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Wilfried Härle: Vertrauenssache (Leseprobe)

»Glaube« bedeutet sowohl festes Vertrauen als auch eine nicht beweisbare Vermutung. Diese beiden Elemente machen miteinander die Besonderheit von »glauben« aus. Vom Beginn unseres Lebens an sind wir darauf angewiesen, auf Menschen und Botschaften zu vertrauen, für deren Glaubwürdigkeit wir keine Beweise haben. Auch die Wissenschaft basiert letztlich auf Glaubensüberzeugungen. Beim Glauben an Gott aber geht es darum, das ganze Leben einer unsichtbaren Macht anzuvertrauen. Das ist nicht immer leicht, Zweifel können aufkommen. Wilfried Härle ist in ganz Deutschland bekannt für seine dem Menschen nahe und darum verständliche Theologie. Erneut legt er ein packendes Werk vor, das Zerreißproben zwischen Glaube und Zweifel nicht auslässt. Aber es zeigt auch, wie Zweifel den Glauben reinigen kann und Glaube als Gottvertrauen sich gerade in schweren Zeiten als tragfähig erweist.

»Glaube« bedeutet sowohl festes Vertrauen als auch eine nicht beweisbare Vermutung. Diese beiden Elemente machen miteinander die Besonderheit von »glauben« aus. Vom Beginn unseres Lebens an sind wir darauf angewiesen, auf Menschen und Botschaften zu vertrauen, für deren Glaubwürdigkeit wir keine Beweise haben. Auch die Wissenschaft basiert letztlich auf Glaubensüberzeugungen. Beim Glauben an Gott aber geht es darum, das ganze Leben einer unsichtbaren Macht anzuvertrauen. Das ist nicht immer leicht, Zweifel können aufkommen.
Wilfried Härle ist in ganz Deutschland bekannt für seine dem Menschen nahe und darum verständliche Theologie. Erneut legt er ein packendes Werk vor, das Zerreißproben zwischen Glaube und Zweifel nicht auslässt. Aber es zeigt auch, wie Zweifel den Glauben reinigen kann und Glaube als Gottvertrauen sich gerade in schweren Zeiten als tragfähig erweist.

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3.1 Der Zugang zum Gottesverständnis durch den Glauben<br />

c) Gibt es nicht einzelne Menschen oder ganze Völker,<br />

die ihr Herz an gar nichts hängen oder auf gar nichts vertrauen?<br />

Wie wäre das Luthers Zugang zum Gottesglauben<br />

zuzuordnen? Luther sagt dazu:<br />

„… es ist bislang kein Volk so rauchlos 85 gewesen, dass es nicht<br />

irgendeine Form von Gottesdienst aufgerichtet und gehalten hätte.<br />

Da hat jedermann das zum besonderen Gott erhoben, wovon er<br />

für sich Gutes, Hilfe und Trost erwartet hat.“ 86<br />

Damit bestreitet Luther nicht, dass es in der Zukunft religionslose<br />

und insofern gottlose Völker geben könnte, aber<br />

aus der Geschichte ist ihm dafür kein Fall bekannt. Die<br />

Pointe seiner Aussage liegt für ihn jedoch darin, dass auch<br />

die vor- und außerchristlichen Völker wussten und wissen,<br />

was es heißt, einen Gott zu haben: nämlich etwas zu haben,<br />

dem man von Herzen vertraut und woran man glaubt. Gehört<br />

das unverlierbar zum Menschsein hinzu? Das ist die<br />

dritte Frage, die sich von daher stellt. Und deren Beantwortung<br />

ist umstritten.<br />

84) Martin Buber übersetzt: „in der leisen Stimme verschwebenden Schweigens“.<br />

85) Das von Luther verwendete Adjektiv „rauchlos“ erinnert an „ruchlos“<br />

(also „gewissenlos“, „gemein“, „verbrecherisch“, „niederträchtig“), hatte<br />

aber bis zum 16. Jahrhundert keine so moralisch abwertende Bedeutung,<br />

sondern bedeutete „gedankenlos“ und „unbekümmert gegenüber dem<br />

Heiligen“. Die Wiedergabe von „rauchlos“ mit „verkommen“ in UG, S.<br />

517 wird diesem Wort folglich nicht gerecht.<br />

86) Ebd.<br />

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