02.09.2022 Aufrufe

Wilfried Härle: Vertrauenssache (Leseprobe)

»Glaube« bedeutet sowohl festes Vertrauen als auch eine nicht beweisbare Vermutung. Diese beiden Elemente machen miteinander die Besonderheit von »glauben« aus. Vom Beginn unseres Lebens an sind wir darauf angewiesen, auf Menschen und Botschaften zu vertrauen, für deren Glaubwürdigkeit wir keine Beweise haben. Auch die Wissenschaft basiert letztlich auf Glaubensüberzeugungen. Beim Glauben an Gott aber geht es darum, das ganze Leben einer unsichtbaren Macht anzuvertrauen. Das ist nicht immer leicht, Zweifel können aufkommen. Wilfried Härle ist in ganz Deutschland bekannt für seine dem Menschen nahe und darum verständliche Theologie. Erneut legt er ein packendes Werk vor, das Zerreißproben zwischen Glaube und Zweifel nicht auslässt. Aber es zeigt auch, wie Zweifel den Glauben reinigen kann und Glaube als Gottvertrauen sich gerade in schweren Zeiten als tragfähig erweist.

»Glaube« bedeutet sowohl festes Vertrauen als auch eine nicht beweisbare Vermutung. Diese beiden Elemente machen miteinander die Besonderheit von »glauben« aus. Vom Beginn unseres Lebens an sind wir darauf angewiesen, auf Menschen und Botschaften zu vertrauen, für deren Glaubwürdigkeit wir keine Beweise haben. Auch die Wissenschaft basiert letztlich auf Glaubensüberzeugungen. Beim Glauben an Gott aber geht es darum, das ganze Leben einer unsichtbaren Macht anzuvertrauen. Das ist nicht immer leicht, Zweifel können aufkommen.
Wilfried Härle ist in ganz Deutschland bekannt für seine dem Menschen nahe und darum verständliche Theologie. Erneut legt er ein packendes Werk vor, das Zerreißproben zwischen Glaube und Zweifel nicht auslässt. Aber es zeigt auch, wie Zweifel den Glauben reinigen kann und Glaube als Gottvertrauen sich gerade in schweren Zeiten als tragfähig erweist.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kapitel 4: Gewissheit und Zweifel im Blick auf den Glauben<br />

das in Unordnung weicht vor schon gewonnenem Sieg?<br />

Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott.<br />

Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!“ 126<br />

In dieser Gewissheit ist die Frage „Wer bin ich?“ für Bonhoeffer<br />

aufgehoben und beantwortet.<br />

Da der Glaube eine Bewegung des Menschen zu Gott<br />

hin ist, liegt in diesem Aus-sich-heraus-Gehen, Sich-Verlassen<br />

und Sein-Herz-an-Gott-Hängen aber auch das Risiko<br />

der Enttäuschung. Wer unbedingt vertraut, lebt nicht<br />

aus dem, was er besitzt oder sich selbst geben und beschaffen<br />

kann, sondern erhofft die Erfüllung seines Lebens von<br />

außerhalb seiner selbst. Aber er hat nicht die Sicherheit,<br />

also die Garantie oder Gewähr dafür, dass dieses Vertrauen<br />

so Erfüllung findet, wie er sich das vorstellt. Es kann enttäuscht<br />

werden, zum Beispiel weil es sich auf das falsche<br />

Gegenüber (einen Abgott oder Götzen) richtet oder weil es<br />

sich mit falschen Erwartungen verbindet oder sich festlegt<br />

auf eine bestimmte Art oder einen bestimmten Zeitpunkt<br />

der erwarteten Erfüllung. Ein bekanntes Beispiel dafür<br />

sind in der Geschichte des Christentums die vielen (teilweise<br />

aus der Bibel abgeleiteten) irreführenden Berechnungen<br />

des Datums der Wiederkunft Christi und des<br />

Weltendes.<br />

Im echten Vertrauen wagt ein Mensch sich über das,<br />

was er hat, was er sieht und was er beweisen kann, hinaus<br />

in einen Bereich, über den er nicht verfügt. Nur so ist es<br />

126) D. Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung, hg. v. E. Bethge, NA München<br />

1985, S. 381 f.<br />

94

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!