VNW-Magazin Sonderausgabe 2022

Das VNW-Sondermagazin 2022 enthält neben Fachartikeln Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten. Das VNW-Sondermagazin 2022 enthält neben Fachartikeln Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.

09.09.2022 Aufrufe

VNW magazin Wohnen im Norden Sonderausgabe_2022 Lösungen Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen

<strong>VNW</strong> magazin<br />

Wohnen<br />

im Norden<br />

<strong>Sonderausgabe</strong>_<strong>2022</strong><br />

Lösungen<br />

Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen


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1<br />

Inhalt <strong>Sonderausgabe</strong>_<strong>2022</strong><br />

Editorial 02<br />

Bilanz 2021/<strong>2022</strong> 05<br />

Retten wir wieder die Wale? 10<br />

Interview Dr. Ulrik Schlenz 12<br />

Biodiversität beim BVE 16<br />

Weiterbildung SPRINT break 18<br />

Läuft wie gedruckt 24<br />

Wie bei einer Dating-App 28<br />

INITIATIVE WOHNEN 2050 32<br />

So bin ich erzogen worden 36<br />

Versuch mit Vorbildcharakter? 40<br />

Dörfliche Idylle mitten in der Stadt 42<br />

Die unsichtbare Gefahr im Boden 50<br />

Digitale Gebäudeakte 52<br />

Dankbar für ein Zuhause auf Zeit 58<br />

Greifswalder Südstadt 64<br />

Eine Erfolgsgeschichte 66<br />

In der Nachbarschaft der Trave 70<br />

Raus aus Gas und Öl 72<br />

Solidarische Gesellschaft 76<br />

Genossenschaftsgedanke 80<br />

Blaupause für andere Unternehmen? 84<br />

Viele stecken schon im Berufsleben 88<br />

Impressum 92<br />

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung<br />

der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet.<br />

Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.<br />

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Lösungen<br />

Blütenträume werden platzen und in<br />

der Politik werden sich pragmatische<br />

Lösungen durchsetzen.


2<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser,<br />

Der Autor Nassim Taleb, der viele Jahre an<br />

der Wall Street als erfolgreicher Analyst<br />

arbeitete, hat in einem seiner Bücher geschrieben,<br />

dass die Zukunft sich mit aller<br />

Wahrscheinlichkeit von der Vergangenheit<br />

unterscheiden werde.<br />

Das mag auf den ersten Blick wie eine Binse klingen. Aber<br />

üblicherweise versuchen Menschen, die Zukunft auf der<br />

Basis ihrer Erfahrungen „vorherzusagen“, sich also auf<br />

das zu verlassen, was sie gelernt haben. Nassim Taleb hingegen<br />

geht davon aus, dass das nicht funktioniert. Die<br />

Welt würde sich viel zu schnell verändern, meint er zur<br />

Begründung.<br />

Wir erleben in diesen Tagen schmerzhaft, wie recht<br />

Nassim Taleb hat. Schienen vor ein paar Wochen – auch<br />

angesichts der sommerlichen Temperaturen – die Auswirkungen<br />

der für den Herbst zu erwartenden Gaspreissteigerungen<br />

als eine Erzählung aus einer anderen Welt,<br />

so erleben in diesen Tagen viele Menschen einen Schock,<br />

wenn sie Post von ihrem Gasversorger erhalten. In Leipzig<br />

beispielsweise wurde einer Hausbesitzerin verkündet, dass<br />

ihre monatliche Vorauszahlung von rund 200 auf 1200<br />

Euro erhöht wird – und zwar von September an.<br />

Viele Mieterinnen und Mieter von <strong>VNW</strong>-Unternehmen<br />

können sich derzeit noch in (trügerischer) Sicherheit wiegen,<br />

aber das auch nur, weil die Vermieter in Vorleistung<br />

gehen und die höheren Abschläge zunächst übernehmen<br />

müssen. Der Tag, an dem die Heizkostenabrechnung im<br />

Briefkasten liegt, wird dann um so heftiger. Nicht nur, dass<br />

eine kräftige Nachzahlung droht. Auch die Höhe der Vorauszahlung<br />

wird deutlich steigen.<br />

Das Problem für unsere Unternehmen besteht darin,<br />

dass sie eine unterschiedliche Ausgangslage haben. Größere<br />

Betriebe, die in nachgefragten Regionen mit kostendeckenden<br />

Mieten agieren, werden diese finanziellen<br />

Zusatzlasten leichter schultern können als jene, die kleiner<br />

und in Regionen aktiv sind, wo die Wohnung den Mieter<br />

sucht und die Leerstandsquote über dem Durchschnitt<br />

liegt.<br />

In der Politik ist, auch dank unserer Warnungen, die<br />

Dramatik der Lage zwar inzwischen angekommen, aber<br />

an konkretem Gegensteuern fehlt es. Dabei ist die Sache<br />

einfach. Benötigt wird finanzielle Hilfe für in Liquiditätsnot<br />

geratene Unternehmen. Das Ganze ist zudem nicht einmal<br />

kostspielig, da die Unternehmen die „Zwischenfinanzierung“<br />

ja zurückzahlen, wenn die Mieterinnen und Mieter<br />

ihre Heizungskosten beglichen haben.<br />

Die Hartleibigkeit, mit der Teile der Politik inzwischen auf<br />

die Belange der Wohnungswirtschaft reagieren, ist ärgerlich.<br />

Der Höhepunkt dürfte das Hin und Her bei der KfW-<br />

Förderung zu Beginn dieses Jahres gewesen sein. Doch<br />

anstatt daraus zu lernen, setzt das Bundeswirtschaftsministerium<br />

seinen von Ideologie getriebenen Kurs fort, mit<br />

der Folge, dass die Neubauzahlen demnächst dramatisch<br />

einbrechen werden.<br />

Das, was gerade im Bau oder in der Planung weit vorangeschritten<br />

sei, werde noch umgesetzt, heißt es aus<br />

den meisten <strong>VNW</strong>-Unternehmen. Wohin die künftigen<br />

Investitionen jedoch fließen werden, darüber tüfteln die<br />

Experten in den Unternehmen derzeit. Klar ist, dass der<br />

Großteil der Fördermittel für die (energetische) Sanierung<br />

von Bestandsgebäuden zur Verfügung steht.<br />

Ob das den (von Bundeswirtschaftsminister Robert<br />

Habeck) gewünschten Effekt haben wird, darf bezweifelt<br />

werden. Abgesehen davon, dass die Förderung für die einzelnen<br />

Maßnahmen gesenkt wurde und Vorschläge aus<br />

der Wohnungswirtschaft kaum Gehör fanden, mangelt<br />

es an allem, das zur Umsetzung notwendig ist: Wärmepumpen,<br />

Baumaterial, Fachkräfte. Am Ende wird sich die<br />

Realität durch die Ideologie „fressen“.<br />

Garanten des sozialen Friedens<br />

Auch wenn sich seit dem Regierungswechsel in Berlin die<br />

Bedingungen für die sozialen Vermieter noch einmal verschlechtert<br />

haben, bleiben <strong>VNW</strong>-Unternehmen Garanten<br />

des sozialen Friedens. Derzeit liegt bei ihnen die monatliche<br />

Nettokaltmiete im Durchschnitt bei 6,26 Euro pro<br />

Quadratmeter – lediglich sechs Cent mehr als ein Jahr zuvor.<br />

2021 investierten die <strong>VNW</strong>-Unternehmen rund 2,31<br />

Milliarden Euro in den Neubau, die Instandhaltung und<br />

die Modernisierung. 2020 waren es zwei Milliarden Euro<br />

gewesen.<br />

Auch in Krisenzeiten lassen Vermieter mit Werten nicht<br />

nach, Menschen, vor allem jenen, die über wenig Einkommen<br />

verfügen, ein sicheres Zuhause zu garantieren. Natürlich<br />

wird niemand, der bei einem <strong>VNW</strong>-Unternehmen<br />

Mieterin oder Mieter ist, sein Dach über dem Kopf verlieren,<br />

weil sie oder er die Heizungsrechnung nicht begleichen<br />

kann. Allerdings machen es sich Mietervereine und<br />

Teile der Politik leicht, wenn sie auf die Verantwortung der<br />

Vermieter verweisen, aber eigene Pflichten nur teilweise<br />

erfüllen.


Gerade jetzt wäre es angemessen, wenn Mietervereine<br />

ihre Mitglieder sachlich informierten und nicht gegen die<br />

Vermieter aufhetzten. Dass zu wenige Mieterinnen und<br />

Mieter auf Bitten von <strong>VNW</strong>-Unternehmen, die Heizkostenvorauszahlung<br />

zu erhöhen, positiv reagierten, hat auch<br />

damit zu tun, dass Mietervereine Wohnungsunternehmen<br />

unterstellten, sie wollten sich unrechtmäßig ein Finanzpolster<br />

schaffen. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern auch<br />

fahrlässig.<br />

Die Diskussion über mehr Wohngeld für mehr Menschen<br />

und höhere staatliche Zahlungen für die „Kosten<br />

der Unterkunft“ führen wir nun schon seit Jahren. Dennoch<br />

tun sich politisch Verantwortliche in Regierungen,<br />

aber auch auf lokaler Ebene schwer, wenn es an „ihre“<br />

Steuereinnahmen geht. Der Hinweis, dass das Geld dann<br />

an anderer Stelle fehlen würde, mag richtig sein. Das geht<br />

aber den sozialen Vermietern ebenso.<br />

Grundsätzlich gilt, und das nicht erst seit der Energiekrise,<br />

dass betriebswirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten<br />

sich nicht „par ordre du mufti“ außer Kraft setzen lassen.<br />

Ein großer Teil unserer Mitgliedsunternehmen ist seit vielen<br />

Jahrzehnten aktiv und hat dunkle Zeiten erlebt. Dass<br />

diese immer noch existieren, hat auch damit zu tun, dass<br />

sie solide wirtschafteten, klug investierten und auf Heller<br />

und Pfennig achteten.<br />

Im Mittelpunkt der Tätigkeit von <strong>VNW</strong>-Unternehmen<br />

steht nicht das Erwirtschaften einer Maximalrendite. Das<br />

ist klar. Dennoch müssen auch sie am Ende eines Geschäftsjahres<br />

mindestens eine schwarz Null bzw. einen<br />

angemessenen Gewinn vorweisen. Steigende Baukosten<br />

und höhere Materialpreise sowie Mehraufwand beim Personal<br />

gehen auch an <strong>VNW</strong>-Unternehmen nicht spurlos<br />

vorüber.<br />

Eine starke Interessenvertretung ist unverzichtbar<br />

Der <strong>VNW</strong> hat in den vergangenen zwölf Monaten unter<br />

Beweis gestellt, dass in unsicheren Zeiten eine starke Interessenvertretung<br />

unverzichtbar ist. Wir verstehen uns als<br />

Lobbyisten für eine gute Sache. Nicht nur die Wohnungsunternehmen,<br />

sondern auch viele ihrer Mieterinnen und<br />

Mieter zählen auf den <strong>VNW</strong>, wenn es darum geht, das<br />

bezahlbare Wohnen im Norden Deutschlands zu sichern.<br />

In Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein<br />

haben sich nach Landtagswahlen Regierungen in neuen<br />

Konstellationen gebildet. Dort wie in Hamburg gilt es, die<br />

Stimme der wohnungspolitischen Vernunft zu bleiben.<br />

Wohnen ist eine der wichtigsten sozialen Fragen unserer<br />

Zeit. Das müssen auch jene verstehen, die glauben, eigene<br />

politische Ziele auf Kosten der Mieterinnen und Mieter<br />

umsetzen zu können.<br />

Die jüngsten Präsenzveranstaltungen wie die Digitalisierungstagung,<br />

das Managementforum, der Betriebskostentag<br />

oder die vielen Seminare haben eindringlich<br />

gezeigt, wie wichtig der Austausch „von Angesicht zu<br />

Angesicht“ ist. Auch wenn derzeit kaum jemand über Corona<br />

spricht: Die Pandemie bleibt eine Herausforderung<br />

– vor allem für den Veranstaltungsbereich des <strong>VNW</strong>.<br />

Besonders erfolgreich war in den vergangenen Monaten<br />

die juristische Beratung durch den Verband. Pandemie<br />

und Heizkostenkrise stellten unsere Mitgliedsunternehmen<br />

vor zahlreiche rechtliche Probleme; entsprechend<br />

hohen Beratungsbedarf gab es. Auch im Bereich der Verwaltung<br />

stärkte der <strong>VNW</strong> seine Rolle als Dienstleister, beispielsweise<br />

bei der Übernahme der Personalabrechnung<br />

für Mitgliedsunternehmen.<br />

Die Durchführung der umfangreichen Prüfungs-,<br />

Steuer- und betriebswirtschaftlichen Beratungsleistungen<br />

wurde im Jahr 2021 mit insgesamt 32 Mitarbeitern im<br />

Prüfungsdienst einschließlich des Innendienstes und vier<br />

Mitarbeitern der Steuerabteilung erbracht.<br />

Die Durchführung von Prüfungen nach § 53 GenG<br />

für die im <strong>VNW</strong> organisierten Genossenschaften ist die<br />

gesetzliche Kernaufgabe des Prüfungsbereiches und war<br />

auch in den vergangenen zwölf Monaten Schwerpunkt<br />

der Tätigkeit. Es wurden 154 Prüfungen für Genossenschaften<br />

und 21 Prüfungen für Unternehmen in anderer<br />

Rechtsform durchgeführt.<br />

Wir freuen uns natürlich, dass wir in diesem Jahr –<br />

dieses Mal in Lübeck – erneut unsere Arbeitstagung „vor<br />

Ort“ durchführen können. Das werden zwei Tage mit interessanten<br />

Vorträgen und guten Gesprächen. Das Ihnen<br />

vorliegende Sondermagazin, das aus Anlass der Arbeitstagung<br />

erscheint, ist gefüllt mit spannenden Beiträgen aus<br />

dem Alltag der <strong>VNW</strong>-Unternehmen und Ihres <strong>VNW</strong>. Sie<br />

belegen, wie lebendig und innovativ die sozialen Vermieter<br />

Norddeutschlands sind.<br />

Zwei Interviews zum aktuellen Selbstverständnis von<br />

Genossenschaften wollen wir Ihnen besonders ans Herz<br />

legen. Auch im vergangenen Jahr wurden die sozialen<br />

Vermieter, zu denen neben den Genossenschaften die<br />

am Gemeinwohl orientierten Wohnungsgesellschaften<br />

gehören, immer wieder mit gierigen Managern in einen<br />

Topf geworfen. Das schmerzt, ist aber auch immer wieder<br />

Antrieb für uns, unter Beweis zu stellen, dass beides geht:<br />

bezahlbares Wohnen und gesundes Wirtschaften.<br />

Lassen Sie uns am Ende dieses Editorials auf Nassim Taleb<br />

zurückkommen. In seinem Buch „Antifragilität: Anleitung<br />

für eine Welt, die wir nicht verstehen“ schreibt er, dass<br />

manche Dinge in Folge von Krisen besser werden. Blütenträume<br />

werden platzen und in der Politik werden sich<br />

pragmatische Lösungen durchsetzen. Das ist doch eine<br />

hoffnungsfrohe Aussicht.<br />

Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen.<br />

Andreas Breitner, <strong>VNW</strong>-Vorstand und Verbandsdirektor<br />

WP/StB Gerhard Viemann, Direktor für den Prüfungsdienst


4


5<br />

<strong>VNW</strong> ALLGEMEIN<br />

<strong>VNW</strong>-Mitgliedsunternehmen<br />

Gesamt Genossenschaften andere Fördermitglieder<br />

Hamburg 142 52 17 73<br />

Mecklenburg-Vorpommern 169 69 82 18<br />

Schleswig-Holstein 95 48 30 17<br />

<strong>VNW</strong> Gesamt 406 169 129 108<br />

Wohnungsbestand der <strong>VNW</strong>-Mitgliedsunternehmen<br />

Gesamt Eigener Bestand davon Anteil<br />

geförderter WE<br />

Verwalteter<br />

Bestand<br />

Prozentanteil am<br />

Mietwohnungsbestand<br />

der Länder<br />

Hamburg 309.167 302.064 73.097 7.103 41 %<br />

Mecklenburg-Vorpommern 270.982 245.217 6.404 25.765 50 %<br />

Schleswig-Holstein 168.397 138.000 24.696 30.397 24 %<br />

<strong>VNW</strong> Gesamt 748.546 685.281 104.197 63.265 37 %<br />

BESTANDSMIETEN<br />

∙ HH ∙ MV ∙ SH ∙ <strong>VNW</strong> LEERSTAND / FLUKTUATION ∙ HH ∙ MV ∙ SH<br />

9,1<br />

6,2<br />

6,0<br />

6,2<br />

Durchschnittlicher<br />

Leerstand in Prozent<br />

1,1<br />

1,4<br />

Durchschnittliche<br />

Fluktuation in Prozent<br />

7,03<br />

6,30 6,26<br />

BETRIEBSKOSTEN / HEIZKOSTEN<br />

∙ HH<br />

∙ MV ∙ SH<br />

5,44<br />

Durchschnittliche<br />

Nettokaltmiete<br />

pro Quadratmeter<br />

in Euro<br />

1,52<br />

0,98<br />

1,43<br />

1,10<br />

1,70<br />

1,19<br />

Durchschnittliche<br />

Betriebskosten -<br />

vorauszahlungen kalt<br />

pro Quadratmeter<br />

in Euro<br />

Durchschnittliche<br />

Heizkostenvorauszahlungen<br />

pro Quadratmeter<br />

in Euro


367<br />

BAUTÄTIGKEIT DER <strong>VNW</strong>-MITGLIEDSUNTERNEHMEN<br />

Beschäftigte der <strong>VNW</strong>-Mitgliedsunternehmen<br />

∙ HH<br />

∙ MV ∙ SH<br />

∙ <strong>VNW</strong><br />

Gesamt<br />

Azubis<br />

841<br />

Hamburg 4.031 185<br />

Mecklenburg-Vorpommern 2.668 105<br />

Baufertigstellungen<br />

2021<br />

3.371<br />

287<br />

Schleswig-Holstein 2.144 92<br />

<strong>VNW</strong> Gesamt 8.843 382<br />

2.243<br />

Mitgliederbestand der Wohnungsbaugenossenschaften im <strong>VNW</strong><br />

1.046<br />

Gesamt<br />

Hamburg 245.393<br />

Mecklenburg-Vorpommern 100.029<br />

4.829<br />

2.781<br />

Baufertigstellungen<br />

<strong>2022</strong> (geplant)<br />

1.002<br />

Schleswig-Holstein 126.539<br />

<strong>VNW</strong> Gesamt 471.961<br />

INVESTITIONEN DER <strong>VNW</strong>-MITGLIEDSUNTERNEHMEN IN MIO. EURO<br />

∙ HH<br />

∙ MV ∙ SH<br />

∙ <strong>VNW</strong><br />

347<br />

105<br />

120<br />

108<br />

Gesamt<br />

Neubau 1.032<br />

180<br />

2021<br />

1.446<br />

gesamt<br />

732<br />

445<br />

gesamt<br />

423<br />

gesamt<br />

Instandhaltung 722<br />

Modernisierung 560<br />

220<br />

135<br />

Insgesamt 2.314<br />

290<br />

120<br />

88<br />

Gesamt<br />

Neubau 1.155<br />

228<br />

<strong>2022</strong><br />

(Plan)<br />

1.376<br />

gesamt<br />

730<br />

598<br />

gesamt<br />

423<br />

gesamt<br />

197<br />

Instandhaltung 744<br />

356<br />

138<br />

Modernisierung 498<br />

250<br />

Insgesamt 2.397


WOHNUNGSBESTAND DER LÄNDER<br />

7<br />

Wohnungsbestand gesamt<br />

Hamburg 983.891<br />

Mecklenburg-Vorpommern 921.785<br />

Schleswig-Holstein 1.529.774<br />

Stand 2021<br />

WOHNFLÄCHE<br />

∙ HH<br />

∙ MV ∙ SH<br />

WOHNUNGSGRÖSSE<br />

∙ HH<br />

∙ MV ∙ SH<br />

39,4<br />

45,9 49<br />

Durchschnittliche<br />

Wohnfläche<br />

je Einwohner<br />

in Quadratmeter<br />

76,3<br />

80,1<br />

93,6<br />

Durchschnittliche<br />

Wohnungsgröße<br />

in Quadratmeter<br />

Stand 2021<br />

Stand 2021<br />

ALLGEMEINE STATISTISCHE DATEN DER LANDESÄMTER<br />

12.000<br />

Baufertigstellungen der Länder (insgesamt)<br />

2017 2018 2019 2020 2021<br />

9.000<br />

Hamburg 7.920 10.674 9.805 11.269 7.461<br />

Mecklenburg-Vorpommern 5.1 52 5.435 5.272 7.493 4.293<br />

6.000<br />

Schleswig-Holstein 11.972 12.025 13.668 14.07 7 12.636<br />

3.000<br />

2017<br />

2018<br />

2019<br />

2020<br />

2021<br />

Baugenehmigungen der Länder (insgesamt)<br />

15.000<br />

2017 2018 2019 2020 2021<br />

Hamburg 12.465 11.087 11.632 10.140 9.852<br />

10.000<br />

5.000<br />

Mecklenburg-Vorpommern 6.645 6.384 6.275 6.7 24 6.915<br />

Schleswig-Holstein 14.168 14.846 15.435 16.558 16.565<br />

0<br />

2017<br />

2018<br />

2019<br />

2020<br />

2021


∙<br />

∙<br />

1.610.900<br />

8<br />

BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG DER LÄNDER<br />

∙ HH<br />

∙ MV ∙ SH<br />

Bevölkerungsentwicklung<br />

3.000.000<br />

Hamburg<br />

Mecklenburg-<br />

Vorpommern<br />

Schleswig-<br />

Holstein<br />

2013 1.740.307 1.598.400 2.8 1 1 .243<br />

2.500.000<br />

2014 1.754.567 1.597.800 2.823.410<br />

2015 1.7 75.100 1.605.800 2.844.789<br />

2.000.000<br />

2016 1.798.923 1.61 1 .500 2.870.320<br />

1.500.000<br />

2017 1.820.51 1 .<br />

2.885.874<br />

2018 1.835.882 1.610.400 2.893.267<br />

1.000.000<br />

2019 1.844.216 1.608.1 38 2.900.243<br />

2020 1.849.866 1.610.7 74 2.907.324<br />

500.000<br />

2021 1.850.246 1.6 1 1 .000 2.9 1 4 .746<br />

0<br />

2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021<br />

*Stand Juni 2021<br />

HAUSHALTSSTRUKTUR DER LÄNDER IN TAUSEND<br />

∙ HH<br />

∙ MV ∙ SH<br />

331<br />

580<br />

52 %<br />

506<br />

gesamt<br />

980 private<br />

Haushalte<br />

474<br />

48 %<br />

60 %<br />

∙<br />

489<br />

gesamt<br />

820 private<br />

Haushalte<br />

∙<br />

40 %<br />

60 %<br />

∙<br />

864<br />

gesamt<br />

1.444 private<br />

Haushalte<br />

∙<br />

40 %<br />

Einzelpersonenhaushalte<br />

in Tausend<br />

Mehrpersonenhaushalte<br />

in Tausend<br />

Stand 2021<br />

Haushaltsgröße / Durchschnittsalter<br />

durchschnittliche<br />

Haushaltsgröße 2021<br />

durchschnittliches Alter<br />

der Bevölkerung 2020<br />

Hamburg 1,87 42,1 .<br />

Mecklenburg-Vorpommern 1,94 47,7<br />

Schleswig-Holstein 1,99 45,6


9 <strong>VNW</strong><br />

„Bekanntlich ist man auf nichts<br />

so stolz wie auf das, was man<br />

seit zwei Minuten weiß.“<br />

Kurt Tucholsky,<br />

deutscher Journalist und Schriftsteller<br />

(1890-1935)


10<br />

<strong>VNW</strong><br />

„Na, Frau Marquardt:<br />

Retten wir wieder die<br />

Wale? ”<br />

Klara Marquardt hat beim Bauverein der Elbgemeinden das Nachhaltigkeitsmanagement<br />

aufgebaut. Jetzt berichtete sie vor dem Fachausschuss Marketing<br />

und Kommunikation über ihre Erfahrungen.<br />

VON OLIVER SCHIRG<br />

KLARA MARQUARDT<br />

ist seit 2016 mit viel Herz und Verstand Nachhaltigkeitsmanagerin<br />

des Bauvereins der Elbgemeinden eG und Teil des Teams Klima 2045.<br />

f


11<br />

„Natürlich hilft Leidenschaft, Menschen<br />

zu überzeugen. Auch zu akzeptieren,<br />

dass es Widerstände gibt, ist hilfreich.“<br />

Hamburg. Vor fünf Jahren hat Klara Marquardt beim Bauverein<br />

der Elbgemeinden eG (BVE) als Nachhaltigkeitsmanagerin angefangen.<br />

Mit einem „weißen Blatt Papier“ sei das gewesen, erzählt<br />

die 32-Jährige beim Besuch des Fachausschusses Marketing und<br />

Kommunikation. Das Gute: „Ich konnte von Grund auf ein Nachhaltigkeitskonzept<br />

aufbauen, das zum BVE passt, das ganzheitlich<br />

und authentisch ist.“<br />

Inzwischen gilt der BVE unter den Genossenschaften als Vorbild<br />

in Sachen Nachhaltigkeit und der entsprechenden Berichterstattung.<br />

Doch dahin zu kommen, sei nicht einfach gewesen, sagt<br />

Klara Marquardt. „Entscheidend war, dass ich mich zu 100 Prozent<br />

auf den Vorstand und seine Unterstützung verlassen konnte.<br />

Das ist unverzichtbar, wenn man in Sachen Nachhaltigkeit erfolgreich<br />

sein will.“<br />

Ist-Analyse als Ausgangspunkt<br />

Zunächst habe sie sich schlaugemacht. „Ich habe mir die Praxis<br />

anderer Wohnungsunternehmen angeschaut und viel gelesen.<br />

Besonders gute Projekte nahm ich als Vorbild und nutzte sie<br />

zum Vergleich, wo wir stehen.“ Die „Stakeholderanalyse“ sei die<br />

Basis für die „Wesentlichkeitsanalyse“ gewesen, erzählt Klara<br />

Marquardt weiter. Dabei habe man herausgefunden, was die wesentlichen<br />

Aufgaben seien, die der BVE in Sachen Nachhaltigkeit<br />

zu erfüllen habe. „Das war sehr aufwendig, weil wir mehr als<br />

500 Personen befragten und uns jetzt darauf berufen können. Im<br />

Kern ging es darum, herauszufinden, was wir vordringlich bearbeiten<br />

wollen.“<br />

Zudem wurde ein Grundgerüst für ein Nachhaltigkeitscontrolling<br />

entwickelt: „Also: Welche Zahlen sollten wir kennen<br />

und welche Zahlen wollen wir berichten? Dazu stellten wir uns<br />

die Frage, nach welchen Kriterien wir berichten wollten.“ Anfangs<br />

habe man sehr wenig Kennzahlen gehabt, erinnert sich die<br />

Nachhaltigkeitsmanagerin. „Wir mussten uns alles mithilfe der<br />

Kolleginnen und Kollegen in den unterschiedlichen Abteilungen<br />

zusammensuchen.“ Das einzufordern sei oft nicht einfach gewesen.<br />

„Schließlich bedeutete es ja Mehrarbeit.“<br />

Klara Marquardt listet ein paar Herausforderungen auf, die sie<br />

in diesem Zusammenhang zu bewältigen hatte:<br />

• Wie viel Kohlendioxid stößt Wohnungsbestand aus?<br />

• Wie viel Kohlendioxid stoßen die Fahrzeuge des<br />

BVE-Fuhrparks aus?<br />

• Wie viel Energie verbraucht die Verwaltung?<br />

• Wie viel Energie verbrauchen die Handwerker?<br />

„Am Ende besaßen wir eine große Excel-Tabelle mit der jeweiligen<br />

Zahl und den Kriterien, die dahinter stehen.“ Entscheidend sei,<br />

nie zu vergessen, dass der Nachhaltigkeitsbericht für Genossenschaftsmitglieder<br />

erarbeitet werde. „Transparenz halte ich für unverzichtbar:<br />

Die Mitglieder sollen die Kennzahlen verstehen, um<br />

mitreden zu können.“<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „mitnehmen“<br />

Zugleich versuchte Klara Marquardt, die Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter des BVE einzubeziehen. „Das fing damit an, dass wir<br />

alle darüber informierten, was wir machen. Bei einer zusätzlichen<br />

Stelle, die geschaffen wird, gibt es natürlich Fragen, warum der<br />

BVE das braucht.“ Zugleich sei es darum gegangen, am praktischen<br />

Beispiel die Wirkung der Arbeit aufzuzeigen. „Wir haben<br />

ein neues Abfallmanagement eingeführt, was sicher nicht gleich<br />

bei jedem gut ankam. Aber wir konnten zeigen, dass es manchmal<br />

Kleinigkeiten sind, die eine große Wirkung entfalten.“<br />

Als die ersten Kennzahlen vorlagen, führte der BVE das Umweltmanagementsystem<br />

Ökoprofit ein. Der Clou: Man etabliert<br />

das System gemeinsam mit anderen Unternehmen in Hamburg,<br />

die vor den gleichen Herausforderungen stehen. „In Hamburg<br />

bestand unsere Gruppe zunächst aus zwölf Unternehmen, die<br />

das System gemeinsam eingeführt haben. Ein Jahr lang erarbeiteten<br />

wir uns Monat für Monat ein Thema – Wasser, Verbräuche,<br />

Kohlen dioxid – und tauschten uns darüber aus, was wir verbessern<br />

können. Das hat sehr geholfen.“<br />

Ein Nebeneffekt der Einführung dieses Systems: „Man lernt<br />

die Gebäude des Unternehmens in Sachen Verbrauch kennen:<br />

Verwaltungsgebäude, Werkstätten und Werkhallen – einfach<br />

alles“, sagt Klara Marquardt. Zudem gebe es bundesweit einen<br />

„Ökoprofit Club“ mit mehreren Hundert Mitgliedern. „Man kann<br />

dort viel lernen, auch wenn die Branchen der beteiligten Unternehmen<br />

unterschiedlich sind. Aber gerade beim Thema Nachhaltigkeit<br />

ist es sinnvoll, über den Tellerrand zu schauen.“<br />

Enge Bindung an den Vorstand ist unverzichtbar<br />

Entscheidend für den Erfolg als Nachhaltigkeitsmanagerin sei die<br />

enge Bindung an den Vorstand – da ist sich Klara Marquardt sicher.<br />

„Natürlich muss ich auch durchsetzungsstark sein und benötige<br />

‚freie Hand‘ bei meinen Aufgaben. Aber wenn der Vorstand das<br />

nicht pusht und keine eigene Stelle hat, wird das Ganze nichts.“<br />

Natürlich helfe Leidenschaft, Menschen zu überzeugen. Auch<br />

zu akzeptieren, dass es auch Widerstände gibt, ist hilfreich. „Man<br />

benötigt eine hohe Frustrationsgrenze, wenn man manche Diskussionen<br />

immer und immer wieder führt oder mit dem Satz begrüßt<br />

wird: ‚Na, Frau Marquardt: Retten wir wieder die Wale?‘.<br />

Aber der Wandel zu mehr Nachhaltigkeit ist von grundsätzlicher<br />

Natur, und das braucht seine Zeit.“<br />

Zudem gibt es beim BVE einen externen Nachhaltigkeitsbeirat,<br />

in dem freiwillig Mitglieder der Genossenschaft, Vertreterinnen<br />

und Vertreter und Aufsichtsratsmitglieder mitarbeiten. Die Gruppe<br />

von zehn Leuten trifft sich zweimal im Jahr. „Es gibt kritische<br />

Fragen, aber, und das ist mir wichtig, auch den Blick von außen.“h


12<br />

<strong>VNW</strong><br />

„Kern war, ist und bleibt die<br />

Mitgliederförderung“<br />

Dr. Ulrik Schlenz, Vorstand der Wankendorfer Baugenossenschaft für Schleswig-Holstein eG, spricht<br />

im Interview über die Aktualität von Genossenschaften, über bezahlbares Wohnen und darüber, ob<br />

sich der Staat zu sehr in den Bau von Wohnungen einmischt.<br />

VON OLIVER SCHIRG


13<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Die Baukosten steigen seit vielen Monaten.<br />

Kann eine Wohnungsgenossenschaft heute noch mit dem<br />

Bau von Wohnungen beginnen, ohne gegen den eigenen<br />

Satzungsauftrag zu verstoßen?<br />

Dr. Ulrik Schlenz: Dazu ein grundsätzliches „Ja“ von<br />

meiner Seite. Die Frage richtet sich ja auf die in den genossenschaftlichen<br />

Satzungen gewählte Formulierung<br />

der „sozial verantwortbaren Wohnraumversorgung“.<br />

Wenn wir uns als Gesellschaft auf bestimmte Standards<br />

der Bauvorschriften und des Klimaschutzes im Gebäude<br />

verständigt haben, so sind die daraus entstehenden Mieten<br />

offenbar ein gesellschaftlicher Konsens, der uns allen<br />

zugemutet wird. Und damit sind dieser Standard und die<br />

sich daraus ergebende Miete – zumindest im Durchschnitt<br />

– auch sozial verantwortbar für unsere Gesellschaft. Dass<br />

wir in bestimmten gesellschaftlichen Gruppen damit zunehmend<br />

eine Herausforderung haben, steht auf einem<br />

anderen Blatt.<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: In vielen Satzungen von Genossenschaften<br />

steht geschrieben, sie sollen bezahlbaren Wohnraum für<br />

ihre Mitglieder schaffen. Wer heute mit dem Bau startet,<br />

muss am Ende zwischen 16 und 17 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter<br />

nehmen, um wenigstens eine „schwarze Null“ zu<br />

schreiben. Sind das noch bezahlbare Mieten?<br />

Dr. Ulrik Schlenz: Bezahlbar ist ein ziemlich willkürlicher<br />

Begriff, da er auf die individuellen Einkommensverhältnisse<br />

abhebt – und deshalb steht er glaube ich auch so in<br />

keiner Satzung. Dort wird in der Regel von guter, sicherer<br />

und sozial verantwortbarer Wohnraumversorgung gesprochen.<br />

Es gibt zweifellos einen zunehmenden Teil der<br />

Bevölkerung, bei dem mit der genannten Mietbelastung<br />

ein häufig politisch adressiertes „Drittel der Ausgaben für<br />

die Wohnung“ überschritten würde. Da besteht bei derart<br />

hohen Einstandsmieten aufgrund gestiegener Gestehungskosten<br />

dann auch mehr Handlungsbedarf für soziale<br />

Wohnraumförderung, damit dieser Zielgruppe geholfen<br />

werden kann.<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Wie sollte eine Genossenschaft mit den<br />

hohen Baukosten umgehen? Gar nicht mehr bauen?<br />

Dr. Ulrik Schlenz: Meines Erachtens nicht. Einerseits<br />

müssen wir für nicht sanierungswürdige Altbauten einen<br />

Ersatzneubau umsetzen. Andererseits sind Genossenschaften<br />

ein vitaler Baustein bei der Schaffung zusätzlich<br />

benötigten Wohnraums. Vielmehr wird es – jenseits konjunktureller<br />

oder krisenbedingter Marktschwankungen –<br />

darum gehen, mit dem Ziel eines guten Mieten-Mix sich<br />

für den Erhalt und Ausbau geeigneter Förderprogramme<br />

einzusetzen.<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Genossenschaften wurden vor mehr als 120<br />

Jahren – meist als das Zusammengehen von Gleichgesinnten<br />

und mit dem Anspruch der Hilfe zur Selbsthilfe – gegründet.<br />

Inzwischen hat sich unsere Gesellschaft verändert.<br />

Sind die „alten“ Satzungsaufträge der Genossenschaften<br />

noch zeitgemäß?<br />

Dr. Ulrik Schlenz: Mehr denn je. Wir müssen die Satzungsaufträge<br />

aber in der jeweiligen gesellschaftlichen<br />

Realität leben. Das ist möglich und wird von vielen Genossenschaften<br />

auch gut umgesetzt. Letztlich geht es dabei<br />

um die nachhaltige Interpretation des Förderauftrages –<br />

die Balance zwischen dem Nutzen der Mitglieder heute<br />

einerseits und dem Vermögenserhalt und dem Nutzen<br />

zukünftiger Generationen andererseits. Wenn Mitglieder<br />

und Gremien der Genossenschaften dies gut austarieren,<br />

dann ist dies nach meiner Überzeugung in vielen Belangen<br />

eine sehr nachhaltige – und im besten Sinne demokratische<br />

Unternehmensform.<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Sind Genossenschaften heute nicht mehr<br />

das, was sie mal waren? Müssen sie sich wandeln? Und<br />

wenn ja: wohin?<br />

Dr. Ulrik Schlenz: Wandeln einzig im Sinne der Realisierung<br />

ihrer Nachhaltigkeitserfordernisse. Viele Genossenschaften<br />

machen das auch bereits. Aber ich habe in<br />

meiner beruflichen Laufbahn leider auch einige Beispiele<br />

erlebt, bei denen die Nutzenmaximierung der Mitglieder<br />

von Genossenschaften im „Hier und Heute“ die mittelund<br />

langfristige Stabilität der Genossenschaft gefährdete<br />

und die Unternehmen verschwanden. In der richtigen<br />

Balance bietet die genossenschaftliche Unternehmensverfassung<br />

aber einen unschätzbaren Vorteil, indem sie<br />

sich nur an den Interessen ihrer Mitglieder ausrichtet. Es<br />

gibt weder Renditeerwartungen von externen Anteilseignern<br />

oder kurzfristige Notwendigkeiten zur Kurspflege<br />

an Aktienmärkten, noch ist sie politisch motivierten Unternehmensentscheidungen<br />

von Gremien der öffentlichen<br />

Hand unterworfen.<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Welche Kernelemente sollte die Satzung<br />

einer (heute) modernen Genossenschaft enthalten?<br />

Dr. Ulrik Schlenz: Der Satzungskern war, ist und bleibt die<br />

Mitgliederförderung. Das gilt auch für moderne Genossenschaften.<br />

Die notwendigen Elemente und Regelungen<br />

dazu finden sich in den an den veränderten Rahmenbedingungen<br />

orientierten Mustersatzungen der Verbände.<br />

f


14 <strong>VNW</strong><br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Teile der Politik sehen in Genossenschaften<br />

ein normales, gewinnorientiert wirtschaftendes Wohnungsunternehmen<br />

und plädieren deshalb für eine sogenannte<br />

„neue Gemeinnützigkeit“. Brauchen wir eine „neue<br />

Gemeinnützigkeit“?<br />

Dr. Ulrik Schlenz: Nein. Man hat auch manchmal den<br />

Eindruck, dass Menschen, die sich an der Gewinnorientierung<br />

von Unternehmen reiben, sich mit elementaren<br />

betriebswirtschaftlichen Grundlagen nicht wirklich auseinandergesetzt<br />

haben. Gewinnerzielung ist nichts Böses,<br />

sondern gleichsam Ergebnis und Voraussetzung einer erfolgreichen<br />

und nachhaltigen Unternehmensentwicklung.<br />

Gerade in Zeiten, in der die Wohnungswirtschaft neuen,<br />

zusätzlichen Wohnraum schaffen soll und Klimaschutz in<br />

den Gebäuden umsetzen muss, wird zusätzliches Eigenkapital<br />

für die notwendigen Investitionen benötigt. Genossenschaften<br />

ist aber eine Gewinnmaximierung und<br />

ein Abfluss des erwirtschafteten Kapitals aus dem Unternehmen<br />

durch hohe Renditen an die Anteilseigner oder<br />

Abführungen an andere öffentliche Haushalte fremd.<br />

Überschüsse werden in die Modernisierung des Bestandes<br />

und den Neubau gesteckt. Darüber hinaus sind Genossenschaften<br />

in einem hohen Maße in gemeinwohlorientierten<br />

Projekten in ihrem Wohnumfeld aktiv.<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Hinter der Forderung nach einer „neuen<br />

Gemeinnützigkeit“ steckt auch die politische Absicht, Wohnungsunternehmen<br />

zu haben, die in Teilen nach engen Vorgaben<br />

des Staats bzw. der Politik agieren (müssen)? Genossenschaftsvorstände<br />

hingegen sind nur ihren Mitgliedern<br />

verpflichtet und deshalb deutlich unabhängiger gegenüber<br />

der Politik. Ist deshalb die „neue Gemeinnützigkeit“ auch ein<br />

„Angriff“ auf die Unabhängigkeit von Genossenschaften?<br />

Dr. Ulrik Schlenz: Das kann man schon so sehen. Zumindest<br />

war und ist die „Gemeinnützigkeit“ sicherlich sehr<br />

stark von normativ subjektiven Kriterien abhängig, die<br />

starken gesellschaftlichen und politischen Schwankungen<br />

unterliegen.<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Genossenschaften stehen für ein hohes Maß<br />

an „innerer Demokratie“. Sie sind ein unabhängiges, überschaubares<br />

Gemeinwesen; jedes Mitglied hat eine Stimme;<br />

jeder kann mitbestimmen, wenn er will. Genossenschaften<br />

entziehen sich deshalb zentralistischen Versuchungen. In<br />

Diktaturen wurde dieser „demokratische Wesenskern“ als<br />

erstes eliminiert. Brauchen wir mehr „genossenschaftliches<br />

Denken“ in einer Welt (und Wirtschaft), die immer zentralisierter<br />

wird?<br />

Dr. Ulrik Schlenz: Fakt ist, dass es in allen Unternehmensformen<br />

verantwortlich und erfolgreich geführte<br />

Unternehmen gibt, die sich auch ihrer gesellschaftlichen<br />

Verantwortung bewusst sind. Das heißt, ein verantwortliches<br />

Handeln gibt es nicht nur im „genossenschaftlichen<br />

Denken“. Dennoch kann man sicherlich sagen, dass die<br />

Gesellschaftsform der Genossenschaft mit unseren demokratischen<br />

Werten sehr kompatibel ist. Wenn es also<br />

um die Beteiligung der Menschen an der Gestaltung ihrer<br />

eigenen Belange geht, dann kann man diese Frage durchaus<br />

mit „Ja“ beantworten.


15<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Gehört zur Ehrlichkeit die Feststellung, dass<br />

Genossenschaften nicht nur Wohnungen für den ärmeren<br />

Teil der Gesellschaft anbieten sollen, sondern auch für jene,<br />

die gut verdienen?<br />

Dr. Ulrik Schlenz: Zweifellos. Aber was ist daran falsch?<br />

Denn erstens spiegelt sich darin ja auch eine grundsätzlich<br />

sehr erfreuliche Entwicklung in unserem Land wider,<br />

nämlich, dass unser aller Wohlstand in den vergangenen<br />

Jahrzehnten gewachsen ist. Zweitens<br />

kommt das unserer Philosophie zugute,<br />

dass wir Wohnungsbestände bewirtschaften<br />

möchten, die in sozialen<br />

Schichten und Milieus durchmischt<br />

sind und es nicht zur Segregation<br />

und Ghettoisierung in Quartieren und<br />

Stadtteilen kommt. Und drittens gehört<br />

auch zur Ehrlichkeit, dass Neubauprojekte<br />

häufig nur dann wirtschaftlich<br />

sind, wenn wir einen guten<br />

Mix an gefördertem Wohnraum für<br />

den hierfür nutzungsberechtigten Teil<br />

der Gesellschaft und frei finanziertem<br />

Wohnraum für die Besserverdienenden<br />

anbieten können.<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Mischt sich der Staat zu<br />

sehr in die Schaffung von Wohnraum ein?<br />

Dr. Ulrik Schlenz: Das kann man pauschal,<br />

glaube ich, nicht mit einem einfachen<br />

Ja oder Nein beantworten. Es<br />

gibt Bereiche, in denen staatliche Rahmenbedingungen<br />

und Eingriffe gut und wichtig sind und andere, bei denen<br />

es Überregulierungen gibt oder mit dem Eingriff durch bestimmte<br />

Maßnahmen wiederum Zielkonflikte entstehen.<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Wo sollte der Staat im Wohnungsbereich<br />

agieren – und wo nicht?<br />

Dr. Ulrik Schlenz: Er sollte gute Bedingungen für das unternehmerische<br />

Handeln schaffen. Das gilt für den Rechtsrahmen<br />

ebenso wie für eine auf gesellschaftliche Ziele<br />

abgestimmte Förderpolitik. Insbesondere Investitionen<br />

für den Klimaschutz werden, ob in Modernisierung oder<br />

Neubau, in den kommenden zwei Jahrzehnten eine große<br />

Herausforderung, wenn die Wohnung auch für Menschen<br />

mit geringem Einkommen bezahlbar bleiben soll. Im Bereich<br />

der Rechtsvorschriften und bei Verfahrensabläufen<br />

gibt es vom Planungsrecht bis hin zum Baurecht viele<br />

Möglichkeiten, bei denen aus Zeit- und Kostengründen<br />

die Sinnhaftigkeit von Regelungen hinterfragt werden<br />

sollte – sich der Staat weiter zurückziehen kann. Wir leiden<br />

hierzulande darunter, dass wir mit dem Hang zur Detaillierung<br />

in einigen Bereichen überzogen haben. Und vor<br />

allem sollte der Staat sich im Wohnungsbereich nicht als<br />

Unternehmer engagieren. Es gibt in der Geschichte der<br />

Bundesrepublik einige Beispiele, dass dieses Engagement<br />

alles andere als nachhaltig ist.<br />

DR. ULRIK SCHLENZ ist Mitglied des Vorstands<br />

der Wankendorfer Baugenossenschaft<br />

für Schleswig-Holstein eG. Nach Schule und<br />

Dienstzeit bei der Marine in Kiel Studium<br />

der Agrarwissenschaften mit Schwerpunkt<br />

Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an<br />

der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel<br />

mit anschließender Promotion, mehrjährige<br />

Tätigkeit als Unternehmensberater für Unternehmen<br />

der europäischen Agrar- und Ernährungswirtschaft.<br />

Von 1998 bis 2015 in verschiedenen<br />

Leitungsfunktionen eines Agrarhandelskonzerns,<br />

u. a. als Finanzvorstand und<br />

Mitglied des Konzernvorstands der dänischen<br />

Muttergesellschaft. Seit 2016 Mitglied des<br />

Vorstands der wankendorfer. Nebenberufliches<br />

Engagement für den Betrieb einer<br />

Jugendfreizeiteinrichtung und in verschiedenen<br />

branchenbezogenen und branchenübergreifenden<br />

Ehrenämtern.<br />

Die Fragen stellte Oliver Schirg. h


16<br />

<strong>VNW</strong><br />

Das Ampelkonzept<br />

des BVE<br />

Biodiversität soll in den Außenanlagen des Bauvereins der Elbgemeinden<br />

(BVE) künftig eine noch größere Rolle spielen. Dafür hat<br />

Hamburgs größte Wohnungsbaugenossenschaft ein Ampel konzept<br />

entwickeln lassen.<br />

VON KLARA MARQUARDT<br />

Hamburg. Tiere wie Insekten, kleine Reptilien, Vögel und Fledermäuse<br />

sind auf Orte angewiesen, wo sie ausreichend Schutz und<br />

Nahrung vorfinden. In der Stadt sind diese Räume allerdings selten<br />

geworden. Biodiversität hat das Ziel, die Artenvielfalt wiederherzustellen<br />

und zu fördern. Das bedeutet, nicht jede Grünfläche<br />

als Parkwiese mit Rasen und Zierblumen zu planen, sondern zum<br />

Beispiel auch wild wachsende und für die Menschen unzugängliche<br />

Bereiche anzulegen. Dort summt und schwirrt es dann, was<br />

wiederum dem gesamten Ökokreislauf zugutekommt.<br />

Um ein Konzept für mehr biologische Vielfalt in seinen Grünanlagen<br />

zu entwickeln, engagierte der BVE den Landschaftsarchitekten<br />

Daniel Lichtenstein. Das daraus entstandene Ampelkonzept<br />

des BVE unterscheidet zwischen drei Raumtypen. Diese sollen<br />

nebeneinander in der Gestaltung der Außenanlagen umgesetzt<br />

werden, sodass einerseits die Menschen eine gute Aufenthaltsqualität<br />

haben und andererseits gesunde Ökosysteme entstehen.<br />

• Rot sind hochwertig gestaltete Freiflächen, in denen die<br />

Artenvielfalt nicht das Hauptziel ist. Das können Wiesen sein, auf<br />

denen Menschen sitzen und Sport treiben, mit Bänken versehen<br />

und umgeben von Zierblumen.<br />

• Gelb sind Flächen, in denen Menschen und Tiere zusammenleben,<br />

die also von beiden genutzt werden.<br />

• Grün sind Wildflächen, in denen der Mensch möglichst<br />

wenig in die Natur eingreift. Sie zeichnen sich durch eine dichte<br />

Vegetation aus. Diese Flächen bieten einen sehr guten Lebensraum<br />

für Tiere: Sie sind reich an Nahrung und bieten den notwendigen<br />

Schutz, um zu nisten und zu brüten.<br />

Jeder Raumtyp erfüllt eine spezielle Funktion<br />

In der Praxis werden die Raumtypen entsprechend unterschiedlich<br />

gestaltet. „Jede Farbe und damit jeder Raumtyp erfüllt dabei<br />

eine spezielle Funktion. Nur im Dreiklang ergeben sie ein lebenswertes<br />

und ökologisches Quartier für Mensch und Tier“, erklärt<br />

BVE-Vorstand Michael Wulf.<br />

Rote, also hochwertig gestaltete Flächen können in Teilen mit<br />

Wildblumenwiesen und Blühpflanzen versehen werden. So finden<br />

Insekten und Vögel auch hier Nahrung, ohne die Funktion als<br />

Erholungsraum für die Menschen zu beschneiden.<br />

Auf gelben Flächen, die von Menschen und Tieren gemeinsam<br />

genutzt werden, können beispielsweise Sandflächen, Grünbrücken<br />

und eine insektenfreundliche Beleuchtung zum Einsatz<br />

kommen. So wird nach dem Motto „Spielen und Lernen“ ein<br />

Raum geschaffen, in dem Kinder Natur vor der eigenen Haustür<br />

erleben können.<br />

In den grünen, naturnahen Räumen will der BVE zum Beispiel<br />

Nist- und Brutkästen für Vögel sowie Totholzbereiche für kleine<br />

Insekten und Reptilien anlegen. Eine dichte Vegetation soll den<br />

Tieren Schutz und Ruhe bieten.<br />

Hoch hinaus: vertikale Biodiversität<br />

Neben der Einteilung in verschiedene Zonen gibt es noch eine Art,<br />

das Ampelkonzept zu denken: in die Höhe. Während unten intensive<br />

Pflanzflächen Nahrung für Vögel und Insekten bieten, können<br />

auf Kopfhöhe Fledermausbrutkästen aufgehängt werden.


17<br />

Auf diese Weise<br />

erhalten Kinder<br />

und Erwachsene<br />

auch in der Stadt die<br />

Möglichkeit, Fledermäuse<br />

zu beobachten<br />

und kennenzulernen. Vögel<br />

freuen sich über Brutkästen<br />

in einigen Metern Höhe – unerreichbar<br />

für Menschen und Raubtiere<br />

wie Katzen. Die Bepflanzung<br />

von Dächern bietet neue Nahrungsquellen<br />

für Insekten.<br />

„Mit dem Ampelkonzept<br />

haben wir ein wirksames<br />

und praktikables Instrument,<br />

um die Biodiversität in unseren<br />

Beständen zu fördern“,<br />

sagt Michael Wulf aus dem Vorstand des BVE. „Wir<br />

setzen es bereits in zwei Quartieren um: am Heidrehmen<br />

in Iserbrook und in der Ückerstraße in Lurup. Künftig<br />

werden wir die Ampel auch bei Neubauten sowie größeren<br />

baulichen Maßnahmen berücksichtigen. Denn wir müssen<br />

im Sinne der Nachhaltigkeit Bauen und Natur in der Stadt<br />

noch stärker in Einklang bringen.“ h


18 <strong>VNW</strong>


19<br />

Die Wohnungswirtschaft ist<br />

„reif“ für neue Formen der<br />

Zusammenarbeit<br />

Ende August dieses Jahres hatte das neue<br />

Weiterbildungsformat „SPRINT break“ in<br />

Heiligenhafen Premiere. Das <strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

sprach mit Thorsten Gleitz, Mitglied des<br />

Vorstands der Wankendorfer Baugenossenschaft<br />

für Schleswig-Holstein eG, über die<br />

Veranstaltung.<br />

VON OLIVER SCHIRG<br />

f


20 <strong>VNW</strong><br />

Thorsten Gleitz<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Können Sie mit ein<br />

paar Worten „SPRINT break“ erklären?<br />

Thorsten Gleitz: SPRINT break ist ein<br />

Weiterbildungsformat des <strong>VNW</strong> in Kooperation<br />

mit Vodafone, das sich an<br />

Wohnungsunternehmen richtet. Als Zielgruppe<br />

werden neugierige Ideentreiber<br />

und engagierte Macher angesprochen. In<br />

fünf Tagen wird den Teilnehmern die agile<br />

Arbeitsmethode „SPRINT“ nähergebracht,<br />

die von Jake Knapp (Google Ventures)<br />

entwickelt und perfektioniert wurde. Die<br />

Methode folgt einem zeitlich strengen<br />

Ablauf und verspricht, innerhalb von fünf<br />

Tagen Lösungsansätze effizient zu entwickeln,<br />

mit Experten zu verproben, einen<br />

ersten rudimentären Prototyp zu bauen,<br />

der im Anschluss an Kunden getestet und<br />

bewertet wird.<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Was ist das Besondere<br />

an „SPRINT break“?<br />

Gleitz: Es ist mehr als ein reiner Workshop<br />

über eine agile Methode. Wir haben<br />

es scherzhaft das „Boot-Camp der Wohnungswirtschaft“<br />

genannt, allerdings mit<br />

Duz-Kultur und Candybar. Uns war es<br />

sehr wichtig, eine Wohlfühlatmosphäre<br />

für die 18 Teilnehmer zu schaffen, um sie<br />

motiviert durch die zeitlich ausgelasteten<br />

Tage zu führen. Jeder Morgen begann um<br />

sechs Uhr mit einem (zugegebenermaßen<br />

freiwilligen) Yoga-Kurs zur seelischen Einstimmung<br />

auf den Tag. Alternativ dazu<br />

gingen einige Teilnehmer in der Ostsee baden.<br />

Bis zum Mittagessen wurden anhand<br />

der SPRINT-Methode in drei Gruppen à<br />

sechs Personen aktuelle wohnungswirtschaftliche<br />

Fragen bearbeitet und konkrete<br />

Lösungen entwickelt.<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Und am Nachmittag?<br />

Gleitz: Am Nachmittag haben wir mit<br />

dem „break“ weitergemacht und den Tag<br />

mit einem sportlichen Segel-Event abgerundet.<br />

Besonders war, dass wir 15 hochkarätige<br />

Unternehmensvertreter dazu<br />

bringen konnten, am Vorabend der Abschlussveranstaltung<br />

gemeinsam mit den<br />

Teilnehmern ein Barbecue zu veranstalten.<br />

Am letzten Tag wurden die Arbeitsergebnisse<br />

der drei Gruppen vorgestellt, und neben<br />

viel Lob wurden kritische Nachfragen<br />

aus den jeweiligen Chefetagen von den<br />

Teilnehmern beantwortet. Die Erkenntnis:<br />

Projektarbeit kann und darf Spaß machen,<br />

und es ist tatsächlich möglich, in sehr kurzer<br />

Zeit nach einem streng geplanten Ablauf<br />

Lösungen zu erarbeiten.<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Welche Themen wurden<br />

bearbeitet?<br />

Gleitz: Was gibt unserer Arbeit Sinn? Was<br />

können wir dafür tun, dass Mitarbeiter die<br />

Bedeutung unserer Arbeit im Wohnungsunternehmen<br />

stärker erleben? Es gibt<br />

keinen Planeten B. Eine weitergehende<br />

CO 2<br />

-Reduzierung ist nur durch eine Verhaltensänderung<br />

der Mieter möglich. Wir<br />

suchen den besten Weg, um die Mieter zu<br />

unseren Verbündeten beim Thema CO 2<br />

-<br />

Einsparung zu machen. Wohnungen nach<br />

Corona. Corona hat gezeigt, wie wichtig<br />

unser Zuhause ist. Wie würde eine Wohnung<br />

aussehen, die den Anforderungen<br />

zum Beispiel nach mehr mobilem Arbeiten<br />

entspricht?<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Die Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer machen im Rahmen<br />

von „SPRINT break“ einen Segelkurs.<br />

Was wird damit bezweckt?<br />

Gleitz: An drei Tagen wurde nachmittags<br />

gesegelt. Wir wollten ein Teamsportevent<br />

integrieren, bei dem die Gruppen erneut<br />

durchmischt wurden, sodass eine maximale<br />

Vernetzung möglich wurde. Wir haben<br />

die Veranstaltung an die Ostsee gelegt,<br />

um fußläufig Zugang zum Wasser zu ermöglichen.<br />

Unsere Wahl fiel auf das Segeln,<br />

da wir gehofft haben, dass wir dort<br />

eine für viele Teilnehmer neue Erfahrung<br />

ermög lichen und es keine gravierenden<br />

Leistungsunterschiede gibt. Die Arbeit im<br />

Team und die Erfahrung, sich gemeinsam<br />

einer neuen Herausforderung zu stellen,<br />

hat unsere SPRINT-Methode vom Vormittag<br />

am Nachmittag durch das für viele unbekannte<br />

Segeln gut fortgesetzt.<br />

f<br />

CARSTEN JESCHKA,<br />

Vodafone, Direktor Vertrieb Großkunden und Mittelstand Immobilienwirtschaft<br />

„Als Partner der Immobilienwirtschaft leben wir den Netzwerkgedanken ganzheitlich.<br />

Das Format SPRINT break unterscheidet sich grundsätzlich von anderen Bildungs- und<br />

Netzwerkformaten. Relevante Zukunftsthemen werden innerhalb von fünf Tagen zu<br />

gut überlegten Lösungen und Prototypen. Fach- und Führungskräfte aus verschiedenen<br />

Unternehmensbereichen arbeiten intensiv zusammen. Die Diversität in den Teams<br />

wird dabei von allen geschätzt. Die vertrauensvolle Atmosphäre inspiriert die Gruppenmitglieder.<br />

Mit Teamgeist und fachlichem Background werden aus den kreativen Ansätzen<br />

belastbare Konzepte. Am Ende werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu<br />

Botschaftern für agile Arbeitsmethoden.“


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22<br />

<strong>VNW</strong><br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Warum engagieren Sie<br />

sich so sehr für „SPRINT break“?<br />

Gleitz: Ich fühle mich sehr wohl in unserer<br />

Branche und bin seit mehr als 23 Jahren<br />

in der Wohnungswirtschaft beheimatet.<br />

Wir geben Menschen ein Zuhause. Diese<br />

Aufgabe geht mit einer hohen sozialen,<br />

ökologischen und ökonomischen Verantwortung<br />

einher. Zugleich stehen der<br />

Wohnungswirtschaft große Veränderungen<br />

bevor, und die Gesellschaft zählt auf<br />

uns. Die globale und digitalisierte Welt<br />

von heute führt zu einer gestiegenen Erwartung<br />

unserer Kunden in Bezug auf<br />

schnelleren Service, mehr Transparenz und<br />

ein zeitgemäßes Wohnprodukt bei gleichzeitig<br />

bezahlbaren Mieten. Um diesen<br />

Herausforderungen zu begegnen, muss<br />

die Wohnungswirtschaft umdenken und<br />

Bewährtes infrage stellen.<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Wie hilft dabei die<br />

agile Arbeitsmethode „SPRINT“?<br />

Gleitz: Die Veränderung betrifft nicht nur<br />

unsere Produkte und Prozesse, sondern<br />

auch unsere Arbeitsweise. Diese Methode<br />

ist kurz, prägnant und liefert Ergebnisse,<br />

die nur noch am Kunden getestet werden<br />

müssen. Es fällt vielen Entscheidungsträgern<br />

leicht, Projekte zu initiieren, ein<br />

Budget freizugeben, eine Arbeitsgruppe<br />

auszuwählen und damit zu leben, dass<br />

nach einigen Monaten (vielleicht) erste<br />

Ergebnisse geliefert werden. Die bewusste<br />

Entscheidung, eine kleine Gruppe von<br />

Projektteilnehmern fokussiert fünf Tage<br />

am Stück an einem konkreten Problem<br />

arbeiten zu lassen, halten manche für<br />

undenkbar und im beruflichen Alltag für<br />

nicht umsetzbar.<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Was waren die wichtigsten<br />

Erkenntnisse der Veranstaltung<br />

Ende August in Heiligenhafen?<br />

Gleitz: Die Wohnungswirtschaft ist „reif“<br />

für neue Formen der Zusammenarbeit.<br />

Diese Arbeitsweise ist effizient und effektiv.<br />

Ferner ist die SPRINT-Methode ein<br />

„Kreativitätsbooster“. Sie fördert die besten<br />

Ideen an die Oberfläche und ist daher<br />

effektiver als jedes Brainstorming. Die Methode<br />

hilft, unnötige Diskussionen zu vermeiden<br />

und hilft, unnötige Diskussionen<br />

zu vermeiden und ein Problem aus Kundensicht<br />

zu verstehen. Zum Ende werden<br />

eine Lösung entwickelt und ein Prototyp<br />

gebaut. Zudem minimiert diese Methode<br />

die Projektrisiken maximal.<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong>: Warum sollten Wohnungsunternehmen<br />

junge Menschen<br />

zu dieser Veranstaltung schicken?<br />

Gleitz: Wohnungsunternehmen sollten<br />

nicht nur, aber auch junge Menschen zu<br />

diesem Format schicken. Bei unserer Premiere<br />

war das jüngste Mitglied 23 Jahre<br />

alt, das älteste 50 Jahre jung. Wir hatten<br />

ein interdisziplinäres Team unterschiedlicher<br />

Rollen (IT, Marketing, Verwaltung,<br />

Rechnungswesen, Handwerk, Unternehmensentwicklung<br />

usw.). Als Wohnungsunternehmen<br />

haben sie die Gewissheit,<br />

dass die Teilnehmer außerordentlich engagiert<br />

sind. Neben dem Networking der<br />

Teilnehmer lebt die Veranstaltung davon,<br />

dass die Entscheidungsträger die Arbeitsergebnisse<br />

und die Erfahrungen über die<br />

Methode erleben und bewerten können.<br />

Damit haben wir einen Grundstein gelegt<br />

für die Arbeit mit innovativen Methoden.<br />

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24 <strong>VNW</strong><br />

Läuft wie<br />

gedruckt<br />

Noch steht der Hausbau aus dem dem 3D-Drucker am Anfang.<br />

Die ersten zwei Gebäude – in Nordrhein-Westfalen und Bayern –<br />

sind aber fertig.<br />

VON YURIKO WAHL-IMMEL


25<br />

Mit 3D-Druck könnte „der gesamte<br />

Wohnungsbau vom Einfamilienhaus über<br />

dreigeschossige Bürobauten bis hin zu<br />

Zwölf-Parteien-Mehrfamilienhäusern<br />

könnten gebaut werden.“<br />

„Weltweit gibt es die<br />

Vision und die Hoffnung,<br />

damit Häuser in<br />

Katastrophenregionen<br />

schnell wieder<br />

aufzubauen.“<br />

Beckum. Druckzeit statt Bauzeit, Zweierteam<br />

statt Baukolonne, Betonschichten<br />

aus einer Riesenpumpe statt Stein-auf-<br />

Stein. Hierzulande stehen in Nordrhein-<br />

Westfalen (NRW) und Bayern seit Kurzem<br />

die ersten beiden Wohnhäuser, die mit<br />

einem 3D-Betondrucker errichtet wurden.<br />

Als bundesweite Premiere präsentierte<br />

der Bauzulieferer Peri ein zweigeschossiges<br />

Einfamilienhaus im westfälischen<br />

Beckum. Zur Eröffnung Ende Juli sprach<br />

NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach von<br />

einer weitreichenden Vorbildfunktion. Das<br />

neue Bauverfahren verspreche Zeitgewinn<br />

und eine Verschlankung der Bauabläufe.<br />

Beim sogenannten Hausdruck trägt<br />

ein 3D-Drucker digital gesteuert aus einer<br />

gewaltigen Düse Beton und Spezialmörtel<br />

in zentimeterdicken Schichten auf. Das<br />

Haus in Beckum hatte das Architekturund<br />

Ingenieurbüro Mense-Korte in monatelanger<br />

Arbeit entworfen. Gedruckt wurde<br />

es dann aber in nur 100 Stunden. Noch<br />

ist es ein Ausstellungsprojekt, aber später<br />

soll eine Familie einziehen.<br />

Europas größtes gedrucktes<br />

Mehrfamilienhaus<br />

Als zweites Projekt gestartet, aber nun<br />

schon bewohnt, ist das laut Peri größte<br />

gedruckte Mehrfamilienhaus in Europa.<br />

Im bayerischen Weißenhorn-Wallenhausen<br />

brauchte es für das Fünfparteienhaus<br />

mit drei Stockwerken nur etwa fünf Minuten<br />

pro Quadratmeter doppelschalige<br />

Wand, schildert Peri. Bedient werde der<br />

Drucker in dem Verfahren von zwei Personen.<br />

Aussparungen etwa für Anschlüsse<br />

und Leitungen seien eingeplant.<br />

Architekt Waldemar Korte geht davon<br />

aus, dass der 3D-Druck weite Verbreitung<br />

finden wird. Damit könne „der gesamte<br />

Wohnungsbau vom Einfamilienhaus über<br />

dreigeschossige Bürobauten bis hin zu<br />

Zwölf-Parteien-Mehrfamilienhäusern gebaut<br />

werden“. Die Stabilität sei groß. Im<br />

Vergleich zu anderen massiven Bauweisen<br />

gehe er zudem von einer Zeitersparnis von<br />

rund 30 Prozent aus.<br />

Vor allem für den Wiederaufbau<br />

nach Katastrophen geeignet<br />

Martin Krause vom Institut für Baubetriebswesen<br />

an der TU Dresden forscht<br />

seit dem Jahr 2014 zum Beton-3D-Druck<br />

– zusammen mit Experten für Baustoffe<br />

und der Stiftungsprofessur für Baumaschinen.<br />

„Weltweit gibt es die Vision und die<br />

Hoffnung, damit Häuser in Katastrophenregionen<br />

schnell wieder aufzubauen.“<br />

Der Wissenschaftler sieht zudem „sehr<br />

erfolgversprechende Anwendungspotenziale<br />

für langfristige Schutzmauern gegen<br />

Hochwasser“. Allerdings eigneten sich<br />

solche massiven Mauern nicht für einen<br />

temporären Einsatz – also nicht für mobile<br />

Schutzwände, sondern für nachhaltigen<br />

Schutz vor Wassermassen.<br />

Beim Hausbau gebe es sehr große Vorteile,<br />

sagt der Wissenschaftler. „Mit unserem<br />

vollwandigen Verfahren CONPrint3D<br />

können wir im Vergleich zum herkömmlichen<br />

Mauerwerksbau etwa dreimal so<br />

schnell bauen – und wir sind fünf- bis<br />

sechsmal schneller als der Stahlbetonbau.<br />

f


Bei der Stabilität sieht Krause keine Unterschiede.<br />

Derzeit entwickle man zudem<br />

druckfähige Betonrezepturen, die einen<br />

möglichst geringen C0 2<br />

-Fußabdruck haben.<br />

Bei der Technologie CONPrint3D<br />

rechnet er mit einer Marktreife innerhalb<br />

der kommenden fünf bis zehn Jahre.<br />

Modernes Containergebäude<br />

derzeit im Bau<br />

Bis Jahresende solle so ein ganzes Bauwerk<br />

errichtet werden, eine Art modernes<br />

Containergebäude – zunächst zu<br />

Demonstrationszwecken, kündigt der<br />

Wissenschaftler an. Die Branche steuere<br />

auf große Veränderungen zu. „Den Umbruch<br />

hin zu Digitalisierung und Automatisierung<br />

von Bauverfahren brauchen wir<br />

auch, um trotz des Fachkräftemangels auf<br />

den Baustellen effizient zu sein.“<br />

Der Zentralverband des Deutschen<br />

Baugewerbes hatte kürzlich von einer<br />

Chance gesprochen, die angespannte<br />

Baubranche zu entlasten. Der Vorsitzende<br />

der IG Bauen-Agrar-Umwelt, Robert<br />

Feiger, wiederum meinte: „Gerade in den<br />

Sektoren bezahlbares Wohnen und sozialer<br />

Wohnungsbau haben wir ein großes<br />

Defizit in Deutschland, da könnte der<br />

3D-Drucker hilfreich sein.“ Es müsse aber<br />

sichergestellt werden, dass die Beschäftigten<br />

bei der Qualifizierung mitgenommen<br />

würden. „Der Maurer von heute muss<br />

morgen den Computer bedienen können,<br />

um das Haus zu bauen.“<br />

Und wie wohnt es sich nun in einem<br />

gedruckten Haus? In Wallenhausen ist<br />

Mieterin Annika vor einigen Wochen in<br />

eine 60-Quadratmeter-Wohnung eingezogen.<br />

„Es riecht etwas stärker nach<br />

Beton als sonst in noch neuen Häusern.<br />

Und es hallt auch ein bisschen“, erzählt<br />

die 27-Jährige. Der Mietpreis sei normal.<br />

Ihr gefalle die Rillen-Optik an den Außenwänden.<br />

„Innen ist alles verputzt.“<br />

Das erste Wohngefühl sei positiv. „Es ist<br />

etwas ganz Neues. Und ich habe großes<br />

Ver trauen, dass die Wände genauso stabil<br />

sind wie in einem normalen Haus.“ h


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28<br />

<strong>VNW</strong><br />

Wie bei einer Dating-App<br />

Die Digitalisierung bestimmt zunehmend die wohnungswirtschaftlichen<br />

Kernprozesse – von der Bewerbung über den Vertragsabschluss bis zum<br />

Auszug. Zwei große Player in der Branche sind die Hamburger Unternehmen<br />

Immomio und DIT. Seit September firmieren sie gemeinsam.<br />

VON FRAUKE MAASS


29<br />

Kiel. Anzug, Schlips und Kragen? Nicht so bei Nicolas Jacobi und<br />

Kai Teute. Die beiden 34 und 40 Jahre alten Unternehmer begrüßen<br />

uns lässig in Jeans und Pulli. Vom ersten Moment an scheint<br />

in ihren Räumlichkeiten am Grimm 12 in Hamburg so etwas wie<br />

eine Start-up-Atmosphäre zu herrschen.<br />

Das mag an der noch nicht komplettierten Einrichtung<br />

liegen oder an den vielen jungen Mitarbeitern. Doch der Eindruck<br />

täuscht: Nicolas Jacobi und Kai Teute sind seit September die<br />

Geschäftsführer von – nach eigener Aussage – Deutschlands<br />

größtem Proptech in der Wohnungswirtschaft mit rund 70 Mitarbeitern<br />

und mehr als 1,5 Millionen verwalteten Mieteinheiten<br />

– und damit von einem Start-up weit entfernt.<br />

Ende August haben sie die Fusion ihrer Softwareunternehmen<br />

Immomio GmbH und Deutsche Immobilien IT & Marketing GmbH<br />

(DIT) besiegelt und sind gerade dabei, die gemeinsamen Büroräume<br />

zu beziehen. Ihr Ziel: Synergien bündeln, gemeinsam neue<br />

digitale Produkte für die Wohnungswirtschaft entwickeln und<br />

weitere Prozesse digitalisieren.<br />

Kennengelernt haben sich die beiden jungen Unternehmer<br />

zufällig vor einigen Jahren. Sie kamen ins Gespräch, stellten fest,<br />

dass sich ihre Produkte wunderbar ergänzten und entwickelten<br />

nach und nach die Idee, zusammen zu arbeiten.<br />

Digitale Kommunikation über eine Oberfläche<br />

Während Immomio die Prozesse von der Wohnungsbewerbung<br />

bis zum Mietvertragsabschluss sowohl für Mieter als auch für die<br />

Vermieter digitalisiert anbietet, geht es in der Mieter-App, dem<br />

Kernprodukt von DIT, um die Kommunikation zwischen Mieter<br />

und Vermieter während des laufenden Mietverhältnisses. Durch<br />

den Zusammenschluss sind Mieter und Vermieter nun in der Lage,<br />

ihre gesamte Kommunikation digital nur über eine einzige Oberfläche<br />

durchzuführen.<br />

Und so funktioniert es: Der Mieter registriert sich auf der<br />

Plattform Immomio und erstellt ein Suchprofil mit der Angabe der<br />

Kriterien für seine Wunschwohnung. Er hinterlegt seine Selbstauskunft,<br />

wobei die Daten verschlüsselt und nur für den Mieter<br />

sichtbar gespeichert werden. Das Suchprofil wird mit freien Wohnungen<br />

abgeglichen, die auf der Plattform eingestellt sind.<br />

„Sobald es ein Match gibt, können Vermieter dem passenden<br />

Bewerber die Wohnung anbieten”, sagt Nicolas Jacobi. Zusätzlich<br />

können die Wohnungen auf der Homepage oder einem Immobilienportal<br />

veröffentlicht werden. Auch das Bewerben geht schnell<br />

und unkompliziert: Mit einem Klick wird ein Besichtigungstermin<br />

vereinbart. Danach kann der Mieter digital sein Feedback geben<br />

und – wenn er den Zuschlag erhält – den Mietvertrag digital unterzeichnen.<br />

Vermietungsprozess wird vereinfacht<br />

Aber in erster Linie vereinfacht Immomio den Vermietungsprozess.<br />

„Die drei wesentlichen Vorteile für Vermieter sind Effizienz,<br />

Datenschutz und Transparenz für die Mietinteressenten”, erläutert<br />

Jacobi. Durch die Digitalisierung der Prozesse werde das<br />

Bewerbungsverfahren verkürzt und vereinfacht. Müssen die Vermieter<br />

üblicherweise auf Bewerbungen telefonisch oder per Mail<br />

reagieren, ist das nun automatisiert. Ein zeitaufwendiges Auswählen<br />

muss nicht mehr sein. Dank Mieter-Matching sind die auf die<br />

jeweilige Wohnung passenden Interessenten sofort erkennbar.<br />

„Auch um den Datenschutz muss sich der Vermieter keine Gedanken<br />

mehr machen. Wir schützen die Daten der Interessenten<br />

und unterstützen auf diese Weise die Vermieter bei der Erfüllung<br />

ihrer datenschutzrechtlichen Pflicht”, betont Nicolas Jacobi. So<br />

werden sensible Daten wie das Einkommen und die Schufa-Auskunft<br />

erst freigeschaltet, wenn der Mieter nach der Besichtigung<br />

sein Interesse bekundet. Die Mieter kriegen über die Plattform<br />

permanent ein Feedback und ein Status-Update, wo sie im Mietprozess<br />

stehen, „und fühlen sich dadurch fair behandelt”.<br />

Sobald der Mieter den Mietvertrag unterschrieben hat, übernimmt<br />

die Mieter-App von DIT die Kommunikation zwischen<br />

Mieter und Vermieter. Dabei können Wohnungsunternehmen<br />

zwischen zwei Varianten wählen: „Wir bieten eine Standard-App<br />

f<br />

FRAUKE MAASS<br />

ist Journalistin in Hamburg. Während ihrer Tätigkeit als Reiseredakteurin hat sie<br />

viele Länder bereist und dabei ihr Interesse für die unterschiedlichsten Wohnformen<br />

entdeckt. Heute gehören Themen aus der Wohnungsbaubranche und Architektur<br />

zu ihren inhaltlichen Schwerpunkten.


30 <strong>VNW</strong><br />

an, die vorrangig für kleinere Wohnungsunternehmen sinnvoll<br />

ist. Für größere Unternehmen und Genossenschaften mit vielen<br />

Wohnungen entwickeln wir eine individuelle Lösung, je nach Anforderungen”,<br />

sagt Kai Teute.<br />

Mietbescheinigungen innerhalb von Sekunden<br />

In der App gibt es je nach Wunsch des Kunden verschiedene Bereiche<br />

wie zum Beispiel Neuigkeiten, in denen über Aktuelles im<br />

Haus informiert werden kann, E-Mobilität oder auch den Bereich<br />

Prozesse. „Hier können zum Beispiel Mietbescheinigungen automatisch<br />

binnen weniger Sekunden erstellt werden. Das hat für<br />

beide Seiten Vorteile: Der Mieter wird schnell bedient und der<br />

Vermieter durch Automatisierung erleichtert”, sagt Teute. „Durch<br />

die Registrierung bei Immomio sind bereits alle Daten des Mieters<br />

hinterlegt, sodass Bescheinigungen und Formulare ohne Zeit- und<br />

Personalaufwand erstellt werden können. Daneben schließen die<br />

beiden Lösungen heute alle ERP-Systeme an, die es in der Wohnungswirtschaft<br />

gibt.<br />

Weitere Vorteile der Mieter-App: Verbrauchsdaten, die ab Januar<br />

<strong>2022</strong> monatlich vom Vermieter mitgeteilt werden müssen,<br />

können dort eingestellt werden und sind permanent einsehbar.<br />

Auch Schadensmeldungen und Mängel können unbürokratisch<br />

und mit wenig Aufwand an den Vermieter gemeldet werden –<br />

alles ohne ausuferndem Schriftverkehr. „Geplant ist, dass auch<br />

Handwerkeraufträge durch die App vergeben werden können.<br />

Ebenso bieten wir bereits Smart Home-Technologien wie die Regulierung<br />

der Heizung oder das Aufschließen der Wohnungstür<br />

durch die App”, sagt Kai Teute.<br />

Angebote auch für Menschen, die nicht online sind<br />

Beide betonen, dass die Angebote auch für Menschen, die nicht<br />

online sind oder ein Smartphone besitzen, gelten, was viele der<br />

älteren Mieter betrifft. „Niemand wird ausgegrenzt. In dem Fall<br />

kann entweder das Wohnungsunternehmen ein Profil erstellen<br />

oder ein Angehöriger”, erläutern sie.<br />

Auch die Wohnungsvergabe über Immomio verlaufe fair und gerecht.<br />

„Vermieter haben immer Wunschmieter – und Mieter ihre<br />

Wunschwohnung. Wie bei einer Dating-App werden die Daten<br />

durch einen Algorithmus abgeglichen und es entsteht ein Match<br />

– oder eben nicht”.<br />

Das Modell ist erfolgreich, 1,5 Millionen verwaltete Mieteinheiten<br />

und „hochzufriedene Kunden”, wie Jacobi und Teute<br />

berichten, sprechen eine klare Sprache. „Die Nachfrage nach digitalen<br />

Lösungen ist in der Pandemie gestiegen. Die Wohnungswirtschaft<br />

muss den digitalen Weg stringent weitergehen”, sind<br />

sich beide einig. h<br />

Die Unternehmen<br />

Die Immomio GmbH wurde 2014 von Geschäftsführer<br />

und ehemaligem Hockey-Nationaltorwart Nicolas<br />

Jacobi und seinen beiden Partnern gegründet. Das<br />

anfangs neun Mann starke Start-up entwickelt eine<br />

Vermietungssoftware für die Wohnungswirtschaft.<br />

Immomio zählt sowohl Immobilienbestandshalter<br />

und -verwalter als auch Makler zu seinen Kunden.<br />

DIT Deutsche Immobilien IT & Marketing GmbH wurde<br />

2015 von Kai Teute als Teil der Equity Seven Unternehmensgruppe<br />

gegründet. Neben mobilen Applikationen<br />

für die Wohnungswirtschaft wie der Mieter-App<br />

bietet DIT ein Reporting Tool zur Analyse des Immobilienbestands<br />

sowie Beratungsleistungen im Bereich<br />

des Property Managements an.<br />

Die DIT wird als 100prozentiges Tochterunternehmen<br />

der Immomio GmbH unter eigener Marke und Führung<br />

des Gründers Kai Teute weiter am Markt agieren.<br />

Kai Teute ist gleichzeitig Beiratsmitglied und<br />

Gesellschafter des Immomio-Gemeinschaftsunternehmen.<br />

Noch firmieren sie unter Immomio und DIT.<br />

Künftig wollen sie jedoch unter einer gemeinsamen<br />

Marke auftreten.


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32<br />

Zukunft des Wohnens<br />

… noch immer auf<br />

einem gefährlichen<br />

Pfad!<br />

VON FELIX LÜTER


33<br />

Ende Oktober haben fast 200 Staaten die konkrete Umsetzung<br />

des Pariser Klimaabkommens verhandelt. Im „Klimapakt von<br />

Glasgow” einigten sich die Beteiligten unter anderem darauf, das<br />

Maximalziel des Pariser Abkommens, eine Begrenzung der Erderwärmung<br />

auf 1,5 Grad, zu stärken. Die bisher noch unzureichenden<br />

nationalen Klimaziele einzelner Länder sollen nun bereits bis<br />

Ende <strong>2022</strong> – drei Jahre früher als bislang geplant – auf den Prüfstand<br />

kommen. Klimaforscher wie der renommierte Direktor des<br />

Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, der Schwede Prof.<br />

Dr. Johan Rockström, haben nach den Beschlüssen der Weltklima-<br />

Konferenz in Glasgow eine schnelle Umsetzung diesbezüglicher<br />

Maßnahmen angemahnt: „Vor Glasgow war die Welt auf einem<br />

Desaster-Pfad, nach Glasgow sind wir noch immer auf einem gefährlichen<br />

Pfad.” Denn selbst, wenn alle Ankündigungen umgesetzt<br />

würden, so der Experte, zeigten aktuelle Berechnungen nur<br />

eine 50-prozentige Chance, dass die Erderwärmung unter zwei<br />

Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu halten sei. Einzige<br />

Möglichkeit, um weitere katastrophale Folgen zu vermeiden, sei<br />

die Verwirklichung des 1,5-Grad-Ziels der Weltklima-Konferenz.<br />

Laut dem aktuellen Bericht des IPCC (Weltklimarats) aus diesem<br />

Jahr führt alles, was deutlich über 1,5 Grad liegt, auch bereits zwei<br />

Grad, zu desaströsen Konsequenzen: Die Zunahme der extremen<br />

Wetterereignisse würden sich auch hier in Europa beschleunigen.<br />

Wichtige Kipp-Punkte des Weltklima-Systems würden unumkehrbar<br />

überschritten.<br />

Klimaneutralität:<br />

Herkulesaufgabe für die Wohnungswirtschaft<br />

Auch in der Wohnungswirtschaft steht Klimaschutz ganz oben<br />

auf der Agenda! Zusammengenommen wurden zwar seit 1990<br />

in den deutschen Beständen der Wohnungsunternehmen schon<br />

rund 60 Prozent an Treibhausgas-Emissionen und rund ein Drittel<br />

an Energie eingespart. Bis zum Jahr 2045 soll allerdings der Gebäudebestand<br />

komplett klimaneutral werden! Ein Patentrezept,<br />

wie Wohnungsunternehmen diese Aufgabe bewältigen sollen,<br />

gibt es nicht – zumal besonders den kleineren Marktteilnehmern<br />

personelle und finanzielle Ressourcen fehlen. Ein zielführender<br />

Weg: Wohnungsunternehmen sollten sich zu diesem Thema positionieren,<br />

anstehende Fragen beantworten und einen konkreten<br />

Zeit-Maßnahmen-Kostenplan bis 2045 in Form einer eigenen<br />

Klima strategie entwickeln. Politische Entscheider lassen noch<br />

immer viele Fragen offen. Auch wenn mit der neuen „Bundesförderung<br />

Energieeffiziente Gebäude” (BEG) investive Zuschüsse<br />

größeren Umfangs für die Branche Mitte 2021 zunächst bereitgestellt,<br />

nun aber bereits partiell wieder zurückgenommen wurden.<br />

Eine relevante Förderung über Zuschüsse ist aber eine wesentliche<br />

Voraussetzung dafür, dass Wohnungsunternehmen neben dem<br />

Sozialauftrag, preisgünstigen Wohnraum bereitzustellen, dieser<br />

Aufgabe überhaupt gerecht werden können. Nach wie vor besteht<br />

in der Branche große Unsicherheit, wie das Thema zeitnah<br />

und zielführend angegangen werden kann. Denn: Auch die Klimakonferenz<br />

in Glasgow hat zwar seitens der Politik erneut Zielforderungen<br />

manifestiert und neu aufgestellt – die praktischen<br />

Lösungsansätze zu deren Umsetzung bleiben jedoch nach wie vor<br />

den Unternehmen überlassen.<br />

Wohlbekannte und allerorts erprobte Grundvoraussetzungen<br />

auf dem Weg zur angestrebten Klimaneutralität sind etwa energetische<br />

Modernisierungen mit Fassadendämmung, dem Einbau<br />

neuer Fenster und Lüftungssysteme oder dem Wechsel von Heizungsanlagen<br />

und Energieträgern. Unter dem Zeitdruck muss der<br />

Fokus ab sofort viel stärker auf der Defossilisierung liegen: Weg<br />

von Öl, Kohle und Gas, hin zu erneuerbarer Wärmeversorgung<br />

mit „grüner” Fernwärme, mit grünem Strom betriebenen Wärmepumpen<br />

oder Solarthermie. Ein ebenfalls ganz wesentlicher<br />

Faktor ist die Problematik der CO 2<br />

-Bepreisung, die wie ein Damoklesschwert<br />

über den Köpfen deutscher Wohnungsunternehmen<br />

schwebt: Der Preis pro ausgestoßener Tonne CO 2<br />

von aktuell<br />

25 Euro wird sich bis zum Jahr 2025 mindestens verdoppeln, so<br />

die Prognose. Wie die Aufteilung zwischen Vermieter und Mieter<br />

schlussendlich erfolgen wird, ist immer wieder Gegenstand der<br />

politischen Situation.<br />

Netzwerk mit Lösungen: Initiative Wohnen.2050<br />

Genau diesen Sachlagen widmet sich seit über einem Jahr erfolgreich<br />

die Initiative Wohnen.2050 (IW.2050). Ihr Ansatz: Mit und<br />

für Wohnungsunternehmen individuelle Strategien zur Erreichung<br />

der Pariser Klimaziele entwickeln. Der unabhängige Zusammenschluss<br />

umfasst mittlerweile 125 Unternehmenspartner in 14<br />

Bundesländern mit aktuell knapp zwei Millionen Wohneinheiten<br />

sowie elf institutionelle Partner wie den Spitzenverband GdW,<br />

neun Regionalverbände und das EBZ als Bildungseinrichtung der<br />

Branche. Die Initiative versteht sich als Unterstützer-Netzwerk von<br />

Wohnungsunternehmen und deren Verbänden zur Erreichung<br />

der Klimaziele. Ihre Intention ist es, aus der Umsetzungsperspektive<br />

der Unternehmen heraus Handlungsbedarfe und Forderungen<br />

für die politische Arbeit des GdW auf Bundesebene und für<br />

die Arbeit der Regionalverbände auf Länderebene bereitzustellen.<br />

Alle Partner profitieren vom umfassenden Know-how. Sie erhalf<br />

FELIX LÜTER<br />

Geschäftsführender Vorstand der Initiative Wohnen.2050 e. V. (IW.2050) und<br />

Leiter Kompetenzcenter Nachhaltigkeitsmanagement der Unternehmensgruppe<br />

Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW)<br />

Kontakt:<br />

felix.lueter@iw2050.de, +49 (69) 678674-1280, www.iw2050.de


34<br />

ten konkrete Hilfestellungen, um ihre individuellen Lösungswege<br />

für einen klimaneutralen Wohnungsbestand zu definieren und<br />

festzulegen. Seit Gründung hat sich die Zahl der IW.2050-Partner<br />

– Wohnungsunternehmen und Institutionen – fast verfünffacht.<br />

Ein deutliches Indiz dafür, dass die Arbeit, die Ergebnisse – und<br />

vor allem die praktischen Hilfestellungen – Anklang finden und in<br />

der individuellen Realisierung gut angenommen werden.<br />

Mit welchen technischen, organisatorischen und finanziellen<br />

Ansätzen Wohnungsunternehmen die Herausforderung eines<br />

komplett klimaneutralen Gebäudebestands bis 2045 meistern<br />

können, ist Gegenstand zahlreicher Fachveranstaltungen der<br />

IW.2050. Bereits im Gründungsjahr 2020 wurden für – und mit –<br />

Wohnungsunternehmen Instrumente für individuelle Klimastrategien<br />

erarbeitet und deren praktische Umsetzung vorangetrieben:<br />

Bilanzierungsregeln, drei Werkzeuge zu Bilanzierung, Technik und<br />

Finanzierung wurden erstellt, ebenso Websites, Lehrvideos und<br />

ein Glossar. Allein im Jahr 2020 fanden über 30 Web-Veranstaltungen<br />

mit bis zu jeweils 90 Teilnehmer*innen statt. Das spiegelt<br />

das große bundesweite Interesse der Branche am Thema wider.<br />

Viele Partnerunternehmen nutzen die von der IW.2050 entwickelten<br />

Instrumente, um zunächst ihren Treibhausgas-Ausstoß zahlenmäßig<br />

überhaupt zu erfassen. Auf dieser Basis werden dann<br />

zukünftige Maßnahmen und Investitionen geplant. Auch die<br />

vom GdW publizierte Arbeitshilfe zum CO 2<br />

-Monitoring war ein<br />

Meilenstein für die Wohnungswirtschaft hinsichtlich einheitlicher<br />

Bilanzierungsregeln. Aufgrund der engen Zusammenarbeit zwischen<br />

GdW und Initiative Wohnen.2050 ist auch sie eine wichtige<br />

Grundlage für die gemeinsame Arbeit.<br />

Die Initiative Wohnen.2050 (IW.2050) ist ein bundesweiter<br />

Branchen-Zusammenschluss. Das Ziel: Die CO 2<br />

-Emissionen der<br />

teilnehmenden Unternehmen gemäß Pariser Klimaschutzabkommen<br />

so zu minimieren, dass das globale Kleiner-Zwei-Grad-Ziel<br />

eingehalten wird. Die Initiative versteht sich als Unterstützer der<br />

Wohnungsunternehmen und ihrer Verbände zur Erreichung der<br />

Klimaziele – aus der Branche für die Branche. Unter den bislang<br />

125 Unternehmenspartnern sind acht der zehn größten Wohnungsunternehmen<br />

in Deutschland. Insgesamt vereinen die Gesellschaften<br />

knapp zwei Millionen Wohneinheiten, die bis 2045<br />

klimaneutral entwickelt werden sollen. Weitere elf institutionelle<br />

Partner sind die Hochschule EBZ Business School, der Spitzenverband<br />

GdW – Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen<br />

sowie die Regionalverbände VdW südwest,<br />

VdW Rheinland-Westfalen, VSWG – Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften,<br />

vdw Sachsen, VdW Bayern, vdw – Verband<br />

der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Niedersachsen<br />

und Bremen, vbw Verband baden-württembergischer Wohnungsund<br />

Immobilienunternehmen, der Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen<br />

(<strong>VNW</strong>) und der BBU Verband Berlin-Brandenburgischer<br />

Wohnungsunternehmen.<br />

Mehr Informationen zur Initiative Wohnen.2050 unter:<br />

www.iw2050.de, twitter.com/Wohnen2050 und im<br />

eigenen YouTube-Kanal: www.youtube.com/channel/<br />

UCd9Amq_dwa53i9xXFEJK8BA<br />

Umfassender erster Praxisbericht veröffentlicht<br />

Auf der Basis intensiver Recherchen und interner Umfragen entstand<br />

2021 der erste Praxisbericht der IW.2050 mit dem Titel<br />

„Gemeinsam. Handeln. Jetzt. – Praxisfakten einer Branche auf<br />

dem steilen Weg zur Klimaneutralität”. Die Dokumentation mit<br />

Statements, Pilotprojekten und ersten Klimastrategien soll Politikern<br />

auf Länder- und Bundesebene verdeutlichen, welche vielfältigen<br />

Aufgaben und hohen Investitionen Wohnungsunternehmen<br />

in den nächsten Jahrzehnten bevorstehen. Der Bericht wurde auf<br />

der Expo Real 2021 in München von GdW und IW.2050 vorgestellt<br />

und mittlerweile an mehrere Hundert Bundestagsabgeordnete<br />

verteilt. Parallel wird an einer Datenbank mit Zahlen und<br />

Fakten aus der Praxis gearbeitet, die von allen Partnerunternehmen<br />

stetig erweitert wird. Sie kann im Zuge der Erstellung einer<br />

eigenen Klimastrategie ebenso genutzt werden wie die drei erarbeiteten<br />

Instrumente.<br />

In enger Kooperation Erreichtes ausbauen<br />

Mit dem Ziel, die Herkulesaufgabe Klimaneutralität bis 2045 anzugehen,<br />

haben sich der vdw – Verband der Wohnungs- und<br />

Immobilienwirtschaft in Niedersachsen und Bremen e.V. sowie<br />

der <strong>VNW</strong> – Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V.<br />

sowie bereits 30 ihrer Mitgliedsunternehmen der IW.2050 angeschlossen.<br />

Alle nutzen die Plattform zum Erfahrungsaustausch<br />

sowie zum Abruf von Erkenntnissen, Wissen und Werkzeugen,<br />

um Lösungen für die Klimaneutralität im eigenen Unternehmen<br />

zu erarbeiten. Schließlich stecken viele derzeit noch mitten in der<br />

Entwicklung einer auf sie zugeschnittenen Klimastrategie. Unterstützung<br />

ist hierbei sehr willkommen. h


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36<br />

„So bin ich<br />

erzogen worden“<br />

Heidi Möller ist Aufsichtsrätin bei der Neuen Lübecker und nahm<br />

Ende Januar an einem Seminar zur Qualifizierung teil. Ein Porträt.<br />

VON PETER WENIG<br />

diskutiert, wie Wohnungsunternehmen<br />

Klimarisiken begegnen können.<br />

Willkommen zum Seminar „Qualifizierter<br />

Aufsichtsrat <strong>VNW</strong>“. Drei Tage haben<br />

sich in Lübeck 19 Aufsichtsräte von<br />

Wohnungsbaugenossenschaften aus dem<br />

Norden versammelt. Das dichte Programm<br />

reicht von rechtlichen Grundlagen der<br />

Aufsichtsratstätigkeit über Controlling bis<br />

zur Jahresabschlussprüfung.<br />

Im Interesse der Mieterinnen<br />

und Mieter<br />

Lübeck. Auf dem Bildschirm erscheint eine Risikomatrix. Die Felder,<br />

jeweils farblich unterlegt, zeigen die Wahrscheinlichkeit eines<br />

Schadens („häufig bis unvorstellbar“) sowie dessen mögliche Auswirkungen<br />

(„unwesentlich bis katastrophal“). Lothar Klein, Wirtschaftsprüfer<br />

und Steuerberater in Diensten des Verbands <strong>VNW</strong><br />

spricht über Risiken der Branche – von möglichen Leerständen über<br />

massiv erhöhte Baukosten bis zu Flutkatastrophen.<br />

An diesem schönen Freitag im Januar lugt die Sonne durch<br />

die bodentiefen Fenster des Konferenzraums Pier im Lübecker Radisson-Hotel<br />

Park Inn. Doch niemand im Raum hat einen Blick für<br />

die Parkanlagen am Stadtgraben. Und obwohl laut Plan längst die<br />

nächste Kaffeepause ansteht, wird weiter munter über die Frage<br />

Die Teilnehmenden sitzen Corona-Konform<br />

an getrennten Tischen. Unter ihnen<br />

Heidi Möller, Aufsichtsrätin der Neuen Lübecker,<br />

mit mehr als 15500 Wohnungen<br />

eine der größten Wohnungsgenossenschaften<br />

des Nordens. Die gelernte Bürokauffrau<br />

gehört seit 2021 dem Gremium<br />

an, das den Vorstand kontrolliert und berät.<br />

„Mich interessiert alles, was mit Bau zu tun hat“, sagt die<br />

55-Jährige. In ihrem Job beschäftigt sie sich für ein großes Hamburger<br />

Unternehmen mit Gewerbeimmobilien. Und wer sich mit<br />

Heidi Möller unterhält, spürt sofort, wie sehr sie für ihre Aufgabe<br />

bei der Genossenschaft brennt: „Als Vertreterin durfte ich mir die-<br />

Modernisierung einer Anlage genau anschauen. Die neue Technik<br />

ist faszinierend. Mitteilungen für Mieter werden dort auf kleine<br />

Bildschirme neben den Fahrstühlen gespielt.“<br />

Eingesetzt für die Interessen der Mitglieder hat sie sich schon<br />

immer – auch ohne Amt. Seit 2003 wohnt sie nun in einer Wohnung<br />

der Genossenschaft in Elmshorn. „Wenn ein Licht über dem<br />

Eingang defekt ist, rufe ich den Hausmeister an“, sagt Heidi Möller.<br />

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38<br />

Vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Vorstand<br />

Und wenn der Winterdienst bei plötzlich einsetzendem Schneefall<br />

nicht rechtzeitig anrückt, greift sie eben selbst mit Nachbarinnen<br />

und Nachbarn zu Schneeschieber und Besen. Oder hebt das Papier<br />

auf, das jemand achtlos hat fallen lassen. „So bin ich erzogen<br />

worden“, sagt Heidi Möller. Und 2019, sagt sie dann, habe sie<br />

sich überlegt, dass sie auch offiziell für das Amt einer Vertreterin<br />

kandidieren könne, wenn sie sich so kümmert.<br />

Jetzt gehört sie dem höchsten Gremium der Genossenschaft<br />

an. Gewählt per Briefwahl, anders ging es nicht in Zeiten der Pandemie.<br />

Mit acht weiteren Rätinnen und Räten dreht Heidi Möller<br />

nun das große Rad. Mit dem Vorstand berät sie über Investitionen<br />

in Millionenhöhe, über Neubauten, Sanierungen und Modernisierungen.<br />

Und damit zugleich über eine der wichtigsten<br />

gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit: Wie lassen sich die Ziele<br />

verbesserter Klimaschutz und bezahlbares Wohnen versöhnen?<br />

Heidi Möller schätzt, dass die Vorstände Marcel Sonntag und<br />

Dr. Uwe Heimbürge ihre Fragen ausführlich beantworten. Etwa<br />

als sie jüngst in einer Aufsichtsratssitzung wissen wollte, wie Mitglieder<br />

angesichts einer extrem niedrigen Leerstandsquote noch<br />

eine Ausweichwohnung bei Sanierungen finden.<br />

In diesem Jahr organisiert der <strong>VNW</strong> gleich drei Seminare für<br />

Aufsichtsräte. „Das Interesse ist groß, nachdem wir 2021<br />

durch Corona alle Seminare leider absagen mussten“, sagt<br />

Lothar Klein, der gemeinsam mit seinem <strong>VNW</strong>-Kollegen Diplom-Kaufmann<br />

Frank Nolte sowie Rechtsanwalt Rainer Maaß<br />

das Programm verantwortet.<br />

Seit 2011 macht der <strong>VNW</strong> Aufsichtsräte in Drei-Tages-Seminaren<br />

fit für ihre Arbeit, zuvor gab es einzelne Weiterbildungen,<br />

etwa zu juristischen Fragen oder zum Rechnungswesen.<br />

Manche Räte kommen sogar zweimal zu den Veranstaltungen.<br />

Wobei den Lehrenden eines sehr wichtig ist: „Wir bilden<br />

hier niemanden für das operative Geschäft aus. Das ist auch<br />

bei einer Genossenschaft allein Sache des Vorstands“, sagt<br />

Lothar Klein. h<br />

„Die Genossenschaftsidee<br />

lohnt den Einsatz... Ich habe den<br />

Wechsel zur Neuen Lübecker<br />

nie bereut.“<br />

Rainer Maaß<br />

Das gegenseitige Kennenlernen ist wichtig<br />

Als die Neue Lübecker Heidi Möller die Teilnahme an dem Seminar<br />

anbot, sagte sie sofort zu. Weiterbildung, sagt sie, sei wichtig, um<br />

auf Augenhöhe diskutieren zu können. Und fast so wichtig wie<br />

das Seminar sei das gegenseitige Kennenlernen.<br />

Beim Abendessen drehen sich die Gespräche weiter um wichtige<br />

Themen der Genossenschaften. Wie weit seid ihr in der CO 2<br />

-<br />

Frage? Wie läuft bei euch das Sozialmanagement? Wie reagiert ihr<br />

auf die demografische Entwicklung?<br />

Auch Rätinnen und Räte kleiner Genossenschaften sind bei<br />

diesem Seminar dabei. Die Wohngemeinschaft Pädagogischer Verein<br />

im Hamburger Westen etwa hat nur 200 Wohnungen. Gerade<br />

diese Spannbreite macht die Diskussion spannend.<br />

Lothar Klein<br />

Frank Nolte<br />

Faire Mieten und vorbildlicher Umgang<br />

mit den Mietern<br />

Doch so unterschiedlich manche Positionen auch sind – in einem<br />

sind sich alle Teilnehmenden einig: Die Genossenschaftsidee lohnt<br />

den Einsatz. „Ich habe den Wechsel zur Neuen Lübecker nie bereut“,<br />

sagt Heidi Möller: „Die Mieten sind fair, der Umgang mit<br />

den Mitgliedern vorbildlich.“ h<br />

PETER WENIG<br />

Der Journalist und Autor Peter<br />

Wenig (60) beschäftigt sich seit<br />

Jahren mit Wohnungspolitik<br />

sowie dem Gesundheitswesen.<br />

Für das Hamburger Abendblatt<br />

schrieb er das Buch „Der große<br />

Hamburger Pflegeratgeber“.


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40 <strong>VNW</strong><br />

Von Berlin in die Zukunftsstadt Loitz<br />

– Versuch mit Vorbildcharakter?<br />

Ein renovierungsbedürftiges Haus und ein Grundeinkommen –<br />

so hat die Stadt Loitz zwei Berliner aufs platte Land gelockt.<br />

Zusammen mit Einheimischen wollen sie zur Belebung beitragen –<br />

und bleiben.<br />

VON CHRISTOPHER HIRSCH


41<br />

Loitz. Dass es den gebürtigen Venezolaner<br />

Rolando González einmal aufs platte pommersche<br />

Land verschlagen würde – damit hätte<br />

er lange nicht gerechnet. Dennoch steht der<br />

32-Jährige nun mit einer Kiste voll Brennholz<br />

auf einem Hinterhof in Loitz, der rund<br />

4 300-Seelen-Stadt an der Peene. „Ich dachte,<br />

die Heizung müssten wir sofort umbauen“,<br />

sagt seine Frau Annika Hirsekorn. Sie habe sich<br />

aber an die Holzöfen gewöhnt. Beide haben<br />

sich in Mexiko-Stadt kennengelernt, in Berlin<br />

gelebt und sind für ein Experiment nach Vorpommern<br />

gekommen.<br />

Sie sollen zur Belebung der Stadt beitragen.<br />

Den Großstädtern wurde dafür für ein Jahr ein<br />

Haus sowie ein Grundeinkommen von jeweils<br />

1 000 Euro pro Monat zur Verfügung gestellt.<br />

Ein Freund habe sie im Herbst 2020 auf das<br />

Projekt im Internet hingewiesen, erinnert sich<br />

Hirsekorn. „Und dann dachte ich mir, naja,<br />

wenn, dann würde ich mich mit Rolando bewerben“,<br />

sagt die 36-Jährige und lacht. Mit ihren Ideen setzten<br />

sich die beiden gegen etwa 100 andere Bewerbungen durch. „Im<br />

Dezember haben wir dann die Zusage bekommen.“ Seit April des<br />

vergangenen Jahres sind die beiden in Loitz, wobei sie zunächst<br />

anderweitig unterkamen, weil in dem Altbau vom Ende des<br />

19. Jahrhunderts noch Renovierungen nötig waren.<br />

Trotz des Grundeinkommens gehen beide weiter ihren bisherigen<br />

Jobs nach. González als Video-Produzent und Hirsekorn<br />

unter anderem als Kuratorin von Ausstellungen. Allein ihre Krankenversicherungen<br />

kosteten schließlich Hunderte Euro. Auch ihre<br />

Wohnung in Berlin haben sie noch. „So sind wir auch nicht darauf<br />

angewiesen, dass das jetzt hier von null auf hundert sofort läuft.“<br />

Es geht um das Ausprobieren von Ideen<br />

Seit 2016 ist das Amt Peenetal / Loitz eine Modellregion im Wettbewerb<br />

Zukunftsstadt des Bundesministeriums für Bildung und<br />

Forschung. Dabei geht es um die Entwicklung und das Ausprobieren<br />

von Ideen, wie man vom Strukturverlust betroffene Regionen<br />

beleben kann. „Es steht ja nicht nur Loitz vor diesen Problemen“,<br />

sagt Bürgermeisterin Christin Witt (CDU). „Es ist ein Versuch.“<br />

Der könne auch für andere Standorte Vorarbeit leisten. Zuletzt<br />

schaffte es Loitz als eine von acht Regionen in die dritte Phase des<br />

bundesweiten Wettbewerbs. Vom Bund stammt laut Witt auch<br />

das Basiseinkommen für Hirsekorn und González.<br />

Das Projekt habe auf jeden Fall Aufmerksamkeit auf die Stadt<br />

Loitz gelenkt. „Auf alle Fälle bringen sie sich ein“, sagt Witt. Viele<br />

Dinge brauchten noch ein bisschen Zeit. „Der Pommer ist einer,<br />

der sich das nicht, sag ich mal, von außen aufdrücken lässt.“ Neben<br />

den beiden Neu-Loitzern gehöre zur Zukunftsinitiative etwa<br />

auch der Bau eines Wohnkomplexes für verschiedene Lebensformen<br />

und Altersgruppen mit medizinischer Versorgung und Gemeinschaftsräumen<br />

im Zentrum.<br />

Hirsekorn und González haben im Haus eine Siebdruckwerkstatt,<br />

eine Comic-Bibliothek und selbst einen Escape-Room<br />

eingerichtet. Sie haben schon einige Projekte mit Kindern und<br />

Jugendlichen aus der Region gemacht. „Das wird total gut angenommen“,<br />

sagt Hirsekorn. Nur mit der Bibliothek sei es noch ein<br />

bisschen schleppend. Wenn man frage, was die Kids lesen wollen,<br />

sagten viele, sie wollten Playstation spielen.<br />

Ein Handbuch soll anderen Gemeinden helfen<br />

Es gehe aber nicht bloß um das Haus und die Räumlichkeiten,<br />

sondern vielmehr auch um Vernetzung. Das Paar hat nach eigener<br />

Aussage schon viele Gleichgesinnte im Ort gefunden, die auch<br />

Projekte organisieren wollen. González habe etwa eine Telegram-<br />

Gruppe zur Nachbarschaftshilfe aufgesetzt. Zu Weihnachten<br />

hätten sie im Rahmen einer Wichtelaktion nicht benötigte Gegenstände<br />

von Loitzern eingesammelt und daraus thematische<br />

Adventskalender zusammengestellt, unter anderem für eine Beratungsstelle<br />

für Arbeitslose.<br />

Die beiden wollen einen Verein mit Namen "De Loite" gründen,<br />

bei dem sich noch mehr Menschen einbringen sollen. Zudem<br />

will Hirsekorn etwa das Thema Zwangsarbeit während des Zweiten<br />

Weltkriegs in Loitz im Rahmen eines Schulprojekts aufarbeiten.<br />

„Man kann auf jeden Fall schon sagen, dass die Wahrnehmung<br />

in der Bevölkerung sehr unterschiedlich ist“, sagt Carmen<br />

Renninger von der Hochschule Neubrandenburg diplomatisch. Sie<br />

und eine Kollegin begleiten die Loitzer Zukunftsprojekte wissenschaftlich.<br />

Eine weitere Erkenntnis sei, dass die Verwaltung flexibler<br />

sein könnte bei der Umsetzung. Als Teil der Evaluation soll<br />

ein Handbuch entstehen, das anderen Gemeinden bei ähnlichen<br />

Projekten helfen soll.<br />

Hirsekorn und González fühlen sich gut in Loitz aufgenommen.<br />

„Klar, wir wissen, dass es viele Leute gibt, die das Projekt<br />

nicht gut finden“, sagt Hirsekorn. Das habe auch mit unzureichender<br />

Kommunikation zu tun. Die Kritiker träten aber nur<br />

ganz selten an sie heran. Einige habe sie auch schon im direkten<br />

Austausch überzeugen können. Andere Menschen hätten Begrüßungsgeschenke<br />

vorbeigebracht. Sie hätten mittlerweile Bekannte,<br />

die sie jederzeit unterstützten. „Davon gibt es total viele.“<br />

Das Experiment scheint teilweise schon ein Erfolg zu sein. „Die<br />

beiden werden das Haus erwerben“, freut sich Witt. „Der Kaufvertrag<br />

steht kurz vorm Abschluss. Wir haben jetzt nur noch den<br />

Notar-Termin.“ Das sei somit wieder ein Haus, das belebt wurde.<br />

Und: Die beiden seien nicht die einzigen. Ein anderes Paar, dessen<br />

Bewerbung nicht erfolgreich war, sei mittlerweile trotzdem nach<br />

Loitz gezogen. Die beiden würden sich nun um die Galerie am<br />

alten Steintor kümmern, um sie wieder für Besucher zu öffnen. h


42<br />

Dörfliche Idylle<br />

mitten in der<br />

Stadt


43<br />

Kleinstgenossenschaften erleben in Zeiten steigender Mieten einen Boom. Die Drachenbau<br />

gründete sich 1986 und hat viele Höhen und Tiefen dieser Wohnform bereits hinter sich.<br />

Die junge Baugemeinschaft Baumhaus Altona reicht gerade den Bauantrag ein.<br />

VON FRAUKE MAASS


44<br />

Genossenschaften


Hamburg. Eine Baugemeinschaft zu gründen und ein gemeinsames<br />

Projekt anzugehen, kostet viel Arbeit, Zeit und Geld. Die<br />

knapp 80 Mitglieder der 2018 gegründeten Kleinstgenossenschaft<br />

Baumhaus Altona, darunter 40 Erwachsene, wissen das nach mittlerweile<br />

drei intensiven Jahren voller Vorbereitungen, bürokratischem<br />

Aufwand, Planungen, vielen Treffen und Gesprächen.<br />

Nicht immer ist der Blick auf diese Zeit positiv gefärbt. Doch je<br />

näher der Termin der Bauantragstellung rückt, desto größer wird<br />

die Vorfreude auf ihr gemeinsames Mehrfamilienhaus, was in einem<br />

Neubaugebiet am Othmarscher Kirchenweg entstehen soll.<br />

Entstanden ist die Baumhaus Altona aus einer Fusion zweier<br />

Baugemeinschaften: „Unser Eulennest“, die sich 2010 gegründet<br />

hatte, um ihren Traum vom gemeinsamen Wohnen zu bezahlbaren<br />

Preisen in Hamburg zu verwirklichen und bereits drei (erfolglose)<br />

Bewerbungen hinter sich hatte, und „Haus Hamburg 2014“, die<br />

mit frischer Energie und viel Projektfreude aufwartete.<br />

„Die Fusion war sinnvoll, weil wir durch den Zusammenschluss<br />

die Erfahrungen und Kompetenzen von ‚Unser Eulennest‘ nutzen<br />

konnten“, sagt Rosa Thoneick, Mitglied der Baumhaus Altona. „Im<br />

April 2018 haben wir uns als Gruppe zum ersten Mal getroffen,<br />

Ende Mai 2018 die Bewerbung abgegeben – und hatten Erfolg.“<br />

Der Start war holprig<br />

Der Anfang war etwas holprig. „Wir kannten einander nicht,<br />

mussten aber sofort mit den Planungen loslegen“, erinnert sich die<br />

35-Jährige Stadtforscherin und Journalistin. Das bedeutete, Aktion<br />

auf mehreren Ebenen: sich kennenlernen, Wünsche der Mitglieder<br />

austaxieren, Pläne machen, Arbeitsgemeinschaften gründen. „Ein<br />

Kraftakt, und all das ehrenamtlich neben Beruf und Familie.“<br />

Geplant ist ein Wohngebäude in Holzmassivbauweise mit 24<br />

Wohneinheiten, ein Gemeinschaftsraum mit Küche, Gemüsegarten,<br />

Spielplatz und Feuerstelle. 22 Einheiten sind bereits vergeben,<br />

zwei bleiben frei für Flüchtlingsfamilien, die die Kleinstgenossenschaft<br />

in ihre Gemeinschaft integrieren möchte. Soziales und ökologisches<br />

Engagement ist den Parteien wichtig und Bestandteil des<br />

Konzeptes, über das in 14-tägigen Treffen – derzeit nur digital –<br />

diskutiert wird.<br />

Wunsch nach einem Leben in Gemeinschaft<br />

Aber warum eine Baugemeinschaft? „Wir alle wünschen uns bezahlbaren<br />

Wohnraum in der Stadt, fern von Grundstücks- und Immobilienspekulationen,<br />

sowie ein Leben in Gemeinschaft“, sagt<br />

Rosa Thoneick. Für jeden ist der passende Wohnraum geplant worden.<br />

Die 35-jährige zieht in eine Singlewohnung, eine fünfköpfige<br />

Familie bekommt eine Fünfzimmerwohnung in dem Komplex.<br />

„Der Kern unserer Gruppe besteht überwiegend aus Familien<br />

mit kleinen Kindern, die sich gegenseitig helfen und unterstützen<br />

wollen. Aber es sind auch Paare mit und ohne Kinderwunsch sowie<br />

Alleinstehende, die einziehen. Niemand von uns will allein und anonym<br />

leben und alt werden“, sagt Thoneick. Durch die Genossenschaft<br />

einen dörflichen Charakter herstellen, wo jeder jeden kennt,<br />

und das mitten in einer großen Metropole – das ist das, was sich<br />

Rosa Thoneick wünscht – ebenso wie die anderen Mitglieder.<br />

Grundideen der Genossenschaftsbewegung<br />

leben noch heute<br />

Die Wünsche und Vorstellungen der jungen Genossenschaft sind<br />

ein klares Bekenntnis zu den Grundideen der ersten Wohnungsbaugenossenschaften,<br />

die sich Mitte des 19. Jahrhunderts gründeten.<br />

Menschen taten sich zusammen, um sich gemeinsam selbst zu<br />

helfen, ohne auf staatliche Unterstützung oder private Wohltätigkeit<br />

zu setzen oder zu hoffen.<br />

Aber heute sind es selten mittellose Menschen, die sich zusammentun.<br />

Bei Baumhaus Altona muss jedes Mitglied Eigenkapital<br />

mitbringen – 800 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche, unabhängig<br />

vom individuellen Vermögensstand. Nur so sei die Förderung<br />

durch die Stadt gewährleistet.<br />

Dass man bereits ein kleines Vermögen als Einlage zahlen muss,<br />

um am Ende öffentlich geförderten Wohnraum zu schaffen, sei ein<br />

Fehler im System, kritisieren viele der Mitglieder. Dafür bekommen<br />

sie jedoch gemeinschaftlich genutztes Eigentum in einer besonders<br />

nachgefragten Wohngegend, in der die meisten sich keine Wohnung<br />

vom freien Markt leisten könnten, wie ein Gründungsmitglied<br />

zugibt.<br />

f


46<br />

<strong>VNW</strong><br />

Für Rosa Thoneick war der Schritt, Mitglied einer Genossenschaft<br />

zu werden, nicht ganz so einfach. „Ich bin noch jung und viel in<br />

Bewegung. Aber durch die Genossenschaft habe ich immer einen<br />

Ort, an dem ich sein kann. Es ist ein Stück Altersvorsorge und dazu<br />

ein interessantes Projekt. Ich bin gespannt, wie sich das gemeinschaftliche<br />

Leben entwickelt“, sagt sie.<br />

Die Drachenbau wurde 1986 gegründet<br />

Was das Leben in einer Kleinstgenossenschaft an Höhen und Tiefen<br />

zu bieten hat, haben die Mitglieder der Drachenbau in St. Georg<br />

bereits erfahren. 20 Erwachsene mit insgesamt 14 Kindern gründeten<br />

1986 die Genossenschaft, um ein Bestandsgebäude in Alsternähe<br />

nach eigenen Wünschen auf- und auszubauen.<br />

„Im Grunde war es eine Kernsanierung“, sagt Christian Diesener<br />

lachend. Der 65-Jährige gehört mit seiner Frau Marion Glunz-<br />

Diesener zu den Initiatoren. „Wir wollten nicht allein wohnen,<br />

sondern unsere Vision einer gleichberechtigten Gemeinschaft realisieren“,<br />

erzählt die 69-jährige Marion Glunz-Diesener.<br />

Gekannt haben sich die Mitglieder durch den Aufbau eines Bildungszentrums<br />

(ABC in Drochtersen-Hüll)), Wohngemeinschaften<br />

und dem Kinderhaus Koppel, das einige bereits initiiert hatten und<br />

dadurch erste Projekt-Erfahrungen vorweisen konnten. „Wir wollten<br />

alle gern mit unseren Kindern in der Stadt wohnen, unseren Lebensraum<br />

selbst bestimmen, bezahlbaren Wohnraum sicher haben, aber<br />

ohne Eigentum bilden zu müssen“, sagt Marion Glunz-Diesener.<br />

„Auflage war, dass wir zusätzlich zwei Baulücken schließen mussten“,<br />

sagt das 69-jährige Gründungsmitglied Hartwig Giese. Das<br />

war eine finanzielle Herkulesaufgabe, die nur mit Hilfe von Fördermitteln<br />

und viel Selbsthilfe gelöst werden konnte. Das Ergebnis<br />

waren 1987 ein umgenutztes Fabrikgebäude, 1988 ein schwammsanierter<br />

Gründerzeitbau und 1989 zwei Neubauten mit Sozialwohnungen.<br />

Jeder gibt, was er geben kann<br />

Die Mitglieder mussten – wie überall – eine Einlage leisten. Allerdings<br />

wurde der Besitz von Geld nie zum Auswahlkriterium gemacht.<br />

Vielmehr gab jede und jeder, was möglich war. Eine Einstellung,<br />

die bis heute Gültigkeit hat.<br />

Eigenleistungen auf dem Bau gehörten zur Auflage. Also krempelte<br />

die Gruppe die Ärmel hoch und begann Mitte der 1980er<br />

Jahre mit der Sanierung der Fabrik, die zu Groß-WGs umgebaut<br />

werden sollte – eine alternative Wohnform, die die sozial und politisch<br />

aktiven Mitglieder ausprobieren wollten.<br />

„Wir lebten lange als Paar mit Kind mit einer weiteren Familie<br />

mit Kind zusammen“, sagt die 72-jährige Margret Kuhrts-Bösche.<br />

Auch Familie Diesener wohnte auf rund 120 Quadratmetern mit<br />

Kindern und einer weiteren Frau in einer Wohngemeinschaft. Vorausschauend<br />

wurden zu Beginn Leichtbauwände eingesetzt, um<br />

flexibel auf Veränderungen reagieren zu können.<br />

Ein Wohnviertel, in dem in den 1980er Jahren<br />

kaum einer wohnen wollte<br />

„St. Georg war Mitte der 1980er Jahre runtergekommen, ein Viertel<br />

am Hauptbahnhof, in dem kaum einer wohnen wollte und das<br />

seit 1979 Sanierungsgebiet war“, erinnert sich Christian Diesener.<br />

Das war ihr Glück! Die Drachenbau eG bekam den Zuschlag von der<br />

Stadt für zwei von der Sprinkenhof AG verwaltete Gebäude in der<br />

Schmilinskystraße: für eine alte Fabrik im Hof, die zuletzt als Lager<br />

für 1 000 Töpfe war, sowie für ein Mehrfamilienhaus an der Straße.<br />

Keine Groß-WGs mehr und kaum noch Familien<br />

Heute gibt es keine Groß-WGs mehr. Und auch nur noch wenig<br />

Familien. Die Kinder von damals sind erwachsen, viele haben die<br />

Stadt oder den Stadtteil verlassen. Nur wenige kommen in die Drachenbau<br />

zurück, was auch an mangelndem Wohnraum liegt.<br />

Dabei würde die Genossenschaft sich gern verjüngen und Platz<br />

für junge Familien machen. „Selbst wenn wir wollten – wir Älteren,<br />

die in den großen Wohnungen sitzen, können nicht mit Familien<br />

tauschen, die in den kleineren Wohneinheiten leben, da das geförderter<br />

Wohnraum ist“, bedauert Diesener.<br />

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48 Genossenschaften<br />

Heute gibt es in den vier Häusern der Genossenschaft 30 Wohnungen,<br />

teilweise mit nachträglich eingebauten Aufzügen. Ein Schritt<br />

zur Barrierefreiheit für behinderte und alternde Mitglieder. Aktuell<br />

wohnen dort 60 Erwachsene zwischen 18 und 80 Jahren sowie vier<br />

Kinder zwischen ein und zehn Jahren.<br />

„Wir haben uns unser Reich selbst erschaffen“<br />

Mit Stolz blicken die Mitglieder auf die ersten Jahre zurück. „Wir<br />

haben uns unser Reich selbst erschaffen“, sagt Marion Glunz-<br />

Diesener. „Unser Arbeitseinsatz war nicht nur für das Gemeinschaftsgefühl<br />

wertvoll. Wir schätzen das, was wir haben, und<br />

pflegen es.“ Dazu gehören nicht nur die Wohnungen, von denen<br />

einige mit einem großen Wintergarten verbunden sind. Dazu gehören<br />

auch Feste aller Art und der kleine Garten.<br />

Die Selbstverwaltung, die Arbeitsgemeinschaften – alles liegt in<br />

Händen einer engagierten Crew und funktioniert noch immer. Die<br />

einen kümmern sich um den Garten, die anderen um die Verwaltung,<br />

Finanzen oder die Instandhaltung. Vieles läuft jetzt besser als<br />

zu Beginn. „Wir sind ja mittlerweile routinierter und einige in Rente<br />

und haben mehr Zeit“, sagt Hartwig Giese. Natürlich gab es auch<br />

mal Streit. Wenn der nicht innerhalb der Gruppe beigelegt werden<br />

konnte, wurde eine Mediation eingeschaltet.<br />

Ein großes Privileg, bezahlbar mitten in der Stadt<br />

leben zu können<br />

Die Drachenbau-Mitglieder wirken zufrieden und glücklich, „Und<br />

das sind wir auch!“, bestätigen die vier. Es sei gerade in der aktuellen<br />

Zeit der gestiegenen Mietpreise ein großes Privileg, mitten in<br />

der Stadt zu leben, Platz zu haben zu günstigen Konditionen. Aber,<br />

geben sie zu bedenken: „Dafür haben wir auch einiges getan –<br />

und tun es nimmer noch.“ Von außen sei das nicht immer sichtbar.<br />

Aktuell beschäftigt sie das Erbbaurecht. Der Vertrag läuft 2036<br />

aus und müsste nach den dann geltenden Bodenpreisen verlängert<br />

werden. Eine große Sorge der Drachenbau. „Wir sind im Gespräch<br />

mit der Stadt und hoffen auf einen guten Ausgang für uns“, sagen<br />

sie. Denn weg will keiner von ihnen.<br />

Sie haben dort ihre Kinder gemeinsam großgezogen, Streit und<br />

Trennungen begleitet, ihre Berufsjahre geteilt und wollen jetzt auch<br />

gemeinsam alt werden und der nächsten Generation bezahlbares<br />

Wohnen in genossenschaftlicher Drachenbau-Gemeinschaft erhalten.<br />

h<br />

Marion Glunz-Diesener<br />

Rosa Thoneick<br />

FRAUKE MAASS ist Journalistin<br />

in Hamburg. Während ihrer<br />

Tätigkeit als Reiseredakteurin hat<br />

sie viele Länder bereist und dabei<br />

ihr Interesse für die unterschiedlichsten<br />

Wohnformen entdeckt.<br />

Heute gehören Themen aus<br />

der Wohnungsbaubranche und<br />

Architektur zu ihren inhaltlichen<br />

Schwerpunkten.


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HAMBURGS ZUKUNFT


50<br />

<strong>VNW</strong><br />

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51<br />

Die unsichtbare<br />

Gefahr im Boden<br />

Radon kann man nicht sehen, riechen oder schmecken. Das krebserregende Gas kann aus<br />

dem Boden über Risse und Fugen in Kellerräume gelangen. Eine neue Karte zeigt gefährdete<br />

Orte jetzt genauer an.<br />

Salzgitter. Mancherorts ist das Lüften des Kellers nicht nur wegen<br />

Schimmelwachstum wichtig: Das radioaktive und für die<br />

Gesundheit gefährliche Gas Radon kann sich im Untergeschoss<br />

anreichern. Aber das ist zum Glück nicht überall der Fall.<br />

Eine neue und räumlich höher aufgelöste Karte des Bundesamts<br />

für Strahlenschutz (BfS) zeigt nun genauer, in welchen Regionen<br />

Deutschlands man vorsichtig sein sollte.<br />

Radon ist laut dem Bundesamt nach Rauchen die zweithäufigste<br />

Ursache für Lungenkrebs. Es ist nicht zu sehen, zu riechen<br />

oder zu schmecken. Und es entsteht im Erdreich und kann von<br />

dort über Risse, Fugen oder Rohrdurchführungen in Innenräume<br />

gelangen und sich dort in gefährlichen Konzentrationen anreichern.<br />

Das ist vor allem möglich in Bereichen des Hauses, die Bodenkontakt<br />

haben – wie eben dem Keller.<br />

Nicht überall und nicht in jedem Haus ein Risiko<br />

Es gibt aber auch Grund zur Beruhigung: Wie die neue Karte<br />

verdeutlicht, ist die Konzentration im Boden regional sehr unterschiedlich.<br />

Sie ist tendenziell höher zwischen Mittel- und Süddeutschland<br />

und im hohen Norden an den Küsten. Und ob dort<br />

dann Radon auch wirklich in den Keller eindringen kann, hängt<br />

vom baulichen Zustand des Hauses ab und zum Beispiel davon,<br />

ob es eine durchgehende Bodenplatte gibt.<br />

Die neue Karte ist dank verbesserter Berechnungsverfahren<br />

und einer größeren Datengrundlage viel genauer als ihre Vorgän-<br />

gerin. So zeigt sie keine Durchschnittswerte mehr an, sondern<br />

die Werte wurden laut Mitteilung des BfS so gewählt, dass„sie<br />

die an einem Ort im Boden vorhandene Radon-Konzentration in<br />

90 Prozent der Fälle niedriger oder identisch mit dem in der Karte<br />

angegebenen Wert ist.”<br />

Bei den restlichen zehn Prozent der Fälle könne nicht ausgeschlossen<br />

werden, dass aufgrund kleinräumiger geologischer Besonderheiten<br />

höhere Werte auftreten. Auch kann die Karte nicht<br />

anzeigen, wie hoch die Radon-Konzentration innerhalb von Gebäuden<br />

ist.<br />

Erste Maßnahme: häufiger lüften<br />

Wer in Gebieten mit hohem Vorkommen unsicher ist, sollte zum<br />

einen häufiger lüften – und zwar so, dass bereits nach wenigen<br />

Minuten die gesamte Innenraumluft ausgetauscht ist. Das gelingt<br />

mit Querlüften, indem man gegenüberliegende Fenster gleichzeitig<br />

öffnet.<br />

Da Lüften allerdings nicht immer ausreicht, sollte man die Radon-<br />

Konzentration im eigenen Gebäude auch mal messen lassen. Anbieter<br />

verschicken Detektoren per Post, die an mehreren Stellen<br />

des Kellers oder in anderen Wohnräumen angebracht werden und<br />

nach drei bis zwölf Monaten zur Auswertung zurückgeschickt<br />

werden. Das BfS führt online eine Liste anerkannter Anbieter.<br />

Ist das Ergebnis schlecht, müssen gegebenenfalls undichte<br />

Stellen in Keller und Erdgeschoss abgedichtet werden. h


52 <strong>VNW</strong><br />

Mit Drohnen und<br />

Innenscan zur digitalen<br />

Gebäudeakte<br />

Wie Digitalisierung helfen kann, das Instandhaltungsmanagement<br />

effektiv und transparent vom Schreibtisch aus durchzuführen.<br />

VON MATTHIAS HARTMANN CEO UND GRÜNDER DER IMMOTECH PLATTFORM GMBH


53<br />

Dortmund. In Zeiten von Fachkräftemangel und steigender Erwartungshaltung<br />

von Mietern und Eigentümern ist es nötig, auch<br />

das Gebäude- und Instandhaltungsmanagement zu erneuern und<br />

zu digitalisieren. In den letzten Jahren zog die Digitalisierung in<br />

der Immobilienbranche primär im Bereich der Neubauten ein, wo<br />

durch BIM und digitale Zwillinge bereits erhebliches Potenzial gehoben<br />

wurde. Doch speziell große Immobiliengesellschaften stehen<br />

vor der Herausforderung, die bereits im Einsatz befindlichen<br />

Systeme auf einen einheitlichen Stand zu bringen und Daten ihrer<br />

Objekte zu erheben, von denen viele schon weit vor dem Gedanken<br />

an „Digitalisierung“ erbaut worden sind. Das allumfassende<br />

Problem ist schlichtweg: Es fehlt an Daten!<br />

Modernste Technik<br />

Der Gedanke, einen digitalen Zwilling der eigenen Objekte oder<br />

Nutzungseinheiten verwenden zu können, ist insgeheim ein lang<br />

gehegter Wunsch, doch die Möglichkeiten waren bisher begrenzt.<br />

Mit Hilfe modernster Drohnen- sowie Innenscan-Technologie ist<br />

es mittlerweile möglich, bereits jahrhundertealte Gebäude digital<br />

abzubilden und jede noch so abgelegene Ecke zu erfassen. Gerade<br />

der Einsatz moderner Innenraumscanner machen das Innere<br />

des Gebäudes digital zugänglich. Dadurch bleibt kein Winkel des<br />

Gebäudes unentdeckt und vor allem wird die Möglichkeit geschaffen,<br />

die bestehenden Objekte virtuell zu begehen – und zwar von<br />

jedem Winkel der Erde aus.<br />

Unser Startup aus Dortmund wurde mit dieser Vision im Kopf<br />

gegründet und hat sich der Herausforderung angenommen. „Instandhaltungsmanagement<br />

vom Schreibtisch aus“ ist das Stichwort.<br />

Das Besondere hieran ist nicht der Einsatz der Technologie,<br />

sondern die Zusammenführung, Auswertung und Verfügbarkeit<br />

aller gesammelten Daten und Informationen auf einer Plattform,<br />

objektbezogen und anwendungsorientiert sowohl für Immobiliengesellschaften<br />

und Verwalter als auch für Städte und Gemeinden.<br />

Im Rahmen der Bauabnahme<br />

Wie bereits angeführt sind Daten und Informationen, teilweise<br />

sogar digitale Zwillinge bei Neubauten verhältnismäßig gut verbreitet.<br />

Diese Basisinformationen aus der Planung können über<br />

die Digitalisierungstechnologien mit den entstandenen realen<br />

Objektinformationen übereinandergelegt werden. Hieraus ergibt<br />

sich in der Praxis eine viel konkretere Datenbasis ab Zeitpunkt der<br />

Bauabnahme.<br />

“Wir nutzen die Dienste zur digitalen Bauabnahme von<br />

Neubauprojekten. So haben wir direkt eine Mängelliste,<br />

die wir abarbeiten können und zugleich den Zustand der<br />

Erstvermietung digital dokumentiert.”, äußert sich Tilo Eichler,<br />

Leiter des Kunden- und Objektmanagements der eG Wohnen<br />

1902 in Cottbus.<br />

Neben dem Aspekt der Transparenz in Bezug auf den Ist-Zustand<br />

des abgenommenen Objektes werden durch die Gebäudedigitalisierung<br />

signifikant häufiger Unsauberkeiten im Rahmen der Bauabnahme<br />

entdeckt. Diese führen im Lebenszyklus des Objektes zu<br />

Schäden, welche vermeidbar gewesen wären.<br />

Auslaufen der Gewährleistungsfristen<br />

Darüber hinaus führt Tilo Eichler aus, dass “die Digitalisierung<br />

und Begutachtung von Gebäuden, die aus der Gewährleistung<br />

laufen ein weiterer sinnvoller Use-Case für die eG<br />

Wohnen 1902, Cottbus darstellt. Dies ist ein wichtiger Moment<br />

im Lebenszyklus eines Gebäudes, der oft übersehen<br />

wird.”<br />

So konnten teilweise Primärschäden oder Baumängel vor Ablauf<br />

der Gewährleistung aufgezeigt werden, welche klassischerweise<br />

erst einige Jahre später durch deren Folgeschäden festgestellt<br />

worden wären.<br />

ImmoTech bietet darüber hinaus staatlich zertifizierte Schadensgutachten<br />

auf Basis der digitalen Daten an, die von erfahrenen<br />

Gutachtern mit und auf der Plattform erstellt werden. Für beide<br />

Seiten ein klarer Gewinn; die Gutachten erreichen aufgrund der<br />

Qualität des Rohmaterials eine außerordentliche Genauigkeit und<br />

f


54 <strong>VNW</strong><br />

Über die ImmoTech Plattform GmbH<br />

Die ImmoTech Plattform GmbH – gegründet von<br />

Experten aus der Immobilienwirtschaft – bietet u.a.<br />

digitale Gebäudeakten und weitere interagierende<br />

Services, die ein vereinfachtes Instandhaltungsmanagement<br />

für Verwalter, Eigentümer oder auch<br />

Städte und Gemeinden ermöglichen.<br />

durch die Abwicklung über die Plattform eine verlässliche Standardisierung.<br />

Für die Gutachter bleiben umfangreiche Besichtigungen<br />

vor Ort aus, so dass hochwertige Schadensgutachten schnell und<br />

komfortabel erstellt werden können.<br />

Monitoring von Instandhaltungsbudgets<br />

Unabhängig von konkreten Fällen wie der Bauabnahme, dem Auslaufen<br />

der Gewährleistung oder in einem konkreten Schadensfall<br />

können digitale Objektdaten bei der langfristigen Planung einen<br />

erheblichen Mehrwert liefern.<br />

Timo Schäfer, Geschäftsführer der WBG der Stadt Zirndorf<br />

stellt klar: „Für uns stellt die Energieneutralität bis 2045 eine<br />

erhebliche Herausforderung dar. Gestartet im Juli 2021 haben<br />

wir jetzt bereits rund 60 Prozent unserer Gebäude als<br />

digitalen Zwilling auf der Plattform.“<br />

Um das Instandhaltungsbudget modern zu kontrollieren, ist es<br />

für die WBG notwendig, eine umfangreiche Übersicht über alle<br />

Objekte sowie deren aktuelle Zustände inklusive der unterschiedlichen<br />

Instandhaltungsmaßnahmen zu erhalten. Eine Eingliederung<br />

in kurz-, mittel- und langfristig notwendige Maßnahmen ermöglicht,<br />

den Fokus auf zukünftige Projekte zu lenken und hierbei<br />

gleichzeitig energetische Optimierungen zu berücksichtigen. Die<br />

Simplifizierung des Prozesses und die daraus resultierende Transparenz<br />

trägt zum sukzessiven Erfolg des Unternehmens bei, da<br />

sich durch den geschaffenen Überblick auf der Plattform weitere<br />

Bereiche erschließen und das Immobilien-Portfolio ganzheitlich<br />

besser, schneller und einfacher betreut wird.<br />

Oder wie es Tilo Eichler formuliert: „Durch die übersichtliche<br />

und transparente Datenbereitstellung konnten wir bereits<br />

Mängel evaluieren und umfassend beheben, ohne im Schadensfall<br />

Zeit zu verlieren.“<br />

Eine regelmäßige Erfassung des Objektzustandes per Drohne<br />

und Innenraumscan ist elementar. Dieses kann helfen, effektiver<br />

zu planen und zu erneuern und somit Schäden bereits proaktiv zu<br />

erkennen und zu beseitigen.<br />

„Der BVE testet im Rahmen seiner Unternehmensentwicklung<br />

vielversprechende Lösungsansätze in den unterschiedlichsten<br />

Bereichen, von Digitalisierungs- bis hin zu<br />

Nachhaltigkeitsthemen. In einem Pilotprojekt analysieren<br />

wir gemeinsam mit der ImmoTech Plattform GmbH die umfassenden<br />

Möglichkeiten, die sich aus der Erfassung von<br />

Gebäudedaten per Drohnenflug ergeben. Und das zum<br />

Start der Modernisierungsplanung des Objektes“, so Knud<br />

Einemann, Leiter Innovation, Finanzen und Projekte, beim Bauverein<br />

der Elbgemeinden eG.<br />

Management von Handwerkern, Dienstleistern und<br />

eigenen Mitarbeitern<br />

Genauso wie die Finanz- und Verwaltungsdaten in modernen ERP-<br />

Systemen gebündelt werden, stellt die strukturierte Zusammenführung<br />

aller Objektdaten im Portfolio einen Quantensprung dar.<br />

Dies kann jedoch nur der Anfang sein, um das Instandhaltungsmanagement<br />

kompletter Immobilienportfolios auf ein neues Level<br />

zu heben. Handwerker, Dienstleister und eigene Mitarbeiter sollen<br />

in der Lage sein, auf jeweils ausgewählte Daten eines Objekts zuzugreifen<br />

und entsprechend zu agieren. Das erleichtert nicht nur<br />

die Kommunikation mit verschiedenen Dienstleistern, sondern mif


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Behrens-Stiftung:<br />

Spezialist im Wohnungsbau für vordringlich<br />

wohnungssuchende Haushalte<br />

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Die Behrens-Stiftung hat sich in den letzten Jahren auf den Wohnungsbau für obdachlos<br />

gewordene Menschen und andere vordringlich wohnungssuchende Haushalte spezialisiert.<br />

Allein oder in Kooperation mit anderen Investoren realisiert sie Bauvorhaben, die sich an<br />

diesem gesellschaftlichen Bedarf orientieren. Dazu gehören auch eine sozial kompetente<br />

Wohnungsverwaltung und professionelle Sozialarbeit. So entstehen dauerhafte<br />

und stabile Wohnverhältnisse.<br />

Wohnungen für Menschen mit ambulantem Betreuungsbedarf in Hamburg-Sülldorf<br />

Die wirtschaftliche Basis der Behrens-Stiftung<br />

wurde 1946 gelegt: Aus dem damals gegründeten<br />

Abbruchbetrieb Behrens, Glogner<br />

& Co. entstanden Bauträgergeschäfte, deren Erträge<br />

in den Mietwohnungsbau investiert wurden.<br />

So entwickelte sich ein Bestand von rund 3.000<br />

Wohn- und Geschäftseinheiten. 1992 gründete das<br />

Ehepaar Benno und Inge Behrens die nach ihnen<br />

benannte Stiftung und brachten ihren umfangreichen<br />

Wohnungsbestand ein.<br />

Das Ziel der Stiftung war und ist es, Wohnungen für<br />

Menschen zu bauen, die besonderer Unterstützung<br />

bedürfen. So engagiert sie sich aktuell auch in dem<br />

Modellprojekt „Housing First Hamburg“ zur Überwindung<br />

der Straßenobdachlosigkeit.<br />

Kontakt<br />

Reiner Schäfer<br />

E-Mail: r.schaefer@behrens-stiftung.de<br />

Tel.: 040 / 636 6300 - 445<br />

www.behrens-stiftung.de<br />

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Hamburg-Schnelsen<br />

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im Wohnungsbau, hier<br />

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gemeinsam mit einem weiteren Investor<br />

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um. Dort entstehen 24 Wohnungen für vordringlich<br />

wohnungssuchende Menschen.<br />

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Geschäftsführer und Vorstand der Behrens-Stiftung<br />

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bündeln wir alle Kompetenzen,<br />

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wichtig sind: Von der Projektentwicklung<br />

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Angebot bieten wir alles aus einer Hand.<br />

Reiner Schäfer<br />

Geschäftsführer und Vorstand der Behrens-Stiftung<br />

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56<br />

<strong>VNW</strong><br />

nimiert mögliche kommunikative Fehler, welche zu Ineffizienzen<br />

führen. Außerdem entsteht hierdurch ein historischer Verlauf, welcher<br />

alle Maßnahmen rund um ein digitalisiertes Objekt detailliert<br />

und jederzeit nachvollziehbar dokumentiert – ohne Mehraufwand.<br />

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von Immobilien<br />

Einer der zukünftig spannendsten Anwendungsfälle stellt sicherlich<br />

die Vermarktung und Versicherung von Objekten im professionellen<br />

Immobilienbereich dar. Allein die bereitgestellte Datenmenge<br />

und die sich hieraus ergebende Transparenz ist ein massiver Vorteil<br />

bei der Veräußerung oder Versicherung eines jeden Objekts. Jeder<br />

Versicherer hasst Unsicherheit und wenn eine überragende Datenlage<br />

zum Zustand eines Gebäudes bereitgestellt werden kann,<br />

bietet dies Vorteile bei der Verhandlung neuer Policen – und das<br />

gilt für das gesamte Portfolio.<br />

Durch zeitlich begrenzte exklusive Zugangsberechtigungen<br />

oder der Möglichkeit, ausgewählte Informationen zu einer Immobilie<br />

über die Plattform einsehen zu können, wird potenziellen<br />

Käufern eine völlig neue Art der Informationsaufbereitung geboten.<br />

Die Gebäude können faktisch virtuell begangen werden,<br />

etwa um eine Kaufentscheidung zu bestärken, um vorhandene<br />

Zweifel aus dem Weg zu räumen oder Objekte zu transferieren,<br />

ohne diese jemals live vor Ort gesehen haben zu müssen. Gerade<br />

für Eigentümer großer Portfolios oder mit Streubesitz ist dieses ein<br />

großer Vorteil. h


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58 <strong>VNW</strong><br />

Dankbar<br />

für ein Zuhause auf Zeit<br />

Die Baugenossenschaft Mittelholstein stellt Gemeinschaftsräume für<br />

Flüchtlinge zur Verfügung. In Kronshagen bei Kiel hat ein Ehepaar<br />

bereits eine Bleibe gefunden.<br />

VON FRAUKE MAASS<br />

Kronshagen. Die Kopperpahler Allee ist eine knapp zwei Kilometer<br />

lange Wohnstraße in Kronshagen bei Kiel. Gepflegte<br />

Siedlungshäuser und schmucke kleine Altbauten reihen sich aneinander,<br />

getrennt durch Zäune, sauber beschnittene Büsche und<br />

Hecken.<br />

Etwas zurückgesetzt befindet sich vor der Grenze zum Eichhof,<br />

dem größten Parkfriedhof Schleswig-Holsteins, neben einer<br />

Kindertagesstätte die Seniorenwohnanlage Kopperpahler Allee<br />

der Baugenossenschaft Mittelholstein eG (bgm) mit 38 modernen,<br />

altersgerechten Wohnungen.<br />

Es gibt einen Innenhof mit Hochbeeten, Fahrradräume und<br />

Stellplätze für Rollstühle und Elektroscooter – sowie einen hellen<br />

und großzügigen Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss mit eigenem<br />

Eingang.<br />

Der Gemeinschaftsraum ist jetzt eine Wohnung<br />

Nur finden dort zurzeit keine gemeinsamen Aktivitäten der Bewohner<br />

statt – was nicht nur an der Pandemie liegt. In dem Raum<br />

leben seit Anfang März Tetiana Podinzhna (45) und ihr Mann Viacheslav<br />

Podinezhnyi (57) aus der Ukraine, die hier in der Nähe<br />

ihrer Tochter Olga (27), ein Zuhause auf Zeit gefunden haben.<br />

Die 27-Jährige lebt seit sechs Jahren mit ihrem Mann in<br />

Kronshagen, sie hat in Kiel studiert, hier ihre Tochter bekommen,<br />

erste Wurzeln geschlagen. Dennoch war die Sehnsucht<br />

nach ihrer Heimat stets groß. Die Pläne, mit ihrer kleinen Familie<br />

zurückzukehren nach Odessa, waren bereits gefasst – bis am<br />

24. Februar der Krieg ausbrach und das Leben ihrer gesamten<br />

Familie in ein Chaos stürzte.<br />

Von dem Moment an hat sie gemeinsam mit ihrer älteren<br />

Schwester die Eltern bekniet, das Land zu verlassen. „Hätten wir<br />

sie nicht überredet, wären sie geblieben“, sagt Olga Gonzalez.<br />

Es war der Nachmittag des 2. März, als das Ehepaar Tetiana und<br />

Viacheslav beschloss, gemeinsam mit der in Kiew lebenden älteren<br />

Tochter das Land zu verlassen. Und dann musste alles ganz<br />

schnell gehen, denn „ab 18 Uhr darf niemand mehr in Odessa die<br />

Wohnung verlassen“, informiert Olga Gonzalez.<br />

Ein Zurück steht in den Sternen<br />

Tetiana und Viacheslav kennen Kronshagen – schließlich ist es nicht<br />

ihr erster Besuch bei ihrer Tochter. Nur sind die Umstände dieses<br />

Mal anders – ein Zurück steht in den Sternen. Für wenige Tage<br />

war die Wohnung von Olga und ihrem Mann Luis groß genug für<br />

alle – aber für einen langen Aufenthalt? „Wir haben schon meine<br />

Großmutter bei uns, die vor dem Krieg zu Besuch genommen ist.<br />

Ein Glück!“, sagt Olga leise. Mit ihrem Mann, dem Sohn ihres Mannes<br />

und der kleinen Tochter sind sie also bereits zu fünft.<br />

Was also tun? „Mein Mann hat Kontakt aufgenommen zur<br />

bgm und angefragt, ob man dort eine Möglichkeit für eine Unterbringung<br />

sieht“, sagt Olga. Und die bgm zögerte nicht lange. „Wir<br />

waren sofort bereit, die Gemeinschaftsunterkunft in der Anlage<br />

an der Kopperpahler Allee zur Verfügung zu stellen“, sagt bgm-<br />

Vorstand Stefan Binder.<br />

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60 <strong>VNW</strong><br />

„Schritt für Schritt.<br />

Tag für Tag sehen, wie sich<br />

alles entwickelt“<br />

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62 <strong>VNW</strong><br />

Binnen kurzer Zeit wurde aus dem Raum mit Küchenzeile und Badezimmer<br />

eine kleine Wohnung: Das soziale Kaufhaus „Kaufbar“<br />

sowie das DRK spendeten Einrichtungsgegenstände wie Betten<br />

und Matratzen, ein Sofa und einen Schrank, Nachbarn brachten<br />

Geschirr vorbei. Tische wurden an den Rand gerückt, die Schränke<br />

gefüllt. „Jeder half mit, die Hilfsbereitschaft war unglaublich<br />

groß“, erzählt Binder.<br />

„Wir hören keine Sirenen mehr!“<br />

Für das Ehepaar war das ein Aufatmen. „Wir sind froh, hier zu<br />

sein. in der Nähe unserer Tochter, unseres Enkelkindes. Wir hören<br />

keine Sirenen mehr, können wieder schlafen. Wir sind sehr dankbar“,<br />

sagt Tetiana bewegt. Auf ukrainisch natürlich. Noch sind<br />

ihre Deutschkenntnisse spärlich, so dass Olga übersetzen muss.<br />

„Aber wir arbeiten daran“, sagt Tetiana und lacht.<br />

Waren Tetiana und Viacheslav zu Beginn noch ein wenig zurückhaltend,<br />

so tauen sie im Gespräch auf. Sie haben das Bedürfnis,<br />

zu reden. Nicht nur vom Krieg und wie sie die Wohnung in<br />

Windeseile verlassen haben. Was sie zurücklassen mussten.<br />

Der erst schweigsame Viacheslav bat darum, von seiner Heimatstadt<br />

Odessa erzählen zu dürfen. Lebhaft schwärmt er von<br />

der Hafenstadt am Schwarzen Meer, in der sie leben, arbeiten,<br />

eine Wohnung besitzen, Familie und Freunde haben. Die so europäisch<br />

und international sei.<br />

Erbaut von Griechen, Italienern und Franzosen, eine wunderschöne<br />

Altstadt habe Odessa mit vielfältiger Architektur. Man<br />

spürt in seinen Worten Stolz und Sehnsucht. Aber auch die Verzweiflung<br />

und Trauer darüber, dass niemand weiß, wie es mit der<br />

Stadt ausgeht. Wie es mit dem Krieg ausgeht.<br />

Behördengänge, Arztbesuche und Jobsuche<br />

Auch Kiel ist eine Stadt am Meer, eine Hafenstadt. Ob sie denn<br />

schon am Strand waren? „Noch nicht“, sagt Olga. Noch seien die<br />

Tage gefüllt mit Behördengängen, Arztbesuchen, Jobsuche. „Langeweile<br />

gibt es nicht“, sagen sie lachend. Und wenn sie rausgehen,<br />

dann erkunden sie erst einmal die nähere Umgebung. Aber<br />

klar sei das Wasser ein Magnet. „Papa ist einmal früher mit einer<br />

Fähre von Laboe gefahren. Ich glaube, er wartet nur darauf, dass<br />

wir wieder dorthin fahren“, sagt Olga Gonzalez. Die drei schauen<br />

sich an und lächeln.<br />

Es ist ein inniges Lächeln. Ein verbindendes. Sie leben miteinander.<br />

Sie leiden miteinander – auch mit denen, die noch in der<br />

Heimat sind. „Wir bitten die Verwandte, die die Ukraine noch verlassen<br />

können, zu kommen“, sagt Olga. Jeden Tag. Platz wäre da.<br />

Die Hilfsbereitschaft hält an<br />

Die bgm hat alle vier Gemeinschaftsräume in ihren Wohnanlagen,<br />

mittlerweile zu Wohnungen auf Zeit für Ukraine-Flüchtlinge umfunktioniert.<br />

Auch richtige Wohnungen, die von Mitgliedern aktuell<br />

gekündigt werden, werden freigehalten. „Wir wollen den Menschen<br />

die Möglichkeit geben, sich hier niederzulassen, eine neue<br />

Heimat und ein neues Leben aufzubauen“, sagt Stefan Binder.<br />

Auch Reserven könne die Genossenschaft noch anbieten. Damit<br />

folgt sie dem bundesweiten Credo der Genossenschaften, die<br />

es für selbstverständlich erklärt haben, dass sie den Flüchtlingen<br />

aus der Ukraine zur Seite stehen und im Rahmen der jeweiligen<br />

Möglichkeiten ohne Wenn und Aber unterstützen.<br />

Mehr als 1000 Wohnungen können norddeutsche Wohnungsunternehmen<br />

in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg<br />

für Geflüchtete aus der Ukraine zur Verfügung stellen, wie eine<br />

wenige Tage nach Kriegsausbruch geführte Umfrage des <strong>VNW</strong><br />

unter Mitgliedern ergeben hat. Inzwischen dürfte die Zahl der zur<br />

Vergügung stehenden Wohnungen deutlich gestiegen sein.<br />

Eine Rückkehr in die Ukraine ist ungewiss<br />

Auch Tetiana und ihr Mann werden vielleicht nach einiger Zeit in<br />

eine richtige Wohnung in der Nähe ziehen. Denn eine Rückkehr<br />

in die Ukraine ist ungewiss. Wie lange dauert der Krieg? Steht das<br />

Haus in Odessa noch, in der sich ihre Wohnung befindet? Wird<br />

man dort in absehbarer Zeit überhaupt wieder leben und arbeiten<br />

können?<br />

„Es gibt so viele Fragen und keine Antworten“, sagt Olga<br />

Gonzalez. Aktuell beschäftigt sie sich mit der Jobsuche ihrer Eltern.<br />

„Wir wollen hier nicht rumsitzen und nichts tun“, betont<br />

Tetiana. „Wir wollen arbeiten, Steuern zahlen, niemandem auf<br />

der Tasche liegen.“ Sowohl sie als auch ihr Mann haben bereits<br />

etwas in Aussicht.<br />

Wie es weitergeht? Sie zucken mit den Schultern. „Schritt<br />

für Schritt. Tag für Tag sehen, wie sich alles entwickelt“, sagt der<br />

57-Jährige Viacheslav besonnen. Eigentlich wollte sich Mitte März<br />

die gesamte Familie in der Ukraine treffen, um die Taufe der Tochter<br />

von Olga und Luis Gonzalez zu feiern.<br />

Statt einer Taufe wird es nun Ostern. Statt in Odessa in Kiel.<br />

Statt der gesamten Familie wird nur ein kleiner Teil dabei sein.<br />

Und statt einer Feier wird es „nur“ ein Zusammensein. Alles egal.<br />

Denn nur eins ist jetzt wichtig: „Meine Familie ist in Sicherheit“,<br />

sagt Olga, übersetzt es, und ihre Eltern nicken. h<br />

FRAUKE MAASS<br />

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64<br />

<strong>VNW</strong><br />

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In wenigen Jahren weicht ein in die Jahre gekommener<br />

Wohnblock im Max-Hagen-Weg einem<br />

modernen Neubau und die betroffenen Mitglieder<br />

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Ideen einbringen.


65<br />

Greifswald. Es ist ein grünes Quartier mit sehr guter Anbindung:<br />

das Gebiet rund um den Max-Hagen-Weg in der Greifswalder<br />

Südstadt. Viele Familien und ältere Menschen leben hier – und<br />

manch einer kann sich noch an die Zeit erinnern, als die Wohnblöcke<br />

errichtet wurden.<br />

Mitte der 1950er Jahre war das. Aus dem 1895 gegründeten<br />

Spar- und Bauverein war gerade die Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft<br />

Greifswald (GWG) erwachsen, die mehr und<br />

besseren Wohnraum in Greifswald schaffen wollte.<br />

Wohngebäude in Großblockbauweise wuchsen in jener Zeit<br />

überall in Greifswald – und die GWG’ler legten selbst mit Hand an.<br />

Einst modern, heute nicht mehr zeitgemäß<br />

Mittlerweile nagt der Zahn der Zeit an dem Wohnblock mit der<br />

Nummer 14–16. Die mehr als 20 Jahre alten Gasetagenheizungen<br />

und die fehlende Dämmung der Gebäudehülle verursachen hohe<br />

Instandhaltungskosten für die WGG und hohe Heizkosten für die<br />

Mitglieder.<br />

Veraltete Installationen, unzureichender Schallschutz, die<br />

schlauchartigen Bäder und Küchen schmälern die Wohnqualität<br />

beträchtlich, ebenso die Treppenhäuser und Fassaden, die schon<br />

bessere Zeiten gesehen haben.<br />

Nicht alle Wohnungen verfügen über einen Balkon. Dass das<br />

Gebäude keine Aufzüge hat und damit nicht barrierefrei ist, erweist<br />

sich insbesondere für viele ältere Mitglieder als problematisch.<br />

Und beim Blick auf die Außenanlagen fallen die zu geringe<br />

Zahl an Parkplätzen und eine unzureichende Entwässerung ins<br />

Gewicht.<br />

Zustand des Gebäudes wurde genau überprüft<br />

Gemeinsam mit verschiedenen Fachleuten hat die WGG detailliert<br />

überprüft, wie es um das im Jahr 1991 teilsanierte Gebäude heute<br />

bestellt ist und welche Chancen es für das Haus noch geben<br />

kann.<br />

Die Analyse fiel eindeutig aus: Einzelmaßnahmen wie eine<br />

komplette energetische Sanierung, der Einbau einer neuen Heizung<br />

oder die Nachrüstung von Aufzügen und Balkonen sind<br />

wirtschaftlich nicht tragbar. Sie würden die Kosten und damit die<br />

Nutzungsgebühren in immense Höhen treiben.<br />

Viele der Defizite, etwa beim Schallschutz, ließen sich überhaupt<br />

nicht beheben. Die baukonstruktiven und altersbedingten<br />

Mängel zeigen überdeutlich, dass der Wohnblock das Ende seiner<br />

Nutzungszeit erreicht hat. Voraussichtlich im Jahr 2025 soll das<br />

Gebäude daher abgerissen werden.<br />

Gesamtinvestition<br />

Geplant ist der Abriss von einem Wohnhaus mit 36<br />

Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von 1 768<br />

Quadratmetern und zwei Garagenkomplexen mit insgesamt<br />

24 Garagen.<br />

Dafür sollen drei Neubauten mit insgesamt 56 Wohnungen<br />

und einer Gesamtwohnfläche von 4 191 Quadratmetern<br />

und 669 Quadratmetern Gewerbefläche<br />

errichteten werden.<br />

Die Gesamtkosten werden auf rund 15 Millionen<br />

Euro geschätzt.<br />

Ein neues Domizil direkt nebenan: Südgarten<br />

Das wird jedoch erst geschehen, wenn alle dort wohnenden Mitglieder<br />

eine passende neue Wohnung gefunden haben. Und die<br />

liegt auf Wunsch gleich nebenan: Die WGG errichtet auf der Freifläche<br />

östlich des jetzigen Wohnblocks in den kommenden Jahren<br />

zwei moderne, nachhaltige Wohngebäude.<br />

Die punktförmigen, sechsgeschossigen Mehrfamilienhäuser<br />

des ersten Bauabschnitts werden 40 helle und attraktive Einbis<br />

Vier-Zimmer-Wohnungen beherbergen – mit durchdachten<br />

Grundrissen, hoher Energieeffizienz und moderner Ausstattung.<br />

Der Bau beginnt voraussichtlich im ersten Quartal 2024. So können<br />

die Mitglieder frühzeitig vor dem Abriss des alten Gebäudes<br />

ihre neuen Wohnungen beziehen.<br />

Die beiden neuen Wohngebäude werden unter dem Namen<br />

Südgarten der Südstadt architektonische Impulse geben – harmonisch<br />

eingebettet in das städtebauliche Gesamtkonzept, mit Augenmaß<br />

und mit Rücksicht auf die Interessen der Mitglieder der WGG.<br />

Bewohner des Quartiers werden<br />

in die Planungen einbezogen<br />

Deshalb möchte die WGG alle Bewohner des Quartiers in die Planungen<br />

einbeziehen. Was wünschen sich die Menschen von ihrem<br />

künftigen Wohnumfeld? Welchen Bedarf sehen sie und welche<br />

Anregungen oder Hinweise möchten sie einbringen? Um Fragen<br />

wie diese dreht sich die Beteiligungsveranstaltung im Juni <strong>2022</strong>.<br />

Die Südstadt blickt also spannenden Zeiten entgegen. Die WGG<br />

freut sich darauf, gemeinsam mit ihren Mitgliedern ein grünes und<br />

nachhaltiges Quartier mit hoher Lebensqualität zu gestalten. h<br />

Januar bis Mai 2023: Bauantrag und Baugenehmigung einholen für zwei punktförmige Häuser<br />

Ende 2023 bis Mai 2025 Bauausführung<br />

Juli 2025 bis März 2026 Freizug des Objektes Max-Magen-Weg 14-16<br />

Bis April 2026 Bauantrag und Baugenehmigung einholen für 2. Bauabschnitt<br />

Ab April 2026 Abbruch des Objektes Max-Hagen-Weg 14-16<br />

Juli 2026 bis Ende 2027 Bauausführung Ersatzneubau


66 <strong>VNW</strong><br />

Eine Erfolgsgeschichte


Vor 100 Jahren wurde die Hamburger Studentenhilfe gegründet.<br />

Aus dem Verein entwickelte sich ein modernes Dienstleistungsunternehmen.<br />

Zu den zentralen Aufgaben zählt die Versorgung mit Wohnraum.<br />

VON PETER WENIG<br />

67<br />

Das Studierendenwerk berät in finanziellen und sozialen Fragen,<br />

unterhält Kindertagesstätten und kümmert sich intensiv um Studenten<br />

aus dem Ausland. „Ohne das Studierendenwerk wäre der Wissenschaftsstandort<br />

Hamburg nicht zu seiner heutigen Stärke und<br />

Vielfalt herangewachsen“, sagt Katharina Fegebank, Zweite Bürgermeisterin<br />

und Wissenschaftssenatorin. Mit seinen vielen Bausteinen<br />

sei das Unternehmen „ein Garant für Bildungsgerechtigkeit“.<br />

Zu den zentralen Bausteinen zählte schon vor 100 Jahren die<br />

Versorgung mit Wohnraum. Vier Jahre nach dem Ende des Ersten<br />

Weltkriegs konnten erstmals 120 ausschließlich männliche Studenten<br />

Zimmer in einem angemieteten Wohnheim am Dulsberg<br />

in der Elsässer Straße 8-10 beziehen.<br />

Die Ausstattung war karg, Möbel und Bettwäsche wurden<br />

gebraucht gesammelt. Doch mit 20 Reichsmark im Sommersemester<br />

und 22 Reichsmark im Wintersemester, Heizung inklusive,<br />

lagen die Mieten bis zu 80 Prozent unter den damals üblichen<br />

Wohnkosten in Hamburg. Eine Küche im Haus bot zudem für 50<br />

Pfennig am Tag Mittag- und Abendessen an.<br />

Als Hamburg nach dem Zweiten Weltkrieg in Trümmern lag,<br />

lebten auch die Studenten unter teilweise katastrophalen Bedingungen.<br />

Im Wohnheim Tesdorpfstraße regnete es durch ein im<br />

Krieg zerstörtes Glasdach auf die 20 Luftschutzbetten in einem<br />

halbdunklen Raum. Ein Reporter notierte: „Eine kleine Birne hängt<br />

kahl von der hohen Decke. Kein Schrank, kein Stuhl, zwei selbstgezimmerte<br />

Tische, zwei halb mit Pappe notdürftig geschlossene<br />

Fenster – das ist die Inneneinrichtung.“<br />

f<br />

Hamburg. Auf Mark und Pfennig genau rechnete der Philosophie-<br />

Student Hendrik in der Hamburger Universitätszeitung seine täglichen<br />

Ausgaben vor: Von sieben Mark für zwei Tassen Morgenkaffee<br />

und vier Margarine-Stullen über vier Mark für Wäsche und fünf<br />

Mark für Fahrkarten bis zu acht Mark für seine Bude. Mindestens<br />

53 Mark brauche er jeden Tag.<br />

Der Artikel mit der Überschrift „Selbsthilfe ist not“ erschien<br />

vor 100 Jahren, als die Inflation grassierte und weite Teile der<br />

deutschen Bevölkerung verarmten. Vieles spricht dafür, dass sein<br />

Verfasser beteiligt war, als am 12. April 1922 Kaufleute – unter<br />

ihnen Arthur Darboven vom gleichnamigen Kaffeeunternehmen,<br />

Professoren und Studenten den Verein Hamburger Studentenleben<br />

gründeten. Mit einem Arbeitsvermittlungsamt, einem Wohnungsamt,<br />

einer Darlehenskasse, einer Altbüchervermittlung und<br />

Mittagstischen. Wer wegen Krankheit oder einer Kriegsverletzung<br />

nicht arbeiten konnte, erhielt sein Essen kostenlos.<br />

Ein Jahrhundert später ist das Hamburger Studierendenwerk<br />

aus der Hansestadt nicht mehr wegzudenken. Der Verein hat sich<br />

zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen mit fast 600 Mitarbeitern<br />

entwickelt. Mit 13 Mensen, 21 Cafés und Café-Shops,<br />

zwei Pizzerien, 26 Wohnanlagen mit 4 400 Plätzen in Zimmern und<br />

in Apartments.<br />

Garant für Bildungsgerechtigkeit<br />

Nur 600 Studenten erhielten nach Kriegsende<br />

Aufenthaltsrecht<br />

Nachhaltig wohnen<br />

Hamburg nahm fast nur noch Menschen auf, die für den Wiederaufbau<br />

Das Studierendenwerk gebraucht wurden. hat Neben das Thema gebürtigen Nachhaltigkeit Hamburgern<br />

erhielten auch zunächst beim Thema nur Wohnen etwa 600 immer auswärtige im Blick. Studierende Bei Sanierungen<br />

wurden – mit Wohnanlagen klaren Auflagen: mit neuen „Studenten, energetischen die für die<br />

ein<br />

Aufenthaltsrecht<br />

Zeit Fenstern ihres Studiums ausgestattet eine Aufenthaltsgenehmigung und die Elektrotechnik sowie für Wasserleitungen<br />

[dürfen] keinen und Heizungen Raum bewohnen, nach neuesten der größer Standards als acht Qua-<br />

Hamburg<br />

haben,<br />

dratmeter ausgetauscht. ist.“ In den Wohnanlagen Hammerbrook,<br />

Und Grandweg doch klagte und niemand. Kiwittsmoor Zu groß entstand war die eine Freude, Solarfläche überhaupt<br />

ein Dach von insgesamt über dem Kopf rund zu 260 haben, Quadratmetern über das Ende als des Quelle Krieges erneuerbarer<br />

Energie. das auch den Verein Hamburger Studentenle-<br />

und<br />

des Nazi-Regimes,<br />

ben gleichgeschaltet Einige Wohnanlagen hatte. 1952 verfügen wurde über der eine wiedergegründete<br />

Brennwertheizung,<br />

in Studentenwerk bei der Abgase e.V. umbenannt, zur Wärmeerzeugung seit 1976 ist genutzt das Unter-<br />

Verein<br />

nehmen werden. eine In Anstalt der Wohnanlage des Öffentlichen Kiwittsmoor Rechts. wird mit Pellets<br />

geheizt. In der Wohnanlage Rudolf-Laun-Haus wurde<br />

zusätzlich zur Brennwertheizung ein Blockheizkraftwerk<br />

installiert.<br />

Neue Wohnanlagen wie etwa das Helmut-Schmidt-<br />

Studierendenhaus werden in der Regel nach Passivhausstandards<br />

gebaut. Die 250 Quadratmeter große Dachbegrünung<br />

bietet Lebensraum für Insekten und lädt<br />

BewohnerInnen zum Relaxen ein. Versiegelte Flächen<br />

werden wie in der Wohnanlage in Rahlstedt nach und<br />

nach in Grünflächen verwandelt, um mehr natürlichen<br />

Lebensraum für Biene, Vogel und Co. zu schaffen.


68<br />

<strong>VNW</strong><br />

Die Wohnbedürfnisse änderten sich<br />

Die nächsten Jahrzehnte spiegelten die sich ändernden Wohnbedürfnisse<br />

in Hamburg wider. Im 1960 fertiggestellten Emil-Wolff-<br />

Haus in Othmarschen gab es erstmals private Badezimmer statt<br />

Etagenduschen. Anfang der 1970er Jahre mietete das Studentenwerk<br />

leerstehende Gebäude und Wohnungen bis zu ihrem Abbruch<br />

an, um Studenten einzuquartieren.<br />

Zugleich wagte das Studentenwerk neue Wege bei der<br />

Wohnheim-Konzeption. In der 1976 fertiggestellten Wohnanlage<br />

Kiwittsmoor lebten erstmals 273 Studenten in Wohngemeinschaften,<br />

zwei bis vier Studenten teilten sich eine Wohneinheit<br />

mit eigener Küche und einem Waschbereich.<br />

Der Druck bei der Suche nach bezahlbarem Wohnraum stieg<br />

immer weiter. Studenten aus dem Ausland, die es bei der Quartiersuche<br />

naturgemäß noch schwerer haben, half das Unternehmen<br />

mit Quotenregelungen. Mittlerweile kommt fast jeder zweite<br />

Bewohner aus dem Ausland, im Wintersemester 2020 / 21 waren<br />

es 2 068 Studenten aus 96 Nationen.<br />

2 000 zusätzliche Wohnplätze bis 2030<br />

Die Weichen für die Zukunft stellt das Unternehmen, 2005 in Studierendenwerk<br />

umbenannt, mit dem Masterplan Wohnen. „Mit<br />

diesem Plan wollen wir bis 2030 rund 2 000 neue Wohnplätze<br />

schaffen“, sagt Jürgen Allemeyer, Geschäftsführer des Studierendenwerks.<br />

So würden junge Menschen unterstützt und ermutigt,<br />

in die Hansestadt zu kommen: „Das ist gut für unsere Stadt, ihre<br />

Hochschulen und Unternehmen.“ Das Finanzvolumen liegt bei<br />

220 Millionen Euro. Auch vielen Auszubildenden bietet das Studierendenwerk<br />

nunmehr eine Heimat.<br />

Die Herausforderungen sind groß, zumal das Unternehmen<br />

konsequent auf Nachhaltigkeit setzt. „Klimaschonende Maßnahmen<br />

im Bau kosten Geld und können zu höheren Mieten und<br />

nicht ausreichender Wirtschaftlichkeit führen. Wir haben uns<br />

dennoch zu einem Paradigmenwechsel entschieden. Wo immer<br />

möglich, folgen wir dem ökologischen Weg und setzen Finanzierungsfragen<br />

auf die zweite Priorität“, sagt Allemeyer. Als beispielhaft<br />

für diesen Kurs gilt das 2018 eröffnete Helmut-Schmidt-<br />

Studierendenhaus in der HafenCity mit 128 Plätzen, errichtet als<br />

Passivhaus mit besonders umweltfreundlichen Baustoffen.<br />

Im Elbbrückenquartier, im östlichen Teil der Hamburger<br />

HafenCity, entsteht in den kommenden Jahren das nächste wegweisende<br />

Bau- und Wohnprojekt des Studierendenwerks: In einem<br />

achtgeschossigen Hochhaus – im Erd- und im Untergeschoss<br />

wird mit dem Hamburger Digital Art Museum Europas erstes<br />

digitales Museum einziehen – werden über 360 Studenten und<br />

Auszubildende in einer nachhaltig und umweltbewusst gebauten<br />

Wohnanlage ein Zuhause zu fairen Mietpreisen finden. Inklusive<br />

Dachterrasse und einem grünen Innenhof mit Gemeinschaftsgarten.<br />

h<br />

PETER WENIG<br />

Der Journalist und Autor Peter<br />

Wenig (60) beschäftigt sich seit<br />

Jahren mit Wohnungspolitik<br />

sowie dem Gesundheitswesen.<br />

Für das Hamburger Abendblatt<br />

schrieb er das Buch „Der große<br />

Hamburger Pflegeratgeber“.


69<br />

„Ohne das Studierendenwerk wäre<br />

der Wissenschaftsstandort Hamburg<br />

nicht zu seiner heutigen Stärke und<br />

Vielfalt herangewachsen.“<br />

f


70 <strong>VNW</strong><br />

In der Nachbarschaft<br />

der Trave<br />

2017 starteten vier <strong>VNW</strong>-Unternehmen in Lübeck-Travemünde das<br />

Bauprojekt „Wohnen am Baggersand“. Die ersten Mieterinnen und<br />

Mieter werden Ende kommenden Jahres einziehen können.<br />

Doch schon jetzt stapeln sich die Bewerbungen.<br />

VON OLIVER SCHIRG<br />

Lübeck. Die Hansestadt Lübeck ist ein Sehnsuchtsort. In den vergangenen<br />

zehn Jahren sei die Zahl der Einwohner um rund 8 000<br />

auf etwas mehr als 220 000 Ende vergangenen Jahres gestiegen,<br />

geht aus einer offiziellen Statistik hervor. Zwar wird in der Hansestadt<br />

viel gebaut. Dennoch überwiegt die Nachfrage nach wie vor<br />

das Angebot.<br />

Vor allem halbwegs bezahlbare Wohnungen sind knapp – und<br />

entsprechend begehrt. Die Polizistin, der Krankenpfleger oder die<br />

Verkäuferin: Sie alle verdienen gut, aber bei weitem nicht so viel,<br />

dass es für eine monatliche Spitzenmiete reicht. Angesichts der<br />

unruhigen Zeiten sind große Gehaltssprünge auch in der nächsten<br />

Zeit nicht zu erwarten.<br />

Deshalb verwundert die Ungeduld wenig, mit der Lübeckerinnen<br />

und Lübecker auf die Fertigstellung von in Bau befindlichen<br />

Wohnungen warten. „Bei unserem Bauprojekt ‚Wohnen am Baggersand‘<br />

haben allein wir bereits mehr als 750 Anfragen“, berichtet<br />

Heike Heickmann, Sprecherin der LÜBECKER BAUVEREIN eG.<br />

Dabei errichtet die Genossenschaft im Rahmen des Projekts in<br />

Travemünde lediglich 86 Wohnungen. „Das Interesse ist riesengroß“,<br />

sagt Heickmann. Nicht nur wegen der unmittelbaren Nähe<br />

zur Trave, die hier eine kapitale Rechtskurve beschreibt, ehe sie<br />

wenige hundert Meter später in die Ostsee mündet.<br />

Fast alle Tiefgaragen und Kellergeschosse<br />

sind schon fertig<br />

Wer ein Drohnenfoto von Anfang März dieses Jahres betrachtet,<br />

kann den Fortschritt des Bauprojekts „Wohnen am Baggersand“<br />

gut erkennen. Sechs Baukräne ragen in die Höhe. Zu ihren „Füßen“<br />

sind quadratische Betonflächen und erste Anfänge von<br />

Hochbauten zu erkennen.<br />

„Die Tiefgaragen und Kellerbereiche aller vier beteiligten Wohnungsunternehmen<br />

sind zu 90 Prozent fertig“, sagt Olaf Saager<br />

vom LÜBECKER BAUVEREIN, der das Bauprojekt koordiniert. „Die<br />

letzte Decke für unsere Tiefgaragen dürfte Ende April, Anfang Mai<br />

fertiggestellt sein.“<br />

Der LÜBECKER BAUVEREIN ist sozusagen der Erste unter Gleichen<br />

und koordiniert das Projekt. 2017 hatten sich vier <strong>VNW</strong>-<br />

Unternehmen zu einer Bauherrengemeinschaft zusammengetan


71<br />

und das 20 000 Quadratmeter große Grundstück „Am Baggersand“<br />

gekauft. Neben der LÜBECKER BAUVEREIN eG sind das<br />

die NEUE LÜBECKER Norddeutsche Baugenossenschaft eG, die<br />

Grundstücks-Gesellschaft TRAVE mbH und die Vereinigte Baugenossenschaften<br />

Lübeck eG.<br />

Früher waren hier Industrieunternehmen angesiedelt. Zudem<br />

prägte ein großer Parkplatz das Bild. Künftig werden hier 254 Mietwohnungen<br />

unterschiedlichster „Preisklasse“ stehen. „Geplant<br />

sind freifinanzierte und Wohnungen im ersten sowie im zweiten<br />

Förderweg“, sagt Christine Koretzky, Bauvereins-Vorständin und<br />

fügt hinzu: „Wir haben die von der Stadt geforderten 15 Prozent<br />

an Sozialwohnungen auf knapp 30 Prozent erhöht.“<br />

Frei finanziert für 13 bis 14 Euro pro Quadratmeter<br />

Während die Mieten der öffentlich geförderten Wohnungen gesetzlich<br />

auf 6,10 Euro beziehungsweise acht Euro pro Quadratmeter<br />

festgelegt sind, rechnet Christine Koretzky im freifinanzierten<br />

Bereich mit einer monatlichen Nettokaltmiete zwischen 13 und 14<br />

Euro pro Quadratmeter.<br />

„Angesichts der jüngsten Preissteigerungen bei den Baustoffen<br />

liegen wir damit noch gut“, sagt sie, räumt aber zugleich ein:<br />

„Da ist kein Spiel nach oben mehr, weshalb wir den Neubau künftig<br />

wohl hintenanstellen werden.“<br />

Die Gründe liegen auf der Hand. Zum einen können selbst<br />

halbwegs gut Verdienende eine Monatsmiete von jenseits der 14<br />

Euro pro Quadratmeter nicht stemmen. Zum anderen lassen sich<br />

derart große Preisunterschiede innerhalb eines Quartiers beim besten<br />

Willen nicht mehr erklären.<br />

„Hier am Baggersand schauen wir bei jeder einzelnen Wohnung,<br />

welcher Preis passt“, sagt Christine Koretzky. „Die Wohnungen<br />

mit Dachterrasse und Blick auf die Trave werden natürlich entsprechend<br />

teurer sein.“ Dennoch besteht die Hoffnung, dass ein<br />

buntes, durchmischtes Quartier für Familien, Singles, Paare und<br />

Senioren entsteht.<br />

Ende kommenden Jahres sollen<br />

die ersten Mieter einziehen<br />

Noch ist es nicht soweit. „Die Errichtung der ersten Hochbauten<br />

der anderen Wohnungsunternehmen ist bereits gestartet“, berichtet<br />

Olaf Saager. „Gebaut wird von Ost nach West, sodass wir<br />

im April mit den Gebäuden des Bauvereins beginnen werden.“<br />

Der Projektkoordinator rechnet damit, dass Ende des kommenden<br />

Jahres die ersten Mieterinnen und Mieter einziehen können. „Die<br />

Gebäude desLÜBECKER BAUVEREINS werden im ersten Quartal<br />

2024 fertig sein.“<br />

So schön die Nähe zur Trave für die künftigen Bewohnerinnen<br />

und Bewohner sein wird, so herausfordernd ist sie für die Bauunternehmen.<br />

„Wir mussten beispielsweise über 560 Meter eine<br />

Spundwand errichten, um das Wasser der Trave aus dem Baubereich<br />

herauszuhalten“, sagt Saager.<br />

Die Bodenplatten der Gebäude seien ebenfalls deutlich dicker<br />

als bei einem normalen Bau: 70 statt 20 Zentimeter. Um Überraschungen<br />

und damit verbundene Bauverzögerungen zu vermeiden,<br />

arbeitet man mit einem Unternehmen zusammen, das ständig<br />

die Pegelstände beobachtet und – wenn Gefahr im Verzug<br />

ist – Alarm schlägt.<br />

Materialpreise sind um bis zu 30 Prozent gestiegen<br />

„Wenn man wassernah baut, wird es natürlich teurer“, sagt Olaf<br />

Saager. Bislang sei man im vorgegebenen Kostenrahmen geblieben,<br />

auch habe es keine Probleme mit den Lieferketten gegeben.<br />

Beim Blick in die Zukunft wird Vorständin Christine Koretzky allerdings<br />

vorsichtig. „Die Materialpreise sind um 15 bis 30 Prozent<br />

gestiegen“, berichtet sie. „Bei Ausschreibungen reagieren die<br />

Bauunternehmen unsicher und sträuben sich, Preise zu garantieren.“<br />

Das macht das Bauen kompliziert, selbst wenn man ein paar<br />

„Puffer“ in der Hinterhand hat.<br />

Alles in allem wirkt Christine Koretzky dennoch zufrieden mit<br />

dem Stand der Dinge am Baggersand. Rund 70 Millionen Euro<br />

werden die vier Wohnungsunternehmen am Ende in das Projekt<br />

investiert haben. Und wenn in ein paar Jahren zufriedene Mieterinnen<br />

und Mieter hier ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben<br />

werden, dann wird es heißen: Jeder hier investierte Euro war es<br />

wert. h


aus aus Gas<br />

und Öl<br />

<strong>VNW</strong><br />

Russlands Krieg gegen die Ukraine befeuert die Diskussion, wie sich<br />

Deutschland von Importen fossiler Brennstoffe befreien kann. Dabei<br />

spielt die Erdwärme bisher eine untergeordnete Rolle. Zu Unrecht,<br />

wie ein Beispiel in Neustadt-Glewe zeigt.<br />

VON IRIS LEITHOLD


73<br />

Neustadt-Glewe. Unscheinbarer kannein<br />

Heizwerk kaum aussehen: Der zweistöckige<br />

Gebäude-Würfel am Stadtrand von<br />

Neustadt-Glewe wird von einem halbrunden<br />

Glasvorbau aufgelockert. Zwei Autos<br />

stehen auf dem Parkplatz. Kein Monteur<br />

ist zu sehen, Rauch steigt auch nicht auf.<br />

Und doch werden von hier aus 60 Prozent<br />

der Haushalte der rund 6 500 Einwohner<br />

zählenden Kleinstadt im Landkreis<br />

Ludwigslust-Parchim mit Wärme versorgt,<br />

außerdem ein Gewerbegebiet und eine<br />

Algenfarm, wie der Geschäftsführer der<br />

Erdwärme Neustadt-Glewe GmbH, Torsten<br />

Hinrichs, sagt.<br />

Die Wärme kommt aus knapp 2,5<br />

Kilometern Tiefe. Seit 1995 wird das<br />

sehr salzhaltige, knapp 100 Grad heiße<br />

Thermalwasser zum Heizwerk herauf<br />

gepumpt. Dort wird in Wärmetauschern<br />

der Sole Wärme entzogen und damit das<br />

Heizwasser erhitzt. Über ein Fernwärmenetz<br />

gelangt es in die angeschlossenen<br />

Haushalte und Betriebe.<br />

400 Gigawattstunden Wärme<br />

Eine Digitaltafel an der Fassade des Erdwärmeheizwerks<br />

zählt: Rund 15 Millionen<br />

Kubikmeter Thermalsole wurden demnach<br />

bislang in Neustadt-Glewe gefördert,<br />

mehr als 400 Gigawattstunden Wärme<br />

geliefert und damit gut 117 000 Tonnen<br />

Kohlendioxid eingespart. Neustadt-Glewes<br />

Bürgermeisterin Doreen Radelow<br />

(SPD) ist darüber sehr glücklich. „Sicher ist<br />

es im Aufbau nicht die billigste Variante,<br />

dennoch ist es für mich erstaunlich, dass<br />

das Thema Erdwärme nicht verbreiteter<br />

ist“, sagt sie.<br />

Die geologischen Bedingungen zur<br />

Nutzung der Geothermie sind in der Norddeutschen<br />

Tiefebene und damit in Mecklenburg-Vorpommern<br />

günstig, heißt es aus<br />

dem Schweriner Wirtschaftsministerium.<br />

„Sie lassen fast flächendeckend in einer<br />

Tiefe von 1 000 bis 2 500 Meter die energetische<br />

Nutzung thermaler Wasser zu.“<br />

Allerdings sind die anfänglichen Investitionskosten<br />

für die sogenannte Tiefe<br />

Geothermie sehr hoch, während der laufende<br />

Betrieb dann als günstig gilt – das<br />

heiße Wasser kostet ja nichts. „In den<br />

vergangenen 30 Jahren hatte fast jede<br />

Kleinstadt in Mecklenburg-Vorpommern<br />

einen Erlaubnisantrag zur Erkundung von<br />

Erdwärme im tieferen Untergrund beim<br />

Bergamt gestellt“, sagt der Sprecher des<br />

Wirtschaftsministeriums, Gunnar Bauer.<br />

Die Erlaubnisse seien erteilt worden. Doch<br />

genutzt wird der Energie-Schatz bis heute<br />

nur vereinzelt.<br />

f


74 <strong>VNW</strong><br />

Hohe Anfangskosten<br />

Als Grund gelten die hohen Anfangskosten.<br />

Zunächst müssen Erkundungsbohrungen<br />

gesetzt werden, um herauszufinden,<br />

ob am gewünschten Standort das heiße<br />

Wasser in der Tiefe gut erreichbar ist, sagt<br />

Hinrichs. Dann müssen zwei Bohrungen<br />

angelegt werden – eine, in der das Wasser<br />

nach oben befördert wird, und etwa 1,5<br />

Kilometer entfernt eine zweite, in der das<br />

genutzte Wasser wieder in die Tiefe fließt.<br />

Vom Projektstart bis zur Inbetriebnahme<br />

dauere es mindestens drei Jahre,<br />

so Hinrichs. Für die aktuelle Debatte, wie<br />

Deutschland sich schnell von russischen<br />

Erdgas-Importen lösen kann, sei die Tiefe<br />

Geothermie deshalb nicht geeignet. Wohl<br />

aber für Wärmeversorger, die langfristig<br />

auf erneuerbare Quellen umstellen wollen.<br />

Die Preise für die Verbraucher in Neustadt-<br />

Glewe seien marktgerecht und stabil.<br />

In Mecklenburg-Vorpommern wird Tiefe<br />

Geothermie nach Angaben des Wirtschaftsministeriums<br />

bislang in Neubrandenburg,<br />

Waren an der Müritz und<br />

Neustadt-Glewe genutzt. Bei den Stadtwerken<br />

Schwerin soll demnach Ende <strong>2022</strong><br />

eine Anlage den Betrieb aufnehmen. Das<br />

Projekt sei über die Klimaschutzförderrichtlinie<br />

der EU mit 9,2 Millionen Euro gefördert<br />

worden. Weitere Vorhaben gebe<br />

es zum Beispiel in Karlshagen auf Usedom<br />

sowie im Raum Friedland und Anklam.<br />

Tiefengeothermie wird<br />

kaum genutzt<br />

Nach Angaben des Umweltbundesamtes<br />

betrug der Anteil der Tiefengeothermie<br />

am gesamten Wärme-Endenergieverbrauch<br />

in Deutschland im Jahr 2020 nur<br />

rund 0,1 Prozent. Etwas verbreiterter sind<br />

demnach Wärmepumpen, die oberflächennahe<br />

Geothermie nutzen. Damit ergebe<br />

sich ein Anteil von 0,8 Prozent.<br />

Forscher von Helmholtz-Zentren und<br />

Fraunhofer-Instituten sprechen der Tiefengeothermie<br />

ein deutlich größeres Potenzial<br />

zu. Rund ein Viertel des jährlichen<br />

deutschen Wärmebedarfes könnte aus<br />

ihrer Sicht damit gedeckt werden. Sie<br />

sind sicher: „Ohne Geothermie wird eine<br />

Dekarbonisierung des Wärmesektors in<br />

Deutschland nicht möglich sein.“<br />

Um das Ziel zu erreichen, fordern die<br />

Forscher in einem im Februar veröffentlichten<br />

Strategiepapier klare Ausbauziele für<br />

Erdwärme, die großflächige geologische<br />

Erkundung, Investitionen in Schlüsseltechnologien<br />

sowie einen Fachkräfteaufbau.<br />

Stadtwerke müssten bei der Erschließung<br />

unterstützt werden. h<br />

Geothermale Wasser<br />

als Chance<br />

Der Wärmesektor macht 56 Prozent des deutschen Energiebedarfs<br />

aus. Lediglich 15 Prozent der Wärme werden<br />

derzeit regenerativ erzeugt. Die Geothermie könnte einen<br />

großen Beitrag zur Wärmewende leisten. Großes Potenzial<br />

haben hydrothermale Reservoirs. Das sind thermalwasserführende<br />

Gesteine in Tiefenlagen zwischen 400 Metern und<br />

5 000 Metern.<br />

Geothermale Wasser können bei Temperaturen zwischen<br />

15 und 180 Grad Celsius aus derart tiefen Brunnen-<br />

bohrungen gefördert werden. Sie sind jahres- und tageszeitenunabhängig<br />

verfügbar und lassen sich insbesondere für<br />

Nah- und Fernwärme sowie für Niedrigtemperaturprozesse<br />

in der Industrie nutzen. Die Technologie ist ausgereift und<br />

kommt seit Jahrzehnten in vielen europäischen Städten zur<br />

Anwendung, etwa in Paris und München.<br />

Die hydrothermale Geothermie – kombiniert mit Großwärmepumpen<br />

– als Wärmequelle für Fernwärmenetze<br />

könnte rund ein Viertel des Gesamtwärmebedarfes Deutschlands<br />

decken. Das sind theoretisch rund 300 Terawattstunden<br />

Jahresarbeit bei 70 Gigawatt installierter Leistung. Im<br />

Jahr 2020 lieferten bundesweit 42 Anlagen 359 Megawatt<br />

installierte Wärmeleistung und 45 Megawatt elektrische<br />

Leistung. h


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76 <strong>VNW</strong><br />

Das Versprechen einer<br />

solidarischen Gesellschaft<br />

Seit mehr als 120 Jahren gibt es in Norddeutschland Wohnungsbaugenossenschaften.<br />

Am 2. Juli, dem Tag der Genossenschaften, warben diese für die Idee der Selbstbestimmung und<br />

Selbsthilfe. Das <strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong> sprach mit Alexandra Chrobok, Vorstand des Eisenbahnbauvereins<br />

Harburg (EBV) und Vorsitzende des Vereins Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften.<br />

VON OLIVER SCHIRG<br />

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78<br />

magazin: Was macht ein genossenschaftliches Wohnungsunternehmen<br />

aus?<br />

Alexandra Chrobok: Das besondere Verhältnis zu seinen<br />

Mitgliedern. Formal sind die Menschen, die in unseren<br />

Wohnungen leben, Mieterin oder Mieter. Zugleich gehören<br />

ihnen die Wohnungen und sie sind in letzter Instanz<br />

diejenigen, die bestimmen können. Auch wenn viele das<br />

so nicht sehen.<br />

magazin: Warum nicht? Ist die genossenschaftliche Idee aus der<br />

Zeit gefallen?<br />

Chrobok: Das glaube ich nicht. Umfragen belegen, dass<br />

Menschen die Gemeinschaft der Vereinzelung vorziehen<br />

und dass Gemeinsinn hoch im Kurs steht. Wenn es konkret<br />

wird, sind es jedoch eher wenige, die sich aktiv einbringen.<br />

magazin: Woran liegt das?<br />

Chrobok: Letztlich ist eine Genossenschaft das Spiegelbild<br />

unserer Gesellschaft.<br />

magazin: In der jeder nur an sich denkt?<br />

Chrobok: So weit würde ich nicht gehen. Ich erlebe<br />

schon, dass sich Menschen in unseren Wohnanlagen umeinander<br />

kümmern und füreinander da sind. Aber es gibt<br />

eben auch Mitglieder, die sich lediglich als Mieterin oder<br />

Mieter verstehen. Geht etwas kaputt, gibt es Ärger mit<br />

den Nachbarn oder funktioniert etwas nicht, rufen sie in<br />

der Geschäftsstelle oder beim Hausmeister an. Sie fragen<br />

(sich) nicht, ob sie das Problem möglicherweise selbst lösen<br />

könnten.<br />

magazin: Woran liegt das?<br />

Chrobok: Üblicherweise suchen die Menschen ihresgleichen<br />

und verbringen Zeit mit ihnen: vom Alter her, im<br />

Freundeskreis, beim Sport, bei der Arbeit. Sie entscheiden<br />

selbst, zu welcher Gruppe in der Gesellschaft sie gehören<br />

wollen – und zu welcher nicht. Beim Wohnen kommen<br />

diese unterschiedlichen Gruppen wie im Brennspiegel zusammen.<br />

magazin: … und leben aneinander vorbei?<br />

Chrobok: Das nicht, aber sie müssen die Art ihres Zusammenlebens<br />

„aushandeln“. Ein Kinderspielplatz im<br />

Hof wird von einer Familie mit Kindern anders bewertet<br />

<strong>VNW</strong><br />

als von einem Rentnerehepaar. Junge Menschen wiederum<br />

haben einen anderen Lebensrhythmus als berufstätige<br />

Eltern. „Die Tür hinter sich zuschließen“ bedeutet für einen<br />

alleinlebenden älteren Mann etwas anderes als für die<br />

Geschäftsführerin, die den ganzen Tag auf Achse ist. Ich<br />

glaube, Genossenschaften sind ein Anker, der die Fliehkräfte<br />

unserer modernen Gesellschaft im Zaume hält.<br />

magazin: Ohne die würde unsere Gesellschaft auseinanderfliegen?<br />

Chrobok: Ich will die genossenschaftliche Idee nicht überfrachten.<br />

Aber sie erinnert uns daran, dass wir Menschen<br />

soziale Wesen sind und bei allem Streben nach Selbstverwirklichung<br />

nur in der Gemeinschaft (über-)leben können.<br />

Wir brauchen einander, auch wenn wir uns dessen<br />

manchmal nicht bewusst sind. Zudem ist eine Genossenschaft<br />

eine zutiefst demokratische Einrichtung. Jedes Mitglied<br />

hat eine Stimme: egal ob reich oder arm, jung oder<br />

alt, Frau oder Mann.<br />

magazin: Also das, wofür viele Menschen auf der Welt kämpfen.<br />

Chrobok: Genossenschaften sind das Versprechen einer<br />

solidarischen Gesellschaft. Niemand muss bei uns Angst<br />

vor einer Kündigung wegen Eigenbedarf oder vor einer<br />

massiven Mietsteigerung haben. Ja, auch wir müssen am<br />

Ende eines Wirtschaftsjahres eine schwarze Null schreiben.<br />

Aber im Mittelpunkt unserer Arbeit steht eben nicht<br />

die Erwirtschaftung einer Maximalrendite für Einzelne.<br />

Das, was am Ende übrigbleibt, kommt allen zugute.<br />

magazin: Die genossenschaftliche Idee lebt davon, dass die Mitglieder<br />

sich einbringen. Was bedeutet das für Sie als Chefin?<br />

Chrobok: Die Mieterinnen und Mieter können mitbestimmen.<br />

Das führt manchmal zu einem längeren Ringen um<br />

die beste Lösung. Als Vorstand schlagen zwei Seelen in<br />

meiner Brust: einerseits will ich einen Kompromiss, der<br />

möglichst viele Menschen zufriedenstellt. Andererseits<br />

muss ich Entscheidungen treffen, die dem einen oder anderen<br />

nicht gefallen.<br />

magazin: Reden die Mitglieder aus Ihrer Sicht ausreichend mit?<br />

Chrobok: Es sind oftmals ältere Menschen, die sich aktiv<br />

einbringen. Das mag an der Sozialisation der 1960er und<br />

1970er Jahre, aber auch an der jeweiligen Lebenssituation<br />

liegen. Jüngere Menschen, die Familie und Arbeit unter<br />

einen Hut bringen müssen, sind da möglicherweise etwas<br />

passiver. Ich verstehe das, finde es dennoch bedauerlich.<br />

Als Mitbesitzer trägt man Mitverantwortung. Das sollte<br />

auch unseren jüngeren Mitgliedern bewusst sein.<br />

magazin: In den Satzungen von Genossenschaften ist der Bau bezahlbarer<br />

Wohnungen verankert. Können Sie heute in einer Stadt<br />

wie Hamburg diesem Satzungsauftrag noch gerecht werden?<br />

Chrobok: Wenn ich jetzt neu bauen wollte und kein eigenes<br />

Grundstück habe, müsste ich am Ende eine Neubauwohnung<br />

für eine monatliche Netto-Kaltmiete von mindestens<br />

18 bis 19 Euro pro Quadratmeter vermieten. Das<br />

würde ich nicht als bezahlbar bezeichnen. Nein: Das Ende<br />

der Fahnenstange ist erreicht.<br />

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Wohnungen und zählt rund 5 000 Mitglieder. h


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80<br />

<strong>VNW</strong><br />

„Wir tragen den<br />

Genossenschaftsgedanken<br />

in die Welt“<br />

VON FRAUKE MAASS<br />

Die DESWOS ist ein von der Wohnungswirtschaft<br />

gegründeter gemeinnütziger<br />

Verein, der Entwicklungshilfe in Lateinamerika,<br />

Afrika und Asien leistet.<br />

Aktuell kämpft er mit großen finanziellen<br />

Schwierigkeiten – durch Corona und den<br />

Krieg in der Ukraine.


81<br />

Aktuell ist die Situation schwierig<br />

Hamburg. 30 kleine Häuser und Sanitäranlagen sowie eine kleine<br />

Ackerfläche für Christen in Pakistan, die dort als Minderheit jahrelang<br />

ausgegrenzt, obdachlos oder in nahezu fensterlosen Hütten<br />

gelebt haben.<br />

Ein Speisesaal für die Flüchtlingssiedlung Kyangwali in Uganda,<br />

damit 800 Schulkinder während des Mittagessens nicht unter einem<br />

Baum und einem einfachen Holzunterstand Schutz vor Regen<br />

und Hitze finden, sondern unter einem festen Dach ihre warme<br />

Mahlzeit einnehmen können.<br />

Oder der Bau eines Vorschulgebäudes und eines Pavillons mit<br />

mehreren Klassenzimmern in Santa Cruz / Nicaragua, um für Bildung<br />

der Kinder und damit langfristig für wirtschaftliche Sicherheit<br />

der Menschen dort zu sorgen.<br />

Das sind nur drei Projekte von mittlerweile mehr als 400, die die<br />

Deutsche Entwicklungshilfe für soziales Wohnungs- und Siedlungswesen<br />

e.V., kurz DESWOS, seit ihrer Gründung durch die<br />

Wohnungswirtschaft im Jahr 1969 zusammen mit lokalen gemeinnützigen<br />

Partnerorganisationen in Lateinamerika, Afrika und Asien<br />

angeschoben und unterstützt hat.<br />

„Aktuell sind wir in einer schwierigen Situation“, gesteht der Geschäftsführer.<br />

Erst hat die Corona-Pandemie für ein deutliches Minus<br />

in der Spendenkasse gesorgt, weil viele Charity Events, bei<br />

denen traditionell Geld gesammelt wird, ausfallen mussten. Jetzt<br />

ist es der Ukraine-Krieg, der dem Verein große Sorgen bereitet.<br />

„Es ist gut und richtig, dass viele unserer Mitgliedsunternehmen<br />

für die Flüchtlinge aus der Ukraine spenden, aber darüber<br />

sollten sie nicht unsere Projekte vergessen, die auch weitergeführt<br />

werden müssen“, erinnert Clever. Rund 15 bis 20 Projekte laufen<br />

in der Regel gleichzeitig.<br />

Es geht um Heimat<br />

„Wir schaffen Heimat – weltweit“ ist für die Organisation mehr als<br />

nur ein Motto, es ist ihre Leitlinie, ihr Ziel gemäß Artikel 25 (1) der<br />

allgemeinen Menschenrechte. „Die DESWOS ist eine der wenigen<br />

Institutionen, die die Idee des sozialen Wohnungsbaus in die Welt<br />

hinausträgt“, sagt Winfried Clever. Seit 22 Jahren ist der 65-Jährige<br />

bei der DESWOS. 17 Jahre lang hat er Projekte in Afrika und<br />

Lateinamerika begleitet, bevor er Geschäftsführer geworden ist.<br />

Das Herz des gelernten Architekten schlägt für Haus- und Siedlungsbau,<br />

und er hat die Zielsetzung des Vereins mit viel Engagement<br />

und Herzblut in den vergangenen vier Jahren vorangetrieben.<br />

„Haus- und Siedlungsbau sind die nachhaltigsten Themen,<br />

die es zu bewältigen gibt", sagt er.<br />

Dass Menschen ein Dach über dem Kopf haben und über<br />

Sanitäranlagen verfügen, seien existenzielle Notwendigkeiten und<br />

hätten einen großen Effekt für die Menschen, die damit erreicht<br />

werden. „Wir wollen einen sicheren Ort für die Menschen in den<br />

Ländern schaffen, um ihre Situation zu stabilisieren“, sagt Clever.<br />

Mal handelt es sich um kleinere Projekte, die durch Spenden<br />

finanziert werden können, mal sind es große Projekte mit einem<br />

Investitionsvolumen von mehreren Hunderttausend Euro, die zu<br />

75 Prozent durch Bundesmittel und zu 25 Prozent aus Eigenmitteln<br />

finanziert werden. Egal wie man es dreht und wendet –<br />

der Verein könne nur bestehen, wenn die Finanzierung gesichert<br />

sei – das betreffe die laufenden Projekte ebenso wie die Verwaltung,<br />

konstatiert Clever.<br />

Zu den großen Projekten zählt aktuell der Wiederaufbau und Neubau<br />

von Häusern für Menschen in Ecuador, die vor zehn Jahren<br />

ihre Häuser durch einen Vulkanausbruch verloren haben. „Wir<br />

wollen ihnen ermöglichen, wieder ein Dach über dem Kopf und<br />

vor allem in der Nähe ihrer Arbeit zu haben“, sagt Johanna Drach.<br />

Die 40-Jährige ist seit einem Jahr bei der DESWOS und wird<br />

Winfried Clever zum 1. Juli als Geschäftsführer ablösen. Vor wenigen<br />

Wochen hat sie sich ein Bild vor Ort gemacht. „Es ist ein<br />

klassisches Habitat-Projekt, das vier zentrale Komponenten beinhaltet“,<br />

erläutert sie.<br />

Einsatz für die Ärmsten der Armen<br />

Hausbau, die Ausbildung von Maurern in einem dualen System,<br />

die landwirtschaftliche Unterstützung der Menschen, damit sie im<br />

Anlegen von Gärten geschult werden. Und zuletzt soll auch der<br />

Tourismus in der Bergregion gefördert werden.<br />

„Es sind in der Regel die ärmsten der Armen, für die wir uns<br />

einsetzen, und wir achten darauf, dass wir Minderheiten als erstes<br />

in die Projekte holen“, sagt Clever und weist auf ein weiteres<br />

aktuelles Projekt in Juba, Südsudan, hin, in dem ebenfalls bessere<br />

Lebensbedingungen für geflüchtete und bedürftige Familien geschaffen<br />

werden.<br />

„Es geht uns nicht um kurzfristige Hilfe. Wir helfen den Menschen<br />

nachhaltig, indem wir sie dabei unterstützen, sich langfristig<br />

selbst helfen zu können“, erläutert Clever den Gedanken, der hinter<br />

allen DESWOS-Projekten steht.<br />

Rund 650 Unternehmen von insgesamt 3 000, die im Bundesverband<br />

deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW<br />

organisiert sind, sind Mitglied in der verbandseigenen Spendenorganisation.<br />

Hinzu kommen rund 200 private Mitglieder.<br />

f


82 <strong>VNW</strong><br />

Für die DESWOS zählt jeder Cent<br />

„Im Jahr haben wir einen Spendenumsatz von rund 600 000 Euro<br />

plus 450 000 Euro an Mitgliedsbeiträgen und 600 000 Euro an<br />

Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung“, sagt Johanna Drach.<br />

„Der Krieg sorgt auch in unseren Projekt-Ländern für Preissteigerungen,<br />

aber noch viel schwerer wiegt der Hunger durch das<br />

fehlende Getreide aus Russland und der Ukraine“, erläutert Clever.<br />

„Es ist schrecklich zu sehen, dass Menschen wieder in großem<br />

Umfang Hunger leiden müssen durch diesen Krieg!“<br />

Projekte würden sich verzögern und teurer, was sich im Budget<br />

der einzelnen Baustellen niederschlage. Winfried Clever appelliert<br />

daher an die Unternehmen, bei all der Hilfe, die sie verständlicherweise<br />

aktuell leisten – sei es für die Ukraine-Flüchtlinge oder für<br />

lokale Projekte – die DESWOS nicht zu vergessen und an die, die<br />

noch nicht Mitglied sind, dem Verein beizutreten. „Die Mitgliedsbeiträge<br />

sind moderat, aber für uns zählt jeder Cent“, betont<br />

Johanna Drach. h<br />

MATTHIAS SASS<br />

Vorstand Allgemeine Deutsche Schiffszimmerer-<br />

Genossenschaft eG<br />

„Die DESWOS unterstützt weltweit Menschen<br />

dabei, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.<br />

Sie leistet Hilfe zur Selbsthilfe und nimmt damit<br />

unser genossenschaftliches Prinzip auf. Mitglieder<br />

der DESWOS sorgen mit ihren Beiträgen dafür,<br />

dass alle Spenden ohne Abzüge in Bauprojekte<br />

fließen. Notleidende Familien in Asien, Afrika<br />

und Zentralamerika bauen sich damit ein<br />

eigenes Dach über dem Kopf.“<br />

UTA MECKERT<br />

Vorstand Torgelower Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft eG<br />

„Wohnen ist ein Grundbedürfnis für jeden Menschen, welches mit Projekten<br />

der DESWOS in Entwicklungsländern ermöglicht werden kann. Jede Spende ist<br />

hilfreich und bringt die Umsetzung der Maßnahmen voran.“<br />

WILFRIED PAHL<br />

Vorstand Baugenossenschaft<br />

Mittelholstein eG<br />

„Es ist ein Alleinstellungsmerkmal, auf das unsere Branche stolz sein kann. Seit über 50 Jahren<br />

arbeitet die DESWOS daran, die Lebensverhältnisse und Existenzgrundlagen in den Projektländern<br />

zu verbessern. Dabei geht es über den Bau von Wohnungen hinaus um Bildungsmaßnahmen,<br />

hygienische Verbesserungen und medizinische Versorgung. Mit relativ geringen Mitteln und<br />

kreativen Projekten kann vor Ort viel bewegt werden. Helfen Sie mit, ob als Spender oder Mitglied.“


83<br />

DESWOS In aller Kürze<br />

Die Deutsche Entwicklungshilfe für soziales Wohnungs- und Siedlungswesen DESWOS<br />

wurde am 17. November 1969 von sozial orientierten Wohnungsgenossenschaften und<br />

-gesellschaften, die dem GdW angehören, sowie von Privatpersonen gegründet.<br />

Das Ziel war, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten für bedürftige Menschen beim Bau von<br />

Wohnraum und bei der<br />

Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz, entsprechend dem Artikel 25 (1) der allgemeinen<br />

Erklärung der Menschenrechte. Die Projekte werden in Kooperation mit lo kalen<br />

gemeinnützigen Organisationen der Zivilgesellschaft in Afrika, Asien und Lateinamerika<br />

durchgeführt.<br />

Bislang sind 410 Projekte in mehr als 50 Partnerländern abgeschlossen. 61 Millionen<br />

Euro flossen in diese Projekte. Es wurden davon 37 000 Gebäude (Wohnraum und Gemeinschaftseinrichtungen)<br />

gebaut. Rund eine Viertelmillion Menschen profitieren bisher<br />

von den Maßnahmen.<br />

Die DESWOS hat 850 Mitglieder, davon sind 200 Privatpersonen. Der Mitgliedsbeitrag<br />

beträgt pro Jahr für eine Privatperson 75 Euro, für ein Unternehmen 660 Euro. Es gibt<br />

darüber hinaus einen Förderverein, Mitglieder zahlen 5 000 Euro pro Jahr.<br />

Spenden sind immer willkommen. Mehrere Events im Jahr bieten die Gelegenheit, sich<br />

über die Aktivitäten der DESWOS zu informieren und zu spenden. Weitere Informationen<br />

unter www.deswos.de.<br />

„Wir wollen ihnen ermöglichen, wieder ein<br />

Dach über dem Kopf und vor allem in der<br />

Nähe ihrer Arbeit zu haben.“<br />

JOHANNA DRACH<br />

„Die DESWOS ist eine der wenigen<br />

Institutionen, die die Idee des sozialen<br />

Wohnungsbaus in die Welt hinausträgt.“<br />

WINFRIED CLEVER<br />

FRAUKE MAASS<br />

ist Journalistin in Hamburg. Während<br />

ihrer Tätigkeit als Reiseredakteurin hat sie<br />

viele Länder bereist und dabei ihr Interesse<br />

für die unterschiedlichsten Wohnformen<br />

entdeckt. Heute gehören Themen aus der<br />

Wohnungsbaubranche und Architektur<br />

zu ihren inhaltlichen Schwerpunkten.


84 <strong>VNW</strong><br />

Blaupause<br />

für andere Unternehmen?<br />

Michael Pischke<br />

Die Rostocker Baugenossenschaft Neptun eG geht in Lütten Klein bei<br />

der Sanierung eines Plattenbaus aus den 1960er Jahren neue Wege.<br />

Durch „Anbauten“ werden die Grundrisse der Wohnungen verändert.<br />

VON OLIVER SCHIRG


85<br />

Rostock. Was 2,50 Meter ausmachen können. Wer in der Küche<br />

steht, merkt sofort den „Komfort der Größe“. Mehr Platz, mehr<br />

Luft, mehr Bewegungsfreiheit. Da, wo früher das Küchenfenster<br />

war, ist die Wand herausgenommen worden. Von außen haben<br />

Bauarbeiter ein quadratisches Betonelement „angeflanscht“ und<br />

so die Mauer um 2,50 Meter nach außen „verschoben“. Auch auf<br />

der anderen Gebäudeseite sorgt der Anbau von Erkern für mehr<br />

Platz in einer Wohnung.<br />

Michael Pischke ist Technischer Prokurist der Rostocker Baugenossenschaft<br />

Neptun. Er führt den Besucher durch den im Jahr<br />

1968 errichteten Plattenbau in der Helsinkier Straße in Rostock<br />

Lütten Klein. Fünf Eingänge hat der fünfstöckige, lang gezogene<br />

Block. Die führen zu insgesamt 100 Wohnungen. Jetzt sieht der<br />

größte Teil des Gebäudes trostlos grau aus. Die Bauarbeiten sind<br />

in vollem Gange.<br />

Wer eintritt, durchschreitet vielleicht vier, fünf Meter, ehe sich<br />

das Treppenhaus nach links und rechts in zwei Stränge teilt. Von<br />

dort geht es – entweder mit dem Aufzug oder auf einer Treppe –<br />

in die einzelnen Etagen. In jedem Stockwerk gibt es vier Wohnungen<br />

– jeweils zwei mit zwei Zimmern und zwei mit drei Zimmern.<br />

Immer wieder begegnen wir Bauarbeitern. Hämmern und Bohren<br />

ist im gesamten Gebäude zu hören.<br />

Begehrte Wohnungen – auch heute noch<br />

Die Wohnungen in den Plattenbauten sind auch heute noch begehrt.<br />

Zum einen, weil Otto-Normal-Verbraucher sie bezahlen<br />

kann. Zum anderen, weil die Wohngebäude auch mehr als 50 Jahre<br />

nach ihrer Errichtung in ihrer Substanz intakt sind. „Die damals<br />

verbauten Fertigteile sind von hoher Qualität“, sagt Michael Pischke.<br />

„Zugleich wurde schon damals vorausschauend gedacht.“ Er<br />

zeigt auf eine freigelegte Platte und deren drei Schichten. „Acht<br />

Zentimeter Dämmung wurden damals eingebaut.“<br />

Die DDR-Plattenbauten, darin sind sich viele Experten einig,<br />

sind viel zu schade, um abgerissen zu werden. Oft haben sie die<br />

erste Sanierungswelle in den 1990er Jahren gut überstanden:<br />

neue Fenster, Dämmung von außen, sanierte Dächer, aufgehübschte<br />

Eingänge und Hausflure bis hin zu neuen Küchen und<br />

Bädern.<br />

Aber da ist noch etwas. Angesichts der aktuellen Debatte<br />

über den Klimaschutz haben die Plattenbauten einen unschätzbaren<br />

Vorteil gegenüber neu zu errichtenden Wohngebäuden:<br />

Ihre Klimabilanz – betrachtet man die gesamte Lebensdauer – ist<br />

deutlich besser.<br />

Das liegt daran, dass der größte Teil der Kohlendioxidemission<br />

eines Wohngebäudes am Anfang bei seiner Errichtung anfällt. Je<br />

länger ein Haus steht, desto geringer wird die Emission. Klar ist:<br />

Die sogenannte „graue“ Energie wird bei der Betrachtung von<br />

Wohngebäuden künftig eine größere Rolle spielen.<br />

f


86<br />

<strong>VNW</strong><br />

Bislang spielte diese bei der Bewertung der Energiebilanz von<br />

Wohngebäuden eine untergeordnete Rolle. Auch deshalb war es<br />

in der Regel günstiger, ein altes Gebäude abzureißen und ein neues<br />

zu errichten. So konnten – vereinfacht betrachtet – die gestiegenen<br />

Ansprüche der Mieterinnen und Mieter an moderne Wohnungsgrundrisse<br />

genauso befriedigt werden wie die verschärften<br />

Klimaschutzanforderungen des Staates.<br />

Nun ist zu erwarten, dass Sanierung und Modernisierung<br />

bestehender Wohngebäude künftig Vorrang vor dem Neubau<br />

haben werden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat bereits<br />

angekündigt, dass die öffentliche Förderung auf die Sanierung<br />

von Bestandsgebäuden konzentriert werde. Das gilt auch<br />

für die vielen Plattenbauten, die in den sechziger, siebziger und<br />

achtziger Jahren errichtet wurden.<br />

Die Menschen wollen mehr Wohnfläche<br />

Ina Liebing<br />

Was den Zustand der Gebäude angeht, dürfte das – wie oben<br />

beschrieben – machbar sein. Ein Problem schien sich bislang allerdings<br />

nicht ohne größeren Aufwand lösen lassen. Die Grundrisse<br />

der Wohnungen konnten nur in engen Grenzen verändert<br />

werden. Zwar wurden Wohnungen zusammengelegt, auch gern<br />

über zwei Etagen. Wohnungen mit deutlich größeren Zimmern<br />

jedoch entstanden, wenn auch in überschaubarer Zahl, zumeist<br />

nur durch Aufstockung.<br />

Michael Pischke führt den Besucher in die zweite Etage und<br />

öffnet eine Tür. Die Außenwände sind zwar schon entfernt, aber<br />

der Grundriss der Wohnung ist noch alt: zwei kleine Zimmer, eine<br />

schmale Küche, die über einen Durchgang durch Bad und Toilette<br />

zu erreichen ist. Als der Wohnblock vor gut 50 Jahren gebaut<br />

wurde, war das der „letzte Schrei“. Eine Neubauwohnung war<br />

einem „Sechser im Lotto“ vergleichbar.<br />

Inzwischen gilt „Klein, aber mein“ nicht mehr. Heutige Mieterinnen<br />

und Mieter wollen oftmals zwar nicht umziehen, haben<br />

aber höhere Ansprüche als früher. Mehr Platz im Bad für eine<br />

Dusche, mehr Platz in der Küche. Wer das Rentenalter erreicht<br />

hat, freut sich, wenn der Fahrstuhl ihn in den vierten oder fünften<br />

Stock bringt. Die Folge: Seit 1991 ist in Deutschland die durchschnittliche<br />

Wohnfläche pro Person von 34,9 Quadratmeter auf<br />

inzwischen 47,4 Quadratmeter gestiegen.<br />

„Wir hätten die Gebäude ohnehin sanieren müssen“, sagt Michael<br />

Pischke, während er die Tür zu einer weiteren Wohnung öffnet.<br />

Hier kann man die Zukunft erahnen. Die Küche ist größer und<br />

die von außen angesetzte Loggia schon teilweise verglast. Vor ein<br />

paar Jahren hätte man die alten Plattenbauten abgerissen. „Aber<br />

wer kann sich das angesichts der explodierenden Baupreise noch<br />

leisten?“ Entscheidend ist daher, dass die „Erweiterungsmodule“<br />

vorgefertigt angeliefert werden. Wer vor dem Gebäude steht,<br />

kann die „Quader“ erkennen.<br />

„Die Menschen wollen mehr Platz in der eigenen Wohnung<br />

und dem wollen wir gerecht werden“, sagt Ina Liebing, Vorstand<br />

der Baugenossenschaft Neptun. „Zudem wollen wir zeigen, dass<br />

so ein ‚Umbau‘ von Plattenbauten finanziell machbar ist, dass also<br />

die Mieten, die später genommen werden müssen, bezahlbar bleiben.“<br />

Ina Liebing ist zwar angesichts der gestiegenen Baupreise<br />

vorsichtig, aber dennoch optimistisch, dass man in der Helsinkier<br />

Straße dieses Ziel erreichen wird. „Wir werden am Ende wohl bei<br />

elf bis zwölf Euro pro Quadratmeter netto-kalt landen.“<br />

Rund 1 850 Quadratmeter Wohnfläche werde man am Ende<br />

durch das Erweitern der Wohnungen und durch Aufstocken gewinnen,<br />

sagt Michael Pischke. Zwölf Wohnungen werde es mehr<br />

geben, ergänzt Ina Liebing. Die Genossenschaft investiere rund<br />

15 Millionen Euro in das Projekt. „Wir verstehen das Ganze als<br />

eine Art Test.“ Sollte sich das Projekt am Ende rechnen, könnte<br />

die Helsinkier Straße nicht nur eine Blaupause für andere Gebäude<br />

der Neptun eG, sondern auch für andere Genossenschaften<br />

werden.<br />

Eine Blaupause für andere Wohnungsunternehmen?<br />

Darauf setzt auch <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner. „Das, was die<br />

Baugenossenschaft Neptun in Rostock derzeit umsetzt, ist beispielhaft“,<br />

sagt er und fügt hinzu: „Bei dem innovativen Vorgehen<br />

werden die Grundrisse von Wohnungen den Wünschen heutiger<br />

Mieterinnen und Mieter entsprechend angepasst. Das ist gut<br />

für die Umwelt und hilft, bezahlbaren Wohnraum für die Zukunft<br />

zu sichern.“<br />

Sorgen darüber, dass die „neuen“ Wohnungen schwer an<br />

die Frau oder den Mann zu bringen sind, hat Ina Liebing nicht.<br />

„Einige Mieterinnen und Mieter können es gar nicht abwarten,<br />

einzuziehen.“ Ende kommenden Jahres sollen die Umbauarbeiten<br />

fertig sein. In Zeiten, in denen Wissenschaft und Politik darüber<br />

klagen, dass gut verdienende Bürger der „Platte“ den Rücken<br />

kehren, sind derartig attraktive Wohnungen ein Pfund, mit dem<br />

die Genossenschaft wuchern kann.<br />

Bei den Rostockerinnen und Rostockern kommen die Umbauarbeiten<br />

der Genossenschaft gut an. „Das sollte Schule machen.<br />

Bezahlbarer Wohnraum ist sehr, sehr wichtig“, zitiert die Ostsee-<br />

Zeitung eine Leserin. Und eine andere meint: „Wenn die Balkone<br />

und Dächer noch mit Grünpflanzen bestückt würden, wäre es<br />

total rund.“ h


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88<br />

<strong>VNW</strong><br />

„Viele stecken<br />

schon im<br />

Berufsleben“<br />

Seit mehr als zwölf Jahren gibt es am<br />

Standort des <strong>VNW</strong> in Hamburg ein<br />

EBZ-Studienzentrum. Die Corona-<br />

Pandemie hat das Interesse an einem<br />

Studium in der Nähe von Wohn- und<br />

Arbeitsplatz verstärkt. Das <strong>VNW</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong> sprach mit Campusleiter<br />

Roland Keich.<br />

VON OLIVER SCHIRG<br />

Roland Keich ist akademischer Campusleiter<br />

der EBZ Business School Campus Hamburg.<br />

magazin: Warum braucht es einen EBZ-Campus in Hamburg?<br />

Roland Keich: Das Europäische Bildungszentrum der Wohnungs-<br />

und Immobilienwirtschaft (EBZ) wird auf Bundesebene<br />

von den wohnwirtschaftlichen Verbänden über eine Stiftung<br />

getragen und ist im Norden sehr eng mit dem Verband norddeutscher<br />

Wohnungsunternehmen (<strong>VNW</strong>) verbunden. Wir<br />

haben bereits vor zwölf Jahren erkannt, dass es aufgrund der<br />

Nähe zur Wohnungswirtschaft sinnvoll ist, hier ein Studienzentrum<br />

zu entwickeln.<br />

magazin: Was heißt „besondere Nähe“ zur Wohnungswirtschaft?<br />

Keich: Es gibt in den Bundesländern Hamburg, Schleswig-<br />

Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und<br />

Bremen viele Wohnungsunternehmen, von denen eine Reihe<br />

von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am traditionellen EBZ-<br />

Bildungszentrum in Bochum ihr Studium absolvierten. Da lag<br />

es nah, im Norden Flagge zu zeigen und einen Studienort zu<br />

schaffen.


89<br />

magazin: Ist der Hamburger Abschluss eines Studiums der Immobilienwirtschaft<br />

mit dem Bochumer Abschluss vergleichbar?<br />

Keich: Unbedingt. Die Abschlüsse sind gleichwertig, die<br />

Professorinnen und Professoren reisen übrigens alle nach<br />

Hamburg. Bochum ist der Hochschulsitz. In Hamburg können<br />

Studentinnen und Studenten aus Norddeutschland in<br />

Präsenz studieren.<br />

magazin: Reicht Bochum als Studienstandort nicht aus?<br />

Keich: Für Menschen, die berufsbegleitend studieren,<br />

ist es einfacher und besser, in Hamburg einen Studienort<br />

zu haben. Zudem können wir mehr junge Leute für ein<br />

Studium interessieren, wenn das Angebot möglichst nah<br />

vor Ort besteht. „Unsere“ Studentinnen und Studenten<br />

gehen überwiegend einem gewöhnlichen Beruf mit all<br />

seinen alltäglichen Erfordernissen nach. Viele sind deshalb<br />

ganz froh, beispielsweise Fahrzeiten zu reduzieren.<br />

magazin: Wodurch unterscheiden sich Bochum und Hamburg?<br />

Keich: Wie gesagt: An beiden Orten kann man Immobilienwirtschaft<br />

studieren und einen Abschluss erlangen.<br />

In Bochum hat sich mehr das Vollzeitstudium etabliert, in<br />

Hamburg das berufsbegleitende Studium. Es zeigt sich<br />

außerdem zunehmend, dass junge Menschen gern montags<br />

bis donnerstags „Freiraum“ für Arbeit, Lernen oder<br />

andere Aktivitäten haben wollen und das Wochenende,<br />

also Freitag und Sonnabend, ihrem Studium widmen, da<br />

erweitert sich unser Interessentenkreis aus der #NextGen.<br />

magazin: Wodurch unterscheiden sich die Studentinnen und Studenten<br />

in Bochum und Hamburg?<br />

Keich: Der Standort Bochum ist durch ein klassisches<br />

Campusleben mit vielen Studentinnen und Studenten<br />

geprägt. Es gibt mehrere Unigebäude, eine Mensa, eine<br />

große Bibliothek plus die EBZ-Akademie und die InWIS als<br />

Forschungsinstitut. Das „klassische“ Campusstudium von<br />

montags bis freitags spricht vor allem Abiturienten an, die<br />

gerade die Schule beendet haben und am Anfang ihres<br />

Berufslebens stehen. In Hamburg stecken viele unserer<br />

Studentinnen und Studenten schon im Berufsleben, haben<br />

Familie, befinden sich also in einer anderen Lebensphase.<br />

magazin: Welches Modell hat eine Zukunft?<br />

Keich: Vermutlich beide Modelle. Allerdings erleben wir<br />

auf Bildungsmessen vermehrt, dass junge Menschen gezielt<br />

nach dem „Hamburger“ Modell fragen. Sie wollen<br />

zwar an einer Immobilienhochschule studieren, aber schon<br />

während des Studiums praktische Erfahrungen sammeln.<br />

Das aber geht am besten in einem Unternehmen, dazu<br />

bauen wir auch die Kooperation mit Unternehmen aus,<br />

was für diese wiederum unter Recruitingaspekten hoch<br />

interessant ist.<br />

Keich: Wir haben Vollzeitstudentinnen und Vollzeitstudenten,<br />

die noch nie den Campus besucht haben.<br />

Während der Pandemie wurde überwiegend Onlinelehre<br />

angeboten. Sie müssen ein Campusleben erst einmal entdecken.<br />

magazin: Kommen die Studenten jetzt, also nach der Pandemie,<br />

zurück?<br />

Keich: Lehre und Wissenschaft hängen stark mit dem Dialog<br />

von Menschen zusammen. Die Präsenzlehre in den<br />

Räumen, also der Austausch untereinander, ist das Fundament.<br />

Andererseits sind die Menschen immer digitaler<br />

geworden. Moderne Studenten erwarten neben dem Präsenzunterricht<br />

digitale Angebote.<br />

magazin: Wie bekommen Sie diesen Spagat hin?<br />

Keich: Unser Präsenzunterricht wird zugleich live gestreamt.<br />

Die Studentin und der Student können entscheiden,<br />

ob sie zum Beispiel am Freitagnachmittag hier nach<br />

Hamburg-Langenhorn in den Seminarraum kommen oder<br />

ob sie die Vorlesung – von wo auch immer – am Computer<br />

verfolgen.<br />

magazin: Funktioniert das?<br />

Keich: Das entscheiden die Studentinnen und Studenten<br />

selbst. Aber eines ist natürlich klar: eine Teilnahme am Präsenzunterricht<br />

ist unmittelbarer. Sie können ihre Nachbarin<br />

und ihren Nachbarn direkt ansprechen und die Dozenten<br />

bzw. Dozentinnen viel konkreter erleben. Wenn man eine<br />

Vorlesung am Computer verfolgt, ist man eher Zuschauer<br />

und Zuhörer. Dennoch halte ich die „Präsenz+“-Vorlesung<br />

für den richtigen Weg.<br />

magazin: Warum?<br />

Keich: Die Onlineteilnahme ist eine angenehme „Rückfalloption“<br />

für jene, die nicht vor Ort dabei sein können<br />

– vielleicht, weil sie wegen irgendetwas auf der Arbeit<br />

daran gehindert wurden. Wir ermöglichen zudem ein größeres<br />

Maß an Flexibilität. Ein Student kann beispielsweise<br />

sagen, er schaffe es am Freitag nicht, werde aber am<br />

Sonnabend bei der Vorlesung in Hamburg dabei sein. Am<br />

Ende kommt es darauf an, dass wir unseren Studentinnen<br />

und Studenten die besten Möglichkeiten bieten, Wissen<br />

zu erwerben.<br />

f<br />

magazin: Wie viele Studentinnen und Studenten zählen Sie derzeit<br />

in Hamburg?<br />

Keich: Rund 100. Das schwankt immer ein wenig. Insgesamt<br />

studieren an der EBZ rund 1200 Menschen.<br />

magazin: Wie hat sich das Studium infolge der Corona-Pandemie<br />

verändert?


90<br />

magazin: Als Student muss ich vorher nicht Bescheid geben?<br />

Keich: Alle Beteiligten lernen noch, wie man mit den verschiedenen<br />

Formaten umgeht. Wenn ein Kurs wünscht,<br />

dass eine spezielle Vorlesung ausschließlich online stattfinden<br />

soll, dann organisieren wir das. Andererseits erleben<br />

wir auch, dass die Studentinnen und Studenten sagen,<br />

nein, für diese Vorlesung und für dieses Seminar wollen<br />

wir uns im Studienzentrum treffen.<br />

magazin: Online bedeutet also, dass eine Vorlesung gestreamt<br />

wird?<br />

Keich: Das wäre in der Tat zu wenig. „Online“ heißt auch,<br />

dass alle Bildungsinhalte digital in unserem System vorliegen<br />

und jede Studentin und jeder Student darauf zugreifen<br />

kann und die Organisation des Studiums in unserem<br />

System EMMI erfolgt. Zudem ist das EBZ nicht nur<br />

Vorlesungslieferant, sondern ermöglicht den Austausch<br />

von Wissen – und zwar in unterschiedlichen Formaten<br />

bis hin zum digitalen Kaminabend. Unsere Studentinnen<br />

und Studenten können beispielsweise auch losgelöst von<br />

klassischen Sprechzeiten ihre Dozenten kontaktieren – per<br />

Videocall oder über die Chatfunktion. Das geht natürlich<br />

auch untereinander, beispielsweise bei der Bildung von<br />

Lerngruppen im Internet.<br />

magazin: Was ist das Besondere am EBZ-Campus Hamburg?<br />

Keich: Sicherlich die Nähe zu den Unternehmen. Viele<br />

Studentinnen und Studenten arbeiten und bringen praktische<br />

Erfahrungen ein. Das ist manchmal auch für die<br />

Professoren herausfordernd. Zudem ist der EBZ-Campus<br />

Hamburg überschaubar klein und ermöglicht so Nähe zur<br />

Verwaltung und zu den Dozenten. Es gibt hier weniger<br />

Anonymität. Pro Kurs zählen wir zwischen zehn und 20<br />

Studentinnen und Studenten. Das fördert den direkten<br />

Kontakt untereinander.<br />

<strong>VNW</strong><br />

magazin: Reicht das Engagement der Unternehmen für den<br />

Campus Hamburg?<br />

Keich: Durch die Förderung von 28 Unternehmen haben<br />

wir hier neu eine Stiftungsprofessur Wohnungswirtschaft<br />

und die akademische Campusleitung, auch mit kräftiger<br />

Unterstützung vom <strong>VNW</strong>. Hinzu kommt ein starker Bezug<br />

zum Alltag von Wohnungsunternehmen. Natürlich wünsche<br />

ich mir, dass gestandene Führungskräfte häufiger als<br />

bisher am Hamburg-Campus auftreten, beispielsweise mit<br />

einem Gastvortrag – oder dass unsere Seminargruppen<br />

häufiger Unternehmen besuchen und Projekte besichtigen<br />

können. Das hat Corona erschwert, ist aber jetzt wieder<br />

möglich und wir starten hierzu den Dialog mit der Immobilienwirtschaft.<br />

magazin: Wie kommt der Umbau des Hamburger EBZ-Campus<br />

voran?<br />

Keich: Wir sind natürlich an das bestehende Gebäude<br />

gebunden, haben aber die Seminarräume u.a. frisch gestrichen.<br />

Veränderung soll auch sichtbar werden. Entscheidend<br />

wird sein, ob es uns gelingt, den Campus zu einem<br />

Ort des Dialogs und des Zusammenkommens zu machen.<br />

Ein Vorlesungsraum muss mehr sein als ein Beamer und<br />

ein Schreibtisch. Wir haben – natürlich im Rahmen des<br />

Möglichen – einen Raum für Begegnung geschaffen, mit<br />

Fußballkicker, gemütlichen Stühlen und der Möglichkeit,<br />

ins Gespräch zu kommen.<br />

magazin: Was ändert sich in diesem Jahr an der Lehre in<br />

Hamburg?<br />

Keich: Zum Wintersemester starten zwei neue Studiengänge:<br />

der Bachelorstudiengang „Digitalisierung und<br />

Immobilienmanagement“ und der Masterstudiengang<br />

„Projektentwicklung“. Damit werden in Hamburg – zusammen<br />

mit dem Bachelor- und Masterstudiengang „Real<br />

Estate Management“ – vier Studiengänge angeboten.<br />

magazin: Studium ist das eine, das Studentenleben das andere …<br />

Keich: Wir sind bescheiden und werden sicher dem Campusleben<br />

in Bochum keine Konkurrenz machen. Aber wir<br />

planen integrierte Formate wie beispielsweise „Pizza und<br />

Diskussion“. Einmal im Monat, an einem Sonnabend,<br />

nutzen wir die Mittagspause, laden einen interessanten<br />

Gesprächspartner ein und spendieren Pizza. Wir hoffen,<br />

dass die Studentinnen und Studenten, losgelöst von den<br />

Seminaren, direkt mit Praktikern und Experten aus der<br />

Wohnungswirtschaft ins Gespräch kommen. Im Winter ist<br />

Fußball-WM, da lässt sich bestimmt ein Fußballkickerturnier<br />

ins Leben rufen, gern mit den Unternehmen und dem<br />

<strong>VNW</strong> zusammen. Generell wünsche ich mir, dass wir nach<br />

der Lockdownzeit der Corona-Pandemie wieder mehr am<br />

Campus zusammenkommen. Ideen sind da von allen herzlich<br />

willkommen. h


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Bewegungsparcours für Wohnquartiere


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<strong>VNW</strong><br />

Impressum <strong>Sonderausgabe</strong>_09.<strong>2022</strong><br />

HERAUSGEBER<br />

Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V.<br />

Hamburg – Mecklenburg-Vorpommern – Schleswig-Holstein<br />

Andreas Breitner<br />

Verbandsdirektor<br />

040 520 11- 215 | E-Mail: breitner@vnw.de<br />

WP/StB Gerhard Viemann<br />

Direktor für den Prüfungsdienst<br />

040 520 11- 240 | E-Mail: viemann@vnw.de<br />

WP/StB/RA Jürgen Wendlandt<br />

Stellv. Direktor für den Prüfungsdienst<br />

040 520 11- 275 | E-Mail: wendlandt@vnw.de<br />

Andreas Daferner<br />

Bildung<br />

040 520 11- 218 | E-Mail: daferner@vnw.de<br />

Dr. Peter Hitpaß<br />

Wohnungswirtschaft, Betriebskosten- und<br />

Medienrecht<br />

0385 489 37 - 503 | E-Mail: hitpass@vnw.de<br />

Christoph Kostka<br />

Geschäftsführung<br />

<strong>VNW</strong> Landesverband Schleswig-Holstein<br />

040 520 11- 225 | E-Mail: kostka@vnw.de<br />

Steffen Laser<br />

Geschäftsführung<br />

<strong>VNW</strong> Landesverband Mecklenburg-Vorpommern<br />

0385 489 37 - 501 | E-Mail: laser@vnw.de<br />

RA Dr. Kai Mediger<br />

Recht, Genossenschaften und Quartiersentwicklung<br />

040 520 11- 238 | E-Mail: Mediger@vnw.de<br />

Petra Memmler<br />

Geschäftsführung <strong>VNW</strong> Landesverband Hamburg<br />

Technik und Energie<br />

040 520 11- 230 | E-Mail: memmler@vnw.de<br />

Nicola Olivier<br />

Datenschutz<br />

040 520 11 221 | Mail: olivier@vnw.de<br />

Andreas Thal<br />

Stellvertreter des Verbandsdirektors und Verwaltung<br />

040 520 11- 204 | E-Mail: thal@vnw.de<br />

REDAKTION<br />

Oliver Schirg<br />

Verantwortlich im Sinne des Presserechts<br />

040 520 11- 226 | E-Mail: schirg@vnw.de<br />

ANZEIGEN<br />

Katja Schirg<br />

040 520 11-216 | E-Mail: muentzel@vnw.de<br />

GESTALTUNG<br />

hungerundkoch.com<br />

0511 51 99 46 - 00<br />

DRUCK<br />

QUBUS media GmbH<br />

Beckstraße 10 | 30457 Hannover<br />

Mehr Informationen über den <strong>VNW</strong> finden Sie<br />

im Internet unter www.vnw.de<br />

Bildnachweise<br />

Titelbild: Axel Born; S. 2: Bertold Fabricius/<strong>VNW</strong>; S. 4 und 10: Axel Born; S. 5-9: Grafik/hungerundkoch; S. 10: BVE; S. 12, 14, 15: Bertold Fabricius/<strong>VNW</strong>;<br />

S. 16, 17: BVE; S. 18, 19: SPRINT break; 20: Wankendorfer Baugenossenschaft für Schleswig-Holstein eG, Vodafone; S. 21: SPRINT break; S. 24: : Guido<br />

Kirchner/dpa; S.25: Guido Kirchner/dpa, Karl-Josef Hildendbrand/dpa; S. 26: Karl-Josef Hildendbrand/dpa; S.28-30: Bertold Fabricius/<strong>VNW</strong>; S. 32:<br />

IWB.2050; S. 33: Walter Vorjohann; S. 36: Bertold Fabricius, S. 38: privat (4); S. 40: Stefan Sauer/dpa (5); S. 42-43: Bertold Fabricius, S. 44: Bertold<br />

Fabricius; S. 45: Drachenbau (1); Bertold Fabricius (2); S. 46, 47: Bertold Fabricius (4), privat (1); S. 51, 52: Grafik: Bundesamt für Strahlenschutz; S. 59,<br />

60: Bertold Fabricius; S. 61: privat; S. 64: IPROconsult Dresden&Greifswald (2); S. 66: Georg Hana für Heide & von Beckerath; S. 67: Studierendenwerk<br />

Hamburg; S. 68: privat; S. 68, 69: Studierendenwerk Hamburg; S. 70, 71: Lübecker Bauverein, Friedrich Schütt + Sohn Baugesellschaft; S. 72: deserttrends/AdobeStock,<br />

Dirk Schumann/AdobeStock; S. 73: honzakrej/AdobeStock, Dirk Schumann/AdobeStock; S. 74: Dirk Schumann/AdobeStock; S. 76,<br />

78: Bertold Fabricius/<strong>VNW</strong>; S. 80: DESWOS; S. 81: Baugenossenschaft Mittelholstein eG; S. 82: Allgemeine Deutsche Schiffszimmerer-Genossenschaft eG,<br />

<strong>VNW</strong>, Baugenossenschaft Mittelholstein eG; S. 83: privat; S. 84-86: Bertold Fabricius; S. 88-90: Bertold Fabricius;


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• Kita und Jugend<br />

Besuchen Sie uns auf<br />

der <strong>VNW</strong>-Arbeitstagung<br />

am 19./20.09.<strong>2022</strong>.<br />

Sprechen Sie uns an!<br />

Johanniter-Unfall-Hilfe­e.­V.<br />

Landesverband­Nord*<br />

Ansprechpartner:­Jörg­Precht­<br />

Tel.­040­7344176-510<br />

E-Mail:­joerg.precht@johanniter.de<br />

*­Hamburg,­Landkreis­Harburg,­<br />

Mecklenburg-Vorpommern,­Schleswig-Holstein


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Wie Ihr Schaden konkret aussehen wird, wissen wir nicht. Aber wir wissen,<br />

dass Sie sich in jedem Fall auf uns verlassen können.<br />

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