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Statusbericht - Homepage - Kunsthistorisches Institut in Florenz

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Forschungsbericht<br />

Figuren des Bildträgers im italienischen Malereidiskurs der Frühen Neuzeit<br />

Wolfram Pichler<br />

Ausgehend von Meyer Schapiros<br />

oft zitierter, kaum jedoch<br />

ernsthaft weiterverfolgter Idee<br />

e<strong>in</strong>er Bildsemi-ologie, die auch<br />

das „Vehikel“ des Bildzeichens <strong>in</strong><br />

ihre Überlegungen mit e<strong>in</strong>bezieht,<br />

untersucht dieses seit<br />

Dezember 2003 laufende Projekt<br />

exem-plarische Ausformungen<br />

des Bild-Träger-Verhältnisses <strong>in</strong><br />

der italienischen Malerei jenes<br />

Zeitraums, <strong>in</strong> dem sich die neue<br />

Form des beweglichen Staffeleibilds<br />

auf Le<strong>in</strong>wand allgeme<strong>in</strong><br />

durchzusetzen beg<strong>in</strong>nt (16./17.<br />

Jahrhundert). Die bisher geleistete<br />

Forschungsarbeit konzentrierte sich zunächst auf das Œuvre Michelangelo da<br />

Caravaggios (1571-1610). Nachzuweisen war e<strong>in</strong>e eigentümliche Poetik des Bildträgers,<br />

die gängige Annahmen über die produktionsästhetischen Bed<strong>in</strong>gungen dieser Malerei<br />

fragwürdig ersche<strong>in</strong>en läßt. Im Widerspruch zu e<strong>in</strong>er bislang nur vere<strong>in</strong>zelt <strong>in</strong> Frage<br />

gestellten Annahme, der zufolge Caravaggio se<strong>in</strong>e Gemälde ohne Vorzeichnung direkt<br />

auf der Le<strong>in</strong>wand ausgeführt haben soll, konnte mit neuen Argumenten wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

gemacht werden, daß er sich fallweise e<strong>in</strong>es Verfahrens zur mechanischen Übertragung<br />

von Figuren und Konfigurationen bedient hat. Bedeutsam ist dabei vor allem der<br />

Umstand, daß dieses Verfahren nicht alle<strong>in</strong> als Mittel zur Übertragung bereits gefundener<br />

Bildideen auf weitere Bildträger fungierte, sondern vere<strong>in</strong>zelt bereits bei der Entwicklung<br />

von Kompositionen e<strong>in</strong>gesetzt wurde: Es betrifft dann nicht alle<strong>in</strong> den Herstellungsprozeß<br />

des jeweiligen Gemäldes, sondern bestimmt unmittelbar dessen kompositionelle und<br />

wirkästhetische Struktur. Die Auswertung dieses Ergebnisses im Kontext des<br />

zeitgenössischen italienischen Malereidiskurses machte Recherchen zum – vordem wenig<br />

beachteten – Phänomen spiegelsymmetrischer Bildkompositionen <strong>in</strong> der Zeit um 1600<br />

erforderlich. Es zeigte sich, daß <strong>in</strong> diesem Zusammenhang zwei Arten von Symmetrie<br />

unterschieden werden müssen: e<strong>in</strong>e symbolische, die als Anweisung auf e<strong>in</strong> von aller<br />

Kont<strong>in</strong>genz gere<strong>in</strong>igten Sehen zu verstehen ist (vgl. z.B. Federico Zuccaro), und e<strong>in</strong>e<br />

„diabolische“ Symmetrie, die e<strong>in</strong>e zwiespältige Bildform mit gebrochener Referenzialität<br />

hervorbr<strong>in</strong>gt (Caravaggio).<br />

Die Forschungsarbeit wurde großteils <strong>in</strong> der Bibliothek des KHI und an der Berenson<br />

Library <strong>in</strong> Settignano durchgeführt. Zwischenergebnisse konnten bei Vorträgen <strong>in</strong> Rom<br />

(Caravaggio-Tagung der Bibliotheca Hertziana, Ende Januar 2004) und Siena (Vortrag<br />

an der Scuola di Specializzazione <strong>in</strong> Storia dell’arte der Universität Siena) vorgestellt<br />

werden. E<strong>in</strong> gerade abgeschlossener längerer Aufsatz zum Thema „Doppelte Evidenz.<br />

Über Spielräume des Sehens bei Caravaggio“ stellt die bisherigen Forschungsergebnisse<br />

im Rahmen e<strong>in</strong>er poststrukturalistisch orientierten Caravaggio-Lektüre vor.<br />

46<br />

Michelangelo<br />

Merisi da<br />

Caravaggio, Der<br />

ungläubige Thomas,<br />

um 1600-1601.<br />

Potsdam,<br />

Preußische Stiftung<br />

Schlösser und<br />

Gärten Berl<strong>in</strong>-<br />

Brandenburg.

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