Arena Alva - Serafin Wiestner
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Freitag, 6. März 2009 <strong>Arena</strong> <strong>Alva</strong> 7<br />
F LIMS<br />
Hotels bauen im wandelbaren Gästegeschmack<br />
Anhand zweier Hotelprojekte<br />
im alpinen Raum wurden<br />
im Gelben Haus in<br />
Flims aktuelle Entwicklungen<br />
in der Hotellerie diskutiert.<br />
So unterschiedlich das<br />
«rocksresort» in Laax und<br />
das Gast- und Kulturhaus<br />
«Piz Tschütta» in Vnà auch<br />
sein mögen, beiden gemeinsam<br />
ist ein dezentrales<br />
Konzept.<br />
aVon Sarah Nigg<br />
Die aktuelle Ausstellung im<br />
Gelben Haus in Flims «Wie es<br />
dem Gast gefällt – Hotelarchitektur<br />
einst und heute» betreibt einerseits<br />
Spurensuche in der Vergangenheit<br />
der Bündner Hotellerie und zeichnet<br />
verschiedene architektonische<br />
Entwicklungen nach, andererseits<br />
greift sie aber auch aktuelle Projekte<br />
auf. In Rahmen dieser Ausstellung<br />
wurden unlängst zwei zeitgenössische<br />
Hotelprojekte im alpinen<br />
Raum diskutiert. Reto Gurtner,<br />
CEO der Weissen <strong>Arena</strong> Gruppe,<br />
und Jon Domenig, Architekt, gaben<br />
Auskunft zur Realisierung des<br />
«rocksresort» in Laax. Urezza Famos,<br />
Verlegerin und Initiatorin des<br />
Gast- und Kulturhauses «Piz<br />
Tschütta» in Vnà im Unterengadin,<br />
und Christoph Rösch, Architekt<br />
und Mitinitiator von «Piz Tschütta»,<br />
formulierten ihre Ansätze in<br />
einer Hotelwelt, die dem steten<br />
Wandel der Bedürfnisse des Gastes<br />
unterworfen ist. Geleitet hat die<br />
Diskussion Christian Dettwiler,<br />
Präsident des Vereins «Das Gelbe<br />
Haus».<br />
Herz im Zentrum zum<br />
Schlagen bringen<br />
Unterschiedlich sind die Landschaften,<br />
in denen sich das «rocksresort»<br />
und das «Piz Tschütta» befinden.<br />
Unterschiedlich sind auch<br />
die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen<br />
und touristischen Rahmenbedingungen.<br />
Unterschiedlich sind<br />
die Ansätze der Initiatoren und Visionäre<br />
und doch im Wesen gleich:<br />
Sowohl in Vnà als auch in Laax soll<br />
etwas in Bewegung geraten, sollen<br />
mehr Gäste kommen, soll ein bestimmtes<br />
Zielpublikum erreicht<br />
werden, sollen die Betten warm<br />
sein.<br />
Christian Dettwiler,Urezza Famos, Reto Gurtner,Jon Domenig und Christoph Rösch (v.l.) diskutierten<br />
aktuelle Projekte. (Bild Sarah Nigg)<br />
Vnà hat 70 Einwohnerinnen und<br />
Einwohner. «Keine Läden, keine<br />
Post, keine Schulen und der Kindergarten<br />
ist weg», bringt es Famos<br />
lakonisch auf den Punkt. Das Hotel<br />
«Piz Tschütta» steht auf dem<br />
Dorfplatz, es ist das Zentrum einer<br />
Infrastruktur, die das ganze Dorf<br />
rundherum miteinbezieht. Die<br />
Gäste, die nach Vnà kommen, werden<br />
im Haupthaus «Piz Tschütta»<br />
oder in bewohnten und unbewohnten<br />
Häusern der Gemeinde untergebracht,<br />
die sich gewissermassen<br />
an das Haupthaus «andockten».<br />
Ausser dem Hoteldorf ist in Vnà<br />
noch eine Pension im Tiefpreissegment<br />
vorhanden, die ausserhalb der<br />
«Piz Tschütta»-Infrastruktur steht.<br />
Architekt Rösch beschreibt das<br />
Projekt in Vnà als eine Herausforderung<br />
nicht nur in architektonischer,<br />
sondern auch in wirtschaftlicher<br />
und sozialer Hinsicht. Nicht<br />
zuletzt gehe es darum, das Herz des<br />
Hauses «Piz Tschütta» wieder zum<br />
Schlagen zu bringen. Dieses war<br />
einst nicht nur architektonisches,<br />
sondern auch emotionales Zentrum<br />
der Gemeinde Vnà, so Rösch.<br />
Famos ergänzt, dass es um das<br />
wirtschaftliche und soziale Wohlergehen<br />
in Vnà überhaupt gehe.<br />
Authentizität als Garant<br />
für Zeitlosigkeit<br />
Anders als das «Hoteldorf» im<br />
Unterengadin präsentiert sich das<br />
«rocksresort» in Laax Murschetg.<br />
Das Resort entsteht laut Gurtner<br />
vor dem historischen Background<br />
einer langen Hoteltradition, die mit<br />
dem «Waldhaus Flims» um 1875<br />
begann. «Viele Hotels entsprechen<br />
den heutigen Gästebedürfnissen<br />
nicht mehr», sagte Gurtner. Dies<br />
auch, weil zu wenig Investitionen<br />
getätigt worden seien. «Die Bedürfnisse<br />
ändern sich, ein Hotelier<br />
kann sich dem nicht entziehen», so<br />
Gurtner. Im Gegensatz zum «Piz<br />
Tschütta», dessen neueArchitektur<br />
und Idee sich bereits bestehende<br />
Gebäude einverleibt, sind ins Konzept<br />
des «rocksresort» gänzlich<br />
neue Bauten integriert. Jedoch<br />
«zeitlose» Bauten. Denn wie – dies<br />
fragten sich Gurtner und Domenig<br />
– kann ein Hotel seine Architektur<br />
und sein Konzept überdauern? Die<br />
pseudo-rustikalen und die überdimensionierten<br />
Hotelchalets sind in<br />
der modernen architektonischen<br />
Landschaft einfach nicht mehr «en<br />
vogue». Das «rocksresort» kombiniert<br />
einheimischen Valserquarzit<br />
und astige Eiche in einer klaren<br />
Formensprache und rekrutiert so<br />
auf eine Authentizität, die die Zeit<br />
überdauern soll. «Eiche bleibt<br />
Eiche, Stein bleibt Stein», so Gurtner.<br />
Nur wenige vermieten<br />
ihr eigenes Bett<br />
Das «rocksresort» richtet sich an<br />
ein freizeitaktives, sport- und genussorientiertes<br />
Publikum. Es richtet<br />
sich an Familien, die für ihre Ferien<br />
eine Wohnung möchten,<br />
gleichwohl auf Hotelkomfort aber<br />
nicht verzichten wollen. Laut Domenig<br />
entwickelte sich so die Piazza-Philosophie<br />
mit Shops und Gastronomiebetrieben<br />
für die Gäste<br />
gleich bei den neuen Gästehäusern<br />
an der Talstation Laax Murschetg.<br />
Die Shops und Restaurants sind<br />
übrigens bereits sämtliche geöffnet.<br />
Ebenso wie die ersten zwei<br />
Gästehäuser und das zentrale Parkhaus.<br />
An der Talstation Laax wurde<br />
laut Gurtner ein Konzept umgesetzt,<br />
das die Multikomplexität eines<br />
urbanen Raums widerspiegelt.<br />
Eine Marktplatz-Philosophie, die<br />
sich an Gäste richte, die gerne soziale<br />
Kontakte neu aufbauen und<br />
pflegen. «Das Konzept funktioniert»,<br />
so Gurtner. Über 85 Prozent<br />
seien im ersten Jahr ausgebucht.<br />
Seit Dezember 2008 bewohnen die<br />
ersten Gäste die Ferienanlage.<br />
Laut Famos kommen Gäste nach<br />
Vnà, die kultur- und naturinteressiert<br />
sind. Seit rund zehn Monaten<br />
läuft das Projekt. «Die Gästestruktur<br />
ist breiter als erwartet», so Famos.<br />
Auch dieses Konzept funktioniert.<br />
«Wir brauchen noch mehr<br />
Räume», sagte Rösch. Mehr «Satelliten»<br />
zu gewinnen, die sich um<br />
das «Piz Tschütta» gruppieren, ist<br />
aber nicht ganz einfach. Nicht nur<br />
inVnà, sondern überhaupt in Graubünden<br />
sind laut einer Studie nur<br />
20 Prozent von Hausbesitzern dazu<br />
bereit, die Betten weiterzuvermieten,<br />
wenn sie nicht da sind.<br />
www.rocksresort.com; www.hotelvna.ch<br />
Die nächste Begleitveranstaltung<br />
zur Ausstellung «Wie es<br />
dem Gast gefällt – Hotelarchitektur<br />
einst und heute» im Gelben<br />
Haus in Flims findet am<br />
4. April um 17 Uhr statt: Kuratorin<br />
Cordula Seger und Autorin<br />
Sina Semadeni-Bezzola, die<br />
1000 Geschichten über das Hotelleben<br />
erzählen kann, führen<br />
durch die Ausstellung.