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Wilfried Härle: Vertrauenssache (Leseprobe)

»Glaube« bedeutet sowohl festes Vertrauen als auch eine nicht beweisbare Vermutung. Diese beiden Elemente machen miteinander die Besonderheit von »glauben« aus. Vom Beginn unseres Lebens an sind wir darauf angewiesen, auf Menschen und Botschaften zu vertrauen, für deren Glaubwürdigkeit wir keine Beweise haben. Auch die Wissenschaft basiert letztlich auf Glaubensüberzeugungen. Beim Glauben an Gott aber geht es darum, das ganze Leben einer unsichtbaren Macht anzuvertrauen. Das ist nicht immer leicht, Zweifel können aufkommen. Wilfried Härle ist in ganz Deutschland bekannt für seine dem Menschen nahe und darum verständliche Theologie. Erneut legt er ein packendes Werk vor, das Zerreißproben zwischen Glaube und Zweifel nicht auslässt. Aber es zeigt auch, wie Zweifel den Glauben reinigen kann und Glaube als Gottvertrauen sich gerade in schweren Zeiten als tragfähig erweist.

»Glaube« bedeutet sowohl festes Vertrauen als auch eine nicht beweisbare Vermutung. Diese beiden Elemente machen miteinander die Besonderheit von »glauben« aus. Vom Beginn unseres Lebens an sind wir darauf angewiesen, auf Menschen und Botschaften zu vertrauen, für deren Glaubwürdigkeit wir keine Beweise haben. Auch die Wissenschaft basiert letztlich auf Glaubensüberzeugungen. Beim Glauben an Gott aber geht es darum, das ganze Leben einer unsichtbaren Macht anzuvertrauen. Das ist nicht immer leicht, Zweifel können aufkommen.
Wilfried Härle ist in ganz Deutschland bekannt für seine dem Menschen nahe und darum verständliche Theologie. Erneut legt er ein packendes Werk vor, das Zerreißproben zwischen Glaube und Zweifel nicht auslässt. Aber es zeigt auch, wie Zweifel den Glauben reinigen kann und Glaube als Gottvertrauen sich gerade in schweren Zeiten als tragfähig erweist.

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Kapitel 1: Die Worte „Glaube“ und „glauben“<br />

Bibel geläufig ist, kennt und gebraucht vielleicht auch gelegentlich<br />

die Wendung aus Mt 15,28: „Dein Glaube ist<br />

groß“. Das ist in der Regel ironisch gemeint und bezeichnet<br />

dann eine gewisse Leichtgläubigkeit oder Naivität. Ähnliches<br />

gilt vermutlich dort, wo die Aussage Jesu zitiert wird,<br />

dass „der Glaube Berge versetzen“ kann (Mk 11,23 sowie Mt<br />

21,21). 5<br />

In der Bibel kommt das Wort „Glaube“ (hebräisch emunah,<br />

griechisch pistis) dagegen häufig vor. Im Neuen Testament<br />

ist „Glaube“ sogar ein Hauptbegriff, der über 200-<br />

mal verwendet wird, vor allem in den Schriften des Apostels<br />

Paulus und seiner Schüler. Dabei bedeutet „Glaube“ in<br />

der Regel „Vertrauen“ 6 , und zwar den Akt des Vertrauens,<br />

gelegentlich aber auch das, worauf sich das Vertrauen<br />

richtet. 7<br />

Das bisher Gesagte bezog sich auf das Substantiv<br />

„der Glaube“, das vorwiegend im Christentum und im<br />

5) Im Buch Hiob (9,5) wird von Gott gesagt, dass er Berge versetzt. Paulus<br />

nimmt in 1Kor 13,2 Jesu Redewendung auf in der Formel: Wenn ich allen<br />

Glauben hätte, „sodass ich Berge versetzen könnte“.<br />

6) Gelegentlich kann „Glaube“ in der Bibel auch „Treue“ oder „Zuverlässigkeit“<br />

bedeuten.<br />

7) Man unterscheidet im Blick darauf (unter Berufung auf den Kirchenvater<br />

Augustin) zwischen dem Glauben, mit dem bzw. durch den geglaubt<br />

wird (fides qua creditur) und dem Glauben, an den geglaubt wird (fides<br />

quae creditur). Das ist aber insofern missverständlich, als das, woran man<br />

glaubt, nicht „der Glaube“ ist, sondern Gott und sein Wirken. Deshalb<br />

arbeite ich in diesem Buch nicht mit dieser Unterscheidung.<br />

8) Dasselbe gilt vom englischen Begriff faith, zu dem es kein Verb gibt, und<br />

der schon phonetisch vom Substantiv belief und dem dazu gehörigen<br />

Verb believe deutlich unterschieden ist. Siehe dazu die klassische Unter-<br />

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