19.09.2022 Aufrufe

CHECK Magazin - Gesundheitsmagazin für Männer No.5

Beratungs- und Anlaufstellen für Drogennutzer*innen und Abhängige sehen sich einem besonderen Dilemma ausgesetzt. Die meisten Fachkräfte aus dem Bereich der Drogenprävention wissen, dass die Ansage: „Nehmt keine Drogen, weil sie illegal und ungesund sind“, die Menschen nicht vom Konsum abhält. Die Kunst ist hier, Konsum-Strategien zu vermitteln und bei Drogenmissbrauch individuelle Schadensbegrenzung vorzunehmen, etwa in Form von Safer Use.

Beratungs- und Anlaufstellen für Drogennutzer*innen und Abhängige sehen sich einem besonderen Dilemma ausgesetzt. Die meisten Fachkräfte aus dem Bereich der Drogenprävention wissen, dass die Ansage: „Nehmt keine Drogen, weil sie illegal und ungesund sind“, die Menschen nicht vom Konsum abhält. Die Kunst ist hier, Konsum-Strategien zu vermitteln und bei Drogenmissbrauch individuelle Schadensbegrenzung vorzunehmen, etwa in Form von Safer Use.

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SEXUELLE GESUNDHEIT<br />

SYPHILIS<br />

Die Lustseuche im Wandel<br />

der Zeiten<br />

„Syphilis“…, hört man diesen Namen, denkt man schnell an mittelalterliche Städte<br />

mit katastrophalen Hygienezuständen, billige viktorianische Bordelle in zwielichtigen<br />

Hafenbezirken und wilde Ausschweifungen bei höfischen Lustbarkeiten.<br />

Eine Mischung aus verruchtem Grusel vor diesen<br />

pre-hygienischen Zuständen und dem heimlichen<br />

Wunsch, bei solchen Gelagen dabei gewesen<br />

zu sein, umweht diese Krankheit. Selbst<br />

in berühmten Werken aus Kunst und Literatur<br />

wurde sie verewigt. Man sagte ihr nach, die Libido<br />

zu steigern und Erfahrungen mit Bewusstseinserweiterung<br />

zu ermöglichen.<br />

Syphilis war die Krankheit der Aristokratie, der<br />

Genies und Wahnsinnigen, der Künstler und<br />

Denker vergangener Zeiten. Zeiten ohne Wissen<br />

über medizinische Zusammenhänge und ohne<br />

heutige Moralvorstellungen. Eine Krankheit, die<br />

von ungezügelter Lust übertragen wurde.<br />

Seht ihr euch auch schon nach einem langen<br />

Jahr auf See, mit mächtig Durst in jeder Beziehung,<br />

in die nächste Taverne taumeln? Oder<br />

mit gepuderter Perücke in Brokate gehüllt die<br />

Freitreppe hinunterschreiten…?<br />

CUT! STOP! AUS! 10 min. Pause am Set!<br />

EIN ERFOLGREICHES COMEBACK<br />

„Syphilis“ ist eine von Bakterien übertragene<br />

hochansteckende Infektionskrankheit, deren<br />

Auswirkungen von schmerzhaften Geschwüren,<br />

bis zu Organschäden und der Zerstörung des<br />

zentralen Nervensystems reichen – und das ist<br />

sie heute.<br />

Die auch Lues venerea (Unheil von Liebeslust),<br />

Morbus Schaudinn oder harter Schanker genannte<br />

Erkrankung wird in den meisten Fällen<br />

durch Schleimhautkontakt beim ungeschützten<br />

Geschlechtsverkehr übertragen. Somit zählt<br />

Syphilis zu den sexuell übertragbaren Krankheiten<br />

(STI). Einer Gruppe von Erkrankungen, die<br />

gerade ein leider wenig beachtetes, aber sehr<br />

erfolgreiches Comeback hinlegt. Eine Infektion<br />

ist meldepflichtig, wird aber anonym registriert.<br />

Beweise <strong>für</strong> erhöhte Libido oder Bewusstseinserweiterung<br />

gibt es keine.<br />

Die Entwicklung stark wirksamer Antibiotika, wie<br />

etwa Penicillin, konnte die Ausbreitung vieler<br />

Krankheiten im 20. Jahrhundert stark eindämmen.<br />

Manche verschwanden in der westlichen<br />

Welt sogar fast komplett wie etwa Pest, Cholera,<br />

Lepra, Typhus oder Tuberkulose.<br />

Seit den 1990ern sind viele, darunter auch Syphilis,<br />

weltweit wieder auf dem Vormarsch. Und<br />

auch in den Industrienationen steigen seit den<br />

2010er Jahren die Infektionen sogar stark an.<br />

Laut Zahlen des inzwischen allseits bekannten<br />

Robert-Koch-Instituts lagen die gemeldeten<br />

Fälle 2009 bei 2742 und 2019 schon bei 7889. Ganz<br />

schön beeindruckend <strong>für</strong> eine „ausgestorbene“<br />

Krankheit.<br />

Wer den Namen „Syphilis“ hört, sollte also nicht<br />

an den alten Giacomo Casanova denken, sondern<br />

an seine eigenen letzten Sexualkontakte.<br />

ÜBER 80% DER BEKANNTEN<br />

INFEKTIONEN TRETEN BEI<br />

HOMOSEXUELLEN MÄNNERN AUF<br />

Das <strong>für</strong> Syphilis verantwortliche Bakterium<br />

Treponema pallidum wird nur von Mensch zu<br />

Mensch übertragen und überlebt außerhalb des<br />

Körpers nur kurz. Daher erfolgt die Infektion<br />

88 <strong>CHECK</strong> BERLIN/BRANDENBURG #5

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