flip-Joker_2022-09
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THEATER KULTUR JOKER 3
Begegnungen an Sehnsuchtsorten
Das sieben Wochen dauernde Gstaad Menuhin Festival
steht vor Veränderungen
Lesung und Konzert mit Klaus Maria Brandauer und Sebastian Knauer am Klavier
Foto: Gstaad Menuhin Festival
Die Glocken läuten zum
Konzert. Vor der Kirche
Saanen herrscht dichtes Gedränge.
Masken liegen zwar
an den Eingängen aus, bleiben
aber weitgehend unangetastet.
Man genießt die Normalität.
Was heute auf dem Programm
steht, wissen die Besucherinnen
und Besucher nicht. Das
Konzert von Sir András Schiff
ist trotzdem ausverkauft. Den
Klavierabend beginnt der Pianist
auf seinem mahagonibraunen
Bösendorfer-Flügel mit
der Aria aus Johann Sebastian
Die Abende am 29.9. und am 4.10. finden im Kaisersaal im Historischen
Kaufhaus, Münsterplatz, Freiburg, die Abende am 6. und 15. Oktober
finden im Humboldtsaal, Humboldtstr. 2, Freiburg, statt.
Karten zu 30 € (ermäßigt 20 €) und 25 € (ermäßigt 15 €) beim BZ-
Kartenservice, bei reservix und an der Abendkasse.
Alle Konzerte werden unter den jeweils geltenden Hygieneregeln der
Corona-Verordnung des Landes durchgeführt.
Weitere Informationen unter www.liederaben.de
Bachs „Goldberg-Variationen“.
Ludwig van Beethovens späte
Bagatellen op. 126 haben in
Schiffs meisterhaftem Spiel
extrovertierte Energie, aber
auch fragile Innerlichkeit.
Zum Schluss: Franz Schuberts
schwergewichtige Klaviersonate
in A-Dur. Schiff kostet die
Längen aus, entdeckt Sehnsuchtsorte
und lässt im Finale
dramatische Einbrüche auf
melodische Emphase prallen.
Die Konzerte in den dreizehn
Kirchen des Saanenlandes sind
in diesem Jahr beim siebenwöchigen
Gstaad Menuhin Festival
sogar besser verkauft als
2019 vor der Pandemie. Corona
ist beim über 50 Konzerte
umfassenden Festival kaum
ein Thema mehr. Ein Erbe der
Coronapandemie ist aber der
Verzicht auf eine Konzertpause
in allen Kirchenkonzerten.
Von der Struktur her ist das
Gstaad Menuhin Festival 2022
gleichgeblieben. Man holt in
diesem Jahr den coronabedingt
ausgefallenen Festivaljahrgang
2020 mit dem Thema „Wien“
nach. Größere Veränderungen
wird es erst im nächsten Jahr
geben. Zum einen bemüht sich
das Festival dann um eine bessere
CO2-Bilanz, zum anderen
möchte Intendant Christoph
Müller in Zukunft aktuelle
Weltgeschehnisse im Programm
spiegeln. Stolz ist Müller
auf die Conducting Academy,
die unter den insgesamt
fünf Akademien in Gstaad
die aufwändigste und international
renommierteste ist.
Drei Wochen dürfen die insgesamt
zehn Teilnehmerinnen
und Teilnehmer – einer davon
Jascha von der Goltz aus Freiburg
– mit dem Spitzenorchester
unter der Leitung von Johannes
Schlaefli und Jaap van
Zwedenganz unterschiedliches
Repertoire proben. Der Neeme
Järvi Prize am Ende verschafft
den Gewinnern sogar künftige
Auftrittsmöglichkeiten mit
Partnerorchestern.
Preise hat Klaus Maria Brandauer
schon einige gewonnen.
In der voll besetzten Kirche
Zweisimmen ist seine Rezitationskunst
bei seiner Lesung
von Richard Wagners Erzählung
„Eine Pilgerfahrt zu
Beethoven“ zu erleben. Der
Ich-Erzähler namens Richard
Wagner muss auf seiner Reise
von Leipzig nach Wien mit allerlei
Problemen kämpfen. Vor
allem kommt ihm immer wieder
ein nervender Engländer in
die Quere, den Brandauer mit
passendem Akzent charakterisiert.
Großartig, wie der
österreichische Schauspieler
vom Plauderton zur Eskalation
wechselt, wie er das Tempo
variiert und auch mimisch die
Geschichte verlebendigt. Nur
die von Sebastian Knauer zu
holzschnittartig interpretierte
„Mondscheinsonate“ im Anschluss
an die 75-minütige
Lesung wirkt ein wenig angeklebt,
zumal das Werk nicht
direkt mit der Erzählung zu
tun hat.
Das Aufeinandertreffen von
Avi Avital und Ksenija Sidorova
in der Kirche Boltigen
unter dem Titel „Von Wien
nach Rio de Janeiro“ dagegen
hat eine perfekte Gesamtdramaturgie.
Der israelische
Mandolinen-Virtuose und die
lettische Akkordeonistin begegnen
sich trotz der völlig
unterschiedlichen Instrumente
auf Augenhöhe. Hier die sofort
ansprechende, fast perkussive
Mandoline – dort das atmende
Akkordeon. Perfekt passen die
Instrumente zu Igor Strawinskys
„Suite Italienne“, die gerade
in den neoklassizistischen
Verfremdungen gewinnt.
Manuel de Fallas „Sietecancionespopularesespañolas“
hat
man selten so sinnlich gehört.
Georg Rudiger
Charakterschmuck
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Meistergoldschmiede in der Ölmühle
Insel 1A, 79098 Freiburg, 0761 22969
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