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20 KULTUR JOKER VISION

Gaskugel in Betzenhausen

Bürgerprojekt trifft auf Widerstand / Denkmalfest am 10. und 11. September

Im Jahre 1299 ereignete sich

die ‚Schlacht von Betzenhausen‘.

Sie ging in die Geschichte

Freiburgs ein, weil die Bürger

der Stadt sich auflehnten gegen

die Grafschaft von Egino II.,

den dessen Schwager, der Bischof

von Straßburg, unterstütze.

Der Bischof wurde tödlich

verwundet, seine Truppen, die

im Westen der Stadt aufmarschiert

waren, mussten sich zurückziehen.

In ganz anderer Sache grummelt

es jetzt wieder in der Gemarkung.

Bekanntlich hat ein

Arbeitskreis als gut vernetztes

Bürgerprojekt ein kulturelles

Nutzungskonzept für die im

Sommer 2019 stillgelegte Gaskugel

entwickelt und an verschiedener

Stelle präsentiert.

Anlässlich des größten deutschen

Kulturevents, dem „Tag

des Offenen Denkmals“ findet

ein zweitägiges Fest mit buntem,

reichhaltigen Programm statt.

Als besonderer Gast kommt der

aus Betzenhausen stammende

Künstler Peter Gaymann und

stellt eine neue Cartoon-Serie

zum Thema vor, Signierstunde

inbegriffen. Ort des Geschehens

ist das benachbarte Gelände bei

den Tennisanlagen der SF Eintracht

Freiburg. Denn der Zutritt

auf das Areal des Energiespeichers

selbst bleibt weiterhin verwehrt.

Roland Weis, Leiter der

Unternehmenskommunikation

der Badenova, teilt auf Anfrage

mit, dass sich auf dem umzäunten

Gelände an der Kugel

„weitere technische Anlagen befinden,

die teils noch betriebsrelevant

für die Gasversorgung

sind. Aus Sicherheitsgründen

können wir daher keinen Zugang

für Sommerfeste und öffentliche

Veranstaltungen der

geplanten Art erlauben, zumal

dies dann auch für unsere Seite

mit einem hohen Personalaufwand

verbunden wäre.“ Schade,

dass das nicht organisiert werden

konnte, auch der AK Gaskugel

um die Kunsthistorikern

Heike Piehler ärgert sich.

Zur Frage, was mit dem Industriedenkmal

künftig passieren

soll, äußert sich der Energieversorger

nicht: „Es liegen uns

neben den Plänen des von Ihnen

genannten Arbeitskreises noch

etliche weitere Ideen, Anfragen

und Vorschläge anderer Akteure

vor, die wir nicht zu bewerten

und zu entscheiden haben – dies

ist Angelegenheit der Stadtpolitik

und der kommunalen Entscheidungsgremien“,

so Weis.

Das klingt ebenfalls nicht wirklich

transparent, wüsste man

doch gern, wie diese Alternativkonzepte

aussehen. Der Ball

Peter Gaymann schickt sein Huhn zur Gaskugel

©Gaymann

liegt jetzt also bei der Stadtpolitik,

damit nicht wieder die

skurrile Situation eines ‚Tags

des geschlossenen Denkmals‘

eintritt. Einen Erfolg konnte die

Initiative schon im Vorfeld verbuchen:

Das Fest wurde, als einer

von neun Programmpunkten

in Baden-Württemberg, von der

Deutschen Stiftung Denkmalschutz

zum „Highlight“ gekürt,

eine Art Shortlist besonders bemerkenswerter

Aktivitäten am

Denkmalstag.

Martin Flashar

Info: Sa., 10.09., 17 bis 21 Uhr:

Hock, So., 11.09., 11 bis 17 Uhr:

Tag des Offenen Denkmals,

detailliertes Programm hier:

www.gaskugel-freiburg.de .

Freiburgs Innenstadt-Problem

Hilft jetzt ‚Manufactum‘? Wohl kaum …

Die Entwicklung, besser:

Verödung, der Innenstädte und

ihrer schwindenden Angebote

an lokalem Einzelhandel ist

ein längst erkanntes und weit

verbreitetes Phänomen. Auch

in Freiburg. Beratungen, gemeinderätliche

Diskussionen,

Hearings fanden jüngst mehrfach

statt. Eigentlich alles viel

zu spät, denn Jahrzehnte lang

wurde dem Marktkapitalismus

und Mietenwucher das Terrain

überlassen. Regulatorische Eingriffe

durch die Kommune fanden

nicht statt – so schwierig die

auch rechtlich sein mögen, wenn

die Stadt nicht oder nur selten

Immobilieneigner ist. Doch es

gibt positive Vorbilder für innovative

Szenarien der Funktionsmischung

zur Neubelebung

einer ‚Elasticity‘ der Zukunft

andernorts schon längst.

Die Corona-Pandemie und die

Inflation des online-Handels stehen

im Brennpunkt, sind Indikatoren,

nicht wirklich indes die

Ursachen. Studien haben Vitalität,

Ambiente und Flair als zentrale

Standort-Faktoren erwiesen.

Das meint einen orts- und

regionaltypischen, attraktiven

Einzelhandel in bunten Facetten,

ergänzt durch für Alle zugängliche

kulturelle Orte: Bibliotheken

und Archive, Städtische

Galerien, Buchhandlungen,

Musikgeschäfte, Geschichtswerkstätten,

mehr Grün, Sitzgelegenheiten

mit Ruhe und

Ausblick – Rückbau von Autostraßen

und Parkhäusern einbegriffen.

Shopping allein geht jedenfalls

nicht; Mischnutzungen,

Verkleinerung der Verkaufsflächen

sind zudem vonnöten. Vor

einigen Wochen wurde publik,

dass Manufactum mit einem

neuen Geschäftsstandort in die

bisherige Filiale der Kaiser-

Herrenbekleidung in der Schusterstraße

1 einzieht, fünfzehn

weitere ‚Warenhäuser‘ des einst

mit grünem Flair aufgetretenen

Anbieters von Wohnaccessoires

und aufgehübschten Dingen des

alltäglichen Bedarfs gibt es. Die

Tagespresse begrüßte den Vorgang,

Erleichterung schien sich

breit zu machen. Kritische Leserbriefe

fielen nicht ins Auge.

Gewiss: besser als wieder einmal

die üblichen Groß-Filialisten

von Pimkie bis TK Maxx.

Seit 2008 die Otto-Gruppe den

Retro-Handel, der sein Hauptgeschäft

längst im Versand macht,

schluckte, nahmen der Chic ab

und kritische Stimmen zu. Sei’s

drum. Eines steht fest: Eine

zukunftsweisende Lösung für

Freiburgs City ist damit nicht

erzielt.

Martin Flashar

FREIBURGER Unikate

Stadtwappen Freiburg

Stadtwappen Freiburg, Entwürfe G. Zoller

Freiburg Münsterturmuhr

Konviktstr. 21-23, 79098 Freiburg, Tel. 0761 37536

www.culinara-freiburg.de

Zuwanderung tut not

Aus kulturellen und wirtschaftlichen Gründen freuen wir uns auf neue Menschen

Die Probleme sind bekannt

und liegen auf dem Tisch.

Noch während der sogenannten

Flüchtlingskrise 2015/16 konnten

manche von uns die Erfahrung

machen, dass historische Argumente

nicht verfangen haben:

Selbst im Dialog mit Bekannten

und Freunden beim geselligen

Abend stieß entsprechende Rede

damals oft auf Missverständnis

oder Unglaube. Auch konkrete

Beispiele aus der Geschichte der

Menschheit, wie sehr durch und

nach Migrationen zwischen den

Völkern auffällig oft jeweils ein

kultureller und zivilisatorischer

Fortschritt erzielt wurde, fielen

vielfach emotionaler Ablehnungshaltung

zum Opfer.

Damals bildete der Bürgerkrieg

in Syrien den Brennpunkt,

jetzt ist es der Krieg in der Ukraine.

Hier scheint man nun auf

den ersten Blick etwas freundschaftlicher

gesonnen: Der Invasor

ist der angestammte kommunistische

Feind Russland; es sind

keine Menschen aus dem arabischen

Raum, sondern irgendwie

doch Europäer; meist auch

christlich verankert, jedenfalls

nicht mit hohem Anteil muslimisch

– so dass nicht gleich

auch Terrorismus-Verdacht

auf die Tagesordnung kommt.

Ziemlich absurd wirkt das alles

im Vergleich und Rückblick auf

nur etwa sieben Jahre.

Vor wenigen Tagen veröffentlichte

das arbeitgebernahe

„Institut der Deutschen Wirtschaft“

eine Studie, wonach die

Bevölkerung im erwerbsfähigen

Alter von aktuell 53,1 Millionen

auf 50,1 Millionen im Jahr 2035

sinke. Die Folgerung besteht

in einem Plädoyer für massive

Zuwanderung. Das ist die eine,

ökonomische Seite.

Einen Eklat lieferte jüngst die

Abschiebung einer (bewährten)

Pflegekraft aus dem Freiburger

Carolus-Heim nach Armenien,

unangekündigt und mitten während

der Nachtschicht. Stichwort

hier: Fachkräftemangel

und ein Minimum an humaner

Feinfühligkeit. Wer das angeordnet

hat, dem/der sollte die

zu erwartende Beamtenpension

spürbar gekürzt werden, möchte

man spontan fordern. Es geht

am Ende aber nicht um die vielen

einzelnen Fehlgeleiteten in

bürokratischen Abhängigkeitsverhältnissen,

sondern die Beförderung

einer neuen, offenen

Haltung insgesamt. Endlich benötigen

wir in Deutschland ein

zeitgemäßes Einwanderungsgesetz!

Dann profitiert auch die

Kultur hierzulande.

Martin Flashar

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