19.09.2022 Aufrufe

CHECK Magazin - Gesundheitsmagazin für Männer No.9

Alkoholmissbrauch und dessen Folgen sind die zweithäufigste Ursache für Krankenhausbehandlungen in Deutschland. Mehr als 150 internistische, neurologische und psychiatrische Diagnosen werden mit Alkoholmissbrauch assoziiert. Doch eine Gruppe fällt beim Thema Alkoholkonsum besonders auf: Queere Menschen, darunter insbesondere schwule und bisexuelle Männer.

Alkoholmissbrauch und dessen Folgen sind die zweithäufigste Ursache für Krankenhausbehandlungen in Deutschland. Mehr als 150 internistische, neurologische und psychiatrische Diagnosen werden mit Alkoholmissbrauch assoziiert. Doch eine Gruppe fällt beim Thema Alkoholkonsum besonders auf: Queere Menschen, darunter insbesondere schwule und bisexuelle Männer.

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IST DOCH OK, SOLANGE DU<br />

FUNKTIONIERST!<br />

Doch Konformitätsdruck ist auch bei Erwachsenen<br />

ein Risikofaktor. Trinken gehört<br />

zur Normalität – insbesondere unter <strong>Männer</strong>n<br />

– und wird meist nicht hinterfragt, solange<br />

wir gesellschaftlich und beruflich funktionieren.<br />

Alkohol ist als Droge gesellschaftlich<br />

akzeptiert und fest etabliert sowie immer<br />

und überall verfügbar. Es wird weitläufig<br />

zum Stressabbau genutzt, auch wenn es nur<br />

kurzfristig Entspannung und Ausgelassenheit<br />

verschafft und langfristig die negativen<br />

Folgen überwiegen. Obwohl Alkoholiker*innen<br />

nicht stereotypisiert werden können, da es sie<br />

in allen Gesellschaftsschichten und Berufsgruppen,<br />

vom Jugend- bis ins Rentenalter,<br />

gibt, verschleiern stereotype Bilder von<br />

(heterosexuellen) arbeits- oder obdachlosen<br />

Alkoholiker*innen eine Volkskrankheit.<br />

Überdies wird medial das Bild einer bunten<br />

Regenbogenwelt geschaffen, in der es<br />

keine Diskriminierung oder Probleme mehr<br />

gibt. Politisch besteht wenig Interesse,<br />

sich weiteren LGBTI*-Themen zu widmen.<br />

Es fehlen deutsche Studien zu den spezifischen<br />

Problemlagen schwuler <strong>Männer</strong> und<br />

sexueller Minderheiten und vor allem fehlt es<br />

an innovativen, zielgruppenspezifischen und<br />

wirkungsträchtigen Präventions- und Behandlungskonzepten.<br />

Überdies wird medial das<br />

Bild einer bunten Regen -<br />

bogenwelt geschaffen, in der<br />

es keine Diskriminierung oder<br />

Probleme mehr gibt.<br />

Gesellschaftlich betrachtet können wir alle<br />

unseren Teil dazu beitragen, dass LGBTI*-Personen<br />

hoffentlich weniger bis keine Diskriminierung<br />

und Stigmatisierung mehr erleben<br />

müssen und ein unterstützendes Umfeld<br />

erfahren, das sich nicht mehr negativ auf ihre<br />

Gesundheit auswirkt. Die Realität sollte <strong>für</strong><br />

niemanden so schwer zu ertragen sein, dass<br />

ihn oder sie das Gefühl quält, aus ihr flüchten<br />

zu müssen. Da<strong>für</strong> benötigt es eine stärkere<br />

Förderung von Unterstützungsangeboten<br />

und Sozialmaßnahmen sowie queer- und<br />

geschlechtersensible Angebote der Jugend-,<br />

Familien- und Suchthilfe.<br />

Neue gesundheitsfördernde Methoden zur<br />

Stressreduktion sind <strong>für</strong> die breite Bevölkerung<br />

zugänglich zu machen, etwa über die<br />

Krankenkassen. Es ist wichtig, möglichst<br />

frühzeitig präventiv zu handeln, da die Vorbeugung<br />

von Suchterkrankungen in der Kindheit<br />

beginnt. Es wird vielfach diskutiert, ein<br />

Fach wie „Alltagskompetenzen“ in der Schule<br />

einzuführen. Dort könnten auch Methoden zur<br />

Entspannung und dem Umgang mit Gefühlen<br />

und Problemen gelehrt werden. Doch bereits<br />

der Sportunterricht könnte genutzt werden,<br />

um verschiedene Formen der Bewegung<br />

als konstruktives Mittel zum Stressabbau<br />

zu erlernen. Es bedarf einer motivierenden<br />

Alkohol- und Drogenprävention unter Partizipation<br />

von Schulsozialarbeiter*innen und<br />

Schüler*innen. Gesundheitskompetenzen gilt<br />

es, so früh wie möglich zu fördern. Auch die<br />

Stärkung von Selbstbewusstsein und Selbstwert<br />

macht Kinder resilienter. Es braucht vor<br />

allem mehr männliche Vorbilder im sozialen<br />

Umfeld und den Medien, die ein gesundes<br />

Trink- und Problem löseverhalten vorleben,<br />

und von denen Jungen innere Stärke, Eigenverantwortung<br />

und Sozialkompetenzen übernehmen<br />

können.<br />

Zudem müssen sich überholte Rollenbilder<br />

und Erwartungshaltungen an <strong>Männer</strong> ändern.<br />

<strong>Männer</strong> müssen keinen Alkohol trinken<br />

und nicht ihre körperlichen Grenzen austesten.<br />

Sie müssen Angst und Trauer nicht<br />

verleugnen und mit Alkohol oder Drogen<br />

unterdrücken. Vor allem sind sie alles andere<br />

als schwach, wenn sie sich ein Alkohol-<br />

FOTO: Lumos sp / ADOBE STOCK<br />

56 <strong>CHECK</strong> BERLIN #9

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