeit<br />

voraus. Wer das nicht begreift, hat ein<br />

erhöhtes unternehmerisches Risiko.<br />

Könnte man sagen: BIM kostet zu<br />

Beginn einfach Geld – viel Geld?<br />

Nicht wirklich. Der wirkliche Kostentreiber,<br />

um nicht zu sagen Dummheitstreiber, ist,<br />

dass ich 2002 die Elbphilharmonie budgetär<br />

plane und davon ausgehe, dass sie 2018<br />

noch dasselbe kostet, obwohl ich tausend<br />

Mal umgeplant habe. Das geht jedem Kind<br />

ein, dass das nicht sein kann. Stuttgart 21<br />

wurde vor 30 Jahren das erste Mal ernsthaft<br />

diskutiert und vor 25 Jahren politisch<br />

akkordiert. Das heißt, die Verantwortlichen<br />

setzen auf ein Budget, das fünfundzwanzig<br />

Jahre alt ist. Keiner unserer Politiker würde<br />

das verdienen, was er vor fünfundzwanzig<br />

Jahren verdient hat.<br />

Aber: Hätte man die Elbphilharmonie<br />

gebaut, wenn man über die wahren Kosten<br />

Bescheid gewusst hätte?<br />

Unzulässige Frage: Das trifft beim Stephansdom<br />

auch zu. Der Stephansdom hat auch<br />

dreißig Jahre gedauert, bis er fertig war.<br />

Was er im Gegensatz zur Elbphilharmonie<br />

nicht ist.<br />

BIM heißt nicht automatisch, dass etwas<br />

preiswerter wird. BIM sorgt für Transparenz<br />

in den einzelnen Bereichen, egal ob es den<br />

Bau oder den Betrieb von Gebäuden, das<br />

Facility Management oder das Asset Management<br />

betrifft.<br />

Apropos Facility Management: Wissen Sie,<br />

dass es bis zum heutigen Tag in der Wirtschaftskammer<br />

keine Einheit für Facility<br />

Management gibt? Erstaunlich, wenn man<br />

„Wo sind die ganzen Benchmarks<br />

der Lebenszykluskosten? Weg sind<br />

sie. Weil alle nur der Durchschnitt<br />

einer Lüge waren.“<br />

bedenkt, dass, so aktuelle Zahlen der GEFA,<br />

sechs Prozent des Bruttonationalprodukts<br />

Deutschland aus dem Facility Management<br />

erwirtschaftet werden. Das sind ein paar<br />

Milliarden. Und wenn ich durch zehn<br />

dividiere, dann habe ich in Österreich ein<br />

paar Milliarden.<br />

Facility Management ist aktiv gelebter<br />

Umweltschutz. Hätten die schon früher<br />

dran gedacht, wären die Themen Klimaoptimierung,<br />

CO2-Ausschüttung und so weiter<br />

längst einfacher zu handhaben.<br />

Aber zurück zu BIM. Im Regierungsprogramm<br />

der ersten Kurz-Regierung findet sich<br />

ein Kapitel zu BIM. Fragen Sie jetzt einmal<br />

Alfred Waschl,<br />

buildingSMART<br />

mal nach, was realisiert wurde... Das ist<br />

immerhin fünf, sechs Jahre her. Sie werden<br />

sich wundern.<br />

Ist BIM auch bei Umbauten/Sanierungen<br />

im Bestand einsetzbar?<br />

Im Bestand bauen wird immer stärker an<br />

Bedeutung zunehmen. Ich schätze, dass in<br />

den nächsten zehn, 20, 30 Jahren 80 Prozent<br />

des Budgets in Baumaßnahmen im Bestand<br />

fließen werden. Die Digitalisierung des Bauprozesses<br />

ist essenziell für ein fortschrittliches<br />

sowie nachhaltiges Planen und Bauen.<br />

Das geht auch bei Sanierungsprojekten.<br />

Wie wichtig es ist, seinen Bestand zu kennen,<br />

habe ich während meiner Tätigkeit für die<br />

184 ImmoFokus


Wlaschek-Gruppe gelernt. In der Gruppe hat<br />

man jedes Objekt, jede Wohn- oder Büroeinheit<br />

im Detail standardisiert erfasst. Da war<br />

von BIM noch keine Rede. Karl Wlaschek<br />

wollte genau Bescheid wissen. Nichts wurde<br />

dem Zufall überlassen. Durch die Standardisierung<br />

konnte er alle Objekte miteinander<br />

vergleichen. 2006 wurde das ganze Portfolio<br />

der drei Wlaschek-Gruppen digitalisiert. In<br />

der Gruppe hatte man dann alle Infos auf<br />

Knopfdruck parat.<br />

Karl Wlaschek war für seine Sparsamkeit<br />

bekannt. Er wollte genau Bescheid wissen:<br />

Wann läuft welcher Mietvertrag aus? Mieteinnahmen,<br />

Leerstandsraten und so weiter.<br />

War die Leerstandsrate zu hoch, ist er selbst<br />

hingefahren, um sich das Objekt anzusehen.<br />

Sorgen EU-Taxonomie und ESG beim<br />

Thema BIM im weitesten Sinn für<br />

Rückenwind?<br />

Absolut, ESG ohne BIM gibt es nicht. Weil<br />

das Thema Benchmark – viele Berater werden<br />

jetzt sagen, der Waschl ist verrückt – im<br />

klassischen Sinne tot ist. Wo sind die ganzen<br />

Benchmarks der Lebenszykluskosten? Weg<br />

sind sie. Weil diese Benchmarks alle nur der<br />

Durchschnitt einer Lüge waren.<br />

ESG funktioniert nur mit belastbaren Daten,<br />

die man interpretieren kann. Die Baubranche<br />

ist hier auf dem besten Weg. Aber da<br />

sind wieder beim Thema Ausbildung. Das<br />

Um und Auf ist das Thema Ausbildung – eine<br />

standardisierte Ausbildung.<br />

Worauf ich besonders stolz bin. Diese internationale<br />

standardisierte Ausbildung wurde<br />

von buildingSMART – mit Unterstützung<br />

der Forschungsförderungsgesellschaft FFG<br />

– aufgesetzt. Diese BIM-Ausbildungskonzeption,<br />

die wir in Österreich vor zweieinhalb<br />

Jahren angefangen haben, ist jetzt ab<br />

September auch in Deutschland gültig und<br />

wahrscheinlich ab Januar nächsten Jahres<br />

auch in der Schweiz. Und wir rollen das<br />

Stück für Stück, sage ich mal vorsichtig, über<br />

das buildingSMART-Netzwerk aus. Mir ist<br />

zwar nicht klar, ob jetzt China und Russland<br />

auch mitmachen, aber ich will nicht in eine<br />

politische Diskussion rennen, und es ist auch<br />

nicht wichtig. Wichtig ist für mich Kern-<br />

Europa. In diesem Kern-Europa wird dieses<br />

Thema auch gelebt.<br />

An der Spitze der Ausbildung steht der<br />

zertifizierte Trainer. Der zertifizierte Trainer<br />

ist derjenige, der die drei Stufen, also<br />

Foundation und zwei Mal Practitioner, mit<br />

standardisierten Unterlagen lehren kann.<br />

Der wesentliche Punkt aber ist: Das ist keine<br />

Softwareschulung. Es geht um Prozesse und<br />

Datenqualität.<br />

Wer kann die Ausbildung starten?<br />

Idealerweise jemand mit zumindest zwei<br />

Jahren BIM-Praxisnähe. Beim Practitioner ist<br />

es schon schwieriger, da ist tatsächlich auch<br />

Projektpraxis notwendig. Die permanente<br />

Verknüpfung der Lebenszyklus-Phasen<br />

durch Datenketten – BIM2FIM – wird zu<br />

neuer Qualität und Effizienz im Bauwesen,<br />

in der Immobilienwirtschaft und bei<br />

Infrastrukturprojekten führen. Das wird sich<br />

unter anderem bei der Bewertung, Kommunikation<br />

und Vermarktung von Projekten<br />

positiv auswirken.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

185


ImFokus<br />

Droht das kollektive<br />

Treppensteigen?<br />

Rauf und runter. Mit dem drohenden Energieengpass im Herbst wird die Frage nach<br />

der Energieeffizienz von Aufzügen zum brisanten Thema. Sind die führenden Aufzugshersteller Kone,<br />

Otis und Schindler darauf vorbereitet?<br />

Autor: Lisa Grüner<br />

186 ImmoFokus


„Mittels Rekuperation<br />

können unsere Aufzüge<br />

und Fahrtreppen<br />

seit 2020 serienmäßig<br />

Energie zurück ins<br />

System speisen.“<br />

Fotos: Schindler<br />

Daniel Reisenberger,<br />

Schindler<br />

I<br />

n Aufzügen steckt mehr Technologie,<br />

als man sich erwarten würde. Von der<br />

Rückgewinnung von Energie bis hin zur<br />

vorausschauenden Wartung, denn auch<br />

von dieser Branche wird nicht erst seit der Angst<br />

vor Stromknappheit und hohen Preisen Energieeffizienz<br />

erwartet. „Im letzten Jahrzehnt<br />

konnten wir mit unseren neuen Produkten den<br />

Energiebedarf um mehr als 40 Prozent senken“,<br />

beruhigt Wolfgang Hofmann, Direktor Verkauf<br />

Neuanlagen bei Kone. „Die großen Einsparungen<br />

wurden somit umgesetzt, weitere Maßnahmen<br />

sind in Arbeit.“ Kone will weltweit bis 2030 CO2<br />

neutral sein, in Österreich wurde dieses Ziel<br />

bereits vor einigen Jahren umgesetzt. Helfen<br />

sollen digitale Lösungen wie 24/7 Connected<br />

Services. „Durch diese Services, welche die Anlagen<br />

24 Stunden überwachen und Daten sammeln<br />

und auswerten, können wir Nutzerverhalten und<br />

Umgebungsbedingungen analysieren und die<br />

Anlagen entsprechend effizient betreiben bzw.<br />

weiterentwickeln“, so Hofmann.<br />

Schindler setzt auf die Energierückgewinnung<br />

bei Abwärtsfahrten, Zielrufsteuerung<br />

und leichtere Fahrkabinen, stromsparende<br />

LED-Lampen und ein Stand-by-Modus bei<br />

Nichtbenutzung, um den Energieverbrauch<br />

der Aufzüge deutlich zu reduzieren. „Mittels<br />

Rekuperation können unsere Aufzüge und<br />

Fahrtreppen seit 2020 serienmäßig Energie<br />

zurück ins System speisen“, erklärt Daniel Reisenberger,<br />

Geschäftsführer von Schindler Österreich.<br />

„Aufzüge und Fahrtreppen werden so<br />

zu kleinen Kraftwerken.“ Je höher das Gebäude<br />

und je mehr Masse bewegt wird, desto besser<br />

der Effekt. „Gerade auf stark frequentierten<br />

Plätzen wie dem Wiener Hauptbahnhof erzeugen<br />

die Schindler-Fahrtreppen regelmäßig<br />

Strom“, so Reisenberger. „Unser nächstes Ziel<br />

ist eine ausgeglichene CO2-Bilanz. Dafür müssen<br />

Lifte und Beförderungen mit selbstproduziertem<br />

Strom nutzbar gemacht werden.“<br />

Vor mittlerweile sechs Jahren hat Otis in einem<br />

über 100 Jahre alten Zinshaus am Dr.-Josef-<br />

Resch-Platz in Wien Hernals im Zuge eines<br />

Dachbodenausbaus einen Solaraufzug implementiert.<br />

Bereits nach einem Jahr konnte der<br />

Beweis angetreten werden, dass der erste 100<br />

Prozent energieautarke Aufzug Österreichs<br />

den Winter in der Bundeshauptstadt problemlos<br />

bewältigt hat. „Der dort eingebaute GeN2-<br />

Switch-Aufzug hat nur mit Sonnenenergie<br />

mehr als 20.000 Fahrten durchgeführt“, ist<br />

Christoph Sengstschmid, Vorsitzender der<br />

Geschäftsführung von Otis Österreich stolz.<br />

„Hochgerechnet auf ein Jahr verbraucht der<br />

Aufzug rund 1100 kWh, was einem Tagesbedarf<br />

von 2,98 kWH entspricht.“ Zum Vergleich:<br />

Der Jahresverbrauch eines österreichischen<br />

Zwei- bis Drei-Personen-Haushalts liegt bei<br />

4187 kWh. Solarpaneele entlang des Aufzugsturms<br />

versorgen den Lift im Innenhof des<br />

Gebäudes mit selbsterzeugtem Strom. Dieser<br />

wird in einer Batterie zwischengespeichert<br />

und bei Bedarf zu Verfügung gestellt. Wichtig<br />

ist Otis die CO2-Neutralität für den Strom seiner<br />

Werke und die Reduktion der Scope-1- und<br />

Scope-2-Emissionen um 50 Prozent bis 2030.<br />

ESG als Treiber<br />

Nachhaltigkeit und ESG sind für die Aufzughersteller<br />

bereits länger ein Task. „ESG spielt<br />

für uns eine sehr große Rolle, und wir setzen<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

187


ImFokus<br />

in der Baubranche. Für Fördertechnikanlagen<br />

finden sich bei Leed und Breeam die meisten<br />

Vorgaben. „Hier können wir unseren Bauherren<br />

behilflich sein, die höchsten Zertifizierungsratings<br />

zu erhalten“, so Hofmann. „Das<br />

in Österreich meistverwendete Zertifikat von<br />

ÖGNI sieht hinsichtlich der Aufzugsanlagen<br />

keine Vorgaben vor.“<br />

Die Probleme am Bau<br />

Angesichts der stark gestiegenen Baupreise<br />

und der damit verbundenen Zurückhaltung<br />

der Bauherren bei Auftragserteilung ist ein<br />

Marktrückgang im Neubau bemerkbar. „Der<br />

Bedarf an neuen Wohnungen ist jedoch weiterhin<br />

gegeben, wir gehen daher davon aus,<br />

dass sich eine Erholung des Markts in den<br />

nächsten Monaten zeigen wird“, so Hofmann.<br />

„Besonders betroffen ist der soziale Wohnbau,<br />

da in diesem Bereich die hohen Baukosten am<br />

stärkten bremsen.“<br />

die Vorgaben konsequent um“, so Hofmann.<br />

„In Österreich sehen wir in der Baubranche<br />

generell Nachholbedarf. Während beim gehobenen<br />

Bausegment immer mehr Nachfrage besteht,<br />

spielt dies beim sozialen Wohnbau kaum<br />

eine Rolle. Wir bedauern dies sehr und würden<br />

uns wünschen, dass auch in diesem Bereich,<br />

mit dem größten Bauvolumen, die ESG-Richtlinien<br />

verbindlich umgesetzt werden.“<br />

In Kooperation mit dem Schindler-Start-up<br />

BuildingMinds arbeitet Schindler daran, den<br />

Ist-Stand der jetzigen Emissionen – von der<br />

Vorproduktion bis zum Betrieb – zu messen.<br />

„Denn nur wer seinen Ausgangspunkt kennt,<br />

kann sich ernsthaft Ziele setzen“, so Reisenberger.<br />

„Wir wollen bis 2<strong>04</strong>0 eine ausgeglichene<br />

CO2-Bilanz. Dafür müssen Lifte und Beförderungen<br />

mit selbstproduziertem Strom nutzbar<br />

gemacht werden. Mittelfristig werden Firmen<br />

neben einer Bilanz zum Umsatz- und Vermögensstand<br />

eine CO2-Bilanz erstellen. In diese<br />

Richtung wird es gehen.“<br />

Otis orientiert sich mit 13 definierten Kernzielen<br />

an jenen der Vereinten Nationen für nachhaltige<br />

Entwicklung. Doch Sengstschmid ist<br />

überzeugt, dass die Bemühungen im Bereich<br />

ESG künftig eine wichtige Rolle bei Zertifizierungen<br />

und Auftragsvergaben spielen werden.<br />

Derzeit gibt es verschiedene Zertifizierungen<br />

„Unser erster 100 Prozent<br />

energieautarker Aufzug<br />

Österreichs hat nur mit<br />

Sonnenenergie bereits<br />

mehr als 20.000 Fahrten<br />

durchgeführt.“<br />

Christoph Sengstschmid,<br />

Otis<br />

Auch Schindler sieht die Situation durch die<br />

Preisvolatilität herausfordernd. „Die Verknappung<br />

von Halbleitern und Rohstoffen führt bei<br />

vielen Komponenten zu Preissteigerungen“,<br />

so Reisenberger. Schindler selbst verzeichnet<br />

aber eine stabile Auftragslage und liefert in<br />

time. Otis merkt speziell im Neuanlagenbereich<br />

die Auswirkungen von unvorhersehbaren<br />

Kostenentwicklungen bei Baumaterialien<br />

und deren Verfügbarkeit, indem es zu Zeitverzögerungen<br />

oder Aufschub geplanter Projekte<br />

kommt. „Wir erwarten zukünftig merkbar weniger<br />

Auftragsvergaben“, so Sengstschmid. Im<br />

Bereich der Modernisierung und Instandhaltung<br />

von Aufzugsanlagen geht es der Branche<br />

weiterhin sehr gut. Das Wachstum in diesen<br />

Bereichen ist weiterhin ungebrochen.<br />

Zukunftsaussichten<br />

Der Trend und die Zukunft des Aufzugs sind<br />

digital, smart und vernetzt. Die Aufzüge der Zukunft<br />

werden über immer mehr Sensorik verfügen.<br />

Die Sensordaten werden in der Cloud ausgewertet<br />

und verschaffen dem Kunden über ein<br />

Kundenportal größere Transparenz über seine<br />

Anlagen. Darüber hinaus werden ungeplante<br />

Stillstände durch vorausschauende Wartung<br />

mit Hilfe von Algorithmen und künstlicher<br />

Intelligenz reduziert. Die Wartungseinsätze<br />

werden sich immer mehr von präventiv zu prädiktiv<br />

entwickeln. In dem Sinne, dass eine po-<br />

Fotos: Otis, Kone<br />

188 ImmoFokus


Bei Kone setzt man zusätzlich auf einen nachhaltigen<br />

Materialeinsatz. „Wir verwenden in<br />

den Kabinen smarte Laminate, welche sich<br />

bei leichter Beschädigung einfach ausbessern<br />

lassen“, so Hofmann. „Ein sehr großer Teil unserer<br />

verwendeten Materialien ist wiederverwertbar.“<br />

Auch werden Materialien mit einer<br />

„Anti Finger Print“-Oberfläche eingesetzt, die<br />

den erforderlichen Reinigungsbedarf auf ein<br />

Minimum reduziert. Durch die Verwendung<br />

dieser Materialien wird Zeit für die Reinigung<br />

und Verwendung von aggressiven bzw. ölhaltigen<br />

Putzmitteln gespart. Antibakterielle<br />

Beschichtungen schützen die Aufzugsnutzer<br />

vor unnötiger Bakterienbelastung.<br />

tenzielle Störung behoben wird, bevor sie überhaupt<br />

auftritt. „Je größer die Datenmenge wird,<br />

desto besser wird diese Vorhersagequalität“, so<br />

Sengstschmid. „Stark vereinfacht könnte man<br />

auch sagen, dass unsere Aufzüge mit jedem Tag<br />

intelligenter werden.“<br />

Hier hakt auch Schindler Linea300Smart ein,<br />

eine smarte Informations- und Kommunikationslösung,<br />

die nahtlos in das Bedientableau<br />

integriert werden kann. „Für eine rasche<br />

und reibungslose Wartung werden unsere<br />

Schnittstellen laufend verbessert“, so Reisenberger.<br />

„Sobald wir eine kleinste Abweichung<br />

erkennen, werden die Symptome online korrigiert,<br />

bevor noch eine erkennbare Störung<br />

auftritt.“<br />

Innovationen bei Rolltreppen<br />

Der Fokus bei den Fahrtreppen liegt klar auf der<br />

größtmöglichen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit<br />

von Design über Produktion, Installation,<br />

Betrieb und Wartung bis zum gesamten<br />

Produktlebenszyklus. „Unsere Fahrtreppen<br />

verbrauchen dank intelligentem Schmiersystem<br />

um bis zu 98 Prozent weniger Öle als<br />

herkömmliche Systeme“, so Sengstschmid.<br />

„Die Energiesparschaltung sowie die LED-<br />

Beleuchtung reduzieren den Energieverbrauch<br />

zusätzlich. Wie auch unsere Aufzüge verfügen<br />

unsere Fahrtreppen über einen regenerativen<br />

Antrieb, der die Bremsenergie beim Abwärtsfahren<br />

in das Stromnetz zurückspeist.“<br />

Bei Kone kommen teilweise Lösungen zurück,<br />

die übergangsweise bereits aus der Produktpalette<br />

genommen wurden, wie beispielsweise<br />

der „Direct Drive“. „Dieser ermöglicht eine<br />

Reduktion des Energiebedarfs“, so Hofmann.<br />

„Weiters haben wir mit dem „Kone Handrail<br />

Sanitizer“ eine Lösung für die Reinigung der<br />

Handläufe, die Viren- und Bakterienbelastung<br />

auf bis zu 98 Prozent reduzieren.“<br />

„Im letzten Jahrzehnt konnten wir mit unseren<br />

neuen Produkten den Energiebedarf um<br />

mehr als 40 Prozent senken.“<br />

Wolfgang Hofmann,<br />

Kone<br />

Bei Schindler werden die Fahrtreppen mithilfe<br />

von LED-Technologie zum Hingucker. Auf<br />

Knopfdruck werden Standardfarben wie Rot,<br />

Blau und Grün oder spezielle Mischfarben<br />

ausgewählt und schaffen ein individuelles<br />

Erscheinungsbild. „Zum Thema Sicherheit<br />

und Hygiene wurde von uns während der Pandemie<br />

Schindler UV CleanRail entwickelt“, so<br />

Reisenberger. „Mittels sterilisierender UV-C-<br />

Strahlung wird am Handlauf die Ausbreitung<br />

von Viren und Bakterien verhindert.“<br />

Insgesamt blickt die Branche positiv in die Zukunft,<br />

dass auch weiterhin die Nutzer die Wahl<br />

zwischen Treppe, Rolltreppe und Aufzügen<br />

haben, und arbeitet fleißig an der Entwicklung<br />

möglichst energieautarker Liftanlagen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

189


RAUS AUS<br />

DEN SILOS!<br />

Führen Sie die Daten zusammen<br />

und dokumentieren Sie Ihren<br />

Kommunikationserfolg umfassend.<br />

Market Intelligence<br />

Media Intelligence<br />

Opinion Tracking<br />

Market Intelligence<br />

Social Listening<br />

Opinion Tracking<br />

Media Intelligence<br />

Opinion Tracking<br />

Market Intelligence<br />

Media Intelligence<br />

Mit der integrierten Analyse von öffentlicher und veröffentlichter Meinung verbessern Sie Ihre<br />

strategische Einschätzung Ihrer Marke. So können Sie Ihre Kommunikationserfolge noch besser<br />

dokumentieren und die Wirkungen überzeugender darstellen.<br />

IBI hilft Ihre Kommunikationsstrategie zu verbessern.<br />

IBI<br />

INTEGRATED<br />

BRAND<br />

INTELLIGENCE<br />

observer.at


IMPRESSUM<br />

Vorschau<br />

Lesen Sie im ImmoFokus<br />

<strong>Ausgabe</strong> 05/<strong>2022</strong><br />

Stadt- & Raumplanung. Streitfall Städtebauliche<br />

Verträge - Autofreie Quartiersentwicklungen -<br />

Mobilität - E-Mobility, 15-Minuten-Stadt; Serielles<br />

Bauen - Container- und Modulgebäude; Digitalisierung -<br />

Blockchain; Allianzverträge & Early Contractor<br />

Involvement; Baustoffe und Bauchemie - IoT<br />

Medieneigentümer<br />

Real Estate Media Group GmbH<br />

Handelskai 94-96<br />

1200 Wien<br />

Tel. +43 1 890 18 26-100<br />

office@media-group.immo<br />

www.media-group.immo<br />

Herausgeber<br />

Mag. Michael Neubauer<br />

Chefredaktion<br />

Mag. Patrick Baldia<br />

Grafik<br />

Sophie Frenzel<br />

Lektorat<br />

Dr. Melanie Knünz<br />

Michaela Hocek<br />

Ingeborg Morawetz, BA<br />

Autoren dieser <strong>Ausgabe</strong><br />

Mag. Patrick Baldia,<br />

Mag. Lisa Grüner, Amelie Miller, BA,<br />

Mag. Michael Neubauer, Mag. Gerhard Fritz,<br />

Mag. Sebastian Luger, MMag. Philipp Kaufmann,<br />

sowie die Kommentatoren<br />

ERSCHEINUNGSTERMIN: Oktober <strong>2022</strong><br />

Täglich top informiert: www.immo-timeline.at<br />

Den ImmoFokus jetzt immer und überall lesen, mit der REMG-App.<br />

Sales & Relation<br />

Rudolf E. Oezelt<br />

Relations Management<br />

Tanja Klingseis<br />

Fotos<br />

wenn nicht anders angegeben:<br />

Real Estate Media Group/Katharina Schiffl,<br />

Michael Hetzmannseder, Daniel Mikkelsen,<br />

Gabriel Alarcón - Rizar<br />

Druck<br />

Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H<br />

Der IMMOFOKUS wendet sich im Sinne der<br />

Gleichstellung gleichermaßen an Frauen<br />

und Männer. Aus Gründen der Übersichtlichkeit<br />

und Verständlichkeit kann es bei den<br />

Beiträgen vorkommen, dass nur die maskuline<br />

Ansprechform verwendet wird.<br />

ImmoFokus ist Mitglied bei:<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

191


Branchen & Services<br />

Leerstand -<br />

ein heißes Thema<br />

Breit diskutiert. Steigende Energiepreise und höhere Kreditkosten nagen an der Leistbarkeit des Wohnens, so<br />

der O-Ton in der österreichischen Medienlandschaft. Eine Bestandsaufnahme der Brand Intelligence „OBSERVER.“<br />

N<br />

iedrigzinsen, Coronakrise, Russlands<br />

Krieg in der Ukraine und<br />

steigende Inflationszahlen führen<br />

zu Ungewissheiten auf dem österreichischen<br />

Immobilienmarkt. Leerstandsabgaben<br />

werden als – breit diskutierter – Lösungsansatz<br />

wahrgenommen. So berichten<br />

österreichische Medien – bei denen das Thema<br />

laufend zunehmendes Interesse weckt. Politische<br />

Debatten und Umsetzungen von Leerstandabgaben<br />

erhöhten das mediale Interesse seit Mitte<br />

2021 zusätzlich.<br />

Die exklusive Studie der Brand Intelligence<br />

Agentur „Observer“ inkludiert eine Medienbeobachtung<br />

der österreichischen Printmedienlandschaft<br />

von 2019 bis September <strong>2022</strong>.<br />

Die Ergebnisse beinhalten alle Artikel, die sich<br />

mit Wohnungsleerständen oder Leerstandsabgaben<br />

beschäftigen. In die Analyse fließen daher<br />

3.532 Artikel ein, die eine potentielle Leserschaft<br />

von 145 Millionen erreichen. Bei 3.119 Artikeln<br />

(88,3Prozent der Medienresonanz) wurden die<br />

Suchbegriffe „Leerstand“ oder „Leerstandsabgabe“<br />

zumindest kurz aufgegriffen.<br />

Die Top 3: Gewinn/Standard/Presse<br />

413 Artikel hingegen behandeln die Thematik<br />

intensiver, also als Hauptthema beziehungsweise<br />

gar in einem Leitartikel. Diese<br />

Hauptartikel wurden von 151 spezialisierten<br />

Medien aus diversen Branchen veröffentlicht<br />

und zeigen die Relevanz des Themas deutlich<br />

auf. Besonders die Medien „Gewinn“ (elf<br />

192 ImmoFokus


Clippings), „Der Standard“ (34 Clippings), „Die<br />

Presse“ (33 Clippings) und „Kleine Zeitung“<br />

(13 Clippings) sind aktiv. Die kumulierte<br />

easyAPQ-Berechnung (ein Anzeigenpreis-<br />

Äquivalenzwert) beträgt für diese Medien<br />

über fünf Millionen Euro. Neben Wirtschaftsund<br />

Finanzmedien sowie Immobilien- und<br />

Lifestyle-Magazinen wird Wohnungsleerstand<br />

auch über Wirtschaftskammern und Gewerkschaftszeitungen<br />

sowie Bildungsinstitute und<br />

NGOs kommuniziert und debattiert. Auch<br />

die breite Bevölkerung wird durch Tages- und<br />

Wochenzeitungen über den Leerstand auf dem<br />

Wohnungsmarkt informiert, doch geschieht<br />

dies nicht in derselben Informationstiefe.<br />

Eine Sentimentanalyse zeigt auf, dass über<br />

die Leerstandsabgabe in Hauptartikeln eher<br />

positiv oder ambivalent kommuniziert wird.<br />

Wohnungsleerstände, die nur als Absatz oder<br />

Erwähnung in einem Artikel Platz finden, werden<br />

neutral bezeichnet.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

193


Buchtipps<br />

EDITOR´S<br />

CHOICE:<br />

Lesenswert!<br />

NEU!<br />

Das Ende der Maurerkelle<br />

30 Jahre Wohnbau in Österreich<br />

Andreas Kreutzer<br />

296 Seiten<br />

ISBN: 9783950063875<br />

Collage Verlag Wien | <strong>2022</strong><br />

€ 29,70<br />

Das Buch leuchtet die Hintergründe steigender Mieten und Wohnungspreise aus und beschreibt, wie die öffentliche<br />

Hand diesen Preisauftrieb zusätzlich befeuert. Zudem macht es deutlich, warum wir unsere Vorstellungen über die Art<br />

und Weise, wie wir bauen, ändern sollten.<br />

Martin Koczy, Matthias Nödl<br />

576 Seiten<br />

ISBN: 978707335798<br />

Linde Verlag | <strong>2022</strong><br />

€ 62,50<br />

Fachlexikon Begriffe<br />

im Bauprozess<br />

Definitionen I Praxisanmerkungen I Grafische Aufbereitung<br />

Das Lexikon bietet rund 2.000 juristische und technische<br />

Begriffe und Fachausdrücke, die für Juristen und<br />

Techniker in Zusammenhang mit dem Bauprozess<br />

relevant sind. Dabei beschränkt sich das durch zahlreiche Abbildungen und<br />

Skizzen ergänzte Nachschlagewerk nicht nur auf die Auflistung und Auslegung von<br />

Begriffen des Bauprozesses. Vielmehr bringt es Juristen, Technikern und sonstigen<br />

Interessierten das praktische Verständnis von Fachtermini des Bauprozesses aus<br />

unterschiedlichen Blickwinkeln anhand nützlicher Tipps für die tägliche Praxis und<br />

Verweisen auf Judikatur und Behördenpraxis näher. Ein leicht verständlicher, von<br />

erfahrenen Fachexperten aus Recht und Baupraxis verfasster Leitfaden, der in keiner<br />

Bibliothek fehlen darf!<br />

Sven Bienert, Margret Funk<br />

1190 Seiten<br />

ISBN: 9783902266347<br />

ÖVI Immobilienakademie | <strong>2022</strong><br />

€ 169,40<br />

Immobilienbewertung<br />

Österreich<br />

4. Auflage<br />

Die Neuauflage wurde in Zeiten tiefgreifender<br />

struktureller Veränderungen<br />

des wirtschaftlichen und sozialen Umfeldes<br />

erarbeitet. Seit der Finanzkrise 2008 haben die Unsicherheiten und die<br />

Volatilität der Märkte immer noch kein Ende gefunden – im Gegenteil,<br />

mit Covid-19 kamen neue Unwägbarkeiten dazu, und so wurden diese<br />

Aspekte nun fundiert aufgegriffen und beleuchtet. Das breit aufgestellte<br />

Autorenteam unter der Herausgeberschaft von Dr. Margret Funk und<br />

Dr. Sven Bienert vereint die besten Köpfe der jeweiligen Fachgebiete<br />

und bringt die Expertise verschiedenster Spezialisten in aller Vielfalt zur<br />

Geltung.<br />

Umbaukultur<br />

Für eine Architektur des Veränderns<br />

Umbauen, Anpassen, Wiederverwenden – diese Formen von Architektur sind so alt wie die Architektur selbst. Erst mit<br />

der Industrialisierung der Bauwirtschaft und dem Siegeszug der Moderne Anfang des 20. Jahrhunderts versank die<br />

Architektur des Umbauens in der Bedeutungslosigkeit. Abriss und Neubau waren von nun an die erste Wahl. Heute<br />

haben sich die Vorzeichen geändert. Die Bauindustrie ist zu einem ökologischen Problemfall geworden, und während<br />

noch immer unvermindert neu gebaut wird, stehen ältere Gebäude vermehrt zur Disposition, allen voran Warenhäuser,<br />

Kirchen und Büroimmobilien. Oft sind es nur einzelne Gebäude, manchmal aber auch ganze Viertel oder Innenstädte, die<br />

eine neue Zukunft brauchen. Diese baulichen Ressourcen zu nutzen ist nicht nur ein Gebot der Vernunft, sondern birgt<br />

auch ungeahnte architektonische Potenziale, wie immer mehr zeitgenössische Umbauprojekte beweisen.<br />

Christoph Grafe, Tim Rieniets<br />

360 Seiten<br />

ISBN: 9783987410109<br />

Kettler Verlag | <strong>2022</strong><br />

€ 38,00<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>04</strong>|<strong>2022</strong><br />

194


Die transparente<br />

Bauprojektdatenbank<br />

von IMMOunited<br />

NEUE GESCHÄFTE<br />

Erfahren Sie rechtzeitig, welche Bauprojekte<br />

in Ihrer Umgebung geplant sind, um neue<br />

Aufträge zu generieren.<br />

NACHHALTIGE PLANBARKEIT<br />

Behalten Sie Markt, Bauprojekte und<br />

Nachfrage immer im Blick, um Geschäftschancen<br />

frühzeitig zu erkennen.<br />

SCHNELLER PROJEKTERFOLG<br />

Analysieren Sie aktuelle Verkaufszahlen,<br />

um Ihre Objekte schnell zu verkaufen.<br />

ZUVERLÄSSIGES MARKTWISSEN<br />

Beobachten Sie (regionale) Entwicklungen<br />

sowie Ihren direkten Mitbewerb, um immer<br />

informiert zu sein.<br />

JETZT INKL.<br />

SHARE DEALS &<br />

UNTERNEHMENS-<br />

INSOLVENZEN<br />

Ansprechpartnerin:<br />

Martina Sauer<br />

Head of Sales<br />

+43 1 997 1560-50<br />

sauer@rsgroup.at<br />

www.IMMOunited.com<br />

© JAMJAM | HWB 42,2 – 45,1 kWh/m 2 a


www.arnold.immobilien<br />

Die Kompetenz<br />

unserer Makler ist<br />

Spezialität des Hauses.<br />

Wer beim Investment auf stabile Werte baut, hat mit Sicherheit mehr<br />

Möglichkeiten, das Leben zu genießen und für Generationen vorzusorgen.<br />

Diese Werte sind für uns nicht nur Immobilien in Bestlage. Sondern vor allem<br />

auch Verlässlichkeit, Ehrlichkeit und genaue Marktkenntnis. Europaweit.<br />

Ihr ganz privater Makler wird Sie auf allen Wegen unterstützen.<br />

ZEHN LÄNDER. EIN MAKLER. UNZÄHLIGE MÖGLICHKEITEN.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!