Statusbericht - Homepage - Kunsthistorisches Institut in Florenz
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Forschungsbericht<br />
Altarbilder der toskanischen „pittura riformata“ 1569-1609<br />
Heiko Damm<br />
Der eigenwillige Beitrag der toskanischen „pittura riformata“<br />
zur Erneuerung des religiösen Bildes nach dem Trident<strong>in</strong>um<br />
wurde bisher nur <strong>in</strong> Ansätzen gewürdigt. Durch e<strong>in</strong>gehende<br />
Analysen e<strong>in</strong>er beschränkten Anzahl exemplarischer Werke<br />
sollen wesentliche Tendenzen der Florent<strong>in</strong>er Kunst zur<br />
Zeit der drei ersten Großherzöge (1569-1609) charakterisiert<br />
und dabei gezeigt werden, durch welche neuartigen<br />
malerischen Strategien hier komplexe spirituelle Gehalte<br />
vermittelt wurden.<br />
Geplant ist, aus thematisch mite<strong>in</strong>ander verknüpften<br />
E<strong>in</strong>zel<strong>in</strong>terpretationen e<strong>in</strong> möglichst facettenreiches Bild<br />
der toskanischen Malerei an der Schwelle zum Barock zu<br />
entwerfen. Die Arbeit will damit – <strong>in</strong> bewußter Anknüpfung<br />
an Ergebnisse der stilkritischen und<br />
künstlergeschichtlichen Forschung – e<strong>in</strong>e Perspektivierung<br />
auf das Problem des Bildes im Zeitalter der katholischen<br />
Reform leisten. Ausgehend von der Tatsache, daß gerade<br />
auf der gerahmten, beweglichen Tafel des Altarbilds<br />
ambitionierteste malerische Konzepte entwickelt wurden,<br />
soll der Zusammenhang zwischen ästhetischer Autonomie<br />
und liturgischer Funktion, theologischer und metapikturaler Reflexion verdeutlicht<br />
werden, wobei die unterschiedlichen Verfahren, Glaubensmysterien durch den<br />
wirkungsvollen E<strong>in</strong>satz von Licht und Farbe auf der Bildfläche zur Evidenz zu br<strong>in</strong>gen,<br />
den <strong>in</strong>haltlichen Schwerpunkt der Arbeit ausmachen.<br />
Im Zentrum der Untersuchungen standen zunächst zwei Formulierungen e<strong>in</strong>es für die<br />
Fragestellung zentralen Bildthemas – des heiligen Thomas von Aqu<strong>in</strong>o vor dem Kruzifix<br />
– von Santi di Tito (1536-1603), dem wohl wichtigsten Repräsentanten der zu<br />
untersuchenden Künstlergeneration. Beide Gemälde, im Abstand von zwanzig Jahren<br />
entstanden, führen dabei auf je frappierende Weise die Approbation („Bene scripsisti<br />
de me“) der theologischen Schriften des Kirchenlehrers durch den göttlichen Logos <strong>in</strong><br />
Form e<strong>in</strong>es visionär „verlebendigten“ Bildwerks vor Augen. Von besonderem Gewicht<br />
s<strong>in</strong>d hierbei sicherlich die Mitgliedschaft des Malers <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Thomasbruderschaft, deren<br />
Aktivitäten und die Ausstattung ihres nach se<strong>in</strong>en Entwürfen errichteten Oratoriums (zu<br />
der die erste Fassung des Altarbilds von 1573 gehörte), ferner die Beziehungen der<br />
Kongregation zum Dom<strong>in</strong>ikanerkloster von San Marco (wo sich die zweite, 1593 datierte<br />
Fassung bef<strong>in</strong>det) sowie zu den spezifischen ideologischen und bildkünstlerischen<br />
Traditionen dieses Konvents überhaupt.<br />
Dazu wurde e<strong>in</strong>e Reihe von <strong>in</strong> den Jahren um 1600 entstandenen Altarbildern <strong>in</strong> den<br />
Blick genommen, die, an Santis Verfahren der ambiguisierten Darstellungsebenen<br />
anknüpfend, wenngleich höchst eigenständig, den Betrachter <strong>in</strong> das Geschehen <strong>in</strong>volvieren<br />
und auf e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> dieser Form historisch e<strong>in</strong>malige Weise ihren eigenen Bildstatus<br />
thematisieren: Francesco Vannis Variante des „Bene scripsisti de me, Thoma“ (1602) <strong>in</strong><br />
Lucca, San Romano, Jacopo Ligozzis „Mariengeburt mit dem heiligen Sebastian und<br />
dem heiligen Raimundus von Peñafort“ (1607) <strong>in</strong> Bibbiena, Madonna del Sasso, Ludovico<br />
Cigolis „Stigmatisation des heiligen Franziskus mit den Heiligen Ludwig von Frankreich<br />
und Elisabeth von Ungarn“ (1602) im Dommuseum von Prato sowie Jacopo da Empolis<br />
„Vision des heiligen Hyaz<strong>in</strong>th mit dem heiligen Petrus Martyr“ (1595) <strong>in</strong> <strong>Florenz</strong>, San<br />
32<br />
Santi di Tito, Der<br />
Hl. Thomas von<br />
Aqu<strong>in</strong> vor dem<br />
Kruzifix, 1593.<br />
<strong>Florenz</strong>, San<br />
Marco.