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Statusbericht - Homepage - Kunsthistorisches Institut in Florenz

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DOKTORANDINNEN UND DOKTORANDEN<br />

Die Illustrationen der Annales Ianuenses des Caffaro di Caschifellone (1080/81-<br />

1166). Frühe Visualisierungsstrategien kommunalen Gedankenguts <strong>in</strong> Italien<br />

Henrike Haug<br />

Mit den Annales Ianuenses aus Genua liegt nicht nur die erste weltliche Stadtchronik e<strong>in</strong>er<br />

Kommune vor, ihre Illustrationen zum Text s<strong>in</strong>d zudem e<strong>in</strong>e frühe Quelle, die Auskunft<br />

geben kann, ob und wie die veränderte politische Situation auf den Selbstentwurf ihrer<br />

Träger, der Bürger, gewirkt hat. Der Pariser Codex enthält fünf große und mehrere<br />

kle<strong>in</strong>e, teils farbige M<strong>in</strong>iaturen. Verfaßt wurde die Stadtchronik seit 1099,<br />

dem Jahr der Entstehung der Kommune <strong>in</strong> Genua. Die Herkunft des<br />

Verfassers Caffaro aus dem Adelsstand der Visconti wie auch se<strong>in</strong>e<br />

achtmalige Tätigkeit als Konsul zeigen, daß er zum <strong>in</strong>neren Kreis der<br />

kommunalen Führungsschicht Genuas gehört, deren Mentalität er teilt.<br />

Ausgehend von den M<strong>in</strong>iaturen dieser Genueser Stadtchronik soll die<br />

Genese der kommunalen Kunst Italiens seit dem 12. Jahrhundert<br />

untersucht werden. Das Dissertationsprojekt liegt an der Schnittstelle<br />

zwischen e<strong>in</strong>er historischen Bildwissenschaft, die Bilder, wie Droysen schon 1858 forderte,<br />

als Geschichtsquellen anerkennt und e<strong>in</strong>er mentalitätsgeschichtlich orientierten<br />

Kunstgeschichte. Diese untersucht die besonderen Kommunikations- und<br />

Wirkungsmöglichkeiten des Bildes, die über die re<strong>in</strong>e Illustration von Text h<strong>in</strong>ausgehen<br />

und die im Medium und se<strong>in</strong>er Wahrnehmbarkeit selbst begründet liegen. Welche<br />

Möglichkeiten sich durch die Beschäftigung mit den M<strong>in</strong>iaturen der Annales Ianuenses<br />

ergeben, soll an e<strong>in</strong>em Beispiel verdeutlicht werden.<br />

Die Vielzahl der <strong>in</strong> der Chronik neben dem Text dargestellten, durch Eroberung oder<br />

Kauf neu erworbenen Kastelle und Orte legt e<strong>in</strong>e Untersuchung des<br />

Zwecks dieser visuellen Glossen nahe. Zu fragen ist, ob die Darstellung<br />

von eroberten Gebieten zur Versicherung des eigenen Herrschaftsraumes,<br />

der damit auch das eigene kulturelle E<strong>in</strong>flußgebiet ist, diente, zur<br />

Präsentation der eigenen Stärke und militärischen Macht, die potentielle<br />

Aggressoren, die die Stadt bedrohten, abschrecken sollte oder aber,<br />

ob die Auflistung von Eigentum durch e<strong>in</strong>e mediale Übersetzung den<br />

Bereich der pragmatischen Schriftlichkeit verließ, um <strong>in</strong> bildlicher Form<br />

als visuelle Besitzurkunde lesbar zu werden. Diese These wurde im<br />

Zusammenhang mit den trecentesken Wandmalereien im Sieneser<br />

Palazzo Pubblico formuliert. Ebenso wie <strong>in</strong> Siena gab es auch <strong>in</strong> der<br />

Genueser Kirche S. Lorenzo Fresken, welche die 1146-1148 eroberten<br />

Städte Almeria und Tortosa zeigen. Der Zusammenhang der M<strong>in</strong>iaturen<br />

mit dieser öffentlichen Monumentalmalerei ist ebenso zu klären, wie es<br />

unerläßlich ist, e<strong>in</strong>e klare Def<strong>in</strong>ition und Abgrenzung zum<br />

Notariats<strong>in</strong>strument, zur Urkunde zu unternehmen.<br />

Zu den weiteren Darstellungen der Annales Ianuenses gehören Ratsversammlungen, e<strong>in</strong>e<br />

Darstellung des reitenden Podestà, der die Zerstörung des Hauses e<strong>in</strong>es verurteilten<br />

Mörders anordnet, aber auch andere profane Themen, die nicht aus dem Bereich der<br />

Judikative oder Exekutive stammen, wie etwa e<strong>in</strong> Stadtbrand oder der Besuch des<br />

Kaisers – die gerade erlebte und berichtete Geschichte brauchte zur Illustration weitgehend<br />

neu konzipierte ‚Ereignisbilder’, deren Genese oder Herleitung aus älteren<br />

ikonographischen Mustern man am Beispiel der M<strong>in</strong>iaturen nachvollziehen kann.<br />

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Forschungen des wissenschaftlichen Nachwuchses

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