ANGESAGT - Gemeindebrief Nr. 196
ANGESAGT - Gemeindebrief Nr. 196 für August, September und Oktober 2022
ANGESAGT - Gemeindebrief Nr. 196 für August, September und Oktober 2022
- Keine Tags gefunden...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Zum Thema: Begegnung<br />
<strong>Gemeindebrief</strong> liest, dann kann ich nur sagen:<br />
Gott saß die ganze Zeit dabei auf meinem blauen<br />
Sofa und ließ die Beine baumeln. Und ich<br />
hatte Gelegenheit, beim Sortieren und Ausmisten<br />
immer wieder in seine Richtung zu gucken<br />
und „unnötig, lieber Gott, richtig unnötig!“ zu<br />
sagen. Aber Gott lächelte nur und ließ mich<br />
meine Erfahrung machen, wie schön so ein Aufräumprozess<br />
gegen Ende sein kann, was einem<br />
da so alles begegnen kann, worüber man sich so<br />
Gedanken machen kann, wenn man einmal<br />
richtig Zeit dafür hat!<br />
Zum Thema – Begegnung<br />
Sich begegnen im Altersheim: Frühstück – Mittag – Abendbrot.<br />
Es treffen sich immer wieder dieselben<br />
Gesichter. Manchmal haben<br />
sich diese Gesichter beim Essen<br />
etwas zu sagen, oft nicht. Man<br />
kennt sich und dann auch wieder<br />
nicht. Und dann sind es<br />
immer wieder dieselben Geschichten:<br />
von der früheren<br />
schönen Wohnung, der Zeit, als<br />
man noch Fußballtrainer war.<br />
Man kann zwar kaum laufen, aber<br />
man will es nochmal versuchen. Viele träumen<br />
davon, wieder aus dem Heim auszuziehen.<br />
Der Betreuer wird gerufen, doch das Gericht<br />
hatte anders entschieden. Da kann der Betreuer<br />
gar nichts machen, kennt die Betreuten nur unzureichend;<br />
Manche Betreuer kommen nur selten,<br />
und manche kommen gar nicht.<br />
Manche Gesichter sind schon sehr alt. Man würde<br />
zu gerne wissen, welche Lebensgeschichte<br />
sich in ihre Falten eingekerbt hat. Stumme Gesichter,<br />
die einen fragend anschauen. Manchmal<br />
ein Schrei, dann wieder ein Ruf, ein Satz, bestehend<br />
aus fünf Worten, die man nicht versteht.<br />
Andererseits ein meist stummer älterer Herr,<br />
der sich eine Tageszeitung abonniert hat und<br />
Sigrid Witte<br />
täglich liest. Jüngere Gesichter haben<br />
noch mehr Leben in sich, spielen<br />
mit dem Handy, andere rauchen<br />
oder schlafen. Die Beschäftigungstherapie<br />
fällt z.Zt. aus.<br />
Positiv an einer solchen<br />
Wohnsituation ist, dass man<br />
nicht allein ist. Man ist vielleicht<br />
einsam, aber man ist nicht<br />
allein.<br />
Das Essen wird regelmäßig gebracht,<br />
man wird satt und meistens schmeckt es<br />
sogar.<br />
Den Patienten wird viel aus der Hand genommen;<br />
diejenigen, die noch rüstig sind, werden<br />
nicht gefordert. Es sind immer dieselben, die<br />
malen oder „Mensch ärgere Dich nicht“ spielen,<br />
für andere ist das Kinderkram. Sie kommen erst<br />
gar nicht. Es besteht die Möglichkeit zu Kochen<br />
oder zu Backen, aber die Zutaten müssen selbst<br />
gekauft werden: das überfordert so manches<br />
Portomonnaie.<br />
Einmal pro Woche fährt die Ergotherapeutin<br />
zum Einkauf; das ist für uns das Highlight der<br />
Woche, weil 2 – 3 Bewohner mitfahren können.<br />
3