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ungleichbesser - Gender Campus

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DIVERSITY-NEWSLETTER 65<br />

Winter 2010<br />

Editorial<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser,<br />

UNGLEICHBESSER<br />

D i v e r s i t y C o n s u l t i n g<br />

Inhaber: Michael Stuber<br />

Richard-Wagner-Str. 25<br />

50674 Köln<br />

Tel. 0221-222 12-50<br />

Fax 0221-222 12-51<br />

buero@ungleich-besser.de<br />

www.diversity-consulting.de<br />

die letzen Monate standen aus Sicht von Diversity ganz im Zeichen von Quoten- und<br />

Integrationsdebatten. Kaum haben sich die Gemüter etwas beruhigt, werden Forderungen nach<br />

einer Migrantenquote laut. Auch das Thema Frauen in Führungspositionen bleibt weiter aktuell. Wie<br />

immer möchten wir mit unserem Newsletter den momentanen Diskussionsstand von Diversity und<br />

Inclusion aufgreifen und bieten Ihnen in unserer heutigen Ausgabe einen umfassenden Überblick<br />

über aktuelle Entwicklungen des Themas „Frauen im Management“ und zeigen mehr oder weniger<br />

gelungene Möglichkeit zur Förderung weiblicher Karrieren auf.<br />

Zudem möchten wir Ihnen einige Erkenntnisse bezüglich des demografischen Wandels vorstellen,<br />

der bekanntlich mit Blick auf den Fachkräftemangel eine der größten Herausforderungen der<br />

nächsten Jahre darstellt. Wussten Sie zum Beispiel, dass immer mehr ältere Menschen ein Studium<br />

beginnen, oder dass altersbedingte Unterschiede im Umgang mit interaktiver Technologie gar nicht<br />

so groß sind, wie bisher angenommen? Nähere Informationen zu diesen Fragestellungen finden Sie<br />

im Verlauf dieser Lektüre, in der wir Ihnen auch vorstellen, wie Unternehmen die Potenziale älterer<br />

Beschäftigter sinnvoll nutzen können.<br />

Um das Gesamtbild abzurunden, berichten wir des Weiteren über ein Inklusion verhinderndes<br />

Schulsystem sowie über das Thema Homosexualität im Profisport.<br />

Ihnen allen eine besinnliche Weihnachts- oder allgemein: „Urlaubszeit“ und einen guten Start ins<br />

neue Jahr (wann immer dieses für Sie beginnt).<br />

Auch 2011 möchten wir Sie mit Produkten und Dienstleistungen rund um Diversity versorgen und<br />

hören gerne von Ihnen.<br />

Für heute wünschen wir Ihnen eine informative Lektüre.<br />

Ihr Team von<br />

Ungleich Besser Diversity Consulting<br />

Newsletter 65 – Winter 2010<br />

Seite 1 / 16


DIVERSITY-NEWSLETTER 65<br />

Dezember 2010<br />

Inhalt<br />

UNGLEICHBESSER<br />

D i v e r s i t y C o n s u l t i n g<br />

Inhaber: Michael Stuber<br />

Richard-Wagner-Str. 25<br />

50674 Köln<br />

Tel. 0221-222 12-50<br />

Fax 0221-222 12-51<br />

buero@ungleich-besser.de<br />

www.diversity-consulting.de<br />

DIVERSITY DIMENSIONEN STRATEGIEN & INSTRUMENTE<br />

■ Deutsches Schulsystem diskriminiert<br />

■ Homosexualität im Profisport weiter tabu<br />

■ Karriereplattform für Frauen<br />

■ Senioren in Studium und Beruf<br />

ORGANISATIONSPRAXIS ÖKONOMISCHER NUTZEN<br />

■ AARP International Innovative Employer<br />

Award<br />

■ Diversity in der Diakonie Michaelshoven<br />

■ Frauen in KMU an der Spitze<br />

■ Work-Life-Angebote in Deutschland<br />

POLITIKECKE MEDIEN & DIVERSITY<br />

■ Europa weitet Erziehungsurlaubs aus ■ <strong>Gender</strong> Pay Gap: Alles nur<br />

Auslegungssache?<br />

■ Die nächste Runde der Quotendebatte ■ Diversity in der Welt von Schulungen und<br />

Trainings<br />

DIVERSES IMPRESSUM<br />

■ POWER UP – Female Pop Art in Wien<br />

■ Nutzung interaktiver Produkte (k)eine<br />

Altersfrage<br />

Newsletter 65 – Winter 2010<br />

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DIVERSITY DIMENSIONEN<br />

Deutsches Schulsystem diskriminiert<br />

UNGLEICHBESSER<br />

D i v e r s i t y C o n s u l t i n g<br />

Das deutsche Schulsystem ist diskriminierend. Zu diesem Ergebnis kam der Expertenkreis<br />

„Inklusive Bildung“ der Deutschen UNESCO-Kommission Anfang November bei seiner Tagung in<br />

Bonn. Besonders behinderte Kinder und solche mit Migrationshintergrund werden<br />

überdurchschnittlich häufig an Sonderschulen unterrichtet und verlieren somit die Möglichkeit auf<br />

einen qualifizierenden Schulabschluss. Der aktuelle Pisabericht zeigt zudem, dass Migrantenkinder<br />

bei vergleichbarer Leistung eine fünfmal geringere Chance haben, eine Empfehlung für das<br />

Gymnasium zu erhalten, wie deutsche Schüler.<br />

Auch der europäische Vergleich lässt das Schulsystem in Deutschland schlecht aussehen: während<br />

in Europa 85% der SchülerInnen mit Behinderung an einer allgemeinbildenden Schule unterrichtet<br />

werden, sind es in Deutschland nur 18%. Um das Ziel der inklusiven Bildung zu erreichen, fordert<br />

der Expertenkreis die Abschaffung des stark ausdifferenzierenden sonderpädagogischen Systems,<br />

mehr Investitionen in die Forschung der inklusiven Bildung sowie eine Anpassung der<br />

Lehrerausbildung und mehr Fortbildungsangebote für LehrerInnen. Zudem kritisierten die<br />

Experten, dass die Interpretation der UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen,<br />

welche Kindern mit Behinderung das Recht auf gemeinsamen Unterricht in einer allgemeinen<br />

Schule bietet, Auslegungssache der Bundesländer ist. Sie verlangten ein einheitliches Leitbild und<br />

eine Vorantreibung des Themas durch politische Initiativen.<br />

Wie inklusive Bildung gelingen kann, zeigt das Projekt „Eine Schule für alle“, welche nach dem<br />

Vorbild der Gesamtschule in Hamburg Winterhude nun auch in Freiburg entstehen soll. Ziel ist es,<br />

eine Schule zu entwerfen, in der Kinder mit und ohne Behinderung und unabhängig von ihren<br />

Fähigkeiten und sozialen Hintergründen zusammen in einer Ganztagsschule unterrichtet werden.<br />

Die Bedürfnisse der SchülerInnen sollen dabei im Vordergrund stehen. Aus diesem Grund werden<br />

sowohl die SchülerInnen, als auch Eltern und LehrerInnen an allen Entscheidungen beteiligt. Der<br />

Unterricht findet in Einzel- und Gruppenarbeit in altersgemischten Klassen statt, die Inhalte werden<br />

eigenständig in Wochen- und Jahresplänen festgelegt und es erfolgt eine enge Zusammenarbeit<br />

zwischen Lehrkörpern, Sozial- und Heilpädagogen.<br />

Dass Ganztagsschulen wie die „Schule für alle“ nicht nur die Inklusion sondern auch den<br />

schulischen Erfolg steigern können, zeigt die Studie des Bildungsforschers Eckhard Klieme. Er<br />

untersuchte über einen Zeitraum von vier Jahren den schulischen Erfolg von SchülerInnen mit und<br />

ohne Ganztagsangeboten. Dabei zeigte sich, dass die SchülerInnen an Ganztagsschulen weitaus<br />

seltener sitzen bleiben – lediglich 2,4% musste in der Sekundarstufe 1 eine Klasse wiederholen. Bei<br />

den SchülerInnen, die nicht auf eine Ganztagsschule gehen sind es mit 8,4% deutlich mehr. Auch<br />

das schwierige Verhalten, welches bei SchülerInnen im Alter zwischen elf und 15 an allgemeinen<br />

Newsletter 65 – Winter 2010<br />

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UNGLEICHBESSER<br />

D i v e r s i t y C o n s u l t i n g<br />

Schulen vermehrt zu beobachten ist, nimmt an Ganztagsschulen ab. Die Forscher betonten jedoch,<br />

dass die positiven Effekte stark von der Qualität der Ganztagsschule abhängen. So müsse der<br />

Ganztagsunterricht regelmäßig mindestens dreimal pro Woche stattfinden und der Unterricht auf<br />

die individuellen Bedürfnisse der SchülerInnen abgestimmt sein. Es bleibt zu hoffen, dass diese<br />

Erkenntnisse dazu beitragen werden, das zur Zeit stark selektierende deutsche Schulsystem durch<br />

ein inklusives ersetzen.<br />

Ein Sonderschullehrer in Österreich schaffte sich und seine Schule sogar vollständig ab, indem er<br />

dafür sorgte, dass alle Schüler mit einer Behinderung in die Regelschule aufgenommen wurden.<br />

Homosexualität im Profisport weiter tabu<br />

Während die deutsche Fußball-Nationalmannschaft im Sommer als gelungenes Beispiel für<br />

Integration gelobt wurde, bleibt das Thema Homosexualität im Profisport und besonders im Fußball<br />

weiter ein Tabu-Thema. Es gibt derzeit keinen (männlichen) Profifußballspieler, der sich öffentlich<br />

zu seiner Homosexualität bekannt hat. Dass es in der professionellen Welt des Fußballs keine<br />

Homosexualität gibt, ist jedoch mehr als unwahrscheinlich. So haben Forscher einer britischen<br />

Universität 3.000 Spieler, Trainer, Schiedsrichter und Fans befragt und dabei rausgefunden, dass<br />

27% von ihnen mindestens einen homosexuellen Spieler kennen. Doch warum ist es für diese<br />

Spieler unmöglich, sich öffentlich zu outen? Die Gründe hierfür sind vielschichtig: Einerseits ist<br />

Fußball seit jeher der Inbegriff von Männlichkeit, Homosexualität lässt sich damit scheinbar nicht<br />

vereinen. Andererseits müssen die Betroffenen negative Reaktionen von Teamkollegen,<br />

Vereinsmitarbeitern, Trainern, Sponsoren und Managern befürchten. Denn noch immer gehen nicht<br />

alle so offen mit dem Thema um wie Mario Gomez, der erst kürzlich homosexuelle Spieler zum<br />

Outing ermutigt hat, damit sie nicht länger Energie in die Geheimhaltung verschwenden müssen<br />

und befreiter spielen können. Die Göttinger Kulturwissenschaftlerin Tatjana Eggeling beschäftigt<br />

sich seit sechs Jahren mit dem Thema Homosexualität im Profisport und berät schwule Spieler im<br />

Umgang mit ihrer Sexualität. Aus ihrer langjährigen Erfahrung weiß sie, dass viele homosexuelle<br />

Spieler sich in der Öffentlichkeit hinter heterosexuellen Scheinbeziehungen verstecken, um keinen<br />

Verdacht zu erregen.<br />

Im Gegensatz zum Profisport scheint das Thema in der Regionalliga weniger problematisch zu sein,<br />

was unter anderem mit dem fehlenden Druck der Öffentlichkeit zusammenhängen könnte. Als<br />

positives Beispiel wurde dieses Jahr der türkische Verein Türkiyemspor in Berlin für sein<br />

Engagement gegen Homophobie ausgezeichnet. Der Verein bezieht durch Plakatkampagnen,<br />

Kulturevents und Turniere mit dem Lesben- und Schwulenverband regelmäßig Stellung zum Thema<br />

Homosexualität ist somit als echter Fortschritt zu betrachten, auch wenn es weiter an Vorbildern<br />

fehlt.<br />

Newsletter 65 – Winter 2010<br />

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STRATEGIEN & INSTRUMENTE<br />

Karriereplattform für Frauen<br />

UNGLEICHBESSER<br />

D i v e r s i t y C o n s u l t i n g<br />

Dass Frauen trotz ihrer Kompetenzen unterproportional in Führungsetagen repräsentiert sind, hat<br />

gemäß eines neuen Erklärungsmodells von Ungleich Besser vielfältige Gründe. Einer mag darin<br />

bestehen, dass Frauen ihre Karriere weniger gezielt und proaktiv verfolgen und sich im<br />

Selbstmarketing schwerer tun als Männer – beides sind (fragwürdige) männliche Standards in<br />

Unternehmenskulturen. Angesichts der hitzigen Debatte schießen Handlungsansätze ins Kraut, was<br />

der Diskussionsqualität nicht zuträglich ist. Eine neue Initiative stellt der Recruiting-Dienstleister<br />

access KellyOCD vor: Die Internetplattform www.careers4women.de soll nach Angaben des<br />

Unternehmens „vormachen“, wie Frauen es in den Chefsessel schaffen. Durch Arbeitgeberpräsentationen,<br />

News und Informationen über Karrierethemen und Veranstaltungen sowie der<br />

Vorstellung von Verbänden, Vereinigung und Frauennetzwerken will careers4women Frauen und<br />

engagierte Unternehmen zusammenbringen und somit den Karriereweg ebnen.<br />

Sieht man sich den Newsbereich jedoch genauer an, vermisst man vor allem eins – echte<br />

Neuigkeiten. Stattdessen finden sich Schlagzeilen wie „Frauen in Führungspositionen nach wie vor<br />

stark unterrepräsentiert“ oder „Bildungsniveau bei Frauen steigt“. Anstelle konstruktiver<br />

Karrieretipps präsentiert das Portal Studien, die zwar für Wissenschaftler von Interesse sind,<br />

karrierewilligen Frauen aber wenig nützen. Stattdessen bekommen sie „10 Gebote für<br />

Führungsfrauen“ mit auf den Weg, die beispielsweise lauten „Wer gibt, hat auch das Recht zu<br />

nehmen! Achte auf angemessene Bezahlung! Meide Energie- und Zeiträuber. Kinder und<br />

Ehemänner sind lange nicht so hilflos, wie sie gerne tun und können Dinge auch alleine regeln –<br />

also lass sie machen“. Die Themen sind bekanntermaßen relevant, aber ob hochqualifizierte Frauen<br />

dies als Karrieretipp akzeptieren, sei dahin gestellt. Wesentlich mehr Informationen erhält man<br />

hingegen auf den Arbeitgeberseiten. Aktuell befinden sich dort die Profile von sieben<br />

Großunternehmen, welche über Diversity Aktivitäten und Firmen-Fakten berichten. Darüber hinaus<br />

werden unter dem Titel Netzwerke „Komm, mach MINT“, „WoMenPower“ und das<br />

Kompetenzzentrum für Frauen in Wissenschaft und Forschung (CEWS) vorgestellt.<br />

carrers4women mag eine gute Idee darstellen, bietet in der jetzigen Form jedoch wenig Mehrwerte.<br />

Für Frauen, die tiefgründige Informationen über die <strong>Gender</strong>-Aktivitäten von Unternehmen haben<br />

möchten, ist eher der <strong>Gender</strong> Dax zu empfehlen, als Infoportal im Ausland das Portal<br />

www.forumjump.be.<br />

Newsletter 65 – Winter 2010<br />

Seite 5 / 16


Senioren in Studium und Beruf<br />

UNGLEICHBESSER<br />

D i v e r s i t y C o n s u l t i n g<br />

Bereits in fünf Jahren werden 44% der Bevölkerung älter als 50 Jahre sein. Während jedoch nur<br />

wenig Firmen bereits Maßnahmen treffen, um den Nachwuchsmangel abzufedern, bereiten sich die<br />

Senioren selbst gut auf eine längere Lebensarbeitszeit vor. Laut den Zahlen des Akademischen<br />

Vereins der Senioren in Deutschland (AVSD) sind im Wintersemester 2010/2011 rund 58.000<br />

Menschen für ein Seniorenstudium eingeschrieben. Damit hat sich die Zahl der studierenden<br />

Senioren innerhalb von 13 Jahren mehr als verdoppelt.<br />

Die Motive für die Betroffenen, im Alter ein Studium zu absolvieren, sind durchaus vielfältig:<br />

Während einige einen höheren Abschluss in einem bereits früher studierten oder beruflich<br />

ausgeübten Bereich erlangen möchten, studieren Viele aus Interesse am Thema. Dies wird<br />

besonders deutlich, wenn man die am häufigsten gewählten Fächer betrachtet – Philosophie,<br />

Theologie, Kunstgeschichte und Germanistik. Doch auch ein verpasstes Studium während der<br />

Jugend oder die Vorbereitung auf eine Berufstätigkeit nach dem Eintritt ins Rentenalter sind<br />

Gründe, sich im Alter für ein Studium einzuschreiben.<br />

Obwohl die Generation 50+ heute so gut ausgebildet ist wie nie, treffen gemäß einer Studie im<br />

Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend nur wenige<br />

Unternehmen Maßnahmen, um ältere Mitarbeiter gezielt zu fördern. Zwar waren 70% der befragten<br />

400 Personalverantwortlichen der Meinung, dass spezielle Weiterbildungsmaßnahmen für ältere<br />

Mitarbeiter wichtig seien, Angebote gab es jedoch nur in 14% der Unternehmen. Interessant ist auch<br />

die Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung der älteren Beschäftigten und der Selbsteinschätzung<br />

der Arbeitgeber bezüglich Maßnahmen zum Erhalt der Einsatzfähigkeit älterer Mitarbeiter. Lediglich<br />

5% der Arbeitgeber gaben an, keine solchen Maßnahmen anzubieten, gleichzeitig denken 19% der<br />

älteren Arbeitnehmer, dass es in ihrem Unternehmen keine speziellen Angebote für sie gibt.<br />

Fest steht, dass Unternehmen dem Fachkräftemangel kaum entgegenwirken können, ohne das<br />

Potenzial ihrer älteren Beschäftigten zu nutzen. Das hohe Ausbildungsniveau dieser<br />

Beschäftigtengruppe ist dabei nur einer von vielen Gründen, um mehr in sie zu investieren.<br />

ORGANISATIONSPRAXIS<br />

AARP International Innovative Employer Award<br />

In diesem Jahr hat die Nonprofit-Organisation AARP, welche es sich zum Ziel gemacht hat<br />

Menschen über 50 zu helfen ihre Lebensqualität zu verbessern, bereits zum dritten Mal den<br />

„International Innovative Employer Award“ verliehen. Mit dem Preis werden Arbeitgeber<br />

ausgezeichnet, dessen innovative Personalpraktiken sich an die Belange der älteren Arbeitnehmer<br />

richten und die eine Arbeitsumgebung für die Belegschaft der Zukunft schaffen.<br />

Newsletter 65 – Winter 2010<br />

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UNGLEICHBESSER<br />

D i v e r s i t y C o n s u l t i n g<br />

Zu den diesjährigen Gewinnern gehören neben je einem Unternehmen aus Kanada, Singapur,<br />

Österreich und vier Organisationen aus Großbritannien auch acht deutsche Arbeitgeber. Zur<br />

Ermittlung der Preisträger wertete AARP alle eingegangenen Bewerbungen bezüglich Rekrutierung,<br />

Arbeitsplatzkultur, lebenslangem Lernen, Ausbildung und Training, alternativer Arbeitsformen wie<br />

Job Sharing, flexible Arbeitszeiten und Telearbeit, Leistungen zur Unterstützung der Gesundheit<br />

und finanziellen Sicherheit der Mitarbeiter sowie des Arbeitsplatzdesigns aus. Die Unternehmen mit<br />

den positivsten Strategien wurden dann von einer Jury aus internationalen Experten als Preisträger<br />

ausgewählt.<br />

Die Sieger-Unternehmen aus Deutschland sind die Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Lufthansa,<br />

GALERIA Kaufhof, Hansgrohe, Henkel, Salzburg AG, Sick, Sozial-Holding der Stadt<br />

Mönchengladbach sowie HessenChemie. So bietet beispielsweise die Bundesagentur für Arbeit ihren<br />

MitarbeiterInnen über 500 flexible Arbeitszeitmodelle und Langzeit-Arbeitskonten, von denen<br />

besonders die älteren MitarbeiterInnen profitieren, die sich um Angehörige kümmern oder sich in<br />

der Renteneintrittsphase befinden. Darüber hinaus stellt die Bundesagentur für Arbeit regelmäßig<br />

bereits in Rente gegangene Beschäftigte mit besonderen Fähigkeiten auf zeitlicher Projektbasis<br />

wieder ein.<br />

Diversity in der Diakonie Michaelshoven<br />

Vielfalt und Wertschätzung sind wichtige Themen in der Diakonie Michaelshoven. Aus diesem<br />

Grund hat die Diakonie nun ein umfassendes Diversity Management Konzept erarbeitet. Neben der<br />

sich wandelnden Altersstruktur stehen dabei besonders die Themen „Vereinbarkeit von Beruf und<br />

Familie“ sowie „Interkulturelle Öffnung“ im Fokus der Betrachtung.<br />

Eines der in dem Konzept definierten Ziele ist es, dass alle MitarbeiterInnen ihren Beruf mit der<br />

Familie vereinbaren können. Des Weiteren möchte die Diakonie besser auf die spezifischen<br />

Wünsche von Kunden mit Familie eingehen können. Mit einer interkulturellen Öffnung soll zudem<br />

bewirkt werden, dass in allen Arbeitsfeldern die Angebote so ausgerichtet sind, dass sie Menschen<br />

unabhängig ihrer kulturellen Herkunft einbeziehen. Auch als MitarbeiterInnen sind Menschen mit<br />

vielfältigen kulturellen Hintergründen in der Diakonie Michaelshoven, trotz der christlichen<br />

Ausrichtung, willkommen.<br />

Um die Vielfalt der MitarbeiterInnen und ihre individuellen Fähigkeiten sichtbar zu machen, hat die<br />

Diakonie unter anderem die Intranetplattform „Dialog“ implementiert. Auf dieser können die<br />

MitarbeiterInnen eine eigene Profilseite erstellen und neben beruflichen Kontaktdaten und<br />

Tätigkeitsbereichen auch ihre Fähigkeiten und Interessen vorstellen. Die Plattform hilft der<br />

Diakonie dabei, die Potentiale der Vielfalt ihrer MitarbeiterInnen besser zu erkennen und zu nutzen.<br />

Die Diakonie hat erkannt, dass eine diverse Belegschaft auch im Hinblick auf die Entwicklung<br />

zielgruppenspeziefischer Angebote einen großen Vorteil darstellt. Beispielsweise werden<br />

Newsletter 65 – Winter 2010<br />

Seite 7 / 16


UNGLEICHBESSER<br />

D i v e r s i t y C o n s u l t i n g<br />

MitarbeiterInnen mit Familie oder anderer kultureller Herkunft in die Entwicklung eines Produkte<br />

für diese Zielgruppen mit einbezogen, da sie aufgrund der eigenen Erfahrungen als Experten auf<br />

diesem Gebiet zu betrachten sind und somit am besten wissen, was die Kunden sich wünschen.<br />

Für ihr Engagement im Bereich Diversity Management wurde die Diakonie Michaelshoven dieses<br />

Jahr im Rahmen des Wettbewerbs "Vielfalt gewinnt" von der Stadt Köln ausgezeichnet.<br />

Die Diakonie Michaelshoven e.V. ist der größte diakonische Träger im Kölner Raum. Mehr als<br />

1.700 MitarbeiterInnen betreuen 3.500 Menschen in unterschiedlichen Einrichtungen der<br />

klassischen Arbeitsfelder der Diakonie. Ansprechpartner für das Thema Diversity Management ist<br />

Herr Wolfgang Schmidt (Tel: 0221/2945-100; Fax: 0221/2945-120; E-Mail: W.Schmidt@diakoniemichaelshoven.de).<br />

ÖKONOMISCHER NUTZEN<br />

Frauen in KMU an der Spitze<br />

Während in den letzten Jahren der Anteil an Frauen im oberen Top-Management von<br />

Großunternehmen eher gesunken ist (abhängig vom Betrachtungsfokus), erreichen in den KMUs<br />

immer mehr Frauen Top-Positionen. In großen Firmen in Deutschland liegt die „Quote“ derzeit bei<br />

5,9%, in der Schweiz bei 4%. Ein anderes Bild zeigt sich bei den kleinen und mittleren<br />

Unternehmen: laut den aktuellen Daten von Hoppenstedt liegt der Frauenanteil im Top-<br />

Management kleiner Unternehmen bei ca. 13% und ist somit mehr als doppelt so hoch wie in<br />

Großunternehmen. Ein ähnliches Bild zeigt auch eine Umfrage der deutschen Intes Akademie für<br />

Familienunternehmen und der Personalberatung Heiner Thorborg unter 253 Unternehmen aus<br />

Deutschland, Österreich und der Schweiz: Demnach werden ein Viertel der KMUs von Frauen<br />

geführt, wobei die meisten von ihnen nach 1995 in die Geschäftsführung aufgestiegen sind. Doch<br />

auch vor 1980 beschäftigten die befragten KMUs bereits Frauen in Spitzenpositionen.<br />

Bemerkenswert ist zudem, dass sich die Aufgaben der KMU Geschäftsführerinnen nicht auf<br />

klassisch weibliche Bereiche beschränken. Im Gegenteil – 38% übernehmen die operative Leitung<br />

des Unternehmens und weitere 17% übernehmen Funktionen in den Kontrollgremien von<br />

Familienbetrieben. Auch eine gläserne Decke oder Vorbehalte gegenüber der Führungskompetenz<br />

von Frauen scheint es in den KMUs nicht zu geben. Nur 3% aller Befragten war der Meinung, dass<br />

Männer für Führungspositionen besser geeignet seien, 97% der Unternehmen mit Frauen als<br />

operative Leitung berichten von positiven Erfahrungen. Diese Ergebnisse zeigen, dass KMUs besser<br />

auf die demografischen und wirtschaftlichen Entwicklungen eingehen als viele Großunternehmen –<br />

„sie haben freilich auch mit weniger Syndromen der Hierarchie zu kämpfen“, kommentiert<br />

Diversity-Experte Michael Stuber den Vergleich.<br />

Newsletter 65 – Winter 2010<br />

Seite 8 / 16


Work-Life-Angebote in Deutschland<br />

UNGLEICHBESSER<br />

D i v e r s i t y C o n s u l t i n g<br />

Jährlich zeichnet das CRF Institute weltweit die Top-Arbeitgeber einzelner Länder aus. In<br />

Deutschland wurden aktuell 93 Unternehmen zertifiziert, die sich durch ihre Vergütungs- und<br />

Benefitmodelle sowie Karriere- und Einstiegsmöglichkeiten hervorheben konnten. Eine von CRF<br />

durchgeführte Studie über Work-Life Angebote aller Top-Arbeitgeber lässt die deutschen<br />

Unternehmen in einem durchaus positiven Licht erscheinen: 98% der befragten Unternehmen<br />

bieten ihren Mitarbeitern flexible Arbeitszeitmodelle, in 87% der Unternehmen können die<br />

Mitarbeiter zur besseren Vereinbarung von Berufs- und Privatleben von Zuhause aus arbeiten. Mit<br />

diesen Werten liegt Deutschland weit über dem europäischen Durchschnitt, welcher immerhin bei<br />

68% liegt. Gleiches gilt auch für das Angebot eines über die gesetzliche Mindestdauer<br />

hinausgehenden Elternurlaubes: In Deutschland bieten diesen 61% der Unternehmen an, der<br />

europäische Durchschnitt liegt bei 44%. Weitere Work-Life-Balance Angebote sind eigene Betriebskindergärten<br />

oder externe Kindergartenplätze, welche von 35% der Unternehmen zur Verfügung<br />

gestellt werden sowie Maßnahmen zur Gesundheitsförderung, welche 80% der Unternehmen<br />

anbieten. Im Hinblick auf die große Vielfalt der Angebote ist es jedoch verwunderlich, dass lediglich<br />

58% der Unternehmen angaben, den tatsächlichen internen Bedarf dieser Maßnahmen zu ermitteln.<br />

Wie weit Work-Life Angebote in Europa verbreitet sind, zeigt die Work-Life Praxisstudie von<br />

Ungleich Besser Diversity Consulting. In der Untersuchung gaben 115 Organisationen aus<br />

Deutschland und Europa Auskunft über ihre Work-Life Maßnahmen und was sie damit erreichen<br />

möchten. 61% der Unternehmen gaben an, sowohl Teilzeitarbeit für Beschäftigte, Teilzeitarbeit in<br />

Führungspositionen, regelmäßiges Arbeiten von Zuhause als auch Telearbeit anzubieten. Als<br />

Gründe für das Angebot von Maßnahmen nannten die meisten Unternehmen eine Steigerung der<br />

Motivation und Produktivität der Mitarbeiter sowie den Wertewandel und das Arbeitgeberimage.<br />

Diese Motive machen deutlich, dass viele Unternehmen ihre Angebote nicht auf den Business Case<br />

abstimmen, sondern sich auf aktuelle öffentliche Meinungen stützen.<br />

Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu verbessern, hat das<br />

Bundesfamilienministerium zusammen mit dem DIHK die Initiative „Familienbewusste<br />

Arbeitszeiten“ ins Leben gerufen. In dessen Rahmen soll eine bundesweite Veranstaltungsreihe<br />

Unternehmen über das Thema informieren. Darüber hinaus bietet die Homepage der Kampagne<br />

„Erfolgsfaktor Familie“ eine Datenbank mit Best-Practice-Beispielen und Informationen zur<br />

Unterstützung bei der Einführung von familienfreundlichen Arbeitszeiten. Abgerundet wird die<br />

Initiative mit einer Anzeigenkampagne, welche die Öffentlichkeit über Vorteile von<br />

familienfreundlichen Arbeitsmodellen aufklären soll.<br />

Newsletter 65 – Dezember 2010<br />

Seite 9 / 16


POLITIKECKE<br />

Europa weitet Erziehungsurlaubs aus<br />

UNGLEICHBESSER<br />

D i v e r s i t y C o n s u l t i n g<br />

Am 15. und 16. November fand in Brüssel der vierte Equality Summit statt. Zehn Jahre nach der<br />

Verabschiedung der Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsrichtlinien zogen die Teilnehmer<br />

Bilanz über die Entwicklung von Chancengleichheit, dieses Jahr mit dem Schwerpunkt<br />

„Beschäftigung“. Zur Verbreitung von Antidiskriminierung und Diversity eingeführte Maßnahmen<br />

wurden dabei ebenso diskutiert wie weiterführende Ansätze. Die Teilnehmer arbeiteten in vier<br />

Workshops sowohl über den Beitrag und die Rolle von Sozialpartnern und öffentlichen<br />

Arbeitgebern in Gleichberechtigungs- und Diversity Programmen, als auch darüber, wie Vielfalt in<br />

Unternehmen willkommen geheißen werden kann und wie auf Diskriminierungsvorfälle in einem<br />

Unternehmen reagiert werden sollte. Abgerundet wurde die Veranstaltung durch verschiedene<br />

Vorträge und Podiumsdiskussionen.<br />

Bereits kurz vor dem Equality Summit stimmten die Mitglieder des Europäischen Parlaments dafür,<br />

den Mindest-Mutterschaftsurlaubs von 14 auf 20 Wochen auszuweiten und Vätern die Möglichkeit<br />

zu geben, das Unternehmen für zwei Wochen unter voller Bezahlung verlassen zu können. Somit<br />

geht das Parlament über den ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission von 18<br />

Wochen hinaus, bleibt jedoch unter der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von<br />

24 Wochen.<br />

Die Vorschläge müssen nun den einzelnen Regierungen vorgelegt werden. Für einige der<br />

Mitgliedstaaten würden die Änderungen drastische Auswirkungen haben. So sieht der Antrag des<br />

Europäischen Parlaments vor, dass Mütter während ihrer 20-wöchigen Abwesendheit ihr volles<br />

Gehalt beziehen – in einigen Staaten wird bislang nur ein Anteil davon übernommen. Darüber<br />

hinaus sollen Kündigungen von schwangeren Mitarbeiterinnen vom Beginn der Schwangerschaft bis<br />

mindestens sechs Monaten nach dem Mutterschaftsurlaub verboten werden. Auch bekommen<br />

Frauen das Recht, nach ihrem Mutterschaftsurlaub in ihre vorherige oder eine vergleichbare Position<br />

zurückzukehren, in der sie das gleiche Gehalt beziehen, der gleichen Berufsgruppe angehören und<br />

eine Funktion inne halten, die derjenigen vor dem Mutterschaftsurlaub entspricht. Eine weitere<br />

Entscheidung der Parlaments besteht darin, dass die Beschäftigten in den zehn Wochen vor der<br />

Entbindung und während der Stillzeit keine Nachtschichten oder Überstunden absolvieren dürfen.<br />

Für Deutschland bedeutet die Umsetzung dieser Regelungen eine Erhöhung des<br />

Mutterschaftsurlaubs um sechs Wochen und eine Verlängerung des Kündigungsschutzes nach Ende<br />

des Mutterschutzes um vier Monate.<br />

Newsletter 65 – Dezember 2010<br />

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Die nächste Runde der Quotendebatte<br />

UNGLEICHBESSER<br />

D i v e r s i t y C o n s u l t i n g<br />

Erst kürzlich forderte der Zentralrat der Muslime eine Migrantenquote für den Öffentlichen Dienst.<br />

Somit erreicht die Quotendiskussion, welche sich bisher auf Frauen konzentriert hat, eine<br />

Dimension und erhält Einzug in die Integrationsdebatte. Laut Aiman Mazyek, Vorsitzender des<br />

Zentralrats der Muslime, sei eine Quote ein geeignetes Instrument, um den häufig vorkommenden<br />

Benachteiligungen von Menschen mit ausländischem Namen oder Migrationshintergrund<br />

entgegenzuwirken, welche trotz gleichwertiger oder sogar besserer Qualifikation bestünden.<br />

Unterstützung findet Mazyek bei Bündnis 90/Die Grünen. Bereits vor einigen Monaten sprach sich<br />

der integrationspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Memet Kilic, für eine<br />

Migrantenquote aus. Kilic kritisierte, dass obwohl jeder fünfte Bürger in Deutschland einen<br />

Migrationshintergrund habe, im Öffentlichen Dienst nur ein Prozent der Beschäftigten Zuwanderer<br />

seien. Seiner Meinung nach sollten zehn Prozent der im Öffentlichen Dienst Beschäftigten aus<br />

Zuwandererfamilien stammen, ein Wert, der in Bundes-, Landes- und kommunalen Verwaltungen<br />

bis 2015 zu erreichen sei. Kilic begründet die Forderung nach einer Quote damit, dass sich einerseits<br />

der Staat ein überprüfbares Etappenziel auf dem Weg zu besserer Integration setzen würde,<br />

andererseits z. B. Polizisten, Lehrer, Feuerwehrleute und Richter mit Migrationshintergrund<br />

Vorbilder und Brückenbauer für junge Migranten seien.<br />

Einen anderen Weg, Arbeitgeber und junge Menschen mit Migrationshintergrund<br />

zusammenzuführen zeigte die Stadt Offenbach auf: dort fand im November die erste<br />

Integrationsmesse der Bundesagentur für Arbeit in Hessen statt. An zwei Tagen konnten sich<br />

Interessierte über Ausbildungsberufe, Unternehmen und freie Stellen informieren. Auch ein<br />

kostenloser Check der Bewerbungsunterlagen sowie ein Bewerbungsfoto gehörten zum Angebot des<br />

Messeprogramms. Neben den Angeboten für SchülerInnen wurden Podiumsdiskussionen über<br />

„Chancen erkennen – Vielfalt nutzen. Migrantinnen und Migranten am Arbeitsplatz“ und „Sprache<br />

als Einstieg – ohne sie geht gar nichts“ gehalten, Interviews geführt sowie Theaterstücke vorgeführt.<br />

Die Leiterin der Offenbacher Arbeitsagentur freute sich über den Messeerfolg – allein am ersten<br />

Messetag zählten die Veranstalter schon mittags über 3.000 Besucher.<br />

MEDIEN & DIVERSITY<br />

<strong>Gender</strong> Pay Gap: Alles nur Auslegungssache?<br />

Folgender Leitartikel erschien bei „Gleichstellung online“ im Verlag Dashöfer. Michael Stuber<br />

verfasst dort zweiwöchentliche Gastbeiträge zu <strong>Gender</strong> Diversity.<br />

Dass Frauen bei gleicher Qualifikation signifikant weniger verdienen als Männer, erschien bislang geläufig und war<br />

als – zu verändernde – Tatsache bekannt. Auf Basis EU-weiter Analysen stand in den letzten Jahren stets ein<br />

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Gehaltsunterschied von ca. 20% im Raum. Nun spricht das Statistische Bundesamt von einer realen Gehaltslücke<br />

von „nur“ 8%. Die Behörde bestätigt zwar in einer aktuellen Untersuchung, der <strong>Gender</strong> Pay Gap in Deutschland<br />

liege weiterhin konstant bei 23%, sieht aber gleichzeitig Bereinigungsbedarf. Zudem verlautet aus dem Bundesamt, der<br />

neue Wert von 8% sei eine Obergrenze, da weitere lohnrelevante Eigenschaften nicht in die Analyse einfließen<br />

konnten. Verglichen mit gängigen statistischen Toleranzen ist die Bandbreite von unter acht bis über zwanzig Prozent<br />

jedoch unüblich, wenn nicht vollständig unverständlich.<br />

Tatsächlich unterscheidet das Statistische Bundesamt in seinen aktuellen Berechnungen den durchschnittlichen<br />

Bruttoverdienstunterschied (23%) von dem statistisch bereinigten Verdienstunterschied (8%). Die erhebliche Differenz<br />

entsteht den Angaben zufolge durch „strukturell unterschiedliche arbeitsplatzrelevante Merkmale von Männern und<br />

Frauen“. Demnach liegen die größten Unterschiede in der ungleichen Besetzung von Positionen, der Berufs- und<br />

Branchenwahl, den gewählten Arbeitszeitmodellen und der tendenziell schlechteren Ausbildung von Frauen. Diese<br />

Aufzählung erstaunt insofern, als dass die meisten dieser Punkte bislang als Mitverursacher unfairer<br />

Bezahlungsunterschiede bekannt waren und diese nun auf statistischem Wege ‚bereinigt’ werden sollen.<br />

Besonders der Aspekt der Qualifikation scheint zunächst nicht zu den zahlreichen überschwänglichen Meldungen über<br />

viele gute Abschlüsse junger Frauen zu passen. Genau dort liegt aber der rechnerische Hase im statistischen Pfeffer:<br />

Die Untersuchung stellt die Verteilungen von Männern und Frauen nach Alter über die verschiedenen<br />

Bildungsabschlüsse dar. Demnach teilt sich die Statistik vor allem an der Altersgrenze von 35 Jahren. Jüngere<br />

Frauen verfügen seltener über einen Hauptschulabschluss oder die Mittlere Reife als Männer, ältere Frauen dagegen<br />

häufiger. Unabhängig vom Alter haben aber Frauen häufiger Abitur bzw. Hochschulreife als Männer und in der<br />

Altersgruppe bis 30 Jahre erzielen sie auch häufiger einen Fachhochschul- oder Universitätsabschluss. Da jedoch über<br />

30 Männer häufiger einen Fachhochschul- oder Universitätsabschluss vorweisen als Frauen, gelangt das Statistische<br />

Bundesamt zum Gesamtergebnis, dass Frauen tendenziell schlechtere Bildungsabschlüsse mitbringen.<br />

Die Untersuchung bestätigt indes, dass Männer unabhängig von ihrem Bildungsabschluss (!) häufiger eine leitende<br />

Position innehalten als Frauen. Gleichzeitig ist der Anteil an Frauen mit einem Universitätsabschluss in einer<br />

leitenden Stellung größer als bei Männern. Das Statistische Bundesamt schlussfolgert daraus, dass Frauen im<br />

Vergleich zu Männern häufiger einer Tätigkeit mit geringem Verdienst nachgehen. Darin sieht die Behörde keine<br />

Ungleichverteilung, sondern statistischen Bereinigungsbedarf.<br />

Weiterhin ist von Interesse, welche Aspekte in die Verdienststrukturerhebung einflossen und welche nicht. Während<br />

neben Voll- und Teilzeitbeschäftigten auch Auszubildende, Praktikanten und geringfügig Beschäftigte berücksichtigt<br />

wurden, trifft dies nicht auf Selbstständige oder Arbeitnehmer aus der Landwirtschaft, der öffentlichen Verwaltung,<br />

der Sozialversicherung und aus Kleinstbetrieben zu. Auch Sonderzahlungen wurden außen vor gelassen. Damit ist<br />

durchaus fraglich, ob der ermittelte <strong>Gender</strong> Pay Gap tatsächlich die Gesamtsituation angemessen widerspiegelt. Dies<br />

zeigt sich auch mit Blick auf die Verdienstunterschiede nach Berufsgruppen. Bei GeschäftsführerInnen liegt dieser bei<br />

37,2%, bei SteuerberaterInnen / WirtschaftsprüferInnen sogar bei 44%. In „typischen Frauenberufen“ wie<br />

LehrerInnen, KassiererInnen oder KellnerInnen liegt der Pay Gap unter 10%. Bei den KindergärtnerInnen und –<br />

pflegerInnen verdienen Frauen im Schnitt sogar 1,1% mehr als Männer. Dies sollte jedoch der Hoffnung keinen<br />

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Vorschub leisten, denn die sogenannten typischen Frauenberufe sind statistisch gesehen deutlich schlechter bezahlt als<br />

sogenannte Männerberufe.<br />

Insgesamt zeigt die Analyse der aktuellen Berechnungen, dass – wie längst bekannt – deutliche Bezahlungs-<br />

Unterschiede bestehen und dass eine teilweise Bereinigung vor allem über den Ausschluss struktureller<br />

Benachteiligungen möglich ist. Die erklärt zwar Teile des Pay Gaps, lässt diese jedoch keineswegs akzeptierter<br />

erscheinen.<br />

Quelle: http://www.dashoefer.de/Online-Angebote/Newsletter/Gleichstellung-online/?cid=10959<br />

Newsletter-Abo: http://www.dashoefer.de/?o=enl&f=ONL-GLEICH&Bereich=9998<br />

Diversity in der Welt von Schulungen und Trainings<br />

In dem Magazin INSIDER des Persönlichkeitstrainers Jörg Löhr können Sie aktuell ein Intrerview<br />

mit Michael Stuber lesen, das im Rahmen des Titelthemas „Vielfalt nutzen“ erschienen ist. Als<br />

Anregung finden Sie im Folgenden einige Auszüge.<br />

Die Diskussion um Integration, um kulturelle und religiöse Vielfalt in unserer Gesellschaft wird<br />

immer noch sehr emotional geführt. Ist das auch in deutschen Personalabteilungen der Fall – oder<br />

geht man dort mit dem Thema schon weitaus sachlicher und pragmatischer um?<br />

Stuber: Diversity ist immer ein persönlich geprägtes Thema und hat auch in Unternehmen deutlich emotionale<br />

Komponenten. Auch Führungskräfte haben dazu individuelle Meinungen. Das ist verständlich und kommt auch bei<br />

anderen Themen vor. Wenn es aber beispielsweise um den Ausbau von Marktanteilen geht, dann ist allen klar, dass<br />

man sich auf eine gemeinsame Strategie einigen muss. Bei Diversity Management ist das leider oft anders. Das Thema<br />

ist zudem sehr komplex, es geht nicht nur um Menschen mit Migrationshintergrund, sondern auch um die<br />

Chancengleichheit für Frauen und Männer und um intergenerationale Zusammenarbeit. Dass hier eine konsistente<br />

Strategie notwendig ist, wird sehr oft nicht gesehen. Der eine will die »benachteiligten Frauen« fördern, der andere sieht<br />

es als »gesellschaftliche Aufgabe«, Menschen mit Migrationshintergrund zu integrieren, der nächste hält Diversity für<br />

einen Innovationstreiber. Leider verhindert diese Uneinigkeit häufig eine wirkungsvolle strategische Ausrichtung.<br />

Müssen Maßnahmen also immer individuell entwickelt werden?<br />

Stuber: Ja, die Ansatzpunkte sind immer unterschiedlich. Jedes Unternehmen, auch wenn es in der gleichen Branche<br />

agiert, ist für sich zu betrachten. Etwas eint aber alle: Diversity Management muss Chefsache sein. In größeren<br />

Unternehmen ist Diversity beim Vorstand anzusiedeln. Es reicht nicht aus, Trainees darauf anzusetzen, ein neues<br />

Projekt auszuarbeiten. Oder sich das AGG anzuschauen und eine Sonderaktion zu starten.<br />

In Ihrem Buch erklären Sie ja nicht nur die Grundgedanken von Diversity Management, Sie<br />

präsentieren auch einen eigenen Ansatz, Diversity im Unternehmen zu verankern. Was können wir<br />

uns unter dem »Potenzial-Prinzip« vorstellen, und warum macht es Unternehmen erfolgreicher?<br />

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Stuber: Der Schlüssel zum Erfolg ist es, Diversity als Konzept der Unternehmensführung zu verstehen. Es geht nicht<br />

um Einzelaktionen, es geht um eine aktive und dauerhafte Einbeziehung von Vielfalt in Unternehmensprozesse und<br />

damit um die bessere Nutzung von Ressourcen. Alle sollen von Diversity profitieren, das ist der Ansatz. Denn die<br />

systematische Einbeziehung von Vielfalt bringt unternehmerischen und persönlichen Nutzen. Diversity Management<br />

ist nicht Pflichterfüllung, sondern Chance, aber die nötigen Veränderungen lassen sich nicht von heute auf morgen<br />

erreichen. Unternehmen müssen Veränderungsprozesse auf allen Ebenen einleiten und sie steuern.<br />

Neben dem Imagefaktor – spiegelt sich gutes Diversity Management auch in<br />

betriebswirtschaftlichen Kennzahlen?<br />

Stuber: Die größten Vorteile einer Kultur der Vielfalt sind betriebswirtschaftliche: Unterschiedliche Sichtweisen und<br />

Ansätze in gemischten Führungsteams führen zu besseren Entscheidungen und zu einem Blick über den Tellerrand.<br />

Wer es gewohnt ist, im Alltag mit verschiedenen Sichtweisen konfrontiert zu werden, kann eine verbesserte Markt-<br />

und Kundenorientierung zeigen. Das Potenzial-Prinzip zeigt auch: Individuelle Stärken werden quantitativ und<br />

qualitativ besser genutzt, und somit steigt auch die Produktivität des Unternehmens mit Diversity.<br />

Das vollständige Interview finden Sie unter folgendem Link auf Seite 11: http://issuu.com/joerg-loehr-<br />

erfolgstraining/docs/insider_10_01?mode=embed&layout=http%3A%2F%2Fskin.issuu.com%2Fv%2Flight%2Flayout.<br />

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DIVERSES<br />

POWER UP – Female Pop Art in Wien<br />

Kunstgeschichtlich betrachtet ist die Pop Art eine Männerdomäne – Künstler<br />

wie Andy Warhol oder Roy Lichtenstein gelangten damit zu Weltruhm, das<br />

Frauenbild war zu seinen Hochzeiten in den 60er Jahren stark patriarchalisch<br />

geprägt. Eine Revision der Pop Art hat sich die Kunsthalle Wien mit der<br />

Ausstellung POWER UP – Female Pop Art zum Ziel gemacht. Bis zum 20.<br />

Februar 2011 werden in Wien die Werke von neun Pop Art Künstlerinnen<br />

Dorothy Iannone, Kiki Kogelnik, Evelyne Axell, Rosalyn<br />

Drexler, Jann Haworth, Sister Corita, Marisol, Christa<br />

Dichgans sowie Niki de Saint Phalle zu sehen sein.<br />

© Marisol & VBK<br />

© Kiki Kogelnik Foundation<br />

In vielerlei Hinsicht ähneln sich die Arbeiten der Künstlerinnen denen ihrer<br />

männlichen Kollegen, auch sie verwenden Plastik, grelle Farben, reduzierte<br />

Formen und graphische Konturen und treffen somit den Geschmack der Masse.<br />

Dennoch haben die Werke einen klaren politischen Bezug. So wird die<br />

Oberflächlichkeit der Konsumkultur aufgezeigt, indem Christa Dichgans den<br />

Mythos Ware als leere Hülse darstellt oder Alltagsgegenstände von Jann Haworth<br />

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zu überdimensionalen Kitschobjekten gemacht werden. Auch zu den sozialen und politischen<br />

Ereignissen der 1960er Jahre beziehen die Künstlerinnen offen Stellung. Ihre Sicht revidiert ein<br />

männliches Blickregime und die Darstellung der Frauen in den von Männern angefertigten Pop Art<br />

Werken. So beschreiben sie das Korsett, in dem die Fremd- und Selbstdarstellung der Frau gefangen<br />

ist oder stellen den nackten Körper, Liebe und Sexualität provokant zur Schau.<br />

Weitere Informationen zu der Ausstellung erhalten Sie unter http://www.kunsthallewien.at/<br />

Nutzung interaktiver Produkte (k)eine Altersfrage<br />

Dass jüngeren Menschen der Umgang mit interaktiven Produkten leichter fällt als älteren, ist eine<br />

weit verbreitete Annahme. Die User Interface Design GmbH und die Hochschule Medien in<br />

Stuttgart untersuchten nun in einer Studie den Umgang jüngerer und älterer Nutzer mit interaktiven<br />

Alltagsgeräten und dem Multitouch-Tisch Surface, um herauszufinden ob es tatsächlich spezieller<br />

Produkte für Senioren bedarf.<br />

In zwei Untersuchungen sollten die Probanden verschiedene Aufgabenstellungen mit einem DVD-<br />

Festplattenrekorder, einer Digitalkamera und dem iPod Touch lösen sowie mit dem Multitouch-<br />

Tisch Surface umgehen. Die Experten befragten die Studienteilnehmer während den Versuchen und<br />

werteten im Anschluss die Nutzungsprobleme aus – mit einem überraschenden Ergebnis. Zwar<br />

hatten die Älteren mehr Probleme bei der Handhabung als die Jüngeren, die Unterschiede waren<br />

jedoch nicht so groß wie angenommen. So gab es in beiden Zielgruppen sowohl Teilnehmer, die<br />

unsicher und zögerlich vorgingen, als auch solche, die überaus zielstrebig waren. Generell war das<br />

Vorgehen der Jüngeren jedoch systematischer. Die altersbedingten Nutzungsunterschiede erklären<br />

die Experten mit einem sich ändernden Verhaltensmuster im Alter, welche das Ausprobieren neuer<br />

Technik erschwert. Auch haben die Senioren ein anderes technisches Vorwissen, sodass sie mit<br />

heute gängigen Technikbegriffen nicht viel anfangen können. Einen Bedarf an speziellen<br />

Seniorenprodukten sehen sie hingegen nicht. Vielmehr sollten die Produkte so gestaltet sein, dass sie<br />

den Anforderungen aller Altersgruppen gerecht werden. Beispielsweise sollte bei der Gestaltung<br />

darauf geachtet werden, Begriffe so zu wählen, dass sie den Erfahrungen der Nutzer gerecht werden.<br />

Zudem ist es ratsam nur die Informationen anzuzeigen, die für die jeweilige Anwendung erforderlich<br />

sind. Durch diese Maßnahmen wird das neu zu erlernende Wissen verringert und die<br />

Benutzerfreundlichkeit gesteigert.<br />

Weitere Informationen zu der Studie und zur Gestaltung von Benutzeroberflächen finden Sie unter:<br />

http://www.uid.com/presse/pressemeldungen/2010/nutzung-interaktiver-produkte--eine-frage-des-alters/<br />

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IMPRESSUM<br />

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Herausgegeben von Ungleich Besser Diversity Consulting<br />

Wir sind eine europaweit tätige Unternehmensberatung, die auf Dienstleistungen und Produkte zur<br />

optimalen Potenzialnutzung spezialisiert ist. Unser Name „Ungleich Besser“ ist Programm.<br />

Internationale Erfahrung, Ganzheitlichkeit und Innovationsstärke geben uns seit 1997 eine<br />

Führungsposition.<br />

REDAKTION Insa Harms Michael Stuber (V.i.S.d.P)<br />

ANSCHRIFT Richard-Wagner-Str. 25 D – 50674 Köln<br />

TELEKOMMUNIKATION Telefon 0221-2221-250 Fax 0221-2221-251<br />

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