Alnatura Magazin September 2022
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INTERVIEW<br />
INTERVIEW<br />
Gründer der<br />
Meeresschutzorganisation<br />
The SeaCleaners<br />
<strong>Alnatura</strong> trifft<br />
Yvan Bourgnon<br />
Wir treffen Yvan Bourgnon zum Interview am Port de la Tournelle in Paris,<br />
wo der in der Bretagne lebende Extrem segler das Boot Mobula 8 auf der<br />
Seine vorgestellt hat. Es wurde ent wickelt für das Sammeln von Abfällen in<br />
flachen und schwer zugäng lichen Gewässern wie Mangroven, Flüssen,<br />
Kanälen oder Hafengebieten. Ein Jahr nach nach dem Launch ist das Boot<br />
nun startklar für seine erste Mission auf Bali, Indonesien. Außerdem<br />
arbeitet Bourgnons Umweltorganisation an der Umsetzung des Plans, mit<br />
dem Manta den größten Katamaran der Welt zu bauen, um Plastik aus<br />
den Weltmeeren zu fischen.<br />
Herr Bourgnon, ist es Zufall, dass wir<br />
uns hier am Ufer der Seine treffen?<br />
»Nein. Zum einen haben wir hier an der Rive<br />
Gauche unser Koordinierungsbüro von The<br />
SeaCleaners, zum anderen treffen wir uns<br />
da, weil ich mich, wenn ich schon in Paris<br />
arbeite, hier dem Meer am nächsten fühle.«<br />
Sie haben auf einem Kanal der Seine<br />
hier in der Nähe bei Villette das Boot<br />
Mobula 8 vorgestellt, das Plastik aus<br />
den Flüssen fischen soll. Wie schreitet<br />
das Projekt voran?<br />
»Covid hat uns in der Planung etwas nach<br />
hinten geworfen. Aber wir haben den ersten<br />
Einsatz auf Bali im Frühjahr vorbereiten können<br />
und die Mobula 8 ist nun startklar. Die<br />
indonesische NGO (›Non-Governmental Organisation‹,<br />
Nichtregierungsorganisation)<br />
Seasoldier hat uns geholfen, eine indonesische<br />
Crew zu rekrutieren. Leider sind nicht<br />
viele Flüsse so sauber wie die Seine. Verlässliche<br />
Studien geben an, dass 80 Prozent der<br />
Meeresvermüllung auf dem Festland entsteht<br />
und über die Flüsse in die Ozeane gelangt.<br />
Und tausend Flüsse sind für 80 Prozent<br />
des global in die Ozeane eingeleiteten Plastiks<br />
verantwortlich (Laurent Lebreton, 2021).<br />
Fast alle davon liegen in Südostasien. Es gibt<br />
vereinzelt Fortschritte, allerdings verschlimmert<br />
sich in Afrika und Südamerika die Situation<br />
zunehmend; die Flüsse sind geradezu<br />
Einleitungsventile für Plastikmüll in die Weltmeere.<br />
Wenn wir nichts unternehmen, dann<br />
schwimmt bereits 2050 dreimal so viel Plastikmüll<br />
auf den Meeren wie heute.«<br />
Über The SeaCleaners<br />
Der französisch-schweizerische Skipper Yvan<br />
Bourgnon gründete im Jahr 2016 die Umweltschutz<br />
organisation The SeaCleaners. Ziel der<br />
Organisation ist es, die Ozeane vor Plastik zu<br />
schützen, insbesondere durch das professionelle<br />
Sammeln von Kunststoff abfällen an den<br />
Mündungen großer Flüsse. Zusätzlich verfolgt<br />
die international vernetzte Organisa tion<br />
Auf klärung, Forschung und Entwicklung von<br />
Re cyclingverfahren. Mehr Infos unter<br />
theseacleaners.org/de<br />
Sie nehmen das als<br />
Segler ständig wahr?<br />
»Ich hatte die Chance, mit<br />
meinen Eltern um die Welt<br />
zu segeln, als ich noch<br />
sehr jung war, Anfang der<br />
1980er-Jahre. Zu dieser<br />
Zeit waren die Meere noch<br />
relativ unverschmutzt. Ich<br />
bekam einen Schock, als<br />
ich 2013 meine zweite<br />
Weltumseglung machte<br />
(Anmerkung der Redaktion:<br />
Yvan Bourgnon ist der<br />
erste Mensch der Welt, dem es gelungen<br />
ist, in einem offenen Boot ohne Kajüte<br />
und GPS die Welt einmal zu umsegeln. Die<br />
Umseglung nahm zwei Jahre in Anspruch).<br />
»Die Einleitung von Plastik<br />
in Flüsse und Weltmeere muss<br />
gestoppt werden!«<br />
Yvan Bourgnon<br />
Ich sah einen großen Unterschied, vor allem<br />
in Asien und an den Küsten. Direkt danach<br />
habe ich die NGO The Sea Cleaners gegründet.<br />
Allein in Frankreich zählt die Organisation<br />
heute über tausend Freiwillige. Wir<br />
wollen Bewusstsein zur Müllvermeidung<br />
schaffen, veranstalten Aktionstage in Städten,<br />
orga nisieren gemeinsame Fluss- und<br />
Strand reinigungs aktionen, wie am kommenden<br />
World Cleanup Day am 17. <strong>September</strong><br />
<strong>2022</strong>, und treiben mit Sponsoren<br />
den Bau von Booten voran, die Plastik einsammeln.<br />
Wir müssen das auf den Weltmeeren<br />
herum treibende Plastik erwischen,<br />
bevor es absinkt und zu Mikroplastik wird,<br />
in den Fischen landet und über diesen Weg<br />
in unsere Körper gelangt.«<br />
Wann wird der Manta in See stechen und<br />
seine Arbeit aufnehmen können?<br />
»Wir wollen mit dem Bau Ende 2023 beginnen<br />
und ich denke, 2025 wird es so<br />
weit sein, dass der größte Katamaran der<br />
Das neue Mehrzweckboot<br />
Mobula 8 kann gleichzeitig<br />
feste und flüssige Abfälle<br />
einsammeln.<br />
Welt auf die Meere hinausfahren kann,<br />
um Plastik einzusammeln und an Bord zu<br />
verwerten. Er setzt auf eine Kombination<br />
verschiedener Technologien zur Erzeugung<br />
erneuerbarer Energien, um seinen Kohlenstoff-Fußabdruck<br />
maximal zu reduzieren:<br />
Sonnenkollektoren, Windturbinen, automatisierte<br />
Takelage, Wasserkraftgeneratoren<br />
sowie eine Pyrolyse- und Energierückgewinnungsanlage,<br />
die Kunststoffabfälle<br />
in Energie umwandelt.«<br />
Sie haben so viele Rekorde im Segeln<br />
aufgestellt. Wie lautet das persönliche<br />
Ziel bei dieser Rallye?<br />
»Wir wollen in den nächsten Jahren zweihundert<br />
Mobulas zu Wasser lassen. Mittelfristig<br />
denke ich an tausend, die von Asien<br />
über Afrika bis Südamerika im Einsatz sind.<br />
Wir müssen handeln. Nicht zu handeln<br />
wäre dumm!«<br />
Das Interview führte Matthias Fuchs.<br />
Aktiv werden!<br />
Am 17. <strong>September</strong> ist Coastal Cleanup Day –<br />
auch in Deutschland. Alle Treffpunkte<br />
finden Sie auf der Website des NABU.<br />
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