02.09.2022 Aufrufe

Wilfried Härle: Vertrauenssache (Leseprobe)

»Glaube« bedeutet sowohl festes Vertrauen als auch eine nicht beweisbare Vermutung. Diese beiden Elemente machen miteinander die Besonderheit von »glauben« aus. Vom Beginn unseres Lebens an sind wir darauf angewiesen, auf Menschen und Botschaften zu vertrauen, für deren Glaubwürdigkeit wir keine Beweise haben. Auch die Wissenschaft basiert letztlich auf Glaubensüberzeugungen. Beim Glauben an Gott aber geht es darum, das ganze Leben einer unsichtbaren Macht anzuvertrauen. Das ist nicht immer leicht, Zweifel können aufkommen. Wilfried Härle ist in ganz Deutschland bekannt für seine dem Menschen nahe und darum verständliche Theologie. Erneut legt er ein packendes Werk vor, das Zerreißproben zwischen Glaube und Zweifel nicht auslässt. Aber es zeigt auch, wie Zweifel den Glauben reinigen kann und Glaube als Gottvertrauen sich gerade in schweren Zeiten als tragfähig erweist.

»Glaube« bedeutet sowohl festes Vertrauen als auch eine nicht beweisbare Vermutung. Diese beiden Elemente machen miteinander die Besonderheit von »glauben« aus. Vom Beginn unseres Lebens an sind wir darauf angewiesen, auf Menschen und Botschaften zu vertrauen, für deren Glaubwürdigkeit wir keine Beweise haben. Auch die Wissenschaft basiert letztlich auf Glaubensüberzeugungen. Beim Glauben an Gott aber geht es darum, das ganze Leben einer unsichtbaren Macht anzuvertrauen. Das ist nicht immer leicht, Zweifel können aufkommen.
Wilfried Härle ist in ganz Deutschland bekannt für seine dem Menschen nahe und darum verständliche Theologie. Erneut legt er ein packendes Werk vor, das Zerreißproben zwischen Glaube und Zweifel nicht auslässt. Aber es zeigt auch, wie Zweifel den Glauben reinigen kann und Glaube als Gottvertrauen sich gerade in schweren Zeiten als tragfähig erweist.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

3. Kapitel: Was meinen Menschen, wenn sie von „Gott“ reden?<br />

vielleicht dafür gehalten wird. Luthers Hauptbeispiel ist<br />

(wieder) der Mammon:<br />

„Mancher meint, er habe Gott und alles zur Genüge, wenn er Geld<br />

und Besitz hat und verlässt sich darauf und brüstet sich damit so<br />

überheblich, dass er niemanden der Beachtung wert findet. Sieh,<br />

der hat auch einen Gott, der heißt Mammon [vgl. Mt 6,24], das ist<br />

Geld und Besitz, worauf er sich voll und ganz verlässt. Das ist der<br />

verbreitetste Abgott auf Erden. Wer Geld und Besitz hat, der weiß<br />

sich unangreifbar, ist fröhlich und unerschrocken, als sitze er<br />

mitten im Paradies. Wer hingegen keines hat, der zweifelt und<br />

verzagt, als wisse er von keinem Gott. Denn man wird wenige<br />

Leute finden, die guten Mutes sind und nicht trauern oder klagen,<br />

wenn sie den Mammon nicht haben. Das ist eine Eigenart<br />

der menschlichen Natur, die ihr anhaftet bis ins Grab.<br />

Entsprechend verhält es sich mit dem, der darauf vertraut und<br />

pocht, dass er große Gelehrsamkeit, Klugheit, Macht, Einfluss,<br />

Beziehungen und öffentliches Ansehen habe; der hat auch einen<br />

Gott, aber auch nicht den wahren, einzig wirklichen Gott. Das<br />

erkennst du wieder daran, wie vermessen, überheblich und stolz<br />

man ist auf solche Güter und wie verzagt, wenn sie nicht vorhanden<br />

sind oder entzogen werden.<br />

Darum sage ich noch einmal, dass die zutreffende Auslegung dieses<br />

Stückes sei, dass einen Gott haben heißt, etwas haben, worauf<br />

das Herz ganz und gar vertraut.“ 82<br />

Das Besondere an diesem Textabschnitt, um dessentwillen<br />

ich ihn vollständig zitiert habe, ist, dass Luther hier in anschaulicher<br />

Form beschreibt und erklärt, was für ihn rechter,<br />

also wirklicher, tatsächlicher Glaube – im Gegensatz zu<br />

falschem, eingebildetem, bloß scheinbarem Glauben – ist.<br />

82) A. a. O., S. 515 f.<br />

60

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!