14.09.2022 Aufrufe

flip-Joker_2022-09

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Kunst KuLtuR JOKER 11

Malen aus innerem Antrieb und Begeisterung

Das Museum Frieder Burda zeigt die Ausstellung „Die Maler des Heiligen Herzens“ mit Werken aus der Sammlung

des Kunsthändlers Wilhelm Uhde

André Bauchant, Le triomphe de Neptune, 1929 Sammlung Zander © VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Die Farben leuchten. Meist

ist der Himmel blau und das

Gras saftig grün. Über den

Gesichtern liegt oft ein rätselhaft

archaischer Ausdruck.

Wer will sich daran stören,

dass die Köpfe viel zu groß

sind für die klein geratenen

Hände und Füße, wenn über

diesen Bildern eine Art unschuldiger

Zauber liegt? Diesem

Zauber verfiel nach dem

Ersten Weltkrieg der bedeutende

Sammler und Kunsthändler

Wilhelm Uhde. Er

nannte die pinselführenden

Autodidakten „Die Maler des

Heiligen Herzens“. Mochten

Andere schwarze Quadrate

malen oder ihre Motive kubistisch

zerlegen. Im Museum

Frieder Burda in Baden-

Baden kann man bis zum 20.

November den Charme der

„Maler des Heiligen Herzens“

kennenlernen.

Wilhelm Uhde entdeckte die

nicht an Akademien ausgebildeten

Künstler eher zufällig.

Der eine hatte ein Bild bei

einem Trödelhändler hängen,

von der anderen stand ein

Stillleben auf einem Stuhl in

der Wohnung eines befreundeten

Paares. Uhde mochte

sich mit dem Modernismus

der 20er Jahre nicht anfreunden.

Ihm gefielen die klaren

Motive, die strahlenden Farben,

die Zugänglichkeit der

Gemälde von Menschen, die

aus Begeisterung und innerem

Antrieb malten. Der Bekannteste

unter ihnen dürfte Henri

Rousseau sein. Uhde präsentierte

Rousseaus Werke zusammen

mit denen von André

Bauchant, Camille Bombois,

Séraphine Louis und Louis

Vivin 1928 in Paris in einer

Ausstellung mit dem Titel

„Maler des Heiligen Herzens“.

Dass die Proportionen der

dargestellten Personen bei André

Bauchant nicht stimmen,

übt einen ganz eigenen Reiz

aus. Der weißbärtige Mönch

zum Beispiel scheint sich neben

der Säule am Bildrand

gerade wie ein Geist materialisiert

zu haben, das Gesicht

mit den dunklen Augen wirkt

archetypisch – genau so stellt

man sich das Gesicht eines

Mönchs vor. Bauchants Faszination

durch die griechische

Antike kommt in verspielten,

fantastischen Gemälden zum

Ausdruck, in denen die Götter

immer wie frühe Hippies

wirken. Als gelernter Gärtner

liebte Bauchant Blumen. Seine

Magnolienblüten vor dunklem

Grund sind keine zarten

Exoten, sondern kraftvoll und

üppig.

Séraphine Louis arbeitete

in der ersten Hälfte ihres langen

Lebens als Putzfrau und

Haushälterin. Ihre Stillleben

sind eine echte Überraschung.

Der Bilderrahmen kann sie

kaum halten, die züngelnden,

in Rot-, Rost- und Gelbtönen

leuchtenden Blüten und die

wild wuchernden Blätter. Ihre

Kirschen erinnern an Weihnachtskugeln,

ihre Blüten in

Blumensträußen an Pfauenfedern

und haarige Raupen.

Louis ging es nicht um eine

detailgetreue Abbildung. Alle

ihre Stillleben sind genau das

nicht, still, sondern strahlen

eine mitreißende Dynamik

aus.

Camille Bombois hat vieles

gemacht, unter anderem trat

er als Ringkämpfer auf Jahrmärkten

und im Zirkus auf.

Daran erinnert ein Bild, das

den Betrachter zum Komplizen

macht. Gemeinsam mit

der Tänzerin und dem weiß

geschminkten Pierrot lugt

man durch einen Spalt im

Vorhang: wie viele Zuschauer

sind wohl gekommen? Bombois

zeichnet sich durch einen

direkten, plakativen Stil aus.

Von handwerklichem Können

zeugt das Gemälde der Mühle

am Wasser, auf dessen glitzernder

Oberfläche sich perfekt

die Mühle und die Bäume

spiegeln. Eine gelassene Ruhe

liegt über Bombois‘ Bildern.

Henri Rousseau dagegen

erweist sich in den gezeigten

Werken als Meister beunruhigender

Dramatik. Seine

Himmel sind nicht blau. Gewitterwolken

drohen über der

Mühle, der Wasserlauf zieht

den Blick zum Gebäude und

die hoch aufragenden Bäume

leiten den Blick weiter zum

aufziehenden Unwetter. Wasserläufe

machen eine Biegung

so dass man sich fragt, was

wohl dahinter liegt. Zwischen

der Naturidylle aus herrlich

grünem Blattwerk schlägt der

Löwe seine Zähne in den Nacken

der Antilope.

Jagdszenen geraten bei dem

pensionierten Postangestellten

Louis Vivin zu erstaunlich

heiteren Gemälden. Im

Vordergrund stehen sich eine

Raubkatze und ein Elefant gegenüber,

an den dahinter aufgereihten

Palmen kann man

einen Affen und eine Schlange

entdecken. Auf einem anderen

Bild scheinen sich die Hunde

über den empörten Keiler zu

Camille Bombois, Nu au collier, undatiert

Sammlung Zander © VG Bild-Kunst, Bonn 2022

amüsieren. Bei der Darstellung

von Gebäuden wie dem

Pariser Trocadéro machte sich

Vivin die Mühe, praktisch jeden

Stein einzeln zu malen. Er

wäre ein hinreißender Kinderbuch-Illustrator

gewesen, da

seine Werke einen fröhlichen

Charme ausstrahlen.

Ein Raum der Ausstellung

ist Wilhelm Uhde selbst gewidmet,

der als deutscher

Kunsthändler in Paris in der

www.galerie-claeys.de _ Kirchstraße 37 _ 79100 Freiburg

_ Der wundersame Weg einer Blume

16.09.-29.10.2022

Detel Aurand

( galerie claeys

ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

ein ebenso aufregendes

wie aufreibendes Leben

führte.

„Die Maler des Heiligen

Herzens“. Museum Frieder

Burda, Lichtentaler Allee

8b, 76530 Baden-Baden,

Kinder bis 8 frei, www.museum-frieder-burda.de.

Bis

20.11.2022.

Nike Luber

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!