Statusbericht - Homepage - Kunsthistorisches Institut in Florenz
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Forschungsbericht<br />
sich beispielsweise der Luccheser Gesandte vor dem französischen Marschall Lautrec<br />
mit dem Bekenntnis, das tatsächlich wirtschaftlich und f<strong>in</strong>anziell sehr starke Lucca sei<br />
politisch so kle<strong>in</strong> und so machtlos, daß die Großmächte diesen Staat doch bitte lieber<br />
übersehen möchten („siamo noi m<strong>in</strong>imi“). Der beste Interpret der Luccheser Geschichte,<br />
der renommierte Historiker Mar<strong>in</strong>o Berengo, nannte als das wesentliche Merkmal<br />
Luccheser Diplomatik den Wunsch, möglichst unsichtbar zu bleiben. Die politische<br />
Ikonographie Luccas richtete sich folglich nicht <strong>in</strong> propagandistischer Weise nach außen,<br />
sondern ausschließlich zur Stärkung des politischen und historischen Selbstbewußtse<strong>in</strong>s<br />
an die eigenen Bürger. Dieses Phänomen e<strong>in</strong>er „verhüllten politischen Ikonographie“<br />
erfordert e<strong>in</strong>en neuen Forschungsansatz und e<strong>in</strong> neues methodisches Instrumentarium<br />
als Mittel zur Aufdeckung bewußt verhüllter S<strong>in</strong>nschichten. Das Resultat ist verblüffend:<br />
Die bisher nicht wahrgenommene politische Ikonographie Luccas zeigt jetzt e<strong>in</strong>en<br />
Gedankenreichtum, der den berühmten Beispielen <strong>in</strong> <strong>Florenz</strong>, Siena und Pisa m<strong>in</strong>destens<br />
ebenbürtig ist.<br />
Im weiteren S<strong>in</strong>n zielt dieses Projekt auf e<strong>in</strong>e umfassende Darstellung der politischen<br />
Ikonographie der italienischen Stadtstaaten. Dieses Ziel ist nach me<strong>in</strong>er Erkenntnis alle<strong>in</strong><br />
durch die genaue Erforschung e<strong>in</strong>zelner Fallbeispiele erreichbar, die schließlich <strong>in</strong> der<br />
Zusammenfassung das erstrebte Gesamtwerk ergeben. Es handelt sich jeweils um sehr<br />
s<strong>in</strong>guläre Fälle, die mit e<strong>in</strong>em zielgenau e<strong>in</strong>gesetzten, methodisch breiten Instrumentarium<br />
möglichst umfassend erforscht werden müssen. Im Fall Lucca galt es e<strong>in</strong> immens reiches,<br />
zum größten Teil noch nie bearbeitetes Quellenmaterial zu sichten (mehr als zehntausend<br />
über ganz Europa von Böhmen bis zur Niederlausitz verstreute Schriftstücke, vor allem<br />
jedoch im Luccheser Staatsarchiv bewahrte Dokumente von e<strong>in</strong>em Reichtum, von dem<br />
deutsche Archivare nur träumen können). Diese Bauste<strong>in</strong> für Bauste<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>em Gebäude<br />
aufschichtende Methode bewahrt vor falschen Schlüssen, die e<strong>in</strong> allzu schnelles Vorprellen<br />
<strong>in</strong> Richtung auf e<strong>in</strong>en flüchtigen Gesamtüberblick zwangsläufig kennzeichnen würde.<br />
Diese Methode hat bereits (noch vor Ersche<strong>in</strong>en des Buches!) Nachfolger gefunden;<br />
kompetente italienische Kollegen aus der Werkstatt der „Scuola normale superiore di<br />
Pisa“ (e<strong>in</strong> Äquivalent der Pariser „École normale supérieure“) denken z.B. an e<strong>in</strong>e<br />
Erforschung der politischen Ikonographie des Stadtstaates Padua.<br />
Das vor e<strong>in</strong>igen Jahren geme<strong>in</strong>sam mit Romano Silva begonnene Forschungsprojekt<br />
des KHI <strong>Florenz</strong> wird <strong>in</strong> diesem Jahr abgeschlossen. Die Veröffentlichung ist <strong>in</strong><br />
italienischer und englischer Sprache im Verlag Marsilio vorgesehen (Titel: „Dolce libertà.<br />
Iconografia politica a Lucca“).<br />
TOSKANISCHE KUNST IM TRECENTO<br />
Max Seidel <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit Assistenten des KHI und<br />
Dozenten der Universitäten <strong>Florenz</strong>, Pisa, Ud<strong>in</strong>e, Genua, Parma, Basel<br />
Das Projekt ist durch e<strong>in</strong>en neuen methodischen Ansatz gekennzeichnet. Während alle<br />
bisherigen Kunstgeschichten dieser wichtigen Epoche toskanischer Kunst entweder<br />
topographisch nach Kunstzentren oder monographisch nach Künstlern geordnet s<strong>in</strong>d,<br />
wird hier erstmals e<strong>in</strong>e systematische Darstellung gewagt, die - im Bewußtse<strong>in</strong> der<br />
begrenzten Auswahl der Themata - deutlich als Versuch gezeichnet ist. Die e<strong>in</strong>zelnen<br />
Beiträge tragen die Überschriften: Das Altarbild (Andrea de Marchi), Die Typologie<br />
der Grabmäler (Guido Tigler), Künstlerruhm (Marco Collareta), Die Lehre Giottos<br />
(Luciano Bellosi), Die Profanikonographie (Maria Monica Donato), Neue Themata <strong>in</strong><br />
der religiösen Ikonographie (Michele Bacci), Das Zusammenspiel der Kunstgattungen<br />
(Anna Rosa Calderoni Masetti), Die Entdeckung der Natur (Ulrike Ilg), Erzählstrukturen<br />
(Beat Brenk), Der Platz (Pietro Ruschi), Der Wohnraum (Michele Tommasi).<br />
Das Buch ersche<strong>in</strong>t im Oktober 2004 im Verlag Edifir <strong>in</strong> <strong>Florenz</strong> (Projekt und Druck<br />
werden ausschliesslich mit Drittmitteln f<strong>in</strong>anziert).<br />
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