19.09.2022 Aufrufe

CHECK Magazin - Gesundheitsmagazin für Männer No.5

Beratungs- und Anlaufstellen für Drogennutzer*innen und Abhängige sehen sich einem besonderen Dilemma ausgesetzt. Die meisten Fachkräfte aus dem Bereich der Drogenprävention wissen, dass die Ansage: „Nehmt keine Drogen, weil sie illegal und ungesund sind“, die Menschen nicht vom Konsum abhält. Die Kunst ist hier, Konsum-Strategien zu vermitteln und bei Drogenmissbrauch individuelle Schadensbegrenzung vorzunehmen, etwa in Form von Safer Use.

Beratungs- und Anlaufstellen für Drogennutzer*innen und Abhängige sehen sich einem besonderen Dilemma ausgesetzt. Die meisten Fachkräfte aus dem Bereich der Drogenprävention wissen, dass die Ansage: „Nehmt keine Drogen, weil sie illegal und ungesund sind“, die Menschen nicht vom Konsum abhält. Die Kunst ist hier, Konsum-Strategien zu vermitteln und bei Drogenmissbrauch individuelle Schadensbegrenzung vorzunehmen, etwa in Form von Safer Use.

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PARTNERSCHAFT<br />

Genau! Es ist nicht unbedingt so, dass jemand,<br />

der seine/n Partner*in nicht gut behandelt, das<br />

mit böser Absicht tut, sondern weil er <strong>für</strong> sich<br />

etwas Gutes gefunden hat. Er oder sie hat das<br />

eigene Leben verbessert und nun passt die/<br />

der Partner*in nicht mehr in das alte Leben.<br />

Das ist natürlich <strong>für</strong> die Zurückgebliebenen<br />

ganz schlimm und furchtbar. Die oder der<br />

vermeintlich „Böse“ hat aber Erfüllung und<br />

Zufriedenheit gefunden.<br />

Wo setzt du als Coach an, wenn so etwas<br />

vorkommt?<br />

Zunächst schaue ich mir die individuelle<br />

Situation der Menschen ganz genau an. Dann<br />

spreche ich meistens mit den Partner*innen<br />

getrennt, um bestimmte eingefahrene<br />

Routinen und Muster erst einmal zu negieren.<br />

Ich versuche, den Menschen mit seiner<br />

individuellen Geschichte, seinem Thema und<br />

seinen Gefühlen zu verstehen. Dann arbeiten<br />

wir gemeinsam daran, herauszufinden, wieviel<br />

die Beziehung eigentlich wert ist, wieviel man<br />

sich gegenseitig wert ist. Die Partner*innen<br />

äußern dann ihre Wünsche und Bedürfnisse.<br />

Dann kann jeder entscheiden, wieviel sie oder<br />

er bereit ist, <strong>für</strong> die andere Partei zu tun.<br />

Jede Beziehung bedeutet Arbeit, es gibt keine<br />

hundertprozentige individuelle Verwirklichung.<br />

Es wird immer Bereiche geben, in denen wir<br />

Rücksicht nehmen müssen. Speziell in der<br />

Partnerschaft liegt der Lösungsweg darin,<br />

dass man sich mit sich selbst beschäftigen<br />

muss. Ich muss erst einmal wissen, was<br />

ich eigentlich möchte. Was bin ich bereit zu<br />

geben? Was bin ich bereit aufzugeben? Was<br />

ist mir wichtig im Leben? Man beginnt, indem<br />

man nicht darüber nachdenkt, was der andere<br />

falsch macht, sondern was einem gut tut.<br />

Das ist der eigentlich schmerzhafte Prozess,<br />

weil man sich eventuell eingestehen muss,<br />

dass man Bedürfnisse und Wünsche hat, die<br />

die/der Partner*in nicht erfüllen kann.<br />

„GENERELL IST ES KEINE GUTE<br />

IDEE, SICH ETWAS VORZUMACHEN,<br />

UM EINE BEZIEHUNG AM LEBEN ZU<br />

HALTEN.“<br />

Wenn man ausgesprochen hat, was man sich<br />

eigentlich wünscht, ist es sehr viel leichter,<br />

Foto: khosrork_stock.adobe.com<br />

auf dieses Ziel zuzugehen und einen gemeinsamen<br />

Weg zu finden. Man darf die eigene<br />

Verantwortung aber nicht abgeben. Da ist<br />

Selbstachtung der Dreh- und Angelpunkt.<br />

Alles andere ist eine Maskerade und eine<br />

Lüge, mit der man natürlich leben kann. Aber<br />

generell ist es keine gute Idee, sich etwas<br />

vorzumachen, um eine Beziehung am Leben<br />

zu halten. Es gibt einen schönen Spruch: Alle<br />

sieben Jahre braucht der Mensch einen neuen<br />

Partner. Das heißt aber nicht, dass der Partner<br />

ein neuer Mensch sein muss. Wir Menschen<br />

verändern uns und entsprechend muss die<br />

Beziehung angeglichen werden. Und das ist<br />

viel Arbeit.<br />

Warum ist es so schwer, sich aus einer nicht<br />

funktionierenden Beziehung oder Situation zu<br />

lösen?<br />

Das Phänomen gibt es in ganz vielen Bereichen,<br />

nicht nur in der Partnerschaft, auch<br />

in der Wirtschaft oder der Politik. Man nennt<br />

es „Entrapment“ (Gefangensein) und es meint,<br />

dass man bereits zu viel investiert hat, um<br />

jetzt aufzugeben. Schauen wir uns die Corona-<br />

Politik in Deutschland an. Es wirkt fast so,<br />

<strong>CHECK</strong> BERLIN/BRANDENBURG #5<br />

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